Clair
*** Es war dunkel und ich befand mich in einem Raum. Mit meinen Fingerspitzen tastete ich mich voran und spürte die kalten Wände unter meinen Händen. In mir brodelte eine Angst, die mir fast den Verstand raubte.
Durch die Steine der Wand pfiff ein kalter Wind, und auf meinem Körper stellten sich alle Härchen auf. Zitternd tastete ich mich weiter und fand eine Tür. Sie war verschlossen aber ich konnte durch die Ritzen der alten Holzpanellen Licht entdecken. Dieses Licht beruhigte mich etwas, aber der Gedanke eingesperrt und allein zu sein, ließ mich einfach nicht los.
Ich klopfte laut an der Tür und schrie um Hilfe.
Erleichtert sah ich dann durch die Ritzen der Tür, dass eine Gestalt entgegen kam. Sie wurde mit einem lauten Geräusch geöffnet und ein großer Mann stand vor mir.
Seine Augen musterten mich von oben bis unten und wie von selber versuchten meine Arme meinen Körper zu bedecken.
Ich hatte einen langen weiten weißen Rock an, der schräg an der Seite zu einer Spitze zusammen lief. Mein Oberteil war in einem zarten Lila, dass wie bei einem Mieder vorne mit Bändern zusammengeschnürt war.
Die großen schwarzen Augen des Mannes starrten mich an, und genau in diesem Augenblick als ich ihn ansprechen wollte, packte er mich am Arm und zerrte mich wortlos aus meinem dunklen Gefängnis. Das helle Licht, dass mir entgegen kam, blendete meine Augen und ich kniff sie zusammen. Stolpern zog er mich hinter sich her, eine kleine Treppe hinauf. Oben schloss er eine weitere Tür auf und stieß mich hinein. Mit einem Rumps schloss sich die Tür und der Mann sagte nur, ich solle hier warten bis ich geholt werde.
Nun war ich schon wieder allein und wiederum eingeschlossen. Dieser Raum war aber nicht abgedunkelt, im Gegenteil, er war erhellt mit vielen Kerzen und einem brennenden Kamin. Wo war ich hier? Ein kleines Fester ließ mir den Blick nach draußen und ich konnte sehen, dass ich in einer Art Festung war. Die Burg war aus schweren Steinen und alle Fenster waren mit Eisenstangen verriegelt worden. Ich konnte einen kleinen Wald entdecken und große Felder. Aber nirgends eine Menschen Seele. Ich konnte niemanden erkennen. War ich allein? Und wieso war ich überhaupt hier? Viele Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Nach einer Weile, hörte ich, wie sich die Tür langsam öffnete und ein großer dunkler Schatten betrat das Zimmer. Ein Mann mit breiten Schultern und mit dunklen Haaren schloss leise hinter sich die Tür. Langsam trat er in den Schein der Kerzen und ich konnte sein Gesicht erkennen. Seine braunen Augen sahen mich an, und ich hatte das Gefühl, dass sein Blick mir direkt in meine Seele sah. Sein Gesicht war markant aber sehr attraktiv. Er sprach kein Wort als er langsam auf mich zu Schritt. Ich war wie gelähmt aber
von meiner Angst die ich vorher die ganze Zeit verspürt hatte war nichts mehr da und ich war gespannt was nun geschehen würde.
Auf einmal sprach er, und seine dunkle Stimme zerriss die Stille die mich umgab.
Sanft meinte er, dass er der Herr dieses Anwesens sei und er fühle sich geehrt mich hier willkommen zu heißen.
Sein Diener hatte mich auf der Straße bewusstlos gefunden und mich auf die Festung gebracht. Er freue sich, dass ich doch unversehrt war und dass es mir gut ginge.
Ich brachte kein Wort heraus und starrte ihn nur an. Ich konnte mich an nichts erinnern, nicht mal an meinen eigenen Namen. Alles war verschwunden, als ob man es ausgelöscht hätte.
Zögernd erklärte ich ihm, das ich mich an nichts erinnern könne und darauf meinte er lächelnd, dass ich auf seinem Anwesen ein wenig bleiben könne, bis meine Erinnerungen wieder zurückkämen.
Er lächelte und ich nickte ihm zu.
