Vision
Wie ein Magnet zogen die ersten Sonnenstrahlen Rebecca aus ihrer kalten Wohnung.
Sie wollte, nein sie musste in den Wald joggen, um den Winter aus ihren Gliedern
und aus ihrem Gemüt zu vertreiben.
Die ehrgeizige und hübsche Studentin hatte sich wochenlang hinter ihren BWL-Büchern
versteckt und fast schon vergessen, dass es Freunde, Parties und Sonne gibt. Mit ihren 21
Jahren wollte sie ihr Studium unbedingt mit Auszeichnung abschließen und deshalb
arbeitete sie hart daran. Doch jetzt gab es kein Halten mehr. Nur noch die Laufschuhe binden,
die Treppe herunter, und hinaus ins Freie.
Die Route die sie laufen wollte, kannte sie schon ganz genau. Zuerst zu ihren Eltern, die etwa zwei km entfernt wohnten, danach eine Waldstrecke, um dann mit einer kleinen Abkürzung wieder nach Hause zu gelangen.
Die Sonne schien warm auf ihr Gesicht und sie war sich sicher, dass Joggen die richtige Entscheidung für sie war.
Gut gelaunt zog sie während des Laufens, ihr Handy aus der Hosentasche und tippte die
Telefonnummer ihrer Eltern ein.
"Mama?"
"Hallo Rebecca, schön von dir zu hören, Kleines."
"Ich bin auf dem Weg zu euch, und wollte nur schnell hören, ob ihr auch zu Hause seit."
"Oh das ist ja eine tolle Idee von dir, Papa wird sich auch sehr freuen dich zu sehen. Ich setze gleich Kaffee auf, dann können wir gemütlich Kaffee trinken."
"Ich freue mich, in etwa in fünfzehn Minuten bin ich bei euch...bis gleich."
Rebecca schickte noch schnell einen Kuß durch das Handy und schob es dann wieder in ihre Hosentasche. Beim Laufen merkte Rebecca, wie gut es ihr tat, den kühlen Sauerstoff in ihren Lungen zu spüren, und jetzt schon, konnte sie den Kaffee riechen, den ihre Mutter gleich auf den Tisch stellen würde. Noch wenige Meter, dann hatte sie es geschafft.
Überall zeigte der Frühling seine ersten Anzeichen. An den Bäumen sah man schon kleine Blütenknospen und am Wegrand blühten die ersten Krokusse. Rebecca fühlte sich wie neu geboren, und freute sich schon ihre Eltern zu sehen. Als sie in die Einfahrt ihrer Eltern einbog stand bereits ihr Vater am Fenster, der ihr liebevoll zu winkte. Lachend verlangsamte Rebecca das Laufen bis sie an der Eingangstür angelangt war, dort öffnet ihr Vater schon die Tür.
"Hallo, Kleines. Es ist so schön dich zu sehen, komm rein und ruhe dich richtig aus. Mama hat den Kaffee schon fertig."
"Hallo Papa“, Sie drückte ihren Vater einen dicken Kuß auf die Wange.
"Ich freue mich auch euch zu sehen. Hmmm, und jetzt ein heißer Kaffee. Später mach ich mich dann wieder auf den Weg, und jogge noch ein bißchen durch den Wald. Das Wetter ist heute doch so schön, zu schön um nur am Schreibtisch zu sitzen."
"Komm erst mal rein, dann können wir uns bei Kaffee und Kuchen etwas unterhalten. Mathilda! Schau Rebecca ist schon da."
Ihre Mutter kam gleich angelaufen und umarmte ihre Tochter herzlich.
Über eine Stunde verbrachte Rebecca bei ihren Eltern, und da sie vor der Dunkelheit zu Hause sein wollte, verabschiedet sie sich und versprach, sich bald wieder blicken zu lassen.
Jetzt erst erinnerte sie sich, dass sie ihren MP3-Player dabei hatte und sie entschloß sich mit Musik zu laufen. Rebecca kramte ihn aus ihrer Jacke und steckte sich die Kopfhörer in die Ohren. Laute Musik begleitete nun ihr gleichmäßiges Laufen, und sie kickte immer einen kleinen Stein vor sich her, dem sie nachlief um ihn dann wieder nach vorne zu schießen.
Sie bemerkte nicht, dass ihr, seit dem sie in den Wald eingebogen war, jemand folgte. Im Abstand von etwa 50 Meter huschte eine Gestalt durch das Gehölz. Um nicht von ihr entdeckt zu werden, blieb diese immer wieder gebückt hinter einen Baum stehen. Mittlerweile näherte sie sich der jungen Frau bei jedem Schritt.
Rebecca lief nun schon fast eine halbe Stunde den kleinen Weg durch den Wald und sie wunderte sich, dass ihr noch niemand entgegen gekommen war. Keine Menschen Seele war hier, und es dämmerte schon.
Ein komisches Gefühl im Magen sagte ihr, dass ihr das nicht gefiel. Sie blieb stehen, nahm die Kopfhörer aus ihren Ohren und beschloß den letzten Weg nun schneller zu laufen, um zügig nach Hause zu gelangen. Die Stille die sie jetzt umgab lies Rebecca frösteln und ein ungutes Gefühl übermannte sie. Mit wachsamen Augen schaute sie sich um, lauschte in die Dämmerung ob nicht doch von irgendwo ein Geräusch zu hören war. Nichts störte die Stille, kein Geräusch, kein Mensch war zu sehen. Die Unruhe in ihr nahm zu, Rebecca hatte nur noch einen Gedanken. Laufen, so schnell sie nur konnte.
Nach ein paar Metern wurde sie wieder langsamer und nannte sich einen Dummkopf. Es gab keinen Anlaß Angst zu haben. Sie war in diesem Wald schon so oft gelaufen, und als kleines Kind hatte sie hier mit ihren Freunden gespielt. Der Wald war ihr vertraut - warum also Angst haben?
"Ganz ruhig, Rebecca“, sagte sie sich. "Wieso hast du Angst? Das ist ein ganz normaler Wald, in dem du schon oft gejoggt bist."
Gleichmäßig lief sie weiter und versuchte sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Rebecca beruhigte sich wieder, und so beschloß sie, die Abkürzung durch das Gehölz zu laufen, um ganz schnell nach Hause zu gelangen.
Sie lief vom Weg ab und durchquerte das Unterholz. Rebecca konnte aber nicht gleichmäßig laufen, denn sie musste immer wieder über Wurzeln und Äste springen. Dadurch bekam Rebecca aber schreckliches Seitenstechen, das zum Stehen bleiben zwang.
Sie stemmte die Arme auf ihre Knie und versucht den Schmerz durch regelmäßiges Atmen unter Kontrolle zu bekommen.
Plötzlich ein Schlag..., dann wurde sie von hinten gepackt und zu Boden geschleudert. Die junge Frau versuchte verstört und verängstigt, aus der Gefahrenzone weg zu robben, doch starke Hände rissen ihr die Arme nach hinten, dann spürte Rebecca einen schweren Körper, der sie überrumpelte und sich auf ihren Körper fallen ließ.
Rebecca schrie, versuchte vergeblich sich durch strampeln von ihrem Angreifer zu befreien, aber der saß wie Blei auf ihrem Rücken und sie konnte sich kaum bewegen. Die Kälte des Waldbodens kroch in ihre Klamotten und bettelnd rief sie:
"Was wollen sie von mir? Lassen sie mich los!"
Dann schrie Rebecca ihre Angst heraus. Die gellenden Hilferufe hallten durch den Wald,
in der Hoffnung, dass sie jemand hören und ihr zu Hilfe kommen würde.
Mit einem Ruck drückte der Angreifer ihr die Arme noch weiter am Rücken zusammen, Rebecca hatte die Befürchtung, dass ihr die Arme mit der nächsten Bewegung brechen würden. Der Schmerz trieb ihr Tränen in die Augen. Wimmernd lag sie auf dem Waldboden.
Mit einem Klebeband fesselte er ihre Hände, rollte sie herum, um dann rittlings auf ihr sitzen zu können
Schwer Atmend und um Luft ringend, zappelte Rebecca panisch unter der Last und der Brutalität des Mannes, der ihr so zusetzte.
Ein weiteres breites Klebeband, welches der brutale Angreifer ihr über den Mund klebte, verhinderte, dass sie weiterhin um Hilfe rufen konnte.
"So ist es besser", sagte ihr Angreifer sarkastisch. "Schreien nutzt dir sowieso nichts."
Rebecca starrte voller Angst in seine Augen, die gierig auf sie herab blickten. Ihre eigenen Hände bohrten sich schmerzhaft in ihren Rücken und entsetzt spürte sie seine Hand an ihrem Reißverschluß der Hose.
Rebecca versuchte ihre Füße in die Erde zu stemmen um sich nach hinten, von ihm weg zu schieben. Jedoch ohne Erfolg. Sein Gewicht lastete schwer auf ihrem Körper dabei grinste er sie hämisch an, als er ihren Slip durch die geöffnete Jeans sah.
"Wehr dich nicht, dann werde ich dir nicht weh tun." Mit seinen schmutzigen
Fingern streichelte er ihr über den Bauch.
Rebecca wurde fast verrückt vor Angst, dabei wand sie sich immer heftiger unter ihm,
so dass er große Mühe hatte, seine Hände in ihrem Slip zu vergraben.
Ihr Peiniger zerrte so heftig an ihrer Jeans, dass sie mit einem lauten“Ratsch“ seitlich am Bund riß. Auf ihrer Haut spürte Rebecca seine schweißnassen Hände und konnte sich nicht gegen die ekelerregenden Berührungen wehren.
Immer ungeduldiger zog er an ihren Klamotten, der MP3-Player und ihr Handy, rutschte aus ihrer Hosentasche und fielen auf den feuchten Boden.
Sie bäumte sich auf, versuchte damit den widerlichen Kerl von ihrem Körper zu schubsen.
Sie wand sich unter ihm und trommelte mehrmals mit ihren Knien auf seinen Rücken ein.
