"Haltestelle ,Internat zu Eponas`"
Ich schreckte hoch und blinzelte ein paar mal gegen die grelle Sonne.
Wo war ich?
Ach ja, in einem uralten Bus mitten in der Wildnis. Wobei, nicht ganz Wildnis, es gab ja noch das ,Internat zu Eponas` und genau da sollte ich hin - in ein total modernes Elite-Internat voller pferdeverrückter Tussis - oder direkt in die Hölle. Eigentlich konnte ich jetzt doch bis Buxteude fahren, oder? Aber das würde wohl weder meiner Mum noch meiner ehemaligen Direktorin gefallen.
Seufzend und fast widerstrebend drückte ich den ,Stopp`- Knopf, wuchtete meine zwei abgewetzten Koffer in den Mittelgang und warf sie mehr oder weniger auf die Straße.
Schnell zupfte ich meine alte Lieblingstunika über der zerschlissenen Jeans zurecht, atmetete einmal tief ein und wieder aus und ging den vor mir liegenden Kiesweg entlang in Richtung eines steinernen Torbogens, der den Eingang in das weitläufige, umzäunte Grundstück des Internats bildete.
Vor dem Torbogen blieb ich kurz stehen, um mir das Wappen des Internats einzuprägen, dass dort kunstvoll in den Stein eingemeiselt war; zwei einander zugeneigte Pferdeköpfe, über den Köpfen schwebte eine Krone in der wiederrum dreizehn Sterne und darunter einundzwanzig Edelsteine zu erkennen waren. Die Pferdeköpfe wurden durch jeweils ein leicht gebogenes Schwert nach unten am Hals begrenzt.
Ich richtete meinen Blick wieder nach vorne zu dem rießigen Gebäude, das dort stand; eine Mischung aus Burg und Schloss, wobei das riesige, gläserne Portal davor nicht dazupasste.
Ich marschierte mit hoch erhobenem Kopf und strammen Tempo den Weg entlang, beobachtete weder die Mädchen und Jungs - es gab tatsächlich pferdeverrückte Jungs! - noch die Pferde, die von Weiden, Ställen, Trainingsplätzen und Putzplätzen aus zu mir herübergafften.
Endlich war ich bei der Eingangstür angekommen, schon hatte ich das nächste Problem; ich bekam mit jeweils einem Koffer in der Hand die Türklinke nicht auf - man muss sagen, dass aber auch niemand, der mich gesehen hat, auch nur Anstalten gemacht hat, mir zu helfen- bis mir auffiel, dass ich auch einen Koffer abstellen konnte und dann erst die Klinke runterdrücken konnte!
Drinnen bot sich mir derselbe Anblick, wie ich es mir vorgestellt hatte; mit eigenartigen Stammbäumen, Pferdebildern und Wissenspostern über Pferde vollgepflasterte Wände - wobei alle Bilder sorgfältig im Lot und pingelig genauen Reihen hingen- weiße, kahle Tische mit Plastikstühlen und Ledersofas.
Und natürlich megaschicke Tussen, die in Divahaltung an den Tischen saßen, über Designerklamotten, Schminke und ihren neuesten Erfolge im Reiten quatschten und lästerten - vermutlich über mich, meine langweiligen, zu einem Pferdschwanz zusammengebundenen, schwarzen Haare und mein billiges Outfit.
Hastig durchquerte ich die scheinbar endlos lange Halle und folgte dem an der Wand hängenden Schild ,Sekretariat 1`.
Ich stellte meine Koffer vor einer Milchglastür auf einem Gang mit glänzendem Linoleum ab und ging in das Sekretariat.
Die Ordnung dort erschlug mich fast; alle Zettel auf der Theke, die durch den ganzen Raum verlief, waren feinsäuberlich aufeinander gestapelt, Stifte akkurat in Reihen sortiert und Notizen auf der großen Pinnwand übertrieben gerade aufgehängt.
"Ähm...hallo", ich räusperte mich und trat an die Theke.
Nur eine der drei Sekretärinnen, die dort an Computer, Telefon oder Akten arbeiteten, hob kurz den Kopf und fuhr dann mit ihrer Arbeit fort, nachdem sie mich kurz gemustert hatte.
Das konnte ja mal lustig werden!
Ich ballte eine Hand zur Faust und sagte langsam: "Ich bin neu hier und wollte meinen Stundenplan und so holen."
Eine Sekretärin beendete ihr Telefongespräch und tippte etwas in ihren PC ein. Betont langsam drehte sie ihren Bürostuhl zu mir und fragte dann kalt und herablassend: "Was willst du?"
"Ich habe eben schon gesagt, dass ich neu hier bin und meinen Stundenplan und so abholen möchte!", antwortete ich verärgert.
Die Frau zog eine Klarsichtfolie aus einem Fach hervor und stellte dann fest, nachdem sie das Blatt kurz studiert hatte: "Du musst Evelynn Blitzberger sein." Ich nickte ungeduldig und sie reichte mir ein Klemmbrett mit Stift: "Dann füll´ das hier aus und gib´s mir wieder, wenn du fertig bist."
Ich nahm auf einem der kalten Wartestühlen Platz, von denen nur einer belegt war; ein mittelgroßer Junge etwa in meinem Alter saß dort, die Schultern nach vorne gebeugt, ein paar seiner kurzen, fransigen Haare fielen ihm ins Gesicht. Er schien keine Notiz von mir zu nehmen, also nahm ich auch keine von ihm.
Ich füllte in Schönschrift den Zettel aus:
-Name: Blitzberger
-Vorname: Evelynn
-Geschlecht: m [ ] w [x]
-Geburtsdatum: 13.2.1997
-Geburtsort: Neumarkt
-Mutter: Leonie Blitzberger
-Vater: Jan Blitzberger
__________________________________________________________
-Pferdwissen: keins
-Reitstunden etc.: 0
-Reitstil: Western
-Sonstiges:
__________________________________________________________
-Reithelm vorhanden: ja [x] nein []
-Sonstige Reitkleidung vorhanden: nein [ ]
wenn ja [x], welche genau:
(An dieser Stelle zückte ich die Kassenbons, die meine Tante mir in die Hand gedrückt hatte, als sie mit ihrer Folter, mich durch sämtliche Reitläden zu zerren, fertig war und schrieb diesen mit zusammengekniffenen Augen ab - mir war noch nie aufgefallen, wie schwer sowas zu Lesen war...)
-1x Reitstiefel
-5x Reitsocken
-1x Innenbeinschoner
-3x Reithose
-1x Softchelljacke
-3x Reitflies
-5x Reitoberteil
-3x Reitunterhemd
-3x lange Reitunterhose
-1x Reitweste
-1x Reitregenmantel
-1x Turnierausrüstung (Hose, Jacke, Krawatte, Dressurzylinder, Anstecknadel mit Eponas-Wappen)
-Sonstige Ausrüstung:
-1x Reitgerte
-1x Sporen
-1x Longe
_________________________________________________________
-Unterschrift: Evelynn Blitzberger
Als ich fertig war, riss mir die Sekretärin den Zettel beinahe aus der Hand und bekam ganz große Augen, als sie meine Auflistung bei der Ausrüstung überflog. Ich glaubte es ja selber noch nicht; ich hatte noch nie so etwas Teueres bekommen, wie das Reitzeug - und das, obwohl ich eigentlich nicht reiten lernen wollte. Die Erlaubnis, hier in das Internat zu gehen, hatte ich gewonnen. Oh, wie genau ich das noch wusste: Es war der Tag des Berufes und in unserer stickigen Turnhalle fand eine Ausstellung dazu statt. Jeder, der diese besuchte - also alle - musste einen Zettel ausfüllen und so an einem Gewinnspiel teilnehmen. Was zu gewinnen war, wurde nicht preisgegeben, nur "dass es ein Sprungbrett für die Karriere des Gewinners oder der Gewinnerin" sein würde. Tja, also versammelte sich die komplette Schülerschaft in der Mittagspause und nach langem - aber nicht funktionierendem - Spannungsaufbauen, kam unsere Direktorin mit einem solchem Zettel, rief mich auf und der Alptraum begann- und wurde immer schlimmer. Denn als meine stinkreiche, pferdevernarrte Tante das erfuhr, wurde ich sofort zu ihrer Lieblingsnichte und schleppte mich durch sämtliche Reitläden und deckte mich mit allem ein, was ich brauchte. Zusätzlich hatte ich noch "für´s erste" 7500 Euro "Taschengeld" dabei, damit ich für mein Schulpferd irgendwas kaufen konnte...verrückt die Alte, einfach nur verrückt...
Und all das bestätigte nur meine Meinung: Reiten war was für Tussis.
Da es meinen Dad nicht mehr gab und meine Mum sowieso nur in der Arbeit war, hatte ich auch keinen Verbündeten gegen diesen Plan - also mich hierher zu schicken - und das komischste an der Sache war, dass am darauffolgenden Tag ein Brief von meiner Tante kam, den mir meine Mum richtig aus der Hand riss, als ich ihn ihr geben wollte. Dann verschwand sie in ihrem Schlafzimmer und meiner zehnjärigen - meist ziemlich nervigen - Schwester Lylian und mir blieb nichts anderes übrig, als uns ratlos anzustarren und dann schulterzuckend auf unsere Zimmer zu gehen. Als mich dann Heißhunger auf Schokolade ergriff und ich an der Tür von Mums Raum vorbeikam, sah ich, wie sie Geld zählte. Viel Geld. Geld, das nicht von uns war. Meine Tante hatte sie vermutlich bestochen. Aber ich schweifte ab.
Die Cowboys und Indianer in den alten Westernfilmen sahen echt cool aus, wenn sie immer im lässigen Sitz durch die Prärie ritten...also war Westernreiten wohl besser als das Normale - was auch immer das Normale war...
Anscheinend war ich in der Gunst der Sekretärin gestiegen, denn jetzt war ihr Blick wenigstens ein bisschen freundlicher, als sie mir eine Mappe gab, in der, wie sie erklärte, mein Stundenplan, Grundrisse und Karten des Haupthauses und aller Nebenhäuser, des Außengeländes, des Reitgeländes und wichtiges Zeug war.
An einem Haken an der Mappe hing auch mein Zimmerschlüssel, auf dem stand: ,313, Ost`
Aha! Ich wohnte also im Ostflügel...wenigstens etwas Gutes; im Osten ging doch die Sonne auf - oder...?!
Ich stopfte den Kram schnell in meine Umhängetasche, als die Sekretärin noch einmal etwas über die Theke reichte; einen flachen, weißen Gegenstand.
Mein Unterkiefer klappte herunter; es sah aus wie ein Tablet!
"Geh´ vorsichtig damit um. Du hast den Eponas-Organsiator nur während deines Aufenthaltes hier!", ermahnte die Frau mich noch, doch ich hatte mich bereits umgedreht und steuerte, den Blick auf den Eponas-Organisator- was für ein blöder Name- in meiner Hand, auf die Tür zu.
Die Sekretärin aber hing nun halb über der Tischplatte und riss mich zurück- und kugelte mir dabei fast den Arm aus- und keifte: "Halt! Hier ist noch dein Armband!"
Sie legte ein breites, weißes Armband mit einem Eponas-Wappen darauf, um meinen linken Arm und verschloss es- es lag kalt und unangenehm fest auf meiner Haut.
"Weitere Anweisungen findest du auf deinem Eponas- Organisator", murmelte die Sekretärin noch, als sie weiter auf ihrer Tastatur herumtippte.
Ich war entlassen!
Schnell hastete ich zur Tür und zog den Eponas-Organisator aus der Hülle.
Fasziniert fuhr ich über die Rückseite des Geräts, auf der das Eponas- Wappen abgebildet war, und begann dann, einen ,Power` -Knopf oder Ähnliches zu suchen.
Die Milchglastür des Sekretariats ging auf und der Junge von vorher trottete mit gesenktem Kopf heraus und wäre fast in mich hineingerannt.
"Ähm...hallo!", räusperte ich mich schnell und der Junge hob erschrocken den Kopf, seine dunkelblauen Augen weiteten sich, als er mich erblickte.
"Du...musst Evelynn sein", meinte er nach einer Weile.
"Ja, genau die bin ich", antwortete ich etwas trocken und der Junge zog erschrocken die Schultern hoch.
"Ich bin...Timotheo Altenburger. Nenn mich einfach Tim", brachte er dann hervor.
Ich streckte ihm meine Hand entgegen und meinte sarkastisch: "Willkommen im Club der tollen Vornamen!"
Er schüttelte diese zögerlich und ich fuhr fort: "Nenn mich bitte Lynn, ok?"
Tim nickte stumm; er schien allgemein nicht so viel zu reden.
"Sag mal, kennst du dich mit dem Zeugs hier aus? Ich bring das Teil einfach nicht an..."
Ich hatte scheinbar das richtige Thema getroffen, denn Tims Augen leuchteten auf, er lies die hochgezogenen Schultern sinken und strich sich die schokoladenbraunen Haarsträhnen aus dem Gesicht- er erinnterte mich an die Schildkröte meiner kleinen Schwester namens Lillifee, die aber schon vor einem Jahr gestorben war.
"Jeder hier hat einen Eponas- Organisator- wobei wir in Eponator oder einfach Epo nennen. Du musst dein Armband hier...", begann er zu erklären.
Plötzlich ging die Tür neben uns weit auf und ein großer, muskulößer Typ mit wuscheligen, goldblonden Haaren und markanten Gesichtszügen kam herausgestürmt. Ich wusste nicht warum, aber er kam mir so unwirklich, so faszinierend unatürlich vor.
Tims Hand, die sanft und sehr vorsichtig mein Handgelenkt umschlossen hatte, fuhr zurück- er verkroch sich wieder in seinem Schildkrötenpanzer.
"Ich schreib dir eine PN!", flüsterte er mit einem Blick auf die Zimmernummer auf meinem Schlüssel, der aus meiner Umhängetasche herausragte und verließ fluchtartig den Gang.
"Aha, Altenburger, hast dir mal schnell ein nichtsahnendes Mädchen geschnappt?", meinte der Typ, der nun mit verschränkten Armen vor mir stehen geblieben war, sarkastisch.
Ich wagte einen schnellen Blick auf sein Gesicht und erkannte, warum er mir so unwirklich vorgekommen war; seine Augen waren mehr giftgrün als hellgrün - vielleicht trug er ja Kontaktlinsen?!
Aufgrund seines Kommentars verlegte ich ihn aber schnell in die Kategorie ,selbstzufriedener Macho` und wollte es Tim gleichtun und abhauen.
Ich wirbelte zu meinen Koffern herum und wollte sie am Griff packen, vergaß jedoch den Epo in meiner rechten Hand und er fiel auf den Boden.
Moment mal - der Typ, der gerade noch mit verschränkten Armen vor mir gestanden hatte, hielt ihn mir lässig mit der linken Hand, an der auch ein Plastikband - allerdings ein grün-goldenes - hing und einem triumphierenden Lächeln im Gesicht entgegen!
Im Bruchteil einer Sekunde hatte er seine verschränkten Arme gelöst und den Epo einfach aufgefangen!
Etwas sprachlos starrte ich ihn an und nahm den Epo wieder an mich - er hatte sein Ziel erreicht und mich beeindruckt.
"Jetzt bist du mir aber was schuldig, Süße...", meinte er und bei seiner Stimme stellen sich die Haare auf meinen Armen auf.
Mist! Wieso machte ich das hier eigentlich? Ich konnte mich nicht bewegen, der Typ hatte mich im Griff, wie eine Marionette.
"Schon verstanden...du hast ein Problem mit deinem Epo?"
Endlich wanderte sein Blick von mir zum Epo in meiner Hand und ich konnte mich wieder rühren und meinen Mund aufmachen: "Erstens heiße ich nicht >Süße<, sondern Lynn und zweitens habe ich gar kein Problem mit meinem Dingsda, sondern..."
Sein Blick lag nun wieder auf meinem Gesicht und ich verstummte.
Er nahm mein linkes Handgelenkt wie Tim, bemerkte ich überrascht, doch dann wurde sein Griff fester und er führte meine Hand zwar nicht mit Gewalt, aber mit einem sicheren Griff an das Eponas-Symbol an der Rückseite meines Epos.
Der Bildschirm erwachte zum Leben und zeigte das Eponas-Wappen.
Langsam ließ er seinen Arm sinken und sah mich wieder an.
Ich spürte immer noch das Kribbeln in meinem Handgelenk, wo seine raue, mit Hornhaut überzogene Hand es berührt hatte.
"Der Rest wird in der Anleitung in deiner Mappe beschrieben...", meinte er mit einem Blick zu meiner Mappe und ein belustigtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er sah, wie ich den Schlüssel in die Tiefen meiner Tasche versenkte.
Mit einem Blick aus dem rießigen Fenster am anderen Ende des Ganges meinte er dann mit leichtem Bedauern in der Stimme: "Ich muss dann mal weiter, Lynn. Ich finde, unser Gespräch war sehr angenehm"
Dann drehte er sich schwungvoll um und ging mit federnden, großen Schritten die Gang hinunter.
Dann war er verschwunden- und ich allein mit meinen Gedanken.
Wie konnten Jungs wie Tim und der Typ von vorher- bei dem ich vergessen hatte, ihn zu fragen, wie er hieß- nur pferdevernarrt sein?
Wer war der Typ mit den giftgrünen Augen?
Würde ich sie wohl beide wiedersehen?
Und so weiter und so fort...
Schließlich raffte ich mich zusammen und zog den Grundriss des Haupthauses hervor, schnappte meine Koffer und begab mich auf die Suche nach meinem Zimmer.
Ich hastete durch verwinkelte Flure, schleppte meinen Koffer Treppen hoch und wieder runter, fuhr mit einem gläsernen Aufzug- in dem ich mich vor lauter Höhenangst fast übergeben hätte- und kam irgendwann keuchend vor einer Zimmertür an, auf der stand:
131
Unsicher klopfte ich und die Tür wurde stürmisch aufgerissen.
Mich musterte ein ungefähr 15 -jähriges, perfekt - aber auch übertrieben - gestyltes Mädchen, das ihre Haare ihn ein Handtuch eingewickelt hatte.
Ihr Gesichtsausdruck verwandelte sich von freudig in abfällig und sie fragte mich in einem verächtlichen Tonfall, den ich schon von der Sektretärin kannte: "Was willst du?"
"Hallo. Ich bin Lynn, vermutlich deine neue Zimmermitbewohnerin...", antwortete ich gefasst.
Das Mädchen schlug mir tatsächlich die Tür vor der Nase zu.
Ich stand noch ein paar Minuten baff vor der Tür, um Mut zu fassen, dann klopfte ich erneut und nach einer halben Ewigkeit, wie es mir schien, wurde die Tür geöffnet.
