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"Klar bin ich 18", murmelt der 12 jährige und klickt auf den Link "Bitte NUR eintreten, wenn du wirklich 18 Jahre alt bist".

"Showtime!" flüstert er, als die bunten Bilder erscheinen.



Er klickt weiter und sieht wie ein Mann einer Frau ziemlich wehtut. Sie blutet. Kennt er ja schon. Erst gestern hatte er ein ähnliches Video gesehen. Er schaut auf seine Uhr. Puh! Erst Sechs Uhr. Seine Eltern sind bei einem Neujahrsempfang und werden wohl spät in der Nacht nach Hause kommen./font>


Im Feld "Search" tackert er wahllos Begriffe ein.
Am besten sind die mit "Video" oder "mpeg" mit "Gewalt" verknüpft.
Hui! Was war das!? Geil. Aber - es ist ja eh nur ein Film. Nicht echt. Man müsste, dachte er, das mal in Echt machen. Also so richtig real.



Nach der letzten, wer weiß wievielten, Blutrauschvergewaltigungsszene schaltet er den PC ab.

Ganz in Gedanken bei seiner Idee, schlendert er die Treppe hinunter, ins Schlafzimmer seiner Eltern.


Vorsichtig zieht er DIE Schublade auf.

Nicht das erste Mal, dass er die Pistole in den Händen hält. Inzwischen weiß er wie der Sicherungshebel funktioniert und kann auch schon richtig das Magazin von unten in den Griff schieben. Schnalzend rastet es ein. Mit einem leisen "Klack" legt er den Sicherungshebel um.


Das schwere, kalte Metall fühlt sich richtig gut an. Mann, ist das geil! Er zielt auf einen Vorhang und flüstert "Peng". Er zielt auf sein Spiegelbild im Schrankspiegel und flüstert mit singender stimme "Halloho!, Schweinebacke, sag' Auf Wiedersehen." und schickt ein geflüstertes "Bumm" hinterher.



Nachdem er auf diese Weise die Vorhänge, den Kleiderschrank, und sämtliche Anzüge seines Vaters erschossen hat, wird er mutig.
Er schleicht sich wie ein Agent vom FBI, der eine Drogenhöhle hochgehen lassen will, durch den Flur. Zum Zimmer seiner Schwester.


Pssst! Er gibt seinen unsichtbaren Kollegen lautlose Zeichen, so wie er es aus Krimis kennt. "Bei Drei!" formen seine Lippen lautlos. Er hebt den Daumen der linken Hand, dann seinen Zeigefinger und als er den Mittelfinger hebt flüstert er "Zugriff".
Mit dem Schrei "FBI, FBI! Sie sind verhaftet!" tritt er die Tür ein und springt mit beiden Händen die Pistole haltend ins Zimmer seiner Schwester.
Mit zusammengekniffenen Augen hält er die Chefin des Drogenrings in Schach. Als sie eine Bewegung macht, drückt sein rechter Zeigefinger ab und er wird gegen die Wand geschleudert.



Als seine Eltern das am Waldrand gelegene Haus erreichen und in die Vorhalle treten, ist es erstaunlich ruhig. Kevin hat doch nicht etwa ...

"Kevin!" ruft der Vater drohend die Treppe hoch. Wie es hier riecht, denkt die Mutter noch und rutscht auf einer seltsamen roten Flüssigkeit aus. Sie kann sich gerade noch fangen und am Geländer der Treppe festhalten. Der Vater springt die Treppe hoch. Nimmt gleich drei Stufen auf einmal.



Oben angekommen sieht er die eingetretene Tür, das offene Schlafzimmer und seine Tochter, halb im Flur, seltsam verkrümmt in einer Blutlache liegend und Kevin in einer Ecke des Zimmers, scheinbar schlafend, mit der Sportpistole in der Hand. Als er ihn an der Schulter berührt kippt Kevin zur Seite, einen roten Streifen an der weißen Rauhfasertapete hinterlassend.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.01.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Hey Joe, where you goin' with that gun in your hand Jimi Hendrix

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