Seine Geduld neigte sich dem Ende. Um ihre Gegenwehr zu beenden, griff er in ihre langen blonden Haare, schlug den Kopf mehrmals auf den harten Boden und brüllte sie an, sich endlich geschlagen zu geben.
Blut sickerte aus einer Platzwunde am Hinterkopf in den Waldboden. In ihrem Mund machte sich der Geschmack von Eisen breit, und widerwillig schluckte sie das Blut hinunter, dass sich in ihrem verklebten Mund sammelte.
Bei jedem Aufprall wurde die Umgebung dunkler, bis sie das Bewusstsein verlor.
Sie bekam, Gott sei Dank, nicht mehr mit, wie er ihr die Jeans runter riß und sich mehrmals an ihr verging.
Als er seine perverse Gier ausgelebt hatte, blieb der Vergewaltiger erschöpft und erleichtert auf ihr liegen, bis er sich stark genug fühlte, um sein Opfer aus dem Wald zu tragen.
Ungeachtet der Blöße, der Rebecca unterlag, fuhr er ihr noch einmal mit seinen großen rauhen Händen über den nackten Unterleib, an der Innenseite ihrer Schenkel entlang, begutachtete dabei die junge Frau, welche er so brutal mißhandelte, dann küsste er ihr auf den Bauch und erhob sich.
"Du bist mein! Und wirst es für immer bleiben", krächzte er und zerrte an Rebecca.
Slip und Jeans stülpte er ihr so gut es ging über die Beine, dann hob er die Frau auf, warf sie sich wie einen nassen Sack über die Schulter und trug Rebecca fort......
***
In dieser Nacht, erwachte Lea schweißgebadet aus einem Alptraum. Schwer atmend saß sie in ihrem Bett und konnte nicht verstehen, warum sie so etwas Schlimmes träumte.
Sie zitterte und eine Gänsehaut der Angst überzog ihren Körper.
Die gellenden Schreie der jungen Frau aus ihrem Traum, hallten noch in ihren Ohren und sie konnte ihre Panik spüren.
Seit ihrer Kindheit quälten Lea schlimme Alpträume, Irreales, und sie konnte nichts damit anfangen. Die Träume waren nie schön, eher merkwürdig, aber mit der Zeit hatte sie sich daran gewöhnt. Lea befaßte sich normaler Weise nicht mehr mit ihrer Träumerei, doch dieses Mal war es anders. Sie konnte das Gesicht der jungen Frau vor genau beschreiben. Ihre Träume waren sonst nur wahlloses Durcheinander.
Jetzt kannte sie sogar die Augenfarbe des Opfers, auch den Angreifer konnte sie vor ihrem inneren Auge genau erkennen. Seine von Gier besessenen Augen, seine Hände, die die junge Frau ertragen musste, sogar den leichten Bartansatz in seinem Gesicht.
Zitternd stand Lea leise auf, sie wollte Sven, ihren Freund nicht wecken.
Sie schlich zu ihrem Schreibtisch und suchte den Notizblock, den sie schließlich in der Schublade fand.
Lea war Werbezeichnerin und konnte daher sehr gut Zeichnen. Mit ihren 32 Jahren hatte sie sich in ihrer Branche einen guten Namen gemacht. Sie arbeitete selbständig für Firmen, die neue Produkte heraus brachten, und fertigte für diese Werbevorschläge oder Plakate an. Die Grundideen malte sie immer auf Papier, um diese dann in den Computer zu scannen und zu
Bearbeiten.
Der Notizblock war immer in ihrer Nähe, nur so konnte sie ihre Einfälle schnell zu Papier bringen.
Lea setzte sich in ihren Schaukelstuhl, der an der Wand im Schlafzimmer stand, und mit gekonnten Linien zeichnete die talentierte Frau in kurzer Zeit das Gesicht von Rebecca, das ihr im Traum erschien.
Eine Frau, Mitte zwanzig, mit langen blonden Haaren und blauen Augen. Ihre Nase hatte eine zarte Wölbung, ihre Lippen waren zart und von blasser Röte.
An ihrem Hals, so konnte sich Lea erinnern, hatte sie ein winziges Muttermal, wie eine kleine Träne.
Als sie mit der Zeichnung fertig war, betrachtete sie das Bild noch mal ganz genau um zu erkennen, ob sie nicht eine Kleinigkeit, die wichtig war, vergessen hatte. Und als sie so konzentriert in das Gesicht sah, konnte spüren, wie die Frau um Hilfe flehte.
Lea erschrak. Dieses Gefühl in ihr machte ihr Angst.
Schnell blätterte sie um und begann die Umrisse ihres Angreifers zu zeichnen. Jede Einzelheit, an die sie sich noch erinnern konnte malte sie, auch konnte Lea den gierigen Ausdruck seiner Augen auf dem Block festhalten.
Zitternd saß sie nun vor den Bildern. Sie musste unbedingt Sven wecken und ihn fragen was er davon hielt.
"Sven...wach auf...du mußt mir helfen", sagte sie leise in sein Ohr.
Verschlafen schlug er die Augen auf.
"Was ist denn, Lea? Wie spät ist es? Müssen wir schon aufstehen?"
"Es ist doch egal, wie spät es ist. Sven, ich brauch deine Hilfe. Komm, schau dir das bitte mal an."
Sie reichte ihm den Notizblock und er betrachtete verwundert die beiden Gesichter.
"Und? Was ist damit? Dass du super zeichnen kannst, das weiß ich doch, da mußt du mich nicht mitten in der Nacht aus dem Schlaf reißen."
Er wollte sich gerade wieder hinlegen, als Lea erzählte, was sie geträumt hatte.
Aufmerksam hörte er ihr zu, denn er wußte, dass er nicht mehr zum Schlafen kommen würde. Es war ihm aber immer noch schleierhaft, wieso sie diese Gesichter gezeichnet hatte.
Auf seinem fragenden Ausdruck hin, meinte Lea:
"Es ist dieses Mal anders als bei meinen anderen Träumen. Da stimmt etwas nicht, es war so real.
Morgen früh fahre ich mit dir zu deiner Polizeidienststellen, dort kannst du dich für mich vergewissern, ob eine Frau mit etwa diesem Aussehen, vermißt wird.
"Lea, was glaubst du, was meine Kollegen sagen, wenn du wegen eines Traumes das ganze Revier rebellisch machst. Komm süße, leg dich wieder hin und versuch zu schlafen. Morgen denkst du bestimmt anderes darüber. Jetzt bist du nur aufgewühlt."
"Was heißt hier rebellisch machen oder aufgewühlt sein! Was, wenn sich dieses, das ich im Traum gesehen habe, doch ereignet hat? Ich muss doch was tun!"
Um sie zu beruhigen sagte er sanft: "Nun gut, ich werde Morgen die Zeichnung mit zur Arbeit nehmen und nachfragen, ob es eine Vermißtenanzeige gibt, die auf diese Zeichnung passt."
Sven war Polizist, schon seit 6 Jahren arbeitete er für die Autobahnpolizei.
Trotzdem er schon so manch Schlimme Unfälle gesehen hatte, machte ihm seine Arbeit dennoch Freude.
Zu seiner Bestürzung konnte er sich jetzt schon vorstellen, wie sich seine Kollegen vor Lachen krümmten, wenn er ihnen das Bild zeigte, und von Lea´s Traum erzählte. Er muss sich etwas einfallen lassen um ihren Wunsch zu erfüllen, aber nicht als Witzfigur hingestellt zu werden.
Lea lächelte ihn an. "Das ist lieb von dir, ich werde dich morgen begleiten, denn ich kenne ja die Einzelheiten."
"Lea, bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst?" fragte Sven leicht genervt.
"Aber klar! Ich muss sicher sein, ob es wirklich nur ein Traum war. Und wenn niemand als Vermisst gemeldet ist, dann werde ich dich nie wieder um so etwas bitten. Das verspreche ich dir."
Mit diesen Worten legte sich Lea zu Sven ins Bett und zog die Bettdecke bis zu ihren Augen hinauf. Sven drehte sich um und versuchte, die letzten Stunden noch etwas zu schlafen, bevor der Wecker ihn endgültig aus dem Bett warf.
Lea tat kein Auge zu und wartete geduldig, bis das Piepen des Radioweckers das Ende der Nacht bestätigte.
Frisch und voller Tatendrang sprang Lea aus dem Bett und huschte ins Bad.
Sven setzte sich und überlegte angestrengt, wie er die ganze Sache auf dem Revier erklären sollte.
Die Autobahnpolizei konnte in solchen Fällen nichts ausrichten, da wäre es wohl besser, Lea ins Hauptrevier zu schicken. Er hatte schon von solchen Dingen gehört, dass Hellseher bei einem Fall helfen. Aber Lea? Hellseherin? Nein das glaubte er nicht.
Es wäre wohl besser, wenn Lea nur fragen würde, ob jemand vermisst würde, der auf ihre Beschreibung passte. Wenn sich das dann bestätigte, dann könnte sie von ihrem Traum erzählen.
Das Telefon klingelte.
Lea lief ins Wohnzimmer und meldete sich: "Hallo, hier bei Lea Siehbert?"
"Guten Morgen, hier ist deine Mutter."
"Hallo Mama, was gibt es?“
"Lea, ich wollte dich fragen, ob du mich in das neue Möbelgeschäft begleitest. Dein Vater hat gestern mit seiner blöden Zigarre ein Loch in unser Sofa gebrannt. Jetzt will ich mir ein neues aussuchen."
"Mama, heute kann ich leider nicht, ich werde gleich zur Polizei fahren, denn ich muss unbedingt etwas in Erfahrung bringen."
"Um Himmels Willen, ist etwas passiert bei euch?"
"Nein, nein, mach dir keine Sorgen, ich hatte nur einen total komischen Traum und ich will mich jetzt vergewissern, ob es auch wirklich nur ein Traum war."
"Hab ich richtig gehört? Du willst wegen deiner Träume zur Polizei?"
"Ja."
"Das kannst du doch nicht tun, willst du dich denn komplett lächerlich machen?"
