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Leseprobe

Metainformationen zum Buch

Haben Flamingos und Einhörner dieselbe Gefiederfarbe?
Was hat Che mit dem Kardinal vor?
Warum heißt Türsteher Bronko mit Spitznamen Poet?
Sind nach einem Absturz noch alle Daten auf der Platte?
Was passiert, wenn die Raumzeit schmilzt wie Butter in heißer Sommersonne?
Warum sind die Schuhe der zwölf Prinzessinnen doch nicht binnen einer Nacht durchgetanzt?

Diese extravaganten Fragen hat sich Julia nicht gestellt, bis zu jener zauberhaften Nacht des Tanzes für den Lichtbringer, angefangen mit dem denkwürdigen Angebot des charmanten, geschäftstüchtigen Rosenmannes …
Eine ungefähre, prosaische, fast nüchterne Rekonstruktion der Ereignisse …

Reintanzen

Inhaltsverzeichnis

  1. Titelseite
  2. Metainformationen
  3. Epigraph
  4. Vorwort
    1. Zum Inhalt
    2. Technisches
  5. Erzählung:
    1. Prolog: Die Julia
    2. Reintanzen
      1. Wilder Wiesenwirbel oder: Tanze dem Lichtbringer!
      2. Mitgenommenes Morgengrauen oder: Schnellrücklauf auf Anfang!
      3. Krasse Kreise oder: Lasse die Sau raus!
      4. Ruppige Rückkehr oder: Fange den Tag!
    3. Epilog
  6. Glossar
  7. Anhang: Titelblatt (Vektorgraphik)

Epigraph

Damit es Kunst gibt, damit es irgend ein ästhetisches Tun und Schauen gibt, dazu ist eine physiologische Vorbedingung unumgänglich: der Rausch.

Friedrich Wilhelm Nietzsche

Was sind alle Orgien des Bacchus gegen die Räusche dessen, der sich zügellos der Enthaltsamkeit ergibt!

Karl Kraus

Der Schmerz ist ein ebenso mächtiger Umgestalter der Wirklichkeit wie der Rausch.

Marcel Proust

Es ist eine Forderung der Natur, daß der Mensch mitunter betäubt werde, ohne zu schlafen; daher der Genuß im Tabakrauchen, Branntweintrinken, Opiaten.

Johann Wolfgang von Goethe

Nur der Irrtum ist das Leben, und das Wissen ist der Tod.

Friedrich von Schiller

Man kann also zwar richtig sagen: daß die Sinne nicht irren, aber nicht darum, weil sie jederzeit richtig urteilen, sondern weil sie gar nicht urteilen.

Immanuel Kant

So manche Wahrheit ging von einem Irrtum aus.

Marie von Ebner-Eschenbach

Er mußte erst mit dem Kopf gegen die Bäume rennen, ehe er merkte, daß er auf dem Holzweg war.

Wilhelm Busch

Jeder Mensch kann irren! Unsinnige nur verharren im Irrtum!

Marcus Tullius Cicero

Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel.

Konfuzius (Kong Qiu, K'ung Ch'iu)

Die Bestimmung unseres Lebens ist nicht der Erfolg, sondern heroisches Versagen.

Robert Louis Stevenson

Gerades Scheitern steht höher als ein krummer Sieg.

Sophokles

Vorwort

Zum Inhalt

Modernen Märchen unserer Zeit gehen eigentlich die Prinzessinnen aus. Menschen heute haben einfach andere Alltagsumgebungen. Fröschen begegnen alleinstehende Personen einfach nicht mehr so oft.
Zu was soll das führen?
Genau – es baut sich Druck auf, Frustration braut sich zusammen. Die Leute kommen auf Dummheiten, welche ihnen nie in den Sinn gekommen wären, wenn sie einer für sie sinnvollen Beschäftigung gemäß eigener Interessen nachgegangen wären. Wenn sie Gelegenheit zu zwangloser, nicht ritualisierter sozialer Begegnung hätten, sähe die Welt auch schon wieder ganz anders aus. Doch Beruf und Privat sind nun einmal schlecht vereinbar. Vereinsamung ist die Folge.
Plötzlich stellt sich die Frage: Wozu das alles, warum die Zeit für Arbeit vergeuden, welche einen eigentlich gar nicht interessiert?
Damit steht ein Ausbruch bevor. Werden Gleichgesinnte gefunden, geht es rund …
Manchmal entwickelt sich das Drama auch ganz harmlos aus einer unausgesprochenen Angst heraus, immer weiter zu scheitern. Ein erster Schritt der Passion, des Leidensweges wird gewagt, Risiken werden eingegangen, welche bei nüchterner Betrachtung lediglich ein Kopfschütteln ausgelöst hätten.

Julia ist an einer dieser Wegkreuzungen im Leben angekommen, so fühlt sie es wenigstens. Eingeengt will sie sich befreien, weiß allerdings noch nicht wie. Als gefühlte Gefangene will sie unbewußt bereits die Flucht, ohne Plan stolpert sie hinein, tanzt sie hinein …

Technisches

Die skalierbaren Vektor-Graphiken im Buch haben eher dekorativen Charakter.
Sofern nicht komplett aus eigener Produktion kommend, stammen Vorlagen für Reliefs auf den Pillen-Graphiken überwiegend von pixabay.com und sind damit gemeinfrei. Wenige weitere Vorlagen stammen von commons.wikimedia.org und sind zu eigenständigen Werken weiterentwickelt worden.
Trotzdem ist jeweils im Quelltext der Graphik eine Quellenangabe zur Vorlage als Metainformation angegeben. Diese Graphiken sind zum großen Teil inhaltlich nachbearbeitet und technisch optimiert, teils vektorisiert, teils für den jeweiligen Zweck komplett umkodiert.

Zur Erleichterung des Verständnisses bestimmter Begriffe enthält das Buch ein Glossar. Beim jeweiligen Wort im Text ist hinten ein Verweis zum Glossar mittels des Symbols * angefügt. Umgedreht geht es dort per Verweis wieder zurück zur betreffenden Textstelle.
Einige Begriffe sind zusätzlich per Nutzerhilfe direkt am jeweiligen Wort kurz erläutert oder übersetzt (unter Zuhilfenahme eines Zeigergerätes zur Einblendung drüberfahren).

Technisch wurden bei diesem EPUB einige Hilfen integriert, um dem Leser besseren Zugang zum Inhalt zu ermöglichen. Es gibt etwa verschiedene Stilvorlagen, zwischen denen gewählt werden kann. Bei einem Darstellungsprogramm, welches EPUB komplett interpretieren kann, wird eine solche Auswahlmöglichkeit verfügbar sein. Von daher kann somit leicht zwischen heller Schrift auf dunklem Grund und einer dunklen Schrift auf hellem Grund gewechselt werden. Für eigene Einstellungen eignet sich der ebenfalls alternativ verfügbare einfache Stil, welcher lediglich einige Strukturen hervorhebt oder anordnet.

Wem der voreingestellte Stil weniger zusagt, kann ja einfach einen anderen Stil samt einer üblicheren, schlichteren visuellen Hervorhebung von Absätzen durch einen vergrößerten Abstand zum Absatz davor oder danach auswählen, beziehungsweise die Interpretation von Autoren-Stilvorlagen komplett deaktivieren, stattdessen eine eigene Stilvorlage verwenden.

Einige Darstellungsprogramme sind allerdings fehlerhaft, bieten keine Wahlmöglichkeit an. Falls der voreingestellte Stil dann suboptimal empfunden wird, gilt die Empfehlung zur Verwendung eines leistungsfähigeren Programmes, welches EPUB korrekt interpretiert.

