Stellt sich die Frage: Für wen schreibt man? Für die eigenen Nachkommen? Sind es den Kindern und Kindeskindern nachgetragene Erinnerungen, Betrachtungen und Gedanken, die man ihnen als Erbgut hinterlässt („nachgetragen“, weil sie zu Lebzeiten aus welchen Gründen auch immer sich einen Kehricht scherten um das Erlebte der Eltern und Grosseltern, und wie diese die Welt gesehen, gedacht und empfunden haben)?
Oder schreibt man für... mehr anzeigen
Stellt sich die Frage: Für wen schreibt man? Für die eigenen Nachkommen? Sind es den Kindern und Kindeskindern nachgetragene Erinnerungen, Betrachtungen und Gedanken, die man ihnen als Erbgut hinterlässt („nachgetragen“, weil sie zu Lebzeiten aus welchen Gründen auch immer sich einen Kehricht scherten um das Erlebte der Eltern und Grosseltern, und wie diese die Welt gesehen, gedacht und empfunden haben)?
Oder schreibt man für Unbekannte? Oder für sich selbst? Gibt es beim Schreiben überhaupt einen imaginären Leser, oder tippt, kritzelt, zeichnet und malt man absichtslos darauf los, und die Frage des „für wen?“ stellt sich erst im Nachhinein, wenn die Geschichte, das Gedicht, der Roman, das Bild oder die Novelle beendet ist und, da es ja keine Auftragsarbeit war, die Frage sich aufdrängt: „Und nu? Wohin jetzt damit?“
Oder deutet Schreiben auf nichts anderes als auf den archaischen Wunsch, anstatt eines Tages sang- und klaglos von der Bildfläche zu verschwinden, Höhlenmalern gleich eine Spur zu hinterlassen, die, wird sie von irgendjemanden aufgenommen, zu dem führt, was uns einmal bewegt hat und nun als gelesene Erinnerung aufs Neue entstehen darf und somit in welcher Weise auch immer zum bescheidenen Formen des Gegenwärtigen beiträgt?
In der vorliegenden Geschichte scheint der bei einem Rechtanwalt hinterlegte Datenträger ein solcher Rettungsring zu sein. Die Protagonistin wirft ihn in der Hoffnung aus, in den uferlosen Tiefen würde irgendwann, irgendwer nach ihm greifen, bevor sie in eine namenlose Vergänglichkeit versinkt.
LG
Lothar
Ich glaube auch, dass sich die Frage für wen man überhaupt schreibt oft erst im Nachhinein stellt. Möglicherweise ist das auch von den Inhalten abhängig und von der Situation, in der man sich während des Schreibprozesses befindet. Vieles läuft zusammen. Eine Spur, den... mehr anzeigen
Ich glaube auch, dass sich die Frage für wen man überhaupt schreibt oft erst im Nachhinein stellt. Möglicherweise ist das auch von den Inhalten abhängig und von der Situation, in der man sich während des Schreibprozesses befindet. Vieles läuft zusammen. Eine Spur, den Höhlenmalern gleich (schöner Vergleich) legen zu wollen und zu können, das wäre etwas Schönes, finde ich. Ob es gelingt, steht natürlich in den Sternen oder sonstwo.
Ich finde es durchaus normal, dass man überhaupt etwas hinterlassen möchte, etwas, das unseren bescheidenen Möglichkeiten entspringt. Monumentale Bauten sind es nicht und wissenschaftliche Höchstleistumngen auch nicht. Also was könnte es sein? Das geschriebene Wort! Es könnte ein wenig überdauern und evtl. den Nachkommen helfen, die Vorfahre zu verstehen.
Ich wäre heute unheimlich dankbar, wenn mein Vater etwas aufgeschrieben hätte über sein Leben, aber da gab es leider nichts. So lebt nur von seinem Wesen etwas in mir, aber auch dafür bin ich dankbar. Er hat mir, ohne es Vermächtnis zu nennen, viel Gutes in die Wiege gelegt, wie man so schön sagt.
Natürlich gibt es auch sicher viele Menschen, für die es keine Bedeutung hat, etwas zu hinterlassen. Und es ist sehr wichtig, dass man in der Gegenwart sich selber und vielleicht auch ein paar Fremde mit seinen "Kopfgeburten" bereichern kann. Alles andere wird man ohnehin nicht erfahren können, nur die Hoffnung bleibt.
Danke fürs Lesen und das ausführliche Weiterdenken.
LG Helga