Der vor seinem Ruhestand in Deutschland als Kulturjournalist tätige Filmbeobachter Didier Calme ging früher sehr gerne und häufig auch privat ins Kino. Bis etwa um 1990, als sich alles wendete, die Richtung änderte und in jeder Hinsicht nur noch grenzenlose Action angeboten wurde. Um die Jahrtausendwende machte er noch einmal einen Versuch, den er nach etwa einer halben Stunde entnervt aufgab, weil er wegen der Lautstärke einen Gehörschaden zu erleiden drohte. Er verließ das Kino, auch der grandiose Hauptdarsteller Bruno Ganz hinderte ihn nicht an seinem Abgang aus Pane e Tulipani (›Brot und Tulpen‹). Von da ging er ins Fernsehen, zu Arte. Doch seit 2014 geht er wieder ins Kino. Aber nur noch in Mannheim-Heidelberg, zum dortigen Filmfestival, für das er eigens aus dem Filmland Frankreich anreist; nun, aus Strasbourg ist es nicht allzu weit in die Rhein-Neckar-Region. Es mag unter anderem daran liegen: Dort scheint das angenehmste, konzentrierteste Publikum aufgeboten zu sein. Es applaudiert jedenfalls verhalten, wenn eine Propellermaschine bruchlos landet. Vor allem aber: Auf dem dortigen Filmfestival wird nicht so viel Theater ums Kino gemacht, es fällt leicht, nicht auf rote Teppiche treten zu müssen.
Entscheidend für den Filmbeobachter ist: Es werden Filme von weniger bekannten Regisseurinnen und Regisseuren, viele Erstlinge gezeigt, die später höchstenfalls in kleinen Programmkinos zu sehen sein werden – oder eben lange nach Mitternacht auf Arte.
Bei den hiesigen Filmbesprechungen handelt es sich um solche der zwei vergangenen Jahre. Drei weitere aus dem Festival 2016 sind nachgetragen. Das Buch ist also etwas dicker geworden.
Die Besprechungen folgender Filme sind enthalten:
Tous les chats sont gris (Savina Dellicour, Belgien 2014)
Helium (Eché Janga, Niederlande 2014)
Amnesia (Barbet Schroeder, Schweiz 2015)
Paradise Trips (Raf Reyntjens, Belgien 2015)
Domácí péče (Slávek Horák, Tschechien 2015)
Jade Shahriyar (Vahid Qazimirsaeid, Iran 2015)
Celui qu’on attendait (Serge Avedikian, Frankreich 2016)
Souffler plus fort que la mer (Marine Place, Frankreich 2016)
Reykjavík (Ásgrímur Sverrisson, Island 2016);
mit einer Nachbemerkung zur Nouvelle Vague:
Alain Resnais Die Metapher von Marienbad