BookRix

dass diese Geschichte ein Experte geschrieben hat. Sowohl inhaltlich, als auch sprachlich. Ich sehe jetzt, auch angesichts der momentanen Diskussion, ob man scheinbar offensichtliche Straftäter vorübergehend auf freien Fuß setzen darf, in einem anderen Licht. Ein spannender, aber auch nachdenklich machen sollender Text!

Ein fataler Irrtum der Justiz, der dem zu Unrecht in U-Haft sitzendem beinahe das Leben gekostet hätte. Und ich finde, dass die Umsetzung der Themenvorgabe fantastisch ist, denn:
Im Knast kann jeder überlebte Tag (vor allem für unschuldig Einsitzende) ein kleines Leben bedeuten...

Mir hat der Schreibstil ebenso gut gefallen wie der Erzählstil mit Datum und Uhrzeit. Und obwohl ich eigentlich kein Fan von solchen Geschichten bin, war ich wirklich begeistert von der story und bin auf meine Kosten gekommen.
Wie schon oft bei diesem Autor!

LG
Regina

Bei allen Dank an die vielen Leser, die mich hier im Forum und per persönlicher Nachricht kontaktiert haben ... eines vermisse ich!

Ich habe nicht die Geschichte zweier Zellengenossen geschrieben (das ist nur das Kleidchen); die nackte Tatsache ist, dass Untersuchungshaft bewußt genutzt wird, um Verdächtige "weich zu kochen". Wer kennt solche Fälle nicht?

Auch wenn (das ist meine Hoffnung) fast alle U-Häftlinge dringend Tatverdächtige sind, sind sie dadurch nicht bar ihrer Rechte. Sie haben z.B. das Recht, zu schweigen, und das Recht, kein Geständnis abzulegen. Tatsächlich nutzen Staatsanwalt und Ermittler hin und wieder die Gefangenschaft zur Nötigung des Probanten und schließen Wetten darauf ab, wie lange (der korrupte Unternehmer z.B.) die U-Haft aushält, bevor er auspackt. Denn sie wissen, dass hinter Gittern jeder Tag ein kleines Leben ist.

Wenn Verdunkelungsgefahr besteht, dann auch dahingehend, dass solche Foltermethoden (= Aussageerpressung) auch verfolgt, angeklagt und verurteilt gehören. Doch das passiert nicht ...

Das ist der wirkliche Skandal, den ich zwischen den Zeilen transportieren wollte. Vor lauter Wettbewerb und Lesedruck liest jedoch niemand mehr an dieser bedeutenden Stelle.

ganz mein stil. schade, dass ich nicht mehr die zeit hatte, die geschichte ganz in ruhe zu lesen, hat ja auch eine beachtliche länge. zum thema passend: wenn ich mein tolerantes auge zudrücke, ja doch!

Sehr spannend geschrieben. So ziemlich mein Geschmack.
LG sommerregen

Verhindern, dass der Tag endet - wach bleiben, wachsam bleiben.

Eingesperrt zu sein mit seinem Feind - man könnte es beziehen auf eine innere Konfliktsituation: in sich selbst hat man Gefühle, die man nicht vollständig beherrschen kann, man kann sie verdrängen, versuchen, sie nicht zu beachten - trotzdem muss man wachsam bleiben, dass man selbst nicht übermannt wird von diesen eigenen unliebsamen Gefühlen.

So wie der Verbrecher Niemczerovic - so lauern diese Gefühle darauf, dass man einschläft, und dass die Nacht beginnt.
Das kann sein: man gehorcht einer unfairen Obrigkeit, einer Willkürherrschaft aus Feigheit - oder man schaltet sein eigenes Denken aus, vernachlässigt es und folgt gehorsam dem Gleichschritt der Masse - oder aber die negativen Gefühle spielen sich als Herren auf.
In all diesen Fällen beginnt die Nacht.

Wir sind immer eingesperrt - so wie es Kriminalhauptkommissar Scherer ist - unfreillig, unschuldig.
Wir müssen mit dem miteingesperrten Verbrecher Niemczerovic irgendwie klarkommen.