"Mama, ich weiß schon was ich tu, mach dir keine Gedanken."
"Das hoffe ich, mein Kind. Na ja, vielleicht hast du in den nächsten Tagen
einmal Zeit für einen Bummel durch die Möbelhäuser?"
"Ganz bestimmt, ich werde mich bei dir melden, ja?"
"Ist gut, dann bis bald, Lea."
"Tschau Mama."
Lea legte den Hörer auf und dachte über die Worte ihrer Mutter nach. War es wirklich klug, bei der Polizei nachzufragen? Sie schüttelte den Kopf und meinte laut: "Ich muss doch auf Nummer sicher gehen, und fragen schadet nicht."
Sven kam zu ihr ins Wohnzimmer und sagte energisch: "Lea, ich bin der Meinung, dass du zuerst ins Hauptrevier fahren solltest und es wäre besser wenn du nicht gleich von deinem Traum erzählst. Erst nachfragen, ob jemand vermisst wird. Ich glaub es ist nicht gut, wenn du alle sofort mit deinem Traum bombardierst. Sei mir nicht böse, aber die werden dich sonst für
verrückt halten."
Lea nickte nachdenklich mit dem Kopf: "Ich glaub du hast recht, aber bist du auch der Meinung, dass ich was tun muss, oder hältst du mich für verrückt?"
"Nachfragen kannst du ja", sagte Sven wenig überzeugend, drehte sich um und zog sich an. Nachdem er im Schnellgang seinen Kaffee getrunken hatte, gab er Lea einen flüchtigen Kuss und bemerkte im Gehen: "Mach keine Dummheiten, wir sehen uns heute Abend."
Lea zwinkerte ihm zu und nach ein paar Minuten machte sie sich auf den Weg zu ihrem Auto.
Auf dem Weg zur Polizei überlegte Lea, was sie am besten sagen sollte. Sven´s Worte leuchteten ihr ein und sie hatte vor, seinen Worten zu folgen.
Als sie die Wache betrat wurde sie freundlich von einem jungen Polizisten begrüßt und Lea fragte, wer für vermisste Personen zuständig war. Der nette Polizist schickte sie dann drei Zimmer weiter zu Kommissar Benson. Sie bedankte sich höflich und machte sich auf den Weg in das andere Zimmer.
Als sie drei Mal an seine Tür klopfte, wurde sie von einer freundlich männlichen Stimme herein gebeten.
Mit wahnsinnigen Schmetterlingen im Bauch betrat Lea das helle Büro mit den schlichten Möbeln. Der Schreibtisch mit dem Computer stand in der Mitte des Raumes und an den Wänden standen Regale die vollgestopft mit Aktenordnern waren.
Der Kommissar saß hinter seinen Schreibtisch und lächelte sie an.
"Guten Morgen, was kann ich für sie tun?"
"Guten Morgen Herr Benson, mein Name ist Lea Siehbert und ich wollte, ähh... ja ich wollte mal fragen..." Lea verlagerte unsicher ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
"Nun? Sie brauchen nicht nervös zu sein, setzen sie sich, und dann erzählen sie mir, was sie auf dem Herzen haben."
Man Lea! Schimpfte sie sich innerlich. Du benimmst dich wie eine Fünfjährige. Reiß dich zusammen!
Sie setzte sich, atmete noch einmal tief durch und begann von vorne:
"Ich hätte eine ungewöhnliche Bitte an sie." Sie zog das Bild der jungen Frau aus ihrer Tasche und reichte es ihm.
"Wären sie vielleicht so freundlich und schauen einmal nach, ob diese Frau vermisst wird?"
Er nahm das Bild und fragte: "Wie kommen sie darauf, dass sie vermisst wird?"
"Das ist eine lange Geschichte, die sie mir sowieso nicht glauben werden, deshalb würde ich sie bitten einfach mal nachzusehen."
Verwundert schaute sie der Kommissar an.
"Gut, aber dann erzählen sie mir, wie sie zu dieser Zeichnung gekommen sind."
Erleichtert nickte Lea.
"Es wird einige Minuten dauern, kann ich ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten?"
"Nein danke." Lehnte Lea freundlich ab.
"OK, dann legen wir mal los.“
Er tippte in seinen PC einiges ein und schaute immer wieder abwechselnd vom Bildschirm auf die Zeichnung.
"Haben sie das angefertigt?" fragte Kommissar Benson.
"Ja", antwortete Lea kurz.
"Sie haben wirklich Talent." Und nach einiger Zeit meinte er: „Tut mir leid, es ist niemand registriert, der so ähnlich aussieht."
Ein Stein fiel ihr vom Herzen. Erleichtert schaute Lea den Kommissar an.
"Ich danke ihnen, jetzt geht es mir besser. Es war sehr freundlich von ihnen, dass sie mir meinen Wunsch erfüllt haben."
"Nun erzählen sie mir aber, wie sie darauf gekommen sind."
"Oh, Herr Kommissar", sagte sie verlegen, "sie werden mich für verrückt halten, aber ich habe es geträumt."
Ungläubig schaute er sie an: "Geträumt? Haben sie öfter solche Träume?"
"Nein, ähh ja..., ich meine, ich träume schon oft, aber bei diesem Traum war es anders. Auf alle Fälle bin ich froh, dass es nur ein Traum gewesen ist."
Sie nahm das Bild, versuchte es zurück in ihre Tasche zu stecken, dabei fiel das andere Bild dem Kommissar vor die Füße. Als sie es aufheben wollte, sagte der Beamte:
"Sie haben noch ein Bild? Zeigen sie mal. Ich bin zwar nicht der Freund von Übersinnlichem, aber ich bin von Natur aus neugierig."
Lea gab ihm auch das zweite Bild und erklärte: "In meinem Traum hat dieser Mann, die junge Frau brutal missbraucht. Glauben sie mir, ich wäre nicht zu ihnen gekommen, wenn es mir nicht so real vorgekommen wäre."
Kommissar Benson nickte nur abwesend und betrachtete das Gesicht.
"Der kommt mir bekannt vor“, murmelte er leise. "Kleinen Moment noch, ich bin gleich wieder da."
Er stand auf und verließ den Raum. Lea saß auf ihrem Stuhl und zappelte nervös mit ihren Füßen.
Nach wenigen Minuten kehrte er zurück und fragte:
"Haben sie den Mann schon einmal irgendwo gesehen? Ich meine, außerhalb ihres Traumes?"
Lea schüttelte den Kopf. "Nein, noch nie."
Der Kommissar setzte sich wieder und raunte: "Mir kam das Gesicht gleich bekannt vor, und ich hatte recht. Der ist bei uns aktenkundig."
Lea schaute den Mann im fortschreitenden Alter fragend an, darauf sagte er:
"Das ist Franko Imhoff, er wurde vor drei Jahren wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge und Vergewaltigung zu lebenslänglich verurteilt. Wegen seiner geistigen Verwirrung ist er in eine psychiatrische Anstalt zur Sicherheitsverwahrung eingewiesen worden, aus der er aber vor drei Monaten entflohen ist. Erst vor kurzem hatte ich seine Akte in der Hand, und deshalb kann ich mich sehr gut an sein Gesicht erinnern."
Ihr wurde ganz heiß und sie begann zu zittern.
"Kann das heißen, dass mein Traum doch nicht nur ein Traum war?"
"Das kann ich nicht sagen. Tatsache ist, dass es diesen Mann gibt, den sie gezeichnet haben."
"Und wie geht es jetzt weiter?"
"Frau Siehbert, so lange es keine weiteren Indizien dafür gibt, dass Imhoff wieder straffällig geworden ist, kann ich leider gar nichts machen. Die Fahndung nach Imhoff läuft bereits.
Nur soviel, ich bin zwar noch sehr skeptisch, was ihre Träume anbelangt, aber wenn sie weitere Träume in der Art haben, dann rufen sie mich bitte an."
Er reichte ihr eine Visitenkarte mit seiner Nummer.
Lea steckte sie in ihre Handtasche und reichte Kommissar Benson zum Abschied die Hand.
"Ich danke ihnen sehr, dass sie sich Zeit genommen haben. Ich werde sie sofort anrufen, falls meine Träume weiter helfen können."
"In Ordnung Frau Siehbert, ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag."
Lea verließ mit gemischten Gefühlen das Polizeirevier.
***
Zur selben Zeit klingelte das Telefon bei Familie Brenner.
"Konrad Brenner."
"Hallo Herr Brenner, hier ist Markus Lehmann, der Freund von Rebecca. Entschuldigen sie die Störung, aber ist Rebecca bei ihnen?"
"Rebecca? Nein, sie ist nicht hier, sie war gestern Nachmittag bei uns, ist aber nach einer Stunde wieder gegangen, sie wollte Joggen."
"Komisch", sagte Markus, "wir wollten uns gestern Abend treffen, aber sie ist nicht gekommen, und an ihr Telefon geht sie auch nicht. Wissen sie vielleicht wo sie ist?"
"Tut mir Leid, da kann ich dir leider nicht helfen, ich habe keine Ahnung wo sie sein könnte. Vielleicht fährst du zur Wohnung, ihre Nachbarin und Rebecca sind gute Freundinnen, vielleicht ist sie bei ihr."
"Das werde ich machen, danke."
"Schon gut, Markus, sag bitte Bescheid wenn du sie gefunden hast, ja?"
"OK, Auf Wiederhören, Herr Brenner."
"Auf Wiederhören."
Markus legte auf und machte sich gleich auf den Weg zu Rebecca´s Wohnung. Er hatte ein ungutes Gefühl im Bauch und noch im Auto rief er in der Universitätsbibliothek an, dort hielt sie sich sehr gerne und lange auf. Aber leider hatte er auch dort keinen Erfolg.
Endlich war Markus angekommen, so schnell er konnte, lief er die Stufen hinauf. Er klingelte Sturm und hämmerte an die Tür. Aber es kam kein Lebenszeichen von ihr. Er hörte nur Mikesch, ihren Kater, der aufgeschreckt, hinter der Haustür laut klagend miaute.
Voller Sorge um Rebecca, drehte er sich um, und klingelte bei der Nachbarin, an der Nebentür.
Nach einigen Minuten öffnete sich die Tür.
"Markus, bist du der, der so viel Lärm im Treppenhaus macht?"
"Alina, grüß dich, ist Rebecca bei dir?"
Sie schaute ihn unverständlich an und schüttelte ihre schwarzen kurzen Locken. "Was ist denn passiert?"
"Ich kann Rebecca nirgends erreichen, ich mache mir wirklich große Sorgen."
"Das ist doch gar nicht ihre Art, sie hinterlässt doch sonst immer ihre Zettelchen, oder schreibt eine SMS, das ist schon ungewöhnlich."
"Genau der Meinung bin ich auch, Alina, ich weiß schon gar nicht mehr wo ich noch suchen soll. Vielleicht ist sie auch gestürzt und sie liegt bewusstlos in ihrer Wohnung?
"Markus, ich habe einen Zweitschlüssel, denn Rebecca sperrte sich öfter mal aus. Wenn du möchtest, dann können wir schauen, ob sie in der Wohnung ist."
"Das wäre super, Alina. Komm schnell bitte."
Alina holte Rebeccas Schlüssel, steckte ihn in ihr Haustürschloss und drehte ihn vorsichtig herum. Die Tür öffnete sich und Mikesch huschte blitzschnell durch ihre Beine. Vor Schreck schrie Alina auf.
"Oh Man! Mikesch! Rebecca? Bist du da?"
Markus schaute in jedes Zimmer, aber vergeblich. Rebecca war nicht zu Hause.
Resigniert lies er den Kopf hängen und als er auf Alina zuging fragte er:
"Und was machen wir jetzt?"
Alina fasste ihn am Arm und zog ihn aus der Wohnung.
"Komm mit zu mir, wir rufen die Krankenhäuser an, vielleicht erfahren wir dort mehr."
Markus nickte, und setzte sich auf einen Küchenstuhl. Auf der Eckbank saß Mikesch, der war in Alina´s Wohnung geflüchtet und miaute kläglich. Alina schaute den Kater an und streichelte über sein weiches Fell.
"Na, kleiner Racker, hast du Hunger?"
Schnell holte sie eine kleine Schüssel aus dem Schrank und kippte die Reste vom gestrigen Abendessen hinein.
"Ich hoffe du magst Hähnchen."
Eine andere Schüssel füllte sie mit Wasser und stellte sie auf den Boden. Gierig stürzte sich Mikesch über die Reste.
"Der hat wohl heute noch nichts zu fressen bekommen. Ich werde ihn vorerst mal bei mir behalten, bis Rebecca wieder da ist“, erklärte Alina. Er nickte.
Rebecca und Markus waren nun schon fast ein Jahr zusammen, jeder besaß eine eigene Wohnung und sie schmiedeten Pläne über eine gemeinsame Wohnung. Das ewige Pendeln am Wochenende hatten beide schon lange satt, aber leider fehlte es die Zeit, sich um ein geeignetes Objekt umzusehen.
Alina brachte das Telefonbuch, rief ein Krankenhaus nach dem anderen an, jedoch ohne Erfolg.
Ungeduldig tippte Markus mit seinen Fingerkuppen auf den Küchentisch.
"Alina, ich fahre jetzt zu ihren Eltern. Falls du Rebecca sehen solltest, dann gib mir bitte sofort Bescheid, ja?" Eilig schrieb er ihr seine Handynummer auf.
"Klar Markus, mach ich. Aber bitte halt mich auf dem Laufenden."
Resigniert stolperte Markus aus dem alten Mehrfamilienhaus.
***
Lea, die mittlerweile wieder zu Haus war, setzte sich nachdenklich vor dem Fernseher. Sie hatte Sven auf seinem Arbeitsplatz angerufen, berichtete ihm aufgeregt, von dem Gespräch mit dem Kommissar.
Sven hörte gebannt zu, zuerst war er sprachlos, doch dann antwortete er ihr, in dem er von einem Zufall redete.
Lea war niedergeschlagen, zappte ziellos durch das Fernsehprogramm. Schließlich machte sie ihn aus, saß versunken in ihren Gedanken auf ihrem Sofa, und überlegte, wie es wohl weitergehen würde.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Weit und breit gab es nur ein Waldstück. Sie nahm ihre Jacke und machte sich auf den Weg.
Es wäre schon ein großer Zufall, aber sie musste irgendwas tun. Vielleicht findet sie ja irgendeinen Hinweis, der ihr weiter helfen könnte.
Ihr Auto stellte sie auf einen kleinen Parkplatz in der Nähe des Wäldchens ab und spazierte langsam den schmalen Waldweg entlang.
Ihr Blick haftete konzentriert am Boden, in der Hoffnung irgendetwas zu finden. Was? Das wusste sie selber nicht.
Sie fragte alle Spaziergänger, die ihr entgegen kamen, ob sie vielleicht eine junge blonde Frau beim joggen gesehen hätten. Aber leider wusste niemand etwas von einer Joggerin.
Lea versuchte krampfhaft sich an einem Merkmal aus ihrem Traum zu erinnern, welches ihr vielleicht weiterhelfen könnte. Aber für sie schaute jeder Baum wie der andere aus.
Eine Stunde lief sie nun ziellos durch den Wald, mehr als Zigarettenkippen, zerknülltes Papier oder sonstigen Müll, fand Lea nicht. Als sie im Begriff war den Rückweg anzutreten, klingelte plötzlich ein Handy.
Aufgeregt lief sie dem Klingeln entgegen.
Es führte sie quer durch das Unterholz, doch ermutigt, endlich einen Anhaltspunkt gefunden zu haben, stolperte sie dem Klingelton hinterher.
Der Klingelton ließ sie die Gegend absuchen, hinter jedem Baum, jeder Strauch könnte das Versteck sein.
"Bitte, bitte nicht aufhören zu klingeln, sonst finde ich dich nie."
Lea suchte den Boden ab, orientierte sich am Ton und endlich erblickte sie ein winzig es Blinken.
Sie hechtete dem Licht entgegen, doch im gleichen Moment verstummte das Handy. Auch das Licht erlosch und sie verlor es auch den Augen.
Sie musste es unbedingt finden, und somit suchte Lea hektisch den ganzen Waldboden ab.
"Hier muss es doch sein! Ich habe es doch gesehen! Verdammt, wo ist dieses blöde Ding?"
Auf allen Viren kroch Lea über den feuchten Waldboden, suchte Zentimeter für Zentimeter, jedes Blatt drehte sie um, jeden noch so kleinen Ast hob sie hoch. Und da! Endlich...
Unter viel Laub lag versteckt ein hellblaues Nokia Handy.
Lea zitterte vor Aufregung und wollte es gerade berühren als sie in ihrer Handbewegung inne hielt.
"Es wäre besser wenn ich nichts anfasse, vielleicht sind ja Fingerabdrücke darauf, und die würde ich dann verwischen."
Sie musste grinsen, und dachte: "Vielleicht war ja das jahrelange schauen von Krimis doch nicht umsonst gewesen."
Flugs nahm sie ihr eigenes Handy aus der Tasche und rief Kommissar Benson an.
"Ja?"
"Hallo Herr Kommissar, hier ist Lea Siehbert."
"Ahh, Frau Siehbert, hallo, was kann ich für sie tun?"
" Herr Kommissar, ich konnte nicht untätig zu Hause sitzen, und deshalb bin ich nun hier in dem kleinen Waldstück am Stadtrand. Und ich hab was gefunden", plapperte Lea aufgeregt.
"Ist es der Wald aus ihrem Traum? Und was haben sie gefunden?"
"Ich glaube schon, ich bin hier, weil dies doch der einzige Wald in der Nähe ist, und Herr Kommissar, ich hab ein Handy gefunden. Es klingelte im Unterholz. Vielleicht schauen sie sich das mal an?"
Benson überlegte einen Augenblick und entgegnete: "Naja, ok, ich komme vorbei, schaden kann es ja nicht. Ich bin etwa in 15 Minuten bei ihnen."
"Super, ich danke ihnen. Bis gleich, ich hänge meinen Schal an den Baum und warte vor dem Wald auf sie."
"Ist gut, Frau Siehbert, bis gleich."
Wie gesagt, hing Lea ihren rosa Schal an einen Ast, der über dem Handy baumelte und machte sich dann auf den Weg Wald auswärts.
Als Herr Benson eintraf, rannte Lea dem Wagen entgegen, denn sie hatte seine Ankunft sehnlichst erwartet.
Gemeinsam eilten sie zu der Stelle, an der Lea ihren Schal in den Baum hing, dem man gut von Weitem aus sehen konnte.
Benson beugte sich hinunter und entdeckte nun auch das hellblaue Handy, dass unter dem vielen Laub fast nicht zu erkennen war. Es waren schon mehrere Anrufe in Abwesenheit auf dem Display verzeichnet. Und er würde gleich nach dem das Labor sämtlich Spuren sichergestellt hat, alle Rufnummer überprüfen um schnellstmöglich herauszufinden, wem dieses Handy gehört.
Er steckte es in eine Plastikhülle und schritt einige Meter durch das Unterholz.
Mit geübten Augen sah sich Kommissar Benson um.
Das, was er entdeckte, viele umgeknickte Äste, Spuren auf dem Boden, Blätter auf denen eine rote Substanz und Haare klebten.
Helle Haare, seiner Meinung nach könnte dies Blut sein, deshalb nahm er die Blättern und verstaute sie in einem Plastikbeutel.
Als er sich abwenden wollte, erblickte der Kommissar einen MP3-Player, dessen Kopfhörer sich an einen kleinen Busch verhakt hatten. Auch diesen verstaute er in einer Plastiktüte.
"Ich werde das Handy, die Blätter und den Player, im Labor untersuchen lassen, dann werden wir sehen, ob uns das etwas zu bedeuten hat."
Lea nickte und Kommissar Benson sprach weiter: "Bevor ich hierher gefahren bin, hab ich noch einmal in unserem Vermissten-Archiv nachgeschaut. Leider ohne Erfolg."
