Cover


Ich stöhnte auf und presste meine Hand auf meinen Kopf, der zu explodieren drohte.
Langsam setzte ich mich auf und sah mich im Wohnzimmer um. Überall lagen leere Bierflaschen herum, der Raum war zu gequalmt und der Fernseher war von ein paar Shirts verdeckt.
Ich gähnte und warf träge ein paar leere Flaschen von der Couch.
Ich stöhnte auf und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Seitdem ich wusste was mit Camilla nicht stimmte musste ich mich fast regelmäßig betrinken, um meinen verstand nicht mit den Geschehnissen zu überfordern. Alkohol war zwar auf Dauer keine Lösung, aber es half wenigstens beim einschlafen und verhinderte teils sogar meine wirren Träume.
Ich fuhr mir durch die Haare und gähnte laut. Dass ich einfach abgehauen war war sicher nicht on Ordnung, das schlechte gewissen quälte mich aber als ich es gesehen hatte war ich einfach überfordert gewesen und war es immer noch.
Ich hatte Stunden damit verbracht nach einer plausiblen Lösung zu suchen. Anfangs hatte ich mir noch einreden wollen dass es nur Einbildung war, aber die Idee verwarf ich schnell wieder.
Wie konnte es sein, dass sich ihr Körper aufzulösen schien? Jedenfalls konnte ich Ihre Panik verstehen, als Sie mir es zeigte. Und wahrscheinlich hatte ich genauso reagiert wie Camilla es vermutet hatte. Aber ich konnte in dem Moment nicht anders, es hatte mich total überrumpelt. Aber es entschuldigte auch nicht dass ich mich seitdem nicht mehr gemeldet hatte.
Ich wollte, aber aus irgendeinem Grund konnte ich nicht. Cat war zwei Tage später wutentbrannt hier aufgetaucht und hatte mir vorgehalten, dass Sie jetzt im Krankenhaus lag weil Sie überfallen worden war, wäre ich da gewesen wäre es nicht passiert. Als ich gefragt hatte wie es Ihr geht erklärte Cat mir dass ich selber gehen sollte, wenn ich es wissen will.
Ich gab es zwar ungern zu, aber Cat hatte recht. Ich stand in Zeitlupe auf und ging in die Küche, um mir etwas zum essen zu suchen. Lustlos öffnete ich den Kühlschrank und holte Brotaufstrich und Toastbrot aus dem Schrank darüber heraus. Ich lief zurück zur Couch, warf mein Essen achtlos auf den tisch, setzte mich und sah lustlos auf das Brot.
Als ich dann doch was gegessen hatte machte ich mich fertig und zog mich an.
Mein handy in meiner Jackentasche meldete sich und ich zog es genervt hervor. Es war eine SMS von cat, ich verdrehte die Augen und öffnete sie. Musste das Mädchen mich immer nerven?

>Cat<
Na? Meinst du nicht du solltest mal nach
deiner Perle sehen, solange Sie noch deine Perle ist?
Oder willst du wieder den nicht vorhandenen Schwanz einziehen?

Ich runzelte die Stirn und tippte genervt zurück, dass Sie mich nicht nerven sollte. Aufgeregt starrte ich auf mein Handy und wollte es gerade ausschalten, als es wieder klingelte.

>Cat<
Passt schon, lass es einfach.
Ich freue mich dir sagen zu können dass Camilla
sich schon damit abgefunden hat. Du musst nicht
kommen, Sie kommt auch gut ohne dich
zurecht. Sie glaubt nicht dass du noch vorbei kommst.
Aber egal, wir wissen beide wie hübsch Sie ist.
Camilla kann dich ohne mit der Wimper zu zucken
ersetzten.

Ich schnaubte und warf mein Handy in eine Ecke. Ich warf ihm einen verhassten Blick zu und beschloss mich noch ins Bett zu legen. Ich wollte ja zu Ihr, aber ich konnte nicht. Was sollte ich denn sagen?
„Tut mir leid dass ich abgehauen bin, aber du bist voll gruselig“? Das würde sie nur zusätzlich verletzen. Ich hatte ihr schon weh getan, ich wollte es nicht noch verschlimmern.
Natürlich würde ich Sie gerne sehen, aber sicher würde Sie wollen dass ich sie in ruhe lasse. Was ich auch voll verstehen könnte, immerhin läge sie jetzt nicht im Krankenhaus, hätte ich sie beschützt. Soweit ich es mitbekommen hatte hatte Sie eine Wunde am Oberarm gehabt und war kurz vorm sterben gewesen, wenigstens das hatte Cat mir erzählt. Morgen. Morgen würde ich gehen. Das sagte ich zwar schon seit einer Woche, aber morgen würde ich gehen.

Ich stand vorm Spiegel und rasierte mich. Gestern Nacht hatte ich noch eine SMS von Cat bekommen, in der Sie erklärte dass Sie mich an den Haaren ins Krankenhaus zerren würde, wenn ich heute nicht selber auftauchen würde.
Und da ich Sie gut genug kannte wusste ich dass sie mir notfalls auch ein Bein brechen würde.
Also zog ich mich an und machte mich fertig. Zuhause drehte ich mir noch ein paar Zigaretten und stieg in mein Auto, dass schon wieder irgendwo kaputt war. Jedenfalls machte es ziemlich Lärm wenn man den Motor anließ. Ich fuhr los und rauchte nervös eine meiner Zigaretten. Die fahrt kam mich grässlich lang vor, und ich bekam auch noch Nachrichten von Cat die wissen wollte wo ich blieb. Genervt schaltete ich mein Handy auf stumm und verfluchte das dämliche teil.
Ich drückte die Zigarette wieder aus und fuhr auf den Krankenhausparkplatz, bei dem es wirklich schwer war noch etwas freies zu finden. Ich schaltete den Motor aus und lehnte meine Stirn an das Lenkrad. Mein Herz raste und ich wusste immer noch nicht wie ich ihr in die Augen sehen sollte, geschweige denn was ich sagen sollte. Ich hatte die ganze Nacht überlegt, aber mir fiel nichts ein.
Immerhin war mein Verhalten nicht zu entschuldigen gewesen, und war es immer noch nicht.
Ich stieg aus und lief unabsichtlich extra langsam zu der Eingangshalle. Hinter dem Tresen saß eine , die in ein Blatt versunken war und auf einem Kugelschreiber herum kaute. Ich räusperte mich und sie sah von den Blättern auf. Sie lächelte mich freundlich an und legte das Papier zur Seite. Scheinbar war sie noch nicht lange in dem Beruf, ganz im Gegensatz zu der Frau die neben ihr saß. Man konnte es ihr ansehen wie genervt sie von ihrem Beruf war, während die andere ihn noch richtig zu lieben schien. Sie hatte ihre Braunen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und trug eine zarte Halskette an der ein Medaillon hing.
„Was kann ich für Sie tun?“ fragte Sie und verschränkte die Hände ineinander.
Ich nannte ihr den Namen und sah zu wie sie die Papiere durchwühlte.
Dann sah sie wieder lächelnd auf und zeigte in einen der Flure. „Da lang, die Treppe hoch. Zimmer Dreihundertundvier. Die Besucherzeiten sind bis neun Uhr abends. Viel Spaß!“
Ich bedankte mich und warf ihrer Kollegin noch einen Blick zu, die einen Kaugummi zwischen den Zähnen hielt und ihn mit einem Finger lang zog.
Das Krankenhaus war wie jedes andere auch, es wirkte kalt und steril und dieser für Krankenhäuser typischer Geruch hing in der Luft. Die Älteren Patienten schlürften in ihren Bademänteln umher und liefen wie Gehirnlose in ein und dieselbe Richtung, scheinbar wurden Sie von der kleinen Cafeteria angezogen. Ich lief am Stationzimmer vorbei in dem mehrere Schwestern standen und heftig diskutierten.
Mein Herz raste, während ich die Zimmernummern mitlas. Dreihunderteins, Dreihundertzwei, Dreihundertdrei.
Vor dem nächsten blieb ich stehen und sah auf die Klinke. Noch könnte ich abhauen. Aber es wäre schrecklich feige jetzt wieder zu gehen, abgesehen davon dass es ohnehin unglaublich feige war dass ich jetzt erst auftauchte. Nervös legte ich meine Hand auf die kühle Klinke und zog sie wieder weg.
„nur rumstehen ist nicht! Rein oder raus?“
ich zuckte zusammen und sah zu der Schwester die mich genervt musterte.
„Junge, du stehst mir im Weg! Ich muss das Mittagessen da rein bringen!“ fauchte Sie und zeigte auf den Seevierwagen neben sich.
Sie schob mich grob beiseite, schnappte sich eines der Tabletts und zog die Tür auf.
„Essen!“ brüllte sie in den Raum, stellte es ab und kam heraus um noch eines zu holen.
„Jungem such es dir aus! Nur rumstehen und der Tür schöne Augen machen ist nicht!“ blaffte Sie und brachte das zweite Tablett nicht.
„Der Vogel da draußen schaut so aus als würde er zu euch gehören!“ meinte Sie und ich konnte Cats stimme hören, die irgendetwas sagte.
Oh man, musste Sie auch hier sein?
Die Schwester kam wieder heraus und schob den wagen zum nächsten Zimmer. Gerade als die Tür wieder zu gehen wollte wurde Sie wieder aufgezogen und Cat strahlte mich an.
„Oh, Wahnsinn, Camilla, rate wer da ist!“ kreischte Sie und ich sah sie grimmig an.
„Der Man von gestern der mir einen Lindthasen mitgebracht hat?“ fragte Sie und Cat schüttelte den Kopf.
„Nein. Besser. Ich geh mal. Bis bald!“ damit drückte Sie sich an mir vorbei, schob mich ins Zimmer und zog die Tür zu.
Mein Herz raste so schnell dass ich dachte es müsste mir den Brustkorb sprengen und meine kehle fühlte sich an wie zugeschnürt, als ich am Badezimmer vorbei ging und schon eines der betten sah, indem eine ältere Frau lag. Sie aß ihr essen, hatte Kopfhörer auf und war völlig in das Fernsehprogramm versunken, in dem ein Schlagersänger zu sehen war. Ich lief ein paar weitere schritte und trat an das andere Bett. Camilla saß auf dem Bettrand, an dem kleinen Tisch und schenkte sich etwas Wasser in das Glas ein. Angewidert schob sie das Hühnchen auf ihrem Teller zur Seite und begann etwas von den Kartoffeln zu essen.
Ich wusste nicht was ich sagen sollte, sie schien mich auch nicht zu bemerken. Ich nahm meinen Mut zusammen und räusperte mich. Sie sah von ihrem Teller hoch und ihre Augen weiteten sich überrascht.
„Was tust du denn hier?“ fragte sie und ließ die Gabel sinken.
„Ich wollte dich besuchen.“ sagte ich weil mir nichts besseres einfiel und fixierte mit meinem Blick das weiße Bettlaken.
„Oh. Okay.“ sagte sie und pikte eine Kartoffel auf die Gabel.
„Und wie geht’s dir?“ wollte ich wissen und sah weiter auf das weiße Laken.
„Gut.“ sagte sie knapp und man merkte ihr wie unangenehm dass alles ebenfalls war. Ich atmete tief ein und schob meine Hände in die Hosentaschen, weil ich nicht wusste was ich mit ihnen machen sollte. Was machte ich sonst mit meinen Händen?
„Es tut mir leid. Dass ich einfach abgehauen bin. Es ist nur... ich habe damit nicht gerechnet. Mir ist das in dem Moment alles zu viel geworden. Und es tut mir so Leid dass du angegriffen wurdest, wäre ich bei dir geblieben wärst du jetzt nicht hier.“ murmelte ich und sah zu Ihr.
Sie hatte aufgehört zu essen und sah mich traurig an.
„ich habe nicht erwartet dass du es verstehst. Ich wusste dass du so reagierst. Um ehrlich zu sein, ich bin überrascht dich überhaupt wieder zu sehen.“
„Ich wollte früher kommen, wirklich. Aber irgendwie... ich konnte nicht. Es tut mir Leid.“ antwortete Ich und sah in ihre silbernen Augen.
Camilla setzte sich im Schneidersitz aufs Bett und sah zu mir hoch.
„Und jetzt? Bist du hier im Schluss zu machen?“
Ich sah zu der Frau die immer noch traumatisiert auf die Glotze starte und sich das Essen rein schaufelte. So wie es aussah bekam Sie nichts mit, aber man weiß ja nie.
„Können wir das draußen besprechen?“ fragte ich deshalb und sah zu wie sie aus dem Bett kletterte.
„Warte, ich ziehe mir was anderes an.“
„Willst du nicht erst was essen?“
Sie schüttelte den Kopf und zog aus dem Braunen Schrank etwas heraus.
Sie nahm den Ständer an dem der Beutel hing der durch eine Nadel in ihrem Arm steckte und lief ins Badezimmer. Während sie sich umzog wurde die Frau im Nebenbett aktiv. Sie setzte die Kopfhörer ab, schob den Nachtisch zur Seite und stieg aus dem Bett. Langsam watschelte Sie zu dem Schrank, öffnete den teil der ihr gehörte und zog ein langes Nachthemd heraus. Sie begutachtete es, legte es wieder weg und zog einen Bademantel hervor. Damit ging sie zurück zu ihrem Bett und setzte sich wieder. Die Badezimmertür schwang auf und Camilla kam heraus.
Sie trug eine schwarze Hüftjeans, ein schwarzweißes Top und schwarze Chucks.
Sie klingelte nach der Schwester und eine Minute später stürmte die von vorhin herein.
„Ja?“ fragte Sie barsch und schnaufte genervt auf.
„Können sie dieses Ding abmachen? Ich weiß gar nicht, wozu ich es eigentlich brauche!“ Camilla zupfte an dem Schlauch und sah sie flehend an.
„Nein?“
„Aber das Teil ist doch eh fast leer!“
Die Schwester zog die Augenbrauen zusammen, tippte auf den Beutel und begann Camilla zu erlösen.
„Na gut, heute Abend gibt’s dann einen neuen!“ murrte sie und verzog sich mit dem leeren Beutel wieder.
„ist sie immer so?“ wollte ich wissen und hatte Mitleid mit Camilla und den anderen Patienten, die nicht vor ihr weglaufen konnten.
„Ja, leider.“ seufzte Sie und und verließ mit mir das Zimmer.