Verfügbare alternative Stilvorlagen:

  • dunkel auf hell: Dunkelgraue Schrift bei hellgrauem Hintergrund
  • hell auf dunkel: Hellgraue Schrift bei dunkelgrauem Hintergrund
  • dunkel auf hell ohne Bilder: Dunkelgraue Schrift bei hellgrauem Hintergrund (ohne Bilddarstellung)
  • hell auf dunkel ohne Bilder: Hellgraue Schrift bei dunkelgrauem Hintergrund (ohne Bilddarstellung)
  • finster: Helle Schrift bei dunklem Hintergrund, farbige Variante
  • vergilbt: Dunkle Schrift bei hellem Hintergrund, farbige Variante
  • Pogo: Stil im blau-violetten Bereich samt Farbverlauf als Hintergrund - wie der Name schon andeutet hinsichtlich des Lesevergnügens etwas aggressiver, fordernder
  • blau: Blauer Stil. dunkle Schrift bei hellem Grund
  • grün: Grüner Stil, dunkle Schrift bei hellem Grund
  • Rubri: Stilvorlage nebst Rubrizierung und Initiale
  • Rubri-D: Stilvorlage nebst Rubrizierung sowie Initiale, dunkler Stil
  • Alinea: Stilvorlage nebst Rubrizierung sowie Alinea, heller Stil
  • D-Alinea: Stilvorlage nebst Rubrizierung sowie Alinea, dunkler Stil
  • Ecke: Stilvorlage einschließlich stark betonter Einrückung, heller Stil
  • D-Ecke: Stilvorlage mitsamt stark betonter Einrückung, dunkler Stil
  • Tag: Ein einfacher, heller Stil
  • Nacht: Ein einfacher, dunkler Stil
  • Schatten: Strukturen sind mittels Schatteneffekten herausgearbeitet
  • Kante: Strukturen sind mittels Kanten herausgearbeitet
  • Rand: Strukturen sind mittels Rändern herausgearbeitet
  • Struktur: Strukturen sind durch unterschiedliche, helle Hintergrundfarben herausgearbeitet
  • Gauß: Ähnlich wie Struktur, Übergänge durch gaußschen Weichzeichner
  • Element: Am linken Rand werden einige Elemente als Randnotiz benannt, wichtige Attributwerte werden zudem explizit angegeben; eine Hilfe zur Textanalyse aufgrund der semantischen Textauszeichnung
  • einfach: Einfacher Stil ohne Farbangaben, besonders geeignet zur Kombination mit eigenen Vorgaben
  • kein: keine Autorenstilvorlage, besonders geeignet zur Kombination mit eigenen Vorgaben

Autorin sowie Mitarbeiter dieses Buches haben keinerlei Einfluß auf Mängel, Fehler, Lücken in der Interpretation von EPUB durch das jeweils verwendete Darstellungsprogramm. Bei Darstellungsproblemen sollten diese zunächst analysiert, lokalisiert werden. Dazu kann es unter anderem als erster Schritt helfen, mit verschiedenen Programmen auf Reproduzierbarkeit zu prüfen oder auch mit speziellen Prüfprogrammen zu verifizieren, daß insbesondere im Buch selbst wirklich kein Fehler vorliegt.
Entsprechend wird es anschließend möglich sein, eine zielführende Fehlermeldung korrekt zu adressieren. Die Autorin sowie Mitarbeiter können je nach Fehler durchaus die korrekten Ansprechpartner sein. Bei der Qualität aktueller Darstellungsprogramme können dies jedoch gleichfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit die Entwickler dieser Darstellungsprogramme sein. Entsprechend sind möglichst präzise Angaben zum Problem bei einer Fehlermeldung immer hilfreich.
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Dieses Vorgehen kann gleichfalls nützlich sein, um Probleme oder Fehler zu lokalisieren. Bei Einzeldokumenten sind überdies andere Prüfprogramme verwendbar.

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Manuell ist eine Vereinfachung einiger Techniken sowie Merkmale des Buches recht problemlos möglich. Inhalte können anders aufbereitet werden, damit diese auch bei verminderter Qualität innerhalb anderer Formate verfügbar werden. Insbesondere bei wohl noch immer recht beliebten proprietären Amazon-Formaten (Mobipocket oder KF8) ist die Erstellung eines passend vereinfachten EPUBs relativ einfach, aus welchem sich ein lesbares Buch in diesen minderwertigeren Formaten erzeugen läßt, sofern hinreichende Kenntnisse hinsichtlich EPUB samt der Möglichkeiten dieser Formate vorliegen.

Prolog: Die Julia

Um das vorweg ganz klarzustellen:
Julia ist eigentlich ’ne ganz Liebe, Ruhige, Stille …

Sie hat beruflich Arbeit bis über beide Ohren, von früh morgens bis spät abends. Sie gibt ihr Leben hin für das Scherhouldawällju*, den Käschflou*, opfert sich auf für eine hohe Aktionärsdividende, hängt dem Aufsichtsrat an den Lippen …

– fast immer, denn stille Wasser sind bekanntlich tief sowie unergründlich …
Angeheizt, abgedeckelt baut sich Druck auf, welcher irgendwann abgelassen werden muß …

Zur Mahnung dem Publikum gereicht: Die abschreckende Eskapade von Julia als modernes Märchen mit fantastischen Flamingos, flüchtigen Elfenreigen, rhythmisch-ritueller Tanzekstase sowie verschrobener Raumzeit.
Schämt euch, daß ihr euch ergötzet an Ausschweifung, den Untiefen menschlichen Absturzes. Gehet in euch, tuet Buße – aber erst nach dem Lesen!

Haben Flamingos und Einhörner dieselbe Gefiederfarbe?
Was hat Che* mit dem Kardinal vor?
Warum heißt Türsteher Bronko mit Spitznamen Poet?
Sind nach einem Absturz noch alle Daten auf der Platte?
Was passiert, wenn die Raumzeit schmilzt wie Butter in heißer Sommersonne?
Warum sind die Schuhe der zwölf Prinzessinnen doch nicht binnen einer Nacht durchgetanzt?

Diese extravaganten Fragen hat sich Julia nicht gestellt, bis zu jener zauberhaften Nacht des Tanzes für den Lichtbringer*, angefangen mit dem denkwürdigen Angebot des charmanten, geschäftstüchtigen Rosenmannes …
Eine ungefähre, prosaische, fast nüchterne Rekonstruktion der Ereignisse …

Reintanzen

Wilder Wiesenwirbel oder: Tanze dem Lichtbringer!

Julia hat bereits einen ziemlich geschwungenen Gang, als sie im Dämmer vom Gehweg auf eine Wiese abbiegt. Kurven schlängeln, Haken schlagen, denn Büsche springen ihr immer wieder auf den Weg, welcher sich schlängelt wie ein glitschiger Aal an Land.

‚Nachts die Sternlein prangen …‘ schießt es ihr durch den heißen Kopf, einen Moment später bereits ‚Still still still, weil’s Kindlein schlafen will‘. Nichtsdestotrotz rudert sie schnell mit ihren Armen im nächtlichen Dunkel durch die Luft zurück ‚Ne ne ne, nix da schlafen, heut’ is’ Tango Leudeeee‘ – ihr Zeigefinger wuscht einmal herum, es sind alle Anwesenden hier angesprochen, also jedenfalls alle Büsche und Bäume am Rande dieser Wiese. Julia ist selbst beeindruckt ob ihres resoluten Auftrittes, diese Gewächse schauen gleich interessiert, so erläutert sie diesem Auditorium weiter „Sehr geehrte Anwesende dieser opulenten Festivität: Wir machen durch bis morgen früh und singen Bumsfallera!“
Sie steckt mittendrin, dreht sich, als diese ihr hörigen Gehölze mittels ihrer Äste zu trommeln beginnen, mit allen Blättern im Gleichklang für sie klatschen, alle Sterne dazu passend blinken.
Julia kennt sich aus, zu Beginn ihrer Drehung hat sie ihre Arme weit ausgestreckt bis zu den Fingerspitzen, zieht ihre Arme draufhin blitzartig dicht an ihren Leib gepreßt, daß alle Vegetation um sie herum nur so vorbeiwirbelt, denen wird sie es schon zeigen!
Ballett-Unterricht als Kind, Eiskunstlaufen dazu, muß ja für irgendwas gut gewesen sein dieser Quatsch.

