Cover

Leseprobe

 

 

 

 

 

 

 

XXL - Leseprobe

High Heels im Schnee

Shanghai Love Affairs Teil 2

 


Karin Lindberg

 

 

 

Liebesroman

 

 

 

 

 

 

 

© Copyright 2016 by Karin Lindberg

www.karinlindberg.info

 

Alle Rechte vorbehalten.
 

Lektorat: Katrin Engstfeld www.kalliope-lektorat.de

Covergestaltung: www.kreativi-production.de

Korrektorat: Sandra Nyklasz

 

Prolog

„Lucas, verdammt! Reiß dich zusammen und leg dein Telefon weg, sonst schmeiße ich es eigenhändig aus dem Fenster!“, donnerte Damian. Seine Halsschlagader pochte, was bei den Zwillingen ein eindeutiger Hinweis darauf war, dass der Vulkan bald ausbrechen würde, wenn man sich nicht in Acht nahm.

Lucas Stanhope saß zusammen mit seinem Zwillingsbruder Damian in seinem Büro, wo die beiden an der Pressemitteilung zur Veröffentlichung der Quartalsergebnisse arbeiteten. Er blickte nicht auf, als er antwortete: „Reg dich ab, Mann. Wir sind doch so gut wie durch.“ Lucas Handy piepte erneut. Seine Bettgefährtin der letzten Nacht konnte anscheinend nicht genug von ihm bekommen. Vielleicht würde er sich gleich heute Abend wieder mit ihr verabreden, aber das konnte warten, daher legte er sein iPhone zur Seite.

„Was wir nicht dir zu verdanken haben, mein Lieber“, schnaubte Damian und schüttelte den Kopf.

Lucas war es leid, von Damian wie ein Halbwüchsiger behandelt zu werden, den man ständig zurechtweisen musste. In aller Seelenruhe goss er deswegen noch einmal Öl ins Feuer. Ob Damian jetzt ausflippte oder nicht, konnte ihm am Ende doch egal sein. Damians Temperament schreckte ihn nicht, schließlich war seines nicht minder aufbrausend. „Ich dachte, jetzt wo du regelmäßig Sex hast, wärst du vielleicht entspannter. Wie ist das eigentlich mit Schwangeren, sind die wirklich rund um die Uhr rollig?“ Lucas setzte dabei eine nichtssagende Miene auf und beobachtete Damian. Dieser kniff die Augen zusammen und zischte gefährlich leise: „Ich warne dich, Lucas. Pass auf, was du sagst. Du bist widerlich primitiv.“

„Da ist aber jemand mit dem linken Fuß aufgestanden.“ Lucas kaute genüsslich auf dem Kugelschreiber. Damian setzte sich auf. Lucas senkte den Kopf ein wenig. Dieser Blick verhieß nichts Gutes, er nahm den Stift aus dem Mund.

„Wenn du meinst. Ich habe aber noch eine Neuigkeit für dich, die dich interessieren dürfte.“ Lucas straffte sich. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um eine heiße neue Abteilungsleiterin im Hause.

„Ach, was könnte das sein?“, fragte er schließlich, als ihm Damians Schweigen zu lange dauerte.

Damian grinste diabolisch – ein schlechtes Zeichen. Lucas zog die Brauen zusammen. Sein Bruder war äußerst selten ausgelassen fröhlich, wobei sich das deutlich gebessert hatte, seit er mit Julia zusammen war.

„Ich habe zugesagt, dass du eine Weile bei einer Wohltätigkeitsorganisation aushelfen würdest.“

„Du hast …“, Lucas Mund klappte auf, „… was?“

„Na, da fällt dir dein dämliches Grinsen wohl aus dem Gesicht, Bruderherz.“ Damians ebenmäßige, weiße Zähne blitzten auf, während er sich betont gelassen die seidene Krawatte geraderückte.

„O Mann. Einen Moment lang dachte ich, du meinst es ernst. Guter Witz, Damian. Ha, ha“, lachte Lucas erleichtert auf.

„Es ist mein voller Ernst. Du wirst in zwei Wochen nach London fliegen und dort einige Investorentermine wahrnehmen.“

„Du hast ja wohl eine Meise! Kannst du vergessen. Charity bedeutet alte, vertrocknete Ehefrauen, die nichts Besseres zu tun haben, als sich um streunende Hunde zu kümmern. Auf keinen Fall!“ Energisch knallte Lucas den Kugelschreiber auf den Schreibtisch und sprang auf.