Draußen schlurften mehrere Patienten im Bademantel herum und schoben die Ständer mit den Infusionen neben sich her. „Setzte wir uns in den kleinen Park.“ sagte Sie und lief über den Hof. Wir setzten uns auf eine der wenigen Bänke, die im Schatten stand und sie sah mich auffordernd an. „Es tut mir leid, dass ich dich jetzt erst besuchen komme.“„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich dich überhaupt wieder sehe.“  gab sie zurück und sah mich ernst an.„Ich wollte ja schon früher kommen... aber irgendwie hatte ich Angst... das ist keine Entschuldigung dafür dass ich Nachts einfach abgehauen bin. Tut mir leid.
Wenn ich nicht gegangen wäre, dann wärst du jetzt gar nicht erst hier...“ flüsterte ich und sah betreten auf meine Hände.Camilla lächelte schwach und sah mich traurig an. „Ich kann dich ja verstehen.
Dass war sicher nicht gerade einfach für dich. Und jetzt? Wie geht es weiter mit uns? Willst du Schluss machen?“Ihr ohnehin schon kaum merkbares lächeln war wieder verschwunden und ihre Augen hatten einen Ausdruckslosen Glanz angenommen.Ich schüttelte den Kopf. „Nein, will ich nicht. Willst du denn?“„Nein.“Ich atmete erleichtert auf und musste grinsen.
„Womit habe ich das verdient?“Sie zuckte mit den Schultern und warf ihre Haare zurück. „Ich habe heute meinen sozialen Tag.“ Ich lachte und nahm sie in den Arm.„Es tut mir wirklich leid.“„Mir tut es leid das deine Freundin einen Schaden hat.“ gab sie zurück und lehnte ihren Kopf an meine Schulter.„Wie lange musst du noch hierbleiben?“ fragte ich und strich ihr über ihr langes Haar. Ich wollte nicht darauf eingehen. Wir waren gerade erst dabei uns zu versöhnen, wenn ich jetzt einen Streit vom Zaun brechen würde wäre das mehr als dämlich.
Sie seufzte, hob den Kopf und sah mich traurig an. „Ich weiß nicht... Mama hat den Anwalt eingeschaltet.“„Wieso dass denn?“Sie schien zu überlegen wie viel sie mir zumuten konnte. Sicherlich hatte Sie Angst dass ich wieder abhauen würde.„Sag schon. Ich schwöre dir, ich hau nicht mehr ab.“ drängte ich Sie sanft und nahm ihre Hände in meine.„Ich... verstehe das selber nicht... Ich will nicht darüber reden, wenn ich selber besser Bescheid weiß sage ich es dir.“  erklärte sie und sah mich flehend an. Es musste ja wirklich etwas schlimmes sein. Aber wozu die Sache mit dem Anwalt? „Wann kommt deine Mutter das nächste mal zu Besuch?“ fragte ich und beschloss einfach Sie zu fragen.
Vielleicht würde ich von ihr ja erfahren was los war.Camilla zuckte traurig mit den Schultern. „Sie war seit ein paar Tagen nicht mehr da und hat sich auch sonst nicht gemeldet. Ich mache mir Sorgen.“ flüsterte Sie und sah mich deprimiert an.„Wenn du möchtest sehe ich nach Ihr.“„Nein, ist schon gut. Vielleicht kommt Sie heute noch. Wenn nicht rufe ich morgen vom Stationszimmer aus an.“Ich nickte.
Was sollte ich sonst schon tun? „Kommst du morgen wieder?“„Wenn du willst.“ gab ich zurück und strich besorgt über ihren verband.„Das tut mir so leid!“Sie sagte nichts, legte die Arme um mich und küsste mich. Ich war völlig perplex, womit hatte ich das nur verdient? Normalerweise hätte Sie mir eine reinhauen sollen, ich hätte es verstanden. Oder Sie hätte mich ignorieren können, im schlimmsten Fall auch sofort Schluss machen.
Und trotzdem saß Sie neben mir und küsste mich.
Ich hatte unglaubliches Glück dass Sie nicht nachtragend war, dabei lag sie ja nur wegen mir hier. Ich erwiderte den Kuss und zog Sie näher zu mir.Sie zitterte leicht vor Aufregung, löste sich von mir und lächelte schüchtern. „Nimmst du deine Kontaktlinsen eigentlich nie raus?“ fragte ich, weil mir auffiel dass Sie Sie immer trug. Sogar jetzt.„Das sind keine Kontaktlinsen...“ murmelte Sie und spielte beschämt an deiner Strähne. „Und das weiß in meinen Haaren ist auch nicht gefärbt.“ fügte Sie hinzu und wurde rot.
Ich sah sie überrascht an. Das war unmöglich! Andererseits, ich hatte gesehen was sie noch von anderen Menschen unterschied. Bei ihr wunderte mich nichts mehr. Seltsam war es schon. Ich gab ihr einen Kuss und lächelte sie an. „Ist mir egal.“ Camilla lächelte glücklich und schmiegte sich eng an mich. Ich weiß nicht, wie lange wir dort so saßen und redeten, aber als ich Sie auf ihr Zimmer brachte lag auf ihrem Bett ein Umschlag, der an Sie adressiert war.
Sie setzte sich auf ihr Bett, öffnete ihn und zog einen mehrseitigen Brief heraus.
„Von meiner Mutter.“
sagte Sie überrascht und sah mich verwirrt an. Und, man möge es nicht glauben, die Frau mit der Sie sich ein Zimmer teilte erwachte aus ihrer Starre. Sie drehte sich zu uns, schaltete den Fernseher aus und stieg in ihre Hausschuhe.
„Ja, deine Mutter war hier. Sie war sehr aufgewühlt. Du sollst ihn alleine lesen.“ erklärte Sie, zog sich ihren Bademantel an und lief in Richtung Tür. Neben mir blieb Sie stehen und tippte mich an.
„komm mit, Junge. Lass Sie alleine.“
Ich sah sie überrascht an, gab Camilla einen Kuss und versprach ihr morgen wieder zu kommen. Die Frau lud mich noch auf einen Tee ein und entschuldigte sich dass Sie mich so einfach rausgeworfen hatte, aber Sie wollte den Wunsch der Mutter berücksichtigen.
Eigentlich war sie wirklich sehr nett und aufgeweckt für ihr Alter.
Als ich endlich zuhause war räumte ich meine Wohnung auf und dachte nach. Nicht dass irgendetwas schlimmes passiert war. Ich hatte ein ungutes Gefühl und es sollte mich nicht täuschen.


