Auf einem Planeten weit draußen im Weltraum lebte ein kleines grünes Männchen. Es hieß Piepiep und war sieben Jahre alt. Woran es lag, dass die großen grünen Männchen auf seinem Planeten nicht immer gut auf ihn zu sprechen waren, wusste Piepiep auch nicht so genau.
„He du Grünschnabel, halt gefälligst die Klappe, wenn sich große Männchen unterhalten!“, schnauzten sie ihn an. „Davon verstehst du sowieso nichts!“
„Aber ich will doch nur…“
„Rede nicht immer dazwischen, du vorlauter Knirps!“
Dann streckte Piepiep ihnen die Zunge heraus und rannte schnell davon, bevor ihn die großen Männchen fangen konnten.
,,Lass dich bloß nicht erwischen!", schrien sie ihm hinterher. Aber davor hatte Piepiep keine Angst, denn er konnte viel schneller laufen als die großen Männchen.
Zum Glück gab es auf seinem Planeten noch andere kleine grüne Männchen. Mit ihnen spielte Piepiep Toben oder Streiche aushecken oder Um-Die-Wette-Schimpfen. Niemand konnte so gut Um-Die-Wette-Schimpfen wie Piepiep.
Er wohnte mit seinem Opa in einem Häuschen, das sich von den übrigen Häusern in der Gegend auf den ersten Blick unterschied. Unter einem breiten Dach bogen sich bunt gestrichene Mauern. Neben der Eingangstür ragte ein schiefer Turm in die Höhe. Und überall waren runde Fenster. Sein Opa war ein echter Erfinder. Wenn er Versuche machte, durfte Piepiep manchmal zusehen. Ständig dampfte oder zischte es irgendwo. Oder es knallte und der Erfinder hatte plötzlich ein schwarzes, mit Ruß verschmiertes Gesicht. Piepiep war mächtig stolz darauf, dass dieser Erfinder sein Großvater war. Opa Brumbrum, der beste Opa im ganzen Weltraum.
Solange Piepiep zurückdenken konnte, war es auf seinem Planeten immer hell gewesen. Das lag daran, dass nah am Himmel so viele Sterne leuchteten, dass er beim Zählen immer durcheinander kam. Diese Sterne tauchten alles in ein wunderschönes Licht, und nachts war es genauso hell wie am Tag.
Noch weiter draußen im Weltraum lebten Männchen, die andere Farben hatten. Mit einigen von ihnen war Piepiep verwandt. Er hatte bis jetzt nur grüne Männchen gesehen und wollte die anderen Männchen gern kennenlernen. Gelb und orange sieht bestimmt hübsch aus, dachte er. Aber blaue oder braune Männchen? Er kicherte. Die stellte er sich schon ulkig vor. Angeblich gab es sogar kunterbunte Männchen. Also welche mit blauen Armen, gelben Beinen und roten Gesichtern. Oder welche mit grünen Füßen und gelben Händen. Oder blau-rot Gestreifte. Doch das glaubte Piepiep nicht. Solche komischen Männchen kamen bestimmt nur im Märchen vor.
Mitunter schickten seine Verwandten inter-galaktische Nachrichten in Weltraumgeschwindigkeit. Dann wurde Piepiep immer ganz aufgeregt und konnte es kaum abwarten, die letzten Neuigkeiten zu erfahren. Meistens schrieb Opa Brumbrum zurück: ... hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder ... oder so ähnlich.
„Ach bitte, Opa, können wir Tante Mimi und Onkel Didi und Elli nicht bald mal besuchen?", bettelte Piepiep.
Elli, seine gelbe Kusine, sollte sehr hübsch sein. Aber sein Opa antwortete:
„Nein, das geht leider nicht. Sie wohnen viel zu weit weg. Ich würde sie auch gerne wiedersehen, aber ohne neues Raumschiff können wir nicht zu ihnen fliegen. Tja, wenn wir ein neues Raumschiff hätten ... "
,,Aber wieso fliegen wir denn nicht mit einer Raumfähre zu ihnen?", versuchte Piepiep es weiter.