Damian ließ sich amüsiert in den weichen Ledersessel zurücksinken und schlürfte zufrieden aus der Porzellantasse, die bis dahin unberührt vor ihm gestanden hatte. „Ich fürchte doch, Lucas. Oh, weißt du noch? Kaffee?“

„Was?“ Lucas raufte sich aufgebracht die Haare.

„Du willst doch nicht, dass ich Mutter erzähle, was mir letztens in meine Tasse gekippt wurde? Muss ich dir auf die Sprünge helfen? Rohypnol? Und das bei der Vorgeschichte in unserer Familie? Was, wenn du mir damit bleibende psychische Schäden beschert hättest?“

„Du hattest auch schon ohne den Kaffee bleibende psychische Schäden. Außerdem hast du gar nichts davon getrunken. Du bist total irre! Und wenn du glaubst, dass ich mich von dir für irgendeinen Scheiß einspannen lasse, hast du dich geschnitten!“

Damian grinste unverschämt siegessicher. Wie war er überhaupt auf so einen Quatsch gekommen? Charity! In Lucas wuchs das Bedürfnis, seinem Zwillingsbruder die Meinung mit der Faust zu geigen. War das Damians Rache dafür, dass er Julia geholfen hatte, seinen Bruder aus der Reserve zu locken? Der musste bekloppt sein, ihn für eine Weiberveranstaltung einspannen zu wollen.

„Na, was sagst du? Du wirkst noch etwas skeptisch. Es ist ja nicht lange, nur für ein paar Wochen … Andererseits kann ich Charlotte natürlich auch weiter ermutigen, doch für einige Zeit nach Hongkong umzuziehen, um dir persönlich bei der Suche nach einer passenden Ehefrau behilflich zu sein.“ Damian schwebte mittlerweile in Lebensgefahr. Lucas Puls war dort, wo er sonst höchstens durch exquisiten Sex hingelangte, und nun pochte seine Halsschlagader heftig. „Du hast sie wohl nicht mehr alle, Damian.“ Lucas ballte die Fäuste.

„Das sagtest du bereits. Gut, ich werde dir die Unterlagen zu Every Life Matters zukommen lassen und in zwei Wochen geht’s dann los.“ Damian räkelte sich genüsslich, was Lucas nur noch rasender machte.

„Kommt nicht in Frage! Was soll der Bullshit?“ Und wenn es die halbe Belegschaft hörte, es war ihm egal.

„Wir sprechen uns noch, Bruderherz. Überleg dir gut, ob du wirklich riskieren möchtest, dass ich Charlotte mit hineinziehe.“

„Hau ab, du Arschloch, raus aus meinem Büro!“

„Nichts lieber als das. Jetzt frage ich mich doch, wer hier die schlechte Laune hat.“ Damian stellte die halbvolle Kaffeetasse auf einem kleinen Glastisch ab und stand auf. Er klopfte Lucas lachend auf die Schulter, doch dieser schlug Damians Hand weg. Lucas hörte das Blut in seinen Ohren rauschen und war nah dran, seinem Bruder an die Gurgel zu springen. Damian schien die Anzeichen richtig zu deuten und trat den Rückzug an. Aber nicht ohne eine letzte spöttische Bemerkung: „Na, na, da ist aber jemand … aufgebracht. Bis später dann, Lucas.“

Lucas konnte nichts mehr erwidern, denn Damian war in Windeseile aus seinem Büro verschwunden. Er nahm Damians Tasse und knallte sie mit voller Kraft gegen die Tür. Das Porzellan zerbarst in tausend Stücke und Kaffee spritzte durchs ganze Büro. Den Teufel würde er tun! Auf keinen Fall würde er sich in ein Wohltätigkeitsweichei verwandeln! Wenn er nur daran dachte – alte Frauen mit Falten und Handtaschenhunden! Er schüttelte sich angewidert und stürmte aus dem Büro. Er musste sich irgendwo abreagieren, sonst würde noch mehr zu Bruch gehen.

 

Damian lief schnurstracks zu Jans Büro und berichtete ihm von Lucas’ Reaktion auf die Wohltätigkeitspläne.

„Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich einen Kaffeebecher an die Tür fliegen hören. Lucas scheint von der Sache noch nicht ganz überzeugt zu sein“, schloss Damian seine Erzählung. Jan lachte in sich hinein. „Es wäre zu schön, wenn der Plan aufgehen würde! Lucas in den Fängen einer Frau, ihrer Gnade ausgeliefert – welch ein Fest!“

Damian war sich sicher, dass das der perfekte Denkzettel für seinen draufgängerischen Bruder werden würde. Er kannte Danielle zwar nicht besonders gut, aber nach allem, was Julia ihm von ihr erzählt hatte, würde sie Lucas Paroli bieten und ihn Vollzeit für ihre Aktionen einspannen. Das würde ihm eine Lehre sein.

