BookRix

Liebe Cecilia,

Sehr eindrücklich, diese Schicksale. Du bringst es fertig, so zu schreiben, dass ich fasziniert und atemlos am Computer sitze und die Geschichten in einem Zug zu Ende lese.
Meine Interpretation dieser Geschichten: Jeder Einzelne von uns hat ein persönliches Schicksal, das ihn durch das ganze Leben begleitet. Eine "Lebensspur" sozusagen. Und jeder muss da durch. Der Eine macht das tapferer, der Andere elegant, der Dritte ängstlich, die Vierte grämlich. Eine unfassbar grosse Anzahl von Möglichkeiten und deren Bewältigungen.

Ich habe gelernt: Verallgemeinerungen sind etwas vom Schlimmsten, das man sich im Leben antun kann

LG Johannespi

Borderline…
Schon der Titel dieses kleinen Sammelbandes hat mich angezogen, neugierig gemacht.
Ich dachte nicht zuerst an das heute oft zitierte Krankheitsbild der psychischen Störung, sondern an Grenzlinie, Grenzgebiet.
Beim Lesen traf ich dann auch auf diese „Grenze“, die ich für mich als Grenzerfahrung interpretiere. Grenzerfahrungen des Lebens, Krankes (und hier ist der medizinische Begriff der Borderlinestörung nicht fern), an Ausgestoßene, Leben in trauriger Einsamkeit.
Die Autorin berichtet in fast nüchtern anmutender Weise von drei Menschen, die ein solches Leben am Rande dessen führen, was in der Tat eine Grenze zieht zu dem, was wir in unserer Gesellschaft als „normal“ oder gar wünschenswert erachten. Leben ohne Wurzeln, die Halt geben, Leben, dessen Einsamkeit und Traurigkeit es kaum aushaltbar scheinen lassen.

„Im Schutz des Scheins …“ – ein Leben, in dem sich den Realitäten nicht gestellt werden kann, eine Flucht im Sinne einer Schutzmauer durch imaginierte Krankheiten, die nicht nur die Protagonistin selbst einmauert, sondern auch anderen das Lebensvergnügen nimmt – bis diese sich distanzieren und die nach Aufmerksamkeit heischende Frau endgültig in ihren einsamen Schutz verbannen.
Minutiös schildert die Autorin den Verlauf des Lebens ohne menschliche Wärme und wahre Anerkennung, die klare Sprache durchzogen von feiner Ironie, die bitter aufstößt.

„… und ein gebrochenes Herz“ schildert ein Leben, das leer scheint, aber immer noch Leben ist, traurig, einsam. Tief im Herzen der Protagonistin schlummert die Liebe, die sie einst erfahren durfte. Aber diese Liebe konnte nicht verhindern, dass sich die Frau zurückzog in eben dieses einsame, traurige Leben.
Wie stark jedoch dieser schlummernde Funken der Liebe ist, erfährt der Leser am Ende der Geschichte, das ich nicht verraten möchte.

„Scheinwelt“ schließlich führt uns vor Augen, was wir gerade zurzeit erleben, was durch das schreckliche Weltgeschehen in unseren Köpfen ist. Ein junger Muslime, der in Deutschland aufwächst, ist hin und hergerissen zwischen den so verschiedenen Kulturen, erfährt Ablehnung und Druck von der Familie. Bevor er in seine Heimat zurückgeschickt wird, entzieht er sich dem und zieht ein Leben auf der Straße vor, einsam, verzweifelt.
Hier haben dann jene leichtes Spiel, die sich dieser Trostlosigkeit und Einsamkeit für ihre Zwecke bedienen.

Drei Geschichten, die wahr sein können. Menschen mit diesen Grenzerfahrungen leben aber nicht an einer Grenze, sondern mitten unter uns. Wir erkennen es oft nicht, stehen dem ohnmächtig gegenüber, und wenn es zu bedrückend wird, schauen wir weg.
Die Autorin öffnet uns die Augen, führt uns an jene Grenzen, die grenzenlos in unserer Gesellschaft wuchern. Alle Geschichten verbindet so ein Band, obwohl sie (scheinbar) nichts miteinander zu tun haben.
Ich bin sehr berührt und wieder einmal wird in mir nachhallen, was Cecilia Troncho zu Papier gebracht hat. Danke dafür, liebe Cecilia.

Liebe Grüße
Enya

Jeder dieser geschichten hftet eine Art von Traurigkeit an...
sehr nachdenklich bin ich deinen Phantasien und Ausführungen der einzelnen Geschichten gefolgt, die anscheinend nichts miteinander zu tun haben - zumindest so scheinen und dennoch: verbindet sie etwas miteinander.
Die Hoffnungslosigkeit, die innere Einsamkeit vielleicht die Menschen antreibt etwas zu tun und zu handeln wie sie es doch eigentlich selbst nicht wollen?..wer weiß...
gute Geschichten. geschichten wie sie das Leben selbst schreiben könnte wenn dies nicht cecilia übernehmen würde....
beeindruckende Geschichten die das eigene denken anregen, man schreibt irgendwie noch einen eigenen Schluß hinzu...vielleicht, wer weiss...

Seltsame ,tragische Geschichten um einsame und traurige Menschen - sie gehen an die Nieren. Man stellt sich vor, sie sind nicht erdacht, sondern wahr. Sie spielen im Jetzt, im Heute, sie sind aktuell.

Menschen wünschen sich Aufmerksamkeit und jedes Mittel scheint willkommen. Krankheiten, die keine sind, bis in Hypochondrie ausufernd, erzeugen meist irgendwann das Gegenteil. Die Manipulation hat nicht funktioniert. Die Frau ist zu bedauern, was sie ja auch wollte, aber sie war sicher nie wirklich glücklich. Diese Lebensphilosophie ist schrecklich, sie beruht auf Täuschung und Selbsttäuschung.

"Das kleine Mumienwesen"...eine seltsame, tragische, traurige Geschichte. Ob sie tröstend enden konnte? Ich bin eigenartig berührt und weiß aber nicht, wie ich gefühlt hätte, wenn mir das passiert wäre. Menschen handeln aus Liebe mitunter sehr merkwürdig. Als Außenstehender ist das schwer zu beurteilen und es steht einem ja auch nicht zu, hier irgend etwas zu bewerten. Die arme Frau hat es schwer genug.

Mustafa muss viel erdulden und hat so viel Hoffnungen und Wünsche wie jeder Mensch. Ihm begegnet genau die Feindlichkeit und Überheblichkeit, die heutzutage mehr und mehr zutage tritt. Schlimm! Noch schlimmer, dass die Verzweifelten von selbsternannten, skrupellosen "Rettern" auf einen verhängnisvollen, lebensfeindlichen Weg geführt werden - alles unter dem verlogenen Deckmantel einer Religiösität, die alles andere ist, nur nicht wirklich religiös.

Es sind beeindruckende Geschichten, dem Leser wird viel abverlangt und das ist gut so.

Helga