Cover

USA und Deutschland

Die Kunst, sich für etwas Besonderes zu halten: Die USA machen es vor, sie sind Experten des Exzeptionalismus. Over the top – zu dick auftragen. Gewichtig – übergewichtig. Es gleitet schnell ab ins Absurde. Beliebig big. Man denkt in Kategorien wie "good guys – bad guys" und "Schurkenstaaten – Weltpolizei".

Man muss auf die Welt aufpassen; wer wäre denn dazu besser berufen als die USA? In den Hollywood-Filmen klappt es ja fantastisch. Wie geht es denn Patient Erde? Abhorchen. Die Geheimdienste sind ganz Auge und Ohr. Wen muss man erschießen, wo intervenieren, vorsichtshalber ein Präventivkrieg? Man muss dem Feind ja zuvorkommen. Ist das das Endstadium der Paranoia? Allüberall sieht man Schurken sitzen. Man spioniert ja nicht nur im Reich des Bösen im "evil empire". Hinterherspioniert wird auch den Partnern dritter Klasse wie der Bundesrepublik. Dabei sind laut Wikipedia "die Amerikaner mit deutscher Abstammung die größte Bevölkerungsgruppe der Vereinigten Staaten." 43 Millionen US-Bürger mit deutscher Herkunft – im Jahr 2019.

Wir nehmen Anteil, wir tun in Deutschland so, als wären wir bei den US-Wahlen stimmberechtigt. Aber man schaut aus der Ferne zu, kann nicht eingreifen. Wie kommen sie voran mit ihrem Krieg gegen den Terror – War on Terrorism, den Krieg gegen Drogen – War on Drugs, den Kampf gegen Armut – War on Poverty? So viele "wars" und "war lords". Man darf die Achsel des Bösen nicht auf die leichte Schulter nehmen! Noch gibt es Vorposten der Tyrannei – outposts of tyranny; aber die werden weggeputscht!

Hin und wieder ein Blowback, ein Rückstoß. Aber meist fliegt so etwas erst nach Jahrzehnten auf. Bis dahin: leugnen, sich nicht erinnern können. Grund suchen, um sich einmischen zu können. Fakten verdrehen – und schon wird's gehen! Wozu hat man all die schönen Kampfdrohnen? Man räumt auf, man legt los, man verrennt sich. Man wird bestens betreut von Denkfabriken – think tanks. Jetzt auch mit KI. Und der nächste Staatsstreich folgt sogleich. Man hat's echt drauf. Das Verschwindenlassen beherrscht man jetzt genauso gut wie die Schurken. Ist ja Staatsnotstand – Zeit für was Außergewöhnliches, man lässt sich was einfallen. Geheimgefängnisse – Black sites. Extraordinary rendition – die Verdächtigen erst mal entführen. Militärdiktaturen unterstützen? Kein Problem, wenn man damit dem Kommunismus die Stirn bieten kann. Hah!

Wahrheitsserum für Politiker? Für sie gibt es generelle Amnestiegesetze und die wunderbare Amnesie. Bis zum nächsten "Gate". Watergate wirkt mittlerweile recht harmlos – den Gegner bespitzelt; nix wirklich Schlimmes bei Nixon. Seifenoper mit Colgate.

Welche Nation besteht die Marktplatzprobe? Zitat: "Wenn eine Person nicht das Zentrum des Marktplatzes betreten und dort ihre Meinung frei äußern kann, ohne befürchten zu müssen, dass sie verhaftet, inhaftiert oder körperlich versehrt wird, dann lebt diese Person in einer Gesellschaft der Angst, nicht in einer freien Gesellschaft." Allerdings erreichen die Woken genau das: Sie verunsichern, sie schaffen eine Gesellschaft der Angst, eine "fear society". Schwappt alles rüber aus den USA – über den großen Teich zu uns. Als ob wir ein Organ, ein Anhängsel der USA sind: Alles betrifft uns, landet bei uns, wird von uns assimiliert, inhaliert, aufgesogen. Das hat schon etwas Krankhaftes. Die Amerikanisierungs-Welle hat uns volle Breitseite erwischt. Okay, die Anglizismen sind cool.

