Abreise
Es war soweit. Der letzte Schultag war vorbei. Noch nie in meinem Leben habe ich diesen Tag vor den Sommerferien so verflucht wie in diesem Jahr. Ich verabschiedete mich gerade von meiner Band als mein Zwillingsbruder zu uns kam: „Also Leute lasst euch nicht unterkriegen, ihr wisst, ihr seid spitze. Ich melde mich sobald ich in Miami angekommen bin. Hoffentlich kann ich euch bald besuchen kommen. Gott ich hasse Miami jetzt schon. Also macht’s gut und bis bald.“ Schnell drückte ich noch alle bevor mich Ralf aufforderte mitzukommen: „Hey Charley komm schon, du weist das Mum und Dad auf uns warten.“ Genau, Charley, das bin ich, eigentlich Charleen Baltimore. 20 Jahre alt und aus Südafrika. Ralf ist mein Zwillingsbruder. Und heute war der Tag an dem meine Welt zusammenbrechen würde. Meine Eltern hatten geschäftlich einen Auftrag angenommen der Sie nach Miami führte und weil Sie uns nicht hier lassen wollten, weil wir angeblich noch zu jung sind, um die Farm zu führen UND zur Schule zu gehen, müssen wir mit. Das bedeutet natürlich auch das ich alles hinter mir lassen muss was ich bis jetzt hatte. Freunde, Schule, Familie, Leben, das Gefühl zu Hause zu sein. Alles einfach. Das einzig Gute war, das es in Miami immer Sonne gibt. Die Fahrt nach Hause verlief schweigend. Ich wusste, dass Ralf genauso wenig hier weg wollte wie ich. Aber rebelliert mal mit gerade so 20 gegen Eltern die der Meinung sind zu wissen was das Beste ist…. Genau das ist nicht möglich. Wenn man nicht schon im Job steht. Mum und Dad warteten schon vor dem Tor auf uns: „Da seid ihr ja endlich! Wir müssen los. Der Flieger wartet nicht auf uns.“ Na super die Begrüßung war ja mal wieder typisch. Das macht einem die Laune die eh schon im Keller ist auch nicht besser. Immer noch schweigend stiegen wir in den großen Pick Up. Durch das Heckfenster schauten wir ein letztes Mal auf unser Zuhause. Mum plauderte in der Zwischenzeit ununterbrochen wie toll doch alles werden würde und wie schön es doch war und wie praktisch das man jetzt zu Fuß in die Stadt konnte… „…und wisst ihr was? Es gibt sogar eine Band an der Schule und eine eigene Footballmannschaft, die sogar recht erfolgreich war in der letzten Saison. Es wird euch also nicht schwer fallen schnell ein bisschen Anschluss zu finden. Euer Dad und ich haben bereits alles geregelt. Ihr geht beide in die Abschlussklasse und zum Sport beziehungsweise zur Band. Die Direktorin weis schon Bescheid und hat euch eingetragen. Außerdem habt ihr verschiedene Kurse die ihr euch aber erst nach einer Woche Unterricht aussuchen könnt. Je nach Leistung versteht sich. Ich hoffe ihr seid dort genauso gute Schüler wie hier.“ „Mum“ meldet sich Ralf zu Wort „du weist schon das wir egal wie immer die Außenseiter sein werden auf die man einprügelt??? Wir sind Landeier!“ er macht mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Dad lachte: „Ach was ihr seid doch keine Außenseiter, ihr seit was Besonderes. Jeder wird mit euch befreundet sein wollen weil ihr von hier kommt.“ „Oh Dad von welchem Stern kommst du denn??? Miami ist eine Stadt. Eine Großstadt!!! Wir kommen vom Land. Die werden recht schnell merken, dass wir keine Ahnung vom Leben in einer Großstadt haben. Und nur, weil die Farm auf dem Papier zu Kapstadt gehört und wir ein bisschen was von der Welt gesehen haben macht das aus uns nicht weniger die Dorftrottel oder Bauerntrampel. Ralf hatte in der Schule am Anfang genauso viele Probleme Anschluss zu finden wie ich. Oder habt ihr das schon wieder vergessen? Er hat Glück das er im Sport so gut ist.“ setzte ich böse dazu und steckte mir die Hörer von meinem MP3 Player in die Ohren. Ganz so schlimm wie ich das hier darstellte war es nicht gewesen das wusste ich auch. Aber ein bisschen Dramatik musste sein. Natürlich sahen wir auf den ersten Blick auch nicht aus wie Landeier. Unsere Eltern waren der Meinung, dass wir unser Leben so gestalten durften wie wir wollten. So kam es auch dazu, dass nach den Markenklamotten auch anderen Dinge wie Tattoo's und Piercings folgten. Anfangs waren die 2 zwar geschockt als wir nach einigen Besuchen im Studio mit diversen Piercings im Gesicht und größeren Tattoo’s heimkamen, aber mittlerweile war das kein Thema mehr. Wobei das Septum immer noch manchmal für Frotzeleien herhalten musste. Aber ich liebte es. Ganz in Gedanken versunken an alles was ich hinter mir lassen musste bemerkte ich gar nicht, dass wir mittlerweile am Flughafen angekommen waren. Außer ein bisschen Handgepäck hatten wir alles mit 2 großen Containern schon vorgeschickt. Sogar Stans unser Hund war schon am Flughafen in Miami und wartet auf uns, das wir ihn wieder abholten. Nach 12 Stunden Flug, gefühlt ewigen Kontrollen, Gesprächen und warten auf Stans konnten wir endlich den Flughafen, in Miami, verlassen und zu dem neuen Haus fahren.
Der Einzug
Das Haus war der Hammer. Das musste ich ehrlich zugeben. Es war riesig und eigentlich 2 Häuser in einem die sich nur die Küche und das Esszimmer teilten. Dad sagte: „Da Ihr ja jetzt schon groß seid dachten wir, es wäre vielleicht angebracht wenn ihr euer eigenes Reich habt.“ „Wow danke!“ flüsterten wir beide gleichzeitig. Rechts und links neben dem Haus war jeweils eine Doppelgarage. Ralf und ich tauschten einen kurzen Blick, so nach dem Motto ’wenn da eine Garage ist, ist da dann auch was drin?’ Die Frage wurde auch gleich beantwortet als Mum uns jeweils ein Schlüsselbund in die Hand drückte mit 4 Schlüsseln. „Im ernst?“ rief Ralf: „Das ist jetzt kein Scherz oder so eine miese verarsche? Keine Kamera die mein Gesicht filmt wenn ich die Garage aufmache und nicht das drin ist was der Schlüssel verspricht???“ Erwartungsvoll sah ich zu Dad: „Nein, keine Kamera, kein Witz, keine Verarsche oder sonst was, sondern einfach nur ein gut gemeintes Geschenk, da wir jetzt oft unterwegs sind. Ihr aber trotzdem die Möglichkeit habt zu kommen und zu gehen wie ihr wollt. Vorausgesetzt …“ Ich wusste die Sache hatte einen Haken: „Achtung Ralf jetzt kommt’s…“ unterbrach ich meinen Dad genervt. “ … Vorausgesetzt die Noten stimmen und das Haus sieht nicht aus wie ein Schweinestall, ist das soweit klar?“ setzte er seine Bedingung fort. „Wir werden uns alle Mühe geben! Versprochen, nicht wahr Charley?“ er schubste mich in die Seite „Ja sicher Dad.“ sagte ich leise, immer noch zweifelnd ob da wirklich mehr wie ein Fahrrad in der Garage stand. Auf der Farm hatten wir beide Motocrossbikes, mit denen wir uns auch sonst überall hin bewegten. Wenn wir mal ein Auto brauchten, dann nahmen wir den Pick Up. Aber ein eigenes hatten wir bis jetzt nicht und auch nicht gebraucht. Im Stillen hoffte ich auf eine schwarze Rennmaschine. Ich liebte es auf der Farm durch die Gegend zu brausen und meinen Gedanken nachzuhängen. Oder mit Ralf zusammen ein Rennen im Gelände zu veranstalten. „Hei Charleeeeeeeen!“ mein Bruder riss mich aus meinen Gedanken „Träumst du oder was ist? Los du darfst sogar zuerst gucken und dir was aussuchen.“ „Wie großzügig du doch bist.“ lachte ich. Aber Mum machte uns einen Strich durch die Rechnung: „Das würde euch so passen. Und wir stehen da mit dem ganzen Gepäck und den Möbeln und dem Auspacken. Nichts da zuerst wird ausgepackt und dann könnt ihr in die Garage gehen.