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Zurück vom Soldatenlager

 

Der ehemalige Hauptmann fährt an einer Polizeistation vorüber, stellt bald den Wagen nahe dem Fluss ab und steigt aus.
Er ist in diesen Tagen diesem Versprechen nachgekommen: Jetzt als Heimkehrer, als Zivilist und nicht mehr als Soldat und Teil der Internationalen Koalition in Afghanistan, im Krieg, denkt er kurz.
Bald schreiten sie einige Hunderte Meter weiter den Fluss entlang.

Gleich wird es die für das Mädchen wichtige Vorstellung geben, denkt er, das ist alles fern des Krieges. Es geht hier im neuen Leben in Nordeuropa um eine anständige, gut bezahlte Anstellung und eine Ordnung und wohl Sicherheit, die man wieder leben kann.
Dennoch gab und gibt es den Krieg in jenem Land.
Es gibt das Leid der Völker, die fehlende, demokratische Stabilität und kaum Perspektiven auf ein besseres privates und gesellschaftliches Leben, auf bessere medizinische Einrichtungen und intakte staatliche Infrastrukturen, sichere Zustände, stattdessen, der weiterhin ins Feld geführte Krieg der Fundamentalisten, wenngleich sie dagegen ankämpften.

Zerstörte Städte, Leid, Tod. Zerstörte Straßen, Leid, Tod und die schwache, noch nicht siegreiche Hoffnung auf Veränderung in den Gesichtern des einfachen Volkes. Das hatte er in den Straßen und an den Plätzen gesehen.
Der Krieg herrscht weiterhin und die Minenfelder und Taliban wüten weiterhin in dem Land. Aber jetzt war er wieder in Europa und fern des Krieges und der fehlenden Hoffnungen. Er ist zurückgekehrt und Teil dieser Wirklichkeit und Gegenwart.

Kurz schwadroniert jetzt wieder das sonderbare Gefühl des Krieges, wie ein seltsames schweres Leid. Es gibt die Plätze und oft denkt er an einen Auftrag am afghanischen Kriegsschauplatz, jagen in ihm die Bilder der Trümmer, der Trauerprozessionen wegen eines Kämpfers aus dem Volke für die Demokratie oder wegen eines getöteten, gefallenen Soldaten der Internationalen Koalition.
So vernimmt er es auch in diesen Minuten, vor dem Zirkusbesuch mit der Nichte, zumindest wieder in seinem Bewusstsein.

Unter dem grauweißen Himmel erkennen sie bald die verschiedenen Zelte und Aufmachungen der Veranstaltung. Über einen Parkplatz mit den Wagenkennzeichen aus der Stadt und Region gelangen sie weiter zum Hauptzelt. Sie schreiten über einen Schotterweg, wortlos, nur mit den hörbaren Schritten über den Steinen, weiter zu den aufgeschlagenen Zelten der Schausteller, die von irgendwoher aus der Bundesrepublik oder auch aus Frankreich hierher gereist sind. Es gibt die grellen, großen Werbeplakate und einige Familien, Arbeiterfamilien zumeist, die zum Hauptzelt schreiten.

Sie gehen weiter.
Neben einem Angestellten, noch an der Straße, krümmt sich ein alter, bettelnder Mann, der ein mitgenommenes, schmutziges Gesicht hat, schmutzige Kleidung, als hätte er die Nacht gerade so in der nahen Stadt vor dem Sieg der Kälte überstanden und sich etwas abseits hingesetzt hatte.
Links der Angestellte, der herschreitet. Am Stein weiter hinten der Bettler und bald weitere Besucher.

Sie halten kurz und gehen dann weiter zum Eingang und zur Kasse… Sie gelangen an einem Bierstand vorüber und der Mann denkt, er könne einige Bier trinken, aber schreitet weiter mit dem Mädchen. 

 

Es wird sich woanders mit einem Bier ergeben. Und drinnen wird es ihr wohl gefallen. Vielleicht wird es ihn wirklich ablenken, und unterhalten in dieser neuen Zeit. Eine weitere Leiter ins und Koordinate im Zivilistenleben sein. Im Schatten des Zeltes mit den Pferden hört man leises Reden von Stadtleuten. Sie gehen weiter, ohne zu reden. Er begleitet das Mädchen, weil er es ihrer Mutter und dem Mädchen versprochen hatte und es passt zum wieder ruhigeren Leben und dieser Gegenwart, einige Monate nach seiner Rückkehr aus dem Krieg und den Soldatenlagern in Afghanistan, fern der Gefallenen, umkämpften  Plätze und Strassen, fern der tötenden Minen und Gewehrsalven ...

 

Vielleicht wird es zumindest ihr gefallen, denkt er.
Es wird irgendwelche richtig talentierten Seiltänzer und Tiger geben, die sie zähmen wollen und die man seltener sieht als irgendwelche toten Zivilisten in einem Kriegsland, denkt der Mann. Alles so weit entfernt des Krieges und der Sperrfeuer ... 

 Der ehemalige Soldat und das Mädchen gehen weiter. Er zahlt bald am Kassenwagen und steckt das klirrende Münzgeld zurück in die Tasche. Sie blickt unterdessen zum Plakat am Zirkuseingang, mit einer Abbildung von Betriebsmitarbeitern, Messerwerfern und Tigern darauf, vor einem Feld und Fluss, der irgendwohin in die weite und umkämpfte Welt führt ...

 

Es sieht hier mit den Besuchern auch alles aus wie auf einem Werbeplakat, so klar und so sauber und geordnet. Hier, auf dieser Straßenseite, ist alles so sauber und bestens in der Welt, denkt er bald. Es gibt keine unschuldigen Toten, kein Leid in der Welt...

 

Es werden wohl einige Unternehmer, einige Arbeiter und deren Familien aus dem Umland, vielleicht auch Beamte der städtischen Verwaltung hierher kommen...

Aber wen dieser Besucher wird er schon kennen? Und wer dieser Frauen und Männer würde in diesen Tagen nach dem Leid der Menschen an jener Kriegsfront fragen und sich nach den Soldaten erkundigen, zusammengesetzt aus internationalen Streitkräften, die wegen des Stabilisierungsprozesses und der Friedenssicherung dahin geschickt wurden, denkt er.

 

Der Geruch der Tiere, dann kommt irgendetwas Verbranntes auf, was noch mit einem späteren Vorfall in Verbindung gebracht werden wird, und sie schreiten durch den mit gelben Glühbirnen fantastisch geschmückten Zelteingang entlang zweier hübscher Frauen, zwei Zirkusbediensteten, die lächelnd zu den Bänken weisen und einem kleinen, vollbärtigen Hilfsarbeiter des Betriebs, der Getränke zu einem der Verkaufsstände rollt. Der Mann blickt von ihnen zur stillen Manege und zu den kargen Bänken... 

 

Doch dann eilt das Mädchen zum Tresen mit den Getränken. Bald geht ihr Onkel hinterher.

 

 Doch während des Gehens streift er an einem jüngeren Mann vorüber, die eine Besucherschulter die andere Besucherschulter stoßend. Der andere Mann, ihm im Körpermaß eben, dreht sich wütend und misstrauisch um, während hinter ihnen weiter Stadtleute in die späte Vorstellung gelangen und vorüber zu den Bänken gehen. Sie wollen alle in die ordentlich in der Stadt und Region beworbene Zirkusvorstellung abseits der Stadt, am Schatten des silber und blau wirbelnden Flusses.