„Die Fahrkarten sind viel zu teuer. Selbst inter-galaktische Nachrichten können wir nicht oft schicken. Unser Geld reicht gerade für das Nötigste."
Warum sie sich kein neues Raumschiff kauften, fragte Piepiep gar nicht erst. Er wusste, dass sie dafür nicht reich genug waren. Als Erfinder verdiente sein Opa zu wenig. Ein neues Raumschiff kostete beinahe eine Million Sterntaler - ein wahres Vermögen!
„Und warum können wir mit unserem alten Raumschiff nicht zu ihnen fliegen?", meinte Piepiep hartnäckig.
„Unser Raumschiff ist viel zu alt. Damit kann man nicht mehr weit wegfliegen", erwiderte Opa Brumbrum daraufhin.
Piepiep wusste, dass das uralte Raumschiff Opas kostbarster Schatz war. Er hatte schon Angst, dass es kaputtgehen könnte, wenn man es nur ansah. Piepiep gab sich geschlagen und hoffte, dass Tante Mimi, Onkel Didi und seine Kusine Elli ihn eines Tages besuchen würden. Und er träumte davon, wie es wohl wäre, wenn sie ein neues Raumschiff besäßen. Dann könnte er durch den Weltraum sausen und ferne Planeten erkunden. Und er könnte seine Kusine Elli endlich kennenlernen. Die gelbe Elli. Ach, wäre das schön…
Eines Tages geschah etwas Merkwürdiges. Es wurde immer dunkler. Natürlich hätten die großen grünen Männchen niemals zugegeben, dass sie sich im Dunkeln fürchteten. Also sagten sie, dass es im Hellen viel schöner sei und gingen der Sache auf den Grund. Sie kramten eine alte Karte hervor, auf der alle Sterne verzeichnet waren. Zuerst zählten sie die Sterne auf der Karte und dann alle Sterne, die wirklich am Himmel waren. Dabei merkten sie, dass etliche Sterne fehlten.
Die Männchen wollten wissen, was mit ihren Sternen geschehen war. Möglicherweise waren sie von allein erloschen. Vielleicht waren sie aber auch geklaut worden? Warum jemand Sterne klauen sollte, war den Männchen allerdings ein Rätsel. Um mehr herauszufinden, beauftragten sie den berühmten Detektiv Schnippschnapp. Der hatte schon manchem Gauner ein Schnippchen geschlagen und einmal sogar eine ganze Räuberbande auf frischer Tat geschnappt.
Detektiv Schnippschnapp legte sich auf die Lauer und beobachtete Männchen, die ihm verdächtig vorkamen. Er hoffte, eines von ihnen beim Sterneklauen zu erwischen. Doch seine Verdächtigen waren entweder Spielverderber oder ehrliche Männchen, die keine Sterne klauten. Detektiv Schnippschnapp fand nichts heraus. Falls wirklich ein Dieb sein Unwesen trieb, hinterließ der Schuft keine Spuren. Immer wieder versteckte sich der berühmte Detektiv und hoffte, dass ihm der Übeltäter ins Netz ginge. Doch seltsamerweise verschwand kein einziger Stern mehr, seitdem er aufpasste. War der Täter gewarnt worden? Oder gab es überhaupt keinen Dieb und die Sterne waren wirklich von allein erloschen?
Insgesamt fehlten vierundzwanzig Sterne. Die Männchen versammelten sich in einer großen Halle, um zu beratschlagen, was zu tun sei. Einige beschwerten sich:
„Wir können überhaupt nicht mehr richtig gucken. Das sind ja schöne Zeiten, wenn es nicht einmal mehr genug Licht gibt.“
Jemand anders klagte:
„Ich habe in letzter Zeit andauernd Kopfweh! Wenn das so weitergehen soll, na dann mal gute Nacht.“
Alle waren sich darüber einig, dass es wieder heller werden musste. Ein kräftiges, hässliches Männchen mit einem roten Kopftuch, drängte sich hoch erhobenen Hauptes ans Rednerpult.