Diesmal von einem etwa dreizenjährigen Mädchen mit wilden, feuerroten Locken, das mir sofort sympatisch war, denn sie trug einen schlabbrigen Jogginganzug und hielt eine zerfledderte Ausgabe von ,Der Herr der Ringe- Die Rückkehr des Königs´ in der Hand.
"Oh, du musst Arwen (Arwen ist eine Figur aus Herr der Ringe) sein!", sie öffnete die Tür noch weiter, um mich hereinzulassen.
Ich starrte sie kurz entgeistert an, fing dann aber lauthals zu Lachen an.
Etwas entgeistert starrte sie mich an, bis sie ihren Versprecher bemerkte und in mein Lachen einstimmte: "Ich bin Lara. Wie du merkst, eine ziemliche Leseratte...wobei ich aber Angst vor Ratten habe..."
"Ich auch. Nenn mich bitte Lynn", mit diesen Worten folgte ich Lara in einen kleinen Flur.
Rechts von mir an der Wand hingen drei Haken für sämtliche Reitbekleidung und ein rießiger Spiegel, links eine Tür, vermutlich lag dahinter das Bad.
Immer noch lachend stellte ich die Koffer ab und folgte Lara durch einen kleinen Torbogen in einen durch eine halbhohe Mauer in zwei Teile geteilten, rießigen Raum. Links ging es in das Schlafzimmer, rechts in das Wohn- und Arbeitszimmer.
Lara und ich bogen rechts ein und ich sah mich schnell um; an die Trennwand waren drei kleine Schreibtische mit je einem ergonomischen Hocker geschoben, direkt rechts von mir stand eine L-förmige Coach und ein Caochtisch und an der rechten Wand standen einige Regale und Schränke, über denen ein Plasmafernseher hing.
Wir ließen uns auf die Coach fallen, wobei wir erst Tonnen von Pferde- und Modezeitschriften, Büchern und Klamotten beiseiteschieben mussten.
So fachsimpelten Lara und ich - zugegeben, ich war äußerst erleichtert über diesen leichten Einstieg - weiter und wir unterhielten uns prächtig, während ich durch die Glasfront gegenüber der Tür den Balkon, ausgestattet mit einem Tisch, einem Sofa und zwei Stühlen aus geflochtenem Holz, und das Gebiet und die Natur rund um das Internat bestaunte.
Irgendwann ging uns der Gesprächsstoff aus und ich fragte schnell, damit das Schweigen nicht unangenehm wurde: "Wer war eigentlich das Mädchen gerade, das im Bad verschwunden ist?"
"Unsere Zimmergenossin, Yvonne. Hast du die Abbildungen über dem Torbogen gerade gesehen?", stöhnte Lara und verdrehte die Augen.
Ich nickte: "Ja, das Wappen des Internats und darunter etwas krakeliges, grünes, mit viel Fantasie vielleicht ein Mistelzweig oder so..."
"Ja, Yvonne hat nur Jungs im Kopf. Wer sich unter einem Mistelzweig küsst, dessen Liebe soll ja ewig halten. Tja, und weil sie so dumm ist, schleppt sie jede Woche ihren neuesten Lover heimlich hier rein - Jungs dürfen eigentlich nicht in den Mädchenflügel - und knutscht ihn drunter ab!"
"Oh je..."
Lara nickte: "Das kannste laut sagen! Gerade dachte sie, du wärst ihr Date..."
"Und wen wollte sie treffen?", fragte ich.
"Aaron zu Falkenberg..."
"Der ist Adelig?!"
"Jep. Und ein Mädchenschwarm. Du weißt schon, groß, muskulös, wuschelige, blonde Haare...typisch eben"
Mein Herz schlug schneller: "Und welche Augenfarbe?"
Meine Augen hingen an Laras Lippen, als sie verwundert meinte: "Grün. Giftgrün. Wenn du mich frägst, trägt der Kontaktkinsen..."
Mir wurde schwindelig. Das war der Typ von vorher! Ich schloss die Augen, lehnte mich zurück und atmete tief durch den Mund ein und wieder aus.
"Lynn? Was ist denn?"
"Den Typen, Aaron, den hab ich heute schon getroffen!"
Laras Augen wurden größer: "Echt? Was hat er gesagt und gemacht?"
Ich zögerte kurz, rückte dann aber mit den gewünschten Information raus.
"Wow! Der weiß auf jeden Fall,wo du wohnst...vielleicht will er dich ja mal treffen!", schwärmte Lara, doch ich unterbrach sie: "Der ist ein Vollidiot!"
"Wer wagt es, Aaron einen Vollidioten zu nennen?!", plötzlich ertönte lautes Klappern und ich wusste, ohne mich umzudrehen, dass Yvonne im Anmarsch war.
Sie sah aus wie eine wütende Liebes- oder Rachegöttin, fiel mir auf und musste ein Lachen unterdrücken.
"Außerdem kommt er anscheinend nicht zu unserem Date, weil er dich Schlampe getroffen hat. Ich weiß gar nicht, warum er dich überhaupt bemerkt hat!"
"Ähm..Yvi, dein Kajal ist am linken Auge verwischt...", bemerkte Lara da mit einem schelmischen Grinsen und Yvonne stöckelte sofort in Richtung Bad zurück.
Ich atmete auf.
"Das fing ja mal gut an...komm, ich zeig dir jetzt mal das Schlafzimmer!", seufzte Lara und ich folgte ihr mit meinen Koffern.
"Der rießige Eckschrank wird von Yvi belegt, den mittleren da rechts benutze ich, du kannst die zwei kleinen da benutzen. Ich hoffe, das passt so...", erläuterte Lara.
"Ja. Mehr hab´ ich auch nicht dabei...", meinte ich und öffnete den ersten Koffer. Ich nahm mein Zeug raus und sortierte es in die Schränke ein.
Lara hatte sie mit meinen Lieblingsbüchern, die ich dabeihatte, auf das untere Bett des Stockbetts an der linken Wand verzogen.
"Cool!", freute sie sich und schlug das nächstbeste Buch auf.
Ich stellte mein Kulturtäschchen neben mich.
Dann zog ich das graue Bettzeug und meine Kuscheldecke mit dem Wolfskopf drauf hervor und fragte: "Und welches Bett gehört mir?"
Mein Blick huschte zweifelnd über das eine Bett, das wohl ein wenig zu breit für ein Einzelbett war und mit einem roten Baldachin vom restlichen Raum getrennt wurde und das Hochbett, neben dem mehrere über ein Meter hohe Bücherstapel lagen und scheinbar weder das untere, noch das obere Bett belegt war.
"Das obere. Wir haben das Bett, den Schreibttisch, den Stuhl und den Wandhaken erst heute Früh vor einer Stunde reingekrigt, ich konnte mein Bett also noch nicht machen...", Lara sah von ihrem Buch auf.
"Kann ich nicht auch unten schlafen? Ich...ich hab´ Höhenangst! Wirklich! Ich kann doch da oben nie einschlafen!", jammerte ich mit einem misstrauischen Blick auf das Holzbrett, dass vor dem Runterfallen berwahren sollte.
"Na dann erst recht! Dann ist es beim Reiten nicht mehr so schlimm!", meinte Lara nur sachlich und vertiefte sich wieder in das Buch.
Ich seufzte und kletterte umständlich die Leiter in mein zukünftiges Bett hinauf.
Immer schön festhalten...dann kann ich auch nicht runterfallen!
OH MEIN GOTT!!!
Ist das hoch!
Schnell lehnte ich mich wieder zurück.
Glücklicherweise waren Pferde kleiner- oder?!
Ich trug einen kleinen Kampf mit dem Bettzeug aus und saß schließlich auf meinem frisch bezogenem und gemachtem Bett und legte meinen Schlafanzug zusammen.
Ein lautes klack, klack, klack kündigte Yvonne an. Ich überlegte noch, ob ich mich nicht einfach verstecken sollte, entschied mich jedoch dagegen.
Ich kletterte einfach so schnell ich konnte, die Leiter hinunter und stürmte schnell mit dem Kulturbeutel in der Hand an Yvonne vorbei, als sie in den Raum kam.
Nachdem ich ins Bad gehastet war und die Tür zugeschlossen hatte, sah ich mich erstmal um; der Raum war in dunklen Brauntönen und strahlendem weiß gehalten.
Unter dem eckigen, großen Waschbecken direkt neben der Tür stand ein stylischer, dunkelbrauner Holzschrank. Über dem Waschbecken hing ein rießiger Spiegelschrank, überall waren Schminksachen zu finden. Durch eine halbhohe Ziegelsteinmauer vom Waschbecken getrennt befand sich die Badewanne, daneben die Dusche. An der gegenüberliegenden Wand befanden sich das Klo, ein WD und ein Handtuchtrockner.
Ich hängte meine Kulturtasche an einen Haken neben das Waschbecken und ging wieder zu den anderen.
Yvonne saß auf ihrem Bett und lackierte sich die Nägel knallrot. Als ich hereinkam bedachte sie mich nur mit einem bösen Blick.
Lara las und sah nicht einmal auf, als ich den zweiten Koffer öffnete.
Ich stapelte mein Reitzeug neben mir auf und füllte den zweiten Schrank damit.
Den ersten Schrank füllte ich noch mit einigen uralten Brett- und Kartenspielen, gebrauchten DVDs und CDs und sonstigen Sachen.
Irgendwann hörte ich Yvonne den Nagellack wegstellen und etwas versöhnlich in meine Richtung murmeln: "Aaron kommt heute wohl nicht mehr...na ja, jetzt bin ich wenigstens schön für´s Mittagessen..."
Ich nickte und zuckte zusammen, als plötzlich ein lauter Gong ertönte.
"Was war das denn jetzt?!",fragte ich entsetzt.
"Ein Gong", grinste Lara, sogar Yvonne grinste.
"Ja, so weit war ich auch schon...", seufzte ich.
"Der Gong ruft uns zum Mittagessen. Er gongt außerdem zum Frühstück und Abendessen und zu Schulbeginn um neun Uhr. Wir sollten jetzt runtergehen...", informierte Lara mich, während sie zu ihrem Schrank ging und etwas Umhangänliches hervorzog. "Uniform. Musst du während der Schulzeit- und irgendwelchen formellen Dingen- und des Essens tragen, sonst kannst du alles mögliche anziehen. Vorgeschrieben ist eine schwarze Hose, schwarze Schuhe und der Umhang..."
"Aha...das ist wohl dann das Ding in der Folie...", bemerkte ich, zog die Folie aus meinem Schrank und suchte noch schnell eine schwarze Jeans heraus.
Yvonne war in den Tiefen ihres Schrankes verschwunden, also nutzte ich die Zeit, um in Rekordschnelle meine Hose anzuziehen und mir dann von Lara in den Umhang helfen zu lassen.
Der Umhang war wirklich komisch; unten flatterte er um meine Beine und obenherum war er eng. Natürlich prangte das Eponas-Wappen darauf; direkt über dem Herzen des Trägers.
"Sooo...passt doch!", flötete Lara, als sie die Knöpfe, die der Umhang von Hals bis Bauch hatte, geschlossen hatte und ich mir die ausgetretenen, schwarzen Sneakers geschnürt hatte.
Etwas kritisch sah ich an mir herunter: "Na ja...außer, dass ich jetzt eher Professor Snape aus Harry Potter ähnle als einem Mädchen aus einem Reitinternat..."
Lara lachte, doch dann griff Yvonne ein: "Komm mal mit, Lynn, ich kann dir helfen!"
Sie hakte sich bei mir unter, schleppte mich ins Wohnzimmer und plazierte mich auf dem Hocker vor ihrem Schreibtisch- der wohl eher ein Schmink- und Frisiertisch war als alles andere.
Etwas unsanft, wie ich bemerkte, puderte sie meine Wangen, Stirn und den Hals, zog leicht rot meine Wangenknochen nach, trug ein wenig Wimperntusche und Kajal auf, fuhr mit einem Stift meine Augenbrauen nach und trug ein wenig blauen Lidschatten auf.
Ich öffnete die Augen und war begeistert; viel hatte Yvonne zwar nicht gemacht, aber es ließ mich um einiges attraktiver und lebendiger aussehen.
"D...danke, Yvonne! Das sieht super aus!", rief ich, doch sie hielt mir bereits eine rießige Auswahl von Lippenstiften und farbigen Labellos entgegen.
"Yvi. Nenn mich Yvi"
Ich nickte und wählte einen Labello mit Erdbeergeruch aus, der meine Lippen etwas rötlicher und leicht glitzernd machte.
Yvonne musterte mich eingehen und ich konnte sie jetzt einmal in Uniform bestaunen; der Enge Teil des Umhangs betonte ihre starken Rundungen und ihre Schlankheit und durch den weiten, unteren Teil stachen ihre dünnen, langen Beine noch stärker hervor.
"Das ist jetzt nur auf die Schnelle gemacht...also denk´ ja nicht, dass das alles ist was ich kann!", warnte mich Yvonne und war schon in Richtung Gang verschwunden.
Jetzt kam Lara um die Ecke und starrte mich kurz an.
Sie nickte anerkennend, ich nickte zurück; der schwarze Umhang brachte ihre wilde, rote Mähne und die strahlenden, hellblauen Augen sehr gut zur Geltung, dennoch behielt sie ihre lässige Austrahlung durch die schwarze Jogginghose.
Wir hakten uns unter und ich lies mich von Lara durch die Gänge führen.
Zahllose Schüler und Schülerinnen, ebenfalls in Uniformen drängten sich mit uns durch eine rießige, gläserne Tür in einen großen Saal, der mit Gruppentischen und Stühlen vollgestellt war. An der gegenüberliegenden Wand befand sich scheinbar die Essensausgabe, denn dorthin zog mich Lara jetzt und stellte sich mit mir in eine der drei Warteschlangen.
Mit einem Blick auf die rießigen Monitore über der Essensausgabe bemerkte ich: "Es gibt also drei verschiedene Gerichte?"
"Ja. Zum Frühstück gibt´s Büffet, zum Mittagessen kann man zwischen drei Gerichten wählen; zwei mit Fleisch und ein vegetarisches. Zum Abendessen kann man sich ein drei-Gänge-Menü zusammenstellen. Weil du neu bist, hast du natürlich noch nichts bestellt, weil du noch nicht registriert bist. Das machen wir, wenn wir wieder im Zimmer sind. Heute, zur Feier des Tages, hab ich mir mal ein Fleischgericht ausgesucht; Schwedisches Kötbullar mit Soße und Preiselbeeren!", informierte mich Lara.
Ich nickte: "Mmm ok. Aber was ist denn die Feier des Tages? Dass es Sonntag ist?"
"Jep. Ich esse eigentlich nur ein bis zwei Mal in der Woche Fleisch..."
"Eine Halbvegetarierin also?!", fragte ich ernst.
"Ja, so in der Art!", kicherte Lara, woraufhin ich auch grinsen musste.
Wir waren mittlerweile an der Reihe und schnappten uns jeweils ein Tablett.
Lara hielt ihr Plastikarmband an einen Scanner und die Frau hinter der Theke stellte ihr ein großes Glas und einen Teller mir Kötbullar aufs Tablett und Lara sah mich auffordernd an.
Zögerlich hielt ich mein Armband an den Scanner und die etwas dickere Frau hinter dem Tresen fragte mich freundlich: "Du bist Lynn, nicht wahr? Wie ich sehe, hat Lara dich unter ihre Fittiche genommen..."
Ich nickte und die Frau häufte mir etwas auf den Teller und stellte ein Glas auf mein Tablett: "So. Lara erklärt dir alles weitere. Viel Glück noch!"
Ich bedankte mich und folgte Lara zum Besteckwagen.
Wir nahmen uns Messer, Gabeln und Serviertten und füllten unsere Gläser mit Fanta auf.
"Unser Tisch ist da drüben!", erklärte Lara fröhlich und zerrte mich auch schon den Tisch. Leider war nur noch ein Platz frei.
"Mädels! Das ist Lynn. Ebenfalls ein Bücherwurm. Rückt mal ein bisschen zusammen!", kommandierte Lara und zog mir einen Stuhl heran, sodass ich mich setzen konnte.
"Also... Die kleine da neben dir ist Cornelia-also Conny. Und das da sind Sylvia-kurz Sylvi-, Elena und Larissa", stellte Lara mir die Mädchen vor. Conny war mit elf Jahren wohl die Jüngste, Larissa mit geschätzten siebzehn die Älteste.
Alle lächelten mich freundlich an und ich fühlte mich schon nicht mehr so unwohl.
"Stellt euch vor, Aaron ist tatsächlich nicht zu seinem Date mit Yvi gekommen!", grinste Lara schadenfroh.
"Fünf Euro her, Sylvie!", forderte Elena.
Mit einem geknicktem Gesichtsausdruck übergab Sylvia die Beute und erklärte mir dann: "Elena und ich haben gewettet, ob er kommt oder nicht. Wie du siehst, hab´ ich verloren..."
"Das beste kommt noch! Ratet mal, warum er nicht gekommen ist!", gestikulierte Lara wild.
"Er...musste auf´s Klo?!", begann Conny zu raten.
"Nein, nie und nimmer! Ist doch offensichtlich; er musste reiten!", unterbrach sie Elena fachmännisch.
"Nee! Was du sagst, stimmt sowieso net! Also...er hat kurzfristig was mit seinen Kumpels gemacht!", warf Sylvie ein.
"Lasst mich mal! Er hatte ein anderes Date!", schlug Larissa vor.
"Mehr oder weniger, Larissa. Er hat davor Lynn getroffen!", löste Lara auf und den anderen klappten die Kinnladen herunter und starrten mich mit großen Augen an.
"Na ja...das ist ja nicht sicher! Er könnte ja auch wirklich was mit seinen Kunpels gemacht haben oder reiten gegangen sein!", wehrte ich schnell ab und wurde feuerrot.
"Und? Was ist passiert? Ich meine, wie du Aaron getroffen hast...", fragte Larissa schließlich.
"Na ja...er kam aus dem Sekretariat..."
"Aus welchem?", unterbrach mich Sylvia sofort.
"Dem ersten. Dann wollte ich abhauen und hab den Epo in meiner Hand vergessen und fallen gelassen. Er hat es aufgefangen und mir entgegengehalten.."
"Wie hat er es aufgefangen?", fragte Elena.
"Na ja...voll schnell und lässig eben. Und dann hat er es mir so machohaft gegeben und gesagt ,Jetzt hast du was gut bei mir, Süße´..."
"Wow! Und was hast du dann gesagt?", stocherte Conny.
"Dass ich erstens nicht ,Süße´ heiße und gar kein Problem mit dem Epo hab´"
"Und was hat er dann gemacht?", erkundigte sich Larissa.
"Nur selbstzufrieden gegrinst und dann meine Hand mit dem Armband-dingsbums genommen und auf das Eponaswappen gehalten..."