Nun fragte er mich ob ich etwas mit ihm Essen wolle, denn im Speisesaal wäre das Essen schon hergerichtet worden.
Gern nahm ich sein Angebot an und er führte mich hinunter in einen großen Raum in dem ein großer Tisch mit vielen Speisen stand.
Wir aßen entspannt und es war so, als ob wir uns schon Jahre lang kennen würden. Wir lachten und alberten herum.
Jetzt erst erkannte ich, dass wir nicht allein in der Burg waren. Mehrere Bedienstete kamen in den Saal und räumten den Tisch ab. Mit merkwürdigen Augen nickten sie mir freundlich zu und verschwanden lautlos wieder hinter einer großen Holztüre.
Mein schöner Gastgeber hieß Phil und lebte seit 7 Jahren allein mit seinem kleinen Gefolge hier auf dieser Burg. Er war 38 Jahre alt und hatte vor 5 Jahren seine Frau und sein noch ungeborenes Kind verloren. Sie waren bei einem Ausflug überfallen worden, wobei seine Frau ums Leben kam.
Als er mir dies erzählte, spürte ich die Traurigkeit in ihm und ich hatte das tiefe Verlangen, ihn in meine Arme zu nehmen und zu trösten.
Anscheinend bemerkte er meine Gedanken, denn schnell wechselte er das Thema und nahm mich an der Hand um mir sein Anwesen zu zeigen.
Als sich unsere Hände berührten war es wie ein Blitz. Ein Gefühl so unbeschreiblich, durchfuhr meinen Körper und wir standen lange da und schauten uns nur an.
Langsam kam sein Gesicht näher und mit purer Zärtlichkeit berührten seine Lippen die meinigen.
Seine Hände vergruben sich in meinen Haaren und ich klammerte mich an sein Hemd um nicht den Halt zu verlieren. Ich war einer Unmacht nahe, so schön war das Gefühl das mich durch strömte.
Phil küsste langsam meinen Hals hinab und hinterließ eine heiße Spur des Verlangens. Ich bog mich ihm entgegen und genoss seine Zärtlichkeit.
Auf einmal drückte er mich weg und schaute verlegen zu Boden. Er entschuldigte sich für seine Entgleisung und würde mir nun gerne sein Anwesen zeigen.
Mit zitternden Beinen ging ich neben ihm her.
Er zeigte mir sämtliche Räume und erklärte mir alles ganz genau. Auf einmal schaute er mir in meine Augen und fragte mich, da ich ja jetzt eine zeitlang bei ihm bleiben würde, wie solle er mich denn ansprechen?
Ich zuckte mit den Schultern denn auf seine Frage hatte ich keine Antwort.
Da meinte er, das er mich einfach Claire nennen würde, das ist Französisch und heißt Licht. Und da das Mondlicht seinem Diener die Stelle zeigte an dem ich lag, wär das doch ein passender Name für mich.
Claire.....der Name gefiel mir und ich lächelte ihn zur Zustimmung an.
Trotz der lockeren Unterhaltung die wir führten, fühlte ich ein wahnsinniges Kribbeln in meinem Bauch. Irgendwas hatte der Hausherr ansich, das mich verwirrte und zu gleich enorm anzog.
Als er mich wieder in das Zimmer brachte, in dem ich zuvor schon war, sagte er mir, dass ich mich in seinem Reich wie zuhause fühlen sollte und ich könnte mich frei bewegen. Wenn ich wollte, dann würde er mit mir am nächsten Morgen einen kleinen Ausflug machen.
Ich strahlte ihn an und sagte leise dass ich mich freue.
Er verabschiedete sich und ging mit den Worten, wir sehen uns morgen beim Frühstück, Claire. Gute Nacht.
Die schwere Eichentüre schloss sich und ich setzte mich auf das Bett. In meinen Gedanken drehte sich alles. Auf dem Nachttisch stand ein Krug mit Wein und ich schenkte mir ein Glas ein. Als ich den ersten Schluck genommen hatte, wurde alles um mich herrum in ein schummriges Licht gehüllt und ich fiel in einen tiefen unruhigen Schlaf.
In meinem Traum rief mich eine Stimme bei meinem neuen Namen und lockte mich in einen großen Raum mit vielen Türen. Ich versuchte herrauszufinden aus welchem Raum die Stimme kam und öffnete vorsichtig die erste Tür.
