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Die wilde Horde

„In weiter Vergangenheit, als die Erde noch jung war und überall noch Feuer spuckte, war die Erdoberfläche in ständiger Bewegung. In dieser Zeit lebten seltsame Tiere und Lebewesen, die wir uns gar nicht mehr vorstellen können“, begann Darkahr und lächelte die hübsche Shylaa an. „Die alten Legenden und Märchen, die alten Schriften erzählen alle etwas anderes."

 

Die Bestien der wilden Horde sind eine Ausgeburt der wütenden, Feuer spuckenden Erde. Sie sollen aus einer schlimmen, fruchtbaren Vergewaltigung der Kleinwüchsigen durch die Alben hervorgegangen sein. Andere erzählen davon, dass die grausamen Bergtrolle an der Entstehung der wilden Horde Schuld tragen. Wieder eine andere Legende berichtet von widerlichen Geburten riesiger Wesen, die keiner richtig beschreiben kann. Auch eine gewaltsame Verbindung zwischen Menschen und Elfen soll daran schuld sein, dass es die wilde Horde gibt.

Keine Legende, keine Schriftrolle, kein Märchen berichtet zuverlässig über die Herkunft der wilden Horde, sie waren einfach irgendwann zum Schrecken und Entsetzen aller anderen Lebewesen da und lebten ihr furchtbares Leben.

 

Irgendwann vor undenklichen Zeiten brachen sie aus ihren Erdhöhlen auf die Erdoberfläche und begannen ihr zerstörerisches Dasein. Erst waren es nur kleine Einheiten, die mordend und zerstörend durch die Lande zogen, sie kehrten in ihr Erdloch zurück, wenn sie alles, was ihnen in die Quere kam, vernichtet hatten.

Es sind solch widerliche und bösartige Wesen, die sich selbst ständig bis zum Tod bekämpfen. Sie kennen keine verwandtschaftlichen Beziehungen, keinen Bruder oder Schwester, sie kriechen als fertige Wesen aus dem Boden und werden, wenn sie Glück haben, in die Horde aufgenommen. Wenn sie Pech haben, werden sie sofort von den anderen Bestien gefressen.“

 

Shylaa schüttelte sich vor Ekel. „Wer erschafft nur solche Unholde, die nur Leid und Elend über Mensch und Tier bringen?“

 

„Man geht davon aus, dass der Hunger sie an die Oberfläche trieb, das gegenseitige Töten und Fressen konnte ja selbst bei diesen Viechern auf Dauer nicht gut gehen und seitdem hat die Welt mit dieser Plage zu leben. Keiner weiß genau, wo die Bestien hausen und wann sie über sie herfallen, es gibt Länder, die haben noch nie etwas von der wilden Horde gehört, andere haben ständig unter diesen Bestien zu leiden. Das wirklich Schlimme ist, dass man nie weiß, wann sie los stürmen und wohin sie ziehen, sicher ist nur, dass sie das Land erst nach der völligen Vernichtung verlassen und sich dann das nächste Gebiet suchen.

Es ist schon vorgekommen, dass sie durch ein Land ziehen und nichts passiert und im nächsten Land toben sie wie die Wahnsinnigen, töten bestialisch alles, was sie in ihre Klauen bekommen. Sie haben keine Achtung vor irgendwelchem Leben, Männer, Frauen, Kinder, Alte, Kranke, sie töten alle und fressen alles.

 

Sie müssen sich tief in der Erde wie die Kleinwüchsigen bewegen können, um dann völlig unerwartet aus der Tiefe hervor zu brechen und ihr hässlichen Tun zu beginnen. Die ganz alten Schriften erzählen immer wieder davon, dass es keine Waffe gibt, die eine Bestie töten kann, auch darauf sind wohl diese brutalen Angriffe zu begründen, sie brauchen nichts zu fürchten, obwohl ich glaube, dass diese Bestien sowieso keine Furcht kennen.

Was die wilde Horde so unberechenbar macht, ist ihre Möglichkeit, überall überraschend und unerwartet aufzutauchen und hemmungslos zuzuschlagen. Ihr Lebenssinn, wenn sie überhaupt einen haben, scheint die totale Zerstörung allen Lebens zu sein, anders kann man diese fast hysterische Zerstörungswut nicht erklären.

In einer unserer ganz alten Schriften steht geschrieben, dass vor vielen Generationen eine sehr starke und große Stadt in dem sogenannten Zwei-Flüsse-Land entstand. Die vielen Einwohner waren offene und gastfreundliche Menschen und so entwickelte sich ein reger Handel mit anderen Regionen und fernen Ländern. Die Stadt wuchs und wurde zu einer Handelsmetropole der damaligen Welt. Schiffe aus allen Herren Länder legten im Hafen der Stadt an und aus ihren dicken Bäuchen kamen Schätze hervor, die viele Menschen noch nie zuvor gesehen hatten. Gewürze aus fernen Ländern, edle Teppiche und gold glänzende Gefäße, kostbare Öle, aber auch Sklaven in schweren Ketten wurden auf dem Markt verkauft.

Die Stadt wuchs und wuchs, sie wurde unvorstellbar groß und in ihr lebte eine nicht zu nennende Zahl von Menschen, denn keiner hatte je zuvor so viele Menschen auf einmal gesehen. Diese riesige Stadt hatte schon drei Stadtmauern gebaut und baute an der vierten. Sie hatte eine Ausdehnung erreicht, die schon als Weltwunder bezeichnet wurde.

Diese große, reiche Stadt weckte natürlich die Begehrlichkeit manch eines Kriegers oder Königs oder Eroberers. Keiner dieser Männer konnte sein Vorhaben in die Tat umsetzen, denn vor den Toren der Stadt brach mit Donnergetöse die Erde auf und die wilde Horde strömte wie Ameisen aus dem Boden. Unsere alten Schriften berichten, dass der Boden um die ganze Stadt pechschwarz bedeckt von den Bestien der wilden Horde war.

 

Die Soldaten der Stadtwache schlossen die gewaltigen Tore der Stadt und besetzten die Wehrgänge, die um die ganze Stadt liefen.  Der Widerstand der Stadt hielt vier Sonnenreisen, dann brachen die Tore und die Mauern und die wilde Horde strömte in die Stadt.

Es müssen sich unvorstellbare Dinge abgespielt haben. Die wenigen Überlebenden waren dem Wahnsinn verfallen und konnten nur wirre Worte stammeln. Die wilde Horde brauchte für die Zerstörung dieser riesigen Stadt ganze zehn Sonnenreisen.

Eine dieser Bestien schaffte es sogar, noch schlimmer zu wüten als die anderen Unholde, ein riesiger Kerl, der selbst unter den hünenhaften Kriegern durch seine Größe und durch seine Grausamkeit auffiel.

Er wurde Grooks von seinem Trupp gerufen, ob das sein Name war, war nicht ganz sicher, weil niemand das Gegrunze der wilden Horde als Sprache verstand.

 

Grooks schrie seinen Trupp zusammen, er wolle unbedingt als erster in die Stadt kommen und frisches Fleisch zum fressen fangen, bei dem Gedanken an das viele frische Fleisch, das in der Stadt herum lief, wurde ihm vor lauter Gier ganz übel im Magen.

Sein Trupp brach mit animalischer Kraft und Wildheit durch die zersplitterten Tore und Grooks griff nach einem fliehenden Soldaten, der mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen zusehen musste, wie Grooks seine Beine abbiss. Die Krieger seines Trupps machten es ebenso, gellende Entsetzensschreie übertönten sogar den Kampfeslärm.

Grooks riss seinen Kopf hoch, er hatte Schreie von Frauen und Kindern gehört, er wandte sich schnüffelnd in die Richtung und stürmte los, den Kadaver des halb aufgefressenen Soldaten warf er achtlos in die Trümmer der zerstörten Häuser.

Vor Gier und wilder Freude auf das Töten der Frauen und Kinder lief ihn der Geifer aus dem weit geöffneten Riesenmaul. Zwischen den Reißzähnen hingen noch Fetzen von dem Fleisch des Soldaten. Rasend vor wilder Wollust griff Grooks nach einer Frau und einem Kind, die Frau konnte vor lauter Grauen nicht mal mehr schreien, mit stierem Blick starrte sie die grauenhafte Bestie an.

Mit einem wilden Aufschrei biss Grooks in die Schulter der Frau und riss sie mit einem heftigen Ruck auseinander, das Kind weinte nur noch still vor sich hin, ohne überhaupt etwas zu spüren, zerdrückte Grooks mit seinen riesigen Pranken den Kopf des Kindes, der wie eine reife Frucht zermatschte.

Den Rest des Körpers der Frau ließ Grooks achtlos fallen und griff nach der nächsten Frau, sie hatte die Gnade der schnellen Ohnmacht, so dass sie nicht merkte, wie sie von Grooks aufgefressen wurde. Sein Trupp wütete unter den zusammen getriebenen Frauen und Kindern fürchterlich.

 

Als sie sich satt gefressen hatten, warfen sich die Bestien die abgerissenen Köpfe der Frauen und Kinder zu und lachten wie irrsinnig, wenn einer von ihnen einen der Köpfe fallen ließ.

 

Mordend und plündernd zog Grooks Trupp weiter durch die brennende Stadt, immer noch auf der Suche nach Menschen, die sie abschlachten konnten.

Mit irrsinnigem Gebrüll stürmte Grooks mit seinem Trupp in ein brennendes Haus, stürmte durch, bis sie in einem geräumigen Innenhof standen und Grooks zeigte teuflisch grinsend auf das noch unbeschädigte Haus auf der Gegenseite des Hofes.

Die Horde bildete einen Halbkreis und ging mit aufmerksamen Schritten auf das Haus zu. Widerlich grinsend klopfte Grooks an die Tür, es rührte sich nichts, er trat einen Schritt zurück und schlug mit seiner Kampfaxt die Tür entzwei.

Wie die Verrückten drangen und quetschten sich die Unholde in das Haus und ein vielstimmiger Entsetzensschrei schrillte zum Himmel. Die Bestien der wilden Horde machten sich einen Spaß daraus, die Frauen und Kinder durch das Haus zu jagen, bevor sie sie auseinander rissen und auffraßen.

Eine besondere Freude machte es Grooks, wenn Angehörige des Opfers zusehen mussten, wie er Frauen und Kinder tötete und auffraß. Einige Frauen rasteten völlig aus und versuchten aus dem Haus zu fliehen, die Unholde lachten grölend über die dummen Frauen, die glaubten, dass sie weglaufen könnten.

Die plumpen Speere und Lanzen flogen durch die Luft und durchbohrten die armen Frauen wie einen dünnen Lumpen, entsetzlich röchelnd vor Schmerzen starben sie und mussten als letztes in ihrem Leben mit ansehen, wie ihre Kinder von den Bestien gefressen wurden.

 

Das Feuer beendete das Massaker der Bestien in diesem Haus, weil es jetzt auch dem Trupp von Grooks zu heiß darin wurde. Ein Balken brach krachend von der Decke herunter und begrub einen von ihnen, er schrie, als ihn die Flammen erreichten, das heiterte seine Kumpane außerordentlich auf und mit brüllendem Gelächter verließ Grooks Trupp den Ort ihres wilden Mordens.

 

Besonders furchtbar und grässlich für die Frauen und Mädchen war der Versuch der Bestien, sie zu vergewaltigen, durch ihre erschreckende Größe war es den Bestien unmöglich, Menschen Frauen zu besteigen, aber einzelne Bestien versuchten es immer wieder. Kreischend wanden sich die Frauen in den Klauen der Bestien, ihre Kleider rissen plumpe Pranken herunter und gierig wurden sie gegen die Lenden gedrückt, aber schon die erste Bewegung riss den Unterleib der Frau auf, dass das Blut in alle Richtungen spritzte und sie qualvoll starb.

Mit dummem Gesicht schaute die Bestie auf den blutigen Klumpen zuckenden Fleisches vor seinen Lenden, seine Kumpane lachten wie Irre über das dämliche Gesicht.

Wütend griff sich der Gelackmeierte die nächste Frau und wieder zerriss er der Frau mit der ersten Bewegung seiner Hüften den Unterleib und wieder spritzte das Blut des Opfers über ihn und die anderen Bestien.

Die restlichen Frauen verloren endgültig ob dieser Grausamkeit ihren Verstand und rannten mit schrillen Schreien in die Waffen der Ungeheuer. Mit höchstem Vergnügen schlachteten die Bestien die heran stürmenden Frauen ab und jede besonders grausame Art des Tötens wurde von der Horde mit brüllender Anerkennung bedacht.

Grooks stellte fest, dass hier niemand mehr lebte und zeigte an, dass jetzt die Fackeln in die Häuser geworfen werden sollten.

Mit sadistischer Freude wurde dieser Befehl ausgeführt und irres Gebrüll löste es aus, wenn aus den brennenden Häusern Schreie von Eingeschlossenen zu hören waren.

 

Grooks folgte der noch kaum erkennbaren Straße ins Zentrum der Stadt, auch hier brannte schon alles, überall hingen massakrierte Menschen an den Häuserwänden und an den Baumstämmen.

Einige lebten noch und ruderten mit ihren Armen flehentlich um Hilfe, mit wollüstigem Gestöhn bohrten die Bestien ihre Waffen in die geschundenen Körper, der eine oder andere schien sogar dankbar, jetzt waren die Qualen für ihn vorbei.

 

Wuchtig erhob sich der Tempel aus all dem Qualm und den stinkenden Rauchschwaden wie eine Trutzburg und erweckte sofort die Neugier von Grooks. Er winkte seinen Trupp zusammen und ging auf den Tempel zu. Mit einem erstaunten Aufschrei knickten zwei seiner Krieger mit Pfeilen im Hals neben ihm zusammen.

Sofort gingen die Bestien auseinander und in den Trümmern in Deckung.

 

Grooks suchte die Front des Tempels nach den Bogenschützen ab, konnte aber nichts feststellen. Sein Unterführer grunzte ihn an, Grooks nickte und machte eine ausholende Armbewegung und zeigte auf den Tempel.