„Nuuu geht diiie Paadiiii weida!“ jubiliert Julia ihren treuen Kumpanen, also den willigen Gehölzen an jener nächtlich dunklen, unbeleuchteten Wiese zu.
Da kommt ihr plötzlich bei dieser Trommelei jener musikalisch eigentlich überraschend fleißigen Flora jener drollig bemalte Aborigine* aus einer Filmdokumentation des Fernsehens vor Monaten in den Sinn, jener hat da in Australien irgendwo bis zum Morgen getanzt, um daraufhin den Morgenstern zu begrüßen, diesen Lichtbringer oder war es die Quelle jeglicher Erleuchtung, des Sinns aller Sinne?
Ist jener Morgenstern gleichwohl nicht ebenfalls der Abendstern, welcher Licht, Erleuchtung wieder einkassiert?
Kein philosophisch-astronomisches Geschwurbel jetzt um Einleuchtungen, kommt prompt ein Rat vom urigen Aborigine aus dem Nichts, jedoch mit wild rollenden Augen sowie raunendem Gegurgel, gutturalem Gebrumm.
Irgendein hohler Ast oingt dafür sofort einschlägig stimmungsvoll, passend zum uralten Takt dieser Trommelei aller anderen Bäume. Ihr Entschluß steht fest, es dem bizarr gelenkigen Aborigine nachzutun, spornt alle Trommler nochmals an, das passende Gleichmaß zu halten, welche folgen müssen, während Julia dazu zu tanzen beginnt, so ursprünglich nebstdem samt irrem Blick, keinesfalls lediglich vermöge scheinbar unkoordinierter Bewegung, fremdartig, exotisch, expressiv, urig, abgedreht, ursprünglich. Der furiose Aborigine hatte das Lichtbringertänzchen richtig drauf gehabt, sie fühlt nichtsdestoweniger plötzlich die ganze Welt, dazu das Gras wachsen, darunter einen regenwurmjagenden Maulwurf, den brodelnden Erdkern, das Meer hunderte Kilometer entfernt rauschen, alles eins.
Das ganze Universum kitzelt plötzlich im kleinen Finger!
Urknall im Hirnie-Kürbis!
Das Plasma schießt mit allen Farben schillernd, spritzend heraus, expandiert. Im Bruchteil einer Sekunde bildet sich alles neu, Superhaufen, Galaxien, Sterne, Sonne, Erde, Wiese, wirbelnder Tanz. Synästhetisches Erlebnis überschwenglicher Extraklasse!

Julia tanzt ihren Lichtbringertanz, wirbelt herum, verrenkt sich dabei fast alle Glieder, läßt sich ganz gehen, taumelt, fängt sich wieder, tanzt zum wilden Rhythmus im wummernden Dez, zum heiß pulsenden Blut, zum pochenden Herzschlag. Diese Sensation überwältigt fundamental, absolut, ursprünglich, abgefahren, gewaltig, allumfassend, zudem eskaliert sie mittendrin.
Die ganze Raumzeit wackelt, zerfasert.
Jetzt schmilzt die Raumzeit zur Traumzeit, zerfließt wie Butter bei sommerlicher Mittagssonne. ‚Das ist nicht gut‘, denkt sich Julia kurz dabei, aber daraufhin doch eindeutig ‚mir doch egal, so schmilzt sie halt …‘
Wie die Raumzeit sich allerdings so krümmt, alle weiteren eingerollten Dimensionen mitnichten mehr halten kann, alles derartig kaleidoskopartig explodiert, wäre jedweder menschlicher Verstand selbst ohne irrwitzige Pillen inklusive reichlich Alkohol überfordert.
Julia schnurzpiepegal jetzt.

Schließlich wankt sie nur, führt ihren elementaren Tanz weiterhin fort, stolpert, fällt, liegt im zertrampelten Gras, krümmt sich euphorisch, dreht und windet sich, führt ihren rituellen Tanz weiter aus, Gefangen des Rausches, des Taumels der Entrückung, des gleichmäßigen Trommelschlages …
Die Erde bebt, der Raum krümmt sich weiter, Gravitationswellen wuschen durchs Gelände – Butzzzzz!
Rrrrrrr ssssssch bluuuurrriiiib!
Der Blick verwischt, keineswegs bloß wegen der Dunkelheit, benommen dreht sich ihre kooperierende Baumschar, tanzt Ringelreihen um ihre Person zum selben fiebrigen Rhythmus, hinwiederum trotzdem immer schneller, enger, lösen einen Tornado aus, dessen Trichter neigt sich hernieder, saugt Julia empor, eine einzige infernale Turbulenz, ein gigantischer Wirbel hinan zum Licht, zum Licht.
Das Sein, der existenzielle Imperativ selbst streift sie wie ein Lastkraftwagen ohne Abbiegeassistenten. Sie greift nach einem Zipfel der Erkenntnis des Lichtbringers, welcher ihren Fingern wieder entfleucht, wohingegen ein Stein der Weisen locker von hinten gegen ihre Rübe ballert, daraufhin im All zerstreut zu Milliarden kleiner Stücke, alternativen Weisheiten zergeht. Chance verpaßt, erneut nicht zu greifen gekriegt.
Und dieses Licht?
Der Morgenstern kann es derzeit keinesfalls sein, zeitlich noch zu tief in der Nacht, trotzdem gleißt da weiterhin bloß sein Licht … Julias schlaffer Leib mutiert zur hilflos flatternden Motte im Sturm solcherlei Raserei …

Mitgenommenes Morgengrauen oder: Schnellrücklauf auf Anfang!

Als Julia abermals erwacht, ist ihr Kopf Schmerz, sind alle Glieder Frost, Zittern trotz Sommer.
Aufruhr, Revolution des ganzen Leibes!
Entrückung, Verzückung vorbei, Tumduli*.
Die fast schon wieder beruhigten Büsche und Bäume klatschen bloß noch verhalten Applaus, lediglich weiterhin ein mildes Rauschen im Wind. Der Blick bleibt unklar, verwaschen. Julia weiß erst nicht, wo sie ist, auch etwas später noch keineswegs, als sich ihr Blick allmählich klärt, eine Horde rosa Einhörner weggescheucht ist, welche auf ihren Nerven getrampelt haben wie eine Steptanzgruppe, daß weiter bunt prickelnde Sterne innerhalb ihrer Augen blitzen. Ein Schwarm Flamingos steigt plötzlich von den Bäumen auf, verschwindet grob den Weg entlang.
Es dreht sich wie gehabt alles, obwohl ihre Party längst vorbei ist. Erinnerungen sollen kommen, werden gesucht, indes da guckt sie erst in ein Schwarzes Loch*, welches gleich gefüllt wird, wenn sie ihre schmerzenden Augen schließt, aber nur durch bunte Lichtblitze ihrer matten Augen. Aus einiger Ferne wiehern nach wie vor Einhörner ziemlich bescheuert, weil beleidigt, diese folgen zielsicher dem bloß noch sporadischen Flamingoschwarm, weisen sowieso dasselbe rosa des Gefieders auf.

Ist Julia einerlei, welche hinwiederum lediglich doch noch gerne gewußt hätte, warum sie mit einem schalen Geschmack im Mund hier orientierungslos am Boden dieser kargen Lichtung herumliegt, im längst blühenden Gras, wovon etwas innerhalb ihrer darob gekitzelten Nase steckt. Statt Einhörnern trampelt justamente ein unsichtbarer, bösartiger, gleichwohl hartnäckiger Gnom auf ihrem Bregen herum, diesen tief ins Gras jener morgendlich taufrischen Wiese. Julia muß das Gras schmecken, ein Ersticken daran hingegen vermeiden. Sie mag allerdings momentan nicht ins Gras beißen, knabbert nur ein wenig daran. Nochmal gerade so die Kurve gekriegt. Der arglistige Kobold würgt derweil innerhalb ihrer rauen Halses. Sie will den elenden Halunken aushusten, herunterschlucken, allein ihr Mund ist trocken nebst schäbbigem Geschmack, ein übles Kratzen ihrer Kehle, wohl vom sich festkrallenden Schurken.

Langsam kommen Erinnerungen als Splitter, Fetzen zurück, ein zerrissener Strom aus Gedankenfetzen bloß. Jenseits vom Schwarzen Loch, vom Filmriß setzt sich langsam etwas wie Wirklichkeit oder einer naiven Interpretation von Realität zusammen. Des Schwarzen Loches Ereignishorizont* wird zur Projektionsfläche für den lückenhaften Streifen des letzten Tages.
Trotz weiterhin anhaltender Probleme läuft der Hochleistungsrechner ihres brummenden Hauptes langsam erneut an.
Schnellrücklauftaste des Kurzeitgedächtnisses sowie des Arbeitsgedächtnisses gedanklich gedrückt halten, zurück auf Start!
Aber neeee!
Kommando zurück!
Nach Absturz erst Prüfung des Dateisystems – ext4*, also samt Journal-System* immerhin, jedenfalls kein RAID*.
Hat ihre Festplatte etwas abbekommen?
Welche Daten sind verloren, falsch abgelegt worden?
Bekommt das Journal-System doch letztlich alles gebacken?
Mal im Verzeichnis ‚verloren und gefunden‘ nachsehen?
Oij joi joijoijoi, was für ein Absturz!