“ Sie lachte als sie in unsere enttäuschten Gesichter guckte „Jetzt guckt nicht so als würden wir euch sagen, ihr müsst nach Alaska. Es ist ja nicht so viel und zu viert sind wir schnell. Also los auf geht’s.“ Entschlossen marschierte sie zur Eingangstür. Mit offenem Mund starrten wir in das Innere des Hauses. Zu sagen es wäre gigantisch, wäre eine Untertreibung. Direkt hinter der Tür war ein großer Eingangsbereich mit schwarzen Fliesen und weißen Wänden. Dahinter kam ein Esszimmer mit integrierter Küche. Eine Kochinsel, eine Bar und viel Platz für Gäste. Die Hinterseite des Raumes war komplett verglast. Von dort gingen Glastüren in den Garten, der tatsächlich einen Pool hatte. „So ihr 2, das war der gemeinsame Teil der schon eingerichtet ist, jetzt geht es an die eigentlichen Wohnräume. Ihr werdet die linke Hälfte des Hauses beziehen und wir die rechte. Die Treppen im Eingangsbereich sind sozusagen die Wohnungseingänge. Es gibt noch eine Treppe im Wohnzimmer auf jeder Seite. Die Schlafzimmer und das Bad sind oben. Also auf geht’s eure Sachen sind schon drin Ihr müsst nur noch auspacken.“ feuerte Mum uns an. Das liesen wir uns nicht zweimal sagen. Lächelnd liefen die beiden hinter uns her: „Ich glaube die 2 schaffen es und fühlen sich hier irgendwann doch zu Hause.“ Flüsterte Mum Dad ins Ohr. „Das hab ich gehört“ rief ich über die Schulter zurück „und nur weil das Haus echt schön ist, heißt das noch lange nicht, dass ich hier auch zu Hause bin.“ „Wir werden sehen Schatz.“ sagte Sie immer noch schmunzelnd. Oben angekommen standen wir vor 3 Türen. Eine rechts, eine links und eine am Ende vom Flur. Unser Obligatorisches Schnick Schnack Schnuck folgte. Ich verlor. Etwas enttäuscht lies ich Ralf den Vortritt. Und wie war es auch anders zu erwarten, er nahm die rechte Tür, die hinter der das Zimmer Richtung Garten lag. Was hatte ich also für eine andere Wahl als die linke zu nehmen? Stimmt gar keine. Ein bisschen enttäuscht öffnete ich die Tür. „Oh WOW!“ das war alles was ich sagen konnte. „Gefällt’s dir Schatz?“ fragte meine Mutter hinter mir. Von gegenüber kam lauter Jubel und ein lachen von Dad. Das Zimmer war riesig und in 3 Bereiche unterteilt. Direkt am Fenster über dem Hof war ein großer Schreibtisch mit Blick Richtung Stadt und dahinter, ich konnte es kaum fassen, dem Strand. In der Mitte war eine kleine Sitzgruppe mit TV und ganz rechts stand das Bett mit Blick aus dem Fenster. Am Ende des Zimmers befanden sich 3 Türen. Die linke davon war aus Glas und ging auf die Garage welche gleichzeitig eine Dachterrasse war. Die Mittlere führte in einen begehbaren Kleiderschrank und die rechte natürlich ins Bad. Das Spektakulärste für mich war die Regendusche. Stürmisch packte mich da mein vollkommen ausgelassener Bruder und hob mich hoch. Er strahlte zufrieden: „Wahnsinn Charley. Ich glaube hier kann ich mich eine Zeit lang wohlfühlen. Was meinst du dazu?“ „Das Zimmer ist super und die Aussicht auch. Ich glaube eine kleine Weile schaff ich es auch mich hier wohlzufühlen.“ gab ich zu. Schnell wie der Blitz hatten wir alles ausgepackt, die Neugierde auf die Garage und deren Inhalt war einfach zu groß. Viel Kleidung und Krimskrams hatte ich eh nicht. Neben dem Schreibtisch an die Wand pinnte ich meine Fotos. „Ich werde euch vermissen.“ flüsterte ich zu meinen Freunden auf den Bildern, als hinter mir die Tür auf flog und ich erschrocken zusammen zuckte: „ Meine Güte Ralf muss das sein?“ Grinsend erwiderte er: „Los komm schon!!! Das Geheimnis wartet. Oder willst du gar nicht wissen für was die Schlüssel sind?“ „Oh du bist unmöglich Bruderherz!“ erwiderte ich lachend, während ich hinterher rannte. Die Daumen ganz fest in die Fäuste gedrückt und Stoßgebet zum Himmel schickend stand ich neben ihm: „Bitte, bitte lass es kein Fahrrad sein. Bitte nicht.“ Das von Ralf keinerlei Geräusch kam, machte mich noch nervöser: „Sag bitte das da kein Fahrrad steht!“ Ein kurzes räuspern, dann ein heißeres: „Da steht definitiv kein Fahrrad.“ Ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er diese Stimme nur hatte wenn es ihm wirklich die Sprache verschlug. Das konnte 2 Dinge bedeuten: Entweder hier war nichts aber auch gar nichts drin oder es musste so gut sein das er keine Worte dafür finden konnte. Langsam öffnete ich meine Augen nur um noch mal zu blinzeln. Um ganz sicher zu gehen zwickte ich meinem Bruder so fest ich konnte in die Seite. „Hei aua!!! Spinnst du?“ fragte er mich „Ich wollte nur auf Nummer sicher gehen. Tschuldigung“ Strahlte ich ihn an. Vor uns standen 2 Ford Pick Up einer in schwarz und einer in dottergelb und 2 schwarze Ducati Panigale. Nachdem ich meinen Unterkiefer wieder aufgesammelt hatte und Ralf den Mund zu drückte, hüpfte ich wie eine 3 jährige zu den Bikes hin. „Ich glaub’s ja nicht!!! Oh Wow!!! Der Hammer!!! Ralf guck dir das an die sind echt! Das ist kein Pappkarton in 3d Optik die Dinger stehen da wirklich!!!“ Das ich wirklich aus dem Häuschen war muss ich ja nicht extra erwähnen. „Wie sieht’s aus? Stadtrundfahrt? Wir können uns ja mal umschauen wo es eine nette Strecke für uns gibt.“ Zwinkerte ich ihm noch zu.
Das erste Wochenende
Gesagt getan. Es gab mehrere große Einkaufszentren und auch ein paar Bars und Clubs sonst aber nichts weiter Nennenswertes. Nach 2 Stunden Stadterkundung fuhren wir noch zur Schule. Wie zu erwarten war hier an einem Samstag nicht viel los. Wie jede andere Schule auch war es ein großes weißes Gebäude mit einigen Sportplätzen. „Naja sieht ja nicht so sonderlich spektakulär aus.“ nuschelte mein Bruder in sich rein. Ich wusste was in ihm vorging, mir ging es nicht besser. Die Neuen wären wir. Der einzige Vorteil den wir hatten war, dass wir uns hatten und nicht alleine da durch mussten, aber das war’s dann auch schon. Nächsten Montag sollte es hier losgehen. „Was meinst du, sollen wir noch zum Strand fahren und ein bisschen die Füße baumeln lassen?“ fragte er mich. Ich zuckte nur die Schultern mir hatte es ein bisschen die Laune versaut, weil ich keine Lust hatte von allen wie ein Zootier begafft zu werden und mich immer wieder neu vorstellen zu müssen. Ihm ging es wohl ähnlich denn das Lächeln das er bis eben noch auf dem Gesicht hatte war weg. Er fuhr Richtung Strand. Auf dem Parkplatz standen eine Menge Sportwägen und Jeeps: „Auf in den Kampf.“ schnaufte ich schwer und stieg aus. Wir hatten vorsorglich unsere Badesachen eingepackt. „Was meinst du wie lange die Mädels dieses mal brauchen bis sie sabbernd an dir hängen?“ „Ach hör doch auf!“ winkte er murrend ab. Man muss dazu sagen er sah richtig heiß aus mit seinem 1 m 85 und seiner drahtigen Figur, seinen blonden Haaren und mit einem unverschämt anziehenden grinsen. ’Ich weis sowas denkt man nicht über seinen Bruder.’ Lächelnd schnappte ich meinen Rucksack und lief ihm nach. Immerhin würde ich was zu gucken haben bei den ganzen billigen Hühnern die ihn belagern würden. „Ich geb denen 2 Minuten nachdem ich mein Shirt ausgezogen habe.“ bekam ich dann doch meine Antwort. Der Strand war hier leider nicht so groß das wir uns eine ruhige Ecke hätten suchen können wo wir für uns waren. Wohl oder übel mussten wir uns in die Nähe von anderen legen. Ich überließ ihm die Platzwahl. Ein kurzer Blick zwischen uns und wir waren uns einig. Schnell raus aus den Klamotten und ab ins Wasser bevor irgendjemand auch nur auf die Idee kam uns anzusprechen. Schon als wir unsere Handtücher hinlegten waren uns einige Blicke sicher. Das wurde dann aber tatsächlich getoppt als er sein Hemd lässig in den Sand warf und man auf seiner linken Brustseite den hellgrauen Engel sah der sich in ein graues Tribal schmiegte das bis in die Badeshorts ging. Er grinste mich frech an. Sein Aufreiserlächeln: „Und wie ist die Lage?“ „Naja nicht mal 30 Sekunden und die Hälfte ist dir verfallen“ raunte ich zurück. Das Spiel hatten wir schon hunderte male am Strand gespielt, eigentlich seit wir 15 waren und er anfing zu trainieren. „Du wirst auch nicht schlecht bestaunt Schwesterherz.“ zwinkerte er. „Na los komm schon, die Hühner haben nachher noch genug Zeit dich anzuschmachten wenn du trocknest. Lass uns endlich ein bisschen ins Wasser.“ Das Meer war herrlich warm und klar. Lange hielt es uns aber nicht im Wasser. Wir lagen noch nicht richtig auf unseren Handtüchern als sich doch tatsächlich ein paar Mädchen her trauten. Meiner Meinung nach alles Tussis die sogar am Strand High Heels und Make Up trugen und in ansprachen: „Hi süßer, bist du neu hier? Wir würden gerne ein bisschen Volleyball spielen, machst du mit?“ ’Wow wie dreist’ dachte ich nur, da liegt Mann mit einer Frau, wenn auch nur die Schwester was man aber nicht sieht, am Strand und wird so dreist angegraben. Was für Flittchen. Auch wenn Ralf kein Mädchen ausließ im Normalfall, auf Schlampen stand er nicht. Ich antwortete ihr also betont höflich aber ohne auch nur die kleinste Bewegung zu machen: „Hei Schlampe siehst du nicht das er mit mir hier ist? Und falls dir das auch noch nicht aufgefallen ist, kann deine Hackfresse mit ach und Krach der Schäferhund an der nächsten Ecke scharf finden. Also zieh Leine und lass dich nicht mehr hier Blicken! Kapiert? Oder soll Ichs dir noch aufschreiben?“ Ihr Mund stand offen, wahrscheinlich war sie es nicht gewohnt dass irgendjemand so mit ihr sprach. Soviel zum Thema gut einleben und Freunde finden. Innerlich freute ich mich riesig über das blöde Gesicht das Lady Hackfresse zog. Mein Bruder zog es vor nur zu nicken, konnte aber ein grinsen nicht unterdrücken. Die blonde Nuss schnippte mit dem Finger und sie und Ihre 3 Gefolgsdamen verschwanden so schnell wie sie gekommen waren wieder in Richtung dahin wo der Pfeffer wächst. „Danke! Du bist ein Schatz. Warum kann ich nicht mal 5 Minuten meine Ruhe haben? Ich mein, ich weis das ich heiß bin, aber muss das sein?“ sagte er gespielt hochnäsig. Ich musste so lachen das mir irgendwann der Bauch wehtat: „Wie kann man denn bitte nur so eingebildet sein wie du? Und damit auch noch Erfolg in der Damenwelt haben? Ich versteh’s einfach nicht. Wenn ich nicht deine Schwester wäre, sondern irgendein Mädel ich glaube ich hätte nicht mal die Lust dich näher kennenzulernen. Du eingebildeter Fratz.“ „Autsch, das tut weh.“ schmollte er gespielt vor sich hin. Als wir trocken waren packten wir unsere Sachen und machten uns auf den Heimweg. Das Radio lief auf voller Lautstärke und langsam aber sicher entspannte ich mich das erste Mal richtig an diesem Tag. Das darauffolgende Wochenende war ereignislos geblieben, außer weiteren Erkundungen der Gegend und Strand besuche gab es nichts zu tun. Wie sollte es auch anders sein, wenn man niemanden kennt. Das sollte sich jedoch am Montagmorgen mit einem Schlag ändern.
Montag
Pünktlich um 7 Uhr klingelte der Wecker. Vor dem Badezimmer hörte ich schon das Wasser rauschen. Verdammt Ralf. Da die Zeit aber doch recht knapp war entschied ich mich einfach reinzugehen. „Nicht erschrecken. Ich bin auch da.“ „Ach man Charley kannst du nicht draußen warten?“ „Glaub mir könnte ich das würde ich das tun. So heiß du auch bist, so wenig nötig hab ich’s dann auch dir hinterher zu spannen.“ lachte ich. Nachdem er fertig war mit duschen tauschten wir die Plätze. „Wir müssen uns unbedingt absprechen wie wir das morgens mit dem Bad machen. Ich habe keine Lust mir mit meiner Schwester gleichzeitig die Dusche teilen zu müssen!“ gurgelnd gab ich nur ein „Ja.“ von mir. Endlich angezogen war es doch schon 20 vor 8 und wir mussten dringend los. Um nicht allzu arg aufzufallen entschieden wir uns mit dem Auto zur Schule zu fahren. Nur nicht gleich am ersten Tag im Rampenlicht stehen. Gerade noch so vor 8 schlüpften wir ins Sekretariat. Mit einem kurzen Seitenblick auf Ralf gab ich ihm zu verstehen ’lass mich machen, bei Kerlen hab ich das leichtere Spiel’. „Guten Morgen, wir sind die Baltimore Zwillinge und sollten uns hier melden für die Stundenpläne und Bücher. Kannst du uns da weiterhelfen?“ flötete ich dem Jungen hinter dem Tresen, mit einem breiten Grinsen, zu. Er nickte: „Da seid ihr bei mir richtig. Hier habt ihr schon mal die Stundenpläne, Bücher werden euch von dem jeweiligen Fachlehrer ausgehändigt. Die Schulordnung hängt in der Kantine am schwarzen Brett. Sich daran zu halten ist von Vorteil, Direktorin Masters ist in der Beziehung streng. Ich sehe gerade ihr seid ja auch in der Band, beziehungsweise im Footballteam. Das heißt das jeden Nachmittag ab 14 Uhr 30 noch 1–2 Stunden Proben und Training auf euch warten. Die Räumlichkeiten stehen auf der Rückseite von eurem Stundenplan. Ah Leon gut das du da bist. Das sind Charleen und Ralf Baltimore. Die 2 gehen ab heute in deine Klasse. Bitte kümmere dich ein bisschen um sie.“ sagte er zu einer Person die wohl zwischenzeitlich eingetreten ist. Wir nickten dem Sekretär zu und gingen raus: „Hi ich bin Leon aber alle nennen mich Lee.“ „Hi Charley.“ „Ralf“ wir gaben uns kurz die Hand und liefen dann zusammen den Gang runter während er ununterbrochen Quatschte: „Also ihr seid die Baltimore Zwillinge. Ich denke es macht wenig Sinn euch jetzt alles sofort zu zeigen, da ihr euch eh nicht alles merken könnt. Nur soviel, hier gibt es ganz klare Regeln, auch wenn die nicht in der Hausordnung stehen. 1. Die Cheerleader sind Tabu außer du gehörst zum Team oder sie kommen zu dir. 2. Die Footballspieler sind hier die Stars. Es wird also erwartet, dass man Ihnen Platz macht und sie zuerst in der Kantine dran sind. Und 3. Gehörst du nicht dazu bist du auch niemand. Habt ihr 2 das kapiert?“ Oh man was für ein arrogantes eingebildetes Arschloch. Ich setzte schon an um ihm zu antworten, dass ich mich einen Scheiß um seine Regeln schere und dass ja auch Ralf einer der Mannschaftskameraden sein wird. Doch ein warnender Blick von ihm hielt mich davon ab, also lächelte ich nur böse in mich rein: „Und was passiert wenn wir uns nicht dran halten?“ Ich setzte meine Unschuldsmiene auf als er sich umdrehte: „Was dann passiert kann ich dir sagen. Entweder lynchen dich die Cheerleader, oder die Spieler sorgen dafür, dass nicht mal mehr die Nerds mit dir an einem Tisch sitzen wollen. Wenn du’s dir leicht machen willst, dann passt du besser auf was du zu wem, wann und wie sagst.