 

Doch schon fliegt der aggressive Schall herauf: Misstrauisch blickt der Mann mit der Baseballmütze zum ehemaligen Hauptmann, den Kopf mit abschätziger Höhe haltend und macht einen Schritt auf ihn zu. Dann kommt der Streit ziemlich schnell. Die Faust des ehemaligen Soldaten kurz vor der Brust und dann Gesicht des Anderen droht schon zu mehr, als würde er ihm gleich eine ans Auge oder auf die Zähne verpassen und lässt den Mann vom Land verunsichert und erschrocken zurückweichen. Immerhin, ein Messer oder ein Gewehrlauf am Gesicht wäre um einiges deutlicher gewesen, gewiss anderswo abschließender, aber das würde auch reichen, denkt er.

 

Die lauter werdende Musik der Trompeten und Saxofone von der Palisade fliegt herüber, im Augenwinkel sieht er das Mädchen plötzlich. So schreiten sie ebenso schnell und flüchtig auseinander, wie Schatten, kurzes Aufflammen aggressiver, gewaltbereiter Sekunden. Es ist das Auseinanderdriften von zwei Männern, mit der schnellen Bereitschaft des früheren Hauptmanns den Eindruck von zumindest einem bereiten Boxer oder Kämpfer zwischen und auch abseits den Ringseilen hinterlassend.

 

Der Andere dreht sich ab und schreitet mit verstörter, etwas eitler Miene weiter. Auch der ehemalige Hauptmann schwankt zu den Holzbänken, die rings um die Manege aufgereiht sind, das Mädchen ist schon längst da und wartet auf ihn ... Lass es besser, denkt er dann. Wir sind wegen ihr hier. Er setzt sich bald auf eine der kargen Bänke, das Mädchen neben ihm. Der ehemalige Hauptmann ist an diesem Nachmittag, in der Heimat, neben seiner Nichte zu den Zelten gelangt - weit entfernt der einst mit ihm marschierenden Soldaten Grasser, Devran, fern der Vernarbungen vor dem afghanischen Kundus. Jetzt soll es etwas Unterhaltendes werden, sagt er sich. Wegen dem Mädchen soll es es sich auch lohnen. Doch für Sekunden denkt er: Wir Heimkehrer sind in einem schwierigeren, aber auch ausgeblendeten Weg als die nie zum Krieg Aufgebrochenen. Wir versuchen die Aufgaben und das Zivilistenleben in der Heimat direkt und scheinbar lastenlos anzugehen, nach der Soldatenzeit, doch es bleibt etwas Schwieriges und Schlagendes und mit Lasten.

 

Im Inneren plagt ihn plötzlich etwas der Erinnerung an die Frontfeuer und Rauchschwaden in der Ferne wie eine derbe, erbarmungslose Woge. Als erhebt sich in einer Hundertstel wieder etwas der afghanischen rissigen Passtrassen, als sei der frühere Soldat nicht fern genug der seltsam schwebenden Wolken und Aufträge über dem Land des Krieges ... Dann versucht er es auf die politische Ebene und in die durch Kriege beabsichtigte Weltordnung zu heben, es einfacher zu machen: Ach, leidvolles, unsegliches und sich gegenseitig bekämpfendes und viel zu viel Leid sehendes afghanisches Volk, denkt er. Im 19. Jahrhundert einte es sich gegen das British Empire erfolgreich, kämpfte tapfer, blieb dennoch Teil des Great Game zwischen den Briten in Indien und Russland. Ein Jahrhundert später und auch heute noch zerfleischt es sich in zig Feuern zwischen den Vernunftorientierten, Liberalen, Demokraten und den verdammten Taliban Banden, den Feinden der Menschheit und Vernunft.

Nach einer Weile hört er wieder die Stimme der Kleinen. Das Mädchen dreht den braunhaarigen Kopf zu ihm.

„Papa sagte, dass du es absichtlich verschieben würdest. Aber du hast es nicht vergessen, Onkel.“

„Ach, dein Vater ist schon ein --“, erwidert er und unterbricht sich. „Wenn dein Vater an der Hindukusch Front gewesen wäre und an einem hässlichen Nest operieren würde, würde er gerechter und brüderlicher reden.“

 Das Mädchen versteht kaum.

Er wendet sich zu ihr.


„Wenn ich im letzten Sommer nicht im Krieg, sondern schon hier in der Stadt gewesen wäre, hätten wir das schon da gemacht.“

„Wenn der komische Krieg von euch da schon aus gewesen wäre, wäre es gut gewesen, aber ich glaube, diese Zirkusleute waren auch für einige Zeit in einem anderen Land. Ich glaube in Holland oder Frankreich.“

„Nach dem Plakat waren sie in Holland. Ich jedenfalls, werde nicht mehr in dem anderen Land des Krieges sein, sodern hier bleiben“, gibt er zur Antwort. „Wir haben ja länger darüber geredet und ich hab dir am Telefon zugesagt.“ Ihr Onkel krempelt den Kragen seines Mantels auf. Das Mädchen springt auf, freut sich wegen der anstehenden Szenen und Vorführungen der Akrobaten, Tigerdompteure und Seiltänzer und schreitet die Bänke entlang.

 

Bald ruft er sie wieder zu sich. 

Sie setzt sich zu ihm. Er blickt zu den Leuten, die sich noch in Reihen für ihre Tickets am Kassenwagen einfinden. Von hieraus sehen sie nichts, riechen nichts der verkohlten, rußfarbenen Stelle, die einer Kochnische aus verbranntem Zucker oder Karamell auf dem Erdboden ähnelt und nichts der angebrannten Kabel, einige Armlängen quer zum Hauptzeltzugang und zuvor einige Zirkusangestellten wegen einem Vorfall und technischen Unfall erschrecken ließen ...

   

Etwa eine Stunde zuvor hatte es vor dem Hauptzelt des Zirkusplatzes, an einem Heuballen und Stromkabel einen Brand gegeben, über den aber nun nirgends gesprochen wurde. Nirgends gab es ein unruhiges Gerede unter den Zirkusbesuchern. Es war 17 Uhr 53, als der Messerwerfer das Kokeln rechtzeitig im Augenwinkel erfasste, zu dem Strohballen rannte und dafür sorgte, dass der Löschschaum die Flammen und das noch nicht prekäre, unauffällige Spektakel niederrang. Einer der Heuballen hatte sich neben dem Campingwagen des Seiltänzers an einem angerissenen Stromkabel der Kabeltrommel entzündet. Kein Brandstifter, der alles gefährdete und den am Fluss lagernden Betrieb in Brand stecken wollte. Und so erlosch es, während die meisten Artisten der Zirkusfamilie sich in ihre Arbeiten vertieften: Der Raubtierdompteur verwies einen Tiger auf einen Holzbalken, ein Akrobat übte an einer erhöhten Stuhlformation, der Feuerspucker spie feuerrote Formationen und ging dann zu zwei weiteren Akrobaten, um den Ablauf des Abends zu besprechen. Dann sollte es den Auftritt der Seiltänzerin und des Seiltänzers geben, während unter ihnen das Heikle lauerte, wie ein Jaguar im Versteck. Es war eine Stunde vor dem Beginn der abendlichen Vorstellung gewesen. Dann ging es weiter ...

   

Der ehemalige Hauptmann steckt die eingelösten Karten in seine Mantelinnentasche zum Tabakpäckchen. Vor ihnen gehen bald zwei Mädchen in Bolerojacken vor den Bänken der Manege umher, die gebrannte Mandeln in Tüten und Limonadengetränke verkaufen für je 2,50 Euro. Sie sehen wie hübsche Gespenster aus.

Bald schreitet ein fetter Mann mit Fliege und Frack vorüber, der die baldigen großartigen Nummern der Seiltänzer und denen des Raubtierdompteurs ankündigt.
 

Der ehemalige Hauptmann öffnet zwei Knöpfe seines Mantels, steckt seinen Kragen hinunter mit unruhigem Atem und knöpft weitere Knöpfe seines Mantels auf. Kurz sucht sein Blick den Mann, mit dem er das kurze, gewaltbereite Reden hatte, aber er sieht ihn nirgends. Es ist auch besser so, ehe es wirklich zu Schlimmerem kommt.

„Gleich beginnt alles“, hört er das Mädchen.

"Ja."

Spärliches Licht glimmt an der Zeltdecke. Er blickt zögernd zu den sich rechts menschenfüllenden Bankreihen, wie an einem zitternden Antlitz und entlang grässlicher, seltsamer Hiebe des Daseins ... Das Gespür des ehemaligen Hauptmannes wirbelt plötzlich jäh und flüchtig durch das magere Zeltlicht in eine Tiefe, Fremdheit, als entkäme er einer widerlichen Ebene des Krieges, einem Verlies und blicke wieder in irgendeine Abgründigkeit ... Er späht zum Rand der Manege, spürt den schnelleren Puls.

 

Er hat schwarzgraues, dünnes Haar. Ein Gesicht, dass rasiert ist und in diesen Sekunden ausgemergelt wirkt wie bei einem Mann nach einer überstandenen Krebserkrankung. Er presst seine Hand auf seine Brust und den Kragen. Die Buchstaben zweier tätowierter Namenszüge lugen an der linken Brustseite hervor. Er zieht seine Hand fort und blickt durch die sich füllenden Reihen. Von den Bänken blickt er zum Mädchen. Seine Mundwinkel zeigen einen mageren Zuspruch. Ihre Blicke vagabundieren im Zelt herum. Sie blickt zum Licht wie zu einem seltenen Element einer magischen Konstruktion an diesem Abend und sieht dann nach den Seiltänzern, aber noch hat es nicht begonnen ... 

 

Der Hauptmann blickt nur kurz zum Licht und späht wieder nach vorne, während ihn eine andere Gegenwart und Vergangenheit: Das Fortwährende der Soldatentage beschäftigt und kurz in seinen Vorstellungen und Empfindungen aufspringt wie ein Zustand der Würde, der Überzeugungen für den Militärdienst, ebenso ein entfernter, verwundender Zustand. Neben einer Weggabelung der Blick zu verwundeten Frauen, blutverschmierten, fast toten Pferden. Er öffnet seine übereinander gekreuzten Hände und schließt für einen Moment seine Augen. Er denkt an das von bitterem, scharlachrotem Jod und Gebeten und Unterhaltungen der Soldaten Grasser, Fehling und Devran durchdrungene Lazarett und öffnet seine Augenlider. Armer Grasser. Armer Grasser, das hat er nicht verdient, denkt er.  
„Gott hat einige der Kameraden zu sich genommen, weil der Krieg nicht anders will und kann, aber es könnte für mich und andere Rückkehrer noch schlimmer sein“, murmelt er. Seine Nichte sieht mit grübelnder Miene zu ihm, wird aber wieder zur Stimme einer blondhaarigen, jungen Zirkusbediensteten gelotst, während jene die Verköstigungen entlang der Bänke feilbietet.

“Getränke, Getränke! Zuckerwatte, Zuckerwattee! Für 1,70 Euro erhalten Sie Getränke und für 1, 30 Euro bekommen Sie Zuckerwatte für die Vorstellung, verehrtes Publikum, am Verkaufsstand erhalten Sie … “

 

In ihrer schwarzen Bolerojacke verteilt sie die Getränke. Dann schreitet sie wieder zum Verkaufstresen, an dem zwei ältere Frauen stehen.

Das Mädchen bitte ihren Onkel um Geld. Der Hauptmann nimmt bald zwei Ein-Euromünzen aus seiner Hose und drückt sie in die Hand seiner Nichte. Das Geld klimpert in ihrer Hand wie Gewehrmunition. Das blondhaarige Mädchen schlendert zum Tresen mit der Zuckerwatte-Maschine, kauft einen Bausch und klettert zurück über die alten Holzstufen. Setzt sich neben den Mann. Dieser greift an seinen Mantelkragen. Er wird unruhiger. Wischt einige Schweißperlen von seinem Hals und den Schläfen.

„Blieb hier sitzen, liebe! In Ordnung? Ich komme gleich wieder.“

Er stakt in einem metallischen, unbarmherzigen Schwall des Blutes die Holzstufen hinab und tritt vor das Zelt.

 

Er geht an den Besuchern entlang, entlang der Zeltwölbung zum hinteren Artistenbereich. Draußen spuckt er vor die Zeltwand, öffnet und zerrt an seinem Hemdkragen. Atmet tiefer in die Dämmerung. Der Mann zündet sich bald eine Zigarette an, als ein junger Artist mit Plakaten auf ihn zukommt.

„Nur keine Eile, der Herr. Sie haben noch einige Minuten“, bewegt sich der Mund in einem münzenartigen, konturlosen Gesicht. Der Junge geht auf ihn zu und späht zum Plakat an der Zeltaußenwand. Seinen Hut setzt er schief auf sein blondrötliches, stoppeliges Haar auf und grinst mit unförmigen, gelbweißen Schneidezähnen, in diesem Moment ähnelt er einem Jungen aus einem Lucky Luke im Westen - Comicheft nahe eines Saloons.

 „Wir hoffen es zahlt sich wieder aus. Wir zahlen etwa 70 Cent pro DIN A1 Plakat. Und das, weil wir den bearbeitenden Werbemann schon seit mehreren Jahren beauftragen, wenn wir in der Gegend am Fluss sind und er seither herkommt. Die Stadtleute sehen es an den Zäunen und angekleistert an den Werbetafeln. Sie hören es im Radio. Oder lesen die Plakate und kommen her“, erklärt der Zirkusjunge mit prahlender Tonart. Er deutet auf ein Plakat am vorderen Kreis der Zeltaußenwand. „Ich hab es mit angeklebt.“

Der Mann schaut mit kalter Abfälligkeit und Strenge zu ihm.
„Das ist eure Sache, Junge.“

„Ich meinte es nur so, guter Mann, weil die Show ja --“

„Du solltest den Dreck über eure Organisation in eurem Büro und eurer Gruppe behalten“ entgegnet er. „Euer Auftritt fängt gleich an. Na mach schon, geh nach hinten Junge, zu den unterhaltenden Affen.“

Der Junge blickt irritiert zu ihm. Der Mann raucht indes, hebt manchmal die glühende Zigarette vor das steinerne Gesicht mit abfälligem Blick. Der Junge mit den Plakaten wird unterdessen zum Weißclown, der zum Artisteneingang schreitet, bestimmt. Schließlich wendet sich der ehemalige Hauptmann auch ab. Etwas später schnippt er seine halb gerauchte Zigarette näher ans Zelt. Er begibt sich, mit widerspenstigem Zirkulieren des Blutes, in das Zelt.

 

Das Mädchen rückt zurück.

„Onkel-Onkel, sie kommen“, ruft sie bald neben ihm auf der Bank. Sie blickt zur Manege wie zu einem lichtgebündelten, jetzt zugänglichen Platz, durch dessen Rahmen die ersten Akrobaten, eine Frau mit gelbem Hut und blauem Anzug, der Mann mit gelbem Hut und schwarzem Anzug, läufen. Sie laufen in trippelnden, flinken Schritten an der ersten Sitzreihe des Publikums entlang, jonglieren jeweils mit vier und dann acht Bällen in wechselndem Tempo... Im Zeltring hört man lauteres Klatschen.
 

Der Mann blickt hingegen plötzlich wieder in eine vage Entfernung, kauert neben ihr. Eine Hand auf seinem Oberschenkel aufgestützt, hört er, wie in einem zweiten, kleinen Raum des Inneren, ein Gewehrfeuer aus einem der brennenden Dörfer des Krieges ... Manchmal hebt er seinen Kopf mit dem Blick zu den Jongleuren, wenn er das Rekeln des Mädchens am Arm spürt, deren Verzückungen und Begeisterung.

 

Es vergehen einige Minuten: unter anderem die Vorführung des Akrobaten auf mehreren Stühlen, die unter der lauten Zeltmusik hochkant gestellt werden, fast bis zu 5 Meter hoch. Ein Sturz könnte den Tod bedeuten. Doch es gelingt ihm. Dann unterhält das Turnen einer etwa 30 Jährigen an einer schwebenden, silbernen Mondsichel die Leute. Dann erfolgt die Slapstick Show eines modernen, armseligen Charlie Chaplin, fern der dreckigen Industriegassen und armen Viertel.

„Der wird gleich fallen“, sagt das Mädchen.

 

„Immer wird die Menschheit alles versuchen und sich anstrengen, manchmal fallen und sich wieder aufbäumen müssen.“ Das Mädchen sagt nichts.

Nachdem bald auch die Nummer des Messerwerfers beendet ist und die Pferdenummer vorüber ist, stiert die Kleine im heiteren Chor des Publikums zum Feuerspucker, der in den Kreis kommt... Ztschhhhh! Ztschhhhhh! Ztschhhhhhhhh! Der eher kleinwüchsige, gedrungene Mann speit die Flammen hinaus, beinahe so groß wie er, Flammenköpfe, die die Luft durchsieben, verbrennen und sich wieder auflösen. Der ehemalige Hauptmann beobachtet es, aber klatscht nicht, er nimmt sein Feuerzeug aus der Manteltasche, will sich eine Zigarette anzünden, aber läßt es, legt es dann in die andere Tasche. Wieder fließt in diesen Sekunden etwas der Kriegsbilder und Hiebe der Front durch sein Gemüt ... Seine linke Hand ballt er zur Faust und denkt an eine Verwundung und den Narbenstrich längs des linken Unterarms unter dem Mantelstoff aus.

 „Als ich im Lazarett im afghanischen Norden stationiert war, wurde sie von einem amerikanischen Arzt genäht. Was für eine listige Verwundung“, sagt er so leise vor sich hin, sodass es dem Mädchen unbemerkt bleibt.

  

Dann blickt der ehemalige Hauptmann wieder zur Manege und dem Feuerspucker. Ihm ist es etwas suspekt. Im Dämmerglast des Zeltes verlässt ihn nicht das fortspülende, aktive Gespür, als sei es soeben aus einem hässlichen und verrotteten Gewölbe eines fernen Gefechtes heraufgekommen und aus dem Ferment aus Staub, Ordnungen, Sperrfeuern, Blut, aus irgendeiner ursprünglichen Hoffnung und einer Hilfestellung gegen die Taliban in Afghanistan, aus weltlichem Bewusstsein, Dienstpflicht, Stolz, Verwundungen und Ohnmacht. Als sei es aus irgendeinem glutartigen Kriegsrand der Welt herbeigeeilt. Erneut schwappt die aufkommende, innere Ferne und Fremdheit heran. Er denkt an die rissigen, minenbesäten Pfade und den klagenden, bedrohten Dorfschullehrer Herrn Massoud, der die Kinder mit universellem Wissen unterrichte und die nach dem Sinn der Taliban nicht mit einem Vernunftbewusstsein unterrichtet werden dürften, weil es irgendeine Sünde sei. Nach den Worten des Herrn Massoud nicht in das totalitäre, finstere System der Taliban passe. Dann denkt er jäh an die jodverschmierten, verbrannten Beine des Soldaten Grasser im Lazarett ...

Armer Grasser, ob er für sich und seine Verlobte mit den Verbrennungen sorgen kann, denkt er. Die Hand und der Arm mit der wurmlangen Narbe des ehemaligen Hauptmannes gleiten in den Mantel, taub und verschwitzt. Längst ist der Feuerspucker fort. Nun erst vernimmt er wieder die Musik der Trompeten und Klarinetten auf der Palisade. Für die nächsten Minuten werden in der Manege dann der Tigerdompteur und die Seiltänzer angekündigt, die jedoch nicht ahnen, dass an jenem Abend ein Kurzschluss ihren Auftritt heimsuchen wird ...

 

„Die Seiltänzer werden es nicht absagen, Onkel?“, fragt das Mädchen mit zögerlicher, ängstlicher Stimme und weicht zur Bankseite am Zeltrand. Ihre Augen flackern. Spionieren am Artistenzugang nach den Seiltänzern.

„Sie treten gleich auf, weil sie gar nicht anders können. Sie müssen es wagen und immer wieder auf dieses Todesseil.“

 „Auf dem Plakat sieht man nicht, wann sie kommen“, sagt das Mädchen.

„Das entscheidet jemand anderes, wann sie wie die Unbesiegbaren reinkommen.“

 

Nach einer Weile fischt der Mann einen Tabakbeutel aus seinem Mantel heraus und öffnet ihn auf der Holzbank. Er denkt: Ich sah den Ehrgeiz eines Soldatentrupps an einem Hügel und Dorfbrunnen, dann innerhalb der Gefechte, mit den ausgesandten Plänen und widerlichen Wogen und Verstümmelungen ... Es gibt die Kämpfenden in den Uniformen, die ihre Gewehre hochhalten und ihr Leben einsetzen für ihre Befehle, gegen die Extremisten, und in der Kaserne wieder für eine Weile sicherer in die Welt blicken dürfen, fern der Gewehrsalven. Wie an etwas Bestandenem. Aber die Leute hier haben nur den Blick für die Leute des Betriebs und das Flüchtige, Unterhaltsame, denkt er. Sie wollen von den Rückkehrern und von denen an der Front nicht sprechen. Unverschämt sind viele dieser Leute, die es nicht sehen wollen.

Der Mann nimmt eine Zigarette aus dem Tabakbeutel, aber steckt die gedrehte Zigarette noch nicht an.   
„Das darfst du nicht, Onkel“, sagt die Nichte.

