Nun habe ich die ersten 20 Teile dieser Biographie gelesen. In einem Stück. Und das kann ich nur empfehlen – auch wenn es ab Teil 11 für die Augen etwas schwer wird (Schriftgröße!). Gerade im Zusammenhang wird alles noch viel flüssiger und spannender, als die Geschichte eh schon ist.
Deshalb, liebe Helga, will ich meine Kommentare auch zu einem etwas längeren zusammenfassen:
Mit den vielen Vorurteilen und Klischees über ihren... mehr anzeigen
Nun habe ich die ersten 20 Teile dieser Biographie gelesen. In einem Stück. Und das kann ich nur empfehlen – auch wenn es ab Teil 11 für die Augen etwas schwer wird (Schriftgröße!). Gerade im Zusammenhang wird alles noch viel flüssiger und spannender, als die Geschichte eh schon ist.
Deshalb, liebe Helga, will ich meine Kommentare auch zu einem etwas längeren zusammenfassen:
Mit den vielen Vorurteilen und Klischees über ihren Berufsstand im Kopf kommt Sabine Sümmchen (was für ein herrlicher Name für eine Buchhalterin!) an diesen Job, wie Millionen andere auch: Sie braucht schlichtweg Geld zum Leben. Anscheinend hat sie keine andere Wahl.
Ihr Arbeitsplatz sieht aus, wie sie sich ihren Beruf vorstellt: nüchtern, trocken, geschlechtsneutral, jedem Feng-Shui-Prinzip konträr, aber getreu der Firmenphilosophie. Der Chef ist der Chef. Punkt. Und eine Buchhalterin ist eine Büromaschine, die zu funktionieren hat. Punkt. Und wie der Schreibtisch, so ist auch der Chef: klischeehaft-altpreussisch-tyrannisch. Wie, um Himmels Willen, kommt so einer dazu, eine Bayerin zu heiraten, fragt man sich und bekommt auch gleich die Antwort: weil diese genauso gestrickt ist.
Bei dieser Einführung atmet man förmlich den Aktenstaub ein, der sich mit brütendem Stumpfsinn erzkatholischer Schuld-und-Sühne- und prothestantisch-calvinistischer Arbeitsmoral zu einem Brei vermengt, sich schwer wie Tapetenkleister über die Firma gelegt hat.
Sabine Sümmchen passt scheinbar dazu. Sie ist froh, eine Arbeit zu finden, ist jenseits des Geburtenrisikos und lebenserfahren genug, alles ertragen zu können. Auch ein Scheusal als Chefin im Hintergrund. Und sie gerät in den Sumpf der bigotten Arbeitsethik, die kein Lob kennt und keine Fehler verzeiht.
Bei der Wahl, sich anzupassen und Mensch zu bleiben oder selbst zum Scheusal zu werden, entscheidet sie sich für den Menschen. Aber das geht nicht lange gut, denn dazu müsste sie Hellseherin sein.
Sie versucht ihre Arbeit zu machen, wie sie es gelernt hat. Pünktlich, korrekt, verlässlich. Aber den Scheusalen, die sich sogar untereinander bekämpfen, reicht das nicht. Sümmchen hat eine Abwehrstrategie: Sie schreibt und malt sich den Frust von der Seele, aber sie begehrt nicht richtig auf. Man wird beim Lesen richtig wütend, möchte sie schütteln, hofft, dass ihr der Kragen platzt. Aber sie schreibt satirische Gedichte und schöne Fabeln. Manchmal scheint ihre Strategie aufzugehen, erhält sogar vom Chef Unterstützung gegen die Obersatanin, aber die Ernüchterung folgt sofort. Nun ist sie auf Gedeih und Verderben von ihm allein abhängig. Eine psychisch noch stärkere Belastung, als das ständige Genörgel und Gemecker.
Wunderbar ist die Weihnachtsfeier-Farce beschrieben. Und es kommt, wie es kommen muss: Sabine wird krank. Sie kann sich nicht auskurieren, weil sie sonst noch mehr ausbaden muss – ein Circulus vitiosus.
Die Schikanen gehen weiter, die üblen Nachreden, die Verleumdungen, wie es Firmen- und Familienpolitik ist. Auch die Pfennigfuchsereien sogar bei Klopapier und Weißwürsten. Aber das dicke Fell will Sabine einfach nicht wachsen. Wenigstens werden alle 35 Mitarbeiter gleichmäßig, sozusagen demokratisch, gequält. Geteiltes Leid …
Aber es hat zur Folge, dass sie an Totschlag denken oder den Psychiater brauchen.
Bosheit folgt auf Bosheit, Blödheit auf Blödheit, und aufgrund von Helgas gekonntem Schreibstil kann man fasziniert nicht damit aufhören, weiter zu lesen, aber auch nicht damit, den Kopf zu schütteln. Nur einmal muckt Sabine auf und bringt den Chef sogar zum Zurückrudern, zuckt innerlich aber gleich wieder zurück. Auch wenn sie anfängt, über sich, das Leben, sogar den Tod nachzudenken, funktioniert sie weiter, kann nicht nein sagen, auch nicht zu der Alkoholikerfrau des Kollegen Paul. Als die Katastrophe passiert, sagt sie "armer Paul" statt "armes Sümmchen" und sucht auch noch Schuld bei sich.
Für sich hat sie keinen brauchbaren Plan, bis eine Perspektive auftaucht. Eine neue Liebe …
Das wäre ein guter Schluss, aber ich bin trotzdem ungemein gespannt, wie's weitergeht!
Großartig geschrieben! Und ich bin froh, dass das blöde Wort Mobbing nur einmal andeutungsweise auftritt.
Nur zwei Kritikpunkte:
1. Bayern sind nicht so. Nur Arschlöcher. Aber die gibt's auch in Bayern.
2. Bayern sprechen keinen Dialekt. Nur die anderen.