“ Weiter grinsend lief ich hinter ihm her. Das konnte ja lustig werden. In der Klasse angekommen wurden wir erst mal von einer älteren Dame streng gemustert: „Ich hoffe sie haben eine Jacke oder etwas in der Art dabei Miss Baltimore!“ Oh das fing ja gut an. Erstaunt fragte ich: „Warum das denn, es ist Sommer?“ Ihre Lippen wurden zu einem schmalen Strich: „Ich dulde hier in meiner Klasse keine aufreizende Kleidung und keine, welcher Art auch immer gestalteten, Veränderungen des Körpers offen zu tragen. Und auf Ihren Schultern sehe ich riesige Farbflecken. Entweder sie ziehen eine Jacke an oder ich verweise sie des Raumes. Und sie Mister Baltimore werden Ihre Kappe absetzten, den Kaugummi ausspucken und die Hose soweit hochziehen das Ihre Unterwäsche unsichtbar wird.“ Die Klasse kicherte hinter vorgehaltener Hand. Ich war schon am Luftholen als Ralf mir zuvor kam. Mit dem charmantesten Lächeln was er zu bieten hatte und den größten grünen Hundeaugen die er machen konnte sagte er: „Guten Morgen Miss, entschuldigen Sie bitte, ich habe Ihren Namen vorhin nicht verstanden, wir sind neu hier an der Schule und mit der Kleiderordnung noch nicht vertraut. Bitte sehen Sie es uns für heute nach das wir dementsprechend unpassend gekleidet zu ihrem Unterricht erschienen sind. Es wird nicht wieder vorkommen versprochen.“ Gespielt zerknirscht schaute er auf den Boden. „Ja bitte entschuldigen Sie Miss, hätten wir das gewusst, wäre uns das nicht passiert.“ Entschuldigte ich mich nun auch. Bei einem Seitenblick sah ich das Ralf sich kaum noch das Lachen verkneifen konnten. Wenn einer die Heuchelei bei älteren Frauen perfekt beherrschte, dann er. Die Klasse war nicht mehr zu halten und lachte laut heraus. Wütende drehte sich die Lehrerin um: „Wenn jetzt nicht sofort Ruhe ist, schreiben wir einen Test! Verstanden? Und nun zu Ihnen beiden. Aufgrund der Tatsache, dass sie neu sind und sie mir versichert haben, dass so ein unmöglicher Auftritt nicht mehr vorkommt, werde ich für heute ein Auge zu drücken. Dennoch muss ich sie bitten ihre Hose so anzuziehen dass ihre Wäsche unsichtbar wird.“ Nickend zog er die Hose hoch. Sie wies uns 2 Plätze in der letzten Reihe zu. Sobald wir uns setzten, zog er seine Hose wieder runter und grinste nur frech in die Runde der anderen Schüler, die uns erstaunt anstarrten. „Der Unterricht findet hier vorne statt, würden sie also bitte Ihre Aufmerksamkeit in meine Richtung lenken?! Dann können wir ja anfangen.“ Eine der langweiligsten Wirtschaftsstunden begann. Vorstellen mussten wir uns zum Glück nicht mehr. Hinter die Fächer von Misses Jacobs malte ich einen kleinen Besen. Die alte war eine Hexe wie sie im Buch stand. Hätte mein Bruder nicht so übertrieben, ironisch, höflich reagiert, wäre ich jetzt wohl auf dem Weg zum Direktor. Nach der Stunde kamen einige Leute auf uns zu: „Hei ihr 2, so schnell ist die alte Jacobs noch nie um den Finger gewickelt worden.“ Lachte da einer. Als ich hoch sah stand genau vor mir ein großer Kerl. Mir verschlug es die Sprache. Der Typ sah verboten gut aus, mit seinen knapp 1.90 Körpergröße, den Stahlgrauen Augen und den Blonden verstrubbelten Haaren. Unter seinem weißen T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln ab und aus dem rechten Ärmel zeigten sich 2 kleine schwarze Spitzen die ein Tattoo erahnen liesen. Er streckte Ralf die Hand hin: „Hi ich bin Jase, und das sind Lee und Dom.“ Er lachte: „Wenn’s sonst nichts ist? Es ist immer leicht alte Schachteln um den Finger zu wickeln, wenn man weis wo die Schwachstellen sind. Ich bin Ralf und das ist Charley.“ Wir hatten noch 4 Stunden bis zur Mittagspause die Quälend langsam herumgingen. Wir mussten uns wie erwartet bei jedem neuen Lehrer vorstellen. Wurden angeglotzt und belächelt und vor allem abschätzig gemustert. Ansonsten war alles ruhig. Lee zeigte uns wo wir hin mussten oder schickte uns mit jemandem mit der auch dorthin musste. Zum Essen gingen wir in die Kantine. Gefühlt war die halbe Schule schon da. Freie Plätze gab es auch nicht. Genervt nahm ich mir einen Apfel aus dem Obstkorb. Ich würde wohl im Stehen Essen müssen. Da schnappte Ralf mich an der Schulter und zog mich mit. Wir blieben bei Lee und den Jungs stehen: „Hei Jungs, habt ihr zufällig noch ein paar Zentimeter für uns frei?“ Der ganze Tisch musterte uns, verlegen schaute ich auf meinen Apfel, der plötzlich das interessanteste auf der Welt war. Während die Jungs entschieden, ob wir Cool genug waren, auch am Tisch sitzen zu dürfen, musterten mich ein paar Mädels von oben bis unten abschätzend, nur um danach Ralf anzuschmachten. Diese Püppchen waren eindeutig die Cheerleader. Endlich meldete sich Dom zu Wort: „Ich denke das geht OK, wenn ihr heute hier sitzt. Aber das ist auch nur eine Ausnahme! Ab morgen sucht ihr euch euren eigenen Platz. Das ist der Sportlertisch.“ Genervt von so viel Arroganz setzte ich mich auf einen freien Stuhl zwischen den Jungs. Ich war froh, dass ich überhaupt sitzen konnte zum Essen. Unauffällig schaute ich in die Runde. Ich trat unter dem Tisch Ralf ans Schienbein, er beugte sich zu mir rüber: „Was ist denn?“ „Guck mal unauffällig auf 9 Uhr. Da sitzt die Schäferhundtussi vom Strand. Das scheint die Obercheerleaderin zu sein. Du wirst noch deinen Spaß haben.“ „Na wunderbar die hat mir grade noch gefehlt…“ stöhnte er genervt. Noch hatte sie uns nicht entdeckt. Aber das Glück sollte nicht lange halten. Nach der Pause standen noch 2 Stunden Erdkunde an. Wieder mussten wir uns vorstellen. „Stellen sie sich bitte der Klasse vor.“ Wir wechselten uns beim Reden ab, damit wir nicht alles doppelt erzählen mussten: „Hi ich bin Ralf Baltimore, 20 Jahre alt...“ „und ich bin Charley. Wir sind Zwillinge und kommen aus der Nähe von Kapstadt.“ „Unsere Hobbys sind Fußball, Football, Fitnesstraining,…“, „Tanzen, Zeichnen und Motocross.“ Ergänzte ich die Liste. Mister Peterson fragte: „Aus der Nähe von Kapstadt, von wo genau?“ „Aus Devils Peak. Das liegt ein bisschen westlich von Kapstadt City.“ sagte ich und zeigte auf der großen Wandkarte auf den Punkt. „Oh dann seid ihr ja gar nicht aus der Stadt direkt?!“ kam es spitz von einer Mitschülerin. „Nein nicht direkt aus der City. Aber da zu wohnen ist auch nicht sonderlich toll.“ antwortete Ralf ruhig. „Dann seid ihr also nichts außer ganz gewöhnliche Bauerntrampel.“ kam es von ihr. Und jetzt sah ich auch wer gesprochen hatte. Es war niemand sonst außer Hundeschnauze. „Loraine!!!“ schnaufte unser Lehrer böse in die Richtung von ihr. Sie saß ungerührt auf Ihrem Platz und schaute mich herausfordernd an. Mit meinem süßesten Lächeln erwiderte ich: „Stimmt nichts als gewöhnliche Bauerntrampel aber mit Anstand, Grips, Respekt und so viel Selbstachtung, dass wir nicht am Strand versuchen müssen Leute anzubaggern obwohl Sie in Begleitung sind.“ Das saß. Tomatenrot wurde sie im Gesicht, manche lachten und sagten Dinge wie ’Ja so kennen wir Loraine…’ oder ’du wirst auch immer billiger’ nett war es jedenfalls nicht was sie sich anhören musste. Nur die Cheerleader um sie herum trösteten sie. Mister Peterson beendete die Vorstellung bevor die Sache noch ganz aus dem Ruder lief und schickte uns in die letzte Reihe wo noch 2 Plätze frei waren. Ich setzte mich neben die Mädels die schon dort saßen. „Hi ich bin Shancy.