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Freunde sind nicht gleich Freunde

Verstand und Gefühl stehen meist auf zwei verschiedenen Blättern. Innerlich getrieben von dem was man vermeindlich nicht hat, wird man schnell zu etwas was man eigentlich gar nicht sein wollte.

Der geliebte Partner schläft auf dem Sofa und selber sitzt man stundenlang von dem PC und unterhält sich mich relativ fremden Leuten. Geschmeichelt von dem, was man auf dem Bildschirm liest rutscht man in eine Welt, aus der es schwer ist allein wieder herauszukommen.

Betrug und Abhängigkeit nicht im körperlichen Sinne, sondern im Inneren. Das ist meist viel schlimmer, denn es zerbricht nicht nur die Beziehung sondern man zerbricht selbst. Von diesem Zerfall handelt diese Geschichte.

Viele Jahre lebten sie nun schon zusammen und führten eine gute und auf gegenseitige Rücksicht und Vertrauen geprägte Beziehung. Sie verstanden sich blind und Streit kam eher selten vor. Viele Gemeinsamkeiten schweißten sie zusammen und beide waren glücklich so wie das Leben für sie beide spielte. Bis eine Zeit kam, die ihre Beziehung auf eine harte Prüfung stellte.

Langeweile am Abend trieb Viktoria an den Computer und sie hatte die Idee, sich in einen Chat einzutragen. Mit viel Freude legte sie ihr Profil an und war schon gespannt was auf sie zukam. Ihr Partner Steve war Anfangs auch mit am PC, doch schnell merkte er, dass dies für ihn nichts war. Er überlies es ihr ob sie sich dort aufhalten wollte oder nicht. Es fand es schön, ihre leuchtenden Augen zu sehen wenn sie ein Kompliment bekam und sich ihre Wangen verlegen rötlich färbten. Irgendwie war es auch für ihn ein gutes Gefühl wenn andere seine Freundin gut fanden. Desshalb machte er sich auch keine Gedanken darüber ob da auch bei dem ein oder anderen Kompliment sich was anderes verstecken könnte. Er vertraute Viktoria blind und lies sie einfach so lange sie wollte in ihrem Chat bleiben.
Die Tage und Wochen vergingen und Viktoria verbrachte nun fast jede freie Minute am PC. Sie konnte es kaum erwarten von der Arbeit nach haus zu kommen um sich so schnell als möglich wieder einzuloggen. Mittlerweile hatte sie schon viele Kontakte geknüpft und die verschiedensten Menschen aus ganz Deutschland unterhilten sich mit ihr. Dadurch vernachlässigte sie aber ihr reales Leben. Haushalt und Einkaufen machte sie nur so schnell schnell um gleich wieder online zu sein. Es war wie eine Art Zwang, ein Verlangen , der sie immer wieder in den Chat führte. Dort sah man sie so, wie sie sein wollte. Sie stand ständig im Mittelpunkt und wurde von jedermann bewundert.
Lachend saß sie vor dem PC und amüsierte sich über gemeinsam geführte Gesprächsthemen. Steve saß meist allein vor dem Fernseher und wurde allmählich unruhig, denn Viktoria nahm am Computer ihre Umwelt gar nicht mehr war. Gemeinsame Abende mit ihm allein kamen wenn überhaupt nur sehr selten vor und zeitweise sprachen sie über Tage kein Wort miteinander.
Viktoria schien das nicht zu stören, sie fühlte sich wohl in ihrer Welt im Chat.
Sie merkte auch gar nicht, dass sie sehr unvorsichtig wurde. Sie gab manchen der Chatmitglieder ihre Adresse und auch ihre Telefonnummer.
Wenn sie nun mal nicht am PC war, dann hing sie am Telefon und redete stundenlang.
Ihre Freunde im Chat waren meist Männer und es kam auch vor, dass diese Anspielungen machten. Manche wollte die Frau, die so attraktiv, fröhlich und aufgeschlossen war, auch real kennenlernen. Doch dies war ein Schritt den Viktoria nicht bzw. noch nicht gehen wollte. Sie war an keinem Sexuell interessiert. Es reichte ihr, sich zu unterhalten oder leicht zu flirten.