"Ui! Wie war seine Hand? Warm oder kalt?", hakte diesmal Lara nach
"Mmm...weiß nicht mehr. Aber er hatte ´ne Hornhaut. Dann hat er aus dem Fenster geschaut, gesagt dass er weitermuss und unser Gespräch sehr angenehm fand und ist abgehauen..."
"Hat er nichts mehr gesagt oder so?", fragte Elena enttäuscht.
"Nein", schloss ich.
"Ein echtes Wunderkind, oder?", fragte Lara begeistert und die anderen nickten.
"Mal ein ganz anderes Thema; warum isst denn niemand?", wechselte ich das Thema und sah auf die Teller der anderen, die mit Salat, Schnitzel und Kötbullar gefüllt waren.
"Die Lehrer eröffnen das Essen...voll mittelalterlich...aber anscheinend Tradition! Na ja...es ist bei uns allerdings auch schon der erste Tag im neuen Halbjahr...", erklärte Conny. "Die Lehrer essen übrigens da oben...und die Elite da drüben..."
Ich folgte Connys Blick und entdeckte ein leicht erhöhtes Plateau, das durch eine Glaswand vom restlichen Raum abgetrennt war, in dem an einer großen Tafel bereits einige Lehrer saßen. Am Kopf des Tisches saß eine Frau mit silbergrauen Haaren und sturmgrauen Augen auf einem mit Gold verziertem Holzstuhl mit hoher Lehne und musterte mich ihrerseits.
Erschrocken fuhr ich zurück, neigte leicht den Kopf und drehte mich hastig um.
An der anderen Seite befand sich ebenfalls so ein Glasabteil mit einer Tafel für genau - ich zählte, verzählte mich und zählte nochmal - 34 Personen, wohl das Abteil für die sogenannte ,Elite´.
Es gongte ein zweites Mal.
Die anderen erzählten von ihren Lieblingsbüchern, doch ich hörte nur halb zu; meine Augen suchten nach den giftgrünen Aarons - vergeblich.
Mein Blick wanderte zur Tür, durch die nun ein letzter Nachzügler und die restlichen Lehrer und Lehrerinnen - ebenfalls in Uniform - kamen, an der Essensausgabe stand nun auch keiner mehr, nur die Angestellten, die wie alle anderen auf etwas zu warten schienen.
Es wurde mucksmäuschenstill, nur ab und zu war ein leises Schaben zu hören, wenn jemand seinen Stuhl näher an den Tisch zog.
Dann kam eine Gruppe von Schülern in V-Formation durch die Tür- die Elite.
Ihre Umhänge waren zwar schwarz, aber am Saum des Umhangs hatte jeder zwei andere Farben.
Atemlos sah ich zu, wie sie durch die Gänge schritten; hoheitsvoll, majestätisch.
Dann hefteten sich meine Augen auf einen großen, goldblondhaarigen Schüler, dessen Umhangsaum grün-golden war. Sein Kopf drehte sich in meine Richtung, seine giftgrünen Augen suchten die Menge ab- und fanden mich.
Aaron grinste verstohlen und ich wurde rot und senkte meine Augenlider.
Dann kam er beim Glasraum an und setzte sich direkt links neben den Schüler, der am einen Tischende saß.
Ich bemerkte erst, dass die Schulleiterin ihre Rede begonnen hatte, als Lara mich unsanft anstieß. "Aua!", beschwerte ich mich und drehte mich zur Schulleiterin - Frau Sanope - um. Es ging um das übliche; Anstand und so weiter.
Dann begrüßte sie einige andere- wohl ebenfalls neue Schülerinnen und Schüler- und schließlich mich.
Ich wurde rot und stand - wie die vorherigen Aufgerufenen auch - auf. Die anderen sahen zu mir, neigten den Kopf und klatschten. Ich setzte mich schnell wieder und mein Blick huschte automatisch zu Aaron, der betont langsam klatschte.
Schließlich wünschte uns Frau Sanope - was war das denn für ein blöder Name? - einen guten Appetit und wir begannen mit Heißhunger zu essen.
Das Essen schmeckte ausgezeichnet - es war wahrscheinlich auch von irgendeinem Gourmetkoch oder so - und ich verschlang fast die ganze Portion. Die anderen an meinem Tisch, bemerkte ich, aßen alle auf.
"Später, wenn du im Mensasystem eingeloggt bist, rechnen die mithilfe einer Blutprobe aus, wie viel du jeden Tag isst und bekommst immer die passende Menge!", bemerkte Lara, die sich zurückgelehnt hatte und zufrieden Löcher in die Decke starrte.
Als alle fertig waren, brachten wir unsere Tabletts zum Tablettwagen und Lara und die anderen führten mich in einen Aufenthaltsraum.
"Es gibt viele Aufenthaltsräume hier...geschätzte zehn. In jedem Aufenthaltsraum gibt´s Sofas, Tische, Stühle, eben alles, was man sonst in einem Wohnzimmer stehen hat...", erklärte Lara und schob mich in den Raum. Wir ließen uns auf ein Sofa fallen und Lara stellte mir einige wichtige Schüler vor.
Nach einer dreiviertelden Stunde schaute Lara auf ihre Uhr: "Wir müssen dann weiter, Leute! Macht´s gut, man sieht sich!"
Ich verabschiedete mich ebenfalls und wir gingen zurück in unser Zimmer; Yvonne war noch nicht da. Lara verschwand im Bad und ich zog mir den Umhang und die Schuhe aus. ich holte meinen Epo hervor und machte es mir auf der Caoch bequem.
Kurz darauf kam Lara herein, setzte sich neben mich und schaltete den Fernseher ein.
"Oh, Liveübertragung von der deutschen Meisterschaft im Cutting!", freute sich Lara und fügte hinzu, als sie meinen ratlosen Gesichtsausdruck bemerkte. "Cutting ist eine Disziplin im Westernreiten. Die Reiter und ihre Pferde müssen ein Kalb mit einer bestimmten Zahl von den anderen trennen und in den Pferch da treiben. Das ist allerdings gar nicht so einfach, weil die Kälber- auch Fersen genannt- ja ausweichen. Und dann kommt dieses ganz berühmte von rechts nach links springen von den Pferden!"
Ich nickte, klang ziemlich kompliziert.
Gerade kam ein neuer Reiter auf einem dunkelbraunen Pferd herein.
"Ein Quarter Horse. Gut erkennbar an dem kurzen Kopf, den mittelgroßen Augen und Ohren, der breiten Stirn, dem langem, beweglichen Hals, dem gut ausgeprägten Widerrist, der breiten, tiefen Brust, den schrägen Schultern, der abfallenden Kruppe, dem tief angesetzten Schweif, den muskulösen Beine mit kräftigen Sprunggelenken und den kleinen, harten Hufen", zählte Lara aus dem Stegreif auf und überraschte mich- das hatte ich von ihr nicht erwartet.
Die Nummer des Kalbs wurde angesagt und als der Reiter sein Pferd über eine Linie lenkte, wurde die Zeit gestoppt. Zielstrebig lenkte der Reiter sein Pferd in die Herde der Kälber hinein, die sich daraufhin spaltete, das Kalb mit der Nummer 5 lief nach links und das Pferd spaltete die linke Gruppe wieder. Langsam spaltete das Pferd die kleine Herde immer wieder und trieb das Kalb Nummer 5 schließlich in die Ecke und von dort in den Pferch.
"Wow! Das schaut richtig cool aus!", bemerkte ich.
"Das schaut nicht nur cool aus, das ist auch cool! Wenn auch sehr anstrengend, bis man so weit kommt...", fügte Lara hinzu.
"Du...du reitest Western?!", fragte ich.
"Jep. Was ist denn daran so schlimm?", bejahte Lara.
"Ich hab beim Anmeldeformular beim Stil ,Westernreiten´ angegeben..."
"Tja...dann lernst du auch Westernreiten! Ist doch super!", freute sich Lara.
"Jaaa...schon...", nickte ich. "Also, wie geht das jetzt mit dem Dingsda?"
"Ich würde sagen, wir richten den Epo erstmal ein...", schlug Lara vor und tat das dann auch.
Als Hintergrundbild fotografierten wir kurzerhand meine Bücher, Lara erstellte mir ein Postfach (in dem sofort eine Nachricht erschien) und einen Ordner für die Schule, in den sie sämtliche Lehrbücher verschob, meldete mich bei Skype an (was wohl in war, im Internat) und so weiter.
Eine Stunde später war Lara einigermaßen zufrieden: "So. Jetzt passt´s für´s erste. Ich muss jetzt mal nach Polarlicht schauen...ich fürchte, du musst jetzt dann zum Blutabnehmen und so weiter, kannst also nicht mitkommen...Ich bin in einer Stunde bis einandhalb Stunden wieder da!"
Mit diesen Worten zog sie sich ihre Reitklamotten an -ein rot-weiß kariertes Hemd, eine Jeans mit breitem Ledergürtel und großer Metallschnalle, Lederstiefel an denen stumpf aussehende Sporen klirrten und einen Cowboyhut -und verschwand.
Der Epo in meiner Hand vibrierte und das Nachrichtensymbol erschien.
Schnell tippte ich es an und die Nachricht erschien:
Liebe Evelynn,
bitte komme in zehn Minuten in die Krankenstation.
Eine Karte ist beigefügt.
Mit herzlichen Grüßen,
Schulsanitätsleiterin, Frau Meier
Wahrscheinlich wegen dem Blutabnehmen...
Also zwängte ich mich wieder in den Umhang, öffnete die Karte und begab mich in den Gang, in dem sich die Krankenstation befand.
Ich öffnete zögerlich die Tür neben der stand ,Krankenstation´ und befand mich in einer Art Wartezimmer; an zwei Wände waren Stühle geschoben, an den Wänden hingen Wissensposter, in einem Eck stand ein Tisch mit Zeitschriften und die gegenüberliegende Wand bestand aus Milchglas. Außer mir saßen noch zwei Mädchen und ein Junge dort auf den Plastikstühlen. Eine ganz in weiß gekleidete Frau kam herein und rief eines der Mädchen und den Jungen auf.
Ich schaltete den Epo an und bemerkte, dass ich ganze fünf Minuten zu früh war.
Also öffnete ich die erste Nachricht - sie war von Tim:
Hey Lynn!
Ich wollte nur fragen, wie es dir geht, wie deine Zimmermitbewohnerinnen sind und wie du die Begegnung mit Aaron überlebt hast...
LG,
Dein Tim
Ich musste grinsen und antwortete (es dauerte ganze drei Minuten, bis ich den Text getippt hatte!):
Hey Tim!
Schön von dir zu lesen ;-).
Mir geht´s gut; ich sitze gerade im Wartezimmer der Krankenstation.
Meine eine Zimmermitbewohnerin, Lara, ist voll nett. Sie ist auch ´ne Leseratte und reitet auch Western. Wir verstehen uns echt gut.
Die andere, Yvonne, geht so...ich denke, du kennst sie...
Wie du merkst, ich leb´ noch. Aber irgendwie ist Aaron mir unheimlich! Er gehört sogar zur Elite!
Kannst du mir bitte genau erklären, was die Elite ist, wie man da reinkommt, usw. ???
LG,
Lynn
Wenige Sekunden, nachdem ich meine Nachricht abgeschickt hatte, kam auch schon die nächste von Tim:
Was machst du denn in der Krankenstation?!
Ist dir was passiert???
Ich musste mir ein Lachen unterdrücken; er machte sich richtig Sorgen um mich!
Ruhig Blut, Tim (im wahrsten Sinne des Wortes) !
Ich muss zum Blutabnehmen und so weiter, wie jeder Neuling!
Kurz darauf antwortete Tim wieder:
Ah...ok, fast vergessen xD
Also...es gibt mehr oder weniger zwei Eliten; in der einen- bestehend aus angeblichen 13 Mitgliedern, es sind aber immer weniger (maximal 12)- sind meistens nur Mädchen, in der anderen- bestehend aus 21 Mitgliedern- sind nur Jungs.
Wie man da aufgenommen wird, hab ich keine Ahnung...vermutlich, wenn du bei den monatlichen Turnieren überragend abschneidest oder so...
Die Elite wird von der Direktorin, den Lehrern und allen Angestellten bervorzugt und hat Extrarechte:
-sie dürfen erst nach dem zweiten Gong zum Essen und zum Unterricht kommen
-sie haben am Saum vom Umhang veriable Farben
-sie haben Privatreitlehrer und von denen auch nur die Besten der Besten
-sie haben mehrere Pferde (bis zu drei!)
-sie haben ihre eigene Reithalle, einen eigenen Reitplatz und einen eigenen Stall
- und so weiter...
Niemand weiß wirklich, was die Elite ist...die sind wirklich komisch...
Jeder, den du danach fragst, wird dir was anderes erzählen...
Bist du auch in Skype? Wenn ja, schick mir mal deine Kontaktdaten!
Und noch was; in welcher Klasse bist du?
Ich schrieb in Rekordtempo zurück:
Aha...ok...danke für die umfangreiche Information!
Und ja, ich bin in Skype- Lara hat mich angemeldet- mein Name:
Lynn Blitzberger 16
Einen Moment...ich muss meinen Stundenplan mal suchen...ich weiß gar nicht, wo Lara den hinverschoben hat...
Mmm...ok...in die 10a, wieso fragst du?
Ich sah gerade noch, dass Tim zurückgeschrieben hatte, dann wurde die Tür geöffnet und die Helferin rief mich und das andere Mädchen auf.
Schnell verstaute ich den Epo in der praktischen Innentasche meines Umhangs und folgte der Frau. Wir kamen in einen weiteren Flur und die Helferin brachte erst das Mädchen und dann mich in unterschiedliche Untersuchungszimmer.
Ich setzte mich auf den Untersuchungstisch und sah mich um; neben der Tür standen zwei Stühle, an der mir gegenüber liegenden Wand standen ein Schreibtisch mit einem Computer, eine Waage und ein Messgerät. An der Wand gegenüber der Tür, also links von mir, befanden sich ein Schrank und eine Ablage.
Dann ging die Tür auf und eine junge, blonde Frau im Doktorkittel kam herein.
"Hallo, Evelynn. Ich bin Frau Walter. Ich mache jetzt die Anfangsuntersuchung bei dir, das heißt; das übliche und Blutabnehmen...", fing sie sofort zum Sprechen an, schüttelte meine Hand und tippte etwas in den Computer ein.
"Du kannst zum Abhören schon Mal den Umhang und dein Oberteil ausziehen...", wies sich mich kurz an und ich zog mich brav aus, auch wenn es mir peinlich war, nur im BH dazusitzen.
Glücklicherweise überstand ich das schnell und konnte meine Bluse wieder anziehen. Dann prüfte sie Ärztin noch meine Ohren und meinen Mund und ich musste meinen Umhang wieder anziehen, weil wir in den Blutabnahmeraum gehen mussten.
Wir standen schon halb im Flur, als Frau Walter mich wieder ins Zimmer zog- nicht einen Moment zu früh, denn jetzt schoben zwei Arzthelferinnen im halsbrecherischen Tempo ein Krankenbett vorbei.
Ihnen folgte eine Gruppe Jungs; ihre Umhangsäume gaben sie als Mitglieder der Elite aus.
Das Krankenbett wurde in ein Zimmer gebracht und die Elitemitglieder versammelten sich davor.
Ich wollte schon wieder auf den Gang hinaustreten, doch ich verzog mich schnell wieder in den Türrahmen; jetzt hetzten drei weitere Elitemitglieder den Gang zu den anderen hinauf.
Ich erkannte Aaron unter ihnen - Schon wieder! Traf man sich hier denn wirklich an jeder Ecken, das Internat war doch rießig!? - er sah verschwitzt aus, seine Haare fielen ihm wirr ins Gesicht. Sein Gesicht war merkwürdig verzerrt, seine Schultern wütend hochgezogen. Er schien mich nicht zu bemerkten; seine Hände spielten krampfhaft mit etwas silbernen an seinem Gürtel; vermutlich ein Handy oder ähnliches.
Die Ärztin zog mich schnell in den Blutabnahmeraum.
Ich setzte mich in den Stuhl und schloss schnell meine Augen, als ich die Nadel sah, mit der Fr. Walter jetzt herumhantierte- ich hasste Blutabnehmen; ich konnte Blut allgemein nicht wirklich ausstehen, am meisten Angst hatte ich noch dazu vor meinem eigenen!
Ich verbrachte die restliche Zeit damit, mir auszumalen, was mit dem Schüler oder der Schülerin passiert ist.
Möglichkeit 1:
Der Schüler (gehen wir einfach davon aus, dass es ein Schüler ist, weil ja der männliche Teil der Elite hinterhergestürmt ist) wollte sein Pferd von der Weide oder aus dem Stall holen und es hat ihn überrannt.
Möglichkeit 2:
Er hat sein Pferd irgendwo hingeführt, es ist gestiegen und ihm mit den Hufen die Wirbelsäule oder so zertrümmert.
Möglichkeit 3:
Der Schüler hat seinem Pferd die Hufe ausgekratzt und es hat ihm die Hand oder den Fuß gequetscht, indem es einfach draufgetreten ist.
Möglichkeit 4:
Der Schüler wollte auf sein gesatteltes Pferd steigen, das plötzlich losgaloppierte. Der Fuß des Schülers verhakte sich im Steigbügel und er wurde mitgeschleift und dabei verletzt.
Möglichkeit 5:
Der Schüler war reiten und...
"...,ok?", ich hörte Frau Walter.
Ich schlug verwirrt die Augen auf: "Was? Ähm, entschuldigung, ich war ein wenig in Gedanken versunken..."
"Du kannst jetzt auf dein Zimmer gehen, aber wenn dir schwindelig, schlecht oder was weiß ich wird, musst du dich sofort melden, ok?", widerholte sie, schüttelte meine Hand und verließ das Zimmer, ohne auf meine Antwort zu warten.
Ich schaltete meinen Epo wieder ein und lies mich zurück in mein Zimmer navigieren, wo ich mich seufzend aufs Sofa fallen ließ.
Mir fiel wieder ein, dass Tim mir ja zurückgeschrieben hatte, ich die Nachricht aber noch nicht gelesen hatte, also öffnete ich sie:
Cool, dann sind wir in derselben Klasse!
Wir könnten uns ja dann mal treffen, damit ich dir sagen kann, was wir schon alles hatten...
Cool...
Ja, gute Idee...
Wann?
Wo?
In 10 Minuten.
Zimmer 313, Ost.
OK?
OK.
Freu mich :-)
Ich mich auch xD
Schnell begann ich, die Zeitschriften auf der Coach zu Stapeln zu schichten und in das Regal zu wuchten, die Kleidungsstücke - die laut der Größe ausschließlich Yvonne gehörten - warf ich auf deren Bett. Ich schüttelte die zerknautschten Kissen aus und legte sie sorgfältig wieder hin und wischte den gläsernen Wohnzimmertisch mit einem Lappen, den ich im Schrank unter dem Waschbecken gefunden hatte, sauber.
Dann wischte ich noch vorsichtig den Staub von den Büchern, Zeitschriften und dem anderen Kram - Pferdstatuen, DVDs, Bilder usw. - und rückte alles gerade. Danach säuberte ich die Schreibttische und widmete mich dann grob dem Gang; stellte die Schuhe ordentlich hin, hängte die Reitsachen ordentlich an die Haken - teilweise hob ich auch Dinge auf und hängte sie erst auf. Mit irgendeinem Putzmittel wischte ich dann noch über den Spiegel, dann klopfte es auch schon.
Hastig warf ich den Lappen mitsamt Putzmittel ins Bad, schob mir ein Haarband über dir wirren Haare, strich kurz meinen Jogginganzug glatt und ließ dann Tim- bewaffnet mit seinem Epo und einem dicken Ordener- herein.
Ich musste mir ein Kichern unterdrücken; Tim hatte seinen Umhang angezogen...
"Hi, Lynn", er grinste etwas verlegen und ich riss mich zusammen: "Hi, Tim. Echt nett von dir, dass du mir helfen willst..."
Er wurde leicht rot und ich führte ihn schnell ins Wohnzimmer.
Wir gingen den bereits behandelten Stoff schnell durch und waren fast fertig, als Yvonne hereinkam. Sie grinste nur verstohlen, als sie uns sah.
"Yvi...ich werde in Tims Klasse gehen, er erklärt mir nur, was ich schon wissen muss!", erläuterte ich nüchtern, während Tim rot wurde und die Schultern hochzog.
Yvonne nickte und verschwand im Schlafzimmer.
Etwas leiser und unsicherer fuhr Tim fort und wir bekamen den Stoff durch, bevor Yvonne uns noch einmal störte, stattdessen kam zum Schluss Lara in voller Reitausrüstung herein.
"Na, wer hat hier denn so aufgeräumt für den Gast?", fragte sie leicht spöttisch grinsend, nachdem sie Tim begrüßt hatte.
Jetzt konnte ich nicht verhindern, dass ich leicht rot wurde: "Keine Ahnung, aber ich konnte Tim doch nicht unsere vermüllte Bude zeigen, oder? Und außerdem werde ich in Tims Klasse gehen und er erklärt mir, was ich schon alles wissen muss!"
Lara grinste nur weiter und fragte dann: "Und wie weit seid ihr?"
Fragend sah ich zu Tim herüber, der seinen Ordner wieder zusammenpackte: "Fertig. Wir sind fertig. Den Stoff habe ich dir ja schon auf den Epo geschoben..."
"Super! Ich wollte dir gerade das Außengelände zeigen...Kommst du mit, Tim?", fragte Lara heiter.
"Ähm...lieber nicht. Muss noch was für Morgen lernen...", murmelte dieser und stand auf.
Etwas betröppelt stand ich dazwischen und meinte dann unbeholfen: "Jaaa...dann Tschau und danke für deine Hilfe, Tim..."
"Gerne. Bis morgen...", antwortete Tim, verabschiedete sich von Lara und verschwand.
"So. Dann zieh dich mal um, wir machen eine Rundtour!", grinste Lara und machte eine scheuchende Bewegung mit ihrer Hand.
"Jaja...schon unterwegs, Herrin und Gebieterin", murmelte ich sarkastisch und zog mich um Bad um.
"Westernausrüstung steht dir bestimmt besser...", bemerkte Lara kritisch, als ich mich vor dem Spiegel hin- und herdrehte.
Sie hatte Recht; die enge, beige Reithose, das weiße Oberteil und die braun-karierte Weste standen mir nicht besonders gut...und die Reitstiefel erst Recht nicht.
Lange konnte ich mich jedoch nicht anschauen, denn Lara stülpte mir kurzerhand den Reithelm über und zog mich in den Flur und von dort nach draußen.
Das Grundstück hatte gigantische Außmaße, das musste man dem Internat schon lassen- wenn sie nicht überall irgendwas für Pferde draufgebaut hätten; ich meine, ein Fußballstadion, eine rießige Bibliothek mit Außenanlage oder ein Schwimmbad hätte es doch auch getan?!
Lara hakte sich bei mir unter und begann munter aufzuzählen, was das Internat alles zu bieten hatte; 9 Sektoren mit Pferdeanlagen, auf denen alles zu finden war, was man brauchte.
Ich hoffte inbrünstig, dass Lara mir nicht das ganze Gelände zeigen wollte, dann hatte ich mir nämlich die Füße abgelaufen.
Meine Hoffnung lohnte sich; Lara hielt nun schnurstracks auf einen Offenstall zu. Auch wenn ich ein ungutes Gefühl im Magen hatte, folgte ich ihr. Lara öffnete vorsichtig die Tür zum Offenstall und schob mich mit hinein. Nachdem sie die Tür wieder sorgfältig geschlossen hatte, zog sie mich auf die angrenzende Weide. Die Augen stur auf den Boden gerichtet, fragte ich: "Hier steht doch kein Pferd, oder?"
"Natürlich steht hier ein Pferd. DEIN Pferd. Miss Grey", erklärte Lara leicht entsetzt. "Schau sie dir doch wenigstens an!"
Vorsichtig hob ich meinen Blick und blickte direkt in ein graues, längliches Gesicht.
Vor Schreck hätte ich fast einen Schrei ausgestoßen, doch ich unterdrückte ihn. Miss Grey stand direkt vor mir und sah mich aus sanften, braunen Augen an. Ihr Fell war mausgrau und ihre Mähne besaß einen sehr dunklen Grauton.
Vorsichtig stupste Miss Grey mich an und ich hob langsam meinen Arm, um ihr zögerlich von der Stirn zur Nase zu streicheln und dann ihren Hals zu kraulen.
Miss Grey schnaubte wohlig und Lara lächelte anerkennend: "Miss Grey ist ein Quarterhorse und somit besonders für´s Westernreiten geeignet. Sie stammt von einer sehr guten Linie ab und zeichnet sich durch ihre Willigkeit und ihre sanfte und leichte Art aus. Du wist dich schnell mit ihr anfreunden...Gut. Genug geschmust, wir machen einen Spaziergang!"
Energisch holte sie ein Halfter und einen Strick aus einem Schrank im Vorraum des Offenstalls und streifte Miss Grey - die willig ihren Kopf hinhielt - das Halfter über.
"Das Pferd geht immer rechts, leicht nach hinten versetzt von dir. Wenn du stehen bleibst, wird Miss Grey auch stehen bleiben. Es ist ganz einfach. Los!", mit diesen Worten drückte sie mir den Strick in die Hand und bedeutete mir, ihr zu folgen. Unschlüssig drehte ich mich zu Miss Grey um und folgte Lara dann.
Es war ungewohnt, aber wirklich einfach, Miss Grey zu führen.
Ihre Ohren waren nach vorne gerichtet und gespitzt, ein Zeichen von Aufmerksamkeit, wie mir Lara erklärte.
Nicht weit von Miss Greys Stall entfernt, begann der Wald. Lara, Miss Grey und ich spazierten gemächlich am Waldrand entlang.
"Mir tun die Füße weh!", jammerte ich irgendwann- diese Schuhe waren aber wirklich unerträglich!
"Dann machen wir eine Pause", Lara deutete auf einen umgestürzten Baumstamm und wir setzten uns. Kurzerhand nahm ich Miss Greys Strick ganz am Ende, damit sie friedlich neben uns grasen konnte.
Während wir uns ausruhten, gab mir Lara eine kleine Stunde ,Verhalten der Pferde´:" Ohren und Augen spielen eine sehr wichtige Rolle - und sind am einfachsten zu deuten. Körperhaltung ist schwieriger zu deuten. Sie drücken ihre Gefühle damit aus. Ein Pferd, das die Ohren nach vorne oder zu dir gedreht hat, hört dir zu und ist aufmerksam, während ein Pferd, das die Ohren locker zu Seite hängen lässt, die Augen halb oder ganz geschlossen hat, vielleicht einen Huf etwas entlastet und die Unterlippe hängen lässt, döst oder entspannt. Ängstliche Pferde legen die Ohren an, zeigen viel weiß der Augen, wiehern ängstlich und sind angespannt. Wenn Pferde agressiv oder genervt sind, legen sie die Ohren flach an den Kopf, tragen den Kopf hoch, beißen, treten oder steigen und wiehern aufgebracht..."
Das ging dann immer so weiter, bis ich ungefähr anhand von Ohrenstellung, Augen und Körperhaltung unterscheiden konnte, ob ein Pferd agressiv oder ägstlich, gut oder schlecht gelaunt war.
Lara klopfte sich auf die Oberschenkel und stand auf: "Dann satteln wir die Hühner und reiten zur Ranch! Oder so in der Art. Beweg dein Hinterteil, Lynn!"
Ich stöhnte auf, als ich mich hochstemmte: "Boa! Meine Füße tuen immer noch weh. Die Stiefel sind Schrott!"
"Na dann. Ich bitte aufzusteigen...", Lara nahm mir Miss Greys Strick aus der Hand und machte eine Räuberleiter.
"Ähm...meinst du das jetzt ernst?", fragte ich perplex und erhob mich endgültig.
Lara lachte: "Was soll ich denn sonst meinen? Du sollst dir einen Helm aufsetzen, aber nur zum Schmuck?!"
Ich schluckte, nahm meinen Mut zusammen und ließ mich von Lara auf Miss Grey hieven. Schnell schnappte ich mir ein paar Mähnenhaare und hielt mich daran fest. Ich wagte einen raschen Blick nach unten. Hochbetten waren also wirklich höher als Pferderücken. Gut.
"Und was soll ich jetzt machen?"
"Sitzen bleiben und nicht runterfallen", grinste Lara und sie setzte sich mitsamt Miss Grey in Bewegung. Ich schnappte nach Luft und krallte mich in Miss Greys Mähne fest. OMG, ich war ja noch nie mit einem Schiff gefahren, aber so musste sich Wellengang anfühlen.
"Tief ein- und ausatmen. Leicht zurücklehen, dann kann man leichter sitzen bleiben. Notfalls an der Mähne festhalten- aber vorsichtig!", kamen Ratschläge von Lara.
Ich bemühte mich, Laras Tipps Folge zu leisten und schaffte es auch einigermaßen.
Als wir wieder bei Miss Greys Stall angekommen waren, konnte ich die Hände sogar schon fast (! Nur fast) von ihrer Mähne lösen.
"Und absteigen!", kommandierte Lara.
"Wie geht das denn schon wieder?"
"Ganz einfach. Ein Bein über die Kruppe- ach komm schon! Kruppe entspricht Hinterteil!- schwingen und runterspringen", erklärte Lara.
Ich schwang also ein Bein über Miss Greys Kruppe und sprang herunter.
Lara fing mich gerade noch auf, sonst wäre ich wohl im Gras gelandet. Mir war schwindelig, doch Lara drückte mir bereits Miss Greys Strick in die Hand und deutete auf den Anbindering an der Vorderwand von Miss Greys Stall: "Bitte anbinden. Kannst du den Sicherheitsknoten, mit denen man Pferde normalerweise anbindet? Nein? Ok. Es ist ganz einfach; Strick durch den Ring führen, den Strick quer drüberlegen und von hinten wieder durchfädeln, sodass eine Schlaufe entsteht, ein bis drei Mal den Strick um die Schlaufe wickeln, den Strick durch die Schlaufe führen, sodass wieder eine Schlaufe entsteht. Wenn du jetzt unten anziehst, löst sich der Knoten"
Zugegeben- ohne die Tatsache, dass Lara alles zeigte, was sie erklärte, hätte ich das nie verstanden.
Aber so meisterte ich Laras Aufgabe für mich, fünfmal den Knoten zu machen und wieder zu lösen, in nur zweieinhalb Minuten! Das war äußerst schnell dafür, dass ich jedes mal erst überlegen musste, von ich jetzt den Strick wieder wo durch ziehen musste...
Zeit zum Ausruhen ließ mir Lara aber nicht; jetzt stellte sie einen Putzkasten neben mir auf den Boden und erklärte mir, was was ist und was man damit anstellt: "Zu allererst: Ein Hufauskratzer. Damit holst du Steine und Dreck aus dem Pferdehuf. Miss Grey, Fuß! Fein! Also...du siehst hier ein V. Das ist der sogenannte ,Strahl´. Das Kommando ist bei jedem Pferd anders, viele reagieren auf ,Fuß´, ,Huf´, ,Hoch´ oder sonstwas. Immer hilft aber das Streichen von der Schulter oder Flanke - kennst du, oder? Nein?! Das hier - bis zum Fesselgelenk - das hier. Notfalls benutzt man eben eine Gerte und tippt den Huf an... Dann das hier: Eine Kardätsche. Eine grobe Bürste, zum Rausbürsten vom groben Schmutz. Am Besten verwendet man bei einem dreckigen Pferd die Kombination aus einer Kardätsche und einer Plastikbürste. Die Beine und den Kopf putzt man mit dieser feinen, weichen Bürste. Für Mähne und Schweif kann man Kardätsche, irgendeneiner anderen Bürste oder einen Kamm - was aber nur bei sehr wenigen Pferden funktioniert - benutzen. Jaaa...das war das wichtigste. Alles verstanden? Dann putz mal los!"
Nach Laras Erklärung waren zumindest schon mal alle vier Hufe und Beine sauber, der Kopf und Schweif und Mähne. Und eine Seite. Die andere Seite putzte ich.
Keuchend gab ich Lara die Bürsten zurück: "Puh. Ganz schön anstrengend..."
"Tja. So ist das eben...Ui...es ist ja schon fünf Uhr! Um sieben Uhr gibt es Essen, um acht Uhr dreißig darf man sich nur noch im eigenen Zimmer aufhalten. Um zehn Uhr ist Bettruhe. Dann führ´ doch mal Miss Grey zurück, damit wir auf´s Zimmer gehen können!"
Brav brachte ich Miss Grey zurück, die zufrieden schnaubte und sich über ihr Heu - oder was auch immer das war - hermachte.
Zum Abschied klopfte ich ihr auf die Flanke und dann gingen Lara und ich zurück.
"Na, war doch gar nicht mal so schlecht, oder", fragte Lara, während wir uns umzogen.
"Mmmja...", meine Stimme kam dumpf durch das goldbraune Oberteil, das ich gerade anzog.
"Morgen hast du deine erst Reitstunde! Das wird vielleicht spannend...", frohlockte Lara und quasselte sofort weiter. "Wir sollten dir jetzt was zum Abendessen bestellen..."
Schnell tippte Lara auf meinem Epo herum und zeigte mir dann die Auswahl:
Vorspeisen:
-Nr. 1: Kleiner, selbstgemischter Salat
-Nr. 2: Tomate-Mozeralla
-Nr. 3: Ein Obst (1 Banane oder 1 Apfel oder 2 Orangen/Mandarinen)
Hauptspeisen:
-Nr. 1: Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat, Ketchup und kleiner Beilage
-Nr. 2: Portion Käsespätzle mit kleiner Beilage
-Nr. 3: Ein großer Salat
Nachspeisen:
-Nr. 1: Kleiner Eisbecher mit einer kleinen Kugel Vanille-, Schoko- und Erdbeereis
-Nr. 2: Ein Stück Schwarzwälderkirschtorte
-Nr. 3: Ein Crepe mit Zimtzucker
Ich wählte mir als Vorspeise den Salat, zur Hauptspeise die Spätzle und zum Nachtisch den Crepe aus.
Schließlich schlug Lara vor, ein wenig Mensch-ärgere-dich-nicht zu spielen und wir amüsierten uns prächtig.
Als Yvonne wieder hereinkam, räumten wir das Zeug schnell zusammen und zwängten uns in unsere Umhänge.
Nachdem wir uns alle schwarze Schuhe angezogen hatten - Lara und ich Sneakers, Yvonne Plateau-Schuhe - marschierten wir in den Speisesaal.
Wir hatten gerade die Glastür passiert, als es auch schon das erste Mal gongte. Lara und ich reihten uns in die Schlange an den Essensausgaben ein, während Yvonne zu ihrer Clique stöckelte.
Ich war nach Lara an der Reihe und hielt ebenfalls mein Armband unter den Scanner. Die Frau mittleren Alters hinter der Theke musterte mich unwillig und knallte mir den Teller mit den Spätzle und dem Crepe und ein Glas auf das Tablett.
Ungerührt schob ich mein Tablett weiter und füllte mir Sprite in mein Glas, holte mir Besteck und eine Serviette und ging dann mit Lara an die Theke mit dem Salat.
Schließlich saßen wir mit den anderen an ,unserem´ Tisch.
Die anderen erzählten von dem Ausritt, den sie heute unternommen hatten und Lara erzählte von Polarlicht und wie es ihr heute ginge.
Das Essen verlief ereignislos - abgesehen von der Tatsache, dass drei männliche Elitemitglieder fehlten. Aaron war nicht unter den Fehlenden - Verdammt! Wieso dachte ich eigentlich immer an Aaron?! - , aß aber wie die anderen wenig und stocherte nur in seinem Essen herum.
Lara und ich blieben nicht lange; nachdem wir aufgegessen hatten, gingen wir schnell wieder auf unser Zimmer. Da es erst acht Uhr war, schauten wir noch ein bisschen Fernseh - es kam irgendein Film mit vielen Westernreitern.
Als der Film zu Ende war, gingen Lara und ich ins Bett, während Yvonne noch den nächsten Film ansah.
"Don´t gimme that! Take my money, take my car, but don´t take my guitar! Take my body, take my soul, but don´t take my Rock´n´Roll! Don´t gimme-"
"Aufhören! Ich bin ja schon wach!", stöhnte ich auf.
Ein verschlafender Blick nach unten zeigte mir, dass Yvonne bereits im Bad verschwunden war. Lara dagegen grinste mir von unten entgegen und schwenkte ihr Handy: "Ich dachte, du wirst nie wieder wach! Aber dafür gibt´s ein ultimatives Mittel!"
Ich musste trotz der Tatsache, dass ich ein riesiger Morgenmuffel war, grinsen.
"Und jetzt raus aus dem Bett, umziehen, Zähne putzen, frisieren und zum Essen gehen!", kommandierte Lara, die sich gerade umzog. Ich verzog das Gesicht und quälte mich unendlich langsam die lebensgefährliche Treppe des Hochbettes herunter.
Ich war sogar einigermaßen ausgeschlafen - für die Verhältnisse natürlich!
Als ich endlich umgezogen war, war das Bad immer noch besetzt.
"Das ist jedes Mal so..." Lara sah mich fast entschuldigend an. "Zeig´ doch mal deinen Stundenplan her!"
