BookRix

Ich glaube, DEN Jazz gibt es garnicht. Jazz ist zuerst die Musik der Afro-Amerikaner, so wie die indische Musik die Musik der Inder ist usw. Und etwa die indische Musik als solche können wir ja auch nicht ohne Weiteres definieren. Das Problem mit dem Jazz ist am Ende, dass er sich nur auf eine Bevölkerungsgruppe bezieht und damit als eigenständige Musiktradition etwas völlig Neues war/ist. UND: Es gibt nur sehr wenig Literatur über ihn die aus dieser Gruppe heraus kommt (etwa Ben Sidran, oder Amira Baraka aka Leroi Jones). Fast die gesamte Jazz-Literatur stammt von 'Weissen', die die 'inneren' Aufgaben nicht sehen oder begreifen (z.B. dass er lange Zeit ein Kommunikationsmittel der Afro-Amerikaner war, wie halt schon die afrikanische Musik Kommunikationsmittel war/ist - Nachrichtentrommler). Jazz war/ist halt die Musik einer grossen Gruppe, halt MUSIK und damit ein breites Feld, welches nicht so ohne Weiteres als ein Ding definiert werden kann. Zusätzlich kommt da noch, dass die Entstehungszeit mit dem Aufkommen moderner Unterhaltungsmedien zusammenfiel und so der Jazz eines derer ersten Opfer wurde, in den USA gefördert durch die noch vorhandene Sklavenhaltermentalität. Da kann man stunden-, tagelang diskutieren und wird sicher nich zu einem befriedigendem Ergebnis kommen. Ich glaube auch nicht, falls man sich mit dem Jazz einmal unterhält, weil - meiner Meinung nach - den Jazz ansich gibt es nicht. Einige Leute gehen an den Jazz als eine Art afro-amerikanische E-Musik heran, andere verstehen unter ihm eine Form von Unterhaltungsmusik. Und Jazz kann Beides sein!
Danke für Deine Bemerkungen!
Schönen Tag noch,
Jimi

Danke, Bert! Jazz ist jedoch auch mein Beruf, bin Jazz-Agent. Aber Du hast natürlich recht: Die Klassik-/Opern-Fraktion ist in Bezug auf die Hörgewohnheiten ähnlich gepolt...
Polyrhythmik bedeutet nicht, dass jeder nach seinem eigenen Rhythmus spielt - u.a. gibt es da Beispiele bei denen etwa zwei Schlagzeuger zwei Rhythmen spielen, die sich zu einem vom Hörer gespürten Rhythmus überlagern (etwa im Reggae oder sogenannten Jam-Rock - Grateful Dead, Allman Brothers...). Das muss nicht in chaotischer Musik enden, auch Bebop (Miles Davis, Art Blakey, Dizzy Gillespie oder Charlie Parker)
waren polyrhythmisch, auch einige der späteren Blues-Musiker...
Schönen Abend noch,
Jimi

Verstehe, da merkt man den Profi. Danke, wieder was gelernt!
Dir auch einen schönen Abend!

Das ist halt wie mit jeder Art von Musik, sehr individuell. Es wäre doch fatal, wenn wir alle die selbe Musik lieben würden - und im Radio und den Klubs immer das Gleiche rauf und runter gespielt werden würde. Dafür warst Du schon mal in New Orleans, habe ich noch nicht geschafft... Schön das mein essay bei Dir engenehme Erinnerungen geweckt hat (wie Deines bei mir, anders)...
Danke für den netten Kommentar und das herzchen!
Schönen Abend noch,
Jimi

Du hast nicht zu Ende gelesen! Oder ich bin zu undeutlich?
Erstens ist Jazz keine Sklavenmusik!!! Nie gewesen!!! Entstanden erst 30, 40 Jahre nach Abschaffung der Sklaverei (eher nach der Jahrhundertwende, Ragtime ist noch kein wirklicher Jazz, erst das was daraus folgte), zweitens war er die Musik der afro-amerikanischen Mittelschicht, nicht die der weissen! Das Musikbusiness erweckt jedoch den Anschein, sie würde ihn für die weisse Mittelschicht retten. Kulturkolonialismus in Reinform! Jazz hatte nie einen proletarischen Kern, den es zu retten gäbe? Wer kommt auf so eine Idee? Dann müssten wir eher über Blues reden, damit habe ich aber nichts am Hut...
Ich verdiene mir mein Brot, in dem ich u.a. afro-amerikanischen Künstlern helfe, ihr täglich Brot zu verdienen, nicht nur in Europa...
Schönen Abend,
Jimi

Das eben ist der Grund, warum ich den Blues immer dem Mittelstands- Jazz, ob nun schwarz oder weiss, vorziehen würde. Die musikalischen Raubzuege zwischen den Bildungsbuergern verschiedener Kulturen, ist das wirklich so interessant? Eine genuin proletarische (und nicht zu unterkomplexe) Musik, die nicht kulturindustriell vereinnahmt waere, fände ich origineller; im Beat, Rock, Punk oder Rap z.B. kann ich die nicht erkennen, eigentlich nirgendwo.
Dass auch der Jazz damit nirgendwo dienen kann, war mir neu, vielen Dank fuer die Richtigstellung : Ich dachte, es gebe dort ein schmales verschüttetes Urmotiv aus der Sklavenmusik. - Schade !

LG
Fritz