„Wir sollten versteckte Kameras organisieren!“, lachte Jan schenkelklopfend.

„Ich würde einiges darum geben, Lucas dabei zuzusehen, wie er versucht, mit Julias Freundin Geld für kranke Kinder aufzutreiben. Und Julia hat durchblicken lassen, dass Danielle, sagen wir mal, anstrengend sein kann.“

„Eine komplizierte Luxusschnitte also?“

„So hat sie es nicht gesagt, aber ich denke, das trifft es. Sie ist Vegetarierin, vehemente Tierschützerin, äußerst modebewusst und sucht nach der einen wahren Liebe. Keine Frau für eine Nacht. Das Ganze gepaart mit einem Hauch Zickigkeit.“ Damian lachte sich ins Fäustchen.

„Eine Horrorvorstellung für jeden Steakliebhaber und Schürzenjäger!“ Jan legte sich die Hände um den Hals und spielte den Erwürgten.

„Genau.“ Damians Daumen zeigten nach oben.

„Perfekt“, erwiderte Jan. „So sieht es aus: Er wird leiden und ich gönne ihm jede einzelne Sekunde“, nickte Jan enthusiastisch. „Nur wie bekomme ich meine Platten wieder?“

„Du nervst mich wirklich damit, mein Freund. Mach es doch so, wie er es mit dir gemacht hat: Wette mit ihm, dass er keine drei Monate durchhält.“

Jans Gesicht leuchtete auf. „Sag, seit wann bist du so durchtriebenen, du Teufel?“

„Die Lorbeeren gebühren nicht nur mir. Eigentlich war die Aktion Julias Idee.“

„Die holde Julia ist einfach unvergleichlich! Man könnte dich ja fast beneiden – nach all den Jahren gleich so ein Volltreffer. Aber ich bin ja nicht so. Und ich mache mich gleich auf die Suche nach Lucas, um ihm eine Wette vorzuschlagen.“

„Ich muss auch los, ich bin mit Julia verabredet“, meinte Damian, als er aufstand.

Sein Freund grinste breit. „So schnell kann es gehen, wieder ein begehrter Junggeselle weg vom Markt.“

Damian zog eine Augenbraue nach oben. „Ich war niemals auf dem Markt. Und dir würde es auch guttun, wenn du endlich wieder anfangen würdest zu leben.“ Sein Tonfall klang schärfer als beabsichtigt und er bereute es sofort.

„Mir geht es gut, keine Sorge. Du willst jetzt doch nicht unter die Kuppler gehen, oder? Ist ja echt nicht zu fassen, kaum sind die Leute unter der Haube, meinen sie, alle anderen müssten es ihnen gleichtun. Man kann auch ohne Frau glücklich sein. Wenn jemand das verstehen sollte, dann du. Schließlich hast du bis vor kurzem nach diesem Mantra gelebt.“ Jan wirkte verärgert. Damian konnte es sogar ein wenig verstehen, daher antwortete er etwas versöhnlicher, als sie gemeinsam aus Jans Büro traten: „Ja, ja. Irren ist menschlich. Wir sehen uns, alter Freund.“ Damit klopfte er Jan auf die Schulter und ging Richtung Aufzug, während Jan Lucas’ Büro ansteuerte. Lucas war sowas von dran!

 


Kapitel 1

London

Nahm diese Sitzung niemals ein Ende?, dachte Danielle und kaute ungeduldig auf ihrer Unterlippe. Die endlosen Vorträge der verschiedenen Abteilungsleiter langweilten sie. Als sie von ihren Papieren aufsah, fing sie den tadelnden Blick ihres Vaters auf. Sie senkte die Augen und hoffte, dass er ihr nach der Besprechung nicht wieder einen Vortrag über die Pflichten und Erwartungen, die an seine Tochter, Erbin von Fane International Trading Ltd., gestellt wurden, halten würde. Davon hatte sie in den siebenundzwanzig Jahren ihres Lebens weiß Gott genug gehabt.

Nach einer Ewigkeit hörte sie die erlösenden Worte von Charles Fane: „Vielen Dank, Ladies und Gentlemen, wir sehen uns dann in vier Wochen in der gleichen Runde wieder. Ich wünsche Ihnen noch eine gute Arbeitswoche.“

Danielle wollte unauffällig aus dem Besprechungszimmer schlüpfen, aber ihr Vater war schneller.