Sein Trupp sprang wie ein Mann auf und rannte auf den Tempel zu. Das Tor in der Tempelwand machte einen sehr stabilen Eindruck und das stellten auch die ersten Bestien fest, die mit voller Wucht dagegen prallten und ordentlich durchgeschüttelt wurden.

Das Tor hatte sich kein bisschen bewegt. Etwas ratlos stand der Trupp um Grooks herum, der zeigte auf einen halb umgestürzten Baum. Überraschtes und schmerzvolles Geschrei ließ Grooks einhalten. Er sah zu seinem Erstaunen brennende Krieger seines Trupps, die nicht betroffenen Bestien lachten schallend über das groteske Herumhüpfen der brennenden Kumpane, die vergeblich versuchten, das brennende Öl von ihren Kleidern und ihrer Rüstung zu entfernen oder zu löschen. Was beides natürlich nicht gelang, bis Grooks sie in den nahe stehenden Brunnen schickte.

 

Die anderen hatten den Baumstamm herangeschafft und rammten diesen jetzt mit aller Gewalt gegen das Tempeltor.

Wieder platschte brennendes Öl auf sie herunter, aber jetzt waren sie durch den Torbogen vor dem Öl sicher geschützt.

 

Der Baumstamm war schon fast zersplittert, als das Tempeltor knirschend zerbarst und laut grölend tobten die Bestien in den halbdunklen Innenraum des riesengroßen Tempels.

Im ersten Moment schien der Tempel menschenleer, aber dann hörte Grooks wispernde Stimmen, huschende Schritte, ganz hinten klapperte etwas.

Grooks grinste teuflisch und zeigte seinem Trupp an, dass sie in zwei Gruppen in den Tempel marschieren sollten, so konnte keiner der Menschen, die sich in dem Glauben, hier sicher zu sein, im Tempel verschanzt hatten, vor den Bestien fliehen.

 

Es eskalierte hier im Tempel zu einem Massaker, das so unvorstellbar grausam abgelaufen sein musste, dass selbst in den alten Schriften nur andeutungsweise Einzelheiten geschildert wurden.

Die Bestien trieben die Menschen immer enger zusammen, ihr Schluchzen und Weinen berührte die Bestien der wilde Horde nicht, die wenigen Männer bei den Menschen versuchten ihre Frauen und Kinder zu schützen und zu verteidigen, mit wenigen, hohnvollen Schlägen wurden sie getötet und dann stürzten sich die Ungeheuer auf die Frauen und Kinder und richteten ein Blutbad an, das selbst in den Vorstellungen der wilden Horde alles bisher Dagewesene übertraf.

 

Irgendwann kam Grooks mit seinem Trupp voll gefressen und für einen Moment ohne Mordlust aus dem Tempel und wurde von hunderten Kriegern der wilden Horde mit infernalischem Gebrüll begrüßt, das Gemetzel von ihm und seinem Trupp hatte sich wie ein Lauffeuer herum gesprochen.

Mit Hochachtung klopften die Bestien Grooks auf die mächtigen, bluttriefenden Schultern. Das war ein Truppführer ganz nach ihren Herzen, auch die Krieger aus dem Trupp von Grooks wurden begeistert gefeiert und beneidet.

Die wilde Horde versammelte sich nach dem Gemetzel auf der Wiese vor der zerstörten Stadt und schlug ihr Nachtlager auf.

Grooks musste zum obersten Heerführer und Bericht erstatten.

Er erhielt einen Orden und wurde zum ersten Truppführer ernannt. Jetzt hatte er tausend Krieger unter seinem Kommando. Der oberste Heerführer befahl den Kriegern, die Stadt noch mal gründlich abzusuchen und dann würden sie in Richtung Erdhöhle abziehen.

 

Grooks dagegen wollte die geflohenen Einwohner der Stadt verfolgen. So trennten sich die beiden Trupps und Grooks nahm die Verfolgung auf, was seinem Trupp außerordentlich gut gefiel. Die Aussicht auf noch mehr Menschenfleisch, noch mehr morden und töten, noch mehr zerstören, was will ein Krieger der wilden Horde mehr?

 

Er teilte sein Kommando in vier Trupps von je zweihundertfünfzig Kriegern auf und erklärte den Untertruppführern, wie die Verfolgung ablaufen sollte. Die vier Trupps sollten in einem leichten Bogen marschieren, so weit voneinander entfernt, dass sie sich gerade noch sehen konnten und jeder Trupp folgte der breitesten Spur der Fliehenden.

Die vier Untertruppführer konnten vor Gier und Mordlust kaum noch ruhig stehen und als Grooks seine Anweisungen beendet hatte, rasten sie mit tierischem Gebrüll zu ihren Trupps, die auch nur noch mit Mühe die Formationen hielten. Die von Grooks erhaltenen Anweisungen wurden den Kriegern entgegen gebrüllt und schon setzte sich die wilde Horde in Bewegung. Sie fielen schon nach kurzer Zeit in einen seltsam anmutenden Zuckeltrab, der die Horde aber erstaunlich schnell voran brachte, die raumgreifenden Schritte der Bestien fraßen regelrecht die Entfernung.

 

Grooks reckte sich hoch in seiner gewaltigen Größe und überprüfte die angeordnete Marschformation, er grinste diabolisch, wenn es ums Fressen und Morden ging, marschierte die wilde Horde wie ein Mann.

 

Die Spur der fliehenden Menschen war deutlich zu sehen, die ersten Gepäckstücke lagen im Sand, von ihren Eigentümern achtlos weggeworfen. Die Bestien würdigten den Kisten und Packstücken keinen Blick. Sie hetzten hinter den Menschen her. Die Vorstellung, innerhalb so kurzer Zeit wieder frisches, warmes Menschenfleisch fressen zu können, raubte ihnen fast die Besinnung und so wurde ihr Marschschritt schneller und schneller.

In der untergehenden Sonne sahen sie die Staubfahnen der Flüchtenden und ein gieriges Gebrüll brach aus ihren Kehlen.

Die fliehenden Menschen sahen die riesige Staubfahne der Verfolger und pures Entsetzen machte sich breit. Mit irrem Blick vor lauter Furcht trieben die Männer ihre Familien vorwärts.

Kinder weinten, die Alten strauchelten im Sand, sie schafften das Tempo nicht mehr. Keiner half den alten Menschen, die erschöpft zusammenbrachen und im heißen Sand liegen blieben. Im letzten Licht der Sonne wölbte sich die Staubwolke der Verfolger schon fast über die fliehenden Menschen.

Sie hörten das Grunzen und Schmatzen der Bestien und sie wussten, dass sie keine Chance hatten, den Bestien zu entkommen.

 

Wie eine Urgewalt aus den Tiefen der Hölle fielen die Bestien der wilden Horde über die Menschen her, die wilde Horde hatte die Fliehenden eingekreist, genau wie Grooks es angewiesen hatte. Die Unholde fraßen sich jetzt langsam durch die Menschen. Grauenhafte Szenen spielten sich hier ab, Kinder wurden aus den Armen ihrer Mütter gerissen, Männer wurden an Armen und Beinen gepackt und unter wahnsinnigem Gegröle mit heftigen Rucken und Ziehen auseinandergerissen.

 

Die Frauen brachen schreiend zusammen, sie hatten den Verstand verloren. Kinder irrten hilflos in dem Chaos herum, bis sie von einer der Bestien aufgegriffen wurden.

 

Das Morden und Fressen ging bis zum frühen Mittag des neuen Tages. Die Sonne beleuchtete ein grauenvolles, bestialisches Szenario, überall lagen Leichenteile, dazwischen die voll gefressenen Bestien. In den Händen noch Reste der getöteten Menschen. Einige Bestien mussten kotzen, so viel hatten sie in ihrer maßlosen Gier in sich hineingestopft, was bei den anderen ein höhnisches Gelächter hervorrief, sie amüsierten sich köstlich über das Gejammer der voll gefressenen Krieger.

 

Völlig teilnahmslos lagen die Bestien in der warmen Sonne und verdauten geräuschvoll, erst gegen Abend kam Leben in die wilde Horde. Sie sortierten sich und langsam verließen sie das Schlachtfeld, dass einen bestialischen Gestank verströmte.

 

Die Geier hatten nur darauf gewartet, dass der Platz endlich verlassen wurde. Mit schrillem Gekrächze stürzten sich die hässlichen Vögel auf die Reste der getöteten Menschen. Böse und gierig stritten sie um die Leichenteile. Keiner gönnte dem anderen auch nur ein Stückchen mehr.

 

Immer noch voll gefressen und noch wie betäubt von dem entsetzlichen Blutbad kam die wilde Horde nur schleppend voran. Selbst Grooks tappte unlustig durch den heißen Sand.

 

Ein Krieger machte Grooks auf einen sich nähernden Krieger der wilden Horde aufmerksam. Der Truppführer berichtete Grooks, dass sie einer Menge fliehender Menschen folgen, wenn sie möchten, könnten sie gemeinsame Sache machen.

Grooks war misstrauisch. „Warum machst du das nicht alleine?“

Das Angebot des Truppführers war einfach untypisch für einen Krieger der wilden Horde. „Es sind so viele, das reicht für uns alle und noch mehr.“

Grooks Trupps waren durch den Marsch wieder zum Leben erwacht und die ersten Augen sahen lüstern in die Gegend.

„Also gut“, entschied Grooks, „marschieren wir gemeinsam.“

 

Er wies dem Truppführer seinen Platz zu und allmählich trabte der Trupp an. Der Trupp unter Grooks Führung kam gut voran. Der fremde Truppführer zeigte nur zweimal die Richtung an. Die Masse der Krieger strömte in ein immer enger werdendes Tal. Sie sahen nur die frischen Spuren der fliehenden Menschen und achteten kaum auf ihre Umgebung.

Nur Grooks wurde unruhig und sah sich ständig um, ihm gefiel dieses schmale, enge Tal nicht, das für einen Angriff bestens geeignet war. Die wilde Horde wurde durch die Enge des Tales regelrecht zusammen gepfropft, weil alle vorwärts drängten, verkeilten sich die Krieger fast ineinander und als die Bestien darüber furchtbar wütend wurden und begannen, sich gegenseitig zu schlagen, erfolgte der Angriff.

 

Bogenschützen auf Pferden säumten den Tal Rand, unerreichbar für die Bestien schossen sie Pfeil um Pfeil in den wüsten Knäuel der Scheusale, die vor Wut fast durchdrehten, weil sie dem Angriff völlig hilflos ausgeliefert waren.

Neben dem Beschuss durch die Pfeile, erfolgte auch der Angriff mit Speeren, die von den Angreifern zielsicher in die wilde Horde geschleudert wurden. Die Bestien rissen die Speere aus den Körpern der Verletzten und Toten und schleuderten sie auf die Angreifer zurück. Aber diese standen unerreichbar hoch oben auf dem Fels, ohne Erbarmen schossen sie Pfeil um Pfeil in die wilde Horde, die ersten toten Bestien lagen auf dem Boden des Tales, was die Wut der Ungeheuer maßlos steigerte. Rasend über ihre Hilflosigkeit tobten sie in dem engen Tal herum und schlugen sich vor blinder Wut gegenseitig.

Die Angreifer schleuderten jetzt Behälter mit einem brennenden Stofffetzen in das Tal, die beim Aufprall zerbrachen und einen Feuersturm entfachten. Kreischend rannten die brennenden Bestien wie blind herum und verbreiteten dadurch das Feuer noch schneller.

Grooks rief seine Unterführer zusammen. „Wir müssen hier verschwinden, diesmal ziehen wir den Kürzeren!“ Die Unterführer nickten grunzend und schickten Krieger los, um die Bestien zu informieren.

Die wilde Horde zog sich unter schlimmen Verlusten zum Eingang des Tales zurück und wurde auch dort sofort von Bogenschützen angegriffen, die auf ihren schnellen Pferden für die Bestien unerreichbar waren.

Grunzend und schnaubend vor Wut flohen sie vor den wild entschlossenen Angreifern. Sie wollten ein für alle Mal die wilde Horde vernichten. Mit der einbrechenden Dunkelheit gelang es Grooks mit wenigen Kriegern, in den Felsen zu verschwinden.

 

Wild fluchend und stöhnend vor Schmerz fanden sie einen Lagerplatz. Das war für die wilde Horde eine absolut neue Erfahrung, einen Kampf verlieren und dann auch noch vor dem Gegner fliehen zu müssen.

Für Grooks war es nicht fassbar, woher die vielen Krieger kamen, von denen sie so vernichtend geschlagen worden waren. Er ließ das Geschehene noch mal Revue passieren.

Das Treffen mit dem fremden Truppführer, der den Angriff auch nicht überlebt hatte. Die Verfolgung der fliehenden Menschen. Das verdammte Tal, das zu einer perfekten Falle wurde und dann die wirklich guten Bogenschützen, die erbarmungslos seine Krieger töteten.

 

Er hatte fast tausend Krieger verloren, sein Heerführer wird gar nicht begeistert sein. Woher wussten die Angreifer, dass sie diesen Weg nehmen würden? Sie mussten von den Angreifern unbemerkt beobachtet worden sein und wurden äußerst geschickt in dieses Tal gelockt, auf dessen hohen Felsrand die Krieger postiert waren. Grooks kam zu dem Schluss, dass die Angreifer nicht zum ersten Mal gegen die wilde Horde gekämpft hatten.

Anders war der Sieg nicht zu erklären. Die Angreifer wussten genau um die einzige Schwäche seiner Krieger Bescheid, wenn sie sich nicht wehren konnten, wenn sie kampflos verloren, gerieten sie in grenzenlose Panik.

 

Nach einer unruhigen Nacht sah Grooks nach seinen verbliebenen Kriegern und fand nur noch knapp dreißig, vierzig kampffähige Krieger, die Verwundeten tötete er mit einem schnellen Schlag seines Schwertes. Teilnahmslos nahmen die Bestien es zur Kenntnis, es war üblich, dass keine Verwundeten mitgeschleppt wurden.