Nervös griff ich nach dem Brief und sah mich im zimmer um.Ich war alleine, in meinem Kopf drehte sich alles und die Gedanken überschlugen sich.
Zum einen war da die freunde über Daniels plötzlichen Besuch, zum anderen die Angst dass etwas mit meiner Mutter passiert war.
Ich legte ihn wieder zur Seite, machte mich Bett fertig und wartete darauf dass ich wieder an den Tropf angeschlossen wurde. Danach griff ich nach dem Brief und begann mit klopfendem herzen zu lesen.

„Hallo mein Schatz!
Bitte verzeih mir, dass ich nicht warten konnte, aber ich hatte noch einen Termin beim Anwalt.
Wenn alles gut geht bist du Ende nächster Woche wieder Zuhause!
Ich vermisse dich sehr, bitte nimm es mir nicht übel dass ich dich nicht Besuchen komme.
Der Grund, warum ich dir schreibe ist der, dass ich Angst davor habe dir folgendes persönlich zu sagen.
Auch nachdem du folgendes gelesen hast, ändert es nichts daran dass du mein Kind bist und ich dich liebe. Aber ich kann es dir nicht persönlich sagen, die Geschichte ist zu Schmerzhaft für mich. Ich bitte dich, mich dafür nicht zu verurteilen.
Schatz,  du bist jetzt alt genug um es zu erfahren und es wird auch Zeit.
Sicher wunderst du dich darüber, was die Ärzte sagen. Ich kann mir selber nicht erklären wie das sein kann.
Du warst auch nie in der Kindheit auffällig.Eigentlich hätte ich dir folgendes selber sagen sollen. Ich habe lange für den Brief gebraucht und bitte dich, mich nicht zu verurteilen. Du wirst immer meine Tochter bleiben.
Ich war erst Fünfundzwanzig Jahre alt, als ich dich bekam. Ich war gerade auf den Weg nach Hause. Ich hatte bei meinen Eltern auf dem Pferdehof geholfen und es war schon dunkel als ich endlich fertig war.
Ich nahm den Feldweg mit dem Fahrrad, es war ungewöhnlich kühl für die Jahreszeit und der Weg wurde nur von dem Mond beleuchtet.
Eines der Pferde des Nachbarhofes war auf einer der Weiden die zwischen zwei Feldern lag. Ich kante das Tier gut, es gehörte vorher zu unserem Gut und irgendetwas schien nicht mit ihm zu stimmen. Er war ein sehr ruhiges Tier, aber irgendetwas schien ihn aufzuregen. Er trabbte nervös am Zaun entlang und sah dabei immer auf den Boden, zu einer bestimmten Stelle.
Ich stellte mein Rad ab, kletterte über den Zaun und ging auf ihn zu. Er ließ sich nicht beruhigen und  lief weiter am Zaun entlang. Ich hab mir gedacht er hätte nur seine Fünf Minuten, oder ein Fuchs hätte Ihn erschreckt. Biss er dann zu einem Punkt lief und versuchte durch den Zaun zu kommen.
Ich bin hinterher gelaufen und bin unter den Zaun gekrabbelt, an der stelle wo er hinsah. Ich habe wirklich mit allem gerechnet. Zumal momentan auch Frauen und kleine Kinder verschwanden. Aber auf dass was ich sah war ich doch nicht gefasst. Auf dem platt getrampelten Gras lag ein kleines, schreiendes Baby. Irgendetwas schien mit dem Baby nicht zu stimmen. Oder ich redete es mir vor Müdigkeit nur ein.
Es schrie und seine kleinen Fingernägel waren schon blau vor Kälte.
Also habe ich es in meine Jacke gewickelt und mitgenommen. Ich konnte das Baby ja nicht alleine lassen, und von der Mutter war weit und breit nichts zu sehen.
Also habe ich das Baby mit genommen und bin zurück zu dem Haus meiner Eltern.
Sie haben es sofort aufgenommen, meine Mutter ist am nächsten Tag einkaufen gefahren um das nötigste zu kaufen. Wir suchten nach der Mutter, aber Sie war nicht zu finden. Wir hängten Bilder von dem Kind auf, aber es meldete sich niemand. Nach drei Monaten beschloss ich alles in die Wege zu leiten um es zu adoptieren.
Ich hatte das kleine Mädchen so lieb gewonnen, ich hätte es nicht weggeben können. Und auch meine Eltern hatte Sie sich nach ein paar Tagen schon um den Finger gewickelt.
Außerdem war ich der Meinung mich besser selber um es zu kümmern, als wenn das Kleine von irgendwelchen Idioten Adoptiert werden würde. Ich hätte es mir nicht verzeihen können wenn diesem kleinen Wesen etwas zugestoßen wäre. Also ging ich Zum Jugendamt mit meinem Anwalt. Wie hätte ich sonst dagestanden, mit einem Baby ohne jegliche Papiere? Nachher hätten sie noch gedacht ich hätte es einer Mutter geklaut!
Mein Anwalt setzte viele Briefe auf, in denen es darum ging dass ich das Baby behalten konnte. Es dauerte Ewig und war ein schreckliches Hin und her. Schließlich einigte man sich darauf, Sie zur Adoption freizugeben und wenn sich in einer gewissen Zeit niemand melden würde würde ich sie „auf probe“ bekommen und man würde weitersehen.  Ich hatte schreckliche Angst dass Sie nun doch jemand wollen würde, mein Anwalt konnte aber nun auch nicht mehr durchsetzten.
Da ich aber keinen Ehemann hatte (ich war ja noch so jung!) erklärten meine Eltern sich bereit mich zu unterstützen und besprachen dass auch mit dem Jugendamt.
Die drei Monate, in denen ich Sie kaum sehen konnte waren Grauenhaft! Ständig hatte ich Angst dass sie nach den drei Monaten nicht mehr da war. Als die Zeit dann doch endlich Rum war, in denen sich sonst niemand für Sie interessiert hatte, konnte ich Sie endlich wieder mit nach hause nehmen. Eine Betreuerin vom Arbeitsamt begleitete mich und sah sich das Zimmer an, das wir die Monate zuvor hergerichtet hatten. Nachdem Sie nichts schlechtes finden konnte (und sie hatte wirklich lange gründlich gesucht) gab Sie mir ihre Nummer und mehrere Papiere und sagte Sie würde oft unangemeldet vorbei kommen. Das ist Sie dann auch, fast jede Woche stand jemand bei uns vor der Tür. Aber ich konnte sie behalten, ich war wahnsinnig glücklich darüber.
Jetzt konnte ich nun endlich auch einen Namen aussuchen, zuvor hatte ich es nicht getan aus Angst man nehmt sie mir wieder weg.“

Die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen und ich bekam keine Luft mehr. Ich hatte genug gelesen um zu wissen, was Sie mir damit sagen wollte. Aber ich wollte es nicht lesen, wenn ich lesen würde was ich dachte würde es mir den letzten Strohalm nehmen, an den ich mich klammerte.
Darauf hatte ich mein ganzes bisheriges leben aufgebaut, auf dem festen glauben dass Sie meine Mutter war. Sie hatte mich großgezogen und mir Selbstvertrauen gegeben, mich getröstet wenn ich traurig war... natürlich war sie meine Mutter! Wer denn bitte sonst? Das machte doch alles keinen Sinn!
„Oh Gott, ich will aufwachen!“ weinte ich und raufte mir die Haare.
„Ich will aufwachen!“ schrie ich und zwickte mir fest in die Hand. Aber es brachte nichts.
Ich begann zu schreien und schlug wütend auf die Bettdecke ein. Das konnte ja wohl alles nicht wahr sein! Das war ja wie in einem schlechten Film! Ich schrie so laut dass eine Schwester rein kam und mich grob zurück aufs Bett drückte.
„Berugh dich! Was ist denn los?“ fragte sie, aber ich verstand sie nicht. Alles brach gerade in mir zusammen. Mein ganzes Leben basierte auf einer Lüge! Wie konnte Sie nicht meine Mutter sein?
Ich sah die Schwester an und hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.  Sie band etwas um meinen Arm und miss meinem Puls.
Sie zischte durch die Zähne. Dann notierte sie etwas und verließ den Raum, vermutlich um etwas zu holen. Das war doch alles nur ein schlechter Scherz!
Zuerst sollte ich mir anhören, dass ich praktisch gesehen, schon tot war und jetzt war meine Mutter nicht meine Mutter? Einer der der wichtigsten Menschen in meinem Leben sollte nicht mit mir verwand sein? Das ging doch nicht! Da lag ein Irrtum vor!
Ich wollte weiterlesen aber ich schaffte es nicht. So könnte ich mir noch einreden das es nicht um mich ging, dass nicht ich das Findelkind war. Genau, sicher hatte ich eine Schwester die dann aber verschwunden ist. Ich wusste selber wie lächerlich das war und atmete tief durch. Ich laß weiter und mir wurde schlecht. Die Buchstaben verschwammen und ich sah nur noch einzelne Wörter. Aber im Nachhinein stand dort was mir so Angst machte,  dass ich nicht ihr richtiges Kind war. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und war froh dass die Schwester sich nicht mehr blicken ließ.

 

 

Völlig verwirrt wachte ich mitten in der Nacht auf. Ich hatte einen Albtraum nach dem anderen gehabt. Mein Atem ging stoßweise und ich zwang mich mich aufzusetzen und meine Beine aus dem Bett zu schwingen. Das kleine Licht über der Tür flimmerte und surrte unruhig. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich stand vom Bett auf. Auf meinem Nachttisch lag der Umschlag mit dem Brief meiner Mutter. Ich steckte ihn weg und zog mir meine Hausschuhe an. Ich wollte mir eine neue Flasche Wasser holen, mein Mund war trocken und meine Kehle kratzte.

