Sehr außergewöhnlich! Sehr nachdenklich machend! Tiefsinnig und ergreifend! Wunderschön!

Die Frage der Haltbarkeit, der Qualität ist nur ein Aspekt. Wie diese eigentlich sehr positiven Aspekte in unsere heutige Gesellschaft, in unsere Möglichkeiten passen, ist etwas ganz Anderes.
Die beschriebene Dame verhält sich extrem, wenn auch konsequent, aber für mich lebensfern und zutiefst unsympathisch, menschenfeindlich...gut, darüber könnte man sicher eine Menge sagen. Ich mag halt extreme, für mich immer intolerante Haltungen nicht.

Unser System ist auf Konsum aufgebaut und der funktioniert nur, wenn das Materielle sich auch rasch umschlägt. Wegwerfgesellschaft!
Würde das Leben auch pulsieren, würden die Leute genug Arbeit haben, wenn wir nur "gottgefällige" Produkte für die Ewigkeit schaffen würden? Vermutlich, wenn man dieses auf die Spitze treiben würde, nicht.
Mal abgesehen davon, dass diese besonderen Qualitätsprodukte sich immer nur gutverdienende Menschen leisten könnten.
Also ich würde mich am Liebsten auch nur mit ausgesuchter Qualität umgeben wollen, aber man muss auch essen und möchte sich hin und wieder die Welt anschauen oder ins Theater gehen. Alles kann man nicht haben. Somit sind Abstriche unumgänglich....leider!!! Wo sie gemacht werden (müssen), ist unterschiedlich.

Die erstrebte Dauerhaftigkeit hat Kehrseiten, selbst ihre Sinnhaftigkeit dürfte durchaus anfechtbar sein, wenn der Preis einmal unter die Lupe genommen wird. Allein, wenn man bedenkt, dass mit absoluter Dauer und Beständigkeit, eine Entwicklung kaum möglich sein dürfte. Es liefe auf Erzkonservatismus hinaus, auf Stagnation, wenn man darauf eine Philosophie aufbauen würde, eine Realitätsfremdheit mit fatalen Folgen.

Zum Schluss frage ich mich, wozu ein Qualitätssarg dienen könnte? Der Verfall würde sich vielleicht um einige Jahre verzögern aber was haben diese schon für eine Bedeutung. Der gute Sarg dient der Eitelkeit der Hinterbliebenen. Wäre das gottgewollt? Wenn die Seele sich doch daraus entfernt, ganz sicher auch aus diesem Grunde nicht.
Nichtsdestotrotz liebe ich gute handwerkliche Arbeit und diese tiefsinnigen Gedanken von Bert.

dies, dass, jenes ...alles sollte perfekt sein, dabei vergass sie zu Leben.
Mit leisen Tönen die verschiedenen Sichten nähergebracht.
moonlook

Dauerhaftigkeit - das wünschen sich auch die BookRix-Autoren: das eigene Werk soll Bestand haben, fortdauern.

Sogar Goethe träumte davon, dass er zusammen mit seinen Werken weiterleben dürfte: wenn er nur rastlos weiter tätig bliebe, dann müsste doch irgend ein Gott ein Einsehen haben und ihm einige oder viele, viele Jahre hinzufügen zu seinem arbeitsamen, produktiven Leben. Wenn er sich nur festhielte, fest genug - an seinem Werk, dann würde auch er fortbestehen - weiter existieren.

Das ist zumindest ein netterer Versuch als das, was Caesar versucht hat: durch Massenvernichtung sich unsterblich zu machen - im Angedenken der Menschheit - und sich so seinen Platz zu sichern im 'ewigen' Bewusstsein der Menschheit.

Die Art von Dauerhaftigkeit, die deine Protagonistin Frau von Sättingen ihr Leben lang anstrebt und sucht - die kontrastierst du sehr bewusst mit der Art von Dauerhaftigkeit, die der Tischler Gropius anstrebt:
Ihm geht es in erster Linie um den Moment, das Jetzt - um im Jetzt perfekte Arbeit zu leisten, ein vollendetes Werkstück abzuliefern, das ist ihm am wichtigsten.
Sein Credo, sein Ideal und Vorbild sind die Shaker-Möbel.

http://de.wikipedia.org/wiki/Shaker_%28Religion%29

http://de.wikipedia.org/wiki/Shaker-M%C3%B6bel

Philosophie der Shaker-Glaubensgemeinschaft:
Diese haben versucht, das Funktionale, Zweckmäßige zu verbinden mit der jeweiligen modernsten Technik - und haben bewusst auf Zusatz, Schnörkelei und Überflüssiges verzichtet bei ihren handwerklichen Produkten.

