Cover

Prolog

Sechs Monate zuvor.

 

Es war komplett ruhig im Haus.
Liebesdiener Sandro schlich auf Zehenspitzen in den ersten Stock. Sein Ziel war das Schlafzimmer von Vivian, bei der er heute die Nacht verbringen sollte. Langsam öffnete er ihre Tür und stellte fest, dass das Licht schon ausgeschaltet war. Sie lag im Bett, ohne sich zu rühren. Nur ihr Atem ging völlig gleichmäßig. Glücklicherweise schlief sie tief und fest. Nun war der ideale Zeitpunkt für ihn gekommen.
Er kehrte ins Erdgeschoss zurück und steuerte die Haustür an. Sollte es tatsächlich so einfach sein? Sandro drückte die Klinke herunter, doch die Tür gab nicht nach. Shit! Abgesperrt! Er wollte sich bereits abwenden, um irgendwo ein Fenster zu öffnen, da entdeckte er den Schlüssel, der im Schloss steckte. Ein amüsiertes Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Schön blöd von ihr, aber ihm sollte es recht sein. Vorsichtig drehte er ihn herum, schlüpfte ins Freie und verschwand in der Dunkelheit. Der Schwarzhaarige wusste von seiner ersten Flucht noch, an wen er sich wenden musste, um in die Kolonie zurückzukommen.

 

Zur selben Zeit in einer anderen Villa von Orlando konnte der Liebesdiener Rick nicht einschlafen. Er hörte, wie die Hausherrin, bei der er das Wochenende verbrachte, mitten in der Nacht ihr Zimmer verließ. Behutsam öffnete er die Tür seines Gästezimmers um einen Spalt, weil ihn interessierte, wo sie hin wollte. Er wartete ab, bis Christine die Treppe hinunterging, bevor er ihr folgte. Barfuß lief er bis zum Treppenabsatz und spähte hinab. Die kleine, zierliche Frau verschwand unten gerade. So folgte er ihr zügig, durchquerte das Wohnzimmer und hielt dann an der Terrassentür Ausschau nach ihr. Er erkannte noch das schwarze wehende Haar zwischen den Bäumen des riesigen Gartens.
Was zum Teufel suchte sie hier draußen und warum tat sie so geheimnisvoll?
Er schlug denselben Weg wie sie ein und fand kurz darauf die Antwort. Ihr ältester Liebesdiener Steve wartete hinter den Büschen, so dass man die beiden vom Haus aus nicht sehen konnte. Rick blieb in Deckung und wartete ab.
Christine küsste den Älteren zur Begrüßung, umarmte ihn und dann setzten sie sich auf die Gartenbank, die unter einem der Bäume stand. Rick schlich näher heran, um ihr Gespräch zu verstehen. Bedächtig setzte er einen Fuß vor den anderen, um ja kein Geräusch zu erzeugen.
»Na, hast du dich ausgetobt mit diesem Neuen?«, fragte Steve.
Sie grinste. »Ja, klar. Aber er geht morgen wieder. Was meinst du? Soll ich ihn behalten? Ich tausche ihn gegen Tom. Mal sehen, ob Vivian darauf eingeht. Auf meiner Party neulich hat sie zumindest mit ihm rumgemacht.«
»Du bekommst einfach nicht genug. Hast du auch mal Zeit für mich?«, beschwerte sich der Ältere und begann ihren Schenkel zu streicheln.
Christine war nicht abgeneigt und hauchte: »Ja, jetzt.« Daraufhin sank sie küssend mit Steve ins Gras.
Rick verharrte in seinem Versteck, obwohl er eigentlich nicht zusehen wollte, denn diese Szenen machten ihn eifersüchtig. Warum traf sie sich heimlich mit Steve und warum fragte sie ihn wegen einem Diener um Erlaubnis? Schon komisch. Sie war doch die Herrin.
Nach dem Akt lag sich das Paar noch in den Armen und Christine ließ sich streicheln. »Gefalle ich dir eigentlich noch?«
Er erwiderte belustigt: »Du machst Witze. Natürlich! Ich frage mich eher, ob ich dir noch gefalle.«
Sie nickte. »Ich liebe dich! Ganz einfach. Dass du das hier alles so gut verkraftest. Die ganzen Liebhaber.«
Steve lächelte. »Das sind doch nur deine Befriediger. Ich bin schließlich dein Gefährte. Es gehört eben zu deinem jetzigen Leben dazu. Hier musst du die harte Frau mimen und die Fassade wahren. Ich akzeptiere es lieber, bevor wir auffliegen. Manchmal vermisse ich die Männergesellschaft. Aber jetzt leben wir im Reichtum und ich möchte es nicht mehr missen.«
Christine stimmte ihm zu. »Ich auch nicht. Direktorin des Breeding-Centers ist eben ein prestigeträchtiger Job. Die ganzen gesellschaftlichen Verpflichtungen. Bald muss ich wieder eine Party geben.«
Steve tätschelte ihren Po. »Du machst das schon.«
Rick fragte sich, woher die beiden stammten. Kamen sie etwa aus den Wäldern, wo die Rebellen lebten? Aber warum hatte Steve sich auf so etwas eingelassen?
Rufe eines Hausdieners rissen ihn aus den Gedanken. »Ma´am, wo sind Sie? Kommen Sie bitte!«
Das Paar sprang sofort auf, zog die Kleider zurecht und Christine ging dem Diener allein entgegen. Der schilderte ihr, dass ein Ausbrecher am Tor sei und sie folgte ihm sofort. Bald darauf verließ auch Steve den Treffpunkt und kehrte zum Haus zurück.
Was hatte das nur alles zu bedeuten?
Rick wagte sich schließlich aus seinem Versteck und die Neugier trieb ihn zum weißen Einfahrtstor. Von dort kam Christine gerade mit einem großen, schwarzhaarigen Mann zurück. Der Liebesdiener traute seinen Augen nicht, als die beiden näher kamen. Der Kerl war Sandro! Das war doch der neue Host von Alexandra. Jetzt dämmerte es ihm langsam, was Christine hier tat. Sie schleuste die flüchtigen Diener in die Freiheit und kam bestimmt selbst von dort. War Sandro die Flucht von Alexandra also gelungen? Na ja, dieser Mann aus den Wäldern vermisste eben seine Frau und die vier Kinder, die er zurücklassen musste, als ihn dort ein Fangtrupp erwischt hatte.
Auf dem Rückweg zur Villa achtete Rick darauf, nicht gesehen zu werden.
Als er die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg, passierten Christine und Sandro gerade das Foyer. Der Diener berichtete ihr, dass er von Vivians Haus aus geflohen sei.
Was? Der Kerl war bei Ricks Herrin gewesen? Hatte Alex Sandro etwa ausgeliehen gehabt? Das kränkte Rick jetzt. Aber nun gut. Vivian konnte ja tun, was sie wollte.
»Ich bringe dich schnell hier weg, bevor noch die Polizei auftaucht. Komm mit«, sagte Christine.
Ihre Schritte entfernten sich und eine Tür schlug zu.
Zurück im Zimmer blickte Rick zum Fenster hinaus auf den Hof. Dort fuhr kurze Zeit später Christines Limousine zum Tor. Wo brachte sie Sandro hin?
Leider musste er das alles für sich behalten. Zu groß war die Angst vor Christine, denn sie war sehr einflussreich und könnte ihm irgendwas anhängen. Aber vielleicht war ihm dieses Wissen mal von Nutzen.
Hatte Sandro Vivian etwas getan, um abhauen zu können? Er hoffte nicht.
Voller Sorge um seine Herrin legte er sich wieder ins Bett. Doch er war im Moment zu aufgewühlt, um zu schlafen.

