PROLOG
Atemlose Stille hat sich über die Menge gesenkt. Kein Rascheln der Kleidung, kein Windhauch durchbricht das angespannte Schweigen. Fast scheint es, als warten alle auf das letzte Wort, das zugleich das erste sein wird.
Ihre Fäuste ballen sich zu beiden Seiten seines Körpers, ungehört, aber auch sie wagt es nicht das Wort zu erheben. Ihre Augen flammen tiefblau auf, als sie die Lider hebt und ihr Blick sich auf die schlanke Gestalt richtet, die in diesem Moment das vor ihnen errichtete Podium betritt. Der Blick des schwarzhaarigen, jungen Mannes ist gesenkt und mit den scharfen Augen fällt es ihr nicht schwer die langen Striemen auf Händen und Hals zu bemerken. Schmerz, Trauer und Schuld zucken für einen Moment über ihre Züge, ehe sie sich wieder klären und eine kühle Maske die Emotionen dahinter verbirgt.
Kurz hebt der junge Mann den Kopf und sie kann in seine ausdruckslosen, matt golden schimmernden Augen sehen. Für einen Moment meint sie ein bitteres Lächeln über seine Lippen huschen zu sehen, aber es ist zu schnell vorüber, als dass sie sich sicher sein könnte. Im Rücken spürt sie die Blicke. Tausende, Millionen von Blicken, die alle auf einen Mann gerichtet sind.
Auf den Mann, den sie einst liebte und... den sie noch immer nicht hassen konnte, trotz des Leides, das er über alle gebracht hatte.
Leise und Brüchig ihre Stimme. Ungewohnt schwach klingen die Worte, die von den Felsen widerklingen, wollen ihr kaum über die Lippen kriechen und tun es doch.
„Das Urteil ist gesprochen.“
Sie hat die Augen geschlossen, schafft es nicht ihm in die Augen zu sehen. Ein Qualvolles Husten, sie hört seine Schritte stolpern, ein unterdrückter Schmerzensschrei und dann... Nichts.
Gar nichts.
(Fortsetzung folgt)
Texte: (c) 2010, Sabrina N. Hofmann
Tag der Veröffentlichung: 26.12.2010
Alle Rechte vorbehalten