Was dahinter zum Vorschein kam raubte mir fast den Atem. Es war ein riesiges Zimmer in weichen Farben mit vielen großen Ölgemälden an den Wänden . Ich ging von Bild zu Bild und schaute mir jedes genau an. Ich hatte das Gefühl das mit den Bildern was nicht stimmte, denn sie waren so real und ich meinte das mich die Augen der Person direkt anschauten. Wenn ich zum nächsten Bild ging, verfolgte mich die Person weiterhin von den Leinwänden.
Auf jedem Bild war eine Situation aus dem Leben einer jungen Frau beschrieben. Es war immer die gleiche Frau. Mal pflückte sie Blumen auf einer großen Wiese , mal saß sie an einem langen Tisch und aß, dann stickte sie an einem Bild und saß dabei in einem mit Feuer beleuchteten Zimmer. Aber das letzte Bild faszinierte mich am meisten. Die Dame stand mit ausgebreiteten Armen da und schaute einem Mann hinterher, der sich von ihr entfernte. Die Hände des Mannes waren so dargestellt, dass man das Blut an seinen Fingern deutlich sehen konnte, wie es langsam zu Boden tropfte.
Der Ausdruck der Dame war voller Liebe aber begleitet von tiefer Traurigkeit.
Als ich so versunken vor diesem Bild stand, bemerkte ich gar nicht, das ich nicht mehr allein war. Es waren aufeinmal mehrere Gestalten neben mir. Sie waren seltsam gekleidet. Die Frauen mit langen Gewändern, kostbar geschmückt und die Männer hatten edle Anzügen an, die mit verzierten Rüschen an den Ärmeln versehen waren.
Aufgeschreckt blickte ich mich um und suchte einen Weg, um aus diesem Zimmer zu entkommen. Ich hatte das Gefühl ich dürfte hier nicht sein und diese Personen machten mir große Angst.
Sie kamen immer näher an mich herran und sie versuchten mich zu umzingelten. Ich wich immer weiter zurück und stand nun ganz an die Wand gedrängt unter dem Bild mit der Dame mit den ausgebreiteten Armen. Meine Angst wurde unerträglich und kleine Tränen kullerten über mein Gesicht. Die Augen dieser Leute leuchteten in einem hellen Rot und verhießen nichts Gutes.
Als ich dachte nun hätte meine letzte Stunde geschlagen, hörte ich eine Stimme von weitem, die mit einem lauten „Halt!“ die Menge auseinander trieb.
Ein großer Mann kam auf mich zu und reichte mir seine Hand. Als ich in sein Gesicht blickte, erkannte ich Phil, aber seine Augen leuchteten genauso Rot wie die von den anderen Gestalten.
Ich zitterte am ganzen Körper, folgte ihm aber in der Hoffnung, er würde mich hier rausbringen.
Aber ich täuschte mich. Ohne den Blick von mir zu nehmen, führte er mich nur an die andere Seite des Zimmers. Seine Augen schienen zu glühen, und in seinem Gesicht stand eine Gier geschrieben, die mich fast hysterisch vor Angst machte.
Er führte meine Hand zu seinem Mund und ich konnte sehen, wie aus seinen markellosen Zähnen, scharfe Reißzähne wurden. Meine Angst wurde unerträglich,aber ich war
aufeinmal wie gebannt und ich konnte mich nicht bewegen. Langsam bohrte er seine Zähne in mein Handgelenk. Ich wollte schreien, aber es kam kein Laut aus meinem Mund. Ein heißer Schmerz durchzuckte mich, und mit jedem Schluck den er von meinem Blut trank wurde ich schwächer. Bis ich so schwach war, dass ich mein Bewusstsein verlor.
Als ich aufwachte, lag ich schweißgebadet in meinem Bett, in jenem Zimmer das mir der Hausherr am vorrigen Abend zugeteilt hatte. Aber wer hatte mich denn ausgezogen? Verwirrt schaute ich um mich und stellte zu meiner Erleichterung fest, dass ich allein war. Ich dachte noch, was für ein furchtbaren Alptraum und ich rieb mir das Handgelenk.
Aber was war das?....Auf der Innenseite meines Handgelenks waren zwei kleine Löcher zu erkennen, die wie Bissspuren ausschauten. Panik stieg in mir hoch. War dies doch kein Traum gewesen? Was war das für ein Ort? War ich hier mitten unter Vampiere?
