Zwischen Himmel und Ozean

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Zwischen Himmel und Ozean

    Vor ihnen gab es das Schimmern des Ozeans, jetzt mit der Farbe von Stahl oder gewaltigem Eisen, ewig und kraftvoll, mit der belagernden Kälte dieser Zeit. Er befand sich mit weiteren Passagieren auf der Tragfläche des Flugzeugs inmitten des schimmernden, eisigen Wassers, doch nahe der Küste und den gewichtigen, bedeutenden politischen Verwaltungsgebäuden, unweit das Sekretariatshochhaus des UNO-Hauptquartiers.

 

Der Himmel und der Ozean waren in diesen Minuten wie ewige Souveräne. Den Zivilisten und Geschäftsleuten gegenüber übermächtige Räume und Flächen, unbeeindruckt, besser, kolossal, ungeheuer, duldsam, abgeklärt, achtunggebietend, scheinbar ewige allgewaltige Größen der Welt und Souveräne. 

Er blickte vom Himmel wieder hinab zum von Eisschollen übersäten gewaltigen, eisenfarbenen Ozean. Vor ihnen das gewaltige Schimmern des Ozeans. Beinahe wären sie alle beim Aufprall auf das Wasser getötet worden, dachte er.

 

Es war vielleicht wegen des Politikums im Nahen Osten, dachte er, denn es gab keinen Sturm an diesem Tag und keine Gewitter oder irgendein grausames Unwetter, dass sie wie ein strafendes Instrument hier nahe der Küste und den fortgeschrittenen Stätten der Zivilisation hätte richten können. Wie ein der Technik und den Menschen überlegener, allmächtiger König. Doch die Technik hatte nicht den Kräften und Gesetzen im Himmel standhalten können. So blickte er wieder über die kalte, stählerne See zur Küste mit den Lagerhäusern, Wohngebäuden und hell leuchtenden Hochhäusern und Kränen und Wolken dahinter, und links über das Wasser zu den Barkassen und Touristenbooten wenige Kilometer weiter entfernt, während er rauchte, auf dem Tragflügel des abgestürzten Passagierflugzeugs und weiteres verstehen wollte. Vielleicht waren es Terroristen, dachte er. Denn beinahe wären sie alle getötet worden, ausgeliefert wie in einem jähen Kriegsmoment. Beinahe ein Wasser voller Särge. Furchtbare Härte, ein Schimmern von Dankbarkeit und Ahnen der grausamen Wogen und Wellen des Eismeeres.

 

Vielleicht war es ein Terroranschlag und hing zusammen mit einem Politikum und dem militärischen Einsatz der internationalen Staatengemeinschaft gegen das Barbarenkalifat des IS? Vielleicht sind auch die Industriestaaten verwundbarer geworden durch die Anti-IS-Politik, die die gesamte internationale Staatengemeinschaft weiterhin heftig beschäftigt wie Boten eines grässlichen Krieges, dachte er. Es sind wohl US-Militärbasen zwischen Mossul und Kobane, der Stadt der Wende, errichtet worden und wurden amerikanische Kampfflugzeuge gegen den barbarischen IS im Nahen Osten entsandt. Das war ein wichtiger Schritt gegen die Fanatiker, so wie einst die Alliierten die Faschisten bekämpften, und eine rettende militärische Weichenstellung, aber vielleicht sind unsere Flugzeuge hier und anderswo noch mehr zur Zielscheibe geworden. Es lockt vielleicht noch mehr zur Schlagader, wie tollwütige Hunde, die Blut lecken. Es war ein sehr seltsamer Himmel und Tag. Der Tod war empor gestiegen und lauerte wie ein Schafott zwischen dem Himmel, der Zivilisation, der Millionenmetropole und dem Schimmern des ewigen, gewaltigen Ozean. Beinahe wären wir alle zerrissen worden auf dem Wasser. Das Flugzeug war am Himmel wie aus einer Ordnung geschlagen worden. Vielleicht war es hier auch ein Versuch durch verfluchte Terroristen und Fundamentalisten, die ihren Hass mit der mörderischen und selbstmörderischen Falle über den Atlantik trugen. Das war eine These, die rasch durch seinen Kopf flog, inmitten dieser unwirklichen Zeit auf dem schwimmenden Flugzeug nahe der Großstadt und fortgeschrittenen Stätte. Von Fluggästen hin zu beinahe Schiffbrüchigen nahe an der Stadt, dachte er kurz. Er rauchte weiter seine Zigarette.

 

Es war von einem Kilometer zum anderen zur Falle und ungemeinen Gefahr für die Insassen und Ausgelieferten geworden, sagte er sich. Unter ihnen das ewige Meer mit den Eisschollen und der bald wohl belagernden, bedrängenden Kälte. Unweit die Kongresszentren und das Gewimmel der menschlichen Zivilisation in den Straßen, Fabriken, Vierteln mit den Arbeitern, Aufsteigern, Armen, Reichen, den Abgeordneten im Senatsgebäude, den Unternehmern und dem Volk in den Straßenbahnen, unweit des machtvollen Ozeans, Himmels und der allgewaltigen Natur. Über ihnen der plötzlich zuschlagende Himmel und an ihren Füßen das Wasser des Ozeans, dass jetzt wie eine graue, brechende Wand und ungeheure Kraft schimmerte, souverän, hart, allgewaltig, silbern, ewig, unbeeindruckt. Bald blickte er wieder zu den anderen Leuten des Absturzes, unter denen manche über den Kapitän staunten. Sie hatten nicht ihr Leben und ihre Familien, ihre Welt, ihr Sein verloren und waren froh über die seltsame Landung auf dem Ozean. Manche sprachen über ihre Familien und über die Landung wie über eine irre, glückliche Fügung. Neben den Verstummten, die nichts vom Staunen und nichts von Vergleichen des Piloten zu Kommandeuren oder Anführern hielten. (...)


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