„Danielle, wenn du bitte noch einen Moment wartest, ich habe noch etwas mit dir zu klären.“

O nein! Sie hatte es geahnt. Innerlich wappnete sie sich für die Predigt, die sie gleich hören würde.

„Natürlich, Dad.“ Sie lächelte ihn an und hoffte, dass ihr nicht anzusehen war, wie wenig Lust sie auf das hatte, was er von ihr wollte. Die Mitarbeiter verschwanden einer nach dem anderen zügig in Richtung Büros.

„Auf Wiedersehen Anthony, Ihr Report hat mir heute sehr gefallen! Wirklich gute Arbeit.“

„Danke, Sir. Wenn ich nachher noch kurz wegen der Kreditgeschichte etwas mit Ihnen klären dürfte? Lassen Sie mich bitte wissen, wann Sie Zeit haben.“ Der untersetzte Finanzchef nickte und schüttelte Charles die Hand übereifrig, bevor er als letzter aus dem Raum abzog. Anthony trug einen dunkelgrauen Nadelstreifenanzug mit knallroter Fliege, dazu eine dicke Hornbrille, die sein volles Gesicht noch runder wirken ließ. Der kreisrunde Haarausfall hatte dem kaum über vierzig Jahre alten Mann eine mächtige Glatze beschert, die meistens speckig glänzte, wenn er aufgeregt war. Wie jetzt. Mit kurzen, trippelnden Schritten war er um die Ecke gebogen und Danielle stand zu ihrem Bedauern alleine mit ihrem Vater im Konferenzraum.

„Was ist los, Dad?“, fragte sie unschuldig und kratzte sich dabei an der Nase. Als ob sie nicht wüsste, was sie sich gleich anhören musste! Aber sie wollte das unangenehme Schweigen unterbrechen, während Charles noch auf seinem Telefon Nachrichten checkte und beantwortete. Danielle beäugte ihn kritisch. Schon vor einer ganzen Weile hatte sie der Verdacht beschlichen, dass er ihre Mutter hinterging, aber sie hatte noch keine handfeste Bestätigung für ihre Vermutung gefunden. Vielleicht tippte er ja gerade eine Nachricht an seine Geliebte. Danielles Herz klopfte schnell. Der Gedanke daran, dass er seine Familie betrügen könnte, brachte sie mehr auf, als sie sich selbst einzugestehen wagte. Vergeblich versuchte sie einen Blick auf sein Display zu erhaschen, dann steckte er das Telefon hastig in die Innentasche seines maßgeschneiderten Tweed-Sakkos.

„Ähm, ja. Entschuldige. Dringende Anfrage aus Asien.“ Charles räusperte sich und wirkte mit einem Mal verlegen. Ein guter Lügner war er jedenfalls nicht.

„Ja, natürlich.“ Sie hielt ihre Papiere umklammert wie ein Kissen.

„Aber warum ich dich sprechen wollte, Kleines. Hast du Robert schon zurückgerufen? Ich bin mir sicher, er würde sich sehr darüber freuen. Er ist doch so ein netter Junge.“

Daher wehte also der Wind. Anderes Thema, gleicher Nervfaktor. Danielle schwankte zwischen einem Seufzer aus Erleichterung und einem Stöhnen. Robert Goldwyn war der perfekte Schwiegersohn – in den Augen ihrer Eltern. Wohlhabend, erfolgreich und – todlangweilig. Sie hatte wenig Lust auf diese Konversation über einen Mann, der sie nicht im Geringsten interessierte, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.

„Äh, noch nicht. Aber das wollte ich jetzt gleich machen, Dad.“ Die Lüge ging ihr glatt über die Lippen, sonst würde er sie nie in Ruhe lassen.

Ihr Vater lächelte zufrieden und seine grauen Augen strahlten sie warm an. Charles war mit seinen achtundfünfzig Jahren immer noch ein überaus attraktiver Mann, George Clooney nicht unähnlich, was sie ihm natürlich niemals sagen würde. Wer würde schon seinen eigenen Vater öffentlich als „gutaussehend und interessant“ bezeichnen? Aber darüber nachzudenken war erlaubt. Unter diesen Voraussetzungen war es allerdings tatsächlich nicht verwunderlich, dass er nach all den Jahren

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Karin Lindberg
Bildmaterialien: Vivien Stennulat
Lektorat: Katrin Engstfeld
Tag der Veröffentlichung: 04.01.2016
ISBN: 978-3-7396-3046-5

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /