Was hier auf die locker Satirische so mal rüber kommt, und was durchaus zum Schmunzeln animiert, hat einen tiefen Hintergrund, der ich mal so kommentierten möchte: Natürlich wirkt der Fürsorgeanspruch der Kirche für den Einzelnen teilweises lächerlich, zuweilen sogar anmaßend, aber es ist nun mal das Anliegen der Kirche, alle zu erreichen und dabei nicht nur passiv zu bleiben. Insofern ist der Ausspruch, wir sind alle Gottes... mehr anzeigen
Was hier auf die locker Satirische so mal rüber kommt, und was durchaus zum Schmunzeln animiert, hat einen tiefen Hintergrund, der ich mal so kommentierten möchte: Natürlich wirkt der Fürsorgeanspruch der Kirche für den Einzelnen teilweises lächerlich, zuweilen sogar anmaßend, aber es ist nun mal das Anliegen der Kirche, alle zu erreichen und dabei nicht nur passiv zu bleiben. Insofern ist der Ausspruch, wir sind alle Gottes Kinder, gar nicht mal so daneben. Natürlich muss die Kirche Abneigungen respektieren, und das tut sie auch, jedenfalls ist mir nicht bekannt, dass jemand jemals dazu gezwungen wurde. Aber das eigentliche Problem scheint ein mir ganz anderes: Es ist die Gleichsetzung jeglicher Religion mit Begriffen wie Verdummung, Unterdrückung und Reaktion. Dabei wird aber verkannt, dass Religion und religiöses Denken immer Bestandteil menschlichen Denkens war, ist und bleiben wird, weil es allein aus einem urmenschlichen Verlangen entspringt – dem der Hoffnung, ohne dem ein Mensch nicht leben kann. Warum allerdings Religion immer wieder auf die Praktiken der römisch katholischen Kirche reduziert wird, welche vermittels der Religion Politik betreibt, bleibt mir rätselhaft. Gab es denn zb. in den orthodoxen Kirchen jemals irgendwelche Inquisitionen oder Hexenverbrennung? Selbst die römisch- katholische Kirche hat vielfache Reformationen hinter sich und bekennt sich zu ihren Fehlern (Im Falle von Jeanne D‘ Arc bereits 25 Jahre nach ihrer Verbrennung) – auch ist mir nicht bekannt, dass jemals ein Scheiterhaufen durch Protestanten errichtet wurde (korrigiere ich mich gern, falls es jemand besser weiß).
Bei aller Gewetter wird das eigentliche Grundanliegen der Kirche völlig übersehen oder, noch schlimmer, einfach verschwiegen, nämlich das der Nächstenliebe; dass sie für den Menschen da ist das und nicht für die Gewinner, auch einem Bettler und Aussätzigen öffnet sie sich und alle anderen auch, die von der irdischen Welt verlassen und vergessen sind (selbst für ihre Feinde, was ich im Pazifismus neiderschlägt). So ist die ganze Frage der Caritas, wo Mutter Theresa ein exponiertes Beispiel bildet, ein wesentliches christlichen Grundanliegen und somit Grundlage unserer moralischen Anschauungen überhaupt. (Zu Fragen der Seelsorge wüsste ich keine weltliche Instanz, die in der Lage wäre, einen Menschen bis über den Tod hinaus zu begleiten). Und wenn Nietzsche es zb. als ‚Befreiung‘ ansieht, sich vom Christentum zu lösen, frage ich mich nur,- wovon lösen, von seinen Werten und Normen, von seiner Moral? Nun erwiderte Nietzsche sinngemäß, dass Moral wiederum nur geheucheltes Wohlverhalten darstelle, ohne zu bedenken, dass die Moral letztlich den Menschen zum Menschen macht und somit Grundklage jeglichen Humanismus bildet. Sprüche wie: ‚Was nicht tötet härtet ab‘, oder ‚das Recht der Stärkeren hat Vorgang‘, kann keine humanitären Werte vermitteln, wie ich mir überhaupt jegliche Humanität frei von ethisch- moralischen und somit kirchlichen Grundsätzen nicht vorstellen kann. Religiöses Denken im Allgemeinen und christliches im Besonderen hat immer das Bestreben, den Menschen zu ‚bessern‘. Das diese ‚Besserung‘ immer wieder missbraucht wurde, ändert doch nichts am Grundanliegen selbst. Und dass den Mensch gebessert werden muss, beweist ja seine Fehlbarkeit. So ist zb. jeder Terrorist im Grunde immer selbst der größte Feind seiner Religion, sei es nun Christentum oder Islam, da er sich seiner Religion nur zur Legitimation seiner Ziele bedient. Deswegen aber die Religion mit dem Terroristen gleichzusetzen, wäre doch mehr als unsinnig.
Das Bestreben jeglicher Religion bleibt es, Werte und Ideale zu vermitteln, welche zwar in der Endkonsequenz niemals völlig zu erreichen sind, doch allein durch ihre Wirkung positiven Einfluss auf das Handeln der Menschen hat. Ich denke mal, das genügt fürs erste. Schon allein deshalb, da du mich zu diesen Zeilen inspiriert hast, einen Stern.