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Kong Ming

Kong Ming

 

aus dem Buch

„Das Regenbogenschüsselchen - Märchen und Geschichten“

von Andreas Petz

 

Es war einmal in einem unglaublich großen Reich, da wohnte eine zauberhafte Prinzessin. Sie war nicht nur unglaublich schön, sondern auch sehr klug. Mit großem Interesse steckte sie ihr kleines Näschen in die Schriftrollen, welche die Gelehrten des Reiches verfasst hatten, und es bereitete ihr größtes Vergnügen, den Geschichten der Märchen- und Geschichtenerzähler zu lauschen. In fast jedem Märchen ist eine Lehre versteckt, und wie ein kleiner Detektiv suchte die Prinzessin nach der jeweiligen Lehre.

Als die Prinzessin erwachsen war, kam ein forscher junger Mann zu Besuch; er war als großer Krieger bekannt und gewohnt, sich zu nehmen, was er wollte. Als er die Prinzessin erblickte, traf ihn ihre Schönheit wie ein Blitz und er begehrte die Prinzessin zur Frau.

Aber zum einen hatte die Prinzessin sich schon einem anderen Prinzen versprochen, und zum anderen gefiel ihr dieser kriegerische, eingebildete Mann nicht.

Immer wieder suchte der stolze Krieger die Nähe der Prinzessin, ja, er wurde regelrecht aufdringlich. Des Öfteren beschwerte sich die Prinzessin bei ihrem Vater, aber da der Krieger sein Gast war, durfte der Vater nicht unhöflich gegen ihn sein. Als der Krieger jedoch eines Tages die Prinzessin im Garten beinahe überfiel, um sich einen Kuss zu holen, war es genug. Nur mit großer Mühe und List konnte sich die Prinzessin befreien, und nun wurde der Krieger angewiesen, das Schloss zu verlassen, da er gegen die Gesetze der Gastfreundschaft verstoßen hatte.

Bei seinem Abschied jedoch drohte er mit seiner Faust, er würde sich schon zu nehmen wissen, was sein Eigentum sein sollte. Dann ritt er auf seinem schwarzen Hengst davon.

Einige Monate später, die Prinzessin hatte den stolzen Krieger schon längst vergessen, da brach sie zusammen mit ihrem Gefolge auf, um zu ihrer Hochzeit mit dem Prinzen zu reisen. Der Weg war weit und führte durch ein großes Gebirge. Ihr Vater führte sie, zusammen mit einem Trupp seiner Soldaten, um sie sicher ans Ziel zu bringen.

Als sie jedoch das Gebirge erreichten, kam ihnen ein Bote nachgeritten.

„Herr“, rief der Bote zum Vater der Prinzessin, „dein Schloss wird angegriffen und wir können uns nicht mehr lange verteidigen.“ Da kehrte der Vater mit den Soldaten um, und die Tochter zog alleine mit dem Gefolge weiter durch das Gebirge.

Am nächsten Tag ging es durch ein tiefes, dunkles Tal, und plötzlich war der Weg von Reitern versperrt. Mitten unter den Reitern war der stolze Krieger, der die Prinzessin zur Frau haben wollte. Schnell wollte die Prinzessin mit ihrem Gefolge umkehren, aber auch der Rückweg wurde ihnen von berittenen Kriegern versperrt.

„Werdet meine Frau, und euer Gefolge darf friedlich zum Schloss zurückkehren!“, rief der stolze Krieger. Die Prinzessin rief zurück: „Niemals! Lieber sterbe ich.“

Sie nahm einen Bogen und schoss einen Pfeil auf den Krieger, doch dieser zog sich schnell zurück.

So wurde nun die Prinzessin mit ihren Begleitern in dem tiefen, dunklen Tal belagert. Hilfe von außen war nicht zu erwarten, und sie selbst war mit ihrem Gefolge zu schwach, um der Belagerung auf Dauer zu widerstehen.

Was sollten sie nur tun? Hinter Felsen versteckt schossen sie mit Pfeilen, wenn jemand versuchte sich ihnen zu nähern. Als es Abend wurde zündeten sie an jedem Ende des Tales ein großes Feuer an und hielten Wache. Aber wie lange würden sie das durchhalten?

„Wir müssen irgendwie Hilfe holen.“, sagte die Prinzessin zu ihren Leuten, aber diese zweifelten: „Wie sollen wir das anstellen? Es ist kein Durchkommen möglich.“

Die Prinzessin überlegte, sie dachte an die vielen Märchen und Geschichten die sie gehört und gelesen hatte und plötzlich kam ihr ein Gedanke, „Kong Ming“, sagte sie. Keiner im Gefolge verstand was sie damit meinte, aber die Prinzessin achtete nicht darauf und sagte: „Holt mir dort vom Bach kleine Bambusstäbe.“

Sofort rannten zwei junge Männer los und holten was die Prinzessin verlangte. Diese ging unterdessen zu ihrem Reisegepäck und nahm aus diesem einige Bögen dünnes Papier.

Aus den Bambusstäben und dem Papier bastelte sie nun, zusammen mit den Frauen aus ihrem Gefolge, viele große Papierlaternen die jedoch oben geschlossen waren und nur unten eine Öffnung hatten. In der nächsten Nacht wurde in jede Papierlaterne unten auf zwei Bambusspeichen ein Baumwollstoff gelegt der zuvor in brennbare Flüssigkeit getränkt worden war.

Dann wurde der Baumwollstoff vorsichtig angezündet, die Papierlaternen füllten sich mit warmer Luft und stiegen schnell weit hinauf zum Himmel.

„Himmelslaternen!“, staunte ein kleiner Junge der mit im Gefolge war. „Ja!“, sagte die Prinzessin, „Kong Ming, oder wie du sie nennst, Himmelslaternen. Hoffen wir, dass jemand sie sieht und uns zur Hilfe eilt.“

Die Laternen stiegen hoch hinauf in die dunkle Nacht, leuchteten strahlend hell und da sie bis über die Gipfel der Berge stiegen, waren sie bis in weite Ferne zu sehen. Als der stolze Krieger die Laternen sah, schimpfte er fürchterlich. Sofort mussten seine Soldaten einen Angriff gegen das Gefolge der Prinzessin führen, aber diese hatten aufgepasst und waren darauf vorbereitet. Sie konnten den Angriff abwehren.

Am Ende der Nacht, als es gerade anfing hell zu werden, begann plötzlich auf der einen Seite des Tales, dort wo sich der stolze Krieger mit seinen Soldaten befand, ein Höllenlärm. Kampfgeschrei ertönte und nach kurzer Zeit näherten sich vorsichtig Soldaten in Uniform, angeführt von dem Prinzen den die Prinzessin heiraten wollte.

„Wir sind euch bis zum Gebirge entgegen geritten und als wir die Kong Ming Laternen gesehen hatten, dachten wir uns, dass ihr euch in Gefahr befindet“, sagte der Prinz zur Prinzessin und ihrem Gefolge. Die Prinzessin dankte dem Prinzen und ihr Gefolge jubelte und freute sich.

Die Soldaten des stolzen Kriegers, die die andere Seite des Tales versperrt hatten, bekamen das mit und flüchteten schleunigst.

Kurz darauf kam der Vater der Prinzessin mit seinen Soldaten, auch sie hatten die Kong Ming Laternen gesehen. Der Angriff auf das Schloss war nur eine Ablenkung, um den Vater mit seinen Soldaten von der Prinzessin fort zu locken.

So konnte die Prinzessin, unter dem Schutz ihres zukünftigen Mannes und ihres Vaters, die Reise zu ihrer Hochzeit fortsetzen. Die Hochzeit war ein einzigartiges, großartiges Fest. Tausende von Kong Ming Laternen ließ man zum Himmel steigen. Der Prinz und die Prinzessin lebten glücklich, sie bekamen viele Kinder und … wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

Impressum

Texte: Andreas Petz
Bildmaterialien: Andreas Petz
Tag der Veröffentlichung: 28.07.2016

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