Krasse Kreise oder: Lasse die Sau raus!

Rekapitulation, was nach wie vor oder allmählich wieder da ist:
Julias Arbeit den Tag über für die heilige Firma kommt bruchstückhaft, schemenhaft zum Vorschein.
Peter-Prinzip* als gelebte Unternehmenskultur.
Wie immer wichtige, wichtigste Arbeit am Projekt aller Projekte, relevantes Gespräch mit … äähmmm … egal … über das Problem jedenfalls, welches auch immer … entsteht ja immer eins … wo Hierarchie, Mänätschmänd* herrscht, werden passend zur Verwaltungsmitarbeiteranzahl Probleme generiert.
Kurze Mittagspause, ultimative Konferenz inklusive gedanklichem Bullschittbingo* mit Kollegen der Dings-Abteilung … einerlei … ist immer alles extrem wichtig, eilig bei dem Laden …
Weiter vorspulen …
Alle Erinnerungen bisher zusammenhanglose Fetzen, bis sie Zuhause ist.

Umziehen:
Graues Kostüm aus, duschen, für den Anlaß den Fummel aus dem Schrank gesucht – überlegt – doch ’n einfaches Sommerkleid genommen, hing da auch schon lange ungenutzt in einer Ecke. Ballerinas* dazu statt der Hochhackigen.

Jepp, soeben kommt mehr.
Heureka!*
Ein Hoch auf das Dateisystem, jedwede Datenrettung!
Verabredung mit Benno und Alexander Maximilian, alte Studienkumpels von früher.
Was für ein Name, welche Eltern nennen ihr armes Kind gleich nach Alexander dem Großen?
Und dann sogar noch der Größte?
Egal, also Verabredung, fertigmachen dafür, daraufhin los.
Beide machen jetzt ungefähr den gleichen Mist wie Julia – was war bloß aus ihnen geworden?
Wie hatte es so weit kommen können?
Scherhouldawällju, üppige Dividenden als Zielvorgaben, Käschflou, Anbetung des Vorstands, kuschen, selber Druck ausüben, buckeln, treten, wurschteln.
Grau wie ihre feinen Anzüge, teuren Kostüme ziehen leere Tage beliebiger Arbeit verloren, vergessen dahin … Kaugummizeit, im Moment ewig langgezogen, im Rückblick zum klebrigen Gnubbel zusammengezuppt, eine extravagante Variation zur Allgemeinen Relativistik. Im Konzern geht es allerdings eher um Zeitdilettanz als um Zeitdilatation.

Weiß nichts mehr vom Weg in’ne Innenstadt – schnuppe. Beide jedenfalls getroffen. Wiedersehensfreude nach locker über einem Jahr mal wieder. Umarmungen, kumpelhafte Küßchen auf Backen, lachen, herumalbern, Anekdoten, Neuigkeiten.

Irgendwas gemacht.
Geht weiter in einem dubiosen Tanzschuppen.
Ne’, vorher, Benno, tollkühnes, draufgängerisches Schlitzohr, schlägt was vor, angeblich Geheimtip der Stadtszene, habe dieser gehört, Alex mißtrauisch, Julia ebenso.
Trotzdem wird hingegangen.
Am Eingang Türsteher, ein Original nebst undurchschaubarer Mimik, poetischer Bronko genannt: „Schöne Frau und edle Herren, euch werd’ ich nicht sperren …“

Dort drinnen also lettsdänz uppe deel*, Umtrunk.
Geht längst rund, gute Stimmung, doch ein guter Laden jener zwielichtige Tanzschuppen, Bennos Geheimtip …
Noch ’ne Runde – trinken, abschalten, abstreifen, abtanzen, abhotten, abrocken, Hauptsache ab …

„Wolle Rose kaufe’?“
„Ne ne ne, laß ma’ stecken …“
„Für schöne Frau, musse du Rose kaufe’?“
„Brauch’ mer net …“
„Hab’ auch bunte Träume, kleine feine …“
„Klingt schon besser, zeig’ ma’ her!“
„… kenn’ wa’ abba noch niche, ham damals im Studium nur mal scharfes Zeug gekifft …“
„Isse kraaasse Ware, ischwöre!“
„Was meint ihr?“
„… übrigens, wieviel Penunze*?“

Pillen.
Markenartikel direkt vom Dieler*.
Qualitätsware mit korporäjt Disein*.
Mehr Pillen, bunt, toller Schmackofatz;, verlockende Schlickereien, mehr Bregenkitzel statt bloß Gaumenkitzel.
Jede samt Logo: Rose, rosa Einhorn, rosa Flamingo, Elfe, Mammut, Affe, Yeti, Pilz, Mutterkorn, Engelstrompete, Alraune, Stechapfel, Mutterkorn, ΙΧΘΥΣ*-Fisch, Tornadotrichter, Yin-Yang*, Interrobang* …
Für jeden ’nen Schmankerl dabei … muß ja nicht alles diese Nacht vernascht werden – oder doch?
Rosenmann rät dringlich davon ab – verwegenes Lachen als Antwort.

Getanzt mit beiden Kumpels auf einmal, wilde Schau, ekstatisch, Musik, Rhythmus.
Schüttel’ den Speck, mach’ Alltag weg.
Alles muß raus.
Alles in Bewegung, freies Spiel der Kräfte, Muskeln, Schenkel, Hüften. Gröhlen, mitsingen, alle haben so einen wilden Muuuhf*, einen ganz lockeren Dreiffff*. Es zuckt und schnackelt das Fleisch, es rappeln und zappeln alle Knochen. Fuß an Fuß, Schenkel reiben aneinander. Gewagte Schubser mittels kreisender Hüften. Wange an Wange. Hand auf Po allemal frech, im Kreuz ein Kniff keck dafür. Geprüft, gerochen, geht schon klar.

Flackernde Lichter. Da kamen wohl auch erstmals Einhörner hinzu, zunächst ganz dezent sowie puschelig. Zudem diese Affen-Combo mit exotischen Trommeln, kochendes Blut, wuchtiger Takt, pochende Rübe. Reintanzen.
Ergo nich’ lang’ schnacken, Kopp in’n Nacken! Stier bei’n Hörnern packen!
Heute binnen einer Nacht allen zwölf Prinzessinnen die Schuhe durchtanzen.
Ha, Prinzessinnen, von wegen, drauf gerotzt und gekippt!

Irgendwann sind sie sich irgendwie einig, Haifaif* und Upselchen*, heftig poussiert. Hier ein Küßchen, da mal lecken, knutschen, knuffen, Sehnsucht wecken.
Wie in alten Zeiten fast, allerdings diese Nacht hemmungsloser, ohne Schüchternheit, befreit aufgespielt. Denn heute hat Julia viel mehr drängende Lust drauf, will es deftig, will es heftig. Beide Kumpels hatten schon damals mehr als lediglich ein Auge auf sie geworfen, war ihr keineswegs entgangen. Dunkle Ecken, wüstes Fingern, verlangendes Fummeln, albernes Giggeln, wollüstiges Kichern, suchende Griffe, prüfende Kniffe.
Ist wurscht jetzt, heute geht alles, das ist die Nacht!
… Lücken in verschwommener Erinnerung …
Eilige Hände grabbeln unter gelösten, weiten Klamotten.
Längst Haut auf Haut, zunehmende feuchte Hitze …
Gesöff kippen, noch vorhandene Pillen werden damit hinuntergezischt.
Was geht?
Heute?
Alles?
Alles!
Yolo!* – nich’ nur carpe diem*, carpe noctem*.
Einmal mit alles bitte, noch ’ne Runde, elfte Stunde.
Wo du hin?
Jetzt sofort?
Einmal mit alles bitte!
Losloslos!