Lea starrte ihn an. "Vielleicht ist es vor Kurzem erst passiert, und es hat noch niemand mitbekommen, dass die junge Frau verschwunden ist?"
"Das kann gut möglich sein. Ich werde nun auf alle Fälle Franko Imhoff´s angegebene Adresse überprüfen lassen."
Er brachte Lea zu ihrem Auto und fuhr dann wieder ins Revier.
***
Markus, der in Tränen aufgelöst bei den Eltern von Rebecca auftauchte, fand dort auch keine tröstenden Worte, denn auch die Eltern konnten sich keinen Reim darauf machen. Wie sollte es nun weitergehen?
Jeder Anruf, der getätigt wurde, bei der Verwandtschaft, bei Freunden, Bekannten, verlief im Sande.
Keiner hatte eine Ahnung wo Rebecca sich aufhalten könnte. Verzweifelt legte Frau Brenner
den Hörer auf.
Konrad Brenner nahm seine Frau in den Arm und entschied nun:
"Wenn sie bis Morgen Früh nicht wieder aufgetaucht ist, dann fahre ich zur Polizei. Vielleicht hatte sie ja einen Unfall."
"Du meinst, ihr könnte etwas Schlimmes passiert sein?" fragte Frau Brenner ängstlich.
"Ich meine gar nichts, “ sagte Herr Brenner, der mit sich rang die Ruhe zu behalten, „aber wenn sie bis Morgen nicht da ist, werde ich sie als vermisst melden."
***
In dieser Nacht wälzte sich Lea in ihrem Bett hin und her. Sie hatte große Schwierigkeiten einzuschlafen. Und als sie die Müdigkeit endlich einschlummern ließ, roch sie den Geruch von modrigem Wasser. Übelkeit überkam sie, so heftig, dass sich ihr Magen umdrehte.
In ihrem Traum erkannte sie ein heruntergekommenes Fischerhaus am Rande des Sees. Umzingelt von zahlreichen Bäumen stand es da, einsam und verlassen.
Das Moos wuchs schon an den Wänden.
Die Fenster waren mit Brettern zugenagelt, und das von Gräsern und Moos bewachsene Dach hatte einige Löcher aufzuweisen.
Dieses Mal war der Traum anders, sie konnte nicht nur sehen was geschah, sie war mitten in ihrem Traum.
Sie lief auf das Fischerhaus zu, und versuchte einen Blick durch eines der Fenster zu erhaschen. Doch da alle mit Bretter zugenagelt waren, konnte Lea kaum etwas sehen.
Lea konnte einen Raum erkennen, der sehr klein und voll mit allerhand Gerümpel war.
Im hinteren Bereich stand ein Bett und zusammen gekauert saß darauf eine Gestalt. Lea wusste sofort, dass es die Frau aus ihrem Traum war. Die junge Frau kniete auf dem Bett, um ihren Hals war eine Kette aus Eisen gelegt.
Die Kette verband die Frau mit der Mauer, die dort an einem Haken in der Wand in einer Verankerung saß.
Sie bot der Frau nicht gerade viel Bewegungsspielraum, nur so viel, dass sie sich hinlegen konnte.
Nur mit einen T-Shirt und einen Slip bekleidet saß sie auf diesem Bett. Ihre Finger waren blutig, da sie vergeblich versuchte die Kette aus der Wand zu ziehen.
Das Oberteil wies viele Blutspritzer auf, war mit Schmutz übersät und zerrissen. Er hatte sie bestimmt über die Erde geschleift, so wie Rebecca aussah. Blonde Strähnen klebten in ihrem Gesicht und Tränen liefen über ihre verletzten Wangen. Sie wimmerte, immer wieder versuchte sie um Hilfe zu schreien, doch sie brachte nur einen kaum hörbaren Laut über ihre Lippen.
Den Angreifer, konnte sie nicht sehen.
Lea schlug mit beiden Fäusten gegen den Bretterverschlag, aber ihre Bemühungen sich bemerkbar zu machen, wurden von der jungen Frau nicht gehört.
Verzweifelt lief Lea um das Fischerhaus herum, und als sie an der Eingangstür ankam, bemerkte sie einen offenen Rucksack, in dem die zerrissene Jeans und die Joggingjacke hinein gestopft waren.
Ein übel riechenden Geruch, lag in der Luft, irgend etwas musste über die Sachen gegossen worden sein, und der Rucksack der schon sehr verschlissen war, hing an einem Seil, das am Türrahmen an einem Fleischerhaken befestigt war.
Lea hämmerte gegen die Eingangstür, sie rüttelte am Knauf, doch die Türe blieb verschlossen. Deshalb lief sie an der hinteren Seite des Fischerhauses entlang, um zu der Stelle zu gelangen, an dem sie das Bett vermutete. Irgendwie musste sie sich doch mit dieser armen Frau verständigen. „Vielleicht kann sie mich durch die Wand hören“, dachte Lea
Das auf Holzpfähle gebaute Fischerhaus, hatte einen kleinen schmalen Steg, der um das Häuschen angelegt war.
Vorsichtig betrat Lea die Holzplanken, damit sie nicht abrutscht und ins Wasser fällt. Schritt für Schritt balancierte sie sich an der Mauer entlang.
Doch plötzlich, bevor sie die Stelle erreichte, knackte das Holz, und die Planken gaben unter ihrem Gewicht nach. Ihr Versuch, sich irgendwo festzuhalten scheiterte und sie fiel rückwärts ins Wasser.
Erschrocken fuhr Lea herum, wachte aus ihrem Traum auf, atmete heftig und Schweiß lag auf ihrer Stirn, dennoch fror sie.
Lea zitterte am ganzen Körper und ihre Hände waren blau, als ob sie wirklich in das eiskalte Wasser gefallen wäre.
***
Mit schweren Beinen schleppte sie sich aus dem Bett, ihr Notizblock, der auf dem Schreibtisch lag wurde ihr Ziel. Wie schon zuvor, zeichnete sie punktgenau das Haus am See.
Dieses Mal griff sie nach ihren Buntstiften, damit Kommissar Benson ungefähr das Bild vor seinen Augen hatte wie sie, denn aufgrund der Zeichnung durchlebte Lea alles noch einmal, und so konnte sie das, was sie träumte, besser zu Papier bringen.
Lea atmete schwer, Tränen verschleierten ihren Blick auf das Bild, und schließlich weinte sie hemmungslos. Von ihrem Schluchzen wurde Sven geweckt.
Er setzte sich auf, suchte seine Freundin neben sich im Bett, doch als er das leere Bett vorfand, wusste er sofort wo sie zu finden war.
Er eilte voller Sorge ins Nachbarzimmer, wo Lea auf dem Boden hockte, ihre Arme umschlangen ihre Knie und ihr Blick ließ Böses erahnen. Die Morgensonne lachte durch die schmalen Ritzen der Rollläden.
.Als Lea ihren Freund bemerkte, erschrak sie heftig, zuckte zusammen, mit dem Handrücken wischte sie ihre Tränen weg und schaute Sven in die Augen.
"Wieder so ein Traum?" fragte er fürsorglich.
Lea nickte nur und als er sich zu ihr hinunter setzte, sank sie weinend in seine Arme.
Es dauerte einige Minuten, bis sie sich wieder beruhigt hatte und meinte zu Sven:
"Wieso konnte ich ihr nicht helfen, sie sah so verzweifelt aus. Ich war ihr doch so nah."
"Lea, es war ein Traum. Träumend kannst du ihr nicht helfen. Alles was du tun kannst, ist, dass du deine Informationen, egal woher du sie auch hast, dem Kommissar weiter gibst. Mehr kannst du nicht tun. Und wenn ich das noch sagen darf, es ist ja schon ein Wunder, dass er dir geglaubt hat."
"Was meinst du denn damit?" Lea rückte von ihm weg und schaute ihn ärgerlich an.
"Glaubst du etwa, ich denke mir das alles nur aus?"
"Nein, das glaube ich nicht, aber du musst zugeben, dass deine Träume schon sonderbar sind. Du hattest doch sonst nicht solche...na wie soll ich es ausdrücken... solche Eingebungen."
"Nein das hatte ich nicht, aber jetzt hab ich sie und ich muss tun was ich kann um dieser Frau zu helfen." schrie sie ihn an.
Sven nickte und strich ihr zärtlich über ihr langes Haar.
"Lea,.....Ich hab doch ab Morgen Urlaub, ich werde dir und dem Kommissar bei der Suche helfen. Wenn es Benson erlaubt."
Am nächsten Morgen, Kommissar Benson betrat gerade sein Büro und als er das kleine Paket auf dem Schreibtisch erblickte, wusste er, was darin war, es waren die Beweismittel aus dem Wald.
Gleich beabsichtigte der Kommissar nachzusehen, was das Labor herausgefunden hatte, und als er seine Jacke an den Haken hängte, hörte er ein Geräusch.
Ein Klingelton. Benson schaute sich verwundert um, dann wie gebannt auf das Paket.
Schnell riss er das Päckchen auf, suchte hektisch das Handy, und als er es endlich unter den Schriftstücken entdeckte, nahm Benson es heraus, drückte auf die Annahmetaste und lauschte.
"Rebecca! Endlich! Kleines, wo bist du denn?" hörte er eine Männerstimme fragen.
"Entschuldigung, hier ist Kommissar Benson, mit wem spreche ich bitte?"
"Kommissar? Wo ist Rebecca? Ist ihr etwas passiert? Ach ja, mein Name ist Konrad Brenner, ich bin Rebeccas Vater."
"Herr Brenner, wie ich aus ihren Worten vernehme, suchen sie ihre Tochter.
Wie lange suchen sie denn schon nach ihr? Ich meine, wie lange ist sie schon verschwunden?"
"Etwa zwei Tage, wieso haben sie Rebecca´s Handy? Was ist mit meiner Tochter?"