Veränderung

 Alex war wirklich überrascht gewesen, dass Valentin so schnell nach seiner Rückkehr mit ihr schlafen wollte. Damit hatte sie gewiss nicht gerechnet und es hatte nicht so ausgesehen, als täte er das nur ihr zuliebe. Nach diesen ganzen traumatischen Erfahrungen bei dieser Sadistin hatte sie sich schon auf ein anderes Verhalten von ihm eingestellt. Doch spurlos war das alles nicht an ihm vorübergegangen. Er war wieder unsicherer und ängstlicher geworden und er wollte das Haus nicht verlassen. Mit ihr zusammen am ehesten, aber er mied Partys und auch sonst blieb er lieber zu Hause. Daher war sie neulich ohne seine Begleitung einer Einladung von Christine gefolgt. Diese hatte es zwar bedauert, dass er nicht mitgekommen war, aber konnte es nach dem ganzen Trubel um diesen Fall gut verstehen. Über die Medien hatte Alex erfahren, wie dreist diese Clubbesitzerin gewesen war. Sie hatte vor den Entführungen die Diener ausspioniert und Alex vermutete, dass es kein Zufall gewesen war, dass Valentin acht Wochen nach seiner Sterilisation entführt worden war. Er hatte ihr erst im Nachhinein von seinen Beobachtungen vor dem Haus erzählt. Dass er einen fremden Wagen gesehen hatte und dass ihm die Clubbesitzerin bekannt vorgekommen war. Alex glaubte, dass sie auch auf der Party dieser flüchtigen Bekannten gewesen und dort auf Valentin aufmerksam geworden war.

Alex hatte auf Christines Party noch eine weitere Betroffene kennengelernt. Eine Mrs. Thomson und ihren Liebesdiener Emil. Sie hatten sich über diese Geier von Journalisten ausgelassen, die sich auf alles stürzten, was sie bekommen konnten. Alex wollte unter anderem wissen, wie der andere das Ganze verkraftet hatte und erwähnte Valentins Scheu, auszugehen. Anscheinend hatte Emil, laut seiner Herrin, keine Probleme und auf Alex machte er auch einen zufriedenen Eindruck. Er war Valentin optisch sehr ähnlich mit den längeren Haaren, dem schmaleren Körperbau und den eher weiblichen Gesichtszügen. Auf jeden Fall attraktiv. Der Diener schien überrascht, als er Valentins Name hörte, doch mischte sich nicht ungefragt in die Unterhaltung ein. Daher fragte Alex ihn direkt, ob er Valentin kannte und Emil bestätigte dies. Zwar hatte sie diese Frau erst kennengelernt, aber lud sie trotzdem mal mit ihrem Diener zum Kaffee ein und gab ihr ihre Nummer. Vielleicht half es Valentin, mit einem Leidensgenossen zu sprechen, der besser mit den Erlebnissen klarkam. Alex dachte auch darüber nach ihren Liebling zu einer Psychologin zu bringen. Sie wusste zwar, dass so etwas nicht üblich war, aber sie wollte Valentin unbedingt helfen. Durch das Verfahren gegen die Clubbesitzerin entbrannten erneut Diskussionen über die Praxis, Hosts zu besitzen. Alex verstand diese Frauen, die deren Abschaffung forderten, überhaupt nicht. Das hieße ja, dass alle Männer, außer die zur Zucht, kastriert werden müssten. Dachten die denn gar nicht an die armen Jungs? Anders sah es bei denen aus, die mehr Rechte für Diener wollten. Bei Alex Recherche im Internet war sie auf ein Forum gestoßen, in dem es ebenfalls Frauen mit dieser Meinung gab.
Die junge Frau störte diese strikte Trennung von Liebes-und Hausdienern ja schon länger. Valentin durfte sich, im Gegensatz zu Joe und Jake, nicht allein draußen aufhalten, nur in bestimmten Hotels oder Einrichtungen. Auch das Krankenhaus war tabu für Liebesdiener. Diese ganzen Dinge störten Alex und vor allem, dass sie schief angeschaut wurde, wenn sie ihre Zuneigung für Valentin offen zeigte. Das war immer noch ein Tabu. Nicht kastrierte Männer wurden auf ihre biologische Funktion reduziert und sollten reine Lustspender sein, ohne eigene Persönlichkeit. Lustsklaven, die der Willkür ihrer Besitzerin ausgeliefert waren. Alex war sicher nicht die Einzige, die ihren Diener liebte und ihn wie einen Gefährten behandelte. Aber es war schwierig Gleichgesinnte zu finden, weil es totgeschwiegen wurde und niemand frei darüber sprach. Sie selbst war schon öfter angeeckt, wenn sie mit Valentin öffentlich Händchen gehalten, oder ihn geküsst hatte. In diesem Forum schien sie nun fündig geworden zu sein. In der Anonymität des Internets waren diese Frauen offener und äußerten ihre Meinung frei heraus. Viele wünschten sich dasselbe wie Alex. Dass sie als Paar mit ihrem Host leben konnten und dass die Gesellschaft diese Männer als Menschen betrachtete.
Daheim erzählte Alex ihrem Schützling von der Begegnung mit Emil und er freute sich sehr, etwas über den anderen zu erfahren.
»Ich bin froh, dass es ihm anscheinend gut geht. Als wir heimgefahren wurden, freute er sich gar nicht auf zu Hause. Das hat mich echt gewundert. Nach allem was wir bei der Mistress hatten erdulden müssen. Seine Herrin ist wohl streng und verleiht ihn im Freundeskreis.«
Alex stand gerade zusammen mit ihm im Bad vor dem großen Spiegel, wo er sich die Haare kämmte.
»Hm, auf der Party machte er einen entspannten Eindruck und sie hielten öfter Händchen. Also Emil wirkte überhaupt nicht eingeschüchtert oder geknickt. Mal sehen, ob sie mich anruft.«
»Hoffentlich. Ich würde Adam, äh Emil, gern wiedersehen. Er hat mir dort sehr geholfen.«
Alex fragte: »Ihr hattet dort andere Namen, nicht?! Wie wurdest du genannt?«
Valentin hielt eine hellblonde Strähne vom Kopf weg. »Angel. Wegen meiner Haare und den blauen Augen.« Dann dachte er kurz nach: »Vielleicht sollte ich sie färben und abschneiden lassen.«
»Was? Abschneiden? Deine schönen Haare.« Alex war geschockt.
Betrübt erwiderte er: »Sie sind einfach zu auffällig. Ich möchte halt nicht mehr so rausstechen.«
Es stimmte. Seine hellen Haare waren ein starker Blickfang. Daher konnte sie seinen Wunsch natürlich vollkommen verstehen und wenn er sich wieder hinaus traute, war das eventuell eine Möglichkeit.
»Hm, Färben wäre ok und ein wenig abschneiden. Das dürfte schon reichen. Ich möchte eigentlich nicht, dass du ganz kurze Haare hast.«
Er nickte erleichtert. »Danke. Ja, das reicht mir. Ich mag meine langen Haare ja. Deswegen erst einmal färben. Braun am besten, oder?!«
Sie begutachtete ihn im Spiegel und hielt einen Teil ihrer Haare an seine. »Ja, so denke ich auch. Gut, dann ruf ich nachher in meinem Salon an.«
Sie merkte, dass Valentin sichtlich erleichtert war. Bestimmt hatte er schon länger mit dem Gedanken gespielt und sich nicht getraut zu fragen. In der Hinsicht war er einfach zu schüchtern.