Nicht aufwachen wollen aus dem American Dream – führt das zur Opioid-Krise? Fentanyl & Co. Wieso braucht eine Nation so viel Schmerzmittel? Wo tut es denn weh? Wenn Leute in Massen in ein Land reinwollen, spricht das ja mal zunächst für das Land. Republikflucht dagegen verheißt meist nichts Gutes über den Staat. Nur schnell weg! Es zieht einen hin zu Mickey Mouse, Coca-Cola und McDonald's. Aber McDonaldisierung und Disneyfizierung der Gesamt-Gesellschaft? Man will ja Fan sein; Philoamerikanismus, yeah! Aber der Antiamerikanismus hat immer bessere Argumente. Rückbesinnung auf Europa.

Sind die USA auf dem Weg zur Anokratie? Schicke Mischung aus Autokratie und Demokratie? Sind sie bereits eine defekte Demokratie? Haben Lobbyisten das Sagen? Man hält sich im Hintergrund. Man spendet mehr als nur Applaus. Vom Teleprompter ablesen zu können, qualifiziert einen als Präsidenten? Das Konzept des Selfmademans und der Selfmadewoman überzeugt. Sozialer Aufstieg so einfach wie eine Bergbesteigung – mit Seilschaft ist es natürlich einfacher. Ein Heer an Seilschaften. Man kennt sich, man stürzt gemeinsam ab. Eine Hand wäscht die andere – wozu ist man in Washington?

Ein Riss geht durch die Nation – und der wird größer. Sind die USA persönlichkeitsgespalten, ein wenig schizo? Äußerstes Misstrauen auf beiden Seiten. Derweil häufen sich die Staatsschulden. 35 Billionen Dollar mittlerweile – also 35.000 Milliarden. Stattliche Summe … Zinsen pro Jahr: 1 Billion Dollar. Mehr als fürs Militär. Lediglich 916 Milliarden Dollar – im Jahr 2023. Das sind 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben. Als Weltpolizist braucht man eben entsprechendes Equipment. Prognose des CBO – Congressional Budget Office – fürs Jahr 2034: 50 Billionen Dollar Schulden für die USA. Stimmt die Richtung? Wirtschaften – eine verlernte, verachtete Kunst? Hey Big Spender!

Da braucht man schon reichlich Fentanyl, um den American Way of Life mit Inbrunst zu bejubeln. American Way – I did it my way? "I did it their way", stellt man fest. Man ist doch sehr außengelenkt. Deutschland wirkt wie ferngesteuert. Innengelenkt, innengeleitet – wäre doch mal ganz schön. Aber wir übernehmen das Vokabular und das Denken der Amerikaner. Wir sind schon halbe Amerikaner. Man übernimmt das manichäische Denken: göttliches Lichtreich und das Reich der Finsternis – da die Guten, da die Bösen. Und manchmal muss man das Böse tun, um dem Guten zum Endsieg zu verhelfen? Was sind das für Weisheiten? Direkt importiert aus der Hölle?

Dem US-Präsidenten wird ungewöhnlich viel Macht zugestanden: ein Monarch auf Zeit. Er ist Staatsoberhaupt, Regierungschef, Oberbefehlshaber. Er behält den Überblick – auch dank des "Utah Data Center", eine gigantische Festplatte, wenn man so will – für die weltweite Massenüberwachung. Big Brother is watching you. Washington umbenennen in Watchington?

 

ENDE

 

Impressum

Cover: https://pixabay.com/de/vectors/sich-einigen-amerika-genehmigen-1289418/ https://pixabay.com/de/illustrations/dollar-abzeichen-usa-w%C3%A4hrung-8857833/
Tag der Veröffentlichung: 13.08.2024

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /