dass wir das geklärt haben. Ich verstehe deine Empfindlichkeit sehr gut, der Lügenbaron etwa ist uns allen ja noch nur allzu gut im Gedächtnis. Aber du kannst davon ausgehen, dass ich meine "intertextuellen Anleihen" nur an berühmten und allseits bekannten Gedichten mache, denn das macht dann ja gerade erst den Reiz aus beim Lesen.
LG
mina
Sachs, Hans (1494-1576)
Das Veigerlfest
Als Herzog Otto III., dem die Nachwelt den Beinamen... mehr anzeigen
dass wir das geklärt haben. Ich verstehe deine Empfindlichkeit sehr gut, der Lügenbaron etwa ist uns allen ja noch nur allzu gut im Gedächtnis. Aber du kannst davon ausgehen, dass ich meine "intertextuellen Anleihen" nur an berühmten und allseits bekannten Gedichten mache, denn das macht dann ja gerade erst den Reiz aus beim Lesen.
LG
mina
Sachs, Hans (1494-1576)
Das Veigerlfest
Als Herzog Otto III., dem die Nachwelt den Beinamen "der Fröhliche" gab, über die
österreichischen Länder herrschte, begannen die Wiener, die schlimme Zeiten hinter sich hatten, ihres Lebens wieder froh zu werden, und allerlei Spiel und Kurzweil bereiteten manch frohe Stunde.
Unter den Lustbarkeiten, die damals gebräuchlich waren, stand das sinnige "Veigerlfest" obenan. Der Glückliche, der das erste Veilchen fand, bedeckte das Blümlein sorgsam mit seinem Hut und rannte spornstreichs zum Herzog, um ihm die Freundenbotschaft zu überbringen, daß sich dieser liebliche Bote des Frühlings ans Tageslicht hervorgewagt habe. Unverzüglich ließ der Herzog nach altem Brauch den festlichen Zug zum Pflücken des ersten Veilchens einberufen und zog, begleitet von Musik in Gesellschaft fröhlicher Herren und Frauen und gefolgt von einer großen Schar neugieriger Städter, zum Fundort, um das Veilchenfest einzuleiten.
Es war an einem heiteren Vorfrühlingstag des Jahres 1325, als ein schlanker Rittersmann langsam am Fuß des Kahlenberges dahinschritt, die Augen forschend zur Erde gerichtet, als suche sein Blick etwas auf dem Boden, der sich schüchtern mit dem ersten Grün zu bedecken begann. Plötzlich stockte sein Fuß, freudig bückte er sich zur Erde nieder und rief aus: "Ich hab's. Das erste Veilchen des Jahres blüht vor mir." Rasch zog er seinen Hut und legte ihn sorgfältig über das Blümlein, das wie ein Stern neben dürrem Gestrüpp hervorlugte. Schnell eilte der Ritter stadtwärts und stand bald in der Burg, wo er sich bei dem Herzog melden ließ, um ihm die freudige Kunde zu bringen, daß er den ersten Frühlingsboten gefunden habe.
"Gern will ich das heitere Frühlingsfest feiern", erwiderte freundlich der Herzog, "und ich freue mich doppelt, daß gerade Ihr, Herr Neidhart von Reuenthal, mein lustiger Rat, den glücklichen Fund gemacht habt. Ich will auch meine Gemahlin zu dem frohen Fest mitbringen".
Unter tiefen Bücklingen entfernte sich Herr Neidhart, erfreut über die huldvollen Worte des Herzogs. Bald bewegte sich ein fröhlicher, jubelnder Zug aus der Stadt gegen den Kahlenberg. Allen voran stolzierte der lustige Rat, Herr Neidhart, an diesem schönen Frühlingstag und aus diesem festlichen Anlaß sich seiner Würde doppelt bewußt. Hinter ihm schritt die Musik mit Trompeten, Posaunen und Pauken, dann kam eine Schar weißgekleideter Jungfrauen, denen im festlichen Schmuck das stolze Herzogspaar folgte. Den Abschluß bildeten in langen Reihen die Ritter und Adeligen, die Bürger und das gewöhnliche Volk. Endlich war man an die Stelle gelangt, wo das Veilchen seines Pflückers harrte. Dort lag auch der Hut. Neidhart ließ einen Kreis um den Fundort bilden; aller Augen waren auf den Hut gerichtet, der den lieblichen Frühlingsboten bedeckte. Jetzt schritt der Herzog, gefolgt von seinem Rat, an den Hut heran und hob ihn feierlich empor, um das erste Veilchen zu begrüßen. Da schoß jähe Zornesröte in sein Gesicht, wütend warf er dem wie zu Stein erstarrten Neidhart den Hut vor die Füße; denn nicht ein Veilchen war unter dem Hut verborgen, sondern übelriechender Unrat. (Der Bauer hatte hingeschissen.) "Das ist Euer Veilchen, Neidhart", schrie der Herzog erbost; "wahrhaftig, Ihr treibt üblen Scherz mit uns! Wenn Ihr schon meine Person mit solchen traurigen Späßen nicht verschonen wollt, so hättet Ihr doch meine Gemahlin, der Herzogin, diesen Anblick ersparen können!" Mit finsterer Miene wandte er sich ab und schickte sich an, mit seiner Gattin die Fahrt in die Stadt anzutreten.
Neidhart war wie aus den Wolken gefallen, während ringsumher lautes Gelächter erscholl. "Verzeiht, Herr", stieß er mühsam hervor, "mir ist da ein übler Streich gespielt worden. Das kann nur einer meiner Feinde getan haben, einer von den hiesigen Bauern. Aber wenn ich den Kerl erwische, bei Gott, der soll nichts zu lachen haben!"
Verächtlich schritt der Herzog an seinem Rat vorbei, in angeregter Unterhaltung über den Vorfall folgte die Gesellschaft. Die Menge aber, der das erhoffte Fest entgangen war, wollte schimpfend und fluchend dem unschuldigen Opfer zu Leibe rücken, um an ihm ihr Mütchen zu kühlen. Doch Herr Neidhart zog es vor, durch eilige Flucht der Rache des enttäuschten Volkes zu entgehen. Als er sich nicht weiter verfolgt sah, verlangsamte er seine Schritte, in Gedanken den Übeltäter verwünschend, der ihm diese böse Suppe einbrockt hatte. So näherte er sich dem Dörfchen Heiligenstadt, und hier wandelte ihn die Lust an, mit einem Humpen Wein den Ärger und die Schmach hinabzuspülen, die man ihm angetan hatte. Beim Dorfwirtshaus trat eben die Jugend zum fröhlichen Reigen an, in ihrer Mitte aber prangte auf einer Stange - ein Veilchen. Das konnte nur sein Veilchen sein! Zornbebend zog Neidhart einen der Burschen, der ihn nicht kannte, zur Seite und fragte ihn, woher das Blümlein stammte. Da erzählte ihm der Junge lachend, daß eigentlich Neidhart von Reuenthal das Veilchen gefunden habe; zwei Bauern, die er ihm namentlich nannte, hatten ihn dabei beobachtet, während seiner Abwesenheit das Veilchen gepflückt und den Unrat dafür an seine Stelle gelegt.
Neidhart hatte genug gehört. Wie der Blitz fuhr sein Schwert aus der Scheide und zwischen die Bauern hinein, die entsetzt auseinanderstoben. Doch mehrere Leute trugen böse Wunden davon. Mit dem Veilchen, das er von der Stange gerissen hatte, eilte der Ritter sogleich in die Stadt und drang zu seinem Herzog vor, dem er den Streich der beiden Bauern erzählte sowie die Rache, die er dafür genommen hatte. Lachend hörte der Herzog seinen Bericht und versicherte ihn seiner erneuten Huld. "Ihr werdet Euch aber", sagte er schließlich, "die Bauern nicht eben zu Freunden gemacht haben!"
"Das will ich auch gar nicht", meinte Neidhart von Reuenthal darauf, "denn diese Schandtat, die sie mir vor Euren Augen zugefügt haben, kann ich nimmer vergessen." Und die Heiligenstädter Bauern waren und blieben auch seine Feinde, wie er der ihrige, bis an sein Lebensende.
(Quelle: https://www.sagen.at)