Cover

Im Lager

 

 Müde und dichtgedrängt stehe ich unter all diesen zerlumpten Gestalten. Knochengestelle und die Gesichter sehen gleich aus – wie Totenköpfe.

Plötzlich wurden wir alle aufgefordert, uns aufzustellen. Viele konnten schon lange nicht mehr stehen. Dann wurden wir in einen großen Lagerraum geführt und es kamen Soldaten herein. Sie sprachen mit uns, doch nur einige verstanden ihre Sprache.

Die Soldaten schrien uns nicht an, das waren wir ja gewohnt. Ihre Gesichter bleich, ihre Augen weit aufgerissen als könnten sie nicht glauben, was sie sahen. Einige weinten.

Im dem Raum, welchen wir nun betraten, standen grob zusammen gezimmerte Tisch und Bänke. Wir nahmen Platz und trauten unseren Augen nicht: da kamen in großen Körben FRISCHES BROT – allein ihr Duft war unbeschreiblich – und große Kessel mit einer Suppe, aus frischem Gemüse und FLEISCH, ganz viel FLEISCH schwamm darin, wie wir es noch nie gesehen hatten.

Wir stürzten uns darauf und aßen und aßen und wie beim einem Wunder in einem Evangelium – die Körbe und Kessel wurden nie leer. Doch es einfach zu viel für uns.

Die ersten übergaben sich, nicht an dieses Wunder gewöhnt.

Doch niemand brüllte uns an. Man wusch uns sauber und wir bekamen neue und wärmere Sachen zum Anziehen. Behutsam wurden wir nun weitergeführt.

Hier in dem Gang gab es kein böses Weitertreiben, das war auch nicht nötig.

Denn wir sahen ein OFFEN stehendes Tor und dahinter war alles grün. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Die Hoffnung auf ein neues und besseres Leben.

Und plötzlich merkten wir, dass es nicht mehr so kalt war. Der Frühling hatte die Luft mild werden lassen und wir sahen uns an und wir konnten ein wenig lächeln.

 

 

 

Impressum

Texte: Annelie Heyer
Lektorat: eigenes Lektorat im Februar 2016
Tag der Veröffentlichung: 28.02.2016

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Opfern dieser KZ-Lager !!

Nächste Seite
Seite 1 /