Wer frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein.
Keiner ist frei von Schuld - man häuft Fehler an in seinem Leben.
Trotzdem betrachtet man selbst sich als unschuldig, als lauter, redlich - Selbstverblendung.

Was hilft: wachsam bleiben, nicht einschlafen, von den negativen Gefühlen wissen - wissen, dass sie es sich leisten können zu schlummern - und auf ihre Chance zu warten.
So wie Niemczerovic - und ihm gelingt nur deshalb nicht der Sieg, obwohl er stärker ist, weil Kriminalhauptkommissar Scherer wach bleibt.

Ganz einfaches Rezept: Die Wachheit im Leben sich zu bewahren, Achtsamkeit - dann haben negative Gefühle von außen oder von innen kaum eine Chance.

Liest sich gut.
Und der Leser ist sehr erleichtert zu erfahren, dass der Kriminalhauptkommissar sich nach 24 Seiten, die er in übermüdetem Zustand zugebracht hat, endlich ausschlafen darf.

Bis zu der nächsten akuten Bedrohung durch einen Verbrecher wie Niemczerovic.

Die Gefahr bleibt, dass das Leben sich verdunkelt, zunehmend, immer mehr - die Nacht an Schwärze gewinnt: Verdunkelungsgefahr.

LG
Phil Humor

Dashiell Hammett - wir müssen kurz über Dashiell Hammett reden -, so ein glühender Krimi-Fan bin ich ja nicht, aber neulich führte ich mir einen Dashiell Hammett-Krimi zu Gemüte.

Dashiell Hammett diente in beiden Weltkriegen und geriet dann aber unter die Räder der McCarthy-Ära, brummte ein halbes Jahr im Knast - nicht nur drei Tage – und starb völlig verarmt. Dashiell Hammett ist der Erfinder der "hardboiled novel", also dieser Kriminalgeschichtengattung, wo es etwas härter zur Sache geht und der Held eher Antiheld ist.

Das Entscheidende an Krimis für mich ist: Sie dürfen nicht zu konstruiert wirken, bei Dashiell Hammett ist das nicht der Fall, bei einem gewissen Andreas Franz schon, der nichtsdestotrotz Unmengen von Büchern verkauft und dessen Romane meist in Frankfurt am Main angesiedelt sind (reiner Zufall), aber neben vielen weiblichen Krimi-Autoren ganz oben auf meiner Blacklist steht, seit mir mal eins seiner Bücher in die Hände fiel, ärx!

Ehrlich gesagt, Joe, hat mir deine vorige Geschichte besser gefallen, der Plot war ungewöhnlicher, spannender ... erotischer. Wobei die diesmalige Auflösung, also all die Scherereien für Scherer, um ihn zu verkronzeugen, mir recht originell erscheint.

Ansonsten wie immer solide geschrieben, besonders was die Recherchen angeht (oder ist es Insiderwissen?), aber ohne die großen genialen Momente.

Dieses Er-oder-Ich in der Szene mit dem angespitzten Holzlöffel scheint mir übertrieben, rationaler wäre es wohl, sich nur auf einen möglichen Angriff zu wappnen, statt selbst angreifen zu wollen, sobald der Kroate ausgeschnarcht hat. Als Bulle weiß man sich zu verteidigen, zumal: Löffel ins Auge und fertig. So könnte man viele Details auf ihre Rationalität abklopfen und würde dabei oftmals ziemlich auf Holz klopfen, fürchte ich.

Letztlich ist es bei aller sauberen Lesbarkeit eben doch mehr Andreas Franz als Dashiell Hammett.

Zur Themenstellung, es sind eher „Die drei Tage des Condors“ geworden als der kleinlebige jedwede Tag. Vielleicht hätte man den Kriminaler in noch akuterer, täglicherer Lebensgefahr schweben lassen sollen, damit zumindest die Formel: Jeder Tag ist ein Überleben, aufstellbar wäre.

da kann jede sekunde auch die letzte sein

allerdings fehlt mir die Assoziation zum Thema.
Leben via Überleben?
Die Geschichte an sich ist großartig und verdient einen Stern.
Hanna

Toll geschrieben! Und spannend!