Häh?
Wo wieso jetzt auf dem Klo?
Schäbige Unisex*-Toilette, aber schnurz, jetzt geht es ran an ihre knuffigen Burschen, fürderhin heftig umeinander.
Hände, Lippen, Münder, Zungen, erhitzte Haut.
Lecken, schlecken, nuckeln, rubbeln, reiben, beißen, saugen, pusten.
Taumeln, drehen, umschlungener Tanz, gewirbelt, verwickelt, Leiber verknotet. Der Drang zur Tat ist stark, Einigkeit bereits erreicht.
Geknetete Brüste, versteifte Nippel, nasser Schoß, vor Erektion fast reißende Hosen zitternd geöffnet, fallen …
Keine Bange. Laßt jucken, Kumpels!
Einhörner, stattlich an Größe.
Schwanzvergleich:
Den Größten zeigt Alexander vor, seinen Maximilian, seinen stolz emporgereckten Schlingel, der breite Benno hingegen steckt keine Spur auf, steht kaum nach, hat gleichfalls was zu bieten, was nicht abzulehnen ist.
Der paßt vorne besser, das lange Mäxchen indessen kommt von hinten.
Erinnerungen an damals bruchstückhaft, wahllos untergemischt, jetzt belanglos, was nie geschah.
In für drei zu enger Kabine, schnell heftige Stoßerei, Prokelei, pochender, klebriger, schwitziger, lüsterner Veitstanz* auch hier, Benno von vorne, Alex von hinten, gibt den großen Eroberer, stößt tief und kräftig hinein – solch ein tapferer Höhlenforscher!
Benno hält von vorne dagegen, mit voller Breite glitscht und flutscht es hier von selbst, wohingegen Alex erst einen Weg bereiten, weiten muß.

Kurz darauf:
Hin und her, vor und zurück, zügig eingestimmt im jetzt rhythmischen Gegentakt.
Julia immer als Puffer dazwischen, Stoßdämpfer, stampfende Kolben, krallende Hände, wippendes Fleisch, vermischte Gerüche, Schweiß und mehr.
Wildes, unkoordiniertes Geschiebe, Lachen, Keuchen, Stöhnen, Rammeln.
Oij-joi-joi ouha und Achherje!
Oschi und Kaventsmann in Aktion, Superposition von Wellenbewegungen!
Dunnerlittchen, alter Verwalter!
Muß ja.
Durch diese hohlen Gassen muß es kommen!
Vom Alpha bis zum Omega geht es erst noch heiter weiter und noch mal von vorn, nebst Ahhh und Ohhhh und Uiii und Oiiii.
Rubbel die Katz, orgel den Otter, spitz den Spatz, wobbel den Wombat, deck den Dachs!
Schubsen hin, knuffen zurück, stößt du mich, ruckel ich dich, kratzen, beißen, grunzen, schreien. Schweißtropfen fliegen, andere Tropfen hinterher.
Muß ja.
Rappel, pappel, rumtata, Urschrei.
Rhythmus, Wirbel, Chaos, eine Flut des Rausches, hemmungsloses Getümmel ihrer Glieder, Bewegungen.

Immer gröber beide im stampfenden Gegentakt …
Abba guuuuuuuuuut.
Mehrere Einhörner haben Giraffenhälse bekommen, gucken oben neugierig über den wackelnden Kloparavent*.

Immer döllere Schubserei innerhalb zu enger Kabine, Benno von vorne, Alex der Große von hinten. Gestörte Gliederung, verlorener Takt, unerfreulicher Kontrollverlust, es läuft aus dem Ruder, Stolperei, Maxen scheppert krachend aufs Klo, das sanitäre Purzellan* knirscht, Plastikdeckel knackst, irres Lachen aller drei dabei.
Maxen stemmt sich seitlich gegen beide dünne Wände ihrer Kabine, es knackt wiederum bedenklich, daß jedes Einhorn erschrocken zurückweicht, unterdessen außer Sichtweite gerät.
Maxen stößt mit Schwung abermalig hinzu, Mäxchen will aufs Neue von hinten hinein, rammelt damit seine beiden Spießgesellen gegen die Klotür, daß es quietscht, rumpelt, knallt. Scharniere reißen aus dem Sperrholz, alles scheppert mit allen auf bis dahin sogar blitzblanke Fliesen des Unisex-Klos. Splitter verpuffen, segeln über Bodenfliesen, steigen auf wie Phönixe*, explodieren in’er Luft zu einem gewaltigen Feuerwerk. Visionen schwebender rosa Wattebäusche danach, welche binnen Sekundenbruchteilen zu aufgeplusterten, kreischenden Flamingos mutieren, welche umgehend sowie panisch den locus necessitatis* fliehen. Petzen, was nicht ohnedies so nach draußen gedrungen ist durch solcherlei Lärm des lüsternen Überschwangs.

Egal – Hauptsache zugange.
Eilige Wiedervereinigung.
Blühende Leidenschaften.
Nun kann sie nichts mehr bremsen, nichts mehr halten. Am Boden wird einfach weiter irgendwie auf jener delokalisierten Klotür, auf dem Boden kopuliert, von vorne als ebenso wieder von hinten, Rangelei, Gestoße, Gegrunze, Gehechel, Gejauchze, Hauptsache Ge!
Weiter weiter, Tumult von Gliedern, steif, heiß, durcheinander.
Rasender Rausch der Lüste, irres Kichern.
Nun guckt überdies ein Schwarm Elfen herbei. Diese Racker kommentieren fachkundig, indes alle durcheinander wie Klopapierblätter im Wind. Es wirbelt alles, sämtliche Einhörner drücken sich an verfügbare Wände, weil das Gebumse so in ein undurchschaubares Körpergeflecht übergeht, ein Gewusel sowie Geschubse. Solcherlei Gerangel tut gleichwohl gut, so gut hatte es Julia bislang nie, so heftig mit zweien, von vorne und hinten gleichzeitig, daß es gewaltig kommt, von vorne sowie gleichfalls von hinten. Früher konnte sie noch nie so, heute, diese Nacht ist alles anders.
Es zuckt, pulst, spastische Konvulsionen, alles in Aufruhr, außer Kontrolle, Ausnahmezustand.
Revolution überall.

Eine Klotür geht auf, Che trällert die Internationale, ein katholischer Knabenchor stimmt mit ein. Ein Kardinal hält des Ches Stange, schüttelt zu früh ab, daß es nur so spritzt.
Völlig durchgeknallt, daß zudem inzwischen auch ein Mammut hinten in einer Ecke ein Einhorn besteigen will, solche Viecher sind doch längst ausgestorben?
Ihre Jungs spritzen da wohl auch, wie gut, daß Julia daheim in unwissender Voraussicht ihren Darm geleert hatte, denn Alex der Große hat viel für sie übrig, Benno von vorn will um keinen Preis nachstehen.
Stöhnen, Grunzen, weiß nicht mehr.
Was keineswegs drinbleiben will, wird wohl irgendwann, eher früher als später, wieder herauskommen.
Darauf ist noch Verlaß.
Naja, meistens.
Der Geruch ändert sich nochmal, neues Mischungsverhältnis verschiedener Körperflüssigkeiten.
Und: Urinstinkt.
In diesem brodelnden Inferno belanglos.
Jenes brünftige Mammut trompetet ekstatisch, gleichzeitig aber infantil wie Benjamin Blümchen auf Stechapfeltee. Das Einhorn schaut den Kardinal fragend an, blökt dabei wie ein Schaf. Jener Kardinal freilich mahnt allein den rebellisch gewordenen Knabenchor, keinen Unfug mit ihrem Pastor anzustellen.
Als ob …

Bronko steht samt seinen Kumpels Jamal sowie Kevin im Raum.
Haben sich mithin spontan manifestiert, gebiemt* quasi.
Vielleicht auch ein Knick in der gerissenen Raumzeit?
Die kann schon sehr gerissen sein, wenn sie geknickt ist.
Bronko ist immer auf Zack, wenn es Tumult gibt. Dieser Poet des Alltags kennt sich aus, hat Routine dabei, schüttelt ’nen Reim aus dem Ärmel.
Benno und Alex haben sich bislang nicht zurückgezogen, stecken weiterhin rutiniert*.
Jamal hat ’nen langen Pferdeschwanz wie ein Mädchen, im Kontrast zu seinen animalischen Muskelbergen, dem breiten Gang mitsamt wohl möglichst freischwingendem Geläut inwendig seiner Sporthose.
Kevin hat nichts, was man eigentlich eine Frisur nennen kann, Wuschelkopf, verströmt unterdessen gleichfalls diese spezielle Atmosphäre einer urigen, animalisch-robusten Männlichkeit. Auch er läßt sein Geläut inwendig seiner Sportbuchse im breiten, wiegenden Gang frei schwingen.
Bronko wirkt einfach so vermöge seiner Präsenz, unbeschreiblich, sofern man sich nicht gleich eine fangen will, mithin bleibt Bronko lieber ein unbeschriebenes Blatt …