Zwei Tage später saßen sie beide in Alex‘ Stamm-Frisörsalon. Bei Valentins erstem Besuch hatte ihm die Chefin des Salons nur die Spitzen geschnitten.
»Und, was machen wir diesmal?«, fragte sie mit einem Seitenblick zu Alex.
Die antwortete: »Haare färben. Am ehesten Braun.«
Die flippige Frau mit dem blauen Pony zog eine seiner Strähnen in die Länge. »Im Ernst? Dieses schöne Blond willst du weghaben?«
Alex hob entschuldigend die Schultern. »Ja. Ihm ist es zu auffällig. Deswegen!«
Die Chefin sah Valentins Spiegelbild ungläubig an. »Echt, stimmt das?« Als er bejahte, fuhr sie fort: »Ich wäre froh, ich hätte so ne Farbe. Nun gut. Wenn ihr es so wollt, dann hole ich mal die Farbmuster.«
Damit brachte sie eine Farbpalette herbei und drückte sie Alex in die Hände. Nachdem sie ihr einige Vorschläge gemacht hatte, reichte diese das Brett an Valentin weiter. »Schau dir mal an, welches Braun dir gefallen würde.«
Er hätte nie gedacht, dass es so viele verschiedene Nuancen gab. Ratlos betrachtete er die verschiedenfarbigen Haarsträhnen auf der Palette. Die Chefin hob einige Male eine der Mustersträhnen an seine Haare und Alex begutachtete ebenfalls, was am ehesten passen könnte.
»Also ich finde, nicht zu dunkel. Zwischen Dunkelblond und Hellbraun. Was meinst du?«, fragte ihn Alex. Er verglich die Strähnen nachdenklich und entschied sich schließlich für ein Karamell. Das konnte er sich ganz gut an sich vorstellen und Alex schien auch zufrieden mit seiner Wahl, denn sie lächelte bestätigend. Ihre Friseurin fand die Farbe auch geeignet.
Solange, deren Hausdiener die Haare von Alex wusch, rührte die Chefin Valentins Farbe an und begann sie mit einem breiten Pinsel auf seine Haare zu streichen. Dabei seufzte sie und schielte zu Alex. »Ein Jammer um dein helles Blond. Aber wenn sie es so will ...«
Valentin sagte nichts dazu. Sie brauchte ja nicht zu wissen, dass es ausschließlich sein Wunsch war.
Nachdem die Farbe überall verteilt war, rümpfte Valentin wegen des stechenden Geruchs dieses Zeugs, die Nase. Der Hausdiener legte ihm noch einige Zeitschriften hin »Falls du was lesen willst.« Er bedankte sich bei dem kleinen Schwarzhaarigen und fing an durchzublättern. Zu Hause hatte Alex keine solchen Klatschzeitungen, deshalb war es für ihn mal interessant. Diäten, Fitness-und Gesundheitstipps. Dann Leserfragen, Kochrezepte und Berichte über die Prominenz. Nebenher lauschte er der Unterhaltung seiner Liebsten mit der Chefin, die gerade Alex´ Haare schnitt. Es ging um Urlaubsziele. Alex erzählte vom Beach-Club und dass sie gern mit ihm in eines dieser speziellen Hotels fahren oder fliegen wollte. Da wurde Valentin natürlich hellhörig. Fliegen! Das wäre toll, aber der Gedanke so lange sein sicheres Zuhause zu verlassen, ängstigte ihn wieder. Immerhin wäre er bei Alex und hoffte, dass die dunkleren Haare, ihn nicht mehr so auffällig machten.
»Ich habe mir die Westküste vorgestellt. Kalifornien, L.A. zum Beispiel«, sagte Alex.
»Klar, das ist sicher super! Hollywood und so. Die Strände sind dort ja auch schön«, pflichtete die Chefin ihr bei.
Wann hatte Alex überhaupt Urlaub, überlegte er. Bestimmt bald. Es war Hochsommer. Bisher hatte sie ihm gegenüber gar nichts verlauten lassen. Lag es daran, weil er ungern das Haus verließ? Daheim musste Valentin sie mal fragen.
Nach ungefähr einer halben Stunde war es dann so weit. Die Tönung wurde vom Hausdiener ausgewaschen, der für solche Nebentätigkeiten zuständig war. Außer Haarewaschen sorgte er noch mit Kaffee und anderen Getränken für das Wohl der Kundinnen und assistierte seiner Herrin.
Valentin war sehr auf das Ergebnis gespannt. Nun saß er wieder vor dem Spiegel und der Diener trocknete ihm die Haare ab. Dabei erschrak er zuerst ein wenig, weil seine nassen Haare so dunkel aussahen. Alex, die es sich inzwischen fertig frisiert, in einem der Sessel bequem gemacht hatte, kam nun interessiert näher. An ihrem skeptischen Blick konnte Valentin ablesen, dass sie nicht sonderlich einverstanden damit war. Deshalb rechnete er ihr das hoch an, dass sie ihm diesen Wunsch erfüllte.
»Hui, ganz schön dunkel«, bemerkte sie. Die Chefin begann Valentins Haare durchzukämmen. »Wenn sie trocken sind, dann wird es um einiges heller. Also ich denke, die Farbe kommt bei ihm gut raus.« Zu Valentin gewandt, fuhr sie fort: »Wow! Da stechen deine blauen Augen noch mehr raus. Dann schneide ich jetzt ein wenig deine Spitzen.«
Alex nickte. »Da bin ich echt gespannt.«
Für Valentin war es merkwürdig, sich mit den dunkleren Haaren zu betrachten, aber das wurde bestimmt schnell zur Gewohnheit. Seine Augen kamen wirklich intensiver zur Geltung und schienen noch mehr zu strahlen. Schlecht war der neue Look keinesfalls.
Alex war auch nicht mehr so abgeneigt. »Ungewohnt! Aber nicht schlecht. Muss ich zugeben«, äußerte sie sich ehrlich. Über ihre Meinung war Valentin sehr erleichtert. Nun konnten sie endlich nach Hause. Was wohl Joe und Jake, die beiden Hausdiener dazu sagen würden?
Im Auto legte Alex ihre Hand auf seinen Schenkel und fragte: »Willst du es gleich testen?«
Valentin umfasste grübelnd ihre Hand. »Hm, ich weiß nicht. Eigentlich möchte ich nach Hause.«
Sie nickte verstehend. »Okay, das war ja jetzt auch lang beim Frisör. Dann ein anderes Mal.«