 

Grooks formierte die Marschkolonne, orientierte sich nach der Sonne und suchte sich eine markante Landmarke aus und marschierte los. Der Rest seines einst so stolzen Trupps zockelte missmutig hinterher, die erlittene Niederlage schmerzte die sonst so gefühllosen Bestien sehr.

Keiner von ihnen konnte sich je an eine Niederlage erinnern, sicher, es wurde das eine oder andere Mal schon sehr knapp, aber verloren und weglaufen, das erlebten sie zum ersten Mal. Sicher, Grooks hatte sie zu wüsten und barbarischen Fressgelagen geführt, die Verwüstungen in der großen Stadt, das Töten und Fressen der Menschen, die herrliche Verfolgungsjagd mit der anschließenden Fressorgie, aber er hatte sie auch in das verdammte Tal geführt.

 

Wütende Stimmung machte sich langsam breit und Grooks spürte den Hass gegen sich aus seinem Trupp und verzweifelt suchte er nach einer Lösung, während er vor dem Trupp in Richtung Erdhöhle trabte.

Je länger die Bestien unterwegs waren, umso heftiger prallten der Hass und die Wut gegen Grooks, der noch immer keine Lösung gefunden hatte, wie er seine Krieger besänftigen konnte.

 

Das Land war öd und leer, bot überhaupt keine Abwechslung und keinerlei Leben. Grooks hoffte auf eine nette kleine Karawane oder Reisegesellschaft, die sein Trupp mal so nebenbei auseinander nehmen könnte, frisches Menschenfleisch half über vieles hinweg.

Der Tag zog sich träge dahin, die Sonne brannte erbarmungslos, die Bestien schwitzten und murrten vor Durst. Einige Mägen knurrten so laut, dass sich Grooks echte Sorgen machte. Er wusste jetzt, dass nur seine Autorität, seine brutale Kampfkraft und seine gemeinen Tricks die Horde davon abhielt, über ihn herzufallen und da war sie, die herbei gesehnte Karawane mit mindestens zwanzig und mehr Tragtieren und jeder Menge Menschen, den Göttern sei Dank!

 

Sofort war sein Trupp wieder hellwach, Grooks schickte die Hälfte seiner Krieger vor, um der Karawane den Weg abzuschneiden, mit dem Rest blieb er in Deckung und lief im Abstand neben der Karawane her.

Der von Grooks voraus geschickte Trupp hatte die Karawane überholt und zeigte an, dass sie zum Angriff bereit waren.

Grooks gab das Zeichen zum Angriff.

Der Trupp griff mit einem schrecklichen Gebrüll die Spitze der Karawane an. Die Männer rissen das Leittier herum und versuchten verzweifelt, dem Angriff durch eine schnelle Flucht zu entgehen.

Die Bestien griffen jetzt zusammen mit Grooks an der Spitze die Flanke der jetzt völlig in Panik geratenen Karawane an. Die Karawane wurde niedergemetzelt ohne jeden Widerstand. Die Bestien platschten mit ihren plumpen Füßen in dem Blut der Menschen und Tiere und fraßen, was sie zu fassen bekamen. Es spielte für sie keine Rolle, ob sie ein Stück vor Blut triefendes und noch zuckendes Fleisch von einem Tier oder einem Menschen fraßen, mit jedem Bissen wurde ihre Stimmung besser und Grooks atmete erleichtert auf.

 

Nach dem wilden Fressen warfen sich einige zum Verdauungsschlaf in den warmen Sand, andere stöberten in den umher liegenden Gepäckstücken nach brauchbarer Beute. Für die Bestien war Beute nur wichtig, um dafür neue und gute Waffen zu tauschen, gut waren immer Gold, Silber, Salz oder Gewürze, auch Seide oder schöne Stoffe waren begehrt.

 

Ganz selten passierte es, dass die Bestien Gefangene machten, obwohl sie wussten, dass Sklaven den höchsten Betrag erzielten. Meistens wurden die Sklaven schon auf dem Weg zum Sklavenmarkt aufgefressen.

 

Lautes und schadenfrohes Gelächter einiger Unholde machte den Rest neugierig, mit bösem und gemeinem Gelächter und Gegröle schubsten die Bestien drei sehr junge Frauen zu Grooks.

Die drei Frauen waren in Teppichen eingerollt, in der verzweifelten Hoffnung, dass sie dort von den Bestien nicht gefunden wurden. Aber durch den Staub musste eine der Frauen niesen und verriet dadurch ihr Versteck.

Die Frauen sahen Grooks mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen flehentlich an und senkten ergeben ihre Köpfe, sie wussten, dass sie sterben würden, dass sie grausam sterben würden.

Zwei der Frauen wurden von den Bestien weggerissen und ihre entsetzten und schmerzvollen Schreie gellten in den blauen Himmel. Wieder versuchte einer der Unholde, eine der Frauen zu vergewaltigen, er riss ihr die wenigen Kleider vom Leib und ergötzte sich an dem sich windenden, nackten Frauenkörper.

 

Die Frau, die bei Grooks verblieben war, brach halb ohnmächtig zusammen, Grooks packte sie mit seinen riesigen Pranken, warf sie sich über die Schulter und ging etwas außerhalb des Geschehens und warf die Frau in den Sand. Interessiert wartete er, bis die Frau wieder zu sich kam und weidete sich an ihrem Entsetzen, als sie die riesenhafte, grässliche Gestalt von ihrem Peiniger sah. Sie versuchte keinen Fluchtversuch, sie hatte mit ihrem Leben abgeschlossen.

Grooks stupste den Körper der jungen Frau vorsichtig mit seinen dicken Fingern an und lockte damit nur ein jämmerliches Wimmern hervor. Die junge Frau hatte die Hände vor ihr Gesicht geschlagen und wartete ergeben auf ihr Ende. Grooks zerrte die Beine der Frau auseinander und drückte seinen Finger in den Leib der Frau, sie schrie vor Schmerzen schrill auf.

Blut quoll aus der Wunde, gierig riss Grooks mit seinen Krallen die Wunde weiter auf und biss dann wie von Sinnen in den noch zuckenden Körper.

 

Grooks rief seine Krieger zusammen und ließ unweit von dem Platz ihres Überfalls auf die Karawane das Lager aufbauen. Es waren nur einfache Planen, die aufgestellt wurden und die als Windschutz dienten. Sie waren zu faul, ein Feuer anzuzünden, sie warfen sich zum Schlafen in den noch warmen Sand und schnell war überall lautes Schnarchen zu hören.

Grooks rieb sich den Sand aus den Augen und sah sich prüfend um, noch schnarchten die meisten seiner Krieger. Er war sich ziemlich sicher, dass sie in zwei, höchstens drei Tagen die Erdhöhle erreichen konnten.

 

Seine Krieger wurden langsam munter und einige griffen nach den herum liegenden Leichenteilen und stopften sich diese ins Maul. Grooks grübelte in seinem armseligen Hirn darüber, ob es ratsam sei, zu der Erdhöhle zurückzukehren, sein General wird über den Verlust von fast tausend Kriegern nicht besonders erfreut sein. Er versuchte krampfhaft, sich die Karte vorzustellen, er sah den Weg zur Erdhöhle deutlich vor sich, aber die weitere Umgebung konnte er nicht fixieren. Aber er wusste von einem riesigen, schwarzen Gebirge mit brennenden Bergen, dort müsste doch ein Versteck für sich und seine Horde zu finden sein.

 

  Grooks rief die beiden Unterführer zu sich und teilte ihnen mit, dass sie    Richtung dunklem Gebirge marschierten. Die beiden Bestien nickten nur, das berührte sie nicht im Geringsten, sie führten Befehle aus. Grooks wies seiner Horde den Weg und war mit jedem Schritt, der ihn und den Trupp weiter von der Erdhöhle entfernte, erleichtert.

Seine Fantasie reichte bei weitem nicht aus, um sich den wütenden und herum tobenden General richtig vorzustellen. Aber er wusste, dass ihm zu mindesten ein schlimmer Kampf als Strafe bevorstand und darauf hatte er absolut keine Lust.

 

Der Trupp marschierte in seinem raumgreifenden Zuckeltrab nach Nordosten und ließ die Wüsten ähnliche Gegend hinter sich. Die Horde erreichte am frühen Abend einen kleinen Bach und durstig warfen sich die Bestien an das Ufer des kleinen Baches und soffen wie die Tiere direkt mit ihrem Maul, keiner schöpfte das Wasser.

Grooks sah, wie sich die Bestien gierig und hinterhältig anstarrten, er wusste, dass die Unholde Hunger hatten und wenn er nicht schnell Fleisch heranschaffte, fielen die Bestien übereinander her.

 

Er schickte dreimal drei Krieger auf die Jagd und beschwor sie, bloß nicht ohne Beute zurückzukommen. Wieder hatte Grooks unverschämtes Glück, die Jäger brachten reichlich Beute mit und mit sabbernden Mäulern stürzten sich die Unholde auf die erlegten Tiere.

Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht wachte Grooks voller neuer Energie auf, jetzt wusste er, dass seine Entscheidung richtig war. Wieder trabten die Bestien gen Nordosten.

 

Sie kamen in ein grünes, schön bewachsenes Land, mit Bächen und kleinen Flüssen versehen. Seen blinkten in der Sonne und überall sah man Wild.

Grooks hielt Ausschau nach einem brauchbaren Lagerplatz, als einer seiner Krieger aufgeregt von einem Bein auf das andere sprang und gutturale Grunztöne heraus brüllte. Die anderen Bestien wurden aufmerksam und entdeckten dann mit aufsteigender Gier das kleine Dorf, das idyllisch an einen kleinen See gebaut war.

 

Grooks konnte die Bestien nicht mehr halten, grunzend und knurrend stürmten sie den leichten Abhang zum Dorf herunter und schon hingen wie Albträume die ersten Entsetzensschreie der Menschen in der Luft.

Wieder baute sich das bekannte Szenario auf, die Bestien scheuchten die Einwohner auf dem Dorfplatz zusammen, die wenigen Männer, die sich gegen die Bestien zur Wehr setzten, wurden so schnell getötet und in Stücke gerissen, dass sie ihren Tod nicht mal kommen sahen.

 

Grölend schwenkten die Unholde die abgerissenen Gliedmaßen der getöteten Männer wie Trophäen und trieben die Menschen damit durch die kleine Siedlung. Irrsinnig vor Angst rannten die Menschen gegen die Mauern ihrer Häuser und schlugen mit ihren Köpfen dagegen, bis sie blutüberströmt zusammenbrachen.

Das erheiterte die Bestien so sehr, dass sie weitere Dorfbewohner zwangen, sich ebenfalls die Köpfe an den Hauswänden einzuschlagen. Kinder wurden von den Ungeheuern so nebenbei gefressen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte eine Mutter eine Bestie an, die gerade ihr Kind ins Maul stopfte, fassungslos fiel die Frau ohnmächtig in den Sand.

Grunzend griff der Unhold die Frau, riss ihr die Kleider herunter und biss in ihre nackte Schulter. Der wahnsinnige Schmerz holte die Frau aus der Ohnmacht zurück.

Ein gellender Schrei brach aus ihrem weit aufgerissenen Mund, als sie die blutverschmierte Fratze der Bestie so dicht vor sich sah. Sie sah als letztes in ihrem Leben ihren abgerissenen Arm im Maul des Ungeheuers.

 

Dumpf vor sich hinstarrend und voll gefressen sammelten sich die Unholde etwas außerhalb des mittlerweile völlig zerstörten Dorfes. Sie warfen sich in das grüne Gras und schliefen grunzend und schmatzend ein.

Grooks war erleichtert über das unerwartet aufgetauchte Dorf und das damit verbundene gesicherte Fressen der Krieger.

Zusätzlich konnten sie ihre aufgestauten Aggressionen mit der Zerstörung des Dorfes abbauen. Mit der Wärme des neuen Tages kam widerlicher Gestank auf, die Unholde sammelten noch einige Leichenteile ein und machten sich auf den Weitermarsch.

 

Grooks sah sich ziemlich aufgeregt während des Marsches um, in dieser Gegend war er schon mal. Die kannte er, sie mussten sich etwas mehr nach Osten ausrichten, vielleicht noch ein Tagesmarsch, dann müssten sie das schwarze Gebirge erreicht haben.

Grooks sah sich seine Krieger aufmerksam an, im Moment schienen sie zufrieden, ohne große Streitereien marschierten sie zügig in die von ihm angegebene Richtung. Er wusste aber auch, dass das eine trügerische Ruhe war, jeden Moment konnte einer seiner Krieger ausrasten und mit tödlicher Sicherheit machten die anderen Krieger sofort mit und er konnte das Ziel seiner Krieger sein!

 

Grooks bat seine furchtbaren Götter, dass sie ihm wieder ein kleines Dorf oder eine Karawane in den Weg stellten, damit er dadurch seine Krieger bei Laune halten konnte. Er fand zwar kein Dorf, auch keine Karawane, aber die Gegend war voller jagdbarem Wild und es dauerte nicht lange, da zog der Geruch von fast verbranntem Fleisch durch das Lager, selten nahmen sich die Krieger Zeit, ihr Essen zu kochen oder zu braten.

 

Für Grooks war es ein Zeichen ihrer Zufriedenheit, er sorgte für volle Bäuche und zum Töten und Zerstören hatte er auch genug gesorgt.

Es war ein seltsam friedliches Lager der Bestien, kaum ein Geplänkel zwischen ihnen, satt und ruhig lagen sie im Gras.

 

„Morgen erreichen wir das Gebirge“, schnaufte Grooks erleichtert, „dann haben sie genug Abwechselung durch den Bau ihrer Unterkünfte und für das Fressen sorgt dann wieder jeder für sich selbst.“

 

Zum frühen Abend liefen sie in ein schmales Tal, das sich in der dunklen und drohenden Felswand des schwarzen Gebirges öffnete. Grooks sah sich zufrieden um, das hier passte gut zu ihnen. „Morgen graben wir unsere Höhle“, gab Grooks seine Anweisung heraus, seine Krieger nickten und legten sich zum schlafen auf den nackten Fels.