Poetischer Türsteher: „Was’n hier los – Rudelgestoß?
Habt euch Pillen ins Gehirn geschiss’n? – Will’s gar nich’ wiss’n!“
Gibt Jamal und Kevin Zeichen, zu trennen dieses verkorkte Knäuel, Kohabitation beenden.
Gerangel, Geschimpfe, Wasserdusche, drohende Fäuste, Geschrei, Greuel.
Zugepackt sowie kräftig gezogen.
Benno wird zügig getrennt, ist exponiert mitsamt seinem Gehänge.
Tief steckt weiterhin Alexander Maximilian in Julias Anus, es klemmt erst.
Gequieke, bis sie getrennt sind.
Hosen werden mitnichten richtig hochgezogen. In dem Zusammenhang allein Details, Kleinigkeiten nach dem Akt.
Julia hat sowieso nach wie vor mehr oder weniger ihr Kleid an, lediglich derangiert, Schlüpper jedoch lange verschollen.
Muß mithin schon in’er Sitzecke passiert sein – Erinnerungslücke – piepegal – etwas Schwund is’ immer!

Gerangel, Geschubse geht weiter, Bronko allmählich sauer, sowieso wegen des zertrümmerten Kloparavents auf dieser Unisex-Toilette, hinwiederum wenn diese doch ohnehin Unisex heißt, wird man dort doch seine dringlichen Bedürfnisse befriedigen dürfen, wo sind wir denn?
In exaltierter Verirrung frenetischer Leidenschaft kommt es plötzlich zu spontanen, rührigen Szenen spontaner Fraternisierung* von zärtlich-robusterer Art:
Alex aufgebracht, aufgekratzt, desorientiert, Benno konfus, doch im lüsternen Drang getrieben, will mit Jamal tanzen, Alex soeben Kevin küssen.
Statt leidenschaftlicher Homoerotik allerdings doch ein Machtwort von Bronko, abermals als Poesie: „Füa heute is’ aus – ab nach drauß’!“

Drei kräftige Türsteher ohne eingeworfene Pillen, kein Bölkstoff* im Blute. Diese haben einen unfairen Vorteil.
Aber wo ein Wille, da ist ein Gebüsch?
Doch was hilft es, wo rohe Kräfte walten, kann das sämtliche Friedlichkeit spalten.
Bronko kassiert großzügig ab wegen des zerstörten Sperrholz-Unisex-Klo-Paravents, dafür nobler Verzicht hinsichtlich juristischer, zivilrechtlicher Aufarbeitung des Sachverhaltes, welcher keinem Beteiligten dienlich wäre. Handgreiflichkeiten deswegen, erstickter Protest, reuige Einsicht im Angesicht schlagender Argumente. Normative Kraft des Faktischen, pragmatischer Imperativ überzeugen kurzfristig.
Zudem mahnt Che aus dem Klo heraus mit Fingerzeig auf jenen Kardinal, welchen er keinesfalls an den Knabenchor heranläßt, gut aufpaßt auf dem Unisex-Klo.
Is’ hier kein Kindergarten nebst Schneewittchen im Urinal, allenfalls mal schnell eine Schnee-Lein* auf dem Purzellan durch ’n Fuffie* in’ Rüssel gesaugt.

Indessen, da ist ein Drang, eine Macht, Elfen streuen ihr Pulver der Zwietracht im fliegenden Ringelreihentanz über dieser Szenerie des Gezänks. Elfen können soooooo fies sein …
Also abermals Gerangel, Gebrabbel, Aufruhr im Nebel des Unisex-Klos. Die privatwirtschaftliche Exekutive behält ihre Überhand beim kurzen Zwist. Nach kurzer Gegenwehr, einigen Knuffen also Weg zurück am Kragen über das Parkett mittenmang durch den Tanzsaal. Musik wummert, puckert im Kopf, Gestampfe durchs Sein. Flamingos stehen elegant an’er Theke. Mehrere stattliche Mammuts rüsseln ihr Gesöff. Überall ratlos schauende Elfen im unterbrochenen Tanz. Ein Schwarm Neonfische huscht durch diese Szene.
War’n da nich’ Mitarbeiter aus Julias Firma in’er Ecke, tanzend ums goldene Kalb?
Schauen zwar nach dem Radau, erkennen ihre Kollegin jedoch mitnichten ohne graues Kostüm, so im Sommerkleid sowie derangiert. Sie kann sich ebenso irren, vielleicht doch bloß jene Affen-Kapelle bei’er Spielpause.

Einige Einhörner verweigern zunächst partout jeglichen Abzug. Che ist hingegen nachgekommen, hält den Kardinal fest an seiner Leine am Halsband. Dieser flüchtige Anblick macht zunächst Hoffnung für den katholischen Knabenchor. Stattliche Recken in Talar oder Ornat greifen jedoch längst prüfend lüstern nach zögerlichen Chorbuben, welche darob ganz still geworden sind, sich ihren Anus wohl vergeblich verkneifen. Alles kann Che leider auch nicht verhüten.
Bronko jedoch besteht drauf, macht sich seinen kategorischen Reim: „Alles muß mit, weg mit dem Schitt!“

Draußen kühler, besonders für Julias zarten Leib ohne Schlüpper.
Eine frische Brise schlägt den Zechern und Pillendrehern wie ein Spaten einen Scheitel durch ihre Denkkästen. Pille im Darm erspart Axt im Kopf.
Das Gewürm darin sortiert sich etwas bei dieser unerwartet erquickenden Brise, aber zuwenig. Also neuerlich Gerangel, denn Alexander der Große will zurück, erobertes Terrain unter keinen Umständen verlassen. Sein General Benno unterstützt diesen Gegenangriff vehement.
Gerangel, Geschubse, Gefecht, Gegröhle, Gezänk, Hauptsache Ge.
Julias nackichter* Po landet auf dem Kopfsteinplaster. Nicht schlimm, schnurzegal, war sowieso von dem Großen heiß sowie wund gerubbelt, Abkühlung tut gut. Sie bleibt sitzen, schaut dem Spektakulum zu, wie auch jener illustre Reigen sämtlich hektisch auffliegender Elfen. Ein paar mutigere Einhorn-Fabeltiere sind nebstdem wieder da, schauen neugierig. Alex will auch mal von vorne, Benno diesmal von hinten. Lokal paßt derlei mit ihrer Koordinierung weiterhin, lediglich beider Partnerwahl ist jetzt anders, wo Julia außer Reichweite ihre innere Glut bloß aussitzt.
Alexander der Große will Jamal von vorne erobern, zudem penetrieren, ein kühnes Vorhaben bei dem kernigen Typen!
Benno ist längst bei Kevin aufgehuckt, um es von hinten zu besorgen.
Rabatz, Randale, Radau, Ralligkeit, Rangebumse, Rangelei, Hauptsache Ra.
Unerwartete Attacke in solcher Form für Jamal und Kevin trotz des vorherigen Unisex-Klo-Zwischenfalls quasi als Vorspiel.
Tumult, Wälzerei, Aufruhr, Gestoße, Geruckel am Boden.
Wer wird obsiegen?

Bronko schüttelt sein Haupt abgeklärt dazu, kennt das längst, macht sich in Gedanken seinen abgeklärten Reim drauf, steckt sich eine üppige, selbstgedrehte Fluppe* an. Gerangel geht weiter. Es will Alexander dem Großen nicht gelingen, Jamal zu penetrieren, diesem eine Ladung zu verpassen. Besprungen schon, dieser demgegenüber wehrt sich gegen solcherlei Begattung, Fuchtelei. Benno wiederum bekommt Kevins Hose nicht runter, ruckelt daher hemmungslos, trotzdem ergebnislos herum, bis es dennoch bereits spritzt, allerdings eben lediglich über’s Hemd.