Das Anfertigen von Produkten mit der Hand als Gottesdienst. Denn, weil Gott alles sähe, so müsse auch das Verborgene und Unwichtige perfekt gestaltet und gearbeitet sein. Diesem Anspruch wollten die Shaker genügen.

Rückblickend muss man sagen, dass ihr Entschluss ehelos zu bleiben - und ohne Nachwuchs - dazu geführt hat, dass sie schlicht und einfach ausgestorben sind. Nur ihre Idee der Shaker-Möbel, die hat überlebt und findet begeisterte Anhänger.

Dein Tischler Gropius, dem geht es also in erster Linie um Perfektion - ganz egal, was danach mit seinem Werkstück, seiner edlen Leistung geschieht.
Zwar wünscht er sich Dauerhaftigkeit - er hätte nichts einzuwenden dagegen, wenn seine Stühle noch nach Generationen Bestand hätten und genutzt würden. Aber wohl vor allem deshalb, weil das ein Beweis wäre für die Perfektion seiner Arbeit, die hohe Güte seines Werkes.

Seine beste Kundin, die Frau von Sättingen, kann sich gar nicht sättigen an dauerhaften Produkten, die sie um sich schart im Laufe ihres Lebens. Sie will sich gewissermaßen nähren mit dauerhaften Produkten, damit sie selber Bestand hat, dauerhaft weiterwirken kann in ihrer jetzigen Existenzform.
Ein schöner Trugschluss, wie Du am Ende deiner Geschichte aufzeigst.

Ja, welche Art von Dauerhaftigkeit ist erstrebenswerter?

Das Konzentrieren auf den Moment, das Hineintauchen in den Augenblick und ihn ganz umfassen, ergreifen, bewusst, perfekt gestalten - und im Augenblick die Ewigkeit, die Dauer halten?
So wie dein Tischler Gropius, der die Perfektion sucht im Kleinen, in seinem eigenen Werk - und nicht seinen Blick richtet auf die Nachzeit, auf das, was folgt.
Sondern, der der Zeit keinerlei Bedeutung beimisst, sondern weiß, dass sein Werk - vor den Augen von Gott - Bestand haben wird, auch wenn es hier auf Erden längst verfallen und vermodert ist.

Oder sein Leben ausrichten danach, dass das, was man schafft, Dauerhaftigkeit besitzt, so wie es Goethe und Caesar - jeder auf seine Art- gemacht haben?

Interessante Fragen, die Dein Werk aufwirft.
Ich bin mir sicher, dass seine Nachwirkung und Wirkung ziemlich dauerhaft sein wird. :-)

LG
Phil Humor

Diskussionsmöglichkeit zu diesem Buch und der Shaker-Philosophie:

http://www.bookrix.de/_groupforum-de-fuer-alle-zeiten-bert-rieser-garlin-buchbesprechung-shaker-philosophie.html

http://www.bookrix.de/_group-de-philosophisches

Frau von Sättingen wird ihre Freude an dem guten Stück gehabt haben.
Und Gropius ist ein Gentleman, bis zur bitt'ren Neige, auch wenn er anders gemocht hätte.

mehr möchte ich auch nicht preisgeben, denn sonst ist der Text verraten!

Lieben Gruß,
Conny

Ach, lieber Bert, was hast Du für eine schöne Geschichte gschrieben! Sie ging mir richtig ans Herz.
Eines muss man den beiden Alten lassen: sie haben Stil. Als vor einem Jahr mein Nachbar starb, hat ihm sein Sohn auf dem Friedhof ein Grab mit Alpensicht besorgt. Auch das ist Stil in Vollendung. Ohne zu jammern, dass früher alles ..., aber zum Denken, was von dem, was in der Gesellschaft aufgegebn wird, wäre es wert, aufgehoben zu werden. Und wer bezahlt das? Ich wollte einen wunderschönen Voltaire-Sessel restaurieren lassen. Der kundige Handwerker wollte 1.5oo,- ¤ haben.

Gruß
Josef

"Geil!" sagen konnte, war die liebevoll gezimmerte Erzählung um Meister Gropius zu Ende.
Wundervoll wurden Gedanken und Ansichten der beiden Personen mit dem allerfeinsten Lack überzogen. Aber mit Klarlack, so dass ich alles absolut nachempfinden konnte.
Wo gehobelt wird, da fallen manchmal eben auch so feine Späne, wie bei Gropius.
Gefällt mir ausgesprochen gut, diese leise Geschichte.