 

Mit Steinen klopften sie erstaunlich leicht für ihre brutale Kraft in den ungeschlachten Körper und horchten aufmerksam auf den Klang des Felsens. Eine der Bestien grunzte erfreut auf und winkte seine Kumpanen heran.

Er klopfte leicht mit dem Stein in seiner großen Pranke gegen den Fels. Der Fels antwortete recht hohl und alle nickten. Einer von ihnen nahm seine gewaltige Keule und schlug mit brachialer Gewalt gegen den Fels. Nach drei, vier der heftigen Schläge brach der Fels, schnell wurde das Loch vergrößert. Fackeln wurden gefertigt und der Trupp verschwand in der freigelegten Höhle und wieder hatte Grooks ein Riesenglück.

Die Höhle erweiterte sich zu einer riesigen Halle, mehrere Seitengänge wurden sichtbar.

Grooks ließ Brennholz für ein Feuer hereinschaffen. Dieses zentrale Feuer wird so lange nicht verlöschen, so lange die Bestien in dieser Höhle hausten.

 

Die Bestien waren in der großen Höhle verschwunden, sie suchten sich ihre Behausung. Heftige Schläge erschütterten die Höhle. Einige störende Felsen mussten beiseite geschafft werden. Das Geröll blieb liegen, wo es lag, was den Unmut der Nachbarn weckte und schon hauten sich die drei Bestien wie die Verrückten.

Einer der drei brach tödlich getroffen zusammen und die beiden Sieger machten sich über ihn her. Das Schmatzen lockte weitere Krieger an, die aber grimmig verscheucht wurden, denn in der Höhle galt als eisernes Gesetz: jeder sorgt für sein Fressen selbst.

 

Die Unholde begannen, nachdem sie ihre Behausung fertig gestellt hatten, die Höhle nach brauchbarem ab zusuchen, vor allem wurde dringend Erz gebraucht, ihre Waffen mussten sehr unbedingt erneuert werden.

Am Ende eines der vielen Höhlengänge schlugen mehrere Unholde die Wand ein, die sich ihnen hohl und trennend darstellte und sie hatten Recht.

Durch die durchbrochene Wand kamen sie in eine weitere große Höhle und sie fanden in dieser einen Trupp Artgenossen mit vielen Weibern und wenigen Männern, so war die Freude auf beiden Seiten gleich groß.

 

Grooks einigte sich schnell mit dem alten Anführer, dass sich die beiden Horden vereinigten und damit war der Fortbestand ihrer Rasse gesichert.

Grooks Trupp verschwand sehr schnell mit den unerwarteten Weibern im Dunkel der riesigen Höhle und er wusste, wenn sie stark genug geworden waren, brachen sie wieder aus, sicher, es würde Generationen dauern, bis die wilde Horde wieder genug Krieger hatte, um auf die Oberfläche aufzusteigen.

 

Überall hörte man das Graben und Scharren der Unholde, die sich jetzt ihre Höhlen gruben, um darin mit den Weibern zu hausen und vor allen Dingen für Nachwuchs zu sorgen. In der großen Eingangshöhle herrschte heftige Betriebsamkeit.

Die Bestien hatten bereits mehrere Essen gebaut, die Hitze und der Qualm waren fast unerträglich. An den Höhlenwänden lagen schon Berge von neuen Waffen.

Die Höhle wurde von der stetig wachsenden wilden Horde vergrößert und immer wieder stießen sie bei ihren Grabungen auf weitere Höhlen, die von ihnen schnell besetzt wurden.

 

Im Laufe vieler Sommer trafen immer wieder versprengte oder verbannte Trupps bei der großen Höhle ein und vergrößerten damit permanent die Masse der wilden Horde. Sie wurde groß, gefährlich groß, es war nur der Größe der Höhle zu verdanken, dass die ständigen Streitereien untereinander nicht eskalierten, aber die Unzufriedenheit, die Gier und Wollust auf frisches Fleisch wuchs stetig. Die Krieger wollten sich endlich austoben.

 

Durch die ständig brennenden Feuer war die Höhlendecke so mürbe geworden, dass sie mit Donnergetöse einstürzte. Die Bestien sahen zum ersten Mal in ihrem grässlichen Dasein den blauen Himmel und konnten mit dem vielen Licht, das plötzlich ihre Höhle erhellte, nichts anfangen.

Wie toll geworden rannten sie wie blöd durch die Trümmer der eingestürzten Höhlendecke. Einer der Bestien entdeckte die Leiche eines von einem Felsbrocken erschlagenen Unholds und grunzte wie von Sinnen, Fleisch, Fleisch, die anderen wurden aufmerksam und der erste wirklich böse und schlimme Streit entbrannte.

 

"Dieses Chaos hätte nur ein starker Führer beenden können, aber den hatte die wilde Horde nicht, noch nicht.“

 

Shylaa lehnte jetzt müde an Darkahrs breiter Schulter, Darkahr schwieg und Orkaa-Thur nahm Shylaa hoch. „Komm, wir bringen Sirgith und Darkahr nach Hause und legen uns dann zur Ruhe, es ist spät geworden.“

 

 

 

Der letzte Kampf

Ein Mondzyklus war vergangen, bis Kethar bei Orkaa-Thur vorsprach und seinem Fürsten seinen Plan vorlegte. Seit dem Gespräch mit der jungen Heilerin befand sich Orkaa-Thur in einer seltsamen Gemütsverfassung. Er sah immer wieder die entsetzlichen Bilder aus den Angriffen der wilden Horde und deswegen war er wild entschlossen, die weite Ebene vor der wilden Horde zu schützen, noch mal durfte sich solch eine Katastrophe nicht wiederholen.

Kethar hatte eine gewaltige Streitmacht aufgestellt, mit Katapulten und den verbesserten Bogenmaschinen, die jetzt ganze Bündel von großen Pfeilen abschießen konnten und eine verheerende Wirkung erzielten.

Ein weiterer Plan von Kethar sah eine wesentlich kleinere, aber schlagkräftige Truppe von Reitersoldaten vor, auch mit Kriegsmaschinen ausgestattet, aber viel beweglicher. Orkaa-Thur favorisierte den zweiten Plan von Kethar.

 

Sollte die Erdhöhle tatsächlich wieder von den Bestien bewohnt sein, waren bewegliche Soldaten auf schnellen Pferden von Vorteil. Die Kriegsmaschinen brauchten sie in jedem Fall. Die Erdhöhle musste unbedingt und endgültig zerstört werden. Dieser Plan von Kethar hatte noch den weiteren Vorteil, dass in der weiten Ebene genügend Soldaten verblieben, um sich möglicherweise verteidigen zu können.

Die Weisen beschlossen einstimmig, den Plan von Kethar so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen.

 

In der mittleren Ebene waren die Vorbereitungen für die geplante Aktion gegen die Bestien der wilden Horde in vollem Gange. Eine Menge Flöße und Boote lagen schon am Ufer des südlichen Flusses, ebenso reihte sich Kriegsmaschine an Kriegsmaschine.

In zusätzlichen Koppeln tummelten sich viele Pferde, Köcher voller Pfeile, große Mengen an Wurfgeschossen stapelten sich in der Nähe der Kasernen.

Kethar schickte seine besten Kundschafter zusammen mit einem Trupp Bogenschützen aus, um die Gegend um die Erdhöhle der wilden Horde zu beobachten. Er wollte unbedingt wissen, ob sich irgendetwas tat oder sich irgendetwas rührte in dem Gebiet um die Erdhöhle.

 

Der Trupp Bogenschützen und die Kundschafter benutzten die von Iljitsch und Sheerman gebauten Boote, um zu dem ehemaligen Lagerplatz zu gelangen. Orkaa-Thur hatte den Männern den Weg und den Lagerplatz auf der Karte genau gezeigt.

 

Die Soldaten und die Kundschafter waren von den Booten begeistert, sie ließen sich leicht und schnell über das Wasser des Flusses bewegen und sie waren leicht zu lenken.

Sie lagerten am Ufer des Flusses an einem Platz, den sie kurz nach dem Ende des Gebirges erreicht hatten. Es war ein schöner Lagerplatz, mitten in einem lichten Hain, dadurch gut geschützt vor neugierigen Blicken, sie hatten ausreichend frisches Wasser und frisches Wildbret zum Abendessen.

 

Die Kundschafter sahen sich die Karte noch mal sehr genau an und waren sich dann sicher, dass sie am Ende der neuen Sonnenreise den ehemaligen Lagerplatz erreichten, wenn nichts Außergewöhnliches passierte.

 

Die Bootsfahrt ging ohne Probleme weiter, bis auf ein Boot, das seine Insassen ins Wasser warf. Die jungen Soldaten hatten einen Kurswechsel zu heftig angegangen und damit das Boot zum Kentern gebracht.

Der Rest der Männer lachte sich, trotz des ernsten Auftrages, halbtot über die dummen Gesichter der patschnassen Soldaten.

 

Die Kundschafter fingen das gekenterte Boot ein, das kieloben in der leichten Strömung des Flusses trieb. Selbst als sie das Lager aufbauten, wurden die Unglücksraben noch mit ihrem Pech gehänselt.

Die Kundschafter machten dem ein Ende, indem sie die Soldaten auf die brennenden Berge aufmerksam machten. Drei Bergkegel schleuderten rot glühende Steinbrocken in die Luft und ein dumpfes Grollen und Poltern war zu hören. Das Lager wurde auffallend ruhig, der Ernst ihres Auftrages ließ dem jugendlichen Übermut keinen Platz mehr.

Beim Frühstück einigten sich die Kundschafter mit den Truppführern darauf, dass sie erst mal über den Fluss setzten und die Lage erkundeten. Sie wollten versuchen, so nah wie möglich an die Erdhöhle heran zu kommen, um ein Bild von dem Ganzen zu bekommen.

Die Kundschafter setzten über den Fluss, tarnten die Boote und verschwanden in dem dürren Gestrüpp wie Schatten.

 

Jetzt hieß es für die Soldaten warten, aber die Truppführer wussten die Soldaten zu beschäftigen. Sie ließen mit aller Vorsicht geeignete Stöcke für die Herstellung von Pfeilen und Speeren schneiden. Pfeil- und Speerspitzen sowie Federn für die Befiederung der Pfeile hatten sie aus der Kaserne mitgenommen.

In einem beinahe rauchlosen Feuer härteten die Soldaten die Spitzen der Speere, bevor sie die metallenen Spitzen darauf befestigten. Gegen Abend war ein beachtlicher Haufen von Speeren entstanden und viele Köcher mit Pfeilen standen daneben. Die Soldaten ließen sich das Abendessen schmecken und die Truppführer teilten später die Wachen ein.

 

Die Truppführer schauten jetzt öfter zum Fluss, die Sonne neigte sich und eigentlich sollten die Kundschafter zurückkommen, aber es wurde Nacht und von den Kundschaftern war nichts zu sehen. Die Truppführer gaben für das ganze Lager Alarm. Die Soldaten sahen sichtlich angespannt in die dunkle Nacht. Die Bogen griffbereit und immer wieder griff der eine oder andere zum Pfeilköcher. Die Nacht wurde von der aufgehenden Sonne verdrängt und von den Kundschaftern war immer noch nichts zu sehen. Kurz bevor die Sonne ihr Zenit erreichte, kamen die Kundschafter von rechts in das Lager getaumelt, sie sahen arg zerzaust und mitgenommen aus.

 

Die Truppführer gaben sofort wieder Alarm und die Kundschafter berichteten ihnen, dass sie die Erdhöhle der wilden Horde gefunden hatten und auch einen schnellen Blick in die Höhle riskiert hatten. Selbst der erfahrendste Kundschafter sah kreidebleich aus. „Es wimmelt in der Erdhöhle von Bestien der wilden Horde. Wie in einem Ameisenhaufen“, keuchte er, „ein widerlicher Gestank stieg aus der Höhle, in riesigen Feuern glühten Eisen, ein Höllenlärm dröhnte aus der Höhle.

 

Wir zogen uns vorsichtig zurück und hatten schon fast die Boote erreicht, als wir von einer kleinen Gruppe der Bestien entdeckt wurden. Die Unholde waren genauso überrascht wie wir, aber wir reagierten schneller und konnten alle, bis auf eine der Bestien, mit unseren Pfeilen töten.

Die eine Bestie jagte uns in wilder Wut durch die Gegend. Erst als wir uns trennten und die Bestie damit so irritierten, dass sie einfach nicht mehr wusste, wen sie jetzt verfolgen sollte, konnten wir sie mit vereinten Kräften töten.“

 

Die Heilerin sah sich die Kundschafter an, aber außer einigen Schürfwunden hatten sie keine Verletzungen davon getragen.

Dankbar tranken die Kundschafter das kühle Wasser und streckten sich erleichtert auf dem weichen Grasboden aus.

 

Die Truppführer besprachen mit den Kundschaftern ihre weitere Vorgehensweise, die Truppführer wollten unbedingt selbst die Erdhöhle der Wilden in Augenschein nehmen. Die Kundschafter hielten sie davon ab, die Truppführer entschieden sich aber für die Erkundung.

 

Die Truppführer stellten eine kleine, ausgesuchte Gruppe zusammen und fuhren mit den Booten über den Fluss zum anderen Ufer. Sie tarnten die Boote und gingen, jede noch so spärliche Tarnung ausnutzend, in Richtung der Erdhöhle.

Die Feuerberge spuckten ihre glühenden Brocken in den trüben Himmel und es lag ein ständiges Grollen und Grummeln in der Luft. Der Boden unter ihren Füßen vibrierte von den Erschütterungen, die die Feuerberge auslösten.

Je näher die kleine Gruppe der Erdhöhle kam, umso weniger Deckung fand sie, alles war verbrannt und verdorrt. Die Soldaten hasteten von Felsbrocken zu Felsbrocken, in einer dichten Reihe näherten sie sich der Erdhöhle der wilden Horde.

