Anarosa, Du spürst seit jeher eine innere, ewige Verbundenheit mit der Welt.
Das ist auf einer tieferen Ebene des Ichs angesiedelt: das Gefühl, dass alles eine große Pflanze ist, und wir als Einzelwesen sind vielleicht einzelne Blüten oder einzelne Tannenzapfen ganz am anderen Ende der Wurzeln, die in die Tiefe reichen, und von dorther Halt und Kraft geben der gesamten Pflanze.
Vielleicht bedeutet der siebenarmige Leuchter das... mehr anzeigen
Anarosa, Du spürst seit jeher eine innere, ewige Verbundenheit mit der Welt.
Das ist auf einer tieferen Ebene des Ichs angesiedelt: das Gefühl, dass alles eine große Pflanze ist, und wir als Einzelwesen sind vielleicht einzelne Blüten oder einzelne Tannenzapfen ganz am anderen Ende der Wurzeln, die in die Tiefe reichen, und von dorther Halt und Kraft geben der gesamten Pflanze.
Vielleicht bedeutet der siebenarmige Leuchter das selbe Symbol: wir sind die Kerzenflammen als Einzelwesen. Unser Lebenslicht brennt für eine gewisse Zeit. Doch verbunden sie wir alle untereinander durch den Kerzenleuchter. Sind eine Einheit.
Es ist eine Betrachtungsart.
Heutzutage brauchen wir Menschen einander, um überleben zu können. Aber gerade dadurch, dass keiner sich nur als kleines Rad in einer gigantischen Maschine sich betrachten darf - gerade dadurch funktioniert diese Maschine: sie ist angewiesen auf Eigenimpulse und Eigendynamik jedes einzelnen Menschen.
Wenn jeder nur stur, konsequent seine Pflicht erfüllen würde, dann würde alles zusammenbrechen. Denn diese Maschine lebt.
Sie lebt von dem Freiheitswillen, dem Lebenswillen jedes einzelnen Menschen.
Braucht das Aktive, das Verantwortliche jedes einzelnen. Nur indem wir Menschen uns als unabhängig und frei betrachten kann der Gesamt-Apparat funktionieren.
Ob wir wirklich frei sind oder nicht - das ist Ansichtssache, eine Sache des Betrachtungswinkels.
Ein Stuhl kann ein Teil einer Sitzgruppe sein. Alles auf der Welt kann man zuordnen zu größeren und noch größeren Einheiten.
Quarks, Atome, Moleküle, Zellen, Organe.
Man mag leugnen, dass es ein Herz als Organ gibt - es sei lediglich eine Ansammlung von unterschiedlichen Zellen. Doch unsere Sprache und unser Denken ist darauf angewiesen logische Grenzen zu ziehen zwischen diversen Materieansammlungen und sie alltagstauglich zu benennen. Ein Stuhl ist dann eine andere Materieansammlung als ein Herz.
Mitunter willkürlich ist die Abgrenzung insbesondere bei den Dingen, die Nicht-Materiell sind. Das 'Zeitalter der Romantik' zum Beispiel. Wann genau war diese Epoche? Wenn man genau hinschaut, dann verschwimmen die Grenzen und wenn man sehr kritisch hinschaut und nachfragt, dann verschwinden die Grenzen völlig, lösen sich auf und das Zeitalter der Romantik oder das der Klassik ist nicht mehr greifbar.
Wir trennen mit der Sprache, teilen ein in säuberliche Stückchen unsere Realität, damit wir sie sprachlich zu packen kriegen können.
Eine Brille ist Glas und Rahmen. Ein Mensch ist Leib und Seele. Vielleicht sind wir zwei verschiedene Dinge, die sich zusammengefunden haben, um hier für eine Weile als Einheit zu fungieren: Das Ewige trifft auf die zeitliche Materie. Verschmilzt mit ihr. Wird Mensch.
Den Eindruck, den Du hast Anarosa, dass eine innere ewige Verbundenheit mit der Welt besteht, obwohl das Ich so unbeständig scheint und sich nach kurzem Gastauftritt wieder rasch verabschiedet vom Erdenball - das ist die Betrachtungsweise, wenn man das Ich nicht nur ansieht als Kerzenlicht auf dem siebenarmigen Leuchter, sondern insgesamt den Leuchter sieht als Einheit und ihn so wahrnimmt.
Du schreibst: Betrachtet aus meiner Perspektive, ist mein (Computer)-Programm das Hauptprogramm, aber betrachtet aus deiner Perspektive, ist dein Programm genauso das Hauptprogramm.
Das ist das Erstaunliche am Leben - es ist wie auf der Oberfläche einer Kugel: du kannst stehen, wo du willst, du bist immer in der Mitte, nie am Rand. Jeder ist Mittelpunkt. Für das Ich spannt sich rund um das Ich die Welt so wie ein großes Zirkuszelt.
Und wir sind die rechten Akrobaten, wenn wir das Kunststück beherrschen beim Jonglieren mit Begriffen, diese nicht zu verwechseln und durcheinanderzubringen mit der Welt an sich. Wir jonglieren mit Mustern, Modellen von der Welt. Diesen können wir habhaft werden.
Letztlich leben wir in diesen Modellen, die wir errichtet haben und richten uns häuslich darin ein. Doch es ist Pappmaschee - nur ein Modell und nicht die Welt an sich. Unsere Sinne können diese 'Welt an sich' nicht berühren, nicht sehen.
Modelle dienen uns als Ersatz. Als Mittler und Vermittler.
Wenn das Ich nun endet, dann sei das so als ob ein neuer Ich-Erzähler anfängt seine Lebensgeschichte zu erzählen.
Was wäre nun aber, wenn es nur ein großes Erzählwerk gibt, aber mit unendlich vielen Fortsetzungs-Bänden und verzweigten Nebenhandlungen, die aber stets wieder münden in der einen Haupterzählung?
Dann kommt es doch auf uns als Ich-Erzähler an, dass wir spannende, weise, humorvolle Kapitel hinzufügen zum großen Gesamtwerk.
Und wie bei BookRix sind wir Leser und Autor zugleich. :-)
Anarosa, ich freue mich über Deinen Mut und Deine Bereitschaft, Deinen Beitrag hier im Forum 'Philosophisches' zu posten.
Es ist nicht einfach, wenn man mit starkem Gegenwind rechnen muss - und sich dann gleichwohl aufmachen und lossegeln im stürmischen Philosophen-Gewässer.
Es wäre schön, wenn auch noch andere Mitglieder Deinem Beispiel folgen - damit wir hier eine möglichst starke Mannschaft werden - auf dem Philosophen-Törn.
Ahoi!
LG
Phil Humor
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