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Das Würfelproblem


Einleitung

Alle folgenden Überlegungen haben ihre Ursache in Frage, warum sollen bei einem Würfelspiel bei ein unendlichen Anzahl von Würfen alle Zahlen (Augen) gleich oft vorkommen. Wenn dem wirklich so ist, muß sich der Würfel die bisherigen Würfe merken! Wie soll das möglich sein??? - Zuerst werde ich eine philosophische Lösung an Hand des Buches „Die 100 wichtigsten philosophischen Argumente“[1] versuchen, dann das mathematische Modell vorstellen. Zum Schluß möchte ich meine eigene Lösung darlegen. Das Objekt meine Betrachtungen ist der Würfel (lat. kubus). Seit dem 16. Jahrhundert wird er als mathematischer Begriff für einen Körper benutzt, der von sechs kongruenten Quadraten begrenzt wird. In der griechischen Antike gehört er zu den platonischen Körpern, die Euklid systematisch konstruiert und beweist. Nun zu den einzelnen Auslegungsmöglichkeiten:

1. Möglichkeit (Thomas von Aquin )

Nach Thomas von Aquin[1]

"Wir finden nämlich in den Dingen solche, welche die Möglichkeit haben zu sein und nicht zu sein, da sich einiges findet, das entsteht und vergeht und infolgedessen die Möglichkeit hat zu sein und nicht zu sein. Es ist aber unmöglich, daß alles von dieser Art [ewig] sei, weil das, was möglicherweise nicht sein kann, auch einmal nicht ist. Wenn also alles die Möglichkeit hat, nicht zu sein, daß war hinsichtlich der Dinge auch einmal nichts. Wenn dies aber wahr ist, dann wäre auch jetzt nichts, weil das, was nicht ist, nur anfängt zu sein durch etwas, was ist. ...Also ist nicht alles Seiende nur Mögliches, sondern es muß auch etwas Notwendiges unter den Dingen geben. Jedes Notwendige aber hat die Ursache seiner Notwendigkeit entweder von anderswoher oder nicht. Es ist aber nicht möglich, daß alles Unendliche bei den notwendigen (Dingen) gehe, die eine Ursache ihrer Notwendigkeit haben, wie dies auch bei den Wirkursachen nicht möglich ist, wie (oben) bewiesen. Also ist es notwendig etwas anzunehmen, das an sich notwendig ist und die Ursache seine Notwendigkeit nicht von anderswoher hat, sondern das (vielmehr) Ursache der Notwendigkeit für die anderen (Dinge) ist. Dies nennen wir alle Gott."


Meine Auslegung

Wenn diese Annahme zutreffen würde, wäre an eine an einer zentralen Stelle am Anfang aller Dinge Gott, der auf alle folgenden Ereignisse (Würfe des Würfels) Einfluß nimmt und nehmen wird. Das hätte eine Willkür zur Folge, die aber gewissen Regeln folgen müßte.

2. Möglichkeit (Parmenides)

Nach Parmenides[1]
Parmenides geht davon aus, das ein Gegenstand vom Sein ins Nichtsein oder vom Nichtsein ins Sein übergeht. Jeder Gegenstand wird auf die Ebene der Zeit gehoben, also nie zerstört oder geschaffen oder wieder aus ihr entfernt. Das bedeutet, daß diese Welt statisch ist, also ohne Veränderung.

Meine Auslegung

 

Diese Deutung der Welt würde die gleichmäßige Verteilung der Würfe erklären, da schon alle möglichen Variationen dem Würfel zugeordnet sind, aber noch nicht auf die Ebene der Zeit gehoben sind. Jetzt taucht natürlich die Frage auf, wer die Reihenfolge der Ereignisse festgelegt hat!!!

3. Möglichkeit (Berkeleys)

nach George Berkeleys [1]
Der Meisterbeweis von George Berkeleys stellt sich die Frage „Bist du in der Lage, dir die Existenz eines Baumes vorzustellen, ohne ihn wahrzunehmen oder zu denken?“
„Da es unmöglich ist, die Existenz von Materie zu denken, ohne sie auch wahrzunehmen, schlußfolgert Berkeleys, daß die Annahme der Existenz von Materie irrational ist.“

Meine Auslegung

Wenn also der Würfel nicht als Materie anzusehen ist, wäre die Würfelfrage ganz anders anzugehen. Es könnte von keiner Existenz von Materie ausgegangen werden, der Würfel und somit die gewürfelten Augenzahlen sind nur ein Spiegelbild der Gedanken des Ausführenden.