“ kam es von rechts neben mir. ‚Na super‘ dachte ich ‚Noch so ein Püppchen mit mehr in der Bluse wie im Hirn‘. Lustlos antwortete ich: „Hi ich bin Charley.“ Sie streckte mir die Hand hin die ich nach kurzem Zögern dann doch ergriff. Ich hatte keine Lust auf noch mehr Gespräche und so drehte ich mich nach vorne und hörte zu was der Lehrer über Kapstadt von sich gab. Viel Ahnung von dort hatte er nicht. Alles was er von sich gab war das, was er in den Nachrichten wohl mal gehört hat. Und das betraf bekannter weise nur die City. Von dem ländlicheren Teil drum rum wusste er gar nichts. Er fragte aber auch nicht, also sagte ich nichts dazu. Endlich waren die 2 Stunden vorbei, die Klasse hatte ein ziemlich verschobenes Bild von meinem zu Hause und wollte nur noch gehen. Auf Ralf und mich warteten noch das Training und die Probe. Große Lust hatte ich keine, wieder nur die Zweit oder Drittbesetzung zu sein. In meiner letzten Schule hatte ich es immerhin in die Stammbesetzung geschafft und wir waren sogar ein bisschen erfolgreich. In Gedanken versunken trödelte ich den Gang entlang zum Probenraum aus dem schon lautes Gekicher zu hören war. Unbemerkt versuchte ich mich reinzuschleichen. In dem Moment als ich die Tür hinter mir leise schließen wollte, war plötzlich Totenstille im Raum. ’Na wunderbar das hat ja super geklappt’ dachte ich bei mir und zwang mir ein Lächeln ins Gesicht und drehte mich rum: „Hi, ich bin Charley.“ sagte ich in der Hoffnung das ich damit wieder unsichtbar wurde. Die Band bestand offenbar nur aus 3 Mädels. Eine ältere Frau am Fenster lächelte mich an: „Hallo Charley, schön das du da bist. Wir warten schon auf dich. Das hier sind Latty, Kerr und Shancy.“ sagte Sie und zeigte nacheinander auf die drei. „Hi wir kennen uns ja schon. Warum hast du nicht gesagt, dass du auch zur Probe kommst? Wir hätten ja zusammen gehen können.“ meldete sich Shancy zu Wort. „Ich wusste ja nicht dass du auch hierher kommst.“ Erwiderte ich Schulterzuckend. „Naja macht ja nichts, Hauptsache dass du da bist. Wie du siehst sind wir ein paar zu wenig für eine ganze Band.“ gab Latty zuversichtlich Ihren Senf dazu. „Jetzt überstürz mal nichts“ warf Kerr dazwischen „wir wissen ja noch nicht mal ob sie überhaupt zu uns passt.“ ’Na vielen Dank auch’ dachte ich, laut knurrte ich: „Dann kann ich ja auch wieder gehen, wenn es dir nicht passt das ich hier bin.“ Die Frau am Fenster schritt ein: „Kerr hör auf mit deiner Stänkerei, du schaffst es echt jeden zu vertreiben. Und du Charley bleib bitte hier. Wenn es dir gar nicht bei uns gefällt, kannst du immer noch aufhören. OK?“ „Wenn’s sein muss.“ murmelte ich mehr zu mir selber als zu den anderen. „Gut wenn das so ist fangen wir mal mit den Einzelproben an. Kerr du bist zuerst an der Reihe. Fang bitte an. Und ihr setzt euch da hinten auf die Stühle, Gesicht zur Wand, damit ihr nur hören könnt.“ Verwundert setzte ich mich zu den anderen beiden. Während Sie ihren Bass stimmte, schubste Latty mich an: „Nimm Kerr nicht zu ernst. Sie ist sauer, weil deine Vorgängerin von heute auf morgen hingeschmissen hat und wir uns bei unserem Auftritt total lächerlich gemacht haben, weil die Playback CD für die Gitarre hängen geblieben ist.“ Shancy nickte zustimmend: „Duuuu Charley? Kann ich dich mal was fragen?“ „Ja er ist noch Single.“ gab ich genervt zurück, sie schaute mich verwundert an und schüttelte den Kopf, stattdessen fragte sie: „Du heißt doch eigentlich Charleen Baltimore oder?“ „Jaaaaa?“ „Und du kommst aus Devils Peak, Kapstadt oder?“ „Jaaaaaa?“ Latty machte große Augen: „Oh mein Gott sag jetzt bloß nicht das du die Charley Baltimore von den Cape-Rocker’s bist?!“ Jetzt war ich Platt: „Ihr kennt die Cape-Rocker’s???“ fragte ich überrascht. „Klar kennen wir die“ lachten die beiden „Kerr du kannst deine Bösartigkeit wieder einpacken glaub ich. Du wirst dich noch wundern.“ lachte Latty. Immer noch verwundert schüttelte ich den Kopf ’Wie klein doch die Welt ist.’ Nie hätte ich gedacht, dass man uns außerhalb von Kapstadt kennt „Woher kennt ihr uns?“ wollte ich deshalb wissen. „Aus You Tube natürlich“ sagte Shancy sofort „der Auftritt auf der Parade, bei den Fußballspielen im Stadion, ist hier bei einigen der Ohrwurm schlechthin.“ „Wow! Ich bin echt überrascht, dass uns hier tatsächlich jemand kennt. Dann bin ich ja mal gespannt was das noch gibt.“ Ich versuchte mich auf Kerrs Bass zu konzentrieren, aber Latty plapperte ungerührt weiter: „Was hältst du davon wenn du dran bist Kerr zu überraschen? Sie liebt diesen Song, wenn sie ihn nicht gerade auf ihrem MP3 Player hört, summt sie ihn vor sich hin.“ Shancy verdrehte die Augen: „Oh ja es ist furchtbar… seit Wochen schon redet sie von nichts anderem, als das sie unbedingt eine CD braucht, von den Cape-Rocker’s….“ „Da muss ich euch leider enttäuschen Mädels. Es gibt keine CD oder sonst irgendwelche Aufnahmen von uns. Tut mir leid.“ erklärte ich. „Charley du bist die nächste. Welches Instrument spielst du?“ Fragte mich unsere Musiklehrerin. „Haben sie eine Gitarre? Wenn ja würde ich es gerne probieren.“ gab ich gespielt schüchtern zurück. Im Hintergrund hörte ich Kerr genervt schnaufen: „Oha… habt ihr das gehört? ’Versuchen’ na das kann ja was werden.“ „Jetzt warte doch erst mal ab. Du kannst immer nur motzen. Sie kann auch nichts dafür, dass Betty einfach geschmissen hat. Und du solltest das besser als alle wissen. Immerhin wissen wir ja warum sie wirklich gegangen ist.“ warfen die beiden anderen ihr vor. Einmal tief durchatmen und loslegen. Seit ich hier war hatte ich meine Gitarre nicht einmal in der Hand gehabt. Ich konnte nicht. Und jetzt musste ich vor so einer eingebildeten Schnepfe, wie Kerr spielen, die denkt sie wäre ein Superstar. Nein ich wollte ihr den Gefallen nicht tun und ihr zeigen wer ich war. Sollte sie ruhig im Dunkeln stehen. Leise fing ich an die ersten Töne von Dear Mr. President von P!NK zu spielen. Ein bisschen summte ich dazu. Das sollte für den ersten Auftritt reichen. Nach mir mussten noch Shancy und Latty und die Probe war vorbei. Kerr rauschte mit einem bösen Blick an mir vorbei. „Mädels bitte, bitte tut mir einen Gefallen!“ Sie nickten „Sagt Kerr bitte nichts von mir und den Cape-Rocker’s. Ich hasse Arroganz und Überheblichkeit. Und Sie hat definitiv von beidem zu viel. Sie wird schon noch merken, dass sie damit bei mir nicht weit kommt. Wie Loraine schon sagte, ich bin ein einfacher Bauerntrampel und sonst nichts. Und dementsprechend mag ich’s auch einfach.“ Verwundert schauten sie mich an: „Du bildest dir also nichts da drauf ein das du im Moment über You Tube eine Menge Aufmerksamkeit bekommst?“ „Nein tatsächlich habe ich das heute von euch zum ersten Mal gehört, das es da ein Video gibt. Könnt ihr mir bitte noch sagen wie ich zum Footballfeld komme? Mein Bruder hat noch Training?“ „Du bist echt eine sympathische, ich glaube wir werden gute Freundinnen. Komm mit, wir bringen dich hin.“ strahlte Latty. Sie brachten mich zur Tribüne und verabschiedeten sich dann. ’Die 2 sind echt seltsam, aber irgendwie auch nett. Ich glaube mit denen sollte ich mich wirklich anfreunden.’ Aus dem Augenwinkel sah ich etwas fliegen. Gerade noch im letzten Moment drehte ich mich um, um den Football zu fangen. „Hei Honey normalerweise sind beim Training keine Zuschauer gestattet und Presse auch nicht. Also mach, dass du verschwindest, bevor der Coach dir in deinen süßen Hintern tritt.“ ’Gibt’s hier eigentlich nur Machos?’ fragte ich mich. Ich sah wie Ralf gerade zu den anderen kam, um zu gucken warum sie so einen Aufstand vor der Bande machten. Als er mich sah, grinste er und nickte. Er wusste immer was ich dachte. Betont langsam und sexy kam ich die Treppe runter. Als ich kurz hinter einem riesigen Pappaufsteller verschwand, krempelte ich schnell meine Shorts noch ein Stück höher damit sie nicht mehr Knielang waren. Am Feldrand angekommen, wurde ich erst einmal von allen angestarrt. Ich hatte mir heute Morgen ja auch echt Mühe gegeben. Blaue Turnschuhe die einen hohen Schaft hatten, schwarze Shorts, die jetzt zu Hotpants wurden und ein weißes Tank Top, durch das man die Tattoo’s scheinen sah. Die Haare, die ich seit ein paar Monaten in einem dunklen Pink trug, hatte ich locker zu einem Sideswaep geflochten. Make Up trug ich sowieso so gut wie nie. „Hei mein Süßer, brauchst du noch lange mit deinem Training? Du weist doch das ich ungern auf dich warte.“ begrüßte ich Ralf und zog bei dem letzten Satz eine Schnute. Ralf kam zu mir und hob mich hoch: „Hei Baby, du weist doch, dass das sein muss. Also schmoll nicht. In einer Stunde bin ich für dich da. Warum setzt sich mein kleines Bunny nicht da auf die Bank und wartet auf mich?“ beim Reden hatte er mich wieder auf dem Boden abgestellt und schob mich Richtung Coaching Zone. Ich setzte mich auf die Bank in die Sonne. Zum Glück hatte ich meinen Zeichenblock noch aus meinem Spind geholt, sodass ich ein paar Zeichnungen von den Spielern machen konnte. Der Couch kam schreiend aus der Kabine: „Was ist denn hier los? Da ist man keine 10 Minuten weg und ihr faulen Säcke macht es euch gemütlich? Nicht mit mir! Ab auf die Laufbahn mit euch und 5 Runden, und wehe ich sehe einen gehen oder stehen!“ mit einem schrillen Pfiff drehte er sich zu mir: „Und jetzt zu dir. Was willst du hier und wer bist du?“ er funkelte immer noch ziemlich böse, also versuchte ich es mit dem klein Mädchen Charme: „Hallo Coach ich bin Charley, Ralfs Schwester. Wir sind neu hier an der Schule und ich warte auf ihn, damit wir zusammen heimfahren können. Er hat gesagt ich soll mich hierhin setzen und unsichtbar sein, damit sie mich nicht rausschmeißen.“ schüchtern lächelte ich ihn an. „Wenn du hier bleiben willst solltest du dich wirklich unsichtbar machen. Ich will nichts von dir hören und sehen. Von mir aus bleib da sitzen. Aber!!! Und das solltest du dir genau merken. Wenn ein Wort bei der Presse landet wie wir hier trainieren. Wart ihr 2 die längste Zeit Schüler hier! Verstanden?“ Ich nickte und verschwand hinter meinem Block. ’Ein ganz harter der Coach, na wunderbar und das auch noch jeden Mittag….’ in mein Handy tippte ich eine Erinnerung -Zeichensachen einpacken-. Ich steckte mir meinen MP3 Player in die Ohren und hörte von Poison Every Rose has it’s Thorn. Die Sonne schien warm und beim Zeichnen vergaß ich sogar das ich nicht in Afrika war, sondern hier. Erst als sich jemand neben mich setzte, blickte ich auf. „Was willst du hier?“ wurde ich von Jase angemotzt. ’Was hatte der für ein Problem?’ „Auf Ralf warten, hast du doch vorhin gehört?“ pampte ich zurück. „Oh ja das haben wir alle gesehen. Was soll der scheiß? Das du dich so billig gibst?“ „So wie ich reingekommen bin, standet ihr doch sabbernd da, als hättet ihr noch nie ein Mädchen gesehen. Es war einfach zu verlockend. Du entschuldigst mich jetzt? Ich will Heim.“ gab ich schnippisch zur Antwort, während ich meinen Rucksack packte. „Und außerdem bin ich, im Gegensatz zu euren, ach so tollen und euch allein gehörenden, Cheerleadern alles andere als billig. Merk dir das gefälligst!“ Ich stolzierte an ihm vorbei Richtung Ausgang, als er hinter mir her rief: „Ach mach doch was du willst! Du Zickiges Gör!“ Manchmal fragte ich mich echt was Männer, insbesondere Footballspieler, für Probleme hatten. Draußen traf ich auf Ralf: „Hei was machst du denn für ein Gesicht?“ „Jase hat mich eben gefragt was das für ein billiges Affentheater war… und überhaupt was ich dort wollte.“ „Hm.“ mehr kam zur Antwort nicht von ihm. „Lass uns fahren.“ setzte er noch dazu und stieg ein. Dieses eine Wort ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Billig. ’War die Aktion wirklich so schlimm? Nein war sie nicht!’ entschied ich in Gedanken und nickte dabei. ’So ein aufgeblasenes Arschloch bringt mich nicht aus dem Konzept! Mich nicht!!!’ Aber er sah auch wirklich zum Anbeißen aus. ’Charleen Baltimore’ schimpfte ich mich in Gedanken. ’Hör sofort auf so eine gequirlte scheiße zu denken! Er ist weder heiß, noch sexy, noch sonst irgendwas! Merk dir das gefälligst!!!’ „Trainierst du nachher noch ein bisschen mit mir im Garten?“ Unterbrach mein Bruder meine Gedanken. „Hm ja kann ich machen. Was willst du denn trainieren? Ausdauer?“ fragte ich, froh über die Ablenkung. „Ja ich dachte Ausdauer und Wurf- beziehungsweise Fangtraining.“ Wir trainierten schon lange miteinander. Wir coachten uns gegenseitig, er mich beim Tanzen und ich ihn beim Football. Zu Hause angekommen zog ich direkt meine Sportsachen an, packte noch eine Flasche Wasser ein und war fertig zum Laufen. Bei unseren Rundfahrten hatten wir einen Wald gefunden in dem man sich gut verausgaben konnte. Hin und zurück waren des knapp 15 km. Völlig verschwitzt ging ich nach 1 Stunde laufen und 2 Stunden Wurftraining duschen. Todmüde fiel ich ins Bett. ’Was für ein erster Tag.’
Jase´ Sicht
‚Was wollte die hier? Erst mustert sie mich, wie wenn sie mich gleich ausziehen wollte und dann veranstaltet sie so ein Theater mit dem anderen Neuen. Versteh einer die Weiber. Eigentlich hätte ich auch nicht so pampig sein müssen. Aber nach dem Aufstand am Feld…. Nein ich lass mir von keiner Frau die Meisterschaft nehmen dieses Jahr. Und schon gar nicht von sonem daher gelaufenen Bauernhuhn! Und was erlaubt die sich eigentlich, so mit mir zu reden? ‘ Ganz in Gedanken kam ich aus der Umkleide und vor mir stand Loraine. ‚Oh wie mir die billige Bitch auf den Zeiger geht‘ dachte ich noch als sie schon ihren Mund aufmachte: „Hei Jase-Baby, du weist das du noch mit mir in die Stadt fahren wolltest?“ Ihre gewollt Honigsüße Stimme klang wie Fingernägel auf einer Tafel in meinem Ohr. ‚Ich hätte niemals mit ihr rummachen dürfen! ‘ schoss es einmal mehr durch meinen Kopf. Ich wollte schon ’Nein’ sagen, als ich auf dem Parkplatz die kleine Rothaarige sah. Wie selbstverständlich lief sie neben dem neuen her. ’Sind die beiden ein Paar?’ fragte ich mich. „Hörst du mir überhaupt zu?“ Loraine stand vor mir mit einem vorwurfsvollen Gesichtsausdruck. „Ja, ja ich hab zugehört. Ich soll mit dir in die Stadt.“ „Schön also holst du mich um halb 6 ab!“ Schulterzuckend ging ich zu meinem Auto und lies sie einfach stehen. Ihr zetern ignorierte ich.