Jake starrte Valentin ein wenig geschockt an. »Fuck! Wie siehst du jetzt aus?«
Der fasste sich in die Haare. »Na ja, ich finde es nicht schlecht. Mal was anderes.«
»War das Mrs. Taylors Idee?«, fragte der 17-jährige vorwurfsvoll. Valentin konnte ihn beruhigen. »Nein meine. Ich wollte nicht mehr so auffallen.“
„Ach so. Na dann.«
Joe war den gefärbten Haaren gegenüber schon aufgeschlossener eingestellt und fand es passend. »Lass dir den neuen Look von Jake nicht vermiesen. Der versteht von dem sowieso nichts«, meinte er lachend.
Der Jüngste verzog nur genervt das Gesicht und boxte Joe gegen den Oberarm. »Arsch!«
Das brachte den Älteren nur noch mehr zum Lachen. »Autsch! Unser Küken verträgt die Wahrheit nicht.« Jake grummelte was vor sich hin und verzog sich.
»Mann, hängt der heute wieder die Diva raus«, kicherte Joe.
Valentin hob ratlos die Schultern und sah seinem Kumpel nach. »Scheint so.«
Die beiden Hausdiener foppten sich öfter, was Valentin immer aufheiterte. In ihrer Gegenwart fühlte er sich so unbeschwert. Da konnte er auch albern sein. Mit Alex waren es eher Neckereien, vermischt mit Liebkosungen, doch bei ihr war seine Hemmschwelle größer. Zwischen ihnen herrschte zwar ein lockeres Verhältnis, aber Valentin hatte immer noch den nötigen Respekt.
Alex´ Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Hey, Babe! Weißt du, wer vorher angerufen hat?«
Er drehte sich zu ihr um. »Nein, wer denn?!«
Sie lehnte sich an die Theke. »Sharon. Also Mrs. Thomson. Wir sollen zu ihr kommen. Morgen!«
»Cool!«, rief Valentin freudig aus. »Ich bin so neugierig, wie es Adam geht. Ähm, Emil. Ich nenne ihn eben noch, wie ich es gewohnt bin.«
Alex grinste. »Klar, es ist nur verwirrend. Du hast erzählt, dass sie ein großes Anwesen hat.«
»Na ja, nicht so groß wie das von Christine. Aber es geht schon in die Richtung. Das was ich davon im Dunkeln sehen konnte.«
Sie sah an sich hinunter. »Was zieh ich bloß an? Das guck ich nachher, du könntest deine helle Hose und das weinrote T-Shirt anziehen.«
Valentin nickte. »Okay, mach ich.«
»Dann passt es ja perfekt, dass wir beide frisch von der Friseurin kommen«,fügte sie schmunzelnd hinzu.