„Alle mal herhören! Also, wer mich noch nicht kennen sollte: Schnackschnack ist mein Name. Ich bin Mitglied im Rat der oberen Planeten Kammer", brüllte er ins Mikrofon.
Die meisten kannten Schnackschnack, aber kaum jemand mochte ihn. Nicht weil er so hässlich aussah, sondern weil er sehr eingebildet und überheblich war. Immer wusste er alles besser, und durch sein unhöfliches Benehmen stieß er andere Männchen oft vor den Kopf.
„Wir wissen jetzt ja, dass vierundzwanzig Sterne fehlen", dröhnte Schnackschnacks Stimme durch den Raum. „Also bauen wir einfach vierundzwanzig neue Sterne!“
„Aber Sterne bauen ist sehr anstrengend", rief jemand dazwischen. „Stell dir das man nur nicht so leicht vor, Schnackschnack. Wir haben schon lange keine Sterne mehr gebaut. Wir wissen überhaupt nicht wie das geht.“
„Stell dir das man nur nicht so leicht vor...", äffte Schnackschnack den Zwischenrufer nach.
„Natürlich ist Sterne bauen nicht leicht, das weiß ich selbst. Ihr müsst eben irgendwo nachlesen oder jemanden fragen, der sich mit Sternen auskennt. Wir werden einen Wettbewerb veranstalten. Teilnehmen dürfen alle großen Männchen und kleine Männchen ab sieben Jahre. Ein kleines Männchen darf aber nur zusammen mit einem großen Männchen mitmachen. Ein Team darf höchstens aus zwei Männchen bestehen. Wer kein eigenes Raumschiff hat, wird mit einer Raumfähre morgens zu seinem Bauplatz geflogen und abends wieder abgeholt. Kostenlos natürlich. Ihr bekommt drei Monate Zeit. Wer es schafft den hellsten Stern zu bauen, gewinnt den Wettbewerb.“
„Und was habe ich davon, wenn ich den hellsten Stern baue?", wollte ein großes Männchen mit grimmigem Gesichtsausdruck wissen.
Schnackschnack räusperte sich und tat sehr wichtig.
„Nun ja, ihr werdet es vielleicht nicht glauben, aber ich komme gerade von unserer Präsidentin. Ja, ja, ich war in letzter Zeit öfter bei ihr. Wir hatten wichtige Dinge zu besprechen. Aber ich will euch nicht länger auf die Folter spannen. Ich habe unserer Präsidentin einen Vorschlag gemacht. Und was glaubt ihr wohl? Also ob ihr es nun glaubt oder nicht... sie hat...die Präsidentin höchstpersönlich… hat meinem Vorschlag zugestimmt und…“
„Komm doch endlich zur Sache!", rief Piepiep ungeduldig.
„Nun werde mal nicht frech, du Grünschnabel!", schrie Schnackschnack Piepiep an. „Was fällt dir ein, einfach dazwischenzureden, hä? Du verdirbst mir noch meinen ganzen Auftritt! Also, ich will mich kurz fassen. Der Sieger des Wettbewerbs gewinnt ein funkelnagelneues Raumschiff!“
Für einen Moment wurde es in der großen Halle mucksmäuschenstill. Hatten sie richtig gehört? Man konnte ein Raumschiff gewinnen? Sogar ein funkelnagelneues? Das war ja fantastisch! Geradezu unglaublich! Kaum einer besaß ein eigenes Raumschiff. Jetzt setzte ein unbeschreiblicher Trubel ein. Alles redete durcheinander, einer aufgeregter als der andere. Die Männchen klopften sich gegenseitig auf die Schulter und klatschten vor Freude in die Hände.