Ich holte meinen Epo wie geheißen aus der Brusttasche meines Umhangs - der sogar vorbildlich auf einem Bügel hing - und Lara nickte mitleidig: "Puh...da hast du aber was vor dir; erst Deutsch, dann Mathe, dann eine Stunde Musik, endlich Mittag, und dann Physik! Was schaust du denn so? Ach, hier gibt´s eigentlich nur Doppelstunden...nur in bestimmen Nebenfächern wie Musik, Religion und so gibt´s einzelne Stunden..."
Lara erklärte mir noch schnell, wie der Unterricht ablief; im Prinzip ganz normal, bloß dass alles hochmodern war und man keinerlei Material abgesehen vom Epo brauchte - auf dem schrieb man nämlich alles mit, auf den schicken die Lehrer die Dateien die zu lernen sind und so weiter und so fort.
Endlich waren wir an der Reihe und betraten das Bad.
Als wir kurze Zeit später wieder herauskamen, waren meine Haare an den Seiten eingeflochten und vereinten sich ganz unten.
Dann gingen wir zum Frühstück, das ganz normal ablief - abgesehen davon, dass schon wieder drei Elitemitglieder fehlten, wieder drei Jungs.
Ich dachte mir nichts dabei.
Als es mal wieder gongte stand ich bereits neben der Glastür und wartete auf Tim.
Der kam mir jetzt lächelnd entgegen und begrüßte mich schwungvoll: "Guten Morgen, Lynn! Na, schon aufgeregt?"
Etwas verdattert sah ich ihn an-er war doch sonst nicht so?!- und antwortete: "Morgen. Und; nee...ich schlaf noch..."
Tim grinste, mittlerweile waren wir im sogenannten Schultrakt des Internats, dem Nordflügel. Wir kamen an den Musik-, Kunst- und Physiksälen vorbei und passierten die Klassenzimmer der anderen und standen schließlich vor der Tür unseres Klassenzimmers, wie das Schild daneben verriet: ,Klasse 10a´.
Mit einer galanten Geste lies Tim mir den Vortritt und schob mich mehr oder weniger in das Klassenzimmer.
Es sah gut aus, das musste man schon sagen; der Raum war stufenförmig aufgebaut; vorne an der Wand hing ein Smartboard, daneben stand ein kleiner Tisch mit Computer für den Lehrer und an der gegenüberliegenden Seite befand sich ein Schrank und eine kleine Garderobe. Ungefähr in der Mitte des Raumes begann die Treppe, auf jeder Stufe waren auf jeder Seite drei kleine Tische und kinosesselähnliche Stühle angebracht, deren Sitzfläche man herunterklappen musste. Links gab es anstatt einer Wand eine Fensterfront, rechts war die Wand kahl.
Alle anderen Schüler waren schon da und gafften mich mit einer Mischung aus unverhohlener Abneigung (das war allerdings noch maßlos untertrieben) und Neugierde an.
Ich lies mich neben Tim auf den Fensterplatz der zweiten Reihe fallen und wartete, bis die Lehrerin, Fr. Hohenberger, uns begrüßte und der Unterricht begann.
Der war gar nicht mal so langweilig, denn ich hatte Mühe, alles so schnell mitzutippen.
Ich bemerkte, dass Frau Hohenberger mich verstärkt dran nahm - ich wusste sogar so gut wie alles - und mich beobachtete. Dabei dachte ich mir ebenfalls nichts, schließlich war ich neu.
Außerdem wurde wir im Unterricht mit unserem Nachnamen angesprochen. Das klang vielleicht komisch; Fräulein Blitzberger, Frau Blitzberger, Miss Blitzberger, Blitzberger- Frau Hohenberger variierte ständig.
Der Matheunterricht verlief ähnlich, nur dass er viel komplizierter war und ich wie immer nichts verstand.
Dann stand Musik auf dem Stundenplan und wir wechselten in einen der drei Musiksäle. Ich folgte Tim wie gehabt, doch diesmal setzte er einen zerknirschten Gesichtsausdruck auf.
"Sorry. In den meisten Nebenfächern sitze ich neben einem meiner Zimmermitbewohner..."
"Ah...ok...dann suche ich mir einfach nen anderen Platz...", murmelte ich.
In dem Moment kam unser Lehrer, Herr Viole- wie passend...er hatte auch die Form einer Violine, wenn man sich seine Figur ansah- herein, lächelte mir freundlich zu und meinte: "Hallo, Fräulein Blitzberger! Herzlich Willkommen im Musiksaal. Setzen sie sich doch bitte da hinten links neben Herrn zu Falkenberg. Aber stellen Sie bitte nicht zu viel Unfug an, sondern passt auf. Und vielleicht können Sie den Herrn ja mal zur Vernunft bringen, damit er endlich mal aufpasst und nicht immer schläft oder irgendetwas auf seinem Epo herumkritzelt..."
Also hielt ich auf die letzte Reihe neben dem Fenster zu und erstarrte ganz plötzlich. Denn der "Herr zu Falkenberg" war ja kein anderer als Aaron, der lässig auf seinem Stuhl saß und selbstgefällig grinste, als er meine Reaktion sah. Schnell sah ich zu Boden und konnte mich endlich wieder bewegen. Ich setzte mich neben Aaron und heftete meinen Blick ganz bewusst auf Herrn Viole.
"Hat das Fräulein Blitzberger denn gar keinen Anstand? Wie wär´s mit einem
,Hallo´ ?", fragte Aaron gespielt enttäuscht.
"Hi", murmelte ich, den Blick immer noch nach vorne gerichtet.
Eine viertelte Stunde hielt ich das aus, schließlich drehte ich Aaron doch meinen Kopf zu.
Der grinste schief und flüsterte beinahe mitleidig: "Oh, ich vergaß. Es ist ja total schrecklich für dich, dass du ausgerechnet neben mich gesetzt wurdest. Mein Beileid. Nur irgendwie verstehe ich das nicht... alle anderen Mädchen haben versucht, sich neben mich zu setzten - hätten dafür Mord begangen - und du tust so, als säße der Mörder deines Vaters direkt neben dir! Erklär´ mir das bitte!"
"Erstens, mein Vater wurde nicht ermordet. Und zweitens, könntest du mal bitte die Klappe halten?!", zischte ich. Dass er wusste, dass mein Vater tot war, obwohl ich niemanden davon erzählt hatte, fiel mir gar nicht auf. Ich war nur zornig, dass die Erwähnung meines Vater mich immer noch so durcheinanderbrachte; er war schließlich schon fast zehn Jahre tot und ein Selbstmörder, der meine Mutter in den Ruin getrieben hatte!
"Oh ha! Wir haben hier eine Streberin! Will das Fräulein Streberin dem armen, armen Herrn-in-so-gut-wie-allen-Nebenfächern-außer-Sport-durchgefallen mal helfen?", höhnte er leise.
"Du? Durchgefallen? In den Nebenfächern? Glaub ich nicht!"
"Doch, wirklich. Hab´ wohl zu viel trainiert...", antwortete Aaron diesmal todernst.
"Was trainiert?", ich wurde wider Willen neugierig.
"Ach...Sport...und...reiten...", wich Aaron aus, was ich gar nicht bemerkte, denn seine giftgrünen Augen fixierte mal wieder meine und ich konnte nichts anderes tun, als seine Augen zu bewundern und mir vorzustellen, wie es wäre, diesen Augen ganz nah zu sein.
Seine Augen wanderten nach unten - meine ebenfalls und ich sah mich an der geschwungenen Linie seiner Lippen und allen anderen wunderschönen, markanten Linien seines Gesichts, bis hin zum Hals satt.
"Was starrst du mich so an?", fragte er schließlich.
Ich wollte schon erwidern: "Dasselbe könnte ich dich fragen!", doch dann bemerkte ich, dass Herr Viole hinter mir stand.
Schuldbewusst sah ich zu Boden.
"Können Sie meine Fragen beantworten, Frau Blitzberger?", fragte dieser jetzt argwöhnisch.
"Ähm...also...Moment...ich muss kurz überlegen...", stotterte ich und sah Aaron vorwurfsvoll an.
Aaron starrte mich aber nur an und hielt meine Augen (mal) wieder gefangen. Ich blinzelte und wollte mich wieder abwenden, als seine Augen plötzlich einen noch intensiveren Grünton annahmen, zu leuchten anfingen und die dunkelgrünen und goldenen Sprenkel rund um seine Iris sich wie ein Rad um die Iris zu drehen begannen und ich das Gefühl hatte, in einen Tunnel zu fallen.
Er hat gefragt, was du über Ludwig van Beethofen weißt...sag´ ihm, dass er taub wurde, er unter anderem die 7. Sinfonie geschrieben hat und erzähl ihm kurz die Geschichte mit seinem Neffen oder wer das war..., hörte ich plötzlich Aarons sanfte, aber bestimmte Stimme in meinem Kopf. Ein zweiter Blick auf seine Lippen genügte, um festzustellen, dass er die Lippen nicht bewegt hatte und tatsächlich in meinem Kopf gesprochen hatte.
"Ähm...also...er wurde als Erwachsener taub und schrieb unter anderem die 7. Sinfonie...", dann fasste ich noch kurz seine Geschichte zusammen.
Herr Violes Augen wurde größer, doch er nickte zufrieden und schwirrte wieder ab.
Sofort fuhr ich wieder zu Aaron herum: "Was war das denn?"
"Was?", fragte er völlig perplex.
"Na das!", ich gestikulierte wie wild.
"Ich weiß nicht, wovon du redest...", murmelte er und starrte mich - irgendwie süß - an.
"Du weißt es ganz genau!", protestierte ich und verengte meine Augen zu Schlitzen.
"Mmm...Ich weiß wirklich nicht...", meinte er und zuckte hilflos mit den Schultern.
Als es gongte, gab ich schließlich auf.
"Also dann...bis später! Wir treffen uns in Physik...wo du leider Gottes wieder neben mir sitzen musst!", er setzte wieder sein altbekanntes, blödes Grinsen auf und verschwand mit weit ausgreifenden Schritten.
Ich sah ihm kurz hinterher und gesellte mich zu Tim und seinen Kumpels - besser die, als wie ein dummes Schäfchen im Gang herumstehen und warten, bis irgendjemand einen abholt!
"Oh, Lynn! Scheinbar hast du die Stunde überlebt! Darf ich vorstellen? Das hier ist Mark und das hier Jason", er deutete auf seine beiden Freunde.
Ich nickte beiden zu und folgte ihnen vor die Tür, wo mich glücklicherweise schon Lara erwartete.
Schnell fasste ich den Unterricht zusammen und wir schlenderten nachdem es das erste Mal zum Mittagessen gegongt hatte, in den Speisesaal.
Die restliche Mittagspause verbrachten wir zusammen auf unserem Zimmer und machten unsere wenigen Hausaufgaben.
Als der Nachmittagsunterricht endlich vorbei war - ich starb fast, als mir klar wurde, dass ich sogar weniger wusste als Aaron, der ja durchgefallen war - hatten wir eine dreistündige Pause bis zum Reitunterricht.
Doch langweilig wurde uns kein bisschen, denn Lara schnappte sich meine Reitausrüstung, den dazugehörigen Kassenbon und, nicht zu vergessen, mich - und wir fuhren mit dem Bus zum nächsten Krämer, der eigentlich nicht weit entfernt lag.
Also tauschten wir alles gegen Westernausrüstung aus, besorgten noch Leckerlies und Lara zeigte mir alles, was der Laden zu bieten hatte. Zum Schluss konnte ich aber dann doch nicht mehr aufpassen; in einer halben Stunde begann der Reitunterricht und meine Knie waren schon ganz zittrig.
Lara bemerkte das anfangs gar nicht; sie war so sehr mit ihrem Gequassel beschäftigt. Doch schließlich sah sie mich an und umarmte mich: "Du schaffst das schon, Lynn - Ich meine, wenn ich Yvi das kann..."
Wir gingen zur Kasse, ich bezahlte noch was drauf- puh, ganz schön teuer, so eine Westernausrüstung !- und ich bekam eine Krämer Bronze-Card - keine Ahnung, was das schon wieder war, aber Laras Reaktion nach zu urteilen, etwas Gutes.
Der Bus fuhr viel zu schnell und wir sprinteten meiner Meinung nach auf unser Zimmer, wo wir uns umzogen und Lara vergeblich versuchte, mich mit irgendwelchen Pannen aus ihrer Anfängerzeit aufzuheitern.
Auf meinem Epo erschien dann eine Nachricht von meiner zukünftigen Einzelstunden-Reitlehrerin, Frau Noack, dass sie mich bereits vor Miss Greys Stall erwartete.
Lara drückte mich vor der Tür nochmal und dann gingen wir getrennte Wege zu unseren Pferden - ich hatte mich zweimal verlaufen, aber dann dummerweise doch noch den Weg gefunden...
Eine wasserstoffblonde, noch in den dreißigern steckende Frau mit Cowboyhut und nettem Lächeln erwartete mich dort und begrüßte mich freundlich: "Hey, Evelynn. Hierher! Ich bin Felicitas Noack, nenn mich einfach Feli, ok?"
Ich nickte etwas zaghaft und sie drückte mir bereits ein Halfter in die Hand.
Oh je...das ging aber schnell! Miss Grey war aber brav und so konnte ich ihr relativ schnell das Halfter überstreifen und zumachen.
Wieder bei Felicitas musste ich mir nochmals den Anbindeknoten zeigen lassen, den ich mit einiger Mühe nachbastelte.
Es folgte eine kurze Verschnaufpause, dann das Putzen. Glücklicherweise half mir meine Lehrerin und so überlebte ich auch das.
Mit einer Gerte und Miss Grey bewaffnet folgte ich ihr dann in die Halle des Sektors.
"Hier können wir ungestört anfangen", erklärte Felicitas und fuhrt fort. "Die heutige Stunde besteht aus drei Teilen. Zuerst sage ich dir, was du alles lernen wirst, dann fangen wir mit Bodenarbeit an und schließlich hockst du dich ein bisschen auf´s Pferd, damit du ein Gefühl für Miss Grey entwickelst...Also, Ziel der ersten Stunden wird sein, dass du Vertrauen gewinnst, von der Longe wegkommst und frei reiten kannst. Dann kommen Bahnfiguren, Sitz und Tempo, schließlich Trab. Zum Schluss des Jahres solltest du eine unabhängige Hand haben und Miss Grey in Schritt, Trab, bei ein bisschen Galopp und bei kurzen Ausritten im Griff haben. Grob war´s das...dann legen wir los - Bodenarbeit. Bodenarbeit bildet die Grundlage zu allem, was du lernen wirst. Die meisten Übungen werden wir zuerst vom Boden aus durchnehmen, so lernen du und dein Pferd alles besser, könnt darauf zurückgreifen. Zuallererst solltest du Miss Grey in ein zügiges Tempo bringen- schau, sie schläft schon halb! Und nicht vergessen: Aufrechte Körperhaltung, Pferde erkennen genau, was du damit ausdrückst!"
Ich verstand wirklich nur die Hälfte, aber nicke fleißig und versuchte, es ihr Recht zu machen.
Feli lief neben mir her, als ich Miss Grey am "Hufschlag" - komisches Wort... - entlangführte und gab mir Tipps und Anweisungen. Das war eigentlich einfach, das konnte bestimmt jeder - ok, abgesehen davon, dass ich einmal fast über eine Stange auf dem Boden stolperte, weil ich so mit der aufrechten Haltung beschäftigt war...
Wir übten Anhalten und wieder Losgehen, die Gerte brauchte ich nicht, denn Miss Grey war wirklich fantastisch.
Dann kamen wir auch schon zu Teil zwei, dem "Auf-dem-Pferd-Hocken" - sehr vornehm ausgedrückt.
Nachdem Felicitas mir es nochmals erklärt hatte, band ich mein Pferd - oh mein Gott; ich dachte schon ,mein´ Pferd und noch gestern hatte ich panische Angst vor solchen Viechern... - an einem Ring neben dem Eingang an und meine Lehrerin holte von der Zuschauertribüne einen Westernsattel. Mein Augen wurden größer; der Sattel war echt schön verziehrt...na ja, als sie mir erklärte, wie man den Sattel auflegte; also zuerst das ,Pad´, die Satteldecke, und dann den Sattel, war er mir schon nicht mehr so sympatisch. Glücklicherweise gurtete sie den Sattel und es gab eine Aufsteighilfe, die ich mit leicht wackeligen Knien erklomm; hier, mit meiner Lehrerin, war das was ganz anderes und ich wollte nichts peinliches anstellen.
Trotzdem schaffte ich es, gleich zu Anfang in das erste Fettnäpfchen zu treten.
...Autsch! Das tat weh!
“Evelynn, lass dich das nächste Mal bitte langsam in den Sattel sinken, auch Miss Grey spürt das in ihrem Rücken!”
Ich wurde rot und nickte mit gesenktem Kopf; das war doch logisch, warum hatte ich daran nicht gedacht?! Feli sah mich aber nur warm an und ermunterte mich: “Jeder fängt einmal klein an, Evelynn. Du kannst nicht gleich perfekt sein! Also. Dann setz dich aufrecht hin, leg deine Hände auf den Sattelknauf und lass deine Fersen sinken. Genau so! Jetzt noch die Hüfte eindrehen, einfach die Füße ,nach innen fallen lassen´. Perfekt. Das sind die Grundkriterien des Sitzes. Und immer schön auf deinen vier Buchstaben sitzen bleiben!"
Mit diesen Worten ging sie los und auch das Pferd unter mir bewegte sich. Kurz umklammerte ich erschrocken den Sattelknauf; das war schon wieder ungewohnt - aber definitiv besser als auf dem bloßen Pferderücken. Der Sattel war eindeutig bequem und vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit, die Steigbügel waren zwar komisch; richtig kastenartig, aber angenehm. Ich atmete tief und erleichtert aus; ich würde diese Stunde tatsächlich überleben!
Pötzlich wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Miss Grey stehen blieb und Tadel von vorne kam, weil ich halb auf dem grauen Hals vor mir lag.
"Du hast ausgeatmet und dich relativ entspannt; ein Zeichen für Miss Grey, stehen zu bleiben...Also, wieder aufrichten und weiter geht´s!"
Ich verzog das Gesicht, aber folgte ihrer Anweisung. Es passierte nicht mehr viel; die Stute trug mich über eine Reihe von Stangen, wir blieben ein paar mal stehen und ging wieder weiter und Felicitas zeigte mir ein paar Bahnfiguren im voraus, die sie dann gleich abging.
"So...das reicht auch schon für heute. Und damit du planen kannst, in Zukunft werden unsere Stunden - die an allen Tagen außer Sonntag stattfinden - drei Stunden dauern; eine halbe Stunde Theorie, eine dreiviertelde bis ganze Stunde Bodenarbeit und der Rest richtiges Reiten. Für die Theorie kannst du mal auf die Seite vom Internat selbst gehen, da steht alles nochmal drin. Dann einmal absteigen bitte", erklärte Feli munter. Ich schielte nach unten und schwang langsam einen Fuß über Miss Greys Kruppe - hey, ich wusste den Fachausdruck noch! - und ging die Aufstiegshilfe herunter.
