Cover

Prolog

Sie stand am Abgrund und sah hinab. Unten fuhren die Autos wie kleine Spielzeugminiaturen auf der Straße, bogen über Querstraßen ab und hielten an Ampeln und Zebrastreifen an. Es sah aus, als würde dort unten eine andere Welt sein, die sich dreht und in der die Zeit vergeht. Hier oben auf dem Dach jedoch stand die Zeit still, es drehte sich nichts und nur der Moment war von Bedeutung. Nichts konnte Leonie den Moment nehmen. Sie hatte sich entschieden. Sie hatte gespielt und nun war das Spiel zu Ende. Ihre letzte Quest, der Endboss, nur ein Schritt trennte sie von den Credits des Spiels. Nur ein Schritt trennte sie davon, zu gewinnen, es demjenigen zu beweisen, der ihre Quests stellte.

Sie atmete schwer.

Ihr Herz zog sich zusammen und schien zu krampfen.

Sie trat einen Schritt vor.

Kippte.

Fiel.

Flog.

Der Tag vor dem Spiel

Aya saß in sich zusammengesunken auf dem Bett und starrte in die Leere. Sie war in Gedanken versunken und dachte darüber nach, ob sie etwas dafür konnte, ob sie in irgendeiner Weise schuld war, oder ob sie vielleicht der Auslöser gewesen war. Merlin saß neben ihr, hatte ein Bein angewinkelt und den Arm um sie gelegt. Tröstend streichelte er ihr über den Rücken, wie automatisch bewegte sich seine Hand auf und ab und strich über das Shirt, in der Hoffnung, der Freundin irgendwie zu helfen. Er war sich unsicher, ob es ein gutes oder doch vielleicht eher ein schlechtes Zeichen war, dass Aya nicht weinte. Sie weinte oft, war ein sehr sensibler Mensch, aber nun weinte sie nicht. Sie saß einfach nur da und starrte blicklos auf das Handy, auf dem sie das Profilbild ihrer Freundin anzeigen ließ. Ihrer Freundin, die sie immer 'Sis' oder 'Schwesterchen' nannte. Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange und lehnte seine Stirn dann gegen Ayas Schulter. Gerade wollte er ansetzen etwas zu sagen, als sie den Mund aufmachte und fragte: „Glaubst du, ich bin schuld?“

Merlin drehte den Kopf, bis er ebenfalls auf den Handybildschirm sehen konnte, dann sagte er mit fester Stimme: „Nein, niemand ist schuld. Nur sie allein.“

„Meinst du?“, fragte Aya.

Merlin zuckte mit den Schultern und nahm den Arm der sie streichelte, herunter, um ihn um ihre Hüfte zu legen. „Ich denke, sie war zu dumm um sich Hilfe zu suchen, hat sich vor allem und jedem verschlossen und vermutlich wollte sie sich auch gar nicht helfen lassen. Ich denke auch, niemand hätte sie aufhalten können. Nicht einmal du als ihre Schwester.“ Seine Worte waren bitter, doch Aya wusste, dass er schon immer eine drastische Ansicht hatte, was ihre Schwester anging. Er wollte gerne helfen, ebenso wie sie selber, aber sie ließ es einfach nicht zu und man bekam mit der Zeit das Gefühl, sie wollte es auch nicht zulassen.

Aya drehte den Kopf, und nuschelte in seine Haare: „Sie hat mich immer wieder gebeten mit ihr zu schreiben, sie hat sich vernachlässigt und alleingelassen gefühlt, weil ich nur Abends mit ihr geschrieben habe… ich…“ Sie schluckte und blinzelte nun doch aufkommende Tränen weg: „Ich fühle mich schuldig.“ Merlin setzte sich auf und nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. Rau legten sie sich auf ihre Wangen und zwangen sie, ihm ins Gesicht zu sehen: „Schatz! Du bist nicht schuld.“ Seine Augen suchten

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Die Geschichte ist an die aus Russland stammende 'Blue Whale Challenge' angelehnt.
Bildmaterialien: Jakob Terlau
Tag der Veröffentlichung: 29.06.2017
ISBN: 978-3-7438-5610-3

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Geschichte meiner besten Freundin, damit sie nie vergisst, wie wichtig sie mir ist. :) Meinem Freund, in der Hoffnung, dass ich ihn noch lange haben werde. Und allen anderen Personen, die im Buch vorkommen, die in der Realität ihren Ursprung haben. Ihr seid mir alle ans Herz gewachsen und deshalb habt ihr eine Rolle bekommen.

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