„Die Leute, die sich hier vergnügen, sehen es nicht.“

„Du darfst es nicht, Onkel“, sagt sie dringlicher.

„Lass jetzt“, sagt er lauter und bestimmt.

 

Dann verändert sich der Lichtstärkeeinfall an der Manege. Der äußere Ring der Manege über den Holzbänken verdunkelt sich.

„Sie haben keinen Blick dafür. Siehst du“, sagt er und hebt den im Dämmerglast des Zeltes fast unsichtbaren, genähten Arm in Richtung des Artistenzugangs und fühlt wieder das seltsame Gefühl im Inneren. Die Erbarmungslosigkeit von Geschützen, heranfliegenden Schüssen und die Meldungen von toten Soldaten, die auch vor der hellsten Sternennacht nicht stoppten. Er raucht und sieht sich wie in einer raschen Imagination wieder an einem herben Stand des Krieges. An den kargen Gefechten am Hindukusch ... Sie wollen nichts von Kriegskindern, entfernt beauftragten Kämpfenden, den Luchspanzern vor den Lagern, von den tapferen Soldaten Grasser und Devran und vom fünfhundert Meter vor mir gefallenen Offizier - alle Teil der internationalen Koalition gegen die Fanatiker - in der Steppe hören. Zum Teufel, das will keiner wissen! In diesem Teil der Welt steht vieles anderes an erster und zweiter Stelle. Auch noch an dritter und vierter Stelle. Verdammt, die Geschichten und das Seelenheil der anderen, wirtschaftsschwächeren Welt, den Armen und Hoffnungslosen und Kriegsgebiete kommen sehr spät.

„Sie wollen nichts von den Heimkehrern hören.“ Die Stimme verliert die neutral gemimte Tonart, wird schwerblütiger. Der Mann verstummt. Auch sie verstummt.

    

Kurze Zeit später taucht der Raubtierdompteur auf ...

Ein stämmiger, eher hässlicher Mann mit Glatze, Vollbart, violettem-rötlichen Gesicht beinahe wie bei einem Säufer. Dann kommen die Tiger hinein. Sie könnten ihn schnell töten, wenn sie wollten, denkt er.

Ohne Zuruf des Dompteurs springt eines der Raubtiere auf das Piedestal – Gestell. Während des Fauchens und an der noch immer majestätischen Gestalt der Tiger, hört man dann wiederholt das Donnern und einschüchternde Blitzen der Peitsche auf dem aufwirbelnden Boden. Das Mädchen blickt vom Dompteur zu den Tigern. Der Mann blickt vom oberen Licht zu den Tigern, dann zum Mädchen, die es neugierig und etwas beängstigt verfolgt und wieder zu dem fetten Dompteur mit dem Säufergesicht und dann zu den allbereiten Tigern.  Die Tiger sammeln sich wie an einer zurückgehaltenen, stummen Gewaltsamkeit und Aggressivität, denkt er ...   

Der Hauptmann löscht seine Zigarette auf dem Holzboden unter seiner Schuhsohle. Und noch werden sie beide nicht aus dem Zirkus gedrängelt wegen eines Zwists mit einem der Helfer ...

 

Er fasst sich an den linken Unterarm. An dem die Haut und Naht nach der Operation, noch im afghanischen Kundus vernarbte. Mit dem er jedoch wenige Wochen später wieder seinen Soldatenhelm fassen und seine Munition für das Verteidigen der Einheit handhaben konnte und marschierte, im kupfernen, dürren Zenit der Mittage, der die Täler und Felder, zum Glück nicht die Feldflaschen der Soldaten, von einer Stunde zur nächsten auszutrocknen schien, mit einem Soldatentrupp, neben Grasser und Devran marschierte. In den Hauptstraßen der afghanischen Stadt Kundus für Wageninspektionen und für das Sicherstellen des kargen Demokratieaufbaus bereit war. Unruhiger Blick zum grellen Licht.   
Der Raubtierdompteur mit dem dicken, unebenen, vollbärtigen Gesicht, lanciert die Schutzgabel mit der linken Hand vor. Seine vorderen Pranken hebend, lauert eines der Raubtiere bald mit tödlichem Maul und wartet, wartet., dann springt es durch den brennenden Reif, während die Leute im Zirkuszelt wie bei einem Musikkonzert ihren Beifall spendieren ... Weitere Minuten mit verschiedenen Vorführungen vergehen.

 

Noch flackern die Scheinwerfer und streuen grelles, billiges Licht aus. Noch versucht keiner der drei Bediensteten, ihren Onkel aus dem Zirkus zu drängen, aufgrund einer Unnachgiebigkeit, einer provozierten Streitigkeit, die der frühere Hauptmann auch hier nun loslöst ...

 

Vor ihnen scharren bald Helfer schlampig den Sand auf für die Seiltänzer und spießen zwei lange Eisenstäbe in den Boden, platzieren und richten sie unter den vier Manegescheinwerfern auf. Dann wird das Seil gespannt. Türme werden herangefahren. In jener Höhe ist es kein großer Abstand zur Zeltkuppel mehr. Der ehemalige Hauptmann hebt seinen müden Nacken.

„Verdammt, jetzt werden sie sich drauf einlassen. So wie sich andere Leute mit ihrer Dienstpflicht auf den Krieg einließen“, sagt er und verzieht etwas spöttisch seine Lippen.
„Aber vielleicht ist es ja ein gütiger Himmel über ihr und kein allzu tückischer Auftrag auf dem Seil.“ Er verschränkt seine Arme. Der Aufbau geht voran. Weniger als 90 Sekunden dauert es nur, ehe er sich und die Welt wieder anders wahrnimmt: An einer ernüchternden Position irgendwo vor Kundus. Ein Kriegsteilnehmer, der mit den Männern, unter anderem neben dem 27-jährigen Grasser und 22-jährigen Devran, entlang der beeindruckenden und auch meuchelnden Felsen, der Befehle, Toten, Märkte mit dem Brot und ausgehangenen Fleisch, Ziegengerippe und neuen Schulgebäude marschierte. Entlang der Hoffnung. Entlang der Ruinstätten und vorangebrachten Viertel. Unweit der Schwarzseherei und feindlichen Talibannester, im dienstbeflissenen, mutigen Marsch des Soldatentrupps. Das Leben wurde in der Kompanie beschützt, denkt er. Unweit der ISAF-Quartiere und Mohnfelder.

 

Vehement und mit einem Mal wird etwas der martialischen Frontvergangenheit in Afghanistan deutlicher. Fauchend gebärt es wieder eine üble, verwundende Rasanz. Der Rauch und die Spiegelungen des Krieges in der Heimat ... Er erinnert sich an die brennenden Dörfer und den Geruch des Lazaretts. Dort fielen die getroffenen Soldaten Grasser, Fehling und Devran beinahe in das Nichts, in die Unendlichkeit. Der ehemalige Wasserballbundesligist Fehling hatte einen der Einsätze nicht überlebt. Ein ordentlicher, loyaler Kumpel war es gewesen. Wir alle hatten in unserer Kompanie bei Kundus, an der staubigen, afghanischen Front, hinkende, verkrüppelte, ausgemergelte Jungen und tote Mädchen und oppurtunistische Marktverkäufer gesehen, trotzende und ewig misstrauische Menschen, denkt er. Verfaulte, tote Ziegen. Verschwitzt marschierte er entlang der minengesäten, martialischen, meuchlerischen Pfade, rastete in den Feldlagern. Bei einer Operation gegen die Taliban, die einen weltgewandten Lehrer geköpft hatten, eine Lehrerin entführt hatten und zu ermorden drohten, hatte er nahe den Positionen der Feindbegegnungen, an einem Mauervorsprung gelehnt und die Operation begleitet, die erfolgreich verlaufen war.

 

Später hatte er die im Lazarett liegenden Soldaten Grasser, Devran und Fehling besucht. Er denkt an eine Unterredung mit einem Offizier, mit dem er im Soldatenlager einen Einsatz zum Schutz jener Mädchen und Jungen plante, die wieder die Schule besuchten. Sie wollten die Demokratie und Aufklärung stärken. Ein Recht, welches ihnen unter den Taliban wie eine Sünde und weltliche Blöße versagt worden war. In jenen Tagen dachte er an den möglichen Frieden am Hindukusch und den anfangs bekräftigten Einsatz der ISAF wie an eine saubere, hilfreiche, ehrwürdige Fahne und ein ehrwürdiges, weltmännisches Antlitz ...

 

Erneut entkuppeln sich die Erinnerungen an die Soldaten Grasser, Devran und Fehling in der Krankenstätte, die er glaubte, schneller und aussöhnender vergessen zu können. Bei 42 Grad kämpften und operierten sie, beim tödlichen Brodeln und Geruch der brandigen Erde. Kampierten unweit der Terroristen, der Goldschakale und misstrauischen Dörfer. Er spürt noch immer die betäubende Hitze in seiner Brust und seufzt auf. Sein Blick zerstreut sich. Dann versinnbildlicht er sich jenen gefallenen Soldaten, an dessen Grab er in jenen Tagen gestanden hatte: Ja, Weggefährte, wir sind aus einem üblen, entfernten Krieg in die Heimat gekommen. Du hast die bezeugende Erde neben dir. Wir kennen das Kriegsgetrommel, die Verleugnungen, betrunkenen Abende in einem Lokal oder den Gang in der Straße, ohne zu wissen, wie es sich alles entwickeln wird nach dem Krieg.

 

Etwas fahl und trunken wandert er in seinen Gedanken, auch wenn der Krieg 15 Monate zurückliegt. Und die Außenminister der Europäischen Union mit der afghanischen Regierung nicht nur über Schuldenerlasse bereits zu jener Zeit sprachen, sondern Verhandlungen vorangebracht wurden, in denen der gänzlich geplante Abzug der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan längst an der politischen Tagesordnung stand. Der Geruch aus Tieren, Mandeln, Schweiß, Holz und Sand um ihn herum. Hier ist er jetzt Zivilist.  Im nächsten Atemzug lehnt er sich zurück, als käme er aus einem anderen sprachlosen Raum, einer anderen Dimension. Der propagierte Einsatz zur Verteidigung schien mit dem Ziel einer freieren, humaneren Gesellschaft Afghanistans etwas Erstrebenswertes ...

 

Vage hört er dann die Worte des Mädchens ...
„Was ist denn Onkel?“, fragt sie. Das Mädchen blickt kurz zu ihm, mild, bekümmert. Er blickt müde zu ihr und dem vorderen, beleuchteten Kreis.

„Was ist mit dir Onkel?“, fragt sie erneut.

„Es kommt von den Kopfschmerzen der letzten Tage“, spielt er vor.

Das Mädchen hängt sich in seinen Arm. Sie bittet ihn um Aufmerksamkeit für die Linie in der Manege ... Er küsst ihren Kopf. Müde späht er dann zum Seil nahe der Zeltkuppel. Dahinter Kunstlichter: gelb und blau und grün schweben die Lichter wie ein ewig dürrer, merkwürdiger, glanzvoller Kosmos. Das Grübeln des Mannes wird magerer und bald zur schwachen, verwischenden Erinnerung an beseelte und schlimmere Kriegstage vor Kundus. Er kommt wieder ins Jetzt, blickt zu den Arbeitern des Zirkusbetriebs, die es abgeschlossen haben.

 

 Schließlich läuft das Seiltänzerpaar hinein. Der ehemalige Hauptmann, der einen Zigarettenstummel anzündet, was noch keinem der Zirkusbediensteten auffällt und noch zu keinem verdatterten und dann verwarnendem Profil und ermahnender Autorität heranwächst, noch niemanden zu einem Handgemenge hinreißt, und das Mädchen, das an der Zuckerwatte nagt, es sodann auf eine Tüte neben sich auf die karge Bank packt, wiegen scheinbar für Sekunden mit dem fröhlichen Tamtam der Menge im Zirkuszelt.

„Hast du sie dir so vorgestellt?“

„Nur die Seiltänzerin. Ich habe sie mir wie eine Frau vorgestellt, die sogar schnell auf die äußere Zeltkuppel hochspringt und auch darüber rennt“, antwortet das Mädchen. Ihre glücklichen Augen fangen schon das Seil ein.
„Hoffentlich wird es nicht lächerlich“, entgegnet der Mann.

 

 Der Mann gewährt der Seiltänzerin wie ein Gentleman den Epilog ... Sie arbeitet bald mit einem Schirm und entert unter dem schallenden Applaus die jeweils andere Seite, den anderen Turm. Das Seil ähnelt Telefonmastdrähten. Einige Minuten fliegt sie darüber wie ein Vogel, dem Höhe und Souverinität in der Höhe das Ureigenste sind.

 „Das muss für sie die beste Welt sein“, sagt das Mädchen.

„Vielleicht, solange sie sich nicht das Bein oder Genick bricht“, sagte er. Er behält seine unbeeindruckten Augen. „Das ist eine besondere Familie, in die sie hinein geboren wurde als Schaustellerin. Aber ein Sturz kann sie in einer Sekunde des falschen oder fehlenden Vertrauens töten. So wie bei uns im Krieg, da musst du deinem Kumpanen im Trupp vertrauen und darfst dich trotzdem nicht dem Vertrauen komplett verschreiben, sondern auf dich selbst als Kämpfenden auch verlassen. So wie man sich nicht dem totalen Vertrauen in einen Frieden nach dem Krieg oder in einen oberflächlichen Vertrag zum Frieden verschreibt. Das Militär eines demokratischen Staates dient zur Verteidigung gegen Terroristen und dem Frieden im Land, das Vertrauen muss durch seine Menschen --“, sagt der ehemalige Hauptmann und bricht ab. Er lächelt karg und mit aufgeregterem Blut. Bald hangelt sich die Tänzerin schwalbenartig hinab, wie von einem Dach gleitend. Großer Applaus.  

  

Bald wirft der Artistenhelfer dem hinauf gekraxelten Seiltänzer die Balancierstange hinauf. Unter dem Flackern der Lichter und Scheinwerfer rast er in seiner Bolerojacke zum rettenden Turm, über der schlagenden Tiefe, eilend wie mit hitzigem Puls, als schäume unter ihm eine Lava auf oder strecke sich ein fürchterlicher Drachenkopf, dem er entrinnt ... Nach einiger Zeit zückt der ehemalige Hauptmann auf der Bank wieder seinen Tabakbeutel. Diesen legt er auf den linken Unterarm, fischt Tabak heraus und bald steckt er die schäbig gerdrehte Zigarette gedankenversunken in das Tabakpäckchen, er blickt noch nicht hinauf.

„Bitte nicht, Onkel“, sagt das Mädchen.

„Lass jetzt“, gebietet er ihr.

„Bitte nicht, Onkel. Es ist nicht gestattet.“

"Sei ruhig jetzt", gebietet er ihr. 

Das Mädchen verstummt und blickt eingeschüchtert zu den vorderen Reihen. Die scheiß Bediensteten werden sich nicht hierum, sondern um die fleißigen Leute im Kreis kümmern und um die durstigen Leute am Verkaufsstand. Er fasst an seinen genähten Unterarm, wo das Maschinengewehrfeuer im Krieg am Hindukusch das Fleisch seines Unterarmes zerfetzte. Diese Drecksnaht fällt wenigstens keinem auf. Er hatte vor Kundus gedient und jetzt lagen sie zurück: die Pfade mit den Sprengfallen. Das nächtliche Aufbrechen aus dem Feldlager und der Krieg, noch ohne irgendwelchen Siegern, waren vorüber. Aus dem Tabakbeutel holt er die Zigarette hervor. Das Päckchen gleitet wieder in seinen Mantel.

 

In der Manege wird es plötzlich für Augenblicke finster wie in einem verfluchten Verließ oder Höhlenversteck: Der Seiltänzer führt seine Nummer zeitweilig in der Dunkelheit durch ... Als der Strom auf der Zirkusanlage kurzzeitig ausfällt, wegen der im Tagesverlauf durchgeschmorten Kabel der Trommel nahe der verkohlten Holzstöße und Heuballen, ist es fast 22 Uhr.
Die Manege verstarrt in Finsternis. Zunächst bröckelt das Licht über dem Seil nur in Schüben, dann bricht es erneut abrupt ab. Einzig die grünen Schilder der Notausgänge rund um das Zelt streuen mageres Licht. Die Menge raunt und ist verunsichert, sieht im flatternden Scheinwerferlicht die schwankenden Schritte des Seiltänzers und beobachten, wie er bald wie ein überraschter Einbrecher an einer Dachrinne hängt, über seiner seltsamen Welt und dem peinigenden, ohrfeigenden Zwischenraum.

 

Drinnen unsicheren Raunen, draußen indes eilt der Messerwerfer, der später noch kommen wird, und das Strohfeuer vor der Vorstellung löschte, zur Kabeltrommel neben dem Hauptzelt, kniet sich mit einer Lampe hin, verwundert, steckt Kabel ein und um. Und nach einer Weile sticht das Scheinwerferlicht wieder grell über der Manege. Endlich springt das Licht im Hauptzelt und der Strom des Hauptgenerators im Lastwagen wieder reibungslos an. Die Nummer soll ihr heiteres Ende finden, als der Seiltänzer unter dem horrenden Applaus der Menge, die sich teilweise erhebt, das andere Seilende entert und sich bald neben der Seiltänzerin mit verschwitztem Gesicht verbeugt, wie einer schweren Niederlage knapp entkommen. Beide laufen sie schließlich mit einem Schreckmoment aus der Manege. Der Direktor schickt jemanden vor, der im brodelnden Stimmengewirr die Behebung der Beleuchtungspanne verkündet und sich entschuldigt. Bald läuft die Vorstellung des Gewichthebers an, während der ehemalige Hauptmann sich mit einem feuerzeig die Zigarrette anzündet. In diesem Moment fällt es einem der Bediensteten des Zirkusbetriebes auf, der zu den Bankreihen streift. Direkt eilt er auf den ehemaligen Hauptmann zu ...

 

„Das ist hier untersagt, hören sie. Machen Sie die Zigarettenglut sofort aus“, vernimmt er die bestimmte, aber noch nicht unfreundliche Stimme zu sich wirbelnd. „Sie wissen, dass es untersagt ist, selbst für den Direktor! Also bitte“, sagt er energischer und der ehemalige Hauptmann spürt das Profil näher zur Bank treten.

Er macht sich nichts daraus, raucht weiter.

„Ich sage Ihnen das jetzt kein weiteres Mal. Los! Los machen Sie die Zigarette aus!“, korrigiert sich der Mann schon eine Minute später im zornigen Ton. Das Mädchen bittet ihren Onkel, die Zigarette auszudrücken. Sie plappert los, stößt ihn an mit zitternden, eingeschüchterten Pupillen. Der ehemalige Hauptmann gebietet ihr, still zu sein. Er rührt sich nicht und löscht auch die Tabakglut nicht.
„Sie wissen, wovon ich rede, also hören Sie jetzt auf damit“, sagt der Zirkusbedienstete ergrimmter.

Die kühlen, spottenden Augen des Onkels blicken umher. Er wird nicht hysterisch, macht sich nichts aus dieser Anordnung, bleibt mit kaltem Blut sitzen und erwidert dann in gleichbleibender, kalter Stimme. „Los, geh jetzt wieder zu deinem Personal oder Direktor, der dich woanders zuordnet. Wir wollen ein nettes Mädchen aus eurem Betrieb wieder da vorne sehen. Du Affe solltest dich jetzt auch besser an den Tresen oder sonst wo hinstellen, wo du gebraucht wirst. Na los, Junge.“

Der Mann blickt ihn wütend an, dreht sich mit blitzenden Augen ab und kehrt bald zurück. Zum ersten Mann springen ein zweiter und dritter, älterer und breiter gebauter Artistenhelfer hinzu.

  

Unterdessen wenden sich einige Zuschauer irritiert von ihnen ab und drehen sich, abgelenkt von der Trompetenmusik der Palisade, zum Gewichtheber in der Manege. Die drei Männer packen ihn schließlich an den Armen.

Draußen brüllt er: „Wegen der Tochter meiner jüngeren Schwester werd ich euch Jungen nichts antun und keinem die Nase einschlagen. Es ist wegen dem Mädchen hier, sonst würde ich euch wirklich --.“

 Vor dem Zelt reißt ihm einer der drei Bediensteten die Zigarette aus der Hand.

„Verfluchter Dickkopf ... Ein Feuer gab es schon am Nachmittag hier, Gott behüte! Sie verstehen wohl nicht, was es bedeuten kann für den Betrieb!“
Der ehemalige Soldat macht einen Schritt zurück, sortiert den Mantel, dann widerholt er wie ein uneingeschüchterter Straßenschläger.

„Ich hätte dir die Nase eingeschlagen, das schwöre ich bei Gott, wenn das Mädchen nicht wäre, hörst du.“

Der Angestellte reagiert nicht.

„Ich hätte sie dir eingeschlagen, du weißt nicht, wer ich bin und was ich gesehen habe und wem ich die Kehle durchschneiden musste.“

Der eine Mann macht einen Schritt zurück.

„Lassen Sie jetzt“, sagt der Älteste zwischen Souverinität und Irritation wegen des gehörten Satzes.