Aber da war ein Mann, er nannte sich Mark, er gab sich damit nicht zufrieden.
Er fing an Viktoria zu beobachten. Ihre Adresse hatte er ja von ihr bekommen. Und er sah ihr zu wie sie in die Arbeit ging, zum Einkaufen oder einfach nur wie sie den Müll zur Tonne brachte.
Zuerst merkte Viktoria nichts davon, aber Mark erzählte im Chat öffentlich was er beobachtet hat und dass er nur jedem empfehlen könnte zu Viktoria zu gehen. Sie sei eine wahnsinns Frau und er würde es bestimmt irgendwann schaffen sie flach zu legen.
Dies war ein Schock für Viktoria. Unwohlsein und Angst mischten ihre Gefühle auf, und sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie fühlte sich schmutzig und erbärmlich. So ausgenutzt, vorgeführt und angeboten zu werden war eine extreme Demütigung für sie. Sie musste was tun und die ganz Nacht überlegte sie was sie tun könnte.
Also nahm sich sich vor, sich der Sache zu stellen und Mark persönlich darauf anzusprechen, um zu erreichen dass er sie in Ruhe lassen sollte.
Gleich am nächsten Tag, nach der Arbeit, schaute sie sich genau um und entdeckte Mark auch bald an einer Ecke auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Mit klopfenden Herzen ging sie zu ihm und versuchte ein normales Wort mit ihm zu sprechen.
Aber vergeblich. Mit Mark war nicht normal zu sprechen. Er fasste Viktorias entgegenkommen als Aufforderung auf und zog sie am Ärmel ihrer Jacke in eine Hecke. Dort begrapschte er sie überall und versuchte sie zu küssen.
Aufgebracht und wahnsinnig wütend machte sich Viktoria mühsam los von ihm, trat ihm zwischen seine Beine und rannte so schnell sie konnte zu ihrem Auto.
Als sie total aufgelöst zu hause angekommen war, stand Steve schon im Flur. Er hatte seine Koffer gepackt und war gerade dabei auszuziehen. Er konnte es nicht mehr ertragen, dass Viktoria sich so verändert hatte und ihn ja gar nicht mehr war nahm.
Aber als Steve, Viktorias unordenliche Klamotten und ihr verweintes Gesicht sah, war ihm klar, dass irgendetwas passiert sein musste.
Er nahm sie mit in die Küche, machte ihr einen Tee und hörte aufmerksam ihren Worten zu. Viktoria versuchte Steve die Situation zu erklären, in die sie reingerutscht war.
Sie machte ihm klar, dass sie einen großen Fehler begangen hatte als sie so freizügig mit ihrer Adresse im Chat umging. Ihr wurde auch bewusst, wie sehr sie Steve vernachlässigt hatte und sie sehnte sich nach der Zeit, an dem sie beide glücklich waren.
Sie bat Steve, ihr noch eine letzte Chance zu geben um ihren Fehler wieder gut zu machen und sah ihn flehend an. In ihren Augen konnte Steve erkennen, dass es Viktoria wirklich ernst meinte und weil er sie ja unendlich liebte gab er ihr diese Chance.
Gemeinsam gingen sie zur Polizei und machten gegen Mark eine Anzeige. Die sagte ihr zwar, dass das wenig Sinn hätte, aber ein Anfang wäre gemacht.

Gott sei dank, ließ Mark Viktoria in Fieden und sie konnte nun versuchen das Vertrauen, das Steve in sie verloren hatte wieder aufzubauen.

Aus Fehlern wird man klug und Viktoria war bewusst, dass sie wahnsinniges Glück gehabt hatte. Es hätte auch alles viel schlimmer ausgehen können.
Überglücklich war sie aber, dass Steve ihr noch eine Chance gab und das wollte sie auf keinen Fall vermasseln.




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Tag der Veröffentlichung: 12.11.2009

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