Meine Gedanken purzelten durcheinander, als es an meiner Tür klopfte.
Voller Schreck sprang ich aus dem Bett, mit mir das Bettlaken, dass ich vor meinen Körper presste, und stand nun zitternd vor der großen Eichentür.
Die Tür ging nicht auf, ich hörte nur Phils weiche Stimme, die mich einlud zum Frühstücken nach unten zu kommen.
Unsicher antwortete ich, dass ich gleich kommen würde.
In diesem Moment entschied ich , dass ich herrausfinden will und muss, was in dieser Burg merkwürdiges vorging. Ich konnte hier niemanden trauen, vor allem nicht Phil. Diese Erkenntnis erschreckte mich, denn ich war nun ganz auf mich allein gestellt.
Die Sonne schien schon sehr hell durch das Fenster als ich mich umsah, um nach meinen Kleidern zu suchen. Ich fand meine Anziehsachen, sie waren sorfälltig über einen Stuhl gelegt worden und nachdem ich mich schnell an einem kleinen Waschtisch in der Ecke gewaschen hatte, zog ich mich an und ging an die Tür. Zu meiner Verwunderung war diese nicht abgeschlossen. Vielleicht machte ich mir doch zu viel Sorgen und alles ist halb so schlimm.
Unsicher ging ich die großen Holzstufen nach unten. Am Treppenaufgang wartete schon Phil, der mich mit einem Lächeln begrüßte. Er führte mich in den Speisesaal, auf dessen Tisch schon für das Frühstück reichlich gedeckt war und bot mir einen Stuhl an.
Während er sich ein Brötchen aufschnitt, fragte er mich, wie meine Nacht war. Ich log und sagte ihm das ich wunderbar in dem großen Bett geschlafen hätte. Darauf lächelte er mich an und nickte mir zu.
Der heiße Kaffee tat mir sehr gut und weckte meine Lebensgeister. Dazu gab es noch warme Brötchen mit Marmelade. Zuerst dachte ich, ich würde keinen Bissen hinunter bringen, aber dann aß ich doch zwei davon.
Als seine Bediensteten herrein kamen um den Tisch abzuräumen, zuckte ich zusammen, denn ich erkannte wage die Gesichter ,die auch in meinem Traum vorkamen. Ich versuchte meine Angst zu überspielen und fragte fröhlich was er mir denn heute zeigen wollte.
Phil´s Gesicht erhellte sich und er schlug vor, in die Pferdeställe zu gehen und dann vielleicht ein wenig auszureiten.
In Gedanken nahm ich mir vor, ihn an diesem Ausflug vorsichtig ein wenig auszufragen, um so vielleicht seinem Geheimnis etwas näher zu kommen.
Schon auf dem Weg zu den Pferdeställen fing ich damit an und löcherte ihn mit allerhand Fragen. Ob dieses Anwesen schon von seinen Vorfahren bewohnt wurde und ob seine Verwandtschaft auch in der Nähe wohnen würden , und noch vieles mehr.
Geduldig beantwortete er mir jede Frage, und ich erfuhr, das er die Burg von einem alten Grafen gekauft hatte. Er hatte keine Nachkommen, an denen er sie weitergeben konnte und da kam Phil ihm genau recht um sie ihm für einen sehr hohen Preis zu verkaufen.
Er erzählte ihr auch, dass er ein Einzelkind war und seine Eltern seit einigen Jahren schon nicht mehr lebten. Diese Burg sollte ein glückliches Zuhause für ihn und seine Frau werden.
Doch das Schicksal wollte es wohl anders und nach dem Unglück, das ihm seine Frau nahm, veränderte sich sein Leben um einiges. Er wurde zu Einsiedler und die Burg war eine Art Zufluchtsort für ihn.
Ich hörte ihm aufmerksam zu und versuchte irgendetwas Sonderbares aus seinen Worten zu lesen. Aber es gelang mir nicht. Seine Geschichte hörte sich echt an und ich fing an , an mir selber zu zweifeln. War die Begegnung mit diesen merkwürdigen Gestalten doch nur ein Traum gewesen? Nur der Gedanke daran, lies mein Herz vor Angst höher schlagen. Desshalb versuchte ich diese aus meinem Gedächtniss zu verbannen und diesen Tag mit Phil zu genießen.