"Das Handy wurde am Stadtrand einem Wald gefunden. Es wäre wohl besser wenn sie zu mir auf das Revier kommen. Und bringen sie bitte ein Bild ihrer Tochter mit. Wann können sie kommen, Herr Brenner?"
Eine kurze Pause, aber dann sagte er: "Ich bin gleich da, ich fahr sofort los. Wie war ihr Name noch einmal?"
"Benson, Kommissar Benson, ich erwarte sie dann hier."
"Ist gut Herr Benson. Auf Wiederhören."
Benson legte das Handy zurück in das Paket und als er sich an seinen Schreibtisch setzte, klingelte es erneut.
Dieses Mal war es sein eigenes Telefon.
Er hob ab: "Ja?"
"Herr Kommissar, gut das ich sie erreiche, hier ist Lea Siehbert. Ich muss sie unbedingt sprechen, ich hatte wieder einen Traum."
"Frau Siehbert, das trifft sich gut, können sie gleich zu mir auf das Revier kommen? Ich brauche das Bild von der vermissten Frau. Gleich wird der Vater von der Frau, der das Handy gehört zu mir kommen. Es wäre vielleicht gut, wenn sie dann auch hier wären. Ich habe die Befürchtung, ihr Traum entspricht der Wahrheit.“
"Ich komme sofort, dann kann ich ihnen auch gleich erzählen was ich erneut geträumt habe. Ich glaube, ich weiß wo sie ist."
"Ist gut Frau Siehbert, bis gleich."
Lea legte auf und machte sich unverzüglich auf den Weg zum Revier.
Als sie dort angekommen war, beobachtete sie einen älteren Mann, der verzweifelt mit seinen Armen gestikulierte und aufgeregt mit Kommissar Benson sprach.
Benson forderte den Mann freundlich auf in sein Büro zu kommen und bat Lea einen Moment draußen zu warten.
Sie gab ihm die Zeichnung, um die er gebeten hatte und setzte sich vor die Bürotür auf einen Stuhl, der auf dem Flur stand.
Durch die Tür konnte sie die Männerstimme hören, die rief:
"Oh Gott, dass ist ja meine Tochter, sehen sie, ich hab ein Bild mitgebracht, schauen sie doch, das ist eindeutig Rebecca die dort gezeichnet ist!"
"Beruhigen sie sich bitte", hörte sie Benson sagen, "wir werden alles tun was in unserer Macht steht, um ihre Tochter zu finden."
Die Tür des Büros ging auf und der ältere Mann verließ mit Tränen in den Augen den Raum. Er ging geistesabwesend an Lea vorbei und sagte immer wieder: "Das kann doch nicht sein, nicht Rebecca. Bitte Herr im Himmel, hilf! Lass sie noch leben!"
Benson winkte sie herein und Lea setzte sich auf einen Stuhl. Sie holte sofort ihre neuen Zeichnungen heraus und reichte sie dem Kommissar.
Wortlos betrachtete er lange die Bilder, dann fragte er Lea:
"Frau Siehbert, diese Zeichnungen sind sehr detailliert, aber können sie sich vielleicht noch an irgend etwas erinnern, dass uns helfen könnte, um dieses Fischerhaus zu finden?"
Lea dachte angestrengt nach, aber schüttelte nach wenigen Minuten den Kopf.
"Ich habe mich in meinem Traum gut umgesehen, sie müssen wissen, dass dieser Traum anders war als der Erste. Beim Ersten konnte ich nur beobachten was passiert, aber in diesem Traum war ich mitten drin und konnte das Fischerhaus und auch die Scheibe berühren, durch die ich die Frau gesehen habe. Aber ich konnte die Scheibe nicht zerschlagen, und auch meine Rufe hat
sie nicht gehört."
Der Kommissar raunte verwundert und Lea fuhr fort: "Der See war voll mit schleimigen Algen und stank erbärmlich. Um dem Fischerhaus waren viele Bäume. Ich konnte keine Straße oder einen Weg erkennen. Gar nichts. Ich weiß leider nicht wo dieses Fischerhaus stehen könnte."
Kommissar Benson ließ die Schultern hängen: "Sie informieren mich, wenn sie erneut träumen, d.h., wenn ihr Traum uns weiterhelfen sollte. Ich werde in Erfahrung bringen, wo sich dieses Fischerhäuschen befinden könnte. Bitte halten sie mich auf dem Laufenden, und rufen mich sofort an, wenn sie wieder etwas für mich haben."
Lea nickte: "Ich bin erleichtert dass sie mir glauben. Meine Träume sind ja schon sehr ungewöhnlich."
"Ja, ungewöhnlich, aber im Moment unsere einzige Informationsquelle. Ich habe dem Vater noch nicht gesagt, woher wir die Einzelheiten haben. Es ist ja auch unwichtig woher, wichtig ist, dass wir sie haben."
Der Kommissar verabschiedete sich von Lea und während sie das Büro verließ, war er schon wieder in seinen Unterlagen vertieft.
Am späten Nachmittag, bekam Benson einen Anruf. Es wurde ihm mitgeteilt, dass in der Nähe des Wäldchens ein Haushaltswaren Geschäft überfallen worden war. Der Inhaber kam mit dem
Schrecken davon, aber es fehlten einige Waren aus seinem Geschäft, und der Inhalt seiner Kasse. Insgesamt etwa 400 Euro, ein Seil, ein Kanister mit Petroleum, eine Lampe dazu, einige Dosen Fertig-Suppen und eine Rolle schwarzer Müllsäcke.
Der Ladenbesitzer konnte eine genaue Täterbeschreibung abgeben.
Der Täter war etwa 30-35 Jahre alt, dunkle, bis in den Nacken, lange gewellte Haare, 175-180 cm groß und schlank. Er trug eine dunkelblaue Jeans und eine braune Lederjacke. Seine Erscheinung war ziemlich heruntergekommen. Unrasiert und ungekämmt.
Bensons erster Gedanke war, dass dies Imhoff gewesen war, der den Überfall tätigte. Er wies seinen Kollegen, der den Überfall aufgenommen hat, an, dem Inhaber, Imhoffs Fahndungsfoto zu zeigen. Und tatsächlich, konnte der Inhaber Imhoff als Einbrecher identifizieren.
Benson versuchte sich in Imhoff hinein zu versetzen. Er spielte in Gedanken einige Situationen durch, doch auf Vermutungen wollte er sich dann doch nicht verlassen. Und er hatte ja auch noch die junge Frau Siehbert, die ihm weiter helfen würde, dieses Verbrechen auf zu klären.
Lange grübelte er darüber nach, was es mit den Träumen auf sich hatte, da dies aber unerklärlich war, nahm er sich vor, nicht weiter darüber nachzudenken. Fakt war, dass Lea die Realität träumte.
***
Lea saß in ihrem Bett und dachte an die junge Frau, die, wie sie jetzt weiß, Rebecca hieß.
Ganz in ihren Gedanke vertieft, hörte sie eine Stimme. Eine Stimme, die ängstlich versuchte auf jemanden einzureden.
Es war Rebecca, sie redete auf Imhoff ein.
„Bitte lass mich gehen, ich werde dich nicht anzeigen, dir wird nichts passieren, das verspreche ich dir. Du musst mich nur gehen lassen.“
Ein hämisches Lachen ertönte. „Dich gehen lassen? Niemals! Du gehörst mir! Und wenn alles klappt, dann wird auch niemand mehr nach dir suchen.“ Er lachte wieder.
„Du wirst mich lieben und für immer mein sein.“
Seine Augen spiegelten den Wahnsinn in ihm wieder.
Er trat zu ihr hin, klebte einen Klebestreifen über ihren Mund und warf sie zurück auf das Bett.
Sie versuchte ihn mit ihren Händen von sich weg zu drücken
Er achtete nicht auf ihre Gegenwehr, schob das T-Shirt hoch und rieb mit seinen schmutzigen Fingern ihren Busen. Rebecca wand sich vor Ekel unter ihm, und als er sich wieder an ihr verging, roch sie seinen stinkenden Atem. Sie spürte die brutalen Stöße und betete innerlich, dass sie bald von ihrem Leiden erlöst wurde.
Nachdem er sich brutal vergewaltigt hatte, lies der miese Kerl sie wie einen nutzlosen Gegenstand liegen und ging aus dem Fischerhaus.
Rebecca schloss ihre Augen, die schon vom vielen Weinen ganz geschwollen waren, rollte sich vor Schmerzen zusammen und versuchte ihre Gedanken auf schöne Dinge zu lenken. Die schöne Zeit mit Markus und die Planung für eine gemeinsame Wohnung.
Lea schreckte hoch. Hatte sie geträumt? War sie eingeschlafen? Oder war das ein Tagtraum? Sie wusste es nicht.
Sie hatte sich auf ihr Bett gesetzt um über ihre Träume nachzudenken und da war sie auf einmal bei Rebecca und musste zusehen, wie sie Imhoff mit einer enormen Brutalität misshandelt.
Ihre Hilflosigkeit machte sie fast verrückt. Rebecca würde das nicht mehr lange aushalten.
Lea legte sich zurück und deckte sich mit der Bettdecke bis zum Kinn zu. Ihre Träume erschreckten sie, und sie wünschte sich nie wieder etwas träumen zu müssen. Andererseits musste sie weiter träumen, um Rebecca zu helfen.
Verwirrt schloss sie die Augen und sank in einen unruhigen Schlaf.
Dieses Mal träumte sie nicht direkt von Rebecca.
Sie war eine Gestalt, die aus dem Fischerhaus kam.
Nein, sie steckte in Imhoff, nun war Lea der Täter, der so brutal mit Rebeccas Körper und Seele umsprang. Lea merkte wie gut er sich fühlte nachdem er sich an Rebecca vergangen hatte und wie der Wahnsinn seine Sinne verwirrte.
Er nahm den Rucksack vom Haken, machte ihn zu und band das Seil fest um den Verschluss. Dann nahm er eine Schere die auf einer Fensterbank lag und ging zurück in das Fischerhaus.
Seine linke Hand fasste Rebecca in die Haare und mit der rechten schnitt er einen größeren Büschel blondes Haar ab. Mit einem Grinsen warf er ihren Kopf wieder auf die Matratze zurück, und schaute herablassend auf Rebecca nieder.