Als im Zuge weiterer Rangelei Alex mit dem Ellenbogen versehentlich Bronkos Tüte* aus dessen Schnüß* haut, hat dieser genug: „Watten Eiertanz, nu’ laßtet janz!
Jenuch der Operette, nu’ lauft umme Wette.“
Dieser Titan der Alltagspoesie greift ein, relativ unpoetisch, nonverbal ist er anders, es wird gröber.
Bei Interesse sollen diese Bengel ihr intimes Unterfangen ebend nach Feierabend vorantreiben, hingegen mitnichten im Dienst!

Vergeblich kommentiert Julia, tapfer ihre Kumpels rechtfertigend: „Die Jungs woll’n doch nur spiiiel’n!“, erntet dafür vom Alltagspoeten einen mißtrauischen Blick, welcher justament keinen Einwand mehr gelten lassen will, wo er schon mal ins Rollen sowie Grollen gekommen ist. Nun nimmt diese üble Chose ihren jämmerlichen Lauf.
Poetischer Bronko baut mächtig Rage auf.
Der Rest ist – Schweigen …

Alexander der Größte hat als Ergebnis eine blutige Nase, steckt eine Niederlage ein, Benno scheppert mit dem Bregen gegen eine Hauswand, duselt jetzt angeditscht vor sich hin.
Es folgen wenige lustlose Tritte mit groben Stahlkappenschuhen, eingeschnapptes Röcheln. Bronko, erneut eins mit seinem Karma*, hält seine Kumpels mit einem bloßen Wink zurück, schüttelt mißbilligend das Haupt, keinesfalls Zernichtung gegnerischer Kräfte, bringt lediglich Scherereien mit den Ordnungsmächten. Eine solche Geste hat Gewicht, wirkt bei seinen folgsamen Knappen. Jamal und Kevin schauen sich nach getanem Werke nach weiterer Betätigung suchend um. Müssen noch Adrenalin abbauen, diese kühnen, dummkopfigen Recken, sind es nicht gewohnt, besprungen, geritten zu werden.
Sehnen sich ihre freischwingenden Geläute, nachdem sie so dem freien Drang fremder Hormonwallungen ausgeliefert waren, jetzt ihrerseits nach Fraternisierung?
Sind sie selbst durch Adrenalin sowie Testosteron in Wallung geraten, dürstend nach Erlösung des mittlerweile aufgestauten Druckes innerhalb eines mehr oder weniger willigen Loches?

Julia, trotz des Rausches, erkennt noch gerade so, es wird Zeit, allerhöchste Eisenbahn, rappelt sich auf, läuft die Straße.
Nette Flamingos weisen den alternativlosen Weg entlang einer hohlen Gasse. Solidarische Einhörner galoppieren mit, erfreut über den freien Lauf. Von ihren Hufen sprühen bunteste Funken über’s dröge Pflaster, ihr zuvor plüschiges Gefieder legt sich flach im lockeren Galopp.
Was für ein lüsternes Chaos – und all diese grellen Farben erst!
Julia war ahnungslos gewesen, daß es solche Farben überhaupt gibt!
Massenweise blendende Großstadtlichter blinken wie irre.
Fliehe den Stadtteil!

Wo …
Jetzt genau, Häuser der Stadt, verschiedene Straßen, Straßenlaternen. Labyrinth von Wegen.
Also …
Wohin …
Irre lachende Trolle gaffen, bellen.
Julia taumelt, läuft die Stadt.
Weiter.
Erinnerungslücken.
Dauernd blökende Monster auf allen Straßen, brummende Ungeheuer kreuzen ihren Weg, blitzen sie an mit ihren zwei grellen Feueraugen, jagen sie kreuz und quer über gefühlt endlose Straßen. Doch ihr Geschicklichkeitstanz geht als Hindernislauf geschickt zwischendurch, ausweichen wie in Trance, entkommen …

‚quo vadis?‘*
‚quo vado, non potes me modo sequi‘*

Julia auf ihrer Passion, ihrem Leidensweg:
Weiter draußen, irgendwann, wird ruhiger, stiller außer mächtiger Turbulenz im Kopfe. Unsortierte Gedankenfetzen kreisen, nicht allein, weil das Haupt abgerundet ist, alles die Kurve darin kriegen muß. Klappt derzeit schlecht, immer wieder kracht etwas gegen ihren Schädel, welcher darauf schellt wie eine Glocke.
Schließlich irgendein Fußweg, ab auf jene Wiese. Tanz des krassen Aborigines samt trommelnden Bäumen.
Hatten wir schon …
Sprung in der Platte … Wiederholung hier ausgelassen, Julia rekapituliert abermals, entgeht lediglich knapp einer Dauerschleife …

Ruppige Rückkehr oder: Fange den Tag!

Rückblick vorbei, das Pochen samt Pulsen in’er Rübe keineswegs, gleichfalls mitnichten jenes Kribbeln des Schoßes, ferner in den Tiefen des Anus.
War vielleicht doch ein Tänzchen zuviel, dabei wundgescheuert.
Keinesfalls klug, auf dem kalten Kopfsteinplaster gesessen zu haben …
Schuhe allerdings nicht einmal durchgetanzt, nich’ ma’ die eigenen …
Aber kein einziges Einhorn mehr zu sehen, treulose flauschige Biester.
Umstehenden Holzgewächse selbst haben ihr Trommeln längst eingestellt.
Das zarte Herzchen puckert unterdessen fast aus ihrer bangen Brust heraus, hüpft darin wie ein Kängeru auf Koks* oder heißen Kohlen, wie eine Spitzmaus auf Spied*.
Blut rauscht laut wie ein Wasserfall pochende Schläfen entlang.
Ferner jener Gnom, welcher vermittels eines Schlagbohrers durch ihre Hirnschale will, dieser läßt sich in keinster Weise mit Händen oder sonstwie vom brummenden Schädel wischen.
Die Farben sind mittlerweile deutlich weniger psychedelisch.
Eine Versuch aufzustehen scheitert am Umknicken, gefolgt von hilflosem Jammern.
Verbissene Versuche, bis es gelingt, taumelnd, langsam über jene im Morgenlichte unlängst trocken-bräunliche Wiese wankend voranzukommen. Hat länger nicht geregnet. Is’n heißer Sommer …

Keine Ahnung, wo sie ist, einfach den Weg weiter.
Wie hatte dies Drama noch angefangen?
Verabredung mit Alexander dem Größten und Benno dem Tollkühnen.
Party, ach ja, reintanzen.

Julia wankt, irgendwann muß ja am Ende des Fußwegs was sein, Straße, Straßenschild. Kennt sich doch eigentlich aus innerhalb der Stadt. Nach Hause, will nach Haus marschieren. Das Mobiltelephon liegt daheim auf’m Tisch, wäre augenblicklich eine nützliche Orientierungshilfe gewesen, im Eifer des Gefechts jedoch lediglich Ablenkung gewesen, deshalb absichtlich dort zurückgelassen. Wieder Zuhause wären damit allerdings Nachfragen hinsichtlich des Wohlbefindens ihrer schmählich im Stich gelassen Kameraden angemessen. In jener Situation hätte sie hingegen ohnehin mitnichten mehr helfen können.
Erst einmal galt es nun, sich selber wieder zurechtzufinden, eine eigene Position zu bestimmen. Klar liegt eine verbindliche Abfolge aller Ereignisse unterdessen immer weiterhin keineswegs fest.
Da sind immer noch gewaltige Lücken, dazu diese aufdringliche Frage, wieso?
Ein Rätsel – zunächst!

Eine gute halbe Stunde wackeliger Fußmarsch später brummt ihr Dickschädel wie gehabt, weil sich da nach wie vor jenes Affen-Ensemble mitsamt ihren Schlagzeugen rücksichtslos austobt, diese müssen sich in einem Hinterstübchen des Nachts irgendwann einen Übungsraum eingerichtet haben.
Deren Kumpel, ein Yeti, hat sich ferner nebst einem Dudelsack im linken Ohr eingenistet, spielt durchgehend denselben Ton, diese dämliche Nervensäge …

Die puscheligen Einhörner oder fiesen Elfen tanzen mittlerweile Ringelpietz mit Anfassen in Julias ganzem Leib. Immerhin krümmt sich die Raumzeit kaum noch merklich, da fällt der Durchblick bereits etwas leichter. Unten an einem Knöchel macht sich von innen ein Gnom vermöge einer Spitzhacke zu schaffen, gar nicht zu reden vom brennenden Busch vorne, hartnäckigen Höhlenforschern im Hintern, welcher sich derzeit ein wenig wie Anale Grande nach übermäßig beschifftem Verkehr anfühlt.
Aber das war’s wert, ganz gewiß …
Jetzt bloß keineswegs zweifeln, Schwäche zeigen …
Getan ist getan, geschehen, vorbei.