Er zeigte mir seine Pferde und suchte für mich eine zahme Stute aus. Gemeinsam ritten wir dann den kleinen Weg entlang der bis zu einem kleinen Wäldchen führte, das ich schon aus meinem Zimmer gesehen habe. Die Umgebung war wunderschön und ich genoss das schöne Wetter und den Ritt durch das Gelände.
Von weitem sah ich einige Bauern die auf einem Feld arbeiteten und ich winkte ihnen zu und wollte auf sie zu reiten. Als Phil bemerkte das ich mich in Richtung der Bauern bewegte, sagte er mit ungewohnter schroffer Stimme, dass wir nun langsam zurück müssten, denn das Essen würde schon sehr bald serviert werden.
Entäuscht blickte ich nochmals zu den Bauern und zögernd folgte ich Phil, der schon auf dem Weg zurück zur Burg war.
Wollte er denn nicht, dass ich mit den Bauern sprach? Aber wieso denn? Ich konnte keine Antwort auf diese Fragen finden. Desshalb nahm ich mir fest vor ihn darauf anzusprechen wenn wir wieder in der Burg waren.
Als wir an den Ställen angekommen waren, stieg ich vom Pferd, nahm die Stute am Halfter und führte sie in ihre Box. Sofort kam ein Stallbursche, Sattelte das Pferd ab und begann es abzureiben. Da ich nichts mehr tun konnte, ging ich wieder ins Freie.
Nun wollte ich die Gelegenheit nutzen um Phil zu fragen, wieso er vorhin so schroff reagiert hatte. Ich drehte mich um und wollte grade mit dem Sprechen beginnen, als ich mit einem Fuß in eine Mulde des Boden trat. Ich verlor das Gleichgewicht und stürtze mit einem schrillen Schrei in einen hohen Rosenbusch. Die scharfen Dornen bohrten sich in meine Arme und zerkratzen mir mein Gesicht. Je mehr ich mich aus dem Busch befreien versuchte, desto tiefer glitten die Dornen in meine Haut. Mein Blut rann mir den Arm hinunter und es brannte höllisch.
Aufgeschreckt von meinem Schrei, kam Phil zu mir herüber und versuchte mich zu befreien. Mit seinem kleinen Messer schnitt er die wiederspänstigen Zweige durch und zog mich wieder auf meine Beine.
Seine Hand umklammerte meinen Oberarm, und als er das Blut in meinem Gesicht und auf meinem Arm sah, wurde sein Griff fester. So fest, dass es zu Schmerzen begann und ich bat ihn mich loszulassen. Er schien mich nicht zu hören, sein Blick war fixiert auf meine Wunden und ich sah wie seine Halschlagader zu pulsieren begann.
Mit einem Ruck befreite ich mich und sah in fragend an. Ich schrie ihn an, dass er mir weh getan hatte, aber er schüttelte nur seinen Kopf, als ob er etwas abschütteln wollte und meinte nur kurz, dass er mich nun hinein führen und meine Wunden versorgen möchte, bevor sich meine Kratzer noch entzünden würden.
Ich holte Luft und wollte noch was sagen, aber da war er schon auf den Weg in die Burg.
Im großen Salon, setzte ich mich auf einen sehr edlen Stuhl und sah zu wie Phil die kleinen Einstichwunden mit Desinfektionsmittel reinigte und dann verband. Es war auffällig, dass seine Hände zitterten und dass er fortwährend Schluckte.
Als er fertig war, sagte er sanft, dass es bestimmt bald wieder verheilen würde und dass ich mich schonen sollte.
Ich nickte nur, denn der Ausdruck in seinen Augen machte mir große Angst. Seine sanfte Stimme passte nicht zu seinen gierigen Augen. Ich wollte so schnell wie möglich auf mein Zimmer und vor allem, wollte ich so schnell als möglich weg von diesem Ort.
Ich musste mir unbedingt was einfallen lassen um unbemerkt von hier verschwinden zu können.
Mittler Weile war es schon später Nachmittag und nachdem ich mir aus einer großen Schale einen Apfel genommen hatte, ging ich auf mein Zimmer. Phil sagte ich, dass ich das Abendessen ausfallen lasse und mich gleich schlafen legen würde.
