Ich habe bisher nur die ersten 120 (von insgesamt 178) Seiten dieser Arbeitsprobe von Annemarie Nikolaus‘ „Die Piratin“ gelesen, kann also nicht das gesamte Werk beurteilen, sondern nur den Anfang bis zum Rennen zwischen den Drachen und den Pferden.
Das Buch beginnt mit einem Prolog, in dem der düstere Margoro eingeführt wird. Viele Namen und Orte fallen und der Leser, der von dieser Welt noch keine Ahnung hat, ist ein wenig... mehr anzeigen
Ich habe bisher nur die ersten 120 (von insgesamt 178) Seiten dieser Arbeitsprobe von Annemarie Nikolaus‘ „Die Piratin“ gelesen, kann also nicht das gesamte Werk beurteilen, sondern nur den Anfang bis zum Rennen zwischen den Drachen und den Pferden.
Das Buch beginnt mit einem Prolog, in dem der düstere Margoro eingeführt wird. Viele Namen und Orte fallen und der Leser, der von dieser Welt noch keine Ahnung hat, ist ein wenig überfordert. Verschiedenste Konflikte werden angerissen (ein anstehendes Rennen, Margoros Herrschaftsvorstellungen), viele Personen werden benannt und dann gibt es noch einen mysteriösen Heiligen – leider prasseln da etwas zu viel Informationen auf den Leser ein, die dieser aber nicht einordnen kann, sodass der Beginn mehr verwirrt als Neugier weckt. Weniger wäre eventuell hier mehr.
Danach entspinnt sich die Geschichte rund um die Protagonistin Nanja, eine Piratin, die im Auftrag Margoros besonders wertvolle Pferde auf das Inselreich bringen soll. Bis sie allerdings dort ankommen, dauert es eine Weile. Während der Fahrt tut sich der Matrose Ron hervor, der offenbar besonders gut mit den Pferden kann. Nanja, Ron und Margoro – das scheinen die Hauptfiguren des Buches zu sein. Anfangs sind die Figuren recht blass, was vor allem an der eher distanzierten Erzählhaltung liegt. Eine wirkliche Identifikation gelingt dadurch nicht. Je länger man allerdings liest, desto mehr erfährt man über die Personen, sie werden einem sympathisch oder auch nicht. Dennoch bleiben sie die ganze Zeit über etwas fern. Auch der Konflikt, der sich zwischen Margoro und Nanja entwickelt, braucht sehr viel Zeit. Hier ist viel Potenzial und in Ansätzen wird es auch spannend. Allerdings nur in Ansätzen, da bestimmte Höhepunkte noch zu schwach ausgestaltet sind. Zwei Beispiele: Die Piratencrew entdeckt das Schiff der Elfen, in dem sie die gesamte Crew (bis auf ein Mädchen) tot vorfinden. Diese Entdeckung könnte viel detaillierter, spannender, mit allen Sinnen erlebt beschrieben werden. Oder der Moment, in dem Nanja vergewaltigt wird: ein widerwärtiger Moment, doch er verfliegt so rasch, wird eher oberflächlich beschrieben, dass es den Leser mehr oder weniger kalt lässt. Solche Stellen könnten noch viel mehr herausgehoben und intensiver beschrieben werden, wohingegen andere Stellen gestrafft werden müssen. Dadurch würde sich mehr Fahrt und Spannung aufnehmen lassen, was es dem Leser erleichtern würde, in das Geschehen einzutauchen.
Der Plot ist sehr vielversprechend. Dem Leser ist noch völlig unklar, wer hier welche Intrige gegen wen spinnt, wodurch Spannung entsteht. Es ist somit eine Geschichte mit ungeheuer viel Potenzial, die auf jeden Fall weitererzählt werden soll. Sie spielt in einer Welt, in der sich die Autorin bestens auskennt. Nur müsste an der Erzählung noch geschliffen werden, der Spannungsbogen ausgebaut und einzelne Höhepunkte herausgearbeitet werden.
Sprachlich ist der Text eigentlich sehr gut, wobei immer wieder nervige Flüchtigkeitsfehler (Wortdoppelungen usw.) auftauchen, z. B. S. 15 oben oder S. 37: „Es dämmerte schon, als sie ihn endlich frei hatten. Dann hatten sie ihn frei.“ Auch werden ganze Sätze manchmal an zwei Stellen im Text wiederholt.
Insgesamt ein empfehlenswertes, aber noch zu verbesserndes Buch!