Freitag
Nach dem die ersten paar Tage in der Schule ohne große Ereignisse verlaufen waren, bis auf ein paar Zwischenfälle mit Lady Kötergesicht, stand heute die Wahl der Kurse an. Für mich war klar Kunst, Musik und Tanz zu nehmen. Meinen Zettel gab ich morgens schon im Sekretariat mit einigen anderen zusammen ab. Latty kam strahlend auf mich zugerannt: „Guten Morgen Charley, was für ein Tag!!! Freust du dich auch schon so auf heute Abend? Oh man ich könnte ja ausflippen vor Aufregung. Was soll ich anziehen? Wie soll ich die Haare machen? Was für Make Up soll ich tragen????? …“ „Hol erst mal Luft süße, bevor du noch blau anläufst.“ Kicherte ich. „Und außerdem, was machst du dir für Gedanken? Es ist doch nur eine Party der Footballmannschaft.“ „Nur eine Party???“ sie sah mich fassungslos an. „Oh nein das ist DIE PARTY!!! Und glaub mir, wenn du da eingeladen bist, gehst du nicht in Gammelsachen.“ Von hinten wurden wir unsanft angerempelt: „Hei Bauerntrampel, pass doch auf wo du hinläufst!“ giftete Loraine. Mit dem nettesten Lächeln das ich zustande brachte, drehte ich mich um: „Oh hei Chiwawa-Gesicht, hätte ich dich gesehen, wäre ich nicht auf dich drauf getreten. Tut mir ja schrecklich leid. Am besten, du ziehst heute Abend dein rosa Tue tue an, damit man dich auch nicht übersehen kann, wenn du sabbernd an den Spielerbeinen dein Revier markierst.“ Die umstehenden kicherten hinter vorgehaltener Hand während Loraine schäumte: „Pass bloß auf du Zicke, dass du mir nicht mal aus Versehen alleine über den Weg läufst. Sonst passiert dir noch was.“ Zu Latty sagte ich: „Ich verstehe nicht wie man nur so Brot hohl sein kann. Was meinst du mit Gammelsachen?“ „Naja, in Jeans und Top kannst du da heute Abend nicht auftauchen, so viel ist sicher. Die Cheerleader werden sich in ihre Nuttigsten Kleider schmeißen und die anderen Mädels kommen wahrscheinlich auch in Cocktailkleidern.“ „Na wunderbar… Seh ich so aus als hätte ich auch nur ein Kleid in meinem Schrank, dass ich anziehen könnte?“ stöhnte ich. „Ach, mach dir deshalb mal keine Sorgen. Shancy und ich plündern einfach unsere Kleiderschränke und kommen dann zu dir. Dort können wir uns ja dann in aller Ruhe fertig machen.“ zwinkerte Latty. „Ihr seid unmöglich wisst ihr das?“ lachte ich „Lasst mich doch einfach in Jeans dort hin gehen.“ „Oh vergiss es Süße du wirst dich schön aufbrezeln, vielleicht bemerkt ja ein gewisser Jase dich ja.“ trichterte Latty mir ein. „Wie kommst du denn jetzt auf den Quatsch?“ fragte ich verwirrt. Shancy antwortete: „So wie du ihn vorhin angestarrt hast… scheint er ja interessant zu sein.“ „So eine gequirlte scheiße! Ich hab da gar kein Interesse.“ maulte ich vor mich hin. „Trotzdem kommst du um unser Styling nicht drum rum, meine Liebe.“ kicherte Latty, bevor sie Richtung Parkplatz verschwanden. Alleine machte ich mich auf den Weg zu meinem Spind, um meine Zeichensachen zu holen. Der Coach war zwar immer noch nicht begeistert von meiner Anwesenheit, aber er hatte sich damit abgefunden. Mit einem nicken begrüßte ich ihn als ich mich in meine Ecke, in der Coaching Zone, zurückzog. Ich hatte mir vorgenommen, jedem Spieler eine Zeichnung zu machen. Ralf, Mick, Dave und Lee hatte ich schon. Gedankenverloren stierte ich auf die Trainierenden. 22 Spieler und einen Coach gab es. Ich entschied mich für Dom. Er sprang gerade über einen der anderen Spieler, schnell skizzierte ich die Szene mit wenigen Strichen, um sie danach Stück für Stück zeichnen zu können. Der Coach hatte heute eine extra Einheit im Laufen angesetzt, sodass ich länger als sonst warten musste. Nachdem er die Spieler auf die Laufbahn geschickt hatte kam er zu mir: „Hei Baltimore.“ Ich sah zu einem halbwegs gut gelaunten Coach hoch:„Ja?“ „Was kritzelst du da die ganze zeit auf deinen Block? Ich hab dir doch gesagt das ich nicht will das die Presse mitkriegt was wir hier treiben oder?“ „Ja und? Ich habe ja auch nichts mit der Presse zu tun.“ „Was machst du dann die ganze zeit?“ er schnappte mir den Block aus der Hand. In seinem Gesicht sah man die Verwirrung: „Hast du das gemacht?“ „Naja, von alleine isses da nicht aufs Papier gekommen. Und da das kein Malbuch ist…“ lies ich den Satz offen. ’Wie kann man nur so begriffsstutzig sein? Denkt der echt, dass das ein Malbuch ist, dass nur drauf wartet, dass jemand mit Buntstiften kommt und das ausmalt?’ Er überging die freche Bemerkung und sagte stattdessen: „Na schön, von mir aus kannst du weiter machen. Aber die Bilder bleiben auf diesem Block! Verstanden?“ Ich nickte und steckte mir wieder meine Stöpsel in die Ohren. Plötzlich kam Unruhe in die Läufer. Der Coach rannte auf die Laufenden zu. Nach einigen Sekunden legte sich das durcheinander und ich konnte sehen, dass einer am Boden lag und sich den Fuß festhielt. Schnell suchte ich mit den Augen die Gruppe ab und atmete erleichtert aus. Ralf stand da und winkte mich zu sich rüber: „Charley hol dir den Schlüssel vom Pick Up, aus der Umkleide, und fahr vor die Tribüne.“ Schnell rannte ich zurück, raffte meine Sachen zusammen und lief los. 3 Minuten später stand ich neben dem Auto und wartete. Jetzt sah ich auch wer da gelegen hatte. Es war Jase. Gestützt vom Coach und Ralf humpelte er zu mir: „Baltimore fahr ihn zum Krankenhaus. Und du weist ja, kein Wort zu niemandem.“ gab mir der Trainer die Anweisung. Ich nickte und stieg ein. Mit Schmerz verzerrtem Gesicht saß er da: „Du musst mir bitte sagen wo ich hinfahren soll.“ Er knurrte: „Na super nicht mal das weist du.“ „Jetzt Pass mal ganz genau auf! Ich tue dir hier einen gefallen. Ich müsste dich nicht fahren. Du kannst auch laufen, wenn dir was nicht passt. Also entweder sagst du mir den weg oder wo ich halten soll, damit du aussteigen kannst!“ der Kerl brachte mich echt auf die Palme. „Schon gut. Fahr einfach Richtung Strand und dann siehst du's schon.“ sagte er weniger Aggressiv. Eine viertel Stunde später standen wir vorm Krankenhaus. Während ich schon ausstieg, hörte ich ein gequältes Stöhnen: „Ach verdammt.“ Schnell ging ich ums Heck rum und stand vor der offenen Beifahrertür, wo er gerade versuchte auszusteigen: „Soll ich dir helfen?“ fragte ich vorsichtig. „Passt schon.“ knurrte er wütend. Also stand ich einfach da und wartete, irgendwann konnte ich ihm einfach nicht mehr zugucken wie er sich quälte. Ich stellte mich neben die Tür, sodass er sich abstützen konnte. Als er endlich ausgestiegen war, legte ich mir seinen Arm um die Schulter und stütze ihn so gut ich konnte. Erleichtert atmete er aus: „Danke.“ flüsterte er. Ohne ein weiteres Wort humpelten wir zur Notaufnahme. Als Jase im Behandlungsraum war, rief ich meinen Bruder an: „Hi Ralf ich bin's. Ich wollte nur Bescheid sagen. Das Röntgenbild war gut. Es ist nichts gebrochen, nur eine starke Prellung. Wie kommst du nach Hause?“ „Hei danke für die Nachricht. Dom fährt mich. Moment der Coach will dich sprechen.“ ein kurzes Geraschel, dann: „Hallo hier ist Coach McKenzie wie sieht es aus?“ „Hallo Coach, es ist nichts gebrochen, nur stark geprellt.“ beschränkte ich mich auf das nötigste. „Danke für deine Hilfe Baltimore.“ „Keine Ursache. Können sie mir bitte Ralf nochmal geben?“ wieder kurzes Geraschel in der Leitung „Ja?“ „So gegen halb 6 wollten Latty und Shancy zu mir kommen, wegen der Party heute Abend.“ „Alles klar. Bis später.“ Nachdem ich aufgelegt hatte ging die Tür zum Behandlungszimmer auf und ein mies gelaunter Jase kam raus: „Wir können gehen.“ sagte er, während er schon mit seinen Krücken an mir vorbei humpelte. Wortlos folgte ich ihm. Im Auto fragte ich: „Wo soll ich dich hinbringen?“ Er lotste mich quer durch die Stadt, bis zu einem großen Haus, dass etwas abgelegen lag. Beim Aussteigen knurrte er noch: „Wenn du irgendwem verrätst wo ich wohne, mach ich dich kalt!“ er knallte die Tür zu. Durch das offene Fenster rief ich ihm nach: „Nichts zu danken, ist ja selbstverständlich!“ Und brauste mit quietschenden Reifen davon. Einmal mehr schüttelte ich den Kopf ’Wo ist dein Problem mit mir?’ Fragte ich mich.