Dann führten wir die Gute zurück, sattelten sie ab und auf Felicitas´ Hinweis hin kratzte ich meinem Schulpferd noch die Hufe aus. Ich streichelte sie kurz und brachte sie dann in ihren Stall.
Da Sattel und Putzbox schon verräumt waren, verabschiedete ich mich nur noch von Feli und ging zurück auf mein Zimmer - genauer gesagt, zur Zimmertür, denn ich bekam diese nicht auf. Na super, ich bekam meine eigene Zimmertür nicht auf und stand deshalb zwischen einem Lach- und Heulkrampf. Ich ließ mich am Türrahm hinuntersinken, setzte mich und zog die Knie an. Toll, ich würde also hier sitzen und auf Lara oder Yvi warten. Ich verschränkte die Arme im Nacken und wartete. Und wartete. Und wartete. Schließlich taten meine Arme weh und ich dehnte sie nach oben durch. Ein leises Piepen, das aus dem Türrahmen kam, lies mich zusammenzucken und neugierig werden. Da war tatächlich ein kleines Display und eine mattschwarze Fläche. Scanner bereit stand auf dem Minidisplay und mir ging ein Licht auf; das Armband an die Scannfläche und schon ging die Tür auf. Seufz, ich und Technik...
Da ich allein war, stellte ich mich erstmal unter die Dusche und lies das heiße Wasser auf meinen verspannten Nacken prasseln. Genießerisch schloss ich die Augen, trocknete mich dann nach einer Ewigkeit doch noch widerwillig ab und schlüpfte in meinen Jogginganzug.
Wieder im Wohnzimmer nahm ich meinen Epo und setzte mich mit diesem auf die Caoch. Ich las die neuen Nachrichten von Tim, beantwortete diese und rief dann kurz Zuhause an.
Kaum hatte ich aufgelegt, kam auch schon Yvi herein und verschwand auf direktem Weg im Bad. Ich zuckte die Schultern und nahm mir eins von Laras abgegriffenen Büchern. Dessen Besitzerin trudelte dann auch ein und strahlte mich an: "Und, wie war´s?"
Ich grinste zurück und begann gleich von dem Sattel zu schwärmen. Lara lachte und klopfte mir auf die Schulter: "Schau. Nicht verzagen, Lara fragen. Genau das habe ich gesagt!"
Da machte auch schon der Gong uns aufmerksam, wir zogen uns um und gingen zum Essen. Dort musste ich natürlich von meiner Stunde erzählen und alle waren total erfreut darüber, dass ich so glücklich war. Es war richtig ansteckend und ich konnte gar nicht mehr aufhören, zu grinsen.
So ging mein erster Tag gar nicht mal so schlecht zu Ende...
Die nächsten zwei Wochen verliefen ähnlich; Schule, Mittagspause, Nachmittagsunterricht und dann Lernen und Reiten - und Abends todmüde ins Bett fallen.
Aarons Frage nach der Nachhilfe sowie die komische Sache im Musikunterricht geriet in Vergessenheit und wir neckten uns ständig im Unterricht.
Mit Tim schrieb und lernte ich regelmäßig, Lara und ich machten sowieso viel miteinander und Yvonne sah ich so gut wie nie.
Abgesehen von dem ganzen Schulstoff, den ich nicht verstand, war alles gut, denn auch das Reiten fiel mir immer leichter; mittlerweile konnte ich mit Miss Grey vom Boden aus rückwärts, seitwärts und durch Tore gehen und von oben allein, ohne geführt zu werden, reiten – ja ok, nur außen am Hufschlag entlang, aber immerhin. Felicitas ging alles schön locker an und ich fühlte mich auch relativ wohl in ihrem Unterricht. Solange wir uns in der kleinen, geschlossenen Reithalle und allein waren, konnte ich relativ viel des Gelernten, doch sobald ich mit Pferd auf uneingezäuntes oder mit Menschen besiedeltes Terrain kam, ging nichts mehr. Das machte mir ganz schön zu schaffen... - es verfolgte mich bis in meine Träume! Grr...
Es war Sonntag; keine Schule, kein Reiten. Nachdem ich von zehn bis zwölf gelernt und Lara in der Zeit gelesen hatte, beschlossen wir, zu den Pferden zu gehen - dachte ich zumindest. Denn sobald wir bei Polarlicht, Laras Norwegerstute waren, weihte sie mich in ihren Plan ein; sie wollte mit mir ausreiten und schickte mich zu Miss Grey, um sie fertig dafür zu machen.
Oha, da war sie wieder, meine Angst.
Mit zitternden Händen holte ich also die Ausrüstung meiner Schulstute, putzte sie und hievte dann den Sattel nach oben. Drei Anläufe brauchte ich, bis der Sattel zufriedenstellend saß und der Sattelgurt richtig gefädelt war. Als Lara kam, setzte ich mir gerade den Hut auf und trenste Miss Grey auf. Meine Freundin schnallte ihr dann noch über die Trense das Halfter, nahm den Strick und half mir, aufzusitzen. Wir waren fertig und Lara hatte meine Stute sicherheitshalber noch am Halfter; ich würde es schon schaffen.
Gleichzeitig richteten wir uns auf und die Pferde setzten sich in Bewegung - immer noch ein komisches, aber nicht mehr ganz so angstauslösendes Gefühl.
Meine Hände schlossen sich fest um die ledernen Zügel, deren Enden zu beiden Seiten über Miss Greys Schultern hingen.
„Lass ihr doch ein bisschen Freiraum, wir bleiben vorerst auf dem Schulgelände“, riet mir Lara, die Polarlicht locker einhändig steuerte. Ein paar Zentimeter mehr gewährte ich meiner Stute, doch sie machte weiterhin keine Anstalten, loszugaloppieren oder sonst was anzustellen.
Lara plapperte sofort los: „Ich dachte mir, wir könnten uns heute mal den Sektor - “
„Was ist denn jetzt schon wieder ein Sektor?!“, so sehr ich auch in meinem Kopf kramte, ich wusste es nicht mehr. Ich hatte wirklich Recht mit meiner Absicht, dass Reiten und die anspruchsvolle Schule viel zu viel war, um es nebeneinander lernen zu können...
„Das habe ich dir doch schon vor zwei Wochen gesagt! Das Schulgelände ist in Sektoren aufgeteilt, zu jedem Sektor gehört ein Stall, ein Reitplatz, eine Reithalle, eine Sattel- und Futterkammer, ein Putzplatz, ein Misthaufen, ein Round Pen, eine Führanlage und natürlich Weiden, die aber außerhalb des Sektors liegen. Ein Sektor ist quasi ein kompletter Reiterhof. Sonst würde das hier alles nicht klappen...“
„Ach ja...stimmt...und die Elite hat natürlich einen eigenen, hochmodernen Sektor, stimmt´s oder hab´ ich Recht?“
„Einen Sektor, das stimmt, aber ich habe keine Ahnung, wie´s da drin aussieht. Es gibt da eine unausgesprochene Regel, dass normale Schüler und Schülerinnen da nicht reindürfen. Und eben deshalb wollte ich den heute mit dir anschauen, durch die weißen Steinmauern sieht man je nichts. Wenn wir erwischt werden, dann wusstest du´s eben nicht und irgendwie kommen wir dann schon wieder raus...“, Lara strahlte und ich nickte bloß – sie hatte ständig so was vor. Ich ergab mich – ich hatte sowieso keine Chance - meinem Schicksal und wir ritten durch das Pferdetor in den ,verbotenen´ Sektor. An sich sah es dort genauso aus, wie bei uns auch, nur gab es alles doppelt; zwei Ställe, zwei Führanlagen, usw. - und es herrschte Totenstille. Niemand war da, sehr komisch. Ein Blick auf die Uhr sagte mir aber, dass gerade die Zeit war, zu der sich die Elite immer irgendwo versammelte – natürlich war auch das wieder ein großes Geheimnis. Wir standen zwischen den beiden Anbindebalken und ich seufzte: „Toll. Jetzt können wir wieder...“
Mein Unterkiefer klappte nach unten, als mein Blick über den Sandboden und zum Reitplatz schweifte – und gefangengehalten wurde. Kontaktlinsenaugen, blonde Haare – Aaron schon wieder. Shit, ich dachte, ich war langsam immun dagegen! Schnell zwang ich meine Augen nach unten, auf das Pferd, von dem Aaron getragen wurde. Im Licht der Sonne schimmerte dessen Fell golden, es war mittelgroß und wurde unter einem Sattel geritten, der meinem Westernsattel sehr ähnlich war. Doch das war nicht das komischste; Aaron trug unter dem linken Arm eine lange Holzstange – das aber wie Metall das Sonnenlicht reflektierte! Ich kniff die Augen zusammen. Moment mal! Das war gar keine Holzstange, das war - „Wow! Aaron reitet die Doma Vaquera, den Spanischen Reitstil! Der Stab ist bis zu vier Meter lang und heißt Garrocha, damit treiben die Viehhirten ihre Tiere an und verteidigen sich notfalls. Verdammt, der schaut in unsere Richtung, los, wir hauen ab!“, riss mich Laras Stimme aus den Gedanken. Ich wendete aber Miss Grey nicht sofort, sondern vergewisserte mich, dass ich nicht geträumt hatte. Der Stab war tatsächlich aus Metall – und hatte vorne eine Klinge! Ich schüttelte den Kopf und folgte Lara. Ich wurde verrückt!
Diese ganze Geheimnistuerei um die Elite machte einen ja ganz wirr!
Als ich den Blick wieder nach vorne richtete, wurde ich noch blasser; wir ritten geradewegs auf den Wald zu. „Ähm...Lara, meinst du nicht, dass ich noch zu unerfahren bin, um im Wald zu Reiten?!“
Zur Antwort schwenkte diese bloß nach links ab. „Wir reiten einmal ums Gelände. Schön im Schritt, damit die Pferde sich ein wenig bewegt haben, aber am Montag trotzdem fit sind und du dich entspannen kannst.“
Ich wurde ein bisschen ruhiger, als Lara zum Reden anfing: „Eigentlich hat sich das mit dem Sektor der Elite gar nicht gelohnt – wir waren ja nicht mal zehn Minuten drin - ...na ja, wenigstens kennst du jetzt die Spanische Reitweise – oder hast sie zumindest gesehen. Aber wer konnte schon wissen, dass er die Eliteversammlung schwänzt?! Also ich nicht. Weißt du was, irgendwann müssen wir zwei mal an einem Wanderritt mitmachen, das ist echt lustig...“ Und so ging es weiter und ich war äußerst froh darüber, dass Lara nie eine Antwort von mir erwartete, sondern einfach weiter plapperte.
So verging die Zeit ziemlich schnell und wir waren wieder an Miss Greys Stall. Lara brachte Polarstern in ihren Stall, während ich mühevoll den Sattelgurt meiner Stute öffnete und über den Sattel warf, den ich nun herunterzog. Sein Gewicht überrumpelte mich – mal wieder – und ich sah den Boden auf mich zurasen.
Und landete in starken Armen, bekannte, mit Hornhaut überzogene Hände nahmen mir den Sattel und dann auch das Pad ab und richteten mich wieder auf.
Aaron grinste: „Jetzt hast du schon wieder was gut bei mir...“
Ich schnaubte: „Sehr lustig. Warum schwänzt du die Versammlung?“
„Woher weißt du das schon wieder?! Ach so...dein wandelndes Radio alias Lara. Ich schwänze nicht, ich wurde entlassen“
„Waruhum?“, ich folgte ihm, als er den Sattel auf den Halter schob.
„Na ja...“,er druckste herum, „Ich muss eigentlich lernen“
Ich zog eine Augenbraue hoch und ignorierte geflissentlich ein Quieken hinter mir – das passierte öfters, wenn man mich zusammen mit Aaron sah. Er verschränkte nur die Arme und deutete mit dem Kopf auf Miss Grey neben mir: „Tu´ ihr das Zaumzeug runter, sie fühlt sich nicht wohl“
Ich drehte mich auf dem Absatz meiner Westernboots um und tauschte die Trense gegen das Halfter aus. Dann widmete ich mich den Hufen – auch wenn es mir irgendwie peinlich war, vor Aaron.
Nachdem ich das Putzzeug zusammengepackt und dieses mitsamt der Trense verräumt hatte, stand Aaron immer noch genauso da.
„Also, was ist?“, fragte ich leicht genervt. (Unglaublich, wie viel plötzlich in diesem Sektor los war!)
„Ach...egal“, murmelte er, wandte den Blick ab und starrte nachdenklich in den Himmel. „Bald ist Vollmond“ Er sah zurück zu mir und sein Gesichtsausdruck wurde komisch.
„Aaron! Jetzt hör auf damit!“, ich starrte ihn nun wirklich wütend an, „Das nervt! Verdammt, es macht mir sogar Angst, wenn du so bist!“ (Scharfes Einatmen aus allen Himmelsrichtungen)
Mit diesen Worten nahm ich Miss Greys Strick und brachte sie in ihren Offenstall. Ich lehnte mich leicht gegen sie und atmete tief den Geruch von Pferd ein. „Er ist in letzter Zeit immer so komisch, Miss Grey, richtig unheimlich...“
Die Angesprochene spitzte die Ohren und brummelte sanft.
Das wird... schon wieder...
Ich riss die Augen auf und stand kerzengerade da. Was war das denn schon wieder?! Das war eine Stimme – in meinem Kopf. Hilfe, ich wurde wirklich verrückt!
Schnell ging ich wieder raus und lief fast in Lara hinein, die mir strahlend entgegenkam. „Na, schon wieder netten Besuch?“
Ich schüttelte nur den Kopf und hängte das Halfter auf den dafür vorgesehenen, beschrifteten Haken. Schlechtes ahnend lugte ich nach draußen – Aaron stand immer noch am Anbindebalken, Mädchen standen gruppenweise und tuschelnd an allen Ecken. Ich drückte mich an die Wand und Lara tätschelte mir die Schulter: „So isses nun mal, Aaron rennt hinter dir her!“
„Ja, aber das macht er erst seit vorgestern so schlimm!“, gab ich zurück.
Lara zuckte die Schultern: „Vielleicht steht er unter schlechtem Einfluss vom Mond – es ist bald Vollmond. Manche Leute haben das...“
Das mit dem Vollmond hatte Aaron auch erwähnt...ich würde darüber nachdenken, aber zuerst musste ich an dem Massenauflauf vor mir entgehen. Ich hakte mich bei Lara unter und zählte stumm bis drei. Dann marschierten wir nach draußen. Aaron blieb stehen, als wir vorbeirauschten, aber da war wieder seine Stimme in meinem Kopf, wie in der Musikstunde.
Halt deinen Mund, ja? Über alles!
Ich zog die Augenbrauen zusammen, gab ihm aber nicht zu verstehen, dass ich ihn gehört hatte – ich meine, so langsam glaubte ich wirklich, dass ich verrückt war! Es war noch nicht mal mehr komisch, ihn in meinem Kopf zu hören.
Verstanden?
Jetzt zuckte ich zusammen. Was wollte der von mir?! Ich hatte keine Ahnung! … - oder doch? Meinte er etwa das, was ich heute gesehen hatte? Seine Metallklinge?
Ja. Aber halt´ deine Klappe, ja?
Jetzt reichte es mir aber, der Typ spukte ständig in meinem Kopf rum und stalkte mich! Also würde er meine Gedanken wohl hören. Ich dachte so fest ich konnte an einen Satz: Verstanden! Und jetzt verpiss dich!
Unerwarteterweise erhielt ich eine Antwort:
Ja. Gerne doch...
Verdammt, was war nur mit mir los? Fantasierte ich? War ich etwa... „Au!“, mein Zeh tat höllisch weh – mein Kopf jetzt übrigens auch.
„Lynn, hast du keine Augen im Kopf? Die Wurzel da gibt es schon immer!“, Lara unterdrückte ein Kichern.
„Haha...sehr lustig. Das tut weh!“, beschwerte ich mich, musste aber doch lachen und sie stieg mit ein. So gingen wir prustend aufs Zimmer und kassierten einige schräge Blicke, was uns aber so was von gar nicht interessierte, dass unser Lachflash nur noch schlimmer wurde. Yvi war wohl gerade auf Jungsjagd und so schauten wir den dritten Teil von Herr der Ringe, ,Die Rückkehr des Königs´ weiter und gerieten – natürlich – total ins Schwärmen.
Was wäre, wenn wir Reiterinnen von Rohan wären? Auf unseren Pferden in die Schlacht reiten würden? Auf Pferden wie Schattenfell, der weiße Hengst Gandalfs? Bewaffnet mit Pfeil und Bogen wie Legolas, der Elb, oder mit Schild, Schwert und Speer wie... - Aaron! Das Bild lies mich nicht los und der Film machte es nicht besser. Meine Gedanken wirbelten nur so im Kreis; Aaron, Vollmond, Speer, Gedankenstimme, und so weiter und so fort. Ich seufzte lautlos und Laras Magen erinnerte uns dafür umso lauter daran, dass es ja am Sonntag keinen Gong, dafür aber den ganzen Tag lang offenes Büffet gab.
Beide stöhnten wir auf, als wir uns vom Sofa erhoben, den Film stoppten und uns in die Umhänge zwängten.
Im Speisesaal suchte ich sofort Aaron, doch es saß niemand im Raum der Elite. Na super. Eigentlich war es ja wirklich super, Aaron war außer Reichweite – meines Kopfes und meiner Gedanken. Doch als ich bemerkte, dass auch die Hälfte der Lehrer – Frau Sanope eingeschlossen – fehlte, wurde ich misstrauisch. Nachdenklich kaute ich an meinem Steak herum und fragte dann: „Wieso fehlen so viele Elitler und Lehrer?“
„Keine Ahnung. Alle vier Wochen sind die irgendwie die ganze Zeit draußen unterwegs. Komisch, aber typisch Elite...“, erklärte Sylvi mürrisch zwischen zwei Bissen.
Connie murmelte zustimmend etwas, während sie den Löffel in ihrem Kartoffelbreihaufen versenkte.
Ich nickte langsam. Wie aufschlussreich. War ja klar. Schon wieder ein Rätsel. Wie hätte es auch anders sein können?!
Die anderen verabredeten sich für später zum Reiten, nachdem ich Laras schlechtes Gewissen besänftigt hatte, weil ich nicht mitkonnte, schloss sie sich ihnen an.