Ich zog die Zimmertür auf und trat in den leeren Flur. Sofort viel mir auf wie still es hier war. Normalerweise hörte man die Geräusche der Geräte die hier standen und das lachen der Nachtschwestern, die gerade pause machten. Im Moment war aber nichts zu hören. Das Licht war an einigen Lampen ausgefallen und ich bekam Panik. Meine blühende Fantasie half mir da auch nicht weiter. Gegen meinen Willen stellte ich mir vor wie ich plötzlich in einen Wandschrank gezogen wurde.

„Hallo?“ krächzte ich leise und ging zu dem Stationszimmer. Fahles Licht fiel auf den Flur und das Knacken der kaputten Lampen halfen nicht sehr dabei meine angespannten Nerven in den Griff zu bekommen. Ich strafte die Schultern und holte tief Luft. Ich schritt durch die Tür und sah die Schwestern über den Tisch gebeugt liegen. Ich krächzte heiser auf.

Waren Sie tot? Panik jagte durch meine Adern und mir wurde eiskalt. Mit klopfenden Herzen ging ich auf sie zu und legte zögernd eine Hand auf die Pulsader. Ich wiederholte es bei allen und stellte erleichtert fest das sie nur ohnmächtig waren. Aber warum? Es sah auch nicht so aus als hätte hier ein Kampf statt gefunden. Außerdem hätte man dann etwas hören sollen.

Ich verließ das Zimmer wieder und stand nervös im Flur. Ich fühlte mich verletzlich und hatte das Gefühl das ich nicht allein war. Damit meinte ich jetzt nicht die Schwestern oder die anderen Patienten. Sondern irgendetwas anderes.

Ich kratzte mich n der Stelle an der die Nadel für die Medikamente angebracht war. Die Haut um sie herum war geröttet und geschwollen. Ich band den Verband ab und zog mit zusammengepressten Lippen die Nadel heraus. Schnell presste ich die Mulbinde auf die blutende Wunde und legte die Nadel zu den Schwestern. Beim laufen band ich mir den verband wieder um um das Blut zu stoppen. Ich beschloss auf der nächsten Station zu den Schwestern zu gehen.

Ich drückte die schwere Tür auf und fuhr ängstlich zusammen als ich hinter mir etwas hörte. Es klang wie kreischendes Metall. Mir gefror das Blut in den Adern.

„Hier ist nichts... du hast nur gerade so viel erlebt, das du spinnst... alles wird gut...“ flüsterte ich mir selber zu und verschränkte fröstelnd die Arme. Ein paar der Lampen zersprangen. Die Glasschscherben regneten auf mich herab und ich duckte mich kreischend. Die letzten Lampen die noch gingen flackerten hektisch und gaben Knacklaute von sich. Tränen stiegen mir in die Augen und ich begann zu rennen. Hinter mir hörte ich wieder dieses Geräusch, dieses mal lauter. Ich rannte schneller und stürzte in das Schwesternzimmer. Hier war niemand. Ich überlegte was ich jetzt tun sollte. Ich schien hier alleine zu sein. Ich wollte mir wegen meiner Einbildung aber auch nicht erlauben nachzusehen ob andere Patienten noch da waren. Gelächter riss mich aus meinen Gedanken.

„Wir müssen noch Bettlaken für Zimmer 306 holen“... hörte ich eine Frau sagen und stürzte freudig und erleichtert aus dem Raum. Ich hätte jubeln können als ich drei Schwestern sah wie sie in den Aufzug stiegen. „Warten sie!“ schrie ich ihnen nach und eine der Schwestern hielt mir überrascht den Fahrstuhl auf. Erleichtert betrat ich den Aufzug und hätte vor Freude schreien können. Stadtessen schloss ich nur kurz die Augen. Ich öffnete sie wieder und hatte das Gefühl als verlor ich den verstand. Sie waren weg! Ich drehte mich um und sah auf den leeren Flur. Leer. Leer. Ich wollte aussteigen als sich die Tür schloss. Ich schrie panisch auf und trommelte in Todesangst auf dem Knopf rum, damit sich die Tür öffnete. Die Knöpfe begannen alle zu leuchten und der Fahrstuhl schoss abwärts. Es war so schnell das ich plötzlich gegen die Decke gedrückt wurde. Ich sah mit geweiteten Augen auf den Boden der weit unter mir war. Ich schlug hart auf den Boden auf als der Fahrstuhl plötzlich hielt. Dabei schlug ich mit dem linken Bein so hart auf das ich den Knochen

brechen hörte. Mir rutschte ein Schriller Schrei aus und ich war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren vor Schmerz. Ich verdrehte die Augen und zog mich jaulend an der Wand hoch. Die Tür glitt auf und ich sah in den nur schwach beleuchteten Keller. Natürlich.

Ich hatte zwei Möglichkeiten. Hier auf meinen Tod warte oder meinem Tod in die Arme laufen. Ich entschied mich dafür nach einem Ausgang zu suchen.

Ich schrie erstickt auf als ich mein gebrochenes Bein belastete. Tränen stiegen mir in die Augen und mir blieb die Luft weg. Ich presste die Hände auf meine Ohren als ich wieder das schreiende Metall hörte. Ich begann zu laufen indem ich das verletzte Bein hinter mir her schleifte.

Ich versuchte so schnell zu laufen wie es so ging und begann leise zu weinen als das Licht ausfiel. Dunkelheit. Ich sah nicht mehr die eigene Hand vor Augen. Ich tastete mit den Händen die Umgebung ab und berührte etwas. Etwas warmes. Es atmete. Der Schock blockierte meinen verstand und in dem Moment sprang für eine Sekunde das Licht wieder an. Es war so kurz und reichte dennoch um mir das zu zeigen was mich jagte. Vor mir stand Hikari. Nur sah sie anders aus als sonst. Sie war extrem blass, ihre blau gefärbten Haare hingen ihr wirr vor das Gesicht und aus ihrem Rücken ragten große, lederne Flügel die mich an die einer Fledermaus erinnerten. Sie grinste bösartig und hatte ihre Augen so weit verdreht das nur das weiß zu sehen war.

Sie griff nach meinem Hals und drücke ihre schwarz lackierten Fingernägel in meine Kehle. Ich zog scharf die Luft ein und das Licht begann wild zu flackern. Das an und aus gehende Licht machte alles nur noch grauenvoller.

„Ich hab dich schon immer so gehasst!“ lachte sie und im Hintergrund hörte man das singende Metall. Ihr lachen klang wie das einer Geistes kranken und setzte sich in meinem Kopf fest. Es war so grauenvoll. Sie klang wie jemand der besessen war. Ich schlug reflexartig nach ihrem Gesicht und kreischte kurz auf als ihr Oberkörper mit einem ekelhaften kacken nach hinten flog. Es sah so grauenvoll aus das ich kurz erleichtert war als die Lampen nun völlig versagten. Aber das Bild würde ich wohl nicht mehr vergessen. Ihr Körper war extrem verbogen. Sie stand normal, bis auf die Tatsache das de Oberkörper im neunzig Grad Winkel nach hinten stand. Sie sah mich dabei an und Blut quoll aus ihren weißen Augen.

„Das war nicht nett!“ Lachte sie laut und ihre Stimme schallte von den Wänden wieder.

Ich drehte mich um und begann in die Dunkelheit zu rennen. Hier musste ein Ausgang sein! Mein gebrochenes Bein trieb mir die Tränen in die Augen aber ich rannte weiter.

Wann wurde ich wach? Ich wollte aufwachen! Der Schweiß rann mir kalt den Rücken runter und ich gab mir Mühe beim rennen so wenig Geräusche wie möglich zu machen.

Ich unterdrückte ein wimmern und hielt mir die Ohren zu als ich sie wieder lachen hörte.

„Gib es auf. Dich hört hier niemand.“ trällerte sie und ihre Stimme schien von überall her zu kommen.

„Warum tust du mir das an?“ schrie ich wütend und tastete mich dabei mit einer Hand die kalte wand entlang. „Was hab ich dir den getan?“ brüllte ich weiter. Es war zwar dumm so laut zu schreien, da sie mich so nur noch schneller fand, aber das war mir egal. Sie hatte Recht. Ich war ihr ausgeliefert. Aber wenn ich schon sterben wollte, dann hatte ich das Recht den Grund zu Erfahren!

Ich sank erschöpft auf den Boden und hielt mir das schmerzende Bein.

„So etwas wie dich sollte es nicht geben!“ schrie sie wütend zurück und sie griff nach meinen Haaren. Sie schlug meinen Kopf gegen die Wand und mein Kopf schien zu explodieren.

Mir wurde schlecht und ich begann zu würgen. Ich schmeckte Blut auf meinen Lippen.

„Und so etwas wie du sollte in der Gosse verrecken und nicht zum Hof der Elfen gehören!“ kreischte sie weiter und schlug meinen Kopf wieder gegen die harte Wand.

„Wehr dich!“ verlangte sie und riss meinem Kopf brutal zur Seite. Aber wie denn?

„Tu nicht so als könntest du es nicht!“ grölte sie weiter und ich spürte wie sie mich angewidert weg stieß. Kurz darauf hob sie mich am Hals hoch und das mit so einer kraft das ich in der Luft hing. „Du widerst mich an! Du weist nicht mal was du bist! Du bist so schwach! So erbärmlich! Wieso bekommt so etwas wie du das was ich will?“

Was? Ich hielt mich mit allen Kräften bei Bewusstsein.

„Aber das ist auch egal.“ hörte ich Hikari lachen und sie zerquetschte meine Kehle. Ich würgte und zappelte unbeholfen, aber ein Entkommen war aussichtslos.

Ich schloss die Augen als ich langsam das Bewusstsein verlor. Ich bereute es das ich meine Mutter nicht mehr gesehen hatte, oder den Brief zu ende gelesen hatte. Das ich nicht mehr mit Cat in die Stadt gehen konnte, wie ich es versprochen hatte. Wenigstens sterbe ich als Daniels Freundin, dachte ich und schloss die Augen. Sie drückte mir die Luft ab, was wenigstens den Schmerz kurz linderte. Überrascht atmete ich auf als sie zu schreien begann und ihre Fingernägel aus meinem Fleisch zog. Heißes Blut floss aus den kleinen Wunden und ich hörte wie sie anfing zu gurgeln. Eine Minute später wurde sie still und fiel neben mir auf den Boden. Ich krächzte leise auf als einer ihrer Flügel mein gebrochenes Bein streifte. Ich ließ meinen Körper auf den Boden sinken und legte mich hin. Mein Atem wurde flacher und mir viel das denken extrem schwer. Ich blinzelte als vor mir plötzlich ein kleiner Ball aus Licht aufleuchtete. Neben dem Licht erschien das Mädchen vom Mittelaltermarkt. Sie musterte mich und ich beschloss es auf den Blutverlust zu schieben.