Vielleicht hatte doch eine jener geschluckten lustigen Pillen eine falsche Ingredienz oder ein gekippter Cocktail hatte eine Zutat mit überschrittener Verzehrfrist.
Passiert schon mal.
Trotzdem nichtsdestotrotz in der Gesamtbilanz durchaus ein wundersames Erlebnis.
Immerhin, jetzt zieht allmählich ein Schauer erbarmungsloser Ernüchterung durch ihren Denkapparat, welcher langsam wieder Möglichkeiten zur Fassung eines klaren Gedankens aufweist. Julia zieht eine Zwischenbilanz, riskiert schon einmal eine selbstkritische Zusammenfassung. Sie schüttelt sich sogar einen Reim drauf:

Ihre Überlegungen bleiben vorerst ohne Ergebnis, Vorsatz, Entscheidung.
Plötzlich ist allerdings immerhin erneut im Gedächtnis verfügbar, was ihre eigentliche Idee, ihr ursprünglicher Plan sowie Anlaß dieser denkwürdigen Festivität gewesen war.
Sie streckt ihre schmerzenden Arme trotzdem hoch in die Luft, schreit durch die noch morgendlich leere Stadt, dem plötzlich am Himmel erscheinenden Morgenstern zu: „Reinfeiern, Reintanzen.
Glückwunsch, Julia, taube Nuß, gehorsames Aufsichtsrat-Gänschen, zum Dreißigsten und weiterhin Solokonzert mit nichts Festem!“

Epilog

Diese kleine märchenhafte Eskapade um Julias Passion ist rein fiktiv. Darin geschilderte Rausch-Visionen sind ebenfalls nicht als sonderlich realistisch anzusehen, sollten also keinesfalls Fragen oder Versuchungen aufwerfen, ähnliche Pillen einmal im persönlichen Experiment zu testen, ob sie wirklich solche Wirkungen haben.
Derzeit gibt es keine Rauschmittel, mit welchen sich gezielt bestimmte Visionen hervorrufen ließen, entsprechend sind die Graphiken von Pillen im Buch also keineswegs so gemeint, daß sich etwa mit bestimmten Wirkstoffen Halluzinationen gezielt bewirken ließen, in denen Flamingos, Einhörner, Mammuts, Affen etc vorkommen.
Die gleichzeitige Einnahme mehrerer Pillen mit jeweils anderer Wirkstoffkombination wiederum wird eher zum Tod als zu noch mehr Rausch oder Halluzination führen.
Wenn es einen Zusammenhang gibt, so ist dieser eher assoziativ, also weil ein berauschter Mensch zuvor etwas gesehen oder erlebt hat oder während des Rausches noch erlebt, hat dies eventuell Einfluß darauf, was für Visionen auftauchen können. Auch dies läßt sich von den allermeisten Leuten nicht direkt steuern.
Mehr noch als beim Wachtraum oder Klartraum ist eine bewußte Kontrolle von Rauschzuständen sehr schwierig, besteht doch die Wirkung von Rauschgiften gerade darin, Funktionen des Gehirns zu beeinträchtigen. Ist es im Nachhinein schon kaum möglich, den Inhalt eines normalen Traums konkret niederzuschreiben, so ist dies Ansinnen bei einem Rauschzustand ähnlich problematisch.
Wenn Logos auf Pillen oder sonstige Assoziationselemente also überhaupt eine Wirkung auf das Rauscherlebnis haben, so ist dies unabhängig davon zu sehen, ob die Pille mit dem jeweiligen Logo wirklich eingenommen wurde. Wirkstoffe haben natürlich massiven Einfluß auf psychotrope Wirkungen, sind hingegen nicht in der Lage, im Rausch spezifische Motive zu generieren.

Ähnlich wie bei Naturprodukten wie Stechapfel, Engelstrompete, Tollkirsche, Alraune, Spitzkegeliger Kahlkopf (Pilz), Mutterkorn (Ausgangsstoff unter anderem für den Wirkstoff Lysergsäurediethylamid) kann die Wirkstoffkonzentration stark schwanken, ist anders als bei Medikamenten nicht kontrolliert dosierbar. Teils ist insbesondere bei den Naturprodukten der Übergangsbereich zwischen Rausch sowie tödlicher Konzentration ziemlich schmal. Diverse Rauschmittel führen zu Abhängigkeiten, selbst sporadische Nutzung kann gesundheitliche Auswirkungen haben.
Selbst bei den nicht bereits gesetzlich untersagten Substanzen ist daher von einer Verwendung dringend abzuraten.

Die Geschichte selbst wurde ohne Einsatz von Drogen (einmal abgesehen von schwarzem Tee oder Schokolade, welche ebenfalls psychoaktive Wirkungen haben) geschrieben, zeigt also, daß es auch ohne Verwendung gefährlicher Substanzen möglich ist, ‚bewußtseinserweiternde‘ Erfahrungen , Erlebnisse zu haben, welche zudem sogar schriftlich fixierbar sind. Einige Wirkungen lassen sich auch per Meditation, Kontemplation über körperliche Selbstkontrolle erzielen. Der Körper kann einige Substanzen selbst produzieren.

Bewußtseinserweiterung ist nüchtern betrachtet sowieso immer eher das Gegenteil, eine Einschränkung kognitiver Möglichkeiten. Es können natürlich spontan andere Assoziationen entstehen, welche ohne den Rausch nie zustande gekommen wären. Diese bestehen aber meist nur vorübergehend, sind also im Nachhinein kaum nutzbar. Erlebnisse, Visionen bei manipuliertem Selbst bleiben also im Sinne neuer Erkenntnisse oder Einsichten ohne Konsequenz, hinsichtlich gesundheitlicher Spätfolgen oft nicht. Rauschzustände bieten Erlebnisse einer anderen Rezeption des Jetzt, ferner gesundheitlich bedenkliche Folgen, mehr auch nicht.

Auch in dieser Geschichte ist Julia am Ende mit ihrem Problem nicht wirklich weiter als vor ihrer Eskapade. An Einsichten hat ihr Rausch also nichts gebracht, allenfalls Überlegungen danach, Reflexionen, welche allerdings auch ohne Rausch, Eskapade möglich gewesen wären. Immerhin, Julia erkennt, daß sie auf einem Holzweg ist, mit dem Drogenkonsum, ihrer Arbeit, ihrem Privatleben. In diesem Sinne könnte jene ‚Begegnung‘ mit dem Lichtbringer schon als Wendepunkt für ihr Leben genutzt werden. Ob das aber nun gewagt wird, gelingt, hängt sicherlich primär von nüchternen Überlegungen oder Entscheidungen ab.
Julia hat zu dem Zeitpunkt auch noch nicht klar erkannt oder benannt, daß ihre Probleme stark von gesellschaftlichen Vorstellungen abhängen, Stereotypen, wie jemand zu sein hat, was im Leben erreicht werden sollte. Was aber, wenn einem diese propagierten, aufgedrängten Ziele, Lebensmodelle eigentlich gar nicht persönlich interessieren, berühren, diese daher nur Druck aufbauen, die Persönlichkeit zwischen diesen Ansprüchen sowie eigenen Bedürfnissen aufgerieben wird?
Gerade solcherlei Zwickmühlen, äußere Zwänge drängen Menschen dazu, innere Fluchten mit Drogen zu suchen, egal ob diese nun (noch) legal sind wie Alkohol, Nikotin oder bereits gesetzlich reglementiert sind, wobei Ausformulierungen oder Fehlen von Reglementierungen oft auch nur gesellschaftlichen Gepflogenheiten, kommerziellen Lobby-Einflüssen geschuldet sind. Solcherlei Fluchten sind natürlich Illusion, Befreiung muß im realen Leben erfolgen.

Glossar

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.07.2019

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