Lara stand schon fertig angezogen im Gang, als ich endlich meine Frage stellte: „Gibt´s hier eigentlich so was wie eine Bibliothek?“
„Klar. Aber keine moderne Literatur – ich habe mehrere Stunden lang gesucht - , sondern nur Lexika und Fachbücher. Und verdammt alte, rostige Waffen in Schaukästen, keine Ahnung, was das bringen soll. In der Bib ist sowieso niemand, wofür gibt’s denn Epos und Internet? Warum fragst du?“, erzählte Lara etwas enttäuscht, während sie nach ihrem Hut suchte.
„Nur so. Lesestoff-Suche. Außerdem liebe ich die Atmosphäre in Bibs...“, antwortete ich leichthin und verabschiedete mich von ihr, als sie ihre Ausrüstung komplett hatte.
Dann fragte ich meinen Epo, wo die Bibliothek überhaupt war und lies mich hinlotsen – Fachliteratur, rostige Schwerter; vielleicht fand ich dort Antworten auf meine Fragen. So weit nördlich war ich noch nie im Internat gewesen – ich hatte schon beinahe das Gefühl, im Bereich der Elite zu sein, der eine Hälfte des Nordflügels einnahm, als ich durch die zweiflügelige Kieferholztür trat. Ungewöhnlich alt für das Internat war der Saal – ja, Saal, die Bibliothek war riesig – mit dunklen, sorgsam beschrifteten Bücherregalen, die sich bis unter das hohe Deckengewölbe zogen und mit Leitern erreichbar waren. Zwei Treppen führten in ein zweites Stockwerk, eher eine Galerie, die einem Museum ähnelten. Neugierig fuhr ich das mit Schnitzereien verzierte Geländer nach, als ich die Stufen erklomm und das Thema des Buchregals vor mir entzifferte: ,Geschichte des Internats und der Umgebung´. Aha, sehr toll. Da waren ja die Dolche und anderen alten Gegenstände unter den Käseglocken interessanter. Mein Blick wanderte über die Ausstellungsstücke und plötzlich sah ich mein Gesicht in einer breiten Schwertklinge – so viel zu rostig! Die Klinge schien scharf zu sein, blank poliert und ganz schön gefährlich. Prüfend sah ich alle Waffen an; keine einzige war rostig, keine. Vermutlich war Laras Besuch schon länger her und hier alles geputzt worden. Ich begab mich wieder nach unten und ging die Regale entlang, suchte bei ,M´ wie Mond und ,G´ für Gedanken, eben bei allem, was mir einfiel. Meine Finger glitten über die Einbände, während ich die verschnörkelten Titel las und von Zeit zu Zeit behutsam ein Buch herausnahm und auf eines der Lesepulte legte. So hatte ich einen ansehnlichen Berg von Lesestoff, den ich nun langsam abarbeitete und mir ein paar Notizen dazu machte.
Schließlich stützte ich seufzend den Kopf auf die Hände – da war nirgendwo etwas, das mir weiterhelfen könnte.
Ich hasste so was. Ich hasste es. Ich hasste es. Ich hasste es.
In Büchern war so was immer total einfach. Die Agentin sieht sich um und entdeckte kurz vorm Rausgehen das entscheidende Detail. Dann schickt sie ihren meist dümmlichen und die Hälfte der Zeit verletzt im Krankenhaus liegenden Assistenten los, der alles wichtige mitnimmt. In ihrer alten, einsamen Villa sperrt sie sich dann ein und öffnet die automatische, kugelsichere Stahltür zu ihrem Büro. Wenn das Objekt dann komplett analysiert ist, fügt sie an der Wand in die Mind Map dieses hinzu und plötzlich ist alles klar.
So, und dann komme ich. Keinen blassen Schimmer von allem.
Mmm...durfte man hier Bücher ausleihen? Zuerst stellte ich die bereits gelesenen Bücher zurück und trug die drei verbliebenen Bücher vorsichtig in Richtung Tür.
„Ausleihen und Abgeben von Büchern bitte hier“, krächzte eine Stimme von rechts. Ich erschrak und konnte die Bücher gerade noch so wieder auffangen.
„Hier lang, meine Dame“, ertönte die Stimme erneut und ich folgte dieser in ein kleines Zimmer direkt neben dem Ausgang. Eine verschrumpelte Frau - die an einen Marabu, so ein komischer Vogel, erinnerte - bekleidet mit einem wohl älteren Modell der Schuluniform, stand langsam auf, um über den Tresen, hinter dem sie saß, sehen zu können. Der Raum war mit dunklen, aber leeren Holzregalen ausgestattet. „Jaja...es kommen kaum noch Schüler hierher. Ich frage mich, warum ich das überhaupt mache...“, murmelte die Oma, blinzelte mich durch ihre große Brille an und fing an zu strahlen. „Wen haben wir denn hier? Miss Blitzberger? Schön sie zu sehen! Gefällt es ihnen auf dem Internat?“
Ich riss fragend die Augen auf. Woher weiß diese alte Zumpfe denn, wer ich war? Die sah so aus, als ob sie nicht (mehr) bis drei zählen konnte und gesehen hatte ich sie bis jetzt auch noch nicht...Zufall. Ja, genau, Zufall.
„Ja, bis jetzt sehr“, erwiderte ich und setzte ein ,Du-bist-eine-gute-liebe-Oma´-Lächeln auf. „Ich würde gerne diese Bücher ausleihen“
Die Sekretärin nahm den Bücherstapel entgegen und verzog sich hinter den Tresen – oh, mann, warum war ich nur so klein? Ich sah gar nichts, nicht einmal, als ich mich auf die Zehenspitzen stellte. Als ich gerade hüpfen wollte, tauchte die alte Dame wieder auf, gab mir die Bücher und einen Zettel.
„Hier, bitteschön. Auf dem Zettel steht das Abgabedatum. Und seien sie ja vorsichtig mit den Büchern!“
Dann setzte sie sich wieder und ich eilte mit einem gemurmelten „Tschüss“ aus der Bibliothek.
Was war das jetzt schon wieder? Ach ja, genau, Zufall. Sowas passierte mir hier aber irgendwie ständig.
Kurz hatte ich Sehnsucht nach meiner nervigen, kleinen Schwester und meiner gestressten und deshalb oft bissigen Mutter, ja, hatte sogar kurz Sorge um Lilian, denn manchmal vergaß meine Mum auch, was zu Essen zu machen. Es war zwar stressig, aber irgendwie auch befriedigend gewesen, für uns beide zu sorgen. Es war gewesen. Durch das Internat hatte sich alles verändert. Vielleicht ja zum Guten. Aber sollte sich bei mir etwas zum Guten ändern? Das wäre ja...
“Jetzt pass doch auf!“, eine weibliche Stimme riss mich aus den Gedanken.
„Oh, sorry, sorry“, entschuldigte ich mich rasch und sah das Mädchen vor mir – in das ich hineingerannt war - erstmal genau an. Na ja, viel sah man durch ihr dunkelbraunes, glätteisenglattes Haar, dass ihr wie ein Vorhang vors Gesicht fiel, als sie betont langsam in die Hocke ging, um ihr Zeug wieder aufzusammeln, nicht. Ich half ihr schnell und konnte immerhin schon mal lange, kräftige Finger und Arme erkennen. Sie hob den Kopf und musterte mich abschätzend. Dann kniff sie die Augen – sie hatte übrigens umwerfend blaugraue – zusammen und drehte sie hastig um. Super, schon wieder floh eine Schülerin vor mir. Na ja, auch verständlich; wer wollte schon was mit dem ,Bauernmädchen´ zu tun haben, wenn man mit ,Prinzessinnen´ abhängen konnte?
Ich raffte also meine Bücher zusammen und trottete in mein Zimmer. Dort legte ich diese in meinen Schrank und verzog mich zu Yvi vor den Fernseher. Es lief so eine komische Serie, in der Blondinen sich auf Mallorca in der Sonne räkelten und dauernd rumkreischten... - seeehr interessant. In eine der Fleecedecken eingehüllt war es hier wenigstens nicht so kalt.
Schließlich gesellte sich auch Lara zu uns und wir sahen zusammen auch noch die nächste Sendung an, Auswanderer.
Seufz...kann man auch von hier auswandern?
Wir gingen ausnahmsweise auch zu dritt zum Abendessen und gingen zur gleichen Zeit ins Bett. Mmmh...sehr komisch. Aber was soll´s. Ich nahm eines der Bücher mit nach oben, zog den Vorhang – ja, gestern hatte ich tatsächlich entdeckt, dass ich hier oben einen Vorhang zuziehen konnte, um mich von den anderen beiden abzuschotten – zu und begann im Licht meiner Leselampe zu lesen.
Blablabla...es ging um langweiliges Zeug wie Vorfahren, die angeblich Kinder des Mondes waren und nach ihrem Tod Mondkrater wurden. Warum gab es denn dann überhaupt den Mond noch? Der müsste doch komplett aus Mondkratern bestehen, also gar nicht mehr da sein...so ein Quatsch...
Das Buch war in alter Schrift geschrieben, so eine, die nur aus Strichen besteht...gebrochene Schrift...Frakturschrift! Genau, das Buch war in Frakturschrift verfasst und ich brauchte ganz schön lang, um diese zu entziffern.
Als ich dann Kopfschmerzen hatte, machte ich das Licht aus und schlief relativ schnell ein.
Der Mond steht oben am Himmel. Es ist Vollmond.
Ich höre das Schmatzen von Pferdehufen im Matsch, schaukle im Takt meines Pferdes mit. - Moment mal, meines Pferdes?! Ich sehe auf die Schultern meines Reittieres hinab. Schwarzes Fell, also nicht Miss Grey. Welches Pferd dann? Keine Ahnung.
Wir reiten über offenes Feld, hintereinander, die Pferde treten ungefähr in die Hufabdrücke ihres Vordertieres, so erkennt man nicht so schnell, wie viele Pferde unterwegs sind.
Woher ich das alles wusste? Keine Ahnung – wie immer.
Jetzt sehe ich an mir herunter; ich trage eiserne Arm- und Beinschienen, eine weite Hose und ein langärmliges, kratziges Hemd, darüber einen erstaunlich leichten Brustharnisch. An meinem Waffengurt hängen ein leicht gebogenes Schwert, Dolche, irgendwelche, gefährlich aussehende, Nadeln in Gläschen und Wurfscheiben. Und der Sattel meines Pferdes...ich rutsche ein wenig herum...ist sehr unbequem. Meine Füße sind kalt und werden von kastenartigen, stählernen Steigbügeln geschützt.
Was ist denn hier los?!
Ein Stück Stoff schlägt mir ins Gesicht. Aha, ich trage also noch einen langen, petrolfarbenen Kapuzenumhang, wie – ich sehe mich um – alle. Also jeder hat einen andersfrabigen Umhang an.
Brrr...ist das kalt. Und der eisige Wind erst. Ich nehme die Zügel in eine Hand, da das Pferd sehr brav zu sein scheint und wickle den Umhang fester um meinen Oberkörper.
Plötzlich bleiben alle Pferde stehen, meines eingeschlossen. Wir rotten uns um eine Fackel herum zusammen. Schnell zähle ich; wir sind ungefähr zwanzig Reiter. Das Geschlecht der Anderen kann ich wegen der Umhänge nicht erkennen, ihre Gesichter liegen im tiefen Schatten.
Die Person, die die Fackel hält, hebt die Stimme. Eine Frau also, ihr Stimme klingt allerdings eher wie die einer Jugendlichen, dennoch herrisch und fest: „Meine ehrenvolle Elite, wir waren erfolgreich. Das Heer ist für den Moment gestoppt, sie werden in unsere Fallen tappen. So viel haben sie nämlich nicht in ihren Köpfen, dass sie so etwas merken würden. Wir reiten zurück in den Schutz unserer geliebten Herrin. Bei Eponas!“
Sie stößt die Fackel in die Luft und ich erhasche einen Blick auf ihr Gesicht – genauer; auf ihre blaugrauen Augen. Ich verschlucke mich beinahe und unterdrücke ein Husten.
Ein wirklich schräger Traum...
„Bei Eponas!“, antwortet der Rest im Chor, wir nehmen wieder die alte Formation auf und reiten im Trab weiter. Schnell greife ich nach dem Sattelknauf – der nicht vorhanden ist. Fieberhaft suche ich nach Halt und klammere mich irgendwie am Sattel fest. Oh mein Gott, sehr toller Traum.
Eine Wolke zieht am Mond vorbei, und als alles wieder in silbriges Licht getaucht ist, ragt ein Gebäude vor uns auf, dass ich nur zu gut kenne: Es ist das Reitinternat zu Eponas.
...Nur irgendwie ohne Sektoren, Bushaltestelle und Glasportal.
Hä?! Ok, ich bin wohl in der Vergangenheit gelandet.
Wir reiten durch ein Steintor, das mir bekannt vorkommt, und wenden uns nach links. Der Reihe nach steigt jeder ab. Na toll, wie soll ich aus diesem Sattel kommen?
Der Reiter vor mir landet auf dem Boden, ich umfasse die Zügel fester...
„Do it. And if they tell you not, just do it. One shot...“
Ich hielt mir die Ohren zu.
„Laraaa, bitte verschone mich, ich bin wach!“, jammere ich und setze mich langsam auf.
„Das ist aber schön. Ich dachte schon, ich muss dich aus dem Bett werfen – im wahrsten Sinne des Wortes. Guten Morgen, Lynn“, der rothaarige Wirbelwind war wie immer schon putzmunter und strahlte mich an.
Ich gähnte, rieb mir die Augen und kletterte gemächlich nach unten. Während Lara – mal wieder – auf den letzten Drücker noch was für die Schule wiederholte, zog ich mich um und band meine Haare zusammen.
Nach dem morgendlichen Badgang gingen wir zum Essen. Die gesamte Elite und die Hälfte der Lehrer fehlte immer noch. Was war heute denn wieder los?
Als ich mich auf meinen Stuhl fallen lies, wollte ich die anderen fragen, aber ich sah nur aufgestellte Bücher.
„Leute, was ist denn los? Seit wann lernt ihr beim Essen?“, fragte ich. „Die Liste mit Turnieren, Fortbildungen und so für dieses Halbjahr ist draußen“, erklärte Lara knapp, schob mir ein solches Buch zu und begann zu essen.
Ich zuckte die Schultern und begann zu blättern. Nebenbei verdrückte ich zwei Schalen Müsli.
Lauter komische Namen, irgendwelche Daten und ganz hinten die Turniere: Die am Jahresende und die Allmonatlichen. Die sah ich mir genauer an.
Es gab die großen Kategorien Western, Englisch und Sonstige. Unter Sonstige fand ich die Doma Vaquera und noch zwei andere Reitweisen. Dann ließ ich meinen Blick in den Western-Bereich schwenken. Der war wiederum in Jahrgangsstufen unterteilt und die in Disziplinen.
Sehr interessant...obwohl ich nirgendwo teilnehmen werde. Das konnte man erst nach einem halben Jahr, das heißt, ich würde am Jahresabschluss-Turnier das erste Mal vor einer Jury reiten – und ich hatte jetzt schon Bammel davor.
Ich seufzte und schloss das Buch. Es musste ganz schön teuer sein, die alle jedes halbe Jahr drucken zu lassen, denn es hatte einen festen Umband mit dem Eponas-Wappen in der Mitte und Bilder aus den einzelnen Disziplinen außenrum. Hinten war das Gelände abgebildet. Ich musste jedes Mal wieder staunen, wenn ich dieses Ausmaße sah. Das war doch scheißteuer?!
Mir fiel eine Weide auf, die direkt neben dem Gebäude und – ich überlegte – direkt unter meinem Zimmer lag...und die mir noch nie aufgefallen war. Ich runzelte die Stirn und piekste Lara in die Seite. Diese quiekte auf und beschwerte sich lautstart.
„Ist ja gut...“; beschwichtigte ich sie, „Ich hab´ ne Frage...welches Pferd steht da?“ Ich deutete auf das kleine, eingezäunte Areal.
„Höchstens eine von den Bronzestatuen“, sie lachte.
„Auf einer Weide?!“, ich sah sie entgeistert an.
Sie erwiderte diesen Blick. „Hä? Welche Weide? Du meinst doch das da, oder?“ Sie fuhr grob den Zaun nach. Ich nickte.
„Das ist ein Garten, Lynn. Aufwachen!“, sie grinste. „Aber guter Scherz...“
Ich ließ es sein und wunderte mich mal wieder. War ich wirklich so müde? Aber ich sah es doch klar und deutlich?!
Der Gong scheuchte uns in unsere Klassenzimmer, das Buch behielt ich und Lara schien nichts dagegen zu haben.
Ich trottete in die erste Stunde und begrüßte Tim. Ausnahmsweise waren wir beide schweigsam... - also untereinander, ich meldete mich sowieso nie und Tim äußerst selten.
Der Tag war anstrengend wie immer und schon in der zweiten Pause hätte ich wieder schlafen können. Also vertiefte ich mich wieder in das Buch, lesen hielt mich schon immer wach.
Dann hatten wir Bio und ich machte mich auf den Weg in die für dieses Fach gedachten Säle. Unterwegs gesellte sich Aaron beinahe lautlos zu mir. Mir wurde warm und ich ärgerte mich mal wieder über mich selbst. Dieser Kerl war...nicht mein Typ. Aus, basta, fertig, Punkkt.
Ich bekam grade noch die Kurve in den Saal hin, fast wäre ich vorbeigelaufen und ausnahmsweise kam kein blödes Kommentar von ihm. Komisch. Na ja, er hatte wohl einen schlechten Tag, schon in Musik war er extrem hibbelig gewesen, hatte einen Stift zerbrochen (ja, einen Fineliner...ich weiß auch nicht...) und ständig vor sich hingestarrt. Das hatte jeder mal (abgesehen vom Stiftezerbrechen...)
Die erste Stunde verlief ruhig, wir sahen uns irgendeinen komischen, alten Film über einen ebenso komischen, alten Komponisten an und alle schliefen halb ein – bis auf unseren Lehrer; der schlief wirklich.
Aaron gab einen entnervten Seufzer von sich und sank tiefer in seinen Stuhl, insofern das möglich war. Ich zog das Buch hervor und mein Blick fiel wieder auf die Rückseite. Die Weide war immer noch da. Und jetzt war ich wirklich wach.
Ich stupste Aaron an, der zusammenzuckte und fragte ihn das selbe wie Lara. Er antwortete, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt: „Es scheint da ein Pferd zu geben, das allerdings noch keiner gesehen hat. Die Tränke wird regelmäßig benutzt, das Gras wird kürzer und man sieht sogar Hufabdrücke und hört Pferdegeräusche. Aber gesehen wurde es noch nicht...Wieso?“
Ich erstarrte und sah erneut auf das Bild. Das wurde langsam RICHTIG komisch!
„Und was ist dann das?“, ich deutete auf einen silbergrau-schwarzen Fleck, der einem Pferd von oben ähnelte.
„Gras“, er hob eine Augenbraue... - ziemlich sexy sogar.