Ich ließ meine Augen zufallen und dachte nochmal an alle die ich liebte. Das letzte was ich hörte war ihre kindliche Stimme. „Ich brauche Nadel und Faden...“ dann wurde alles schwarz.

 

Als ich wieder aufwachte hatte ich das Gefühl auf einem Baumstamm mitten im Meer zu treiben. Ich hörte Stimmen, aber Sie waren zu leise und ich wusste nicht woher Sie kamen.

Ich zwang mich ein Auge zu öffnen und sah eine stark verzerrte Umgebung von der ich nichts genau Erkennen konnte, bevor mein Auge sofort wieder zu viel.

Mein Kopf dröhnte und mir tat das bin weh. Wieso? Das letzte, was ich wusste war das ich einen grauenvollen Traum gehabt hatte.

Was genau wusste ich nicht mehr, aber es war etwas mit viel Blut und ich hatte schreckliche Schmerzen gehabt. Ich schob den Traum von mir und kuschelte mich tiefer in die Wolke die mich umgab. Sie war so weich und flauschig das ich sicher war immer noch zu träumen.

Der Schmerz in Kopf und Bein ließ nach und die Stimmen wurden lauter, etwas fester und ich konnte etwas verstehen.

„Wieso wird Sie nicht wach?“ hörte ich eine eindeutig männliche Stimme panisch flüstern.

„Weil Sie sich erholen muss?“ die zweite gehörte zu einem Mädchen. Ich runzelte die Stirn. Ich konnte keine der Stimmen wirklich zuordnen, von der ersten war ich mir sicher Sie das erste mal gehört zu haben. Was für ein seltsamer Traum. Sollte ich nicht langsam wach werden?

Ich wollte von meiner Mutter geweckt werden wie sie mich als Kind immer bei schlechten Träumen geweckt hatte. Anschließend hatte Sie immer einen Kakao für mich gemacht, ihrer Meinung nach vertrieb so ein Glas jeden schlechten Traum.

Meine Mutter. Schmerzlich wurde mir klar das diese Bezeichnung wohl nicht zutraf.

Ich seufzte leise und mein Hals brannte. Wie sollte ich weiter machen wen ich wach wurde?

Als erstes sollte ich wach werden und dann aus dem Krankenhaus raus und mit meiner Mutter reden.

Ich wollte es von ihr hören, dass es nicht stimmte. Vielleicht hatte Sie es im Suff geschrieben.

Nein, das war Unsinn. Sie trank ja nicht mal, da sie rein gar nichts vertrug.

Also los, Camilla, raus aus der kuscheligen Wolke und rein ins vergnügen! Dachte ich sarkastisch und spürte wie die wattige Wolke dichter an meinen Körper gepresst wurde.

Aber andererseits, mein leben war Momentan so unerfreulich wie ein Besuch beim Zahnarzt. Also blieb ich liegen und spürte plötzlich wie jemand mein Auge aufzog. Verwirrt sah ich erst mal nichts, bis auf helles Licht und einen Schatten. Der Schatten nahm Konturen an und es filterte sich ein Mann heraus, um die zwanzig, mit blonden, Schulterlangen Haaren und kantigen Gesichtszügen, und braunen Augen.

„Was tust du da? Lass Sie schlafen!“ hörte ich wieder das Mädchen kreischen und der Mann ließ mein Augenlid wieder nach unten schnappen.

„Ich wollte nachsehen ob Sie lebt!“ rechtfertigte er sich. Ich zwang mich meine Augen zu öffnen um mir die Personen zu den Stimmen anzusehen. Vor mir stritten sich der Mann, der mich gerade so nett geweckt hatte und ein kleines Mädchen, das ich wieder erkannte. Die Kleine vom Jahrmarkt.

„Was soll das heißen? Jetzt hast du Sie geweckt!“ zeterte sie weiter und zeigte auf mich.

„Wie geht es dir?“ fragte Sie mich dann, ließ ihn links liegen und hüpfte auf mein Bett. Bett? Tatsächlich. Die Wolke war ein Bett gewesen. Ich sah mich um. Ich war in einem großen Zimmer, das in Elfenbeinfarben gehalten war und eine Zimmerdecke aus Glas hatte. Wolken zogen am Himmel vorbei.

„Gut? Was ist passiert?“ fragte ich mit krächzender Stimme. Meine kehle war so trocken das sie weh tat.

„Wir haben dich gerettet. Also ich.“, sagte sie stolz und streckte die Brust raus. „Er stand nur rum.“ sagte Sie und machte eine wegwerfende Handbewegung in seine Richtung.

„Ich kann kein Blut sehen...“

„Du Waschlappen!“ kicherte Sie und schlug meine Decke etwas weg.

„Dein Bein heilt aber gut. Tut es weh?“

Völlig verwirrt sah ich auf mein Bein, das in langen Blättern gewickelt war und mit dünnen, ineinander geflochtenen Zweigen an dein Seiten stabilisiert wurde.Was ist passiert? Wieso war das da? Und wer waren die? Und wem gehörte dieses Zimmer? Und wie war ich hier her gekommen?

Ich fuhr mir nachdenklich durchs Haar und blieb an getrockneten Blättern hängen. Was zum...?

Ich riss sie mir runter und sah das auch das eine Art verband was, der mit Gräsern festgehalten wurde.

„Was ist passiert?“ fragte ich hysterisch und sprang aus dem Bett. Leider knickte mein verletztes Bein weg und ich viel hart auf den Boden. Ich sog die Luft ein und unterdrückte einen Aufschrei. Sofort war der Mann an meiner Seite und zog mich hoch. „Habt ihr Euch verletzt?“ fragte er besorgt und legte mich wieder auf mein Bett. Ich schüttelte den Kopf und schluckte schwer.

„Nein, geht wieder...“

„Du musst langsam aufstehen. Und die Stützen an deinem Bein sind zu schwach, die sind nur für das schlafen gut.“ erklärte mir das Mädchen und begann mein bin zu befreien.

„Es werden gerade neue gemacht. Niemand dachte das du so schnell wach wirst.“ erklärte Sie mir.

Ich runzelte die Stirn. „Wie lange habe ich denn geschlafen?“ wollte ich wissen und sah zu wie sie dem Kerl einen vielsagenden Blick zuwarf. Er nickte und verließ den Raum um sofort wieder zukommen mit einer Schale voll Weintrauben und einem hölzernen Becher mit Milch.

„Den Weg hierher. Also zwei, drei tage. Und anschließend nochmal drei tage. Wir wollten nicht das du wach wirst damit alles schneller heilt.“

Mir wurde schlecht. Was redete sie da? Ich schob den Gedanken weg, immerhin war das alles ein Traum.

„Und wer seit ihr bitte?“ fragte ich und nahm schwach lächelnd von ihm die Sachen entgegen. Gierig stopfte ich die Trauben in meinen Mund und trank das ganze Glas auf einmal leer.

Das Mädchen lächelte stolz. „Ich bin Elva, deine Beraterin in allein Angelegenheiten. Es wurmt mich etwas, das du mich nicht erkennst.“

Mein Kopf schien zu platzen. Was redetete Sie denn da?

Der Typ machte es auch nicht besser. Er setzte sich zu mir und nahm liebevoll meine Hand in seine.

„Und du bist...?“ fragte ich ihn und wollte meine Hand zurück ziehen, aber er hielt sie stur fest.

„Ich bin Arivin. Erkennt ihr mich denn nicht mehr?“ fragte er traurig und Elva lachte, sie schien ihn nicht zu mögen. „Sie hat dich auch das letzte mal gesehen als sie ein Säugling war, wie soll sie sich denn da erinnern?“

Arivin nickte und lächelte mich an, so begeistert das mir kein Vergleich einfiel.

„Ich bin dein Gefährte. Ich habe Ewig auf dich gewartet.“

Ich sah ihn verwirrt an und begann zu grinsen wie meine Mutter, wenn sie einen Brownie zu viel gegessen hatte. „Ihr verarscht mich?“ fragte ich und hatte Mühe ihn nicht auszulachen. Elva sah mich überrascht an.

„Nein? Du bist wieder zuhause!“ erklärte sie und nahm sich eine Weintraube.

„Okay. Ich will jetzt bitte wieder wach werden.“ flehte ich sie an, „der Traum war anfangs einfach nur gruselig aber jetzt wird er schräg. Das mag ich nicht!“ ließ ich die beiden wissen und riss ihm meine Hand weg. Ich schloss stur meine Augen. „Ich zähle jetzt bis zehn und dann bin ich wach.“ erklärte ich meinen Plan und begann zu zählen, ich konnte es kaum erwarten in dem Krankenhaus wach zu werden was mich mehr oder weniger fest hielt. Fest davon überzeugt, das ich an die weiß gestrichene Decke über meinem Krankenhausbett sehen würde, öffnete ich die Augen und stieß einen leisen, wütenden Schrei aus. Ich war immer noch bei diesen Freaks. Wieso?

Elva setzte sich neben mich und kuschelte mich zu mich unter die weiche Bettdecke.

„Du träumst nicht. Das passiert alles wirklich.“ sagte sie sanft und flechtet mein Haar.

„Nein!“ sagte ich bestimmt, „das kann nicht passieren! Ich war im Krankenhaus und wollte eine Schwester was fragen und da war keiner... also bin ich zum Fahrstuhl weil da welche waren, ich bin dazu gestiegen und plötzlich waren sie weg.“ erzählte ich und versuchte mir den Traum wieder in Erinnerung zu rufen. „Und ich hab mir das Bein gebrochen und dann war da plötzlich Hikari... aber sie war so... anders... und sie wollte mich umbringen und hat irgendetwas vom >Hof der Elfen< geredet, danach ist sie plötzlich zusammengebrochen und ich auch...“ flüsterte ich verwirrt und sah auf die Kunstvoll bestickte Bettdecke. Beide schwiegen, scheinbar wusste keiner was er sagen sollte.