Gedemütigt, missbraucht und geschlagen lag sie da. Wimmernd wie ein kleines Baby. Ihre Augen schauten ihn flehend an.
Er beugte sich zu ihr hinunter und strich mit der Schere über ihre Wange.
„Du gehörst mir! Mir allein!“ schrie er sie an.
Er drehte sich um und ließ die zitternde Rebecca allein im Fischerhaus.
Mit schnellen Schritten lief er hinaus ins Freie. Nach einigen Metern ließ er ein paar von Rebecca´s Haaren fallen und rieb sie mit den Fuß in den Schlamm, am Rande des Sees.
Als er etwa 100 m vom Fischerhaus entfernt war, band er sich das Seil, an dem der Rucksack hing, um den Bauch und watete ins Wasser.
Imhoff schwamm, bis er die Mitte des Sees erreichte und zog die Jeans und die Joggingjacke aus dem Rucksack.
Diese schwammen auf der Wasseroberfläche und mit einem Grinsen kehrte Imhoff
zurück. Sein Plan, den er sich ausgedacht hatte, schien zu funktionieren.
Die Flüssigkeit, die er über die Klamotten gegossen hatte, machte sie Wasser undurchlässig und ließ sie nicht untergehen. So wurden sie, so hoffte Imhoff in seinem Wahn, bald gefunden. Man sollte denken, Rebecca sei im See ertrunken und er hätte Zeit mit ihr zu verschwinden.
Der Irrsinn vernebelte ihn die Sinne und er war sich sicher dass dieser Plan dazu führen sollte dass er Rebecca für immer behalten konnte.
Als er zurück kam, nahm er den Kanister mit dem Petroleum und verschüttete alles rund um das Fischerhaus.
Mit groben Händen machte er Rebecca von ihrer Halsfessel von der Wand los und schleifte sie, wie einen Hund, hinter sich her. Ihre Beine versagten ihr den Dienst und ihre Knie knickten immer wieder ein. Dies ließ sie mehrfach hinfallen.
Imhoffs übler Plan sollte die Polizei in die irre führen. Und in der Zeit, die die Polizei für die Untersuchung braucht, würde er mit Rebecca an einen anderen Ort verschwinden.
Nach dem er den gesamten Kanister mit dem Petroleum auskippte nahm er ein Streichholz und steckte die Fischerhütte in brand.
Das Feuer bannte sich einen Weg durch die Räume bis schließlich das ganze Haus in Flammen stand.
***
Lea wurde wach. Sie hustete, die Augen brannten, es roch nach Feuer. Lea sah auf die Uhr. Es war weit nach Mitternacht.
Sie musste unbedingt Kommissar Benson anrufen, wenn sie jetzt auf die Suche gingen dann könnten sie das Feuer der brennenden Fischerhütte schon von weitem sehen.
Sie nahm ihr Handy und wählte die Nummer von Bensons Handy. Eine verschlafene Männerstimme meldete sich: „Ja?“
„Herr Kommissar, es tut mir Leid, dass ich sie mitten in der Nacht störe, aber es ist wahnsinnig wichtig.“
„Was ist denn los, Frau Siehbert?“
„Wir müssen uns unbedingt sofort auf den Weg machen, Imhoff hat das Fischerhaus angezündet, und wenn wir gleich gehen, dann kann uns das Feuer den Weg weisen.“
„Und Rebecca? Ist sie noch dort?“
„Nein, er hat sie mitgenommen. Er will, dass sie denken, sie wäre ertrunken. Aber das kann ich ihnen alles später erzählen. Bitte Kommissar Benson, es bleibt nicht viel Zeit.“
„Ich bin in fünfzehn Minuten bei ihnen, ich habe auch einige Lagepläne von Fischerhütten, die wir anfahren können.“
„Ist gut, bis gleich.“
Mit einem Team von Polizeibeamten kam Kommissar Benson und holte Lea von ihrer Wohnung ab.
Sven, der das Telefonat mitbekommen hatte, bestand darauf sie zu begleiten, und als der Kommissar endlich mit seinem Team vorgefahren kam, stiegen die beiden in Benson´s Auto.
Nach dem sie drei Fischhütten erfolglos angefahren hatten, machten sie sich auf den Weg zur nächsten.
Am Waldstück angekommen, sahen sie in der, vom Mondlicht erhellten Nacht, Qualm der nicht weit von ihnen in den Himmel aufstieg.
Während der Autofahrt erzählte Lea dem Kommissar alles was sie im Traum erlebt hatte.
Der Kripobeamte nahm dies mit einem Schulterzucken zur Kenntnis.
Quietschend bremste er das Auto ab, als sie in die Nähe des brennenden Fischerhauses eintrafen.
„Sie bleiben im Auto, Frau Siehbert. Und sie bitte auch.“ Sven, stieg dennoch aus, blieb aber vor dem Auto folgsam stehen.
Mittlerweile dämmerte es, und die Spurensicherung konnte somit besser die
Spuren lesen, die zurück geblieben sind.
Leas Beschreibungen halfen, die Hinweise, die Imhoff legte um die Beamten zu
täuschen, als Beweismittel sicher zu stellen.
Die Feuerwehr, die auch kurz darauf eintraf, versuchte ihr Bestes um den Brand schnellstmöglich zu löschen, aber die Hütte brannte so lange, bis nur noch ein verkohlter Haufen Holz übrig blieb.
Keine Spur von einer Leiche, das lies Benson aufatmen.
Es war ein gutes Zeichen, dass Rebecca noch lebte. Dachte Benson. Aber sicher konnte er das nicht sagen.
Alles hing nun an Lea´s Träumen, nur durch sie wäre es jetzt noch möglich Rebecca schnell aufzuspüren und sie zu befreien.
Trotz seiner guten Ausbildung zum Kommissar und der gesamten Technik die ihm zur Verfügung stand, musste er sich nun auf eine Frau verlassen, die ihm durch Träume eine Möglichkeit zur Aufklärung bot. Im Grunde war das nicht sein Ideal, aber in diesem Fall recht hilfreich.
Es war nun schon fast Mittag und die Beamten der Spurensicherung hatten alle verbliebenen Spuren und Plastikbeutel verpackt und auch die Feuerwehr war nach vollendeter Arbeit wieder abgezogen. Benson hatte im moosigen Boden Fußabdrücke gefunden und war diesen bis zur Straße gefolgt. Dort musste Imhoff seinen Wagen abgestellt haben und mit diesen war er dann wahrscheinlich mit Rebecca geflohen.
Kommissar Benson schickte Lea und ihren Freund nach Hause.
Sie sollten sich nach der anstrengenden Nacht ausruhen und er hoffte insgeheim, dass Lea bald eine neue Spur für ihn hatte.
Als Benson wieder in seinem Büro war, informierte er die Familie Brenner von den Ereignissen und dass sie Spuren von Rebecca gefunden hatten. Leider konnte er der Familie nicht sagen, wann sie Rebecca finden oder ob sie überhaupt noch lebte.
Auch dieses Mal erwähnt er nichts von Lea´s Träumen. Es war für die Familie, schon schlimm genug, und da war es besser sie nicht damit in unnötige Sorge zu bringen.
Das Klingeln des Telefons riss Benson aus seinen Gedanken. Er war in die Unterlagen vertieft und suchte verzweifelt einen Weg um Imhoff zu überführen.
Er hob ab:
„Streife 374, spreche ich mit Kommissar Benson?“
„Ja , Benson hier.“
„Ich hab hier einen Unfall, und ich möchte sie bitten, dass sie sich das mal anschauen.“
„Ich kann mich jetzt nicht mit einem Unfall beschäftigen, ich hab Wichtigeres zu tun, das muss ein anderer übernehmen.“
„Es wäre aber gut wenn sie doch kommen, das hat mit ihrem Fall zu tun.“
„Mit meinem Fall? Wieso, was ist denn geschehen?“
„Ein LKW hat einen Fußgänger, der unvorsichtig über die Straße lief, überfahren.“
„Und? Was hat das mit meinem Fall zu tun?“
„Der Tote ist Franko Imhoff, Herr Kommissar.“
„Ich bin sofort da.“
Er notierte sich die Adresse des Unfallortes, stieg in sein Auto und raste sofort los.
Es war eine stark befahrene Straße, am anderen Ende der Stadt. Franko Imhoff wurde gerade in den Leichenwagen geschoben, als Kommissar Benson eintraf.
Der Streifenpolizist gab dem Kommissar die Tasche des Toten und erläuterte ihm kurz den Unfallhergang.
In der Tasche fand Benson Lebensmittel, die Imhoff für sich und Rebecca eingekauft oder gestohlen hatte.
Nun hatten sie ein zusätzliches Problem, sie mussten Rebecca schnell finden, sonst würde sie elendig verhungern und verdursten. Er hatte sie mit Sicherheit irgendwo eingeschlossen und bewegungsunfähig gemacht. Allein würde sich Rebecca nicht befreien können, und das wäre ihr Todesurteil. Es müsste sehr bald etwas geschehen, denn lange konnte sie ohne Nahrung nicht
überleben.
Er rief Lea an und teilte ihr die Geschehnisse der letzten Stunden mit. Dann
fragte er: „Frau Siehbert, hatten sie wieder einen Traum, der uns jetzt weiterhilft?“
„Nein, leider nicht. Ich hab zwar geschlafen, aber ich hatte keinen Traum. Tut mir Leid.“
„Da kann man nichts machen. Bitte Frau Siehbert, rufen sie mit sofort an, wenn sie wieder etwas wissen.“
„Ja klar, das werde ich machen. Wenn ich ihnen sonst noch irgendwie helfen kann, sie brauchen es nur zu sagen.“
„Nein, schon gut, es reicht wenn sie mich anrufen.“
„Ist gut, Herr Kommissar.“
Er legte auf. Benson war niedergeschlagen. Er hatte gehofft, dass sie ihm weiterhelfen könnte. Aber es ist wie es ist, er würde nicht aufgeben.
