Michael Pay hat am Baikalsee sein Damaskus-Erlebnis. Diesmal wird nicht Saulus zu Paulus, sondern Michael möchte wirklich zu Flash werden, zu demjenigen, den er eigentlich nur jahrelang gespielt hat.
Er möchte der sein, den Valerie in ihm sieht: der Gute, der tapfere Umweltaktivist, der gegen die Großen und Mächtigen in dieser Welt kämpft.
Stattdessen arbeitete er denen zu, ist ein Verräter.
So zumindest sieht er sich in dem... mehr anzeigen
Michael Pay hat am Baikalsee sein Damaskus-Erlebnis. Diesmal wird nicht Saulus zu Paulus, sondern Michael möchte wirklich zu Flash werden, zu demjenigen, den er eigentlich nur jahrelang gespielt hat.
Er möchte der sein, den Valerie in ihm sieht: der Gute, der tapfere Umweltaktivist, der gegen die Großen und Mächtigen in dieser Welt kämpft.
Stattdessen arbeitete er denen zu, ist ein Verräter.
So zumindest sieht er sich in dem Moment.
Er könnte seine Undercover-Tätigkeit auch in netterem Licht sehen, doch angesichts der für ihn eindeutigen Situation am Baikalsee, seiner stetigen Verschmutzung, kommt auch Michael sich selber verschmutzt vor, verunreinigt durch seine Spionage.
Er hatte sich ein abenteuerliches Leben gewünscht - das Klettern, das Umherreisen - alles das schien das Leben eines Spions zu bieten.
Wenn das Gewissen nicht wäre.
Doch wer sind letztlich die Guten?
Diejenigen, die versuchen, den Staat und die Bürger zu schützen vor einigen wenigen Extremisten, die sich verstecken hinter Umweltschutzaktivitäten - oder sind die Guten diejenigen, die ihre Freizeit damit verbringen auf Umweltskandale aufmerksam zu machen, doch dabei in den Bereich geraten des Vergehens und dann eventuell auch des Verbrechens?
Wo soll man da Grenzen setzen? Alles dulden? Ist es nicht doch besser, der Staat ist dort repräsentiert durch einige Polizisten, die diese Aktivitäten beobachten und im Ernstfall mäßigend eingreifen können?
Michael hat das getan. Hatte, wenn es bedrohlich wurde, oft zur Entschärfung, zur Deeskalation beigetragen.
Doch andererseits wird ihm nun vorgeworfen, er sei ein Agent Provocateur - er habe Gefallen gefunden am Zerstörerischen und dem Vorbereiten von gewaltsamen Umweltaktivitäten.
Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Wie soll man als Agent, als Spion arbeiten, wenn man sich kein bisschen verstricken lässt in die zu beobachtenden Aktivitäten?
Wenn man selber nicht mitmischt und einer der Antreiber ist - dann würde das nur Verdacht erwecken und der Undercover-Polizist wäre kein wirklich erfolgreicher, wenn er sich zu stark zurückhält.
Seine Glaubwürdigkeit macht es erforderlich, dass er selber bravourös schauspielert. Zu einem von denjenigen wird, die er beobachten soll. Perfekte Tarnung. Doch wie so oft: man entwickelt Sympathie mit den Motiven seiner Mitmenschen, wenn man denn längere Zeit mit ihnen verbringt und besonders dann, wenn man versucht ihr Verhalten zu spiegeln, nachzuahmen, so zu tun, als sei man einer der ihrigen.
Da kippt das Schauspiel dann um in eine neue Realität.
Und genau das erlebt Michael am Baikalsee: die Waage hat sich vollends auf die andere Seite gesenkt .
Durch das Hinzukommen von zwei schwerwiegenden, gewichtigen Argumenten:
Erstens seiner Liebe zu Valerie und ihrer Bewunderung für ihn - und diese Bewunderung solle zu Recht bestehen, er will diese Bewunderung wahrhaft verdienen.
Und zweitens: der kostbare Baikalsee der vor seinen Augen zerstört wird.
Nun auf einmal möchte er wirklich jener Flash sein, der in der Lage ist, Gutes zu tun durch die Fähigkeiten, die auch in Michael stecken: seine Abenteuerlust, seine Agilität könnten hier ein ideales Betätigungsfeld haben.
Also beschließt Michael Valerie seine wahre Identität zu offenbaren - und den beiden Spiegel-Journalisten ein Interview zu geben.
Das Vorbild, die Vorlage für den fiktiven Michael ist der reale Polizist Mark Kennedy.
Der wurde jedoch enttarnt nicht durch sein eigenes Zutun, sondern durch eine Unachtsamkeit seinerseits.
Ich finde diesen Unterschied bemerkenswert und wichtig für diese Story:
Michael beschließt etwas. Und wird nicht durch die Umstände gedrängt, etwas zu tun.
Er hat sich zu entscheiden zwischen Gut und Böse.
Doch die Trennlinie zu erkennen, wo was anfängt und wo was endet, das scheint ihm erst am Baikalsee vollends zu gelingen: Gut ist dort, wo das eigene Gewissen einem Zufriedenheit gibt.
Das setzt voraus, das man sich weitgehend loslöst von äußeren beeinflussenden Faktoren bei der Gewissensbefragung.
Nur vor den eigenen Richterstuhl treten, sich selber Richter sein, Staatsanwalt und Anwalt: so kann man mit sich selbst ins Reine kommen, kann die jeweilige Gerichts-Akte schließen.
Sonst macht man sich jeden Tag erneut selber den Prozess.
Wäre nicht gut. :-)
Eine zum Nachdenken anregende Story über einen Mann, der in einem Bereich lebt, wo sich Gut und Böse so innig umschlungen halten, dass es schwer ist, klar zu trennen und zu definieren, wer zu welcher Seite gehört.
Ein aktuelles Thema literarisch verarbeitet - unter Nutzung der dichterischen Freiheit, der Lizenz, dort abzuweichen von der Original-Story, wo es dem Autor erforderlich erscheint.
Informativ und interessant.
LG
Phil Humor