4. Möglichkeit (Diodoros Kronos)


nach Diodoros Kronos[1] um 350 v. Chr.


Das Meisterargument von Diodoros Kronus besagt, daß das was vergangen ist, nicht mehr verändert werden kann. Das vergangene ist deshalb eine notwendige Wahrheit.

Des weiteren folgt aus einer möglichen Aussage keine unmögliche Aussage, sondern nur mögliche und es gibt eine Existenz von unverwirklichten Möglichkeiten.

Meine Auslegung


Aus dieser Argumentationskette folgt, daß eine gleichmäßige Verteilung von gewürfelten Augen nicht zwingend erforderlich. Also macht auch eine Überprüfung von sehr vielen Würfen keinen Sinn, und es liegt nur eine augenscheinliche gleichmäßige Verteilung vor. Die Existenz von unverwirklichten Möglichkeiten wäre das Fehlen von Würfen, die die Behauptung einer gleichmäßigen Wurfverteilung erfüllen. Somit hätte sich die gesamte Fragestellung erübrigt.


5. Möglichkeit (David K. Lewis)


nach David K. Lewis[1]


Die Argumentation von Lewis ist die, daß eine Vorstellung möglicher Welten nützlich ist und genau das ist ein Grund, ihre Existenz anzunehmen.


Meine Auslegung


Die Annahme möglicher Welten werde ich bei meiner eigenen späteren Argumentationskette mit heranziehen. Deshalb gibt es an dieser Stelle keine eigene Auslegung.


6. Möglichkeit (Eigene Theorie)


Eine Diskontinuität in der Zeit könnte einen Riß erzeugen, der sich auf zwei Daseinsebenen aufteilt. Diese Überlegung ist auch in der Stringtheorie zu finden. In jeder ebene wäre die Ereignisabfolge damit vorherbestimmt. In der Summe nach der Wiedervereinigung gleicht sie sich wieder aus und löst sich damit auf.


Erläuterung


Diese Überlegung würde die Theorie die Zweiweltentherorie von David K. Lewis aufnehmen und mit der Überlegung von Parmenides vom Sprung zwischen Sein und Nichtsein kombinieren.


Außerdem würde sie ein Vorherbestimmung der Ereignisse durch Jemanden (Gott) unmöglich machen, außer der Zeitriss ist gewollt und ein Eingriff in das laufende Zeitgeschehen ist möglich.


Mathematisches Modell


In der Wahrscheinlichkeitsrechnung bedeutet eine gewürfelte Augenzahl, daß sei kommen kann oder nicht. Dabei soll sich die Wahrscheinlichkeit der Vorhersage bei einer ausreichenden Zahl von Versuchen immer weniger von der errechneten Wahrscheinlichkeit unterscheiden [Gesetz der großen Zahlen-Satz von Bernoulli]


Schlußbemerkung


Ich hoffe den Leser auf die Problematik des Würfelproblems aufmerksam gemacht zu haben. Das erstaunliche ist doch, daß ein so banaler Vorgang wie das Würfeln an sich doch einen philosophischen Hintergrund haben kann.


Literatur:


[1] Die 100 wichtigsten phylosophischen Argumente von Bruce/Barbone, WBG aus dem Jahre 2013 (Originalausgabe 2011 Blackwell Publishing Ltd.)

[2] Thomas von Aquin: Summe der Theologie Frage 2, Artikel 3
[3] Parmenides: Die Fragmente. Griechisch - Deutsch Ernst Heitsch Zürich 1995


[4] Barkley, George: Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis. Alfred Klemmt. Hamburg 1964


[5] Epiktet: „Dissertation 2.19.1-5 Die hellenischen Philosophen Long, Anthony: Sedley, David übersetzt Karlheinz Hülser Stuttgart; Weimar, 2000


[6] Lewis, David: Counterfactuals. Cambridge (MA) 1973

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Tag der Veröffentlichung: 17.07.2016

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