„es ist so, das es wirklich so passiert ist...“ begann Arivin dann und sah mich gequält an. „Wir wollten jemanden schicken der Euch aufklärt und her führt, aber diese... Hikari wie Ihr Sie nennt war schneller. Sie gehört zum feindlichen Hof und hat wohl länger darauf hin gearbeitet, Euch in einem verletzlichen Zustand zu begegnen. Sie war schneller als wir, es war sehr knapp das wir Euch retten konnten. Anschließend hatten wir Euch in einen künstlichen Schlaf versetzt, damit ihr Euch erholt. Und nichts von der reise hierher mitbekommt.“

Mein Verstand blockierte, konnte die ganze menge an Daten nicht aufnehmen.

„Reise wo hin? Was für ein feindlicher Hof? Kann mich mal jemand aufklären?“ fragte ich gereizt und schlug seine Hand weg, als er meine Wange streicheln wollte.

Elva holte tief Luft, scheinbar war es schwer für sie daüber zu sprechen.

„Wir sind hier am Hof der Elfen. Wir werden von einer Königin regiert, die sich schon immer ein Kind gewünscht hat. Leider konnte sie selber keine Kinder kriegen, aber der Wunsch war so groß das sie ein paar der stärksten Magier unseres Volkes um Hilfe bat. Sie hatte die Idee, ein Kind aus Magie zu erschaffen. Es war ein großes Vorhaben, fast schon unmöglich und es dauerte Jahre bis die Formel perfekt war. Als es soweit war ging Sie Nachts mit einem der Magier auf eine Lichtung im Wald und begann den Zauber zu wirken. Sie hatten vor aus einem der Elemente Garn zu weben, wenn man es so nennen will. Aber kein Element gefiel ihr und sie entschied sich für den Mond.

Sie webten also die gesamte Nacht aus den Strahlen des Mondes das Garn aus dem ihr Kind entstehen sollte. Wir wissen nicht, wie Sie es geschafft hat. Auch der Magier hat sich nie dazu geäußert, aber als sie wieder kam hatte sie ein kleines Baby auf dem Arm, eingewickelt in eine decke aus Blättern.“ schloss Sie und lächelte stolz. Ich hatte entsetzt zugehört, dann brach ich in lautes Gelächter aus. Ich bekam mich nicht mehr in den griff und wischte mir die Tränen weg.

„Du willst mir weiß machen das ich eine Elfe oder so was bin?“ fragte ich laut lachend und hielt mir den schmerzenden Bauch. Elva zog einen Schmollmund. „Ich weiß nicht warum du das so lustig findest.“

„es ist lustig, weil es unmöglich ist!“ erklärte ich und atmete tief ein und aus.

„Kommt es dir nicht sinnvoll vor? Warum wirst du Nachts sonst durchscheinend? Warum sonst fühlt du dich in der Nacht wohler, wen der Mond scheint?“ fragte sie aufgebracht und stand auf. „Ich sag es dir, weil du aus der Magie des Mondes bestehst!“

Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Aber woher wusste Sie was nachts mit mir los war?

„Aber ich habe immer in der menschlichen Welt gelebt.“ gab ich zurück. Elva nickte so heftig das ihre Haare hin und her flogen.

„Kurz nach deiner Geburt brach ein Krieg aus. Deine Mutter hat die Zofe mit dir in die menschliche Welt geschickt, damit du dort ohne größere gefahren aufwachsen kannst. Davor hat sie dich aber noch wie einen Menschen geformt. Mit Organen die ihren Zweck tun sollten, solange bis du soweit bist und man es dir sagen kann. Dann wären sie nutzlos geworden und wir hätten dich zu uns geholt. Keiner von uns konnte wissen das diese Menschen dich gefangen halten wie eine Maus für ihre Experimente und es heraus finden. So weit hatte keiner gedacht und es war uns auch keine zeit geblieben, du musstest schnell weg. Dann sorgte die Zofe dafür das dich jemand findet, der sich gut um dich kümmern würde.“ schloss sie und sprang vom Bett. Das konnte doch nicht ihr ernst sein! In mir tobten gerade zu viele Gefühle, als das ich eines einzeln wahrnehmen konnte.

„Warum? Warum konnte ich nicht einfach dort bleiben?“ fragte ich leise und sah an die Zimmerwand, ohne wirklich etwas war zu nehmen.

„Ihr seit die Thronfolgerin, der Hof zählt auf Euch. Und Eure Mutter hat ebenfalls auf Euch gewartet. Der krieg is vorbei und das ganze Volk wartet darauf Euch zu sehen.“

Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte. Was redeten die zwei denn da? Ich? Eine Elfe? Und

dazu noch die Prinzessin? Das schien mir einfach zu Unwirklich. Ich war doch immer die, die nie groß aufgefallen war. Und ich hatte gerne so gelebt. Wieso auch nicht?

„Hört auf damit!“ verlangte ich und zog die Beine an meinen Körper. „Was redet ihr denn da?“ keuchte ich und begann zu weinen. Wie ich das hasste. Aber es war gerade alles so viel für mich, das mein Verstand nichts mehr aufnehmen wollte Und trotzdem prasselten Ununterbrochen neue Daten und Eindrücke auf mich ein.

Elva legte ihre kleinen Arme um meinen Hals und seufzte. „Ich weiß, wie verwirrend das alles für dich ist. Plötzlich dreht sich dein komplettes Leben und du kannst nichts tun. Aber du musst dich jetzt zusammen reißen, durch Tränen wird es nicht besser!“

Ich nickte, sie hatte ja Recht. Aber es war so schwer zu begreifen.

„Und was soll ich jetzt tun?“ fragte ich Sie und biss mir auf die Unterlippe. Was lief nur falsch in meinem Leben?

Arivin setzte sich zu mir und nahm wieder meine Hand. „Ich denke, als erstes solltet Ihr ein Bad nehmen. Anschließend könnt ihr Euch zurecht machen und dann runter in den Thronsaal gehen.“

Ich nickte schwerfällig und wollte schon aufstehen, aber Arivin hielt mich fest.

„Wir werden Euch das Bad einlassen und ohne die Stütze für Euer Bein solltet ihr noch nicht laufen.“

Ich nickte wieder nur und blieb liegen, während ich zusah wie beide durch eine Tür im Zimmer verschwanden, die mir noch nicht aufgefallen war. Das Bad, nahm ich an. Ich hörte das leise Rauschen des Wassers und vergrub mich in der Decke. Wieso ausgerechnet ich? Konnte ich nicht einfach mein Leben so leben wie es vorher war? Scheinbar nicht, man hat mich ja auch nicht gefragt ob ich denn das alles will. Dann hätte ich nämlich sofort mit „Nein“ geantwortet.

Aber wie Elva schon sagte, jammern brachte nichts. Arivin lächelte mich breit an als er wieder in das Zimmer kam und hob mich hoch, was mir wirklich unangenehm war.

„Euer Bad ist fertig.“ erklärte er und trug mich in den Raum. Elva wartete schon und prüfte die Temperatur. Arivin setzte mich auf den Rand der Wanne ab und lächelte mich freundlich an. Das nervte mich jetzt schon, dieses dauernde Lächeln.

„Was meinst du eigentlich mit Gefährte?“ fragte ich ihn dann und sah wie er rot wurde.

„Wir beide sind einander versprochen worden, als es uns noch gar nicht gab. Ich bin zwar schon etwas älter als Ihr, aber der Bund ist immer noch wirksam.“

„Das heißt, ich soll dich heiraten?“ fragte ich und konnte den ekel nicht aus meiner Stimme bannen. Das machte ich nicht! Niemals!

Scheinbar konnte man mir ansehen was in mir vorging. Elva warf ihm böse Blicke zu und schob ihn zur Tür raus. „Lass dir zeit. Ich lege dir ein Kleid auf dein Bett, danach kommt die Zofe um dir das schwarz aus den Haaren zu holen.“ sagte sie und deutete auf meine schwarzen Strähnen. Das war gerade mein kleinstes Problem. Ich wartete bis die Tür zufiel und zog mich aus, achtete darauf nicht das verletzte Bein zu belasten.

Als ich es geschafft hatte stieg ich vorsichtig in die alte, freistehende Wanne und spürte sofort wie beruhigend das Wasser auf mich wirkte. Ich ließ mich zurück sinken und sah mir den Raum genauer an. Er war sehr verwinkelt, in einer Ecke stand eine kleine kommode mit einer Schale drauf und einem Spiegel, wohl zum Waschen. Daneben befand sich ein Regal mit Handtüchern und vielen kleinen Glasflaschen, die mit Korken verschlossen wurden. Es gab ein großes Bogenfenster und die Wände waren mit vielen, kunstvollen Linien verziert die ineinander griffen und einen fast dazu zwangen den Linien bis zum Ende folgen zu wollen, sie waren in einem schönen, dunklen Grün gehalten. Als ich fertig gebadet hatte stand ich auf und hüpfte zu dem Regal mit den Handtüchern. Ich wickelte mich in ein langes und hüpfte zu der Kommode. Ich wusch mir das Gesicht und sah mir die ganzen kleinen Flaschen an. Sie waren sorgfältig beschriftet, mit einer Schrift die ich nicht kannte und kunstvoll zu Papier gebracht war. In den Flaschen befand sich eine Flüssigkeit. Neugierig öffnetet ich eine Flasche und schüttete etwas von dem Inhalt in die Schüssel mit dem Wasser. Kurz nachdem es auf Wasser traf löste es sich in grünen Rauch auf und verschwand sofort wieder. Schnell schloss ich die Flasche und stellte sie zurück.

Ich sprang in das Zimmer zurück und ließ mich in das Bett fallen.

Neben mir lag ein Kleid was gar nicht meinem Stil entsprach.