Ich riss mich zusammen. „Aha...ich dachte bloß, etwas gesehen zu haben...“
Danach schwiegen wir wieder und brachten auch die zweite Musikstunde hinter uns.
Den restlichen Tag dachte ich nach; wie konnte es sein, dass ich die Weide und ein Pferd darauf sehen konnte und Aaron zwar eine Weide, aber kein Pferd, und Lara gar nichts? Wurde ich jetzt ganz verrückt? Nein, ein bisschen Hirn und Verstand hatte ich ja. Und ich hatte es klar und deutlich gesehen!
Ich beschloss, nach der Weide und dem Pferd – das nach den Überlegungen aber auch ein falsch platzierter Pixelhaufen sein könnte, was wiederum Aarons Geschichte widersprach – zu suchen.
Mit diesem Gedanken kämpfte ich mich durch Mittagspause, Nachmittagsunterricht und die Einheit Bodenarbeit mit Miss Grey.
Schon früh stand ein wunderschöner Vollmond knapp über dem Wald und es wurde dunkel. Im letzten Sonnenlicht hastete ich zurück ins Hauptgebäude, gleich gab es Essen. Ich sprang in frische Klamotten und den Umhang und war in Rekordgeschwindigkeit bei den anderen und aß.
„Und, was macht ihr morgen so?“, fragte irgendwann Conny zwischen zwei Bissen von ihrem Sandwich.
„Na ja...“, ich nahm einen Schluck von meiner Cola. „Dasselbe wie immer: Kampf durch die Schule, Training, lernen,...“
Sylvie lachte. „Morgen ist Schulfrei!"
„Oh...mir sagt ja auch nie jemand was!“, ich schaute Lara anklagend an und sie hob die Hände. „Ok, nächstes Mal weißt du eine Woche vorher Bescheid“
Ich nickte zufrieden und die anderen erzählten von einer Shoppingtour, die sie vorhätten und luden uns ein, mitzukommen. Ich lehnte ab, ich hatte weder Geld, noch Bedarf an neuer Kleidung, noch Lust darauf. Mal wieder einen halben Tag im Bett rumgammelnd und lesend zu verbringen, fand ich viel vielversprechender. Lara wollte mitfahren. Sie machten Treffpunkt und die Zeit aus und legten eine grobe Route fest, während ich meinen Gedanken nachging.
Abends saßen wir noch kurz zu dritt auf dem Sofa, dann verabschiedete sich die aufgetakelte Yvi und Lara verzog sich mit einem meiner Bücher auf ihr Bett. Ich holte meine dicke Jacke und erklärte Lara: „Ich geh noch ein bisschen raus, ich hab´ Kopfschmerzen...“
Sie nickte abwesend und ich ging raus. Ich schaffte es, die Handytaschenlampe anzustellen, aber eigentlich war es unnötig, da der Mond hell schien und ich auch so den Weg sah. Nachdem ich mich sorgfältig umgeschaut und die Luft für rein beurteilt hatte, machte ich mich auf den Weg zur besagten Weide. In den letzten zwei Schulstunden hatte ich den Weg geplant und ihn mir eingeprägt, sodass ich schnell da war.
Zuerst sah ich den Zaun aus morschem Holz, dann hörte ich ein Schnauben und schreckte zurück. Langsam lugte ich hinter der Pferdestatue hervor und mir klappte die Kinnlade runter. Vor mir stand ein schwarzes Pferd, das mit edel gebogenen Kopf ihn meine Richtung sah und auffordernd wieherte – so kam es mir zumindest vor. Fasziniert von dem wunderschönen Wesen, ging ich einen Schritt näher heran und erkannte, dass das Fell des Pferdes ab der Hüfte nach hinten, an ziemlich ovalen Stellen hinter den Schulterblättern und an drei kreisrunden Stellen auf der Stirn nicht schwarz war, sondern schwarz-silbern schimmerte. Das Pferd stampfte mit einem der riesigen Hufe auf und ich zuckte zusammen.
„Scht...ist ja gut...ich tue dir nichts...“, flüsterte ich, ohne zu wissen, warum und ehe ich mich versah, tat ich den letzten Schritt und der Riese schnaubte mir sanft die Haare aus dem Gesicht. Ich kicherte leise, es war wie in einem Traum. „Na du?“, ich fuhr sanft über seinen Nasenrücken und er entlastete einen Hinterhuf.
...Moment? Er? Ich bückte mich und spähte durch die Vorderbeine des Pferdes. Ja, wirklich ein er, erkannte ich deutlich.
Er brummelte und beknabberte meine Jacke. „Lass das!“, rügte ich ihn leise lachend und er zog sofort den Kopf zurück. „So ist´s gut...“, lobte ich ihn und fuhr über seinen muskelbepackten Hals.
Ich streichelte ihn eine Weile und er strubbelte mir mit seiner Oberlippe durch die Haare. Lächelnd verabschiedete ich mich von ihm, denn mir fielen fast die Finger ab. Er wieherte enttäuscht und ich strich ihm sanft über die weiche Nase.
„Ich komme morgen wieder, versprochen“, ich runzelte die Stirn, als ich das sagte. Ok...dann würde ich eben morgen wieder hierherkommen.
Den Hengst schien es zu beruhigen, denn er schnaubte ein letztes Mal und trottete in den Unterstand.
Ich machte mich frierend und nachdenklich auf den Rückweg.
Unsichtbar war dieses Pferd nämlich kein bisschen und ich hatte noch nicht mal Angst vor ihm, nein, ich fühlte sogar eine gewisse Verbundenheit zu ihm. Aber warum sahen andere ihn nicht?
Fast wäre ich gegen einige Türen gerannt, kam aber dann doch unversehrt in unserem Zimmer an. Dort zog ich meinen Schlafanzug an, machte mich Bett-fertig und verkroch mich mit Decke und Fleecedecke in meinem Bett.
„...Lynn?!“, kam es entgeistert von unten.
„Ja, mir ist nun mal kalt draußen, stell dich mal ne halbe Stunde auf den Balkon“, rief ich runter und verdrehte die Augen.
Lara stöhnte: „Das meine ich nicht. Ich rede von deinen Augen...“
„Wieso? Was soll mit denen sein?“, fragte ich entgeistert zurück.
„Bist du auf Aarons Kontaktlinsen-Trip eingestiegen oder was?“
Ich runzelte die Stirn und suchte nach einem Spiegel, aber natürlich hatte ich hier oben keinen. Also guckte ich in die spiegelnde Fensterscheibe und schreckte zurück. Mir sah ein Mädchen mit stahlgrauen Augen entgegen.
„Also...ja...ich habe welche in meinem Koffer gefunden...von meiner Schwester...“, reimte ich rasch zusammen, während ich mein Gesicht ungläubig betastete.
„Aha...“, kam es wieder abwesend von unten. Zum Glück schien sie wieder zu lesen.
Also so langsam war mir das richtig unheimlich. Ich brauchte Hilfe. Ich meine, ich konnte ein „unsichtbares“ Pferd sehen, Pferde- und Menschenstimmen in meinem Kopf hören und was weiß ich was.
Aber von wem? Ich überlegte. Eigentlich nur von Aaron, er sah wenigstens auch die Weide. Trotzdem...ich kannte ihn noch nicht lange, ich wusste nicht, ob er uns als Kumpels ansah oder einfach nur als Tischnachbarn...
Egal, entschied ich, morgen würde ich zu ihm gehen und ihm alles erzählen.
Mit diesem Gedanken schlief ich ein.
Der Vollmond steht direkt über dem Steinbogen. Wir reiten wieder in einer Schlange hintereinander. Diesmal allerdings erkenne ich mein Pferd – es ist der Rappe von der unsichtbaren Weide. Ich kraule ihn kurz am Mähnenansatz und er brummelt genießerisch. Ich lächle und prüfe erst mal meine Kleidung. Diesmal habe ich unangenehme Arm- und Beinschienen aus Metall an, auch mein Brustharnisch scheint daraus zu bestehen. Dazu ein Waffenrock aus Leder, mit Eisenstücken bestückt. An meinem Waffengut hängen dieses Mal nur zwei Schwerter, dafür spüre ich überall an meinem Körper festgeschnürte Dolche...Sogar in meinem Ausschnitt drückt einer! Entnervt lockere ich die Zügel und bemerke dabei meine Panzerhandschuhe. Praktisch, aber unbequem. Außerdem trage ich einen Stirnreif, wie ich gerade bemerke.
Ein Ruf von vorne lässt mich aufschrecken: „Für Eponas!“
Der Reiter oder die Reiterin vor mir dreht sich um und unter der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze erkenne ich giftgrüne Augen.
Und dann wird mir einiges klar.
Aaron trägt gar keine Kontaktlinsen, er ist vielmehr...
Ich wachte vom Geräusch einer schließenden Tür auf und schreckte hoch.
Hatte ich verschlafen? Ich tastete nach meinem Handy und sah auf die Uhr.
Verdammt, es war Montag – und zwar zehn Minuten vor neun, also gleich Schulbeginn.
Ich kletterte hastig aus meinem Bett, zog Kleidung aus meinem Schrank und wollte ins Bad, als ich die schlafende Yvonne sah. Und Lara würde mich ja wohl nicht verschlafen lassen?! Außerdem wäre ich vom Gong längst aufgeweckt worden...
Plötzlich wusste ich es es wieder: Wir hatten Schulfrei.
Ich seufzte entnervt. Wach war ich jetzt zumindest. Also konnte ich auch gleich frühstücken gehen.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, drehte ich mich zum Spiegel um und taumelte beinahe gegen den Handtuchtrockner hinter mir.
Eine Welle aus Unglauben und irgendwie auch Angst schlug über mir zusammen; meine Augen sahen so aus wie gestern Abend. Dann folgten Erinnerungen aus meinem Traum und ich setzte mich erst mal auf den heruntergeklappten Klodeckel und stützte meinen Kopf auf die Handfläche.
Das konnte doch nicht sein?!
Ich hatte plötzlich...metallgraue Augen! ...Genau wie der Hengst von der unsichtbaren Weide, bildete ich mir ein.
Ich schüttelte energisch den Kopf, band mir die Haare zusammen und putzte mir die Zähne.
Mit gesenktem Kopf ging ich zum Frühstück, hoffte inbrünstig, nicht gesehen zu werden und hastete dann erleichtert mit zwei Äpfeln und einer Birne unter dem Umhang wieder auf mein Zimmer.
Yvi schlief noch immer, ich zog also leise meine Reitsachen an und stahl mich wieder hinaus.
Mich ständig umschauend kam ich schließlich ungesehen an den Stall und ich hörte den Hengst aus dem Unterstand kommen, sah ihn jedoch nur schemenhaft.
„Hey...guten Morgen“, begrüßte ich ihn irritiert, doch er begrüßte mich so wie das letzte Mal und ich beruhigte mich leicht.
Äußerst vorsichtig streckte ich ihm meine flache Hand mit einem der Äpfel hin und er nahm ihn ebenso vorsichtig mit seinem samtweichen Maul. Er war wunderschön, sein Fell sah – soweit ich es erkennen konnte, denn ich konnte ihn fast nicht erkennen - jetzt allerdings dreckverkrustet aus.
Ich runzelte ungefähr zum tausendsten Mal in den letzten Tagen die Stirn und beugte mich über den Zaun, um seinen Bauch zu berühren, doch mein Arm war nicht lang genug.
Nachdem ich die Umgebung geprüft hatte, kletterte ich über den niedrigen Zaun und sah das Pferd erst abschätzend an. Was würde er tun?
Der Rappe drehte seinen massigen Kopf zu mir und trat langsam auf mich zu. Fragend stupste er meine Hand an. Ich schluckte. Er war verdammt groß und sah jetzt irgendwie gefährlich aus.
Trotzdem verfütterte ich das restlich Obst.
Nachdem der Hengst erkannt hatte, dass ich nichts mehr hatte, brachte er mich mit bettelnden Gesten dazu, ihn zu streicheln. Er staubte regelrecht.
„Also, so siehst du richtig verstaubt aus. Im wahrsten Sinne des Wortes“, bemerkte ich und er drehte ein Ohr zu mir. „Ich hole Miss Greys Putzzeug, ok? Bin gleich wieder da“
Ich wusste selber nicht, warum ich das tat, aber ich rannte mit dem Putzkasten wieder zurück und holte eine „Magic Brush“- Bürste heraus. Mal sehen, was die taugte.
Das halb unsichtbare Pferd wich zurück. Ratlos sah ich ihn an.
„Hast du Angst vor Bürsten? Kein Wunder, dass du so dreckig bist...Oh,vielleicht bist du es ja nicht mehr gewohnt...“, rätselte ich und hielt ihm die Bürste entgegen. Nervös stieg der Schwarze leicht und ich erzitterte – hoffentlich rannte er mich nicht um - , doch er tänzelte nur herum und beschnupperte die Gefahr mit gespitzten Ohren.
„Siehst du? Das tut dir nichts“, erklärte ich leise und legte die Bürste leicht auf seinen Bauch. Er warf den Kopf zurück und wich aus.
Ich lockte ihn mit besänftigenden Worten und einem Büschel Gras wieder zu mir und wiederholte das ganze so lange, bis er stehen blieb, wenn die Bürste ihn berührte.
Ausführlich streichelte und lobte ich ihn, während er fleißig kaute, was hieß, das er es verstanden hatte.
So putzte ich ihn Stück für Stück. Kopf, Beine und Hufe ließ ich allerdings weg. Er war mir sowieso nicht geheuer. Und mal ehrlich, ich putzte ein halb durchsichtiges Pferd, der mir eher wie ein Schatten als ein Pferd vorkam. Wie in Filmen, wenn es gewittert und es blitzt und donnert und alles irgendwie farblos und transparent erscheint.
Da fiel mir etwas ein. „Du scheinst gar keinen Namen zu haben...Also weder am Zaun noch am Offenstall steht was“
Ich dachte nach. Wenn wir schon bei Gewittern waren...Lightning oder so hieß doch Blitz auf Englisch, oder? Aber das erinnerte mich an so ein Auto aus dem Film „Cars“, den ich mit meiner Schwester einmal anschauen musste. Das fiel also weg. Was gehörte noch zu einem Gewitter? Wolken, Donner...Donner! Das hießt meinen Kenntnissen nach Thunder.
„Thunder klingt doch gut, oder?“, fragte ich den Rappen und er spitzte die Ohren und schaute vom Gras auf.
Ich lächelte. „Finde ich auch“
Dann erstarrte ich und duckte mich. Da liefen ein paar Tussen gackernd vorbei, sahen mich aber zum Glück nicht.
„Ok,“, flüsterte ich Thunder zu. „Ich komme heute am späten Nachmittag oder frühen Abend wieder und versuche derweile, was gescheites zum Fressen für dich aufzutreiben, ja? ...Und ich gehe zu Aaron und frage ihn wegen der ganzen Sache...Bis später“ Ich klopfte ihm leicht auf den nun wieder glänzenden Hals, räumte das Putzzeug zurück und ging wieder auf mein Zimmer.
Es war bereits Zeit für´s Mittagessen. Mann, die Zeit war aber ganz schön schnell vergangen!
Ich duschte mich, liess meine Haare wie einen Vorhang vor meine Augen fallen und ging zum Essen. Wieder fehlten einige Lehrer und die gesamte Elite.
Bezweifelnd, dass Aaron auch da war und dass ich da überhaupt reinkam, machte ich mich auf den Weg in den Flügel der Elite.
Ich kam an der Bibliothek vorbei und stand schließlich vor einer Milchglaswand – der Eingang zum Eliteflügel. Nachdem ich die Tür gefunden hatte, suchte ich nach einer Klinke...die aber nicht vorhanden war. Ratlos sah ich mich um und plötzlich glitt die Tür leise surrend zur Seite. Ich zuckte die Schultern und ging in eine Art Eingangshalle. Die Wände waren aus Stein und mit Scheiben davor, es gab einen Kamin und einige altertümliche, aber wunderschöne Sofas und Sessel, in den Ecken hingen Regale, zum Bersten mit Büchern gefüllt, und dazwischen Waffen einfach so an der Wand. Okeeey...Sicherheitsnormen wurden hier sicherlich nicht eingehalten.
Ich drehte mich in dem riesigen Raum. Es gab zwei Durchgänge, eingefasst mit dunklem Holz, beide auf der gegenüberliegenden Seite.
Na super, wie sollte ich jetzt Aaron finden? Ich hatte ja schon Glück, hier drin zu sein und das unentdeckt.
Plötzlich hörte ich Stimmen aus einem der Gänge und warf mich erschrocken hinter eines der Sofas.
„Aaron bleibt der Meinung, dass es die Komische ist, die Angst vor Pferden hat“, hörte ich eine abfällige Jungsstimme. „Also meiner Meinung nach ist es keine von denen, aber Eponas irrt sich ja nicht...“ „Ja, ich meine, die soll dann einen Trupp anführen. Wenn man Angst vor Pferden hat...ist das schlecht“, noch eine männliche Stimme. Lachen. „Oder die kleine Blonde mit den Sommersprossen, die ist es auch nicht, die schaut echt zu runtergekommen dafür aus...“
Eine Gruppe, bestehend aus vier Jungs, kam aus dem einen Gang, ein Mädchen aus dem anderen Gang schloss sich ihnen an und zusammen schlenderten sie an mir vorbei zum Ausgang. Ich schnappte lautlos nach Luft; ihr erkannte lilane Augen, weiß grau gesprenkelte, braun-goldene, rote mit dunkelgrauen Linien durchsetzte und hellgrüne mit weißen Linien verzierte Augen die leuchteten wie sonst noch was.
Die Gruppe verschwand und ich rappelte mich wieder auf. Vielleicht war ja einer der Gänge mit den Mädchenzimmern und der andere der mit den von den Jungs. Also trat ich in den Jungsgang.
Sanfte, indirekte Beleuchtung führte mich zu einer breiten Holztreppe und ich ging ins nächste Stockwerk. Der Gang war mit Wandteppichen ausgehängt und ich stand vor einer breiten Tür, über der stand ,Bibliothek´. Eine eigene Bib hatten die hier also auch noch. Wie unfair.
Ich sah mir die dunklen Holztüren im Gang an und war ratlos; auf jeder Tür war ein Stein abgebildet und darunter stand wohl dessen Name. Keine Menschennamen. Dann fielen mir die Farben der Steine auf. Da war ein roter, mit grauen Linien, genau wie die Augen des einen Typen! Also suchte ich einen grünen Stein mit goldenen Sprenkeln und arbeitete mich Stockwerk für Stockwerk nach oben, bis ich vor einer Tür mit passendem Stein und dem Namen „Drachenauge“ stand.
Ich klopfte rasch, bevor ich mich noch davor drückte.
Tag der Veröffentlichung: 21.10.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meine Abf:
Danke, dass du immer für mich da bist!