Bereits am Samstagmorgen machte sich in Valentin Nervosität breit. Er würde Adam endlich wiedersehen. Vor dessen Herrin hatte er allerdings Bammel, aber Alex war ja bei ihm. Da konnte ihm nichts passieren. Auch war er froh, dass sie nur zu viert sein würden. Eine Partygesellschaft würde ihn ängstigen.
Alex und er genehmigten sich heute ein spätes Frühstück und turtelten noch lange im Bett herum, bevor sie beide mit ihrer Morgentoilette begannen. Seine Liebste bestand darauf, dass er sein Komplettprogramm abspulte. Das hieß neben duschen und Haare waschen auch die Beine rasieren. Seit er bei ihr lebte, durfte er das Rasieren ein wenig vernachlässigen. Bei seinen hellen Körperhaaren fiel es kaum auf. Nur im Gesicht war es weiterhin Pflicht. Da wollte Alex sich nicht an seinen Stoppeln kratzen.
Sie tat es ihm gleich und fuhr beim Duschen ebenfalls mit dem Nassrasierer über ihre Beine. Der Anblick ihrer mit Wasser benetzten Kurven weckte wieder ganz andere Gedanken in ihm und erinnerte ihn an das Liebesspiel von vorhin. Sein Kleiner hatte anscheinend auch noch nicht genug, so wie er sich regte. Aber er ahnte, dass Alex jetzt dazu keine Lust haben würde und ignorierte seine aufkeimende Erregung.
Alex zog, passend zu seiner hellen Leinenhose, ein sandfarbenes, knielanges Kleid an. Das stand ihr super zu ihren braunen Haaren und ihrer gebräunten Haut. Valentin beneidete sie immer um ihre Bräune und es frustrierte ihn, dass seine Haut nie so sein würde. Inzwischen hatte er sich an seinen neuen Look gewöhnt. Sein Spiegelbild erschien ihm nicht mehr so fremd.
Schließlich fuhren sie los.
Valentin wusste, dass die Fahrt in dieser einen Nacht, als die Polizei ihn und die anderen Diener aus dem Nachtclub befreit hatten, nicht lang gewesen war. Auch an das dunkle Tor erinnerte er sich noch gut, welches jetzt zurückwich. Alex brauste die schmale Straße zur Villa entlang, die bei Tag auf ihn um einiges imposanter wirkte. Seine Aufregung stieg, als er Adam und Mrs. Thomson auf der Treppe stehen sah.
Kaum war er aus dem klimatisierten Auto ausgestiegen, schlug ihm die schwüle Hitze entgegen. Es herrschten gefühlte 40°. Da war die luftige Hose, im Gegensatz zu einer Jeans, sehr angenehm. Zum Glück spendeten einige hohe Bäume um das Haus ein wenig Schatten. Alex ergriff seine Hand und so gingen sie in Richtung Treppe auf ihre Gastgeberin zu.

Bei den Thomsons

 

Valentin amüsierte es, als er Adams erstaunten Blick aufgrund seiner getönten Haare bemerkte.
Mrs. Thomson flötete: »Hallo, Alexandra! Willkommen«, und streckte Alex die Hand entgegen.
»Hallo, Sharon! Danke für die Einladung. Ganz schön heiß heute.«
Die Hausherrin verdrehte die Augen. »O ja, schrecklich.«
Dann wies Alex neben sich. »Das ist Valentin.«
Mit einem schüchternen Lächeln gab er der attraktiven Gastgeberin die Hand. »Hallo, Ma’am. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
Diese musterte ihn wohlwollend. »Du bist also Valentin. Emil hat schon einiges über dich erzählt.«
Valentin sah kurz zu seinem Ex-Kollegen, der gerade Alex begrüßte, bevor er Emil ebenfalls die Hand gab. »Hi. Ich freu mich, dich zu sehen.«
»Hi, ich mich auch. Du siehst so verändert aus. Aber gut! Steht dir!«
»Danke«, erwiderte Valentin verlegen.
Sharon bat ihre Gäste, ihr ins Haus zu folgen, und Valentin musste diese Frau einfach betrachten, wie sie mit eleganten Bewegungen voranging. Ihr beiges Kleid schmiegte sich an ihre äußerst ansehnliche Silhouette, die dunkelblonden Haare ergossen sich in weichen Wellen über ihre Schultern bis zur Mitte des Rückens und sie trug viel Schmuck. Große Ohrringe, Fingerringe und an jedem Handgelenk klimperte ein Armkettchen. Sie führte ihn und Alex durch ein weiß eingerichtetes Wohnzimmer auf die schattige Terrasse hinaus. Diese war von einem Dach überspannt, an dessen Gebälk einige Ventilatoren liefen. »Setzt euch.«
Valentin ließ sich mit Alex auf den hellen Loungemöbeln nieder. Danach wandte sich die Gastgeberin an Emil. »Hol doch gleich den Eistee und das Gebäck.« Woraufhin ihr Diener nur nickte und verschwand.