Plötzlich zischte einer der Truppführer leise, aber eindringlich: „Deckung!“, und wies auf einen Trupp Bestien, die wohl gerade ihre Höhle verlassen hatten und Richtung Süden vorbei stampften.

Mit vor Entsetzen weit aufgerissene Augen verfolgten die jungen Soldaten die Bestien, so etwas hatten sie noch nie gesehen, das war ja noch entsetzlicher als die Schilderungen der Alten.

Riesige, unförmige Körper, vor Kraft strotzend, primitiv wirkende, plumpe Waffen, die Rüstung schlecht geschmiedet, widerliche Fratzen, die Hauer stießen durch die wulstigen Lippen.

Ekelhafte Grunzlaute ausstoßend, entfernten sich die Ungeheuer. Erleichtert gab der Truppführer das Zeichen zum Weitermarsch, die Soldaten waren immer noch bleich vor Entsetzen. Sprachlos dämmerte ihnen langsam, was die Menschen damals in der weiten Ebene erlebt und erlitten hatten.

Vorsichtig pirschten sich die Soldaten vor, bis sie durch den Ekel erregenden Gestank, der aus dem riesigen Erdloch aufstieg, gewarnt wurden. Sie waren jetzt sehr nahe an der Erdhöhle.

 

Auf dem Bauch liegend robbten die Soldaten an den Rand des Loches und sahen Unfassbares, ein Gewimmel von Bestien in einem chaotischen Durcheinander, dazwischen brannten riesige Feuer, Bestien steckten unförmige Eisenklumpen in die Flammen und bearbeiteten dann die rot glühenden Eisenklumpen auf unförmigen Ambossen. Ständig stritten sich die Ungeheuer, rissen sich gegenseitig das, was sie Essen nannten, aus den Klauen, was wieder eine wilde Streiterei verursachte.

Völlig unmotiviert löste sich aus dem Chaos ein Trupp der Bestien und klomm die Felswand hoch zum Rand der Erdhöhle und marschierte grunzend in das schwarze Gebirge.

Entsetzt drückten sich die Soldaten in den Boden, bloß nicht von diesen Viechern entdeckt und womöglich noch angegriffen werden. Mit Entsetzen bis in die Haarspitzen schlichen die Soldaten zu den Booten zurück.

 

Niedergeschlagen und sprachlos erreichten sie das Lager und konnten anfangs gar nichts sagen, es dauerte lange, bis die ersten Soldaten ihr Erlebtes den Kameraden erzählen konnten. Die Truppführer ordneten die Rückkehr mit der frühen Sonne an, sie hatten genug gesehen und es würde den Menschen in der weiten Ebene Angst und Schrecken bringen.

 

Die Rückfahrt mit den flinken Booten besserte die Stimmung der Soldaten wieder etwas auf und als sie von den rotbraunen Tieren, die so flink in den Bäumen herum klettern konnten, wieder mal mit matschigen Früchten und abgerissenen Ästen beworfen wurden, konnten die ersten auch wieder lachen. Die Soldaten hatten den Eindruck, als hätten die Tiere genauso viel Spaß an dem Theater.

Die Truppführer wurden nach ihrer Ankunft in der Kaserne zur Berichterstattung ins Dorfzentrum bestellt. Mit jedem Wort der Truppführer verfinsterte sich die Miene von Orkaa-Thur, Kethar rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her.

Die Weisen schauten mehr als beunruhigt in die Runde. Orkaa-Thur stand mit einem heftigen Ruck auf und bellte wütend los: „Und ich war mir so sicher, dass wir die Bestien damals restlos vernichtet hatten. Dieses Flammenmeer konnte doch keiner überleben, selbst diese Ungeheuer nicht. Gut, diesmal müssen wir es noch besser und gründlicher machen!“

 

 

Orkaa-Thur ließ sich von Kethar jetzt weiter von dem Stand der Vorbereitungen berichten, er war ungeduldig, er wollte so schnell wie irgend möglich gegen die wilde Horde vorgehen, bevor diese entdeckte, dass die weite Ebene wieder besiedelt war und die Menschen wieder angriffen.

 

Mit hoher Energie trieb Orkaa-Thur die Vorbereitungen für den Angriff auf die wilde Horde voran. Erst als er die Mengen der Kriegsmaschinen sah, die Mengen an Waffen und die geordnete Aufstellung der Soldaten, des Proviants, die mit viel Übersicht geplante Lagerausstattung, gab er etwas Ruhe.

Kethar und die Leiter der Kasernen atmeten erleichtert auf, ihr Fürst war in den letzten Sonnenreisen etwas unerträglich geworden.

 

Mit größter Sorgfalt wurde der Schlachtplan ausgearbeitet, jede mögliche Situation wurde besprochen. Für Orkaa-Thur war es von größter Wichtigkeit, dass die Menschen in der weiten Ebene weiterhin gut geschützt blieben, trotz des Feldzuges gegen die wilde Horde.

Die Soldaten rückten in drei Kolonnen ab, jede Kolonne war komplett ausgestattet mit Kriegsmaschinen, mit Waffen Reserven und Lagermaterial, so dass jede Kolonne eigenständig und unabhängig von den zwei anderen Kolonnen handeln konnte.

Vorsichtig fuhren die Lastkähne den Fluss hinauf. Soldaten in den kleinen Booten fuhren Flankenschutz. Unbehelligt erreichte die erste Kolonne den festgelegten Lagerplatz und baute wie besprochen, mit viel Tarnung, das Lager auf.

 

Die Soldaten verwendeten das mitgeführte Schanz Material, um das Lager zu befestigen. Andere bauten unauffällig eine Wasserleitung ins Lager. Der Lagerplatz für die zweite und dritte Kolonne war nahe am großen Fluss. Orkaa-Thur war beeindruckt von der Funktion des Lagers. Hier wusste jeder ganz genau, was er zu tun hatte, ruhig und mit einer überzeugenden Routine lief das Lagerleben vor seinen Augen ab.

 

Orkaa-Thur musste zugeben, dass er es auch nicht besser gekonnt hätte und sagte es auch beim Abendessen Kethar und den Leitern der Kaserne. Hocherfreut nahmen die Männer das Lob von ihrem Fürsten entgegen. Schnell vergaßen sie die zurück liegenden Wochen der Vorbereitung, in denen ihr Fürst ein recht unbequemer Mensch war.

 

Kethar schickte Kundschafter los, sobald sie zurückkamen, sollte der Angriff auf die Erdhöhle erfolgen. Die Lastkähne lagen, beladen mit den Kriegsmaschinen und den Waffen, gut getarnt in Reih und Glied am Ufer des Flusses, die Soldaten waren eingewiesen, jeder kannte genau seine Aufgabe.

Nach zwei Sonnenreisen kamen die Kundschafter von ihrem Erkundungsgang zurück und berichteten Kethar, dass in der Erdhöhle der wilden Horde auffallend viel unruhige Bewegung sei, ständig lösten sich kleinere und größere Gruppen und verließen die Höhle. Die Streitereien der Bestien untereinander hatten ein Ausmaß erreicht, dass mit einem richtig großen Ausbruch der wilden Horde mit Sicherheit gerechnet werden musste.

 

Die Männer waren sich einig, mit der neuen Sonnenreise startete der Angriff. Kethar und die Leiter der Kasernen gaben die entsprechenden Befehle weiter. Mit erstaunlicher Ruhe bereiteten sich die Soldatinnen und Soldaten auf den morgigen Angriff vor, packten ihre Gefechtsausrüstung, überprüften ihre Waffen und gingen je nach Einteilung zur Wache oder hockten bei leichten Gesprächen vor den Zelten zusammen.

Mit dem ersten Licht der Sonne wurde das Lager lebendig, die Lastkähne brachten die Kriegsmaschinen ans andere Ufer, die Soldaten spannten die Zugtiere davor, schnell bildeten sich wieder die drei Kolonnen. Die Sonne hatte noch nicht ihr Zenit erreicht, als die drei wirklich großen Kolonnen Kethar meldeten, sie seien zum Abmarsch bereit.

Die drei Kolonnen trennten sich während des Abmarsches, eine Kolonne marschierte nordöstlich, um die Erdhöhle am oberen Ende anzugreifen. Die beiden anderen Kolonnen zogen erstmal südlich, dann trennten sie sich auch, eine Kolonne zog direkt auf die Erdhöhle zu und die dritte Kolonne zog weiter südlich, um den südlichen Rand der Erdhöhle anzugreifen.

 

Ständig ritten Kundschafter zwischen den Kolonnen hin und her, Kethar war über den Ablauf des Marsches der drei Kolonnen hochzufrieden. Er wurde etwas unruhig, als er von den Kundschaftern erfuhr, dass die dritte Kolonne erste Feindberührung hatte, ein kleinerer Trupp der Bestien war direkt in die Kolonne hinein geraten. Die Bogenschützen konnten sie erfreulicherweise schnell töten, bevor schlimmeres passieren konnte. Die Soldaten merkten, dass sie langsam in die Nähe der Erdhöhle kamen, der Gestank war schlicht grausam.

Es war für sie unvorstellbar, dass überhaupt irgendein Lebewesen in diesem Gestank leben konnte. Etwas besorgt schauten einige Soldaten auf die Feuer spuckenden Berge, die rot glühenden Flüsse, die den schwarzen Berg hinunter kamen, das ständige Grollen und Rumpeln der Feuerberge flößte ihnen schon Respekt ein.

Die Kundschafter zeigten an, dass die Kolonnen nahe genug an der Erdhöhle waren und die Truppführer ließen anhalten und die Soldaten schanzten ihre Stellungen. Anschließend bauten sie die Befestigungen auf. Hohe Wachsamkeit herrschte im ganzen Lager, jeder Soldat hatte seine Waffen griffbereit.

Kein Feuer brannte im Lager, kaum ein Geräusch wurde von den vielen Soldaten verursacht, schnaubte ein Pferd, sprang sofort ein Soldat hinzu und beruhigte das Tier. Über das Lager senkte sich eine unruhige Nacht.

Die Menschen in der weiten Ebene erlebten eine genauso unruhige Nacht wie die Soldaten. Von jeder Familie war ein Mann oder sogar zwei Männer bei den Soldaten und die Sorge um ihre Angehörigen ließen die Menschen nicht schlafen.

Die meisten kannten die wilde Horde nur aus Erzählungen, aber das reichte, um ihnen klar zumachen, welche schlimme Sache ihre Soldaten vor sich hatten. Obwohl sie wussten, dass der Angriff sehr gut vorbereitet war, wurden sie vor Sorgen fast verrückt, sie saßen hier untätig herum und konnten nur warten und hoffen, dass es für alle gut ausging. Voller Sorgen suchten sich die Nachbarn gegenseitig auf, um Trost zu finden und Trost zu geben, sie wussten, dass sie sicher von den Soldaten gut bewacht wurden, aber es machte sich unter ihnen Unruhe breit, dass es zu einem Angriff der wilden Horde hier in der weiten Ebene kommen könnte. Die schlimmsten Gedanken kamen auf, viele wünschten sich, bei den Soldaten zu sein, als hier abwartend herum zu sitzen.

 

Leise und vorsichtig rückten die Soldaten vor, der Gestank wurde noch schlimmer und ein ohrenbetäubender Lärm brüllte aus dem nahen Erdloch. Die Feuerberge spuckten heftig glühend heiße Flüsse aus und der Boden unter ihren vibrierte und dröhnte. Der Höllenlärm aus dem Erdloch der wilden Horde knallte den vorrückenden Soldaten in die Ohren. Einige Soldaten mussten sich erbrechen, der Gestank war wirklich unerträglich.

 

Die dritte Kolonne, die laut Einsatzplan nördlich von dem Erdloch Stellung bezogen hatte, meldete Kethar:" fertig zum Angriff. Die zweite Kolonne lag westlich vor der Höhle und die erste Kolonne schloss den Bogen im Süden.

Die aufgeprotzten Katapulte bildeten eine bedrohliche Front und die Soldaten standen bereit. Kethar sah noch einmal nach rechts und links zu seinen Soldaten, hob dann den rechten Arm und stieß die geballte Faust nach vorne.

Augenblicklich schleuderten die Katapulte die Feuergeschosse in die Erdhöhle der wilden Horde und schon mit der zweiten Salve loderten riesige Flammen aus der Höhle und ein tierisches Gebrüll, gemischt mit Schmerzensschreien und Wut der Bestien, kochte aus dem brennenden Loch hoch.

 

Ununterbrochen schleuderten die Katapulte ihre brennenden Geschosse in das wild brennende Loch, aus dem immer noch grässliches Gebrüll zu hören war. Die Bogenschützen standen, wie befohlen, in Alarmbereitschaft, um jeden, der versuchte, die Erdhöhle zu verlassen, mit ihren Pfeilen daran zu hindern. Hinter den Bogenschützen waren die Schwertkämpfer postiert, bereit einzugreifen, sollte es wider Erwarten einer der Bestien gelingen, die Höhle zu verlassen, den Bogenschützen zu entkommen, dann traten sie in Aktion.

 

Noch immer flogen die Feuergeschosse in die Erdhöhle, gewaltige Flammen schossen aus dem riesigen Loch und noch immer war wütendes Gebrüll zu hören.

Keiner der Soldaten konnte sich vorstellen, dass in diesem Flammenmeer überhaupt noch jemand überleben konnte, aber anscheinend waren die Bestien dazu in der Lage. Kethar schickte immer wieder Boten zu den Truppführern und bat sie, weiterhin höllisch wachsam zu sein, die wilde Horde war noch lange nicht vernichtet.

 

Sie sollten daran denken, dass die Bestien urplötzlich aus dem Boden brechen konnten, ihre Soldaten sollten immer damit rechnen.

Orkaa-Thur wies Kethar auf einen Klumpen Bestien hin, die es geschafft hatten, aus ihrer Höhle zu klettern und von den Bogenschützen sofort beschossen wurden.