Wortlos nahm er meine Entscheidung hin und wünschte mir gute Besserung. Als ich den Salon verließ kam eine Stimme von hinten die sagte....Clair, es tut mir leid, schlaf gut.
Ohne zu antworten schloss ich die Tür und ging die Stufen zu meinem Zimmer nach oben. Dort angekommen, lies mich auf das Bett fallen. Wie lange ich so da lag weiß ich nicht mehr aber als es leise klopfte war die Sonne bereits untergegangen. Ich hörte eine Stimme flüstern.....Lady Clair, ich muss dringend mit ihnen reden.
Mit klopfenden Herzen stand ich auf und öffnete die Tür. Davor stand der Stallbursche, der nun schnell in mein Zimmer huschte.
Ich lächelte ihn an und fragte was er denn von mir wolle und da fing er an am ganzen Körper zu zittern. Und meinte, dass ich hier in großer Gefahr sei und ich solle so schnell als möglich von hier verschwinden so lange ich es noch konnte.
Ich wollte ihn noch fragen wie er dann darauf kommt, aber da wurde die schwere Eichentür aufgerissen und Phil stürmte ins Zimmer.
Seine Augen leuchteten wieder grauenvoll in diesem hellem Rot als er auf den Stallburschen los ging. Ich schrie laut , aber auch das hielt Phil nicht auf. Er drängte ihn an die Wand und seine Hände hielten ihn wie in einem Schaubstock gefesselt. Ein grollen kam aus seiner Kehle als er seine Reißzähne in seinen Hals bohrte. Sekundenlang saugte er an ihm bis er ihn schlaff zu Boden gleiten ließ. Mit einem Wink seiner Hand, kamen einige Gestalten ins Zimmer und sie schleiften den reglosen Körper aus dem Zimmer. Auf dem Flur stürzten sie sich auf ihn und saugte ihm das Blut bis auf den letzten Tropfen aus.
Starr schaute ich auf das Schauspiel und zitterte vor Entsetzen.
Ich stolperte zurück als Phil auf mich zutrat. Seine Hand machte eine Bewegung über mein Gesicht und fiel in einen tiefen Schlaf.
Als ich wieder erwachte, lag ich auf einem harten Untergrund und ich konnte mich nicht bewegen. Ich war mit einem Kleid aus schwarzer Seide bekleidet und meine Haare waren sorgfälltig auf den Stein ausgebreitet worden. Ich war wie gelähmt, nur meinen Kopf konnte ich bewegen.
Das Licht der Kerzen, die überall aufgestellt worden waren, gab mir nur einen wagen Blick auf meine Umgebung. Was ich erkennen konnte war, dass ich in einem Kellergewölbe auf einem großen Stein lag. Dieser kam mir wie eine Art Altar vor. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und vor lauter Angst rollten heiße Tränen über meine Wangen. Ich schrie meine Angst heraus, aber sie wurde dadurch nicht weniger.
Plötzlich stand Phil neben mir und sah auf mich herrab. Seine Hände hielt er dicht über meinem Körper und er murmelte für mich unverständliche Worte.
Ein Raunen ging durch das Gewölbe und ich sah, das ungefähr zwanzig in schwarz gekleidete Gestalten einen Halbkreis um mich bildeten und auf die Knie fielen.
Mit kalter Stimmer sagte Phil......Nimm dieses Opfer an, großer schwarzen Meister, und erlöse uns von unseren Qualen. Lass uns durch sie wieder zu normalen Menschen werden.....
Meine Angst wurde unerträglich und ich hörte von weitem, dass draußen ein mächtiger Sturm herrschte und Blitze die Nacht durchzuckten.
Der Boden begann zu beben und ein gewaltiger Blitz druchfuhr den großen Raum und schleuderte Phil nach hinten. Die Seidentücher die auf der Erde ausgebreitet waren fingen Feuer und in sekundenschnelle loderten hohe Flammen um mich herum.
Durch diese Ablenkung verlor der Bann der Beweglosigkeit seine Wirkung und ich nutzte die Gelegenheit, und stieg von dem grauenvollen Opfertisch herunter. Die Flammen verbrannten mir meine Beine aber die Furcht trieb mich weiter und ich floh durch die vor Schreck erstarrten Menschenmenge.
