"Mit 100 DM nach Persien und lebendig zurück“ – ein Titel der neugierig macht. Bin ich doch in ähnlichem Alter wie der Autor oft mit vergleichbar geringen Mitteln und per Anhalter aufgebrochen. Freilich waren das Ostmark und die Grenzen der Exotik waren schon in Bulgarien erreicht – keine Schlupflöcher mehr in den Rest der großen weiten Welt außerhalb des Ostblocks 25 Jahre später, als ich unterwegs war. Und so ist das Buch... mehr anzeigen
"Mit 100 DM nach Persien und lebendig zurück“ – ein Titel der neugierig macht. Bin ich doch in ähnlichem Alter wie der Autor oft mit vergleichbar geringen Mitteln und per Anhalter aufgebrochen. Freilich waren das Ostmark und die Grenzen der Exotik waren schon in Bulgarien erreicht – keine Schlupflöcher mehr in den Rest der großen weiten Welt außerhalb des Ostblocks 25 Jahre später, als ich unterwegs war. Und so ist das Buch für mich abenteuerliche und fesselnde Reise in ferne Länder wie auch in ferne Zeiten und beides ungemein faszinierend. Schon das Vorspiel der Reise, die Studienerfahrungen im Leipzig der 50ger, da ist vieles wiederzuerkennen und sehr authentisch für die Leipziger Studentin der 80ger und doch die Atmosphäre auch anders, engstirniger und verbissener, als ich sie in Erinnerung habe. Aber eben doch nicht zu sehr – ich habe oft auflachen müssen und so eine Art zornige Nostalgie verspürt.
Dann aber geht es los in die Welt, und schon der Zirkus ist ein kleines Abenteuer für sich und die ersten Trampererfahrungen noch in Deutschland. Da hatte ich es als Frau meist etwas leichter... Das Fremde entfaltet sich langsam. Jede Grenze scheint nur ein willkürlicher Schlagbaum zwischen zwei gleichen Landschaften, doch mit jeder, die überschritten wird, werden Kultur und Landschaften weniger deutsch, europäisch, vertraut. Der Autor und sein Freund sind anfangs völlig unerfahren und außerhalb ihres Elements. Aber sie lernen schnell und was sie in den 3 Monaten ihrer Reise an offiziellen Sehenswürdigkeiten auf Grund des ständigen Existenzkampfes verpassen, wird mehr als kompensiert über die Einsichten in Land und Leute, aber auch in ihre eigenen Stärken und Grenzen. Lebenskünstler, das Wort drängt sich auf für die optimistischen und noch sporadischen Rucksacktouristen, die sich da durch die Weiten des Orients schlagen und allerlei Ungemach und Staunenswertes erleben, an dem man sich im sicheren Lesesessel mitfühlend amüsieren kann.
Für mich besonders eindrucksvoll aber war die Gastfreundschaft, die zwei deutschen Habenichtsen da überall begegnete. Nun gut, sie waren auch eine Kuriosität und interessante Abwechslung, aber so viele Menschen nehmen sich ihrer an, teilen Essen und Schlafplatz und helfen ihnen voran und nicht nur, weil es der Koran so verlangt, sondern aus Großzügigkeit und der Solidarität und Bereitschaft zum Teilen, die man gerade unter Leuten findet, die selbst nicht viel haben. Etwas, was man nicht genug betonen kann angesichts der vielen weit unglücklicheren und durch Krieg und Elend gezwungenen Habenichtse aus dem Orient, die sich derzeit auf den Weg nach Europa machen. Ihnen nicht mindestens in gleichem Umfang zu helfen, wäre beschämend, und in der Hinsicht hat diese Reiseerinnerung aus den 50gern einen sehr aktuellen Bezug für mich.
Nur in einer Hinsicht kann ich dem Autoren nicht recht geben: Ich glaube nicht, dass die Touristenscharen der Gegenwart das Abenteuer Reisen zerstört haben oder je zerstören können. Denn das Abenteuer liegt in der Einstellung und im Blick auf die Dinge und man findet es, wenn man die Augen aufmacht und sich mehr als drei Straßenzüge vom Hotel wegbewegt im Jahre 2015 ebenso sicher wie im Jahre 1959.
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