„Stell dir vor, wir gewinnen das Raumschiff", hörte man überall. „Was für eine großartige Idee von Schnackschnack. Hättest du gedacht, dass er so nett sein kann? Genaugenommen ist er ganz in Ordnung - ein prächtiger Kerl eigentlich.“
Die grünen Männchen gründeten schnell einen Sterne-Bau-Verein und wählten Schnackschnack zu ihrem ersten Vorsitzenden. Nachdem sie ihm zu seiner Wahl gratuliert hatten, stürmten sie zu ihm, um sich für den Wettbewerb anzumelden. Ein neues Raumschiff stand auf dem Wunschzettel jeder Familie ganz oben. Auch für den zweiten und dritten Platz sollte es schöne Preise geben, versprach Schnackschnack. Weil viel mehr Männchen mitmachen wollten als Sterne gebraucht wurden, mussten die vierundzwanzig Startplätze ausgelost werden. Oder besser gesagt dreiundzwanzig. Denn Schnackschnack meinte, als erster Vorsitzender des Sterne-Bau-Vereins müsse er auf jeden Fall am Wettbewerb teilnehmen und bräuchte darum nicht mitzulosen.
Für die Lose nahm Schnackschnack kleine Zettel und faltete sie, damit niemand sehen konnte, was er darauf geschrieben hatte. Auf den meisten Zetteln stand: N I E T E, aber es gab auch welche mit Nummern. Von 1 bis 23. Die Zettel kamen in einen Eimer und wurden gut gemischt. Nun durfte sich jedes Männchen einen Zettel aus dem Eimer nehmen. Wer ein Los mit einer Nummer hatte, durfte mitmachen. Die Männchen, die eine Niete gezogen hatten, gingen enttäuscht nach Hause.
Opa Brumbrum hatte Glück. Er zog das Los mit der Nummer 17 und durfte an dem Wettbewerb teilnehmen.
„Wir bauen den Stern gemeinsam. Und falls wir gewinnen, gehört das Raumschiff uns beiden zusammen. Einverstanden?", sagte Opa Brumbrum.
„Au fein, das ist eine prima Idee", jubelte Piepiep und boxte seinem Opa vor Freude so sehr in den Bauch, dass er sich krümmte. Aber Opa Brumbrum war gerade bester Laune und nahm es seinem Enkel darum nicht übel. Und Piepiep sah sich in Gedanken schon mit dem funkelnagelneuen Raumschiff durch den Weltraum sausen.
Genau dort wo Sterne fehlten, bauten die grünen Männchen neue. Das hatte den Vorteil, dass sie ihre alte Karte weiter benutzen konnten. Sie malten die verschwundenen Sterne auf der Karte einfach mit Rot über. Sogar Männchen, die sich nicht so gut mit Sternen auskannten, konnten nun alte und neue Sterne leicht auseinander halten.
Opa Brumbrum besorgte ein Buch mit dem Titel: ‚Sterne bauen leicht gemacht'. Und er suchte eifrig nach Beiträgen in der großen Weltraum-Mediathek und allen möglichen galaktischen Netzwerken. Jeden Tag flogen die beiden eine kurze Strecke mit dem uralten Raumschiff zu ihrem Bauplatz. Piepiep ließ sich von Opa alle Knöpfe und Schalter erklären, und einmal durfte er das Raumschiff sogar allein steuern.
Zuerst stellten sie ein Gerüst auf, an dem sie das Raumschiff festbanden. Piepiep fand das wunderbar, weil er sowohl auf dem Gerüst als auch auf dem Raumschiff toll herumklettern konnte. Aber Opa Brumbrum meinte, es sei kein Klettergerüst sondern ein Baugerüst.
„Pass auf, dass du keine Beule in mein Raumschiff machst“, brummte er missmutig.
Als das Gerüst fertig war, begannen sie ihren Stern zu bauen. Das war viel schwerer, als sie sich vorgestellt hatten. Obwohl in Opas Buch stand, dass es ganz leicht ginge. Mittags legten sie meistens eine längere Pause ein. Opa Brumbrum machte es sich dann im Raumschiff gemütlich und grübelte darüber nach, was er als nächstes erfinden könnte. Dabei nickte er meistens ein. Wenn Piepiep keine Lust mehr zum Klettern hatte, schlich er sich an Opa heran und kitzelte ihn solange an der Nase, bis er niesen musste und aufwachte. Opa brummte dann,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: © 2018 Jörg Saemerow
Cover: © 2018 Thiemo Lieblinger
Tag der Veröffentlichung: 05.05.2019
ISBN: 978-3-7487-0320-4
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