Mit ein einigen Beamten seines Teams, machte er sich auf den Weg zu Imhoff´s Haus. Es war sein Elternhaus. Vielleicht würde er Rebecca dort finden.
Vor dem Haus stand ein Mann, der aufgeregt auf und ab lief.
Benson ging auf ihm zu.
„Mein Name ist Markus Lehmann, ich bin Rebecca´s Freund. Ich bin hierher,
weil ich erfahren habe, das hier dieser Mistkerl wohnt. Und wenn es sein
muss, dann werde ich ihn totschlagen, aber er wird mir vorher verraten wo Rebecca ist.“
„Wie sind sie zu dieser Information gekommen?“ fragte Benson erstaunt.
„Ich war zufällig in der nähe von dem Haushaltswaren Geschäft, das überfallen wurde und da hab ich gehört wie der Beamte die Adresse von Imhoff seinen Kollegen weitergegeben hatte.
Ich konnte nicht weiter untätig sein und bin auf eigene Faust hier her.“
Benson nickte sagte aber:
„Herr Lehmann, Franko Imhoff ist Tod. Er wurde heute von einem LKW erfasst
und ist sofort an der Unfallstelle verstorben.“
„Oh mein Gott, und Rebecca? War sie bei ihm?“
„Nein, wir suchen mit vereinten Kräften nach ihr.“
Markus ließ den Kopf hängen, Benson klopfte ihm auf die Schulter.
Dann marschierte er auf das Haus zu.
In der Wohnung von Lea war es still, sie setzte sich in ihren Schaukelstuhl und schloss die Augen.
Wenn sie sich jetzt konzentrierte, dann würde es vielleicht klappen. Sie braucht doch unbedingt Informationen um Rebecca zu finden.
Minuten lang saß sie da, und auf einmal...eine Straße….ein Haus...ein Raum, alles erschien vor ihrem inneren Auge.
Ein Keller, es war dunkel, und an einem Heizungsrohr gefesselt, zusammen gekauert lag Rebecca auf dem kalten Betonboden.
Mit einer Dose klopfte sie heftig an das Heizungsrohr. Immer wieder, und wieder, dabei rannen ihr dicke Tränen über die Wangen und eine Eiseskälte übermannte sie.
Sie redete, nein, sie betete. Lea konnte hören wie sie das “Vater Unser“ aufsagte. Immer wieder.
Lea schlug die Augen auf. "Verliere nicht die Hoffnung Rebecca, wir werden dich finden."
Mit ihrem Handy rief sie den Kommissar Benson an.
Nachdem sie ihm alles berichtete, entgegnete er: "Danke Frau Siehbert, ich bin bereits im Haus.“
Hinter dem Haus war ein Spielplatz, auf dem einige Kinder spielten. Als er auf das Haus zuging, sah Benson zwei kleine Buben, die neugierig durch das Kellerfenster schauten. Er ging auf die beiden zu und gab sich ihnen als Polizist erkenntlich. Aufgeregt plapperten die beiden wild durcheinander. Aber Benson konnte verstehen, dass sie ein Geräusch hörten, dass aus diesen Kellerräumen kam. Es war eine Art Klopfen.
Mit Lea am Telefon ging er die Kellertreppe hinunter. Der Lichtschalter funktionierte nicht und so musste er im Dunkeln hinab steigen.
Langsam schritt er Stufe für Stufe hinunter. Am Ohr hielt er sein Handy gepresst, an dem Lea´s flüsternde Stimme zu ihm sprach.
„Hier stimmt was nicht!“ meinte sie vorsichtig.
„Wieso,…können sie was fühlen, oder sehen, dass mir hier weiter helfen würde?“ konterte der Kommissar.
„Ich fühle etwas, ja….aber ich kann es irgendwie nicht zuordnen.“
Der Kommissar hörte ihr ruhig und gelassen zu als ein spitzer Schrei, der aus dem Handy kam ihn zusammen zucken lies.
„Feuer!!! …sie müssen raus, schnell!!!...Ich kann es fühlen, riechen und spüren!!!“
Sie schrie ihre Hilflosigkeit gnadenlos in ihr Handy. „Schnell …bringen sie sich in Sicherheit!“
In Bensons Gedanken war nur noch, er müsse Rebecca so schnell als möglich finden, sonst wären sie beide verloren und in den Flammen gefangen. Ohne nachzudenken steckte er sein Handy in die Hosentasche, obwohl die Verbindung zu Lea noch bestand.
Lea war starr vor Angst und saß mit angehaltenem Atem da und wartete auf ein weiteres Lebenszeichen von Benson.
Der schritt weiter und bemerkte nun schon den Geruch von verbrannten Gegenständen.
Der Rauch stieg hoch und strömte in seine Lungen. Seine Augen brannten und verschleierten seinen Blick.
„Rebecca!!! Sind sie hier?“ rief er hustend in den Kellerraum hinein. Er drückte sich ein Taschentuch vor Mund und Nase und tastete sich Schritt für Schritt durch den Raum.
Überall knisterte das Feuer das immer mehr Nahrung zum Brennen bekam. Sämtliche Gegenstände des Kellers fingen Feuer und ließen die Luft vor lauter Rauch so dick werden dass Atmen kaum noch möglich war.
Genau in diesem Moment, als Benson dachte er müsse umkehren, hörte er ein leises Wimmern aus einem Winkel des Kellerraums.
„Rebecca??? Sind sie das?....bitte melden sie sich, ich bin hier um sie hier raus zu bringen!“
„Hier“ …kam eine leise Stimme und Benson versuchte der Stimme näher zu kommen.
Aber als er einige Schritte gegangen war, krachte es, ängstlich schaute Benson um sich herum. Plötzlich ein weiteres knacken und auf einmal stürzte über ihm die Decke ein und bedeckte ihn zum größten Teil mit Geröll. Eingeklemmt von großen Betonteilen, drang der Rauch in seine Lungen und durch den Sauerstoffmangel verdunkelte sich langsam seine Umgebung und er wurde unmächtig.
***
Lea, die immer noch mit ihrem Handy in der Hand, in ihrem Schaukelstuhl saß, wartete ungeduldig auf eine Antwort von Kommissar Benson. Die Stille machte sie fertig. Sie stand auf und lief ziellos in ihrer Wohnung umher.
In der Diele blieb sie vor dem großen Spiegel stehen und sah gedankenverloren hinein. Nach einer Zeit, verschwamm ihr eigenes Spiegelbild und es entstand ein Bild vor ihren Augen.
Sie sah Benson am Boden liegen, eingeklemmt und unfähig sich zu bewegen. Seine Augen waren verschlossen und sein Atem ging nur noch stoßartig.
Lea sprang auf ihre Beine „Ich muss was tun, mist, was nur….wie?“
Sie schnappte sich ihre Jacke und rannte aus ihrer Wohnung im Treppenhaus die Stufen hinunter.
Auf der Straße schaute sie um sich und rannte zu ihrem Auto.
Irgendwie wusste wohin sie musste. Sie raste die Straße endlang und fuhr ohne groß nachzudenken geradewegs zu dem Haus in dem Benson und Rebecca aufhielten.
Mit großen Augen sah Lea, dass Rauch aus den Fenstern drang und blindlings rannte sie auf den Eingang zu.
Polizeibeamte und freundliche Nachbarn versuchten mit kleinen Feuerlöschern das Feuer durch die Fenster zu löschen.
Als sich Lea unbeobachtet fühlte, huschte sie ins Haus. Doch hinter ihr war eine Gestalt, die ihr folgte.
Dieser meinte nur, „ ich bin Markus, Rebeccas Freund, bitte lassen sie mich helfen!“
Lea nickte mit dem Kopf und gemeinsam hinein.
Mit einer Taschenlampe, die Markus dabei hatte, konnten sie den Weg etwas ausleuchten, doch die schlechte Sicht ließ sie beide nur unsicher einen Fuß vor den anderen stellen. Der Rauch stieg in ihre Lungen.
Ein modriger Geruch kam ihnen entgegen, der Rauch war fast unerträglich, die Gegenstände die sie im Licht der Taschenlampe erkennen konnten waren alt und heruntergekommen. Sekundenlang war Stille. Dann fragte Lea laut in den Rauch hinein:
„Herr Kommissar…..Rebecca…..wo seit ihr?“
Keine Antwort.
Die Stille machte Lea verrückt.
"Lea…..Ich habe sie gefunden, sie lebt.", rief Benson, der gerade etwas zu sich gekommen ist.
„Hinter der Vitrine….schnell!!!“röchelte der Kommissar.
Markus drängte sich an Lea vorbei und schob die Vitrine beiseite.
Zusammengekauert saß Rebecca auf dem kalten Betonboden. Sie zitterte am ganzen Körper. Ihre Hände waren an ein Heizungsrohr gebunden und sie sah Markus mit ängstlichen Augen an.
Als sie ihren Freund erkannte, brach sie in tränen aus, dies waren aber Freudentränen.
Markus befreite sie und trug sie vorsichtig durch den Raum.
Lea, räumte grade mit all ihrer Kraft die Betonteile von Bensons Körper weg und versuchte ihm beim aufstehen zu helfen.
Gemeinsam stiegen sie die Treppe nach oben, dort kamen ihnen die Feuerwehrleute entgegen.
Rebecca und auch Kommissar wurden in einen Notarztwagen gebracht und ins Krankenhaus gefahren.
Gott sei dank kam Benson mit Prellungen und Schürfwunden davon.
Rebecca versuchte bis heute noch die traumatischen Erlebnisse unter ärztlicher Unterstützung zu verarbeiten. An ihrer Seite immer ihre Eltern und ihr Freund Markus.
Auch Lea besuchte Rebecca oft und aus den beiden entstand eine gute Freundschaft.
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2009
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Widmung:
Ich möchte mich zuerst sehr herzlich bei "szirra" und "joe.mac.zey" bedanken.
Sie haben mir bei meiner Korrektur sehr hilfreiche Tipps gegeben.
............................Vielen Dank!!!......................