Es war Bodenlang und in grün und weiß gehalten. Der Stoff war weicher als Seide, dafür aber auch schwerer. Es war Ärmellos, hatte keine Träger an den Schultern und der Ausschnitt wurde von Spitze gesäumt. Unter der Brust verließ ein grünes Band, das vorn von einer kleinen Brosche geziert wurde. Von dem Band ging hinten eine Art Schleppe ab, die selber länger war als das Kleid und aus einem durchsichtigen Material bestand. Es sah aus als hätte jemand lange an dem Kleid gesessen. Missmutig hielt ich es mir an. Zurück konnte ich ohnehin nicht mehr, ich wusste ja nicht einmal wie ich hier gelandet war. Ich legte das Handtuch beiseite und führte meine Arme von unten durch die vielen langen des Kleides. Als ich endlich angezogen war hüpfte ich auf einen großen Wandspiegel zu und musterte mich. Es saß wie angegossen.

Aber das im Spiegel war nicht ich, ich erkannte mich selber nicht wieder. Ich drehte mich etwas und strich über den weißen Stoff des Kleides.

Ich bekam gar nicht mit wie die Tür erneut geöffnet wurde und bekam fast einen Herzinfarkt als hinter mir eine Frau um die dreißig im Spiegel erschien. Ich drehte mich um und musterte sie kurz. Sie war größer als ich (was ja nicht schwer war), hatte große Azurblaue Augen und hohe Wangenknochen, schwungvolle Lippen und eine gerade Nase. Sie hatte Schulterlanges, braunes Haar das sich zum Ende hin sanft lockte. Sie war so schön das es einen fast erschlug. Sie musterte mich ebenfalls und ihre großen Augen wurden noch größer.

Dann viel sie mir so plötzlich um den Hals, das ich fast das Gleichgewicht verlor und mit dem Rücken gegen den Spiegel krachte. Sie begann zu schluchzen und heftig zu zittern. Was lief denn jetzt wieder falsch?

„Ihr seit zurück!“ weinte Sie und ich schob sie von mir, leicht entsetzt von dem plötzlichen Gefühlsausbruch. Ich kannte die Frau nicht mal und sie warf sich heulend in meine Arme.

Sie atmete tief ein und aus und fing ich genauso schnell wieder wie ihr Ausbruch begonnen hatte. Dann lächelte Sie mich an und streichelte meinen Arm. „Ihr seit so hübsch geworden.“

„Danke?“ antwortete ich verunsichert und Sie führte mich zum Bett, schlug die Stofflagen des Kleides etwas zurück und sah sich mein Bein an. Komische Frau. Zuerst weinen als gäbe es kein morgen mehr und dann tat sie als sei nichts gewesen. „Ich lege Euch die Stützen für das Bein um und dann kümmern wir uns um Eure Haare.“ erklärte sie lächelnd. Ich sah dabei zu wie sie anfing ineinander geflochtene, dünne frische Zweige um mein Bein zu wickeln und ineinander zu verknoten. Es sah eher aus wie ein Kunstwerk und nicht wie etwas das mir beim laufen helfen sollte, wie es sich bis zu meinem Knie hoch schlängelte. Nach ein paar Minuten war sie fertig und richtete das Kleid, dabei sah sie mich mit große Auge an. „Ihr kennt mich sicher nicht mehr. Ich bin Azael, Eure Zofe. Es freut mich so das Ihr endlich wieder hier seit.“ trällerte Sie und sagte mir ich solle versuchen etwas zu gehen. Und tatsächlich, die dürren Zweige taten ihre Arbeit und ließen mich wieder normal gehen. Azael verschwand im Bad und kam mit einer dieser Flaschen wieder.

„Ich erde das auf Euren Kopf träufeln, damit diese unnatürliche Farbe verschwindet.“ erklärte sie und bevor ich mich groß weigern konnte schüttete Sie mir die halbe Flasche ins Haar. Geschockt rannte ich zum Spiegel und fasste mir in die Haare. Schwarzer Rauch stieg aus ihnen auf, der vorher einmal meine Strähnen gewesen war. Ich seufzte traurig und sah auf meine nun Schneeweißen Haare die mir jetzt so langweilig vorkamen. Azael schien zufrieden mit ihrem Werk zu sein und begann mir die Haare zu kämen.

„Das kann ich doch selber!“ sagte ich und wurde rot.

Sie schüttelte den Kopf und kämmte unbeirrt weiter. „lasst mich das machen, bitte.“

Ich gab ihr widerwillig nach und sie holte einen Stuhl damit ich mich dabei setzten konnte. Sie kämmte sie so lange bis sie so seidig wie noch nie waren. Zu guter Letzt öffnete Sie eine kleine, verschlossene Schublade und holte eine Krone heraus, die aus getrockneten Zweigen bestand und eingearbeitete Blüten hatte. Sie sah aus als wäre Sie aus einem Bilderbuch gekommen. Mit bedacht setzte sie mir das Geflecht au und kniete kurz vor mir nieder. Das im Spiegel war in keinster Weise mehr ich. Das im Spiegel war ein Mädchen das in eine Rolle gezwängt wurde die sie nicht haben wollte. Und auch wenn ich es noch so gerne zabstritt, war eben ich dieses Mädchen.

Ich seufzte schwer und drehte mich zu Ihr um. Azael schien richtig begeistert von meinem Äußeren zu sein und klatschte aufgeregt in die Hände.

Dieses Klatschen ließ mich zusammen zucken, auch wenn ich nicht wusste warum. Es war als hätte sie mir somit das Kommando gegeben meine Situation weiter zu denken, daran was sich noch alles ändern würde. Ich würde meine Mutter nie wieder sehen. Nie wieder mit ihr How i mett Your Mother sehen, oder mit ihr durch die Stadt bummeln und Sachen bestaunen die wir uns sowieso nicht leisten könnten. Ich würde nie wieder mit Cat auf einer Schaukel sitzen und über alles mögliche Reden, nie wieder bei ihr Übernachten und so lange Horrorfilme sehen, bis wir beide Paranoid wurden.

Ich würde kein Eis mehr mit Ihr essen oder Grillen. Mit den Besuchen bei meinen Großeltern war es nun auch vorbei, dabei hatte ich es immer so geliebt denn immer gleichen Geschichten zuzuhören und bei den Pferden auszuhelfen. Und Daniel würde ich auch nie wieder sehen. Nie wieder in seinen Armen liegen und ihn küssen. Alle meine Freunde waren weg, meine Mutter, die wichtigsten Personen in meinem leben. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich spürte wie die erste mir über die Wange lief. Ich biss die Zähne zusammen und versuchte ein hysterisches Schluchzen zu unterdrücken.

„Was habt Ihr?“ fragte Azael mich verwundert und schien nicht zu wissen was sie machen sollte.

„Ich will das alles nicht! Ich will nach hause! Wieso bin ich nicht vorher gefragt worden ob ich das will?“ herrschte ich sie aufgebracht an und gestikulierte wild mit den Händen. Azael sah mich mit riesigen Augen an.

„Wir konnten Euch nicht fragen, weil Ihr uns gewiss nicht geglaubt hättet. Ihr werdet sehen, hier wird es Euch gefallen. Ihr lebt Euch sicher schnell ein.“ lächelte sie aufmunternd.

„Ich will mich aber nicht schnell einleben! Ich will nach hause, zu meiner Familie und meinem freund! Und was diesen Vollpfosten betrifft, den werde ich bestimmt nicht heiraten, der kotzt mich jetzt schon an, sein ständiges, dummes grinsen! Wieso grinst der immer? Hat der gekifft?“ brach es aus mir heraus und ich konnte fühlen wie erleichternd es war kurz alles los zu werden. „kein Schwein hat mich gefragt ob ich das alles will! Nein, man hat mich einfach aus meinem leben gerissen, ganz egal was ich davon halte oder mein Freundeskreis oder meine Mutter! Habt ihr denn daran gedacht was passiert wenn ich plötzlich nicht mehr da bin? Bestimmt nicht, ihr habt angefangen zu denken und gehandelt bevor ihr überhaupt zu ende gedacht habt!“ meckerte ich weiter und Azael schien während meine Vortrages geschrumpft zu sein.

„Prinzessin, bitte! Ich verstehe Euch ja, aber es war notwendig! Und keiner erwartet, das Ihr Arivin jetzt heiratet. Er ist wirklich nett und gebildet.“

„Mir egal was er ist, ich mag ihn nicht!“ kreischte ich weiter und zitterte heftig. So plötzlich wie mein Wutausbruch gekommen war war er auch wieder weg. Es brachte nichts sich hier aufzuregen, ich kam ja doch nicht weg. Ich schloss die Augen und atmete tief ein und aus. Vielleicht ließen sie mich ja wieder zurück, in mein altes leben.

„Geht es wieder?“ fragte Azael mich und ich nickte schwer.

„Ja. Tut mir leid. Und was machen wir jetzt?“ fragte ich Sie und versuchte meine Gefühle wegzusperren. Ich wollte mich vor Wildfremden nicht zum Gespött machen.

Sie lächelte wieder und öffnete die Tür. „Jetzt solltet ihr in den Thronsaal. Eure Mutter und das Volk erwarten Sie bereits.“

mir wurde schlecht bei den Worten. Ich straffte die Schultern und schritt entschlossen durch die Tür, die Azael hinter mir zu zog.

 

Aufgeregt lief ich auf die riesige Wendeltreppe zu, die nach unten führte. Mir war vor lauter Aufregung schlecht und ich hatte die schlechte Vorahnung das die Weintrauben sich gleich wieder meldeten. Ich hielt mich an dem kühlen Geländer der Treppe fest und sah verzweifelt zu Azael, die mich aufmunternd anlächelte.

„Und was... wenn ich mich blamiere?“ hauchte ich und blieb stehen.

„Was denkt Ihr denn könnte passieren?“

„Alles! Ich ziehe das Unglück magisch an!“ erklärte ich und Sie stieß mich sanft an damit ich weiter ging. Ich blieb an der letzten Stufe wieder stehen und sah auf die riesige Halle in der wir uns jetzt befanden. Der Boden war aus Marmor und sah glänzend dass ich mich im Boden sehen konnte. Die Wände waren mit Bildern verziert, manche davon gerahmt, die wohl Verwandte oder andere wichtige Personen zeigten.

Unsere Schritte halten auf dem Glatten Boden wieder und ich ging auf ein Regal zu in dem Schriftrollen lagerten, um Zeit zu schinden.