Valentin betrachtete den Garten mit einigen ausladenden Bäumen darin und erkannte im Hintergrund einen See. Viele Grundstücke in Orlando grenzten ans Wasser. Ein paar Schritte von der Terrasse entfernt, lag ein Pool mit einer unregelmäßigen Form.
»Großartig hast du es hier«, meinte Alex zu Sharon. »So einen großen Garten. Sehr schön!«
Inzwischen trug Emil ein Tablett mit vier Eisteegläsern und einer Platte Cupcakes herbei und stellte es auf dem niederen Tisch ab. Er verteilte die Gläser und setzte sich dann neben Sharon, die ihre schlanke Hand auf seinen Schenkel legte. Valentin wäre in diesem Moment gern an Emils Stelle, doch er schämte sich sofort für den Gedanken.
»Greift ruhig zu«, ermunterte Sharon ihre Gäste und Alex nahm sich gleich einen Cupcake vom Tablett. Emil tauschte erst kurz Blicke mit seiner Herrin aus, bevor er sich ein Stück nahm. Valentin musste bei Alex nie um Erlaubnis fragen. Er durfte sich immer etwas zu essen oder zu trinken holen. Warum waren die attraktivsten Frauen oft so streng? Er dachte dabei an Christine und diese Ellen aus dem Beach-Club. Vielleicht war Sharon im Bett ähnlich wie die Mistress und deshalb war es für Emil dort nicht so schrecklich gewesen. Sein Kollege machte einen richtig gesunden Eindruck. Er trug eine helle Hose und ein weißes Halbarmhemd, seine Haare glänzten, er wirkte frischer, gepflegter und entspannter. Die Augenringe waren verschwunden. Wie seine Herrin trug er Schmuck. Eine feine Halskette und an beiden Händen jeweils einen Ring am Finger.
Valentin nahm einen kräftigen Schluck von dem Eistee. Er schmeckte sehr lecker und durch die vielen Eiswürfel im Glas war er erfrischend kalt.
Immer wieder blieben seine Augen an den schlanken braunen Beinen von Sharon hängen. Den Blick höher wandern zu lassen, traute er sich nicht. Bestimmt würde sie es ihm übel nehmen.
»Den Tee und die Cupcakes hat meine Haushälterin gemacht«, erklärte die Gastgeberin, als Alex die kleinen Köstlichkeiten lobte. »Ich bin wirklich froh, Salma zu haben. Sie kümmert sich auch sonst um den Haushalt. Außer Emil habe ich keine Diener. Sie floh aus Mexiko und fand hier Zuflucht. Schlimm, was die Frauen dort erdulden müssen. Erst kürzlich hat sie die Green Card erhalten. Wenn ich solche Schicksale höre, danke ich der Gottesmutter, dass ich hier geboren wurde.«
Alex pflichtete ihr bei: »Ja, so geht es mir auch, wenn ich in den Nachrichten sehe, wie es sonst in der Welt zugeht. Ich glaube, in Skandinavien ist es noch am besten. Zumindest, was man so darüber hört. Da scheint das Zusammenleben ganz gut zu klappen.«
Sharon schien diese Meinung nicht zu teilen, so wie sie die Mundwinkel skeptisch verzog. »Besser, mag sein. Aber ich denke, das gleichberechtigte Zusammenleben funktioniert nicht. Das liegt nicht an den Frauen, sondern an den Männern mit ihren Trieben. Glaub mir, die kann man mit unseren Jungs hier nicht vergleichen. In vielen Teilen der Welt verhalten sie sich wie Tiere. Schlimm! Das ist für mich unbegreiflich. Vor allem, wie sie über Kinder herfallen können und oft sogar über die eigenen. Das ist krank. Daran sieht man, wie triebgesteuert sie in Wahrheit sind.« Sie zügelte ihre aufgebrachte Stimmlage wieder. »Entschuldige, aber dieses Thema bringt mich jedes Mal in Rage. Vielleicht auch durch das, was mir Salma alles erzählt hat. Sie floh vor ihrem gewalttätigen Mann und vor dieser ganzen patriarchalischen Gesellschaft.«
Alex winkte ab. »Das macht nichts. Ich finde diese Zustände ja auch schlimm, aber wegen mir könnten unsere Gefährten hier mehr anerkannt werden. Gerade nach der ganzen Sache mit dem Club wurden wir von manchen als notgeile Schlampen abgestempelt. Nur weil wir nicht auf Frauen stehen. Das fand ich total ungerecht. Ich habe oft das Gefühl, mich für Valentin rechtfertigen zu müssen. Gerade vor denen, die selbst keine Diener haben oder sich nicht für Männer interessieren.«
Sharon rieb über Emils Schenkel und sagte zu ihm: »Du kannst Valentin ja dein Zimmer zeigen.«
Valentin war froh, dass er endlich mit Emil allein sein konnte, und Politik interessierte ihn sowieso nicht.

Die beiden Diener stiegen die Treppen in den zweiten Stock hinauf. Auf dem Weg dorthin betrachtete Valentin die edle Einrichtung. Für ihn war unverkennbar, dass Sharon viel mehr Geld als Alex haben musste. Schon allein wegen dieses dreistöckigen Gebäudes und des großen Grundstücks am Wasser.
»Jetzt sag, wie geht’s dir?« Emil war ohne seine Herrin gleich viel lockerer.
»Wieder super. Ich war so erleichtert, dass der Alptraum vorbei war.«
Emil öffnete seine Zimmertür. »Hier, komm rein.«
Sie betraten ein riesiges Zimmer im gleichen Stil wie die übrige Einrichtung des Hauses. Emil zeigte auf Valentins nackten Arm. »Hat es lange gedauert?«
Der Angesprochene sah sich um. »Ja, schon. Vor allem die Prellungen an den Beinen. Alex wollte so nicht mit mir raus, damit man nicht denkt, sie hätte mich misshandelt. Aber das war mir gerade recht, denn ich traue mich ohne sie nicht mehr so aus dem Haus. Deshalb auch die getönten Haare. Ich will nicht auffallen.«
Emil setzte sich auf seine beige Couch. »Ach so. Und, hilft’s? Als du bei der Party nicht dabei warst, habe ich mir echt Sorgen gemacht. Deine Herrin hatte erzählt, dass du ungern rausgehst.«
Valentin nahm ebenfalls Platz. »Hm, ich weiß noch nicht, ob die Farbe was bringt. Sie sind erst seit gestern so. Ich hoffe es aber. Und wie war es bei dir nach der Heimkehr?«
Emil lehnte sich zurück und lächelte. »Gut. Sie hat mich wohl tatsächlich vermisst. Seither ist sie netter.«
»Sie ist eine sehr schöne Frau. Wie ist sie denn sonst so? Ich meine, dir schien das bei der Mistress gar nicht viel ausgemacht zu haben.«
Emil zuckte die Achseln. »Doch. Aber ich konnte es ja nicht ändern und wollte keine Schläge kassieren. Nach einiger Zeit hatte ich mich einfach daran gewöhnt und war schon froh, als ich bei den anderen Jungs bleiben durfte und nicht mehr bei der Mistress neben dem Bett nächtigen musste.«
»Hier hast du ja echt ein riesiges Zimmer. Da passt meins zweimal rein, aber ich schlafe normalerweise bei Alex.«
Der andere lachte. »Ja, es ist groß. Seit ich wieder zu Hause bin, will Sharon mich jetzt öfter bei sich haben. Vorher war ich nur drüben, wenn sie meine Dienste wollte, und danach blieb ich immer zum Schlafen dort. Nun muss nicht unbedingt was laufen.«
Valentin schmunzelte. »Bei Alex und mir läuft meistens was. Ich bekomme kaum genug von ihr. Sie will allerdings nicht mehr so oft wie am Anfang. Blöd ist es, wenn sie ihre Tage hat. Dann ist fünf Tage oder länger nicht viel drin.«
Emil lachte herzhaft. »Dass du so drauf bist, hätte ich nicht gedacht. Im Club warst du immer so verschlossen.«
Valentin zog eine Schnute. »Das war ja auch nicht Alex. Bei fremden Frauen bin ich eben anders.«
»Hey, das war nicht negativ gemeint. Hätte ich eben nicht erwartet. Ihr scheint ein inniges Verhältnis zu haben.«
Valentin lächelte stolz. »Ja, das haben wir. Ich bin mehr für sie als nur ein Diener und ich verdanke ihr sehr viel.«
Dann erhob sich Emil. »Komm, ich führ dich noch ein wenig rum.«
Valentin folgte ihm. »Klar, gern. Hier würde es mir auch gefallen.«
Emil zeigte ihm das Badezimmer mit einem Whirlpool darin und einige andere Räume. Valentin war sprachlos über diesen Luxus überall. Auch die Küche war riesig, mit einer Theke und einer Kochinsel in der Mitte. Da hantierte gerade eine kleine schwarzhaarige Frau mit dunkler Haut.
»Das ist Salma«, stellte Emil vor.
Die drehte sich jetzt um und grüßte Valentin erfreut: »Buen dìa, señor. Wie geht’s?«
»Gut, danke.«
Emil erklärte: »Salma spricht noch nicht so gut Englisch und ich glaube, für sie ist es merkwürdig, dass ich nur ein Diener bin.«
Valentin sinnierte: »Wie es wohl ist in solch einem Land? Ich meine für uns.«
Der andere zuckte mit den Schultern und kehrte mit ihm auf die Terrasse zurück. »Wir könnten leben, wie wir wollen, und uns selbst eine Partnerin aussuchen.«
Ein breites Grinsen zog sich über Valentins feine Züge. »Dann hätte ich Alex ausgesucht. Von dem her passt es perfekt für mich.«
Wieder einmal wurde ihm klar, welch großes Glück er hatte. Trotz der ganzen Widrigkeiten in seinem Leben. Er hatte für sich die perfekte Herrin gefunden, die inzwischen mehr eine Partnerin war.
Sie fanden die Sitzgruppe verlassen vor. Emil vermutete, dass Sharon ihrem Gast ebenfalls das Haus zeigte. »Gehen wir mal zum Wasser runter.«
Valentin betrachtete im Vorbeigehen sehnsüchtig den Pool, in den er bei der Hitze am liebsten hüpfen würde.
Am schattigen Seeufer trafen sie auf die beiden Damen, die es sich auf einer weißen Holzbank unter einem ausladenden Baum bequem gemacht hatten.
»Na, habt ihr euch umgesehen?«, fragte Sharon.
Emil blieb am Ufer stehen und nickte ihr zu. »Ja, Valentin gefällt es hier.«
»Es ist wirklich beeindruckend«, pflichtete der dem anderen bei.
Sharon schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Schön. Vielleicht darfst du ja mal hier übernachten.« Dabei warf sie Alex einen Seitenblick zu.
Die druckste herum. »Ähm, also, das möchte ich nicht. Valentin hat das Ganze noch nicht verkraftet. Das ist nichts gegen dich.«
Sharon lachte kurz auf. »Aber nein, so war das gar nicht gemeint. Als Gesellschaft für Emil. Er würde bei ihm schlafen.«
Alex sah skeptisch zu Valentin rüber. »Ach so. Mal sehen.«
Da ergriff er gleich die Gelegenheit. »Also, ich würde gern hierbleiben. Falls ich darf.«
Ihr besorgter Blick wurde freundlicher. »Okay, wenn du schon bereit dazu bist.« Dann wandte sie sich Sharon zu und er konnte kaum verstehen, was sie zu ihr sagte. Irgendetwas mit Kontakt zu Emil. Jedenfalls schien die Hausherrin doch ganz nett zu sein und sie faszinierte ihn.
Schließlich war es beschlossene Sache und Valentin durfte bis morgen hierbleiben. Das freute ihn sehr. Zum einen, damit er sich mehr mit Emil unterhalten konnte, und zum anderen, dass er Sharon länger zu Gesicht bekam. Für ihn war es neu, dass eine Frau außer Alex solch eine Wirkung auf ihn hatte. Vor allem, weil er anfangs ein wenig Angst vor dem Zusammentreffen mit ihr gehabt hatte. Er fragte sich, was sie von ihm hielt. Vom Optischen her war er Emil immerhin ähnlich.

Nachdem er sich küssend von Alex verabschiedet hatte, folgte er Emil in dessen Zimmer.
»Können wir in den Pool? Ich hab bloß keine Badehose.«
Emil sah auf die Uhr. »Da muss ich erst fragen. In einer Stunde gibt es Dinner. Vielleicht können wir nach dem Essen noch rein.« Er öffnete einen kleinen Kühlschrank, der von außen wie die Tür eines Schränkchens aussah. »Magst du was trinken?«
Valentin begutachtete die Getränkeflaschen. »Ja, gern. Eine Cola, bitte!«
Emil nahm sich ebenfalls eine Flasche. »Okay. Ich muss dir noch ein paar Regeln erklären. Bleib am besten immer in meiner Nähe. Sharon mag es nicht, wenn Gäste überall herumspazieren. Wenn du Durst hast, kannst du hier was rausnehmen und Essen gibt es zu den festen Zeiten. Das macht alles Salma. Nur meine Toilette benutzen. Das Gäste-WC ist nicht für uns. Ansonsten Sharon nicht ungefragt ansprechen.«
War sie also doch ähnlich wie die Mistress? Das enttäuschte Valentin jetzt, aber er war ja wegen Emil hier.

Beim Dinner saß Valentin neben seinem Kollegen am großen Esstisch und aß gefüllte Enchiladas, die Salma ihm serviert hatte. Sharon erzählte, dass sie das mexikanische Essen ihrer Haushälterin sehr mochte.
»Es schmeckt lecker! Ich mag mexikanisch«, kommentierte Valentin. »Manchmal koche ich auch selbst.«
Die Hausherrin entgegnete erstaunt: »Ach, wirklich? Ihr habt doch zwei Hausdiener, soweit ich weiß.«
»Ja, das stimmt. Joe hat mir ein paar Sachen gezeigt. Er kann gut kochen.«
Sie legte ihre Hand auf Emils Arm. »Das musst du nicht.«
»Nein«, sagte ihr Diener.
Valentin fuhr fort: »Ich mache das gern. Und Alex schmeckt es auch.«
»Wie lange bist du denn bei ihr?«, wollte Sharon wissen.
»Seit April«, antwortete er.
»Also vier Monate. Das ist ja noch nicht lang«, stellte sie fest. »Emil gehört seit einem Jahr zu mir und ich bin wirklich froh, dass er wieder da ist. Zum Glück ist diese schreckliche Person jetzt hinter Schloss und Riegel und kann niemandem mehr die Diener stehlen.« Dabei streichelte sie kurz über dessen Arm und Emil erwiderte ihr Lächeln.
Gegen Ende des Essens fragte dieser schließlich, ob sie noch in den Pool durften. Valentin bemerkte, dass es seinen Kollegen Überwindung kostete, und wunderte sich, weil Sharon ganz normal reagierte. Emil stutzte ein wenig. Hatte er nicht mit ihrer Erlaubnis gerechnet? Vielleicht war es sonst nicht üblich, abends noch baden zu gehen. Machte sie wegen Valentin eine Ausnahme?
Die Badeshorts von Emil passten ihm sehr gut. Sie hatten ja dieselbe Statur, nur war Emil ein Stück größer.
Das beleuchtete Becken sah so einladend aus, dass Valentin gleich über die römische Treppe hineinstieg. Das Wasser war durch die Hitze tagsüber aufgeheizt, aber er genoss es trotzdem, darin herumzuschwimmen.
Plötzlich registrierte Valentin, dass Sharon im Bikini neben dem Becken stand. Er musste einfach hinsehen, wie ihre sexy Formen vom bläulichen Licht des Pools angestrahlt wurden. Dieser Anblick nahm ihn so gefangen, dass er zu spät bemerkte, wie er sie anstarrte. Doch sie ließ sich nichts anmerken und glitt geschmeidig ins Wasser.
Nun konnte er Rick ein wenig verstehen, der immer so heiß auf Christine war. Bei Sharon erging es ihm anscheinend ähnlich.
Beschämt wandte er sich ab und schwamm weiter. Emil neben ihm zog leicht die Augenbrauen nach oben und schüttelte kaum merklich den Kopf. Valentin spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Im Wasser sah er Sharon nur noch bis zu den Schultern, worüber er im Augenblick ganz froh war. Sonst kam er wieder in Versuchung zu glotzen. Bei dem großen Pool kamen sie sich eh nicht in die Quere.
Die Hausherrin stieg nach einer Runde wie eine Nixe über die Treppe aus dem Becken. Valentin betrachtete verstohlen ihre Rückseite. Die schmale Taille, der knackige Hintern und die langen Beine. Jetzt drehte sie sich um und er schaute schnell in eine andere Richtung. Da hörte er sie bereits rufen: »Valentin, komm mal!« O je, bekam er Schelte, weil er sie begafft hatte?
Mit einem unguten Gefühl schwamm er zu ihr. Dort stand sie in ihrer ganzen Pracht und wies gebieterisch auf das Badetuch auf einer der Liegen. »Bring mir das Handtuch!«
»Ja, Ma’am.« Valentin befolgte ihren Wunsch und reichte ihr das Tuch.
Anstatt es zu nehmen, lächelte sie. »Hilf mir beim Abtrocknen.«
Daraufhin legte er es um ihre Schultern und begann, sie zaghaft abzurubbeln.
»Ruhig ein wenig fester. Mit deinen Augen bist du nicht so schüchtern.«
Sofort lief Valentin knallrot an und hüstelte. »Verzeihung, Ma’am! Ich wollte nicht respektlos sein.«
»Hm, soso«, schnurrte sie. »Ich gefalle dir also.«
Valentin sah keinen Sinn darin, es noch zu leugnen. Mit belegter Stimme entgegnete er: »Ja, Ma’am«, und rechnete mit einer Rüge.
Aber Sharon legte lächelnd den Kopf schief, fuhr langsam mit ihren Fingern von seiner Brust zum Bauch. »Du bist wirklich ein netter Anblick.« Sie malte weite Kreise um den Bauchnabel und zog schließlich am Gummibund seiner Shorts. »Dann lass mal sehen, was du anzubieten hast.«
Ihre vorigen Berührungen waren bereits angenehm gewesen. Als sich ihre Hand jetzt in seine Hose schob und ihre Finger seinen Schaft entlangstrichen, wurde er sofort hart. Valentin entkam ein lautes Seufzen, als sie die Härte umfasste und gemächlich daran entlang rieb.
»Schhh!«, ermahnte sie den Diener, massierte dabei seine Eichel zwischen den Fingern, sodass Valentin die Lippen zusammenkneifen musste, um nicht zu stöhnen. Nur ein Wimmern entwich ihm, als sein Glied noch praller wurde und zu pochen begann. Sharons schlanke Finger waren ungewöhnlich geschickt, ihr Daumen glitt einige Male über seine Spitze und es fiel ihm überaus schwer, keinen Laut von sich zu geben. Angestrengt atmend schloss er die Augen.
»Schön stillhalten. Du machst das gut«, flüsterte sie an sein Ohr. Ihr Tun jagte heiße Schauer durch seinen Unterleib und es spannte schnell unerträglich in den Lenden. Valentin hielt die Lider weiterhin geschlossen, seine Männlichkeit zuckte bereits, da hörte sie plötzlich auf. So kurz davor.
Schlagartig öffnete er japsend die Augen. Sharons Hand nahm denselben Weg wie vorhin, aber nach oben, bis zu seinem Mund. Der Daumen, der gerade noch an der Spitze gewesen war, strich jetzt über seine Unterlippe. Flehend sah er sie an, hätte sie am liebsten angebettelt, ihn zu erlösen. Da kam ihr Gesicht seinem gefährlich nahe. Wollte sie ihn küssen? Valentin wartete, immer noch abgehackt atmend, ab. Nur wenige Zentimeter vor ihm stoppte sie und hauchte verheißungsvoll: »Wir machen später weiter.« Dann ließ sie ihn einfach stehen und verschwand im Haus.
Ein schadenfrohes Lachen riss ihn aus seiner Benommenheit.
»Fang nicht zu sabbern an!«, amüsierte sich Emil, der sich einige Meter entfernt am Beckenrand abstützte. Valentin fragte sich, ob er die ganze Zeit zugesehen hatte. O je, wie peinlich!
»Sie kann das gut, nicht wahr?!«, stellte Emil fest.
Valentin seufzte. »Hält sie dich auch so hin?«
»Manchmal. Mir gefällt es. Und wenn sie mich dann kommen lässt, ist es wie ne Explosion. Geil!«
Vielleicht kam er später auch noch in den Genuss so eines Höhepunktes, denn da unten hatte es sich wenig beruhigt.

Impressum

Texte: Zenobia Volcatio
Cover: Jasmin Whiscy
Lektorat: Pia Euteneuer
Tag der Veröffentlichung: 21.11.2019

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /