Der Tätowierer
Von: Martin Auer
Ein erfolgloser Künstler überfällt Menschen und tätowiert sie gegen ihren Willen. Seine Opfer werden Kultobjekte des Kunstmarkts.
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Aus dem Text:
F: Fanden Sie das Urteil gerecht?
A: Ob es gerecht war, kann ich bis heute nicht sagen. Aus einem gewissen Blickwinkel heraus war es sicherlich verständlich. Ich habe verstanden, dass die Richter nicht anders urteilen konnten, ja. Ich bin wegen Freiheitsberaubung und schwerer Körperverletzung in 28 Fällen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, wovon man mir fünf Jahre erlassen hat wegen guter Führung. Objektiv gesehen war es das wohl, Freiheitsberaubung und so weiter. Objektiv gesehen waren das diese Delikte. Aber subjektiv, muss ich sagen, subjektiv habe ich das getan, was jeder Künstler tut: Ich bin meiner inneren Stimme gefolgt. Ich habe getan, was ich tun musste.
F: Sie haben Menschen gegen ihren Willen tätowiert.
A: Ja.
F: Sie haben sie überfallen, betäubt, in ein Versteck verschleppt und sie dort gefangen gehalten, bis die Tätowierung fertig war.
A: Ja.
F: Das Gericht hat diese Taten als Verbrechen angesehen, nicht als Kunst.
A: Ja. Das war in der Kunstgeschichte schon oft so. Künstler sind wegen Verstoß gegen die guten Sitten verurteilt worden, wegen Gotteslästerung, Majestätsbeleidigung, Wehrkraftzersetzung, wegen konterrevolutionärer Umtriebe... Man hat Künstler auf dem Scheiterhaufen verbrannt, ins KZ gesteckt, in die Irrenanstalt...
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Die Erzählung erschien zuerst in "Driesch. Zeitschrift für Literatur und Kultur".
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Aus dem Text:
F: Fanden Sie das Urteil gerecht?
A: Ob es gerecht war, kann ich bis heute nicht sagen. Aus einem gewissen Blickwinkel heraus war es sicherlich verständlich. Ich habe verstanden, dass die Richter nicht anders urteilen konnten, ja. Ich bin wegen Freiheitsberaubung und schwerer Körperverletzung in 28 Fällen zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, wovon man mir fünf Jahre erlassen hat wegen guter Führung. Objektiv gesehen war es das wohl, Freiheitsberaubung und so weiter. Objektiv gesehen waren das diese Delikte. Aber subjektiv, muss ich sagen, subjektiv habe ich das getan, was jeder Künstler tut: Ich bin meiner inneren Stimme gefolgt. Ich habe getan, was ich tun musste.
F: Sie haben Menschen gegen ihren Willen tätowiert.
A: Ja.
F: Sie haben sie überfallen, betäubt, in ein Versteck verschleppt und sie dort gefangen gehalten, bis die Tätowierung fertig war.
A: Ja.
F: Das Gericht hat diese Taten als Verbrechen angesehen, nicht als Kunst.
A: Ja. Das war in der Kunstgeschichte schon oft so. Künstler sind wegen Verstoß gegen die guten Sitten verurteilt worden, wegen Gotteslästerung, Majestätsbeleidigung, Wehrkraftzersetzung, wegen konterrevolutionärer Umtriebe... Man hat Künstler auf dem Scheiterhaufen verbrannt, ins KZ gesteckt, in die Irrenanstalt...
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Die Erzählung erschien zuerst in "Driesch. Zeitschrift für Literatur und Kultur".
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