„Was ist das?“ fragte ich und zog eine Rolle heraus. Der Staub rieselte von dem Pergament ab als ich Sie entrollte. Azael nahm sie mir aus der Hand und legte sie wieder in das Kunstvoll gestaltete Buchregal. „Das sind Schriftrollen. Es ist nichts besonderes, lediglich ein paar Geschichten.“

erklärte Sie und sah mich auffordernd an. Ich drehte mich wieder zu der großen Flügeltür und blieb vor ihr stehen.

„Ich habe etwas vergessen.“

„Und das wäre?“ fragte mich Azael und lächelte wissend, das ich mich nur drücken wollte.

„Ich... muss nochmal... dringend“ flüsterte ich und hüpfte von einem Bein auf das andere. Es war sehr kindisch, aber ich wollte da nicht rein!

Azael legte ihre langen Finger um mein Kinn und sah lächelnd auf mich runter.

„Ich weiß wie Ihr euch fühlt. Aber glaubt mir, es wird Euch gefallen.“

Ich würgte leise vor Panik und der Schweiß brach mir aus. Azael stieß Schwungvoll die Tür auf und trat durch den Bogen. Sie begann zu reden in einer Sprache die ich nicht verstand, aber sie klang eher wie Gesang. Sie sah über ihre Schulter zu mir und lächelte mir aufmunternd zu. Während ich einen schritt nach dem nächsten machte wünschte ich mir nochmal fast zu sterben, das wäre wesentlich angenehmer.

Ich sah mich ängstlich um und wurde dabei angestarrt wie eine wahnsinnige die aus dem Irrenhaus entkommen war. An den Wänden standen wachen, die vor sich ein Schwert hielten und Stur gegen die gegenüberliegende Wand sahen. Sie trugen Hemden, darüber ein Kettenhemd, Hosen, Stiefel und jeweils einen Gürtel an dem verschiedene Nähkampfwaffen hingen.

Ein roter Teppich führte zu einem Podest auf dem ein großer Thron stand, daneben ein etwas kleinerer. Im Hintergrund sah ich Elva und Arivin, der mich begeistert musterte.

Mit klopfendem herzen ging ich auf das Podest zu und sah dabei an die Zimmerdecke, die eine Kuppel war und aus Glas bestand, durch die das Licht fiel. Die Glaskoppel hatte ein wundervolles Muster, das durch die Äste der Bäume bestand die so das Licht brachen, sodass es nun in vielen, wundervollen Strahlen in den großen Saal fiel. Der Boden bestand auch hier aus Marmor, der durchzogen war von vielen blauen Äderchen. Ich traute mich nicht zu der Person auf dem Thron hoch zusehen, also blieb ich unschlüssig vor dem Podest stehen und sah verzweifelt zu Azalea. Sie schien meine Verzweiflung zu merken und ging auf die Frau auf dem Thron zu, blieb neben mir stehen und begann zu reden, dieses mal in meiner Sprache.

„Eure Hoheit, ich bringe Euch Tochter. Bitte verzeiht mir die lange Wartezeit, aber Laffis wäre nun soweit.“

„Wer ist nun soweit?“ fragte ich überrascht und sah dabei auf den Boden, ich wollte der Frau nicht in die Augen sehen.

„Du. Das ist dein richtiger Name.“ klärte mich Azael auf. Laffis? Ernsthaft? Was war denn das für ein dämlicher Name? Wie kam man auf so was?

„Er bedeutet Mondlicht.“ erklärte die Stimme, die eindeutig nicht Azael gehörte. Sie war warm, weich und so melodisch wie es wohl kein Instrument sein könnte.

Ich schielte unter den Wimpern hervor und sah nur ein Stück des prachtvollen Kleides, das sie trug.

Egal wie nett diese Frau auch sein sollte, sie war nie das für mich was meine Ziehmutter für mich war.

„Willst du mich denn nicht begrüßen?“ fragte sie und ich zwang mich sie anzusehen.

Sie hatte große, hellgrüne Augen die von goldenen Sprenkeln durchzogen, und dicht umrandet von langen, schwarzen Wimpern waren. Sie hatte extrem feine zugesichert, dunkelrote geschwungene Lippen und helle haut. Sie hatte schwarzes, langes Haar das sich wie eine Schleppe hinter ihr herzog und erinnerte an Rapunzel. Ihre Ohren liefen etwas spitzer zu als gewöhnlich und ihre Augen standen leicht schräg, wie die einer Katze. Sie sah so ungewöhnlich aus und gleichzeitig so schlicht, das sie wohl allen den Kopf verdrehen musste.

Auf ihrem Kopf trug sie eine Ähnliche Krone wie meine, nur dass ihre wesentlich prachtvoller war und aus noch frischen Zweigen bestand, meine dagegen aus getrockneten.

Sie lächelte mich an und stand auf. Sie war barfuß, und trug ein Kleid was aufwändig verziert worden war. Sie kam auf mich zu und nahm mich in den Arm.

„Es tut mir so leid, dass wir uns erst jetzt kennen lernen. Ich hätte dich schon früher zu mir geholt.“ erklärte Sie, ließ mich los und wischte sich eine Träne aus den Augenwinkeln.

„Setz dich zu mir.“ bat Sie mich, nahm wieder auf ihrem Thron Platz und nickte mir zu. Mir war dabei unwohl, aber es musste wohl sein. Nervös zeichnete ich von meinem Platz aus wieder die Linien nach und ignorierte die wachen, die begannen zu flüstern.

„Es tut mir so leid, dass ich dich weg geben musste.“ beteuerte Sie mir und griff nach meiner zitternden Hand. Ich sah sie an und nickte schwer.

„Und es tut mir auch leid auf welche Art und weise du her gebracht wurdest. Das Volk will dich sehen, und anschließend feiern wir ein großes fest. Nach dem essen sollten wir uns in Ruhe unterhalten.“ erklärte Sie mir den weiteren Ablauf und wieder nickte ich nur verkrampft.

Mein Hals fühlte sich trocken an und ich hatte Mühe alles wahrzunehmen, es war einfach zu unrealistisch.

Die Frau, die wohl meine Mutter war stand auf und winkte ein paar der Diener, die in einer Ecke standen heran. Sofort kamen zwei der kleinen Gruppe und verneigten sich kurz vor ihr, anschließend vor mir.

„Öffnet den großen Balkon.“ gab sie den Befehl und sofort huschten die zwei los. Meine Mutter ging ihnen nach und ich folgte ihr. Sie schritt wieder aus de Saal heraus und ging auf eine andere Tür zu. Sie war aus Glas und wurde von den Dienern aufgehalten. Von draußen war lautes Durcheinander zu hören und ich wäre am liebsten weggerannt, bei dem was jetzt folgen würde. Elva huschte an uns vorbei und ging auf den Balkon und begann wieder in diese Sprache zu sprechen. Dabei fiel mein richtiger, gruseliger Name und die Menge fing an zu jubeln und zu klatschen. Das wurde ja immer schlimmer! Elva kam grinsend auf mich zu und umarmte mich kurz. „Das wird schon!“ zwinkerte Sie und sah zu wie wir zu zweit den Balkon betraten.

Schlagartig brach mir der Angstschweiß aus und ich bekam Panik. Vor mir stand eine jubelnde menge, die so riesig war, dass ich die Zahl nicht im geringsten erahnen konnte. Die vielen Leute verschwammen vor meinen Augen und alles was blieb, war ein riesiges, buntes, tosendes Meer.

Ich blinzelte ein paar Mal aber das Bild vor meinen Augen wollte einfach nicht schärfer werden.

Meine Mutter begann zu reden und sofort wurde es still, das rauschen in meinem Kopf ließ nach.

Es kam mir vor als würde ich neben mir stehen und mir selber dabei zu sehen wie ich gerade vor meinem Volk stand. Mein Volk. Wie unrealistisch sich das anhörte.

Ich verstand nicht was sie sagte, es war alles wie eine Reizüberflutung. Neue Eindrücke hämmerten auf meinen Verstand ein und ließen nur ein paar Wörter der Rede zu mir durchdringen.

„Endlich ist Sie wieder hier, nach Jahren in der Welt der Menschen“.... wieder schweiften meine Gedanken ab, es viel mir schwer mich auf etwas zu konzentrieren.

Ich hörte wieder lautes gejubelt, was mir unglaublich weh tat und versucht verzweifelt einen Baum im Hintergrund zu fixieren, um nicht durchzudrehen.

„Meine Tochter laffis wird jetzt ein paar Worte an Euch, Mein Volk und ihres richten, das so treu auf die Rückkehr ihrer Prinzessin gewartet hat!“

Moment, was hatte sie gesagt? Eine rede? Bitte nicht! Ich war schon überfordert wenn ich in der Schule an die Tafel sollte!

Das ging mir zu schnell! Ich spürte die Blicke auf mir und wollte im Erdboden versinken. Was sollte ich jetzt sagen? Wieso wurde ich so in das kalte Wasser geschmissen? Und das ohne Schwimmweste? Ich musste da aber nun durch, wenn ich hier weg wollte. Also befeuchtete ich meine trockenen Lippen, nahm eine Aufrechte Körperhaltung an und versuchte meine Stimme zu finden.

„Es freut mich, dass ich hier so willkommen bin... um ehrlich zu sein, ich weiß nicht genau was ich jetzt sagen soll. Vor ein paar tagen dachte ich noch ich bin ein Mensch und jetzt stehe ich hier und es ist doch nicht so.“ sprudelte es aus mir heraus. Ich musste es wohl mit der Wahrheit versuchen, mir viel Spontan einfach nichts ein.

„Ich finde es toll dass ihr Euch alle so über meine... Rückkehr freut und auf mich gewartet habt, aber ich bin gerade etwas überfordert...“ schloss ich und würde vor Peinlichkeit am liebsten sterben. Und zu meiner Verwunderung fingen alle an zu klatschen.

„ist sie nicht bewundernswert?“ fragte meine Mutter und legte eine Hand auf meine Schulter. Fröhlich winkte sie der tobenden menge zu und schob mich in Richtung Tür.

„Ich hoffe, ihr werdet alle dabei sein wenn wir Prinzessin Laffis Heimkehr mit einem Fest feiern.“

 

 

Forsetzung folgt

 

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Tag der Veröffentlichung: 13.11.2012

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