Haltet sie!!!....hörte ich Phil´s Stimme durch das Gewölbe hallen. Hände versuchten mich zu erwischen, sie zogen mich an meinen Haaren und an meinem Gewand. Aber ich hatte Glück und konnte mich immer wieder herauswinden.
Ziellos lief ich durch die Katakomben der Burg und suchte verzweifelt einen Ausgang. Leider ohne Erfolg.
Also zwängt ich mich in eine Felsniesche um mich vor meinen Verfolgern zu verstecken.
Laut schreiend lief die Menge an meinem Versteck vorbei, blieb aber nach wenigen Metern wie angewurzelt stehen. Ich hielt die Luft an und glaubte, mein Herz würde jede Sekunde stehen bleiben.
Als sie zurückkamen und fast direkt vor mir standen, rissen sie ihre Köpfe nach oben als ob sie jemanden gespannt zuhören würden. Wahrscheinlich konnten nur diese Kreaturen es hören, denn die Stille erdrückte mich fast.
Ohne irgend einen Hinweis entfernten sie sich von mir und gingen wieder in die Richtung aus der sie gekommen waren.
Ich wartete noch einen Augenblick und als ich mir sicher war, dass niemand mehr da war, traute ich mich aus meinem Versteck.
Mich zog es zurück in den Saal, obwohl ich wußte, dass dies sehr Gefährlich war. Aber ich musste einfach wissen was Phil nun vorhatte. Vielleicht konnte ich sie ja belauschen und meine Flucht so besser vorbereiten.
Also schlich ich mich zurück. Tief geduckt stand ich hinter einer Säule, und was ich dann sah verschlug mir fast den Atem.
An der Felswand über den Altar war ein großes Kruzifix aus Feuer, das langsam aus dem Stein hervortrat. Unter ihm stand Phil, der mit ausgebreiteten Armen empor schaute.
Feuerbiltze schossen mit hellem Licht aus dem Zentrum des Kreuzes und traf Phil direkt ins Herz. Mit einem lauten Schrei sank er in sich zusammen und in der gleichen Minute zerfielen seine Anhänger in Staub zusammen.
Stille herrschte, als sich das Feuer langsam wieder zurückzog. Und ich schaute gebannt auf das große Kruzifix.
Mit einem Mal kamen meine Erinnerungen wieder. Ich wußte wieder dass ich Rosalie hieß und dass ich Ferien auf dem Land gemacht hatte. Bei einem Spaziergang wurde ich von hinten getroffen und wurde Bewusstlos.
Als ich so tief versunken vor dem brennenden Kruzifix stand, erschien plötzlich aus dem Kreuz, das Gesicht einer jungen Frau. Ich kannte das Gesicht. Es war die junge Dame aus den Ölgemälden. Sie lächelte mich an und meinte, dass nun alles vorbei sei. Das Böse ist verschwunden und ihr Gatte sei nun bei ihr in ihrem Reich.
Nach ihrem Tod, versank Phil in einer tiefen Traurigkeit und wollte nicht mehr leben. Dies nutzte der grausame Vampir Vlad schamlos aus und machte ihn zu einen blutsaugenden Monster. Als Phil begriff was geschehen war versuchte er Jahre lang diesem Schicksal zu entkommen. Er fand in einem Buch ein Schriftstück in dem er laß dass er eine Frau finden und widerstehen musste. Er begriff lange nicht, was dies bedeuten sollte. Aber als du auftauchtest war es ihm klar. Du mußt der Schlüssel sein.
Leider mußtest du viel durchmachen und dies tut meinen Gatten unendlich leid. Aber es ging nicht anders.
....wir danken dir, Lady Clair....
Und so schnell das Gesicht erschienen war, so schnell war es wieder verschwunden.
Ich verließ die Burg und ging zurück in meine Ferienwohnung. Von weitem sah ich, dass die Burg vollkommen brannte. Aber ich hatte ein wohltuendes Gefühl in mir.
In meinen Träumen verfolgten mich Phil und seine Frau noch einige Jahre, aber nie mehr bösartig sondern wie ein schöner Traum zweier Liebende.
Ende
Tag der Veröffentlichung: 07.11.2009
Alle Rechte vorbehalten