 

Kaum sagt er das, befiehlt er den beiden Anderen plötzlich, ihn vom Zirkusplatz zu werfen, der zweite Bedienstete stößt ihn gegen die Brust und will wieder auf ihn zugehen und ihn packen. Plötzlich springt der ehemalige Hauptmann voran zu jenem zweiten Bediensteten, packt ihn am Arm und schmettert ihn im Blitztempo mit einem Hebelwurf zu Boden. Die anderen weichen wütend und mit überraschtem, feigem Wanken zurück. Der Mann beobachtet sie. Dann ruft er das Mädchen zu sich und sie schreiten fort vom Platz. Er pustet in seine Faust, und knöpft den Mantel weiter zu. Noch einmal im Umdrehen: „Wegen dem Mädchen hier werd ich euch nichts antun.“ Der Mann watet in verwünschenden Sprüchen vom Zirkusplatz. Das Mädchen läuft weinend hinterher.

„Komm her. Komm her, hab ich dir gesagt“, gebietet er ihr.

Zunächst zögert es und holt ihn dann am Kartenwagen auf.

 

Bald werden sie zu einem zusammenschmelzenden, dämmernden Schatten; das Mädchen weint nicht mehr, als sie zurückgehen. Sie eilen über die Schnellstraße und schwenken in der frischen Nachtluft in einen gegabelten, lehmigen Weg und entfernen sich vom Zirkusplatz. Über ihnen glimmen einige träge Sterne. Er knöpft seinen Mantel komplett zu und krempelt den Kragen des Mädchens hoch, nimmt sie an der Hand. Wortlos gehen sie den Pfad am Fluss entlang. Der Wind fliegt über den Fluss und Pfad und sie hören den Wind auf dem Pfad, an den Pappeln und hören den wirbelnden silbernen Fluss. 

Still schreiten der ehemalige Hauptmann und das Mädchen an Weiden, dem Fluss und den silbernen und verfinsterten Pappeln vorüber, deren Blätter in der Luft metallisch klirren wie Gewehrhülsen. Nach einiger Zeit löst sich die jenseitige Silhouette der Siedlung aus der Finsternis. Fensterlichter und Straßenlaternen irgendwo vorne.

 

Der Rauch der Schornsteine aus den Siedlungshäusern steigt empor und er sagt sich: „Die Zivilisten wissen nichts über die Opfer im Krieg und den Schwierigkeiten der Rückkehrer. Sie erkundigen sich nicht, ob die antreffenden Soldaten nach den ersten Gefechten den Tod in den Dörfern von anderen Soldaten oder Kindern gesehen haben. Und wenn sie in den Feldlagern sind, sich die Essensrationen teilen und in staubigen Feldlagern hocken und es für ein besseres Land tun. Weil sie sich in der ISAF-Armee gegen eine Diktatur der Taliban dort aufstellen. Die Leute hier interessieren sich nirgends dafür. Aber es soll wohl nicht anders sein.“

 

Nach einigen Minuten Fahrzeit gelangt er zum Haus seiner Schwester. Bald fährt er alleine an einer der verregneten städtischen Bus-Stationen entlang, überlegt ob er zu einem äußeren Stadtviertel fahren soll, in die Herschelstraße zum City-Casino. Doch er tut es nicht.  
 

Als er in der Nacht nach Hause kommt, setzt er sich bald an den Tisch im Esszimmer, auf dem seine Frau das Abendessen hingestellt hat. Nach dem Essen stakt er zum Schrank, wo er eine angebrochene Whiskeyflasche greift und ein Glas aufstellt. Der Mann trinkt ein paar Schluck Whiskey. Dann geht er hinaus auf die Veranda.

 Als er auf die Uhr schaut, ist es fast Mitternacht. Bald vernimmt er die Hände seiner Frau in der Küche, die die beiden Hunde füttert und hinauskommt. Auf dem Verandatisch brennt eine Petroleumlampe. Sie fragt nach dem Abend beim Zirkus am Fluss. Er spricht nicht viel darüber. Er will nicht über einen der geprellten Hunde sprechen, den er zu Boden geschmettert hat und dem er noch mehr angetan hätte, wäre das Mädchen nicht da gewesen. Dann trägt sie an ihn heran:

„Ein Herr Rother hatte angerufen. Morgen wollen sie ein kleines Turnier am Bouleplatz am Flusscafe austragen.“

„Vielleicht werde ich morgen hinfahren.“

„Es wird bestimmt unterhaltsam und dir gut tun mit diesen Leuten vom Bouleplatz und Fluss“, erklärt sie lächelnd.

„Vielleicht werde ich hinfahren“, antwortet er.

„Das wird toll werden.“

Sie wankt zurück zur Tür, die linke Hand am fliederfarbenen Gürtel des Schlafrocks.

„Ich werde jetzt schlafen gehen.“

„Ich komme gleich nach.“

 

Die Frau geht hinauf. Einer der beiden Hunde läuft über die Türschwelle zur Veranda und weiter zum Apfelbaum. Er raucht eine Zigarette und trinkt vom Whiskey. Einige Minuten später verspürt er eine heftige Müdigkeit und den Whiskey in den Adern und kehrt zurück ins Haus, steigt die Stufen hinauf ins Badezimmer und macht sich frisch. Dann geht er ins Schlafzimmer. Küsst sie bald, öffnet den Gürtel des Schlafrocks ...

 

Als es Vormittag wird, bleibt er noch liegen und steht erst zum Mittag auf und macht sich fertig. Im Ford Wagen gelangt der Mann zum Flusscafe. Einige sind nur auf das Spiel konzentriert. Eine andere Gruppe aus der Kleinstadt, die mit Selbstdarstellungen und einem gestellten Wettkampf an der Boulebahn beschäftigt ist, wirft nachlässiger die Kugeln über die Strecke. Nach einem Gespräch mit Herrn Rother, der ihm auf die Schulter klopft und ihn willkommen heißt, die Mannschaften mitteilt, trägt er sich ebenso auf der Spielerliste ein. Wirft die ersten Kugeln; Minuten später setzt er sich auf eine Bank abseits der Bahn, zündet sich eine Zigarette an.

 Es erscheint ihm, als verlöre er in diesen Minuten wieder die lähmende Weite und die Splitter des Krieges in seinem Blut. Es ist ein Vormittag ohne einer Operation, ohne verwesenden Schafen am Wegesrand, ohne dem Herdrängen eines Sperrfeuers. Es gibt keine ausgemergelten Pferde, Sprengfallen nahe der Schule des sehr guten afghanischen Lehrers Herrn Massoud, keine ausgebrannten Panzer und kämpfenden Bataillone. Sie wissen nicht um diese Stille und das Glück. In einem Land, in dem die Menschen nicht von unzersprengten Straßen, Schulen und Vormittagen träumen müssen, also nicht vom Frieden, von einer entfernten, heilen Welt sprechen müssen. In dem niemand dieser Leute für einen unersetzbaren Frieden patrouillieren muss ... Bald bestellt er etwas zu trinken, trinkt zwei Gläser Gin und bleibt nicht lange. Vor dem Wettkampfende fährt er zurück, fort vom Cafe und Fluss, will zu einem der städtischen Casinos, und entfernt des gegenwärtigen, oftmals unhörbaren, weitliegenden Krieges und fühlt sich wie ein Mann, der auch hier, im Frieden, irgendwo zwischen den zerfallenden Ordnungen schreitet ...

 

© Deniz Civan Kacan

 
 
 
 
 


 

 

 

 

Impressum

Texte: Denis Civano
Bildmaterialien: -
Lektorat: -
Übersetzung: -
Tag der Veröffentlichung: 21.01.2013

Alle Rechte vorbehalten

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