Selbst Orkaa-Thur musste sich über das Aussehen der Bestien geekelt schütteln, die Bestien waren ja schon im Normalzustand keine Schönheiten, aber was da jetzt von den Bogenschützen getötet wurde, war für den menschlichen Verstand fast nicht fassbar.

Die Bestien kamen halb verbrannt und teilweise noch brennend aus dem Loch geklettert und verströmten einen so bestialischen Gestank, dass sich die Gesichter einiger Soldaten grün färbten.

Die Bogenschützen hatten ganze Arbeit geleistet, die Bestien waren bis auf eine tot, der übrig Gebliebene versuchte vergeblich, den in seinem Hals steckenden Pfeil heraus zu reißen, bevor ihm das gelang, schoss eine Bogenschützin blitzschnell zwei weitere Pfeile in den ungeschützten Hals der Bestie, vor Schmerz gurgelnde Laute heraus grunzend, brach die riesige Bestie zusammen.

 

Die Soldaten waren durch diesen Kampf für einen Moment abgelenkt, erst der Alarmschrei von einer Katapultmannschaft holte sie zurück. Sie sahen mit Schrecken, wie der Boden kurz vor ihnen aufbrach und die Bestien heraus quollen, wie Samen aus einer aufplatzenden Frucht.

 

Wieder waren es die Bogenschützen, die am schnellsten reagierten.

 

Die Bestien hatten sich noch nicht richtig formiert, da wurden sie schon von den ersten Pfeilen durchbohrt.

Trotz ihrer Verwundung durch die Pfeile hoben sie ihre schweren, plumpen Waffen und stürmten auf die Soldaten los. Die Schwertkämpfer erwarteten sie schon, sie waren viel schneller und beweglicher als die riesigen Kolosse, die scharfen Schwerter der Soldaten schnitten in das Fleisch der Bestien. Brüllend hieben die Ungeheuer um sich und der eine oder andere Soldat musste sein Leben unter den mächtigen Hieben lassen.

 

Orkaa-Thur sah, wie eine Soldatin von einem Hieb getroffen wurde, wirbelnd durch die Luft flog und hart auf dem Boden aufschlug.

 

Er bahnte sich mit mächtigen Hieben seines Zauberschwertes einen Weg durch die Bestien, die überrascht innehielten und auf das schimmernde Schwert starrten, das in flirrenden Hieben die Unholde tötete.

Orkaa-Thur erreichte die junge Soldatin, in deren schmerzverzerrten Gesicht stand das Wissen um ihren Tod.

Orkaa-Thur kniete und hielt den Kopf der Soldatin in seinen Händen, bis ihre Augen brachen.

 

Orkaa-Thur fasste sein Schwert und kehrte in den Kampf zurück, mit kalter, ruhiger Wut führte er sein Schwert, das eine Bresche in die Reihen der Bestien schlug.

Der letzte der Unholde brach röchelnd zusammen, eine Soldatin hatte ihm einen Speer in den Hals gerammt. Die beiden Kämpfer nickten sich kurz einvernehmlich zu und schauten sich dann um, erleichtert sahen sie, dass dieser Angriff erfolgreich abgewehrt worden war.

Orkaa-Thur nutzte die kurze Kampfpause und ging zum Wasser, um zu trinken, einige Soldaten standen bereits am Wasserfass, sie machten ihrem Fürsten Platz, aber Orkaa-Thur stellte sich wie selbstverständlich in die Reihe, auf ihr Erstaunen hin grinste er sie an. „Wir sind alle Soldaten, oder?“

 

Für einen Moment stand erfreute Sonne in den Gesichtern der Soldaten.

 

Die Frachtkähne brachten ununterbrochen Nachschub, dringend benötigten Nachschub an Feuergeschossen, Pfeilen und Speeren, Schilde wurden dringend gebraucht und das eine oder andere Schwert musste ersetzt werden.

Dankbar nahmen die Soldaten das mitgebrachte Essen an, für eine Essenspause war keine Zeit. Kethar ließ die Katapulte neue Stellungen einnehmen, um bessere Schusspositionen in die Erdhöhle zu bekommen und mitten in dieser Aktion explodierte der Boden zwischen der ersten und zweiten Kolonne und spuckte Unmengen von Bestien aus.

Diese Bestien mussten aus einem anderen Bereich der Erdhöhle stammen, sie zeigten keinerlei Brandverletzungen. Die Bestien teilten sich in zwei große Gruppen auf und wollten gerade losstürmen, als die ersten Feuergeschosse ihn sie hinein knallten.

Einige Katapultmannschaften hatten aus der Bewegung zur neuen Stellung heraus hervorragend reagiert und die Bestien der wilden Horde sofort beschossen. Brüllend wälzten sich viele der Unholde in dem brennenden Öl, sie verbrannten bei lebendigem Leib, der Rest stürmte voller Wut auf die Soldaten der ersten und zweiten Kolonne zu und rannte in den dichten Pfeilhagel der Bogenschützen.

 

Einige der Bestien rannten trotz der zwei oder drei Pfeile im Körper wie irre weiter auf die Soldaten zu und konnten erst mit Mühe von den Schwertkämpfern gestoppt werden.

 

Die Zahl der verletzten Soldaten stieg besorgniserregend. Kethar bangte darum, dass die Bestien endlich besiegt waren, lange konnten sie die Angriffe der wilden Horde nicht mehr standhalten.

 

Ein Bote brachte von der dritten Kolonne schlimme Nachricht, auch hier waren die Unholde aus dem Boden gebrochen und hatten schlimme Schäden angerichtet. Zwei Katapulte waren mitsamt der Mannschaft in das Loch gestürzt. In einem verzweifelten Kampf konnten die Bestien getötet werden, aber die Verluste waren schlimm. Über die Hälfte der Soldaten hatten ihr Leben in diesem Gefecht lassen müssen.

 

Viele Soldaten waren verletzt und kaum noch kampffähig. Die Truppführer setzten die leicht Verletzten zur Bedienung an Katapulten ein, um die Soldaten von den Katapulten im Kampf einsetzen zu können. Der Truppführer sah verzweifelt in Richtung großen Fluss, in der Hoffnung, dass die Reserve eintraf.

 

Kethar sandte Boten an die Truppführer, die drei Kolonnen sollten sich zusammen ziehen und mit vereinten Kräften der wilden Horde den Rest geben. Ein Soldat berichtete seinem Truppführer, dass er fast sicher sei, dass die Bestien unbeschadet aus einem Loch in der Erdhöhle kamen, das in der Höhlenwand in südwestlicher Richtung lag.

Der Truppführer ließ sich das Loch von dem Soldaten zeigen, die Hitze war unerträglich, als sie nahe dem Höhlenrand lagen und der Soldat durch die lodernden Flammen auf die Höhlenwand zeigte. Der Truppführer erkannte erst mal gar nichts und wollte schon wieder aufstehen, als er eine Bewegung mehr ahnte als erkannte.

 

Er schaute angestrengt in die Flammen und da sah er, wie die Bestien aus dem Loch stürmten. Sie rannten zu der Kolonne zurück und der Truppführer gab den Katapulten die neue Richtung an. Jetzt hatten auch die Kriegsmaschinen für ihre gebündelten Pfeile endlich ein Ziel. Schon die zweite Salve knallte mit verheerender Wirkung in die sich bildende Gruppe der Bestien. Als dann noch die Feuergeschosse in das neu entdeckte Loch krachten, brach fast so etwas wie Panik unter den Bestien aus.

 

Es wurde ein furchtbares Gemetzel, jede Bestie, die versuchte, aus dem Höhlenloch zu kommen, wurde entweder sofort von den gebündelten Pfeilen oder von den Feuergeschossen erwischt.

 

Brüllend vor Wut und wild kreischend vor Schmerzen wälzten sich die Ungeheuer getroffen in dem Feuer.

 

Durch das Zusammenziehen der drei Kolonnen erreichte Kethar, dass wieder eine beeindruckende Menge Soldaten im Kampf gegen die wilde Horde zusammengekommen war. Das hob merklich die Moral der Soldaten, die doch durch die vielen Verluste merklich angeknabbert waren. Jetzt fühlten sich die Soldaten doch wieder wohler und das war der Effekt, den Kethar erreichen wollte.

 

Kethar ließ jetzt auch einige leicht Verletzte in den hintersten Reihen Posten beziehen, sie sollten beobachten, ob sich die Bestien wieder aus dem Boden wühlten und sofort Alarm schlagen. Die Katapulte schossen immer noch ihre Feuergeschosse in die Erdhöhle, das Feuer wabberte in riesigen Flammen, die gewaltige Hitze stieg hoch zum Himmel, gegen die schwarzen Berge sah es besonders beeindruckend aus.

 

Die Feuer speienden Berge schwiegen still, als ob sie das von den Menschen erzeugte Feuer fürchteten.

 

Die Soldaten hatten im Moment etwas Ruhe, da von den Bestien nichts zu hören und zu sehen war, und nutzten diese zu einem schnellen Essen. Köstlich schmeckte das kühle Wasser aus dem Fluss, das ständig von den Versorgungsleuten nachgeholt wurde. Diese Männer huschten auch immer zwischen den Soldaten hin und her und versorgten sie mit Pfeilen, ersetzten zerstörte Schilde oder verbanden kleinere Wunden, sie brachten den Katapulten neue Feuergeschosse und fungierten als Boten zwischen den Truppführern.

 

Ein furchtbares Grollen und Rumpeln riss die Soldaten hoch, mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen sahen sie, wie die Bestien aus dem aufgeplatzten Boden stürmten. Eine gewaltige Staubwolke erhob sich über das neue Erdloch. Der Boden vibrierte unter den Füßen der Soldaten.

 

Das Schnarren der Kriegsmaschinen und Katapulte holte sie aus ihrem Entsetzen zurück. Die gebündelten Pfeile der Kriegsmaschinen klatschten in die Leiber der Bestien. Die schweren Pfeile durchschlugen die Rüstungen der Unholde und mähten sie reihenweise um.

Die Anführer der Bestien versuchten Ordnung in das Chaos zu bringen, die Bestien rannten mit den Pfeilen in ihren Körpern verrückt vor Schmerzen ziellos herum. Das Chaos wurde perfekt, als die ersten Feuergeschosse in den wilden Knäuel von Unholden krachten. Hoch spritzte das brennende Öl und ergoss sich über jede der Bestien.

 

Die Soldaten zogen sich noch weiter zusammen, als die Bestien trotz ihrer schweren Verletzungen durch die Pfeile und zum Teil brennend auf sie zukamen. Erleichtert hörten sie dann das Schwirren der abgeschossenen Pfeile, die Bogenschützen schossen mit eiskalter Präzision und hoher Treffsicherheit ihre Pfeile in die ungeschützten Hälse der anstürmenden Ungeheuer.

Wild um sich schlagend brachen die Bestien zuhauf zusammen, noch im Sterben versuchten sie, Soldaten zu verletzen oder zu töten. Die Truppführer mahnten die Soldaten zur Vorsicht und trotzdem passierte es, dass Bestien Soldaten zu fassen bekamen und diese sofort zerfetzten und auffraßen.

Fassungslos sahen das die Soldaten und das löste bei ihnen eine so kalte Kampfeswut aus, dass selbst die stupiden Ungeheuer überrascht waren.

 

Erst als die Truppführer ganz sicher waren, dass die Bestien aufgrund der Verletzungen nicht mehr in der Lage waren, ihre Soldaten zu gefährden, wurden Schwertkämpfer zu den Bestien geschickt und mit schnellen Schlägen hieben die Soldaten die Köpfe der Bestien ab, nur so konnten sie sicher sein, dass die Unholde wirklich und endgültig tot waren.

 

Aus dem neuen Erdloch kamen keine Bestien der wilden Horde mehr ans Tageslicht. Auch jetzt loderten die Flammen noch himmelwärts, die Hitze wurde für alle unerträglich, so gab Kethar das Zeichen, sich etwas zurück zu ziehen. Die Zugtiere wurden aus dem Hintergrund nach vorne zu den Kriegsmaschinen und Katapulten gebracht. Knarrend rollten die großen und schweren Maschinen das angegebene Stück von dem Feuer weg.

 

Die Soldaten hatten gerade ihre neue Stellung bezogen, als ein Donner krachen aufdröhnte, das überall Angst und Schrecken verbreitete. Nachdem sich der Dreck und Staub verzogen hatte, schlichen die Kundschafter vorsichtig in Richtung Erdhöhle, um festzustellen, was passiert war.

 

Hocherfreut kamen sie zurück und berichteten, dass ein riesiges Stück der Höhle eingestürzt war und das Feuer immer noch mit aller Macht brannte, sie waren sich sicher, dass durch die Hitze noch weitere Teile des brüchig gewordenen Fels einbrechen würden.

 

Von den Bestien der wilden Horde war nichts mehr zu sehen. Kethar stoppte die aufkommenden Jubelrufe: „Noch können wir nicht sicher sein, leider, wir müssen mindestens noch drei oder vier Sonnenreisen abwarten, um ganz sicher zu sein.“

 

Etwas enttäuscht gingen die Soldaten zurück an ihre Arbeit.

 

Orkaa-Thur gab Kethar ein Zeichen: „Wartet, ihr habt heute einen großen Kampf gewonnen. Ihr habt euch alle bravourös geschlagen. Wir konnten der wilden Horde schlimme Verluste zufügen. Lasst uns hoffen, dass wir sie alle erwischt haben, wenn nicht, bekommen sie auch noch den Rest von uns.“

 

Die Soldaten sahen jetzt wieder erfreuter und erleichtert in die Welt.

 

Es war für alle ein harter und bitterer Tag gewesen. Sie brachten die letzten Verwundeten zu den Lastkähnen, wo sie sofort von den Heilerinnen umsorgt wurden. Es kehrte etwas Ruhe in das Lager ein, bis auf die Wachen saßen die Soldaten beisammen, versuchten etwas zu essen und sprachen über den Tag.

 

Eine noch sehr junge Soldatin schluchzte plötzlich heftig. „Sie haben meine Freundin einfach zerrissen und gefressen, töten reicht diesen Ungeheuern nicht. Wie kann man seinen Gegner fressen?“

 

Die Soldaten versuchten die weinende Frau zu beruhigen, tröstend legten sich Arme um die zuckenden Schultern.

 

Eine unruhige Nacht legte sich über das Lager, überall klang leises Stöhnen und Jammern auf. Die Soldaten verarbeiteten in einem unruhigen Schlaf den Tag.

 

Die Sonne kam in einem milchigen Schleier über die schwarzen Gipfel der Berge, als ein so heftiger Schlag die Welt erschütterte, dass die Soldaten völlig verstört aus ihren Zelten gerannt kamen und nicht wussten, was passiert war. Keiner wusste, was los war, der Donnerschlag kam aus der Richtung, in der die Erdhöhle der wilden Horde lag. Blitzschnell waren die Soldaten kampfbereit, nachdem die Truppführer mit klaren Befehlen das Durcheinander beendet hatten.

 

Kethar und Orkaa-Thur gingen mit einem Trupp Bogenschützen und Schwertkämpfern zur Höhle.

 

Die Katapulte und die Kriegsmaschinen wurden ausgerichtet. Die Soldaten standen abmarschbereit. Je näher die Soldaten an die Erdhöhle kamen, umso mehr vernahmen sie ein gewaltiges Rauschen, als wären sie in der Nähe eines Wasserfalls. Sie hatten den Rand der Erdhöhle erreicht, flach auf dem Boden liegend, bekamen sie vor Staunen den Mund nicht mehr zu.

 

Ein großes Stück der südöstlichen Felswand in der Höhle der Bestien war von einem sehr kräftigen, unterirdischen Fluss aufgesprengt worden.

Das war wohl der gewaltige Knall, den sie alle gehört hatten.

Das Wasser ergoss sich in einem breiten Schwall mit Urgewalt in die Höhle. Erstaunlicherweise verschwanden die Wassermassen unwahrscheinlich schnell in der Höhle.

 

„Das muss eine riesige Höhle sein, dass die Wassermassen so schnell verschwinden können“, meinte Orkaa-Thur zu Kethar. „Wer weiß, wie weit dieses Höllenloch reicht.“

Unentwegt ergoss sich der Fluss in die Höhle. Von den Bestien war nichts mehr zu sehen, die Brände waren allerdings alle von dem Wasser gelöscht worden. Kethar ließ einige Soldaten zur Beobachtung an der Höhle zurück, mit dem Befehl, bei geringsten Anzeichen von Gefahr sofort zu verschwinden.

 

Kethar informierte die Truppführer über das Geschehen in der Höhle.

„Na hoffentlich ersaufen die Bestien jetzt in ihrer Höhle!“

„Hoffen wir es, es wäre zu schön für uns alle.“

Kethar ließ die Wachen etwas reduzieren, die Soldaten brauchten jetzt unbedingt Ruhe, aber es dauerte lange, bis sich die ersten schlafen legten.

Die Sonne berührte schon die Gipfel des westlichen Gebirges, als einer der Soldaten von der Erdhöhle zurückkam und meldete, dass die Höhle jetzt langsam voll Wasser lief.

 

Kethar und Orkaa-Thur folgten dem Soldaten zur Höhle, er wies mit einer Handbewegung hinein und die Männer sahen, dass das Wasser begann, die tieferen Stellen der Höhle zu überfluten. Kethar bat die Soldaten noch mal eindringlich, sehr wachsam zu sein und bei der geringsten Gefahr sofort zum Lager zurück zu kommen.

 

Quälend langsam fanden die Soldaten etwas Ruhe, immer wieder öffnete sich ein Zelt und ein Soldat trat ins Freie und lief ziellos im Lager herum. Viele Soldaten hatten sich erst gar nicht zur Ruhe gelegt, sie saßen um Feuerstellen oder vor den Zelten und sprachen immer wieder über die Ereignisse der letzten Tage. Ungläubig schüttelten sie immer wieder mit den Köpfen. Sie konnten immer noch nicht fassen, was sie gesehen und erlebt hatten.

 

Leise erfolgte der Wachwechsel und leise klangen die Geräusche der Pferde und der Zugtiere durch die Nacht. Die Truppführer waren ständig unterwegs und kontrollierten das Lager, überprüften die Waffen und die Vorräte und ließen frisches Wasser vom Fluss holen.

 

Wieder brach die Erde völlig überraschend mit Donnergetöse auf, eine riesige Staubwolke wölbte sich über den Erdbruch und dann kamen die Bestien zum Vorschein. Entsetzen machte sich bei den Soldaten breit. Wo kommen bloß diese Massen her?

Sie hatten doch schon so viele getötet.

Mit grässlichem, wütendem Gebrüll stürmten die Bestien auf die Soldaten zu. Alarmrufe gellten durch die Nacht. Jetzt zeigte es sich, dass es von Vorteil war, dass sich nur wenige Soldaten zur Ruhe gelegt hatten. Schnell stand die Verteidigungslinie und als die wilde Horde nahe genug herangekommen war, flogen die ersten Feuergeschosse in die ungeordnete Masse der Bestien. Das brennende Öl richtete unter den dicht gedrängten Bestien furchtbare Schäden an. Brüllend wälzten sich die brennenden Ungeheuer auf dem Boden. Die anderen Ungeheuer der wilden Horde sprangen ungerührt über die Verletzten und setzten ihren Angriff fort. Die Kriegsmaschinen schossen in die dichtesten Gruppen ihre Bündel von Pfeilen und wie von einer Riesenfaust getroffen, stürzten die Bestien zu Boden.

 

Die schweren Pfeile verursachten schlimme Verletzungen und doch versuchten einige der Bestien, die Pfeile aus ihrem Körper zu reißen, was aber noch schlimmere Verletzungen verursachte, weil sich die Pfeile mit ihren Widerhaken in das Fleisch der Bestien krallte und so furchtbare Wunden riss.

 

Die Bogenschützen traten jetzt in Aktion, die Bestien waren in die Reichweite ihrer Pfeile gekommen. Die Bogenschützen standen in drei Reihen hintereinander, so flogen der wilden Horde ununterbrochen die tödlichen Pfeile entgegen und dennoch schafften es viele der Unholde, bis zu den Schwertkämpfern durchzubrechen. Sofort entstand ein wütender Kampf Krieger gegen Krieger.

Die Unholde kämpften nur mit ihrer brachialen und rohen Gewalt gegen die Soldaten der weiten Ebene, die ihre Kampftechnik gekonnt einsetzten. Mit blitzschnellen Bewegungen wichen sie den Angriffen der Bestien aus und setzten ihre Waffen geschickt ein.

Das Brüllen der verletzten Unholde zeigte, dass sich die Soldaten gegen sie behaupten konnten.

 

Orkaa-Thur sah, wie eine junge Soldatin gleich von drei Unholden bedrängt wurde. Noch konnte sich die Soldatin mit ihrer Kampftechnik gegen die Bestien behaupten, aber drei waren dann doch einfach zu viel. Mit schnellen Schwerthieben bahnte sich Orkaa-Thur einen Weg durch die Angreifer, um der Soldatin zu Hilfe zu kommen.

Er kam nicht schnell genug zu ihr. Ein gellender Schrei und Orkaa-Thur musste zusehen, wie die drei Bestien die Soldatin auseinander rissen und sich die Körperteile in das widerliche Maul stopften. Orkaa-Thur erreichte die drei fressenden Unholde und mit schnellen Hieben tötete er zwei der drei Bestien, der dritte wandte sich grunzend mit blutverschmierter Fratze zu Orkaa-Thur und hob mit einem hässlichen Lachen siegessicher seine gewaltige Keule und starb vom Schwert getroffen, ohne zu wissen, was der Sinn seines unnötigen Lebens war.

 

Der Kampf tobte immer noch heftig hin und her, aber Orkaa-Thur konnte sehen, dass sich die Soldaten langsam die Oberhand erkämpften. Kethar zeigte Orkaa-Thur an, dass er Soldaten von der nördlichen Flanke angefordert hatte, diese griffen sofort mit frischen Kräften in den Kampf ein und jetzt war erkennbar, dass die Soldaten die Bestien besiegen würden, mit furchtbar hohen Verlusten, aber die Bestien standen auf verlorenen Posten, weil sie keinen Ersatz erhielten. Aus dem frisch aufgebrochenen Erdloch kamen keine Bestien mehr an die Oberfläche.

 

Kethar sprang zusammen mit Orkaa-Thur einigen Soldaten zu Hilfe, die von den Bestien heftig attackiert wurden. Kethar und Orkaa-Thur wüteten unter den Bestien mit wilder, kalter Wut. So wild, dass sich die Soldaten zurückzogen und den beiden Männern beim Kampf gegen die Bestien zusahen.

Kethar zog gerade sein Schwert durch den Hals einer Bestie und Orkaa-Thur hieb in einer eleganten Bewegung einer Bestie den Kopf ab. Jetzt waren nur noch zwei der Bestien übrig. Diese stürzten sich mit wütendem Gebrüll auf die beiden Männer und hoben dabei ihre furchtbaren Waffen, um damit den tödlichen Schlag gegen die verhassten Menschenkrieger zu führen.

 

Orkaa-Thur wich in einer fließenden Bewegung dem plumpen, aber bedrohlichen Angriff aus und aus der Bewegung heraus hob er das Schwert schulterhoch zu einem flachen und tödlichen Hieb gegen den Hals der Bestie.

Der Unhold strauchelte ob seines ungestümen Angriffes und sah mit aufgerissenen Augen erstaunt das flirrende Schwert kommen.

Kethar wehrte die Bestie weniger elegant ab, aber ebenso effektiv, der Unhold starb etwas ungläubig und das Erschreckende war, dass der gewaltige, ungeschlachte und kopflose Körper der Bestie stehen blieb!

Es war ein entsetzlicher, schockierender Anblick, dieses kopflose Ungeheuer, aus dessen Hals das schwarze, stinkende Blut floss. Ein kräftiger und beherzter Soldat schlug mit einem gewaltigen Hieb den Torso nieder und warf den Umhang des Unholdes über dessen Schultern, um den Anblick zu verdecken.

Langsam kamen alle wieder zu sich, die Waffen wurden vorsichtig von dem Blut der Bestien gereinigt und zur Seite gelegt.

Die Verwundeten wurden geborgen und rührend von den Heilerinnen umsorgt. Die Toten wurden in frische Tücher gehüllt und zu den Lastkähnen gebracht, die sie zurück in die weite Ebene brachten, wo sie ihre letzte Ruhestatt erhielten.

 

Erst jetzt konnte Kethar mit furchtbarem Erschrecken genau feststellen, welch schlimme Verluste sie erlitten hatten. Der Transport der toten Soldaten nahm und nahm kein Ende und immer noch wurden Verletzte auf dem Schlachtfeld gefunden.

Entsetzlich verstümmelte Leichen fanden die Soldaten, die ihre Kameraden bergen wollten. Das Grauen packte sie, wenn sie Bestien sahen, die noch abgerissene Körperteile ihrer Kameraden in den Mäulern hatten.

 

Von den Soldaten, die die Erdhöhle beobachten sollten, kam wieder ein Bote, der Kethar berichtete, dass das voll llaufen der Höhle langsamer verlief, als sie anfangs angenommen hatten.

Erst schien es so, als würde die Erdhöhle der wilden Horde ziemlich schnell voll laufen, aber dann muss das Wasser wohl einen Teil der Höhle gefunden haben, in dem es abfließen konnte. Denn der Wasserspiegel sank rasch. Kethar sah den Boten an.

„Wie sieht es jetzt aus?“  

„Der Wasserspiegel sinkt nicht mehr, aber er steigt auch nicht mehr.“ Kethar nickte etwas müde dem Boten zu:„Sag uns Bescheid, wenn sich etwas tut.“

 

Keiner der Soldaten kam zur Ruhe, jeder räumte irgendetwas weg oder zusammen, sie sahen nach den Waffen, kontrollierten die Reserve Bestände oder liefen einfach Gedanken verloren im Lager herum.

Orkaa-Thur sah diese Soldaten und machte sich Sorgen um sie, er wusste, dass sie versuchten, das Erlebte zu verarbeiten. Sie mussten mit einer Tätigkeit abgelenkt werden. Er wies Kethar darauf hin und Kethar rief ein paar dieser Soldaten zusammen und fragte sie, ob sie in der Lage wären, einen Kontrollritt zu unternehmen.

Dankbar nahmen sie die Aufgabe an, klar doch, dass sie dazu in der Lage waren.

Das erste Grau deutete sich im Osten an, als endlich ein wenig Ruhe im Lager aufkam.

 

Das Frühstück lockte erfreulich viele Soldaten zur Feuerstelle. Orkaa-Thur sagte sehr erleichtert zu Kethar: „Unsere Soldaten haben sich durchgebissen, sie sind wieder gefestigt.“

Kethar sah auch aus, als ob ihm eine Zentnerlast von den Schultern genommen worden war.

Der Abtransport der verwundeten und toten Soldaten hielt noch den ganzen Vormittag an. Ständig kamen Patrouillen zur Berichterstattung ins Lager, ebenso ritten ständig Trupps hinaus.

 

Kethar hatte an allen Erdlöchern Wachposten postiert, er wollte ganz sicher gehen, dass aus diesen Löchern auf gar keinen Fall auch nur eine Bestie klettern könnte. Immer wieder wies Kethar seine Soldaten darauf hin, dass sie immer noch mit möglichen Aufbrüchen rechnen mussten, da keiner sagen konnte, ob sie die wilde Horde schon endgültig geschlagen hatten oder nicht. So blieb unter den Soldaten eine gewisse Anspannung spürbar, obwohl alle hofften, dass es vorbei sein möge. Der Tag verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse.

Der Abtransport der verletzten und toten Soldaten war zu Ende.

Der Wasserspiegel in der Erdhöhle stieg wieder, langsam, aber stetig.

 

Ein Bote kam im wilden Galopp von dem zuletzt aufgebrochenen Erdloch und meldete sichtlich aufgeregt, dass das Wasser jetzt auch in dieses Loch floss.

Kethar und Orkaa-Thur schwangen sich auf ihre Pferde und ritten mit einigen Truppführern zu dem Erdloch. Der Soldat war sehr nervös, so nahe war er seinem Fürsten noch nie gewesen.

Orkaa-Thur schaute verblüfft in das riesige Loch, so groß hatte er sich den Einbruch nicht vorgestellt und noch immer fielen große Stücke von den Wänden in das Wasser.

Das Wasser hatte mindestens schon eine Tiefe von einer Mannshöhe erreicht. Wieder brach mit einem lauten Getöse ein riesiger Brocken von der Wand ab und fiel klatschend in das hoch aufspritzende Wasser.

 

„Wenn das so weiter geht“, Orkaa-Thur zeigte auf das abgebrochene Wandstück, „verbinden sich die beiden Erdlöcher noch.“

Kethar schaute fasziniert in das Erdloch.

„Das wäre doch gut für uns, dann könnten wir sicher sein, dass alle Bestien der wilden Horde, die noch leben sollten, ertrunken sind.“

 

Der kleine Trupp stieg auf die Pferde und ritt zu der Haupthöhle der Bestien.

 

Die Wachsoldaten meldeten: „Ruhig, keine besonderen Vorkommnisse, das Wasser steigt stetig“,  einer der Soldaten zeigte auf das riesige Loch. Die Männer gingen bis an den Rand der ehemaligen Erdhöhle und konnten feststellen, dass das Wasser bereits den ganzen Höhlenboden gut mannshoch bedeckte und immer noch mit mächtig viel Schwung in die Höhle floss. Jetzt war auch Orkaa-Thur fast sicher, dass, falls sich noch Bestien in der Höhle befanden, diese schon ertrunken oder kurz davor waren. Gegen diese Wassermassen kam selbst die wilde Horde nicht an.

 

Kethar wandte sich an die Wachsoldaten: „Hat jemand von euch genau gesehen, wie der Wassereinbruch passiert ist?“

Die Soldaten schüttelten die Köpfe. „Nein, leider nicht.“

Orkaa-Thur schaute Kethar fragend an. „Mir ist nicht ganz klar, warum der Wassereinbruch gerade jetzt passierte und nicht schon früher.“

Orkaa-Thur erwiderte nachdenklich: „Vielleicht ist der Fels durch die Hitze so brüchig geworden, dass jetzt der Druck des Wassers ausreichte, durch den Fels in die Höhle zu brechen.“

„Das wäre schon möglich“, bestätigte Kethar.

 

Sie ritten zum nächsten Erdloch, auch hier konnten sie feststellen, dass der Wasserstand höher und höher stieg und auch hier brachen durch das Wasser große Stücke aus den Wänden.

Das Erdloch wuchs dadurch ständig, die Wachsoldaten bestätigten Kethar, dass sie ihr Lager deswegen schon zweimal zurück verlegen mussten.

 

Der Trupp kehrte zum frühen Abend ins Lager zurück.

Kethar bat die Truppführer zu sich, um die Situation zu besprechen.

Einige Truppführer waren noch immer von der Brutalität der wilden Horde geschockt und alle konnten die enormen Verluste, die sie erlitten hatten, noch nicht fassen.

 

Einer der Truppführer schüttelte ungläubig mit dem Kopf: „Das sind wirklich und wahrhaftig Bestien. Diese Schlacht hat allen bestätigt, dass der Kampf der weiten Ebene gegen die wilde Horde wirklich grausam, widerlich und entsetzlich war.“

 

Langsam nur schaffte es Kethar, seine Truppführer auf das eigentliche Thema zu bringen. Er wollte unbedingt heraus finden, wie lange sie hier noch bleiben sollten. Die Meinungen der Truppführer gingen weit auseinander, die einen waren der Meinung, dass sie getrost ihre Zelte abbrechen konnten, andere wollten vorsichtshalber lieber noch ein paar Sonnenreisen bleiben, ein paar schlugen vor, den Großteil der Soldaten nach Hause zu schicken und nur ein kleineres Kontingent als Wache zurück zu lassen.

 

Das Thema wurde mit Sachverstand, aber auch mit Emotionen behandelt, schließlich einigten sich die Frauen und Männer darauf, mit der kompletten Einheit noch drei, vier Sonnenreisen hier zu bleiben und dann mit dem Rücktransport der Soldaten zu beginnen.

 

Orkaa-Thur ritt nach dem Frühstück voller Neugier zu der großen Erdhöhle. Er wollte sich unbedingt ansehen, wie weit das Wasser voran geschritten war. Als erstes stellte er fest, dass die Soldaten ihr Lager um ein gutes Stück zurück verlegt hatten.

Der Truppführer berichtete Orkaa-Thur, dass gestern Nachmittag noch ein großes Stück von der Wand ins Wasser gestürzt war, daraufhin ließ er das Lager verlegen.

 

Er wollte Abstand zum Rand der Höhle haben. Der Truppführer ging mit Orkaa-Thur zum Rand der Erdhöhle und Orkaa-Thur staunte wieder, als er die Höhe des Wassers in der Höhle sah.

„Es muss ein richtig großer Fluss sein, der sich in die Höhlen ergießt“, meinte der Truppführer zu Orkaa-Thur. „Ja, du hast Recht, das muss ein gewaltiger Fluss sein!“

 

Die von Kethar festgelegten Sonnenreisen vergingen ereignislos und so packten die ersten Trupps ihre Sachen zusammen und fuhren auf den Lastkähnen Richtung weite Ebene nach Hause. Kethar schickte gut die Hälfte der Soldaten nach Hause, auch einen Teil der Katapulte und Kriegsmaschinen ließ er abtransportieren.

 

Das Lager wurde von den Soldatinnen und Soldaten neu ausgerichtet und allmählich kam ein leichteres Leben in dem Lager auf. Das erste leise Lachen klang auf, ein paar Soldaten der Freiwache gingen zum Fluss und tobten in dem kühlen, klaren Wasser wie die Kinder herum. Zwei Soldatinnen kamen dazu, sahen das herum Getobe ihrer Kameraden, grinsten sich an, legten ihre Kleider ab und sprangen mit hellem Geschrei ins Wasser.

Die Wachsoldaten lösten sich regelmäßig ab, es blieb ruhig, nur das Wasser in den Erdlöchern stieg stetig.

 

Es würde nicht mehr lange dauern, bis das Wasser nahe den Rändern der Höhlen war. Das volll laufen der Erdhöhlen beruhigte nicht nur Orkaa-Thur, sondern auch alle Soldaten. Sie wussten, dass es das Ende der wilden Horde bedeuten konnte. Wenn sie richtig viel Glück hatten, würden alle Bestien, die eventuell noch in den Höhlen überlebt hatten, in dem Wasser ertrinken.

 

Die tieferen Stellen in dem Höhlengewirr mussten jetzt schon alle überflutet sein und keiner der Wachsoldaten hatte in den Höhlen eine Bestie entdeckt. Mit dem letzten Ausbruch könnten die letzten der Bestien aus der Höhle gekommen sein, es sei denn, es gab noch einen weiteren Ausgang aus den Höhlen.

 

Auch die Männer von Sheerman und Iljitsch kehrten nach und nach von dem Feldzug gegen die wilde Horde zurück und wurden in der schönen Bucht von den Bewohnern herzlich und hocherfreut begrüßt. Die Toten wurden beklagt und die Verwundeten liebevoll umsorgt.

 

Kethar schlug Orkaa-Thur nach einigen weiteren Sonnenreisen, die in völliger Ruhe und ereignislos vergangen waren, vor, ein weiteres Kontingent Soldaten heim zu schicken. Jetzt konnten sie doch ziemlich sicher sein, das Problem wilde Horde zumindest fürs erste gelöst zu haben. Orkaa-Thur war derselben Meinung, er hatte sich wiederholt die Erdlöcher der wilden Horde angesehen. Der Wasserstand hatte jetzt gut zweifache Manneshöhe erreicht und noch immer war keine Leiche von einer Bestie gesehen worden. Orkaa-Thur war sich sicher, dass, falls noch Bestien in der Höhle hausen sollten, diese längst ertrunken waren und man ihre Leichen hätten sehen müssen.

 

So ordnete Kethar die Rückkehr von zwei weiteren Dritteln der Soldaten an, mit der entsprechenden Anzahl Katapulten und Kriegsmaschinen. Es regelte sich so, dass fast ausschließlich Freiwillige zum Rest der Soldaten gehörten, die weiterhin Wache an den Erdhöhlen der wilden Horde halten sollten.

 

Mit den letzten Soldaten kehrte auch Orkaa-Thur zurück. Seine Rückkehr ging wie ein Lauffeuer durch die weite Ebene und sein Einzug ins Dorf zusammen mit den heimkehrenden Soldaten wurde zu einem Triumphzug. Die Kinder warfen Blumen über die Soldaten und jubelnd begrüßten Eltern ihre Kinder, Frauen warfen sich ihren Männern an den Hals und die Kinder drückten ihre Väter. In Windeseile hatten die Dorfbewohner ein Fest organisiert und alle genossen das Wiedersehen.

 

Es wurde ein langes, fröhliches Fest, die Erleichterung der Menschen war allenthalben zu spüren und still ging das eine oder andere Flehen zu den Göttern um einen langen Frieden in der weiten Ebene.

 

Von Kethar kam ein Bote zu Orkaa-Thur mit einer Nachricht von ihm: Es gab keine besonderen Vorkommnisse, die ehemaligen Erdhöhlen der wilden Horde liefen weiter mit dem Wasser voll. Ständig brachen große Stücke von den Wänden und stürzten in das Wasser. Er habe den Eindruck, dass sich die Erdlöcher zu einem großen See vereinten.

 

Der Bote stand etwas unsicher vor dem Tisch, hinter dem sein Fürst saß. Neben Orkaa-Thur saß Kaah-Mer, sein Sohn. Ein großer, schlanker Junge, der mit hellwachen Augen in die Welt sah. Kaah-Mer war eigentlich stinksauer, weil er diesen Angriff auf die wilde Horde noch nicht mitmachen durfte, er war einfach noch zu jung und hatte daher auch noch keine militärische Ausbildung erhalten.

 

Orkaa-Thur stand auf und bedankte sich bei dem Boten und führte ihn in die Küche: „Du hast doch bestimmt Hunger von der langen Reise?“

Unendlich erleichtert setzte sich der Soldat an den großen Tisch und freute sich auf das Essen. Er war erstaunt, wie umgänglich sein Fürst war.

Orkaa-Thur ging in den Raum zurück, den er sich in seinem Haus eingerichtet hatte, um die laufenden Geschäfte auch von zu Hause erledigen zu können. So musste er nicht jeden Morgen ins Dorfzentrum oder gar dort wohnen.

Kaah-Mer schaute seinem Vater erwartungsvoll entgegen, sie besprachen gerade ein äußerst interessantes Thema. Es ging um eine mögliche Erkundungsfahrt auf dem großen See. Vielleicht bestand die Möglichkeit, mit anderen Völkern Kontakt aufzunehmen und Handel zu betreiben. Es musste allerdings erst mal festgestellt werden, ob die Schiffsbauer in der Lage waren, dafür geeignete Schiffe zu bauen.

 

Der Mondzyklus ging zu Ende und ein Bote von Kethar überbrachte Orkaa-Thur die Nachricht, dass er das Lager an den Erdhöhlen abbrechen ließ und mit dem Rest der Soldaten nach Hause kam.

Die Erdhöhlen waren zu einem großen See geworden, während der vielen Sonnenreisen wurde nicht eine Bestie der wilden Horde entdeckt, weder tot noch lebendig.

Er möchte aber, das Einverständnis von den Weisen vorausgesetzt, einen kleinen Wachposten zwischen dem großen Fluss und dem neu entstanden See stationieren.

Orkaa-Thur gab dem Boten sein Einverständnis für den geplanten Ablauf und schickte den Soldaten mit einem Dankeschön in die Küche zum Essen fassen.

 

Von der südlichen Kaserne kam einige Sonnenreisen später ein Reiter ins Dorf geprescht: „Sie kommen, sie sind zurück!“, schrie er voller Begeisterung und versetzte das ganze Dorf in helle Aufregung und Begeisterung.

 

Die Menschen bereiteten den heimkehrenden Soldaten einen triumphalen Empfang, denn jetzt wussten sie, dass das Problem mit der wilden Horde wohl endgültig erledigt war. Stolz kam Kethar ins Dorf geritten. An seiner Seite Keelmar und Thur-Leer und alle Truppführer. Die Soldatinnen und Soldaten verließen schnell den Zug und rannten in die Arme ihrer Lieben.

Das ganze Dorf stand Kopf, es wurde Tag und Nacht gefeiert.

Sheerman und Iljitsch überreichten Kethar einen fantastischen Brustharnisch und einen funkelnden Schild. Auch die anderen Krieger wurden von den Menschen aus der schönen Bucht mit schönen Geschenken bedacht.

Für eine Überraschung sorgten die Steinhauer, sie brachten mit schweren, großen Fuhrwerken drei mächtige, leuchtende und glänzend glatte Steine und setzten diese vor dem Dorfzentrum auf ein vorbereitetes Fundament übereinander. Neugierig kamen die Menschen näher und lasen die eingemeißelten Worte in dem mittleren Stein: Zur Erinnerung an den großen und mit Erfolg gekrönten Kampf gegen die wilde Horde. Dann folgte eine lange Namensliste von besonders tapferen Soldaten, angeführt

von

 

                       Orkaa-Thur, dem Enkel Darkahrs.

 

 

Die Geschichte der wilden Horde sind zwei Kapitel aus meinem Buch mit dem Titel "Darkahr".

Das Buch ist komplett bei BookRix zu lesen.

 

 

Impressum

Texte: Klaus Blochwitz
Tag der Veröffentlichung: 06.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

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