Jase’ Sicht
Ich verlor das Gleichgewicht und landete unsanft auf dem roten Schotter der Aschebahn. Ein stechender Schmerz fuhr mir in den rechten Knöchel. Zusammen gekrümmt blieb ich liegen. ’Das hatte ich nun davon. Diese dämliche Nuss. Warum lies ich mich auch von ihr aus dem Konzept bringen? Ich hatte wohl zu lange in ihre Richtung gestarrt und bin deswegen gestolpert.’ Sofort standen meine Kameraden um mich rum. „Mann steh auf und piens nicht so rum.“ Lee versuchte mich hoch zu ziehen. „Ahhhh Pass doch auf Mann!“ schnauzte ich ihn an. Neben mir kniete der Coach und schaute sich meinen Fuß an: „Crue du gehst direkt ins Krankenhaus! Ich dulde keine Widerrede! Du weist die Saison fängt in 2 Wochen an, bis dahin musst du fit sein.“ Hinter mir hörte ich jemanden rufen: „Charley, hol dir den Schlüssel vom Pick Up, aus der Umkleide, und fahr vor die Tribüne.“ „Ich komm schon alleine klar. Lasst mich nur in Ruhe und langsam aufstehen, dann fahr ich selber zum Arzt.“ protestierte ich. „Kommt nicht in Frage.“ sagte da auch Dom „Du weist wie dringend wir dich brauchen.“ ergänzte er. Der Coach zog mich vorsichtig hoch und stütze mich von einer Seite, auf der anderen war Ralf. ’Eigentlich ist er gar kein schlechter Kerl.’ schoss es mir durch den Kopf. Nur seine verdammte Schwester nervte mich. Das schlimme war, ich wusste nicht mal warum. Sie saß einfach nur auf der Bank, hinter ihrem Block und beachtete uns nicht. Es fuchste mich, dass sie sich beim Coach ein geschleimt hatte. Als sie mich ins Auto gesetzt hatten war mein Knöchel schon so dick dass ich den Schuh aufmachen musste. Das Pochen wurde immer schlimmer. Von draußen hörte ich nur noch wie sie die Anweisung bekam mich ins Krankenhaus zu bringen. Konnte der Tag noch schlimmer werden? Zuerst heute Morgen der Zettel in der Küche, dass ich die nächsten 3 Wochen Besuch von meinem Cousin bekommen würde, den ich nicht ausstehen kann, dann sprang das Motorrad nicht an, und dann das… Ich hatte die Augen geschlossen, als sie sagte: „Du musst mir bitte sagen wo ich hinfahren soll.“ Ich war so genervt von ihrer Anwesenheit, dass ich sie nur anschnauzte. Zu meiner absoluten Überraschung giftete Sie zurück: „Jetzt Pass mal ganz genau auf! Ich tue dir hier einen gefallen. Ich müsste dich nicht fahren. Du kannst auch laufen, wenn dir was nicht passt. Also entweder sagst du mir den weg oder wo ich halten soll, damit du aussteigen kannst!“ Darauf war ich nicht gefasst, was mich irgendwie irritierte. Wie schaffte sie es mich einfach so aus dem Gleichgewicht zu bringen? Nach einer kurzen Wegbeschreibung schweiften meine Gedanken ab, zu der kleinen Frau hinter dem Lenkrad, die eindeutig Feuer hatte. Aus dem Augenwinkel betrachtete ich sie. Sie hatte eine tolle Figur, dass musste man ihr lassen. Die perfekten Proportionen. Und ihre gebräunte Haut passte perfekt zu dem pink ihrer Haare. Und der kleine Ring, den Sie in ihrer Nase trug. Seit wann hatte sie den denn? Bis jetzt hatte ich den noch nicht bemerkt. Normalerweise stand ich nicht so auf Metall, aber bei ihr sah das echt heiß aus. Fast hätte ich sie gefragt, ob sie noch mehr hat, biss mir aber in letzter Sekunde auf die Zunge. Auf ihre Frage, ob sie mir helfen soll beim Aussteigen, wies ich sie ab. ’Ich brauche keine Hilfe und von dir schon gar nicht.’ Dachte ich. Lange schaute sie sich das Spektakel aber nicht an. Ich war ihr dankbar, dass sie mich stützte. Sie so dicht neben mir zu spüren fühlte sich gut an. Sie roch nach Orangen. Ich war versucht meine Nase in ihre Haare zu stecken, beherrschte mich aber. ’Jason Crue! Hör sofort mit der scheiße auf!!! Die Frau bringt dich noch um den Verstand. Die will nichts von dir wissen und du solltest nichts von ihr wissen wollen! Beherrsch dich verdammt nochmal’ Die Schwester, die meinen Knöchel röntgte, war eine große dunkelhaarige, mit einer Oberweite zum Niederknien. Immer wieder erwischte ich mich, wie meine Augen in ihren Ausschnitt rutschten. „So Jason, jetzt leg mal deinen Fuß auf das Feld hier und halt still, damit ich Aufnahmen machen kann.“ Als sie fertig war kam der Arzt. Sie tuschelten eine Weile, dann sagte er: „So junger Mann. Sie hatten nochmal Glück. Gebrochen ist nichts. Schwester Claire legt ihnen eine Schiene an und dann schonen sie sich eine Woche, danach sehen wir weiter. Schwester geben Sie ihm bitte auch Krücken mit. In 2 Wochen können sie wahrscheinlich wieder spielen.“ Er gab mir noch kurz die Hand und war weg. Umständlich legte Claire mir die Schiene an. „So fertig. Ich geb dir noch deine Röntgenbilder mit. Wenn du zur Nachuntersuchung kommst, bringst du die grad wieder mit. Verstanden?“ Ich nickte nur, in Gedanken stellte ich mir grad vor wie sie wohl unter ihrem Kittel aussehen würde, aber immer wieder schossen mir Bilder von roten Haaren in den Kopf. Auf der CD-Hülle, die sie mir in die Hand gab, stand ihre Nummer. Meine Blicke sind ihr also nicht entgangen, verführerisch lächelte ich sie an: „Danke Claire, bis später.“ ich hauchte ihr noch einen leichten Kuss auf die Wange und verschwand aus dem Raum, nicht mehr ganz so schlecht gelaunt. Die Nacht war gerettet. Draußen sagte ich zu Charley, dass wir gehen können. Ohne darauf zu achten ob sie mir nachkam oder nicht, humpelte ich zum Auto. Scheiße, jetzt musste ich auch noch das große Geheimnis preisgeben. Seit Jahren machte ich einen Hehl um mein Zuhause. Es sollte niemand wissen, dass ich der Sohn von den Bediensteten der Familie Brewster war. Nicht das ich mich meiner Herkunft schämte, aber so oberflächlich wie hier alle waren, wollte ich einfach nur in Ruhe gelassen werden. Ich hatte lange gebraucht um mir einen Ruf aufzubauen, der gut genug war, für die High-School. Am liebsten würde ich zu ihr sagen sie soll verschwinden ich käme klar. Aber leider lies das mein Fuß nicht zu. Die Schmerzmittel, die mir Claire noch zugesteckt hatte, wirkten noch nicht wirklich. Sie hielt auf der Straße vor dem Hoftor. Mit einem kalten Blick knurrte ich sie an: „Wenn du irgendwem verrätst wo ich wohne, mach ich dich kalt!“ und knallte die Tür zu. Hinter mir hörte ich sie noch rufen, dass ich ihr nicht zu danken bräuchte. ’Was glaubt sie eigentlich? Ich ihr danken? Pah da kann sie lange warten.’ Mit einem Kopfschütteln machte ich mich langsam auf den Weg ins Haus. Meine erste Anlaufstelle war die Küche: „Mum, bist du da?“ Aus der Speisekammer kam ein dumpfes: „Ja Schatz, setzt dich schon mal hin, ich bin gleich da. Hast du Hunger?“ „Nicht wirklich, mir reicht ein Sandwich.“ gab ich zurück. Fast hätte sie die Lebensmittel fallen lassen, als sie aus der Kammer kam: „Jason was ist denn mit dir passiert? Geht’s dir gut?“ „Ja Mum, mach dir keine Sorgen, es ist nur eine Prellung, ist beim Training passiert.“ Während Sie das Essen für die Brewster’s zubereitete, musste ich ihr alles ganz genau erklären. „Das war aber nett von Charley, dass sie auf dich gewartet hat.“ Bemerkte sie am Schluss. „Hmmm.“ Brummte ich in mein Essen rein. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest, dass ich noch 2 Stunden hatte, zum Duschen und fertig machen, für diese Party heute Abend. Mir war die Lust gründlich vergangen. Ich würde mich kurz zeigen und danach Claire anrufen, für eine Privatparty.
Die Party
Den ganzen Weg nach Hause beschäftigte mich die Unhöflichkeit von Jase. Wie wenn ich jetzt jeden Tag mit einer Horde Püppchen vor seiner Haustür stehen würde…. Er war ja immerhin nicht John Bon Jovi, oder so. Aber gut. ’Du willst Krieg? Sollst du haben!’ Dachte ich grimmig. Im Hof parkte schon ein grünes Mini Cabrio. Das hieß für mich auf in den Kampf. Vielleicht hatte ich ja Glück und durfte doch in Jeans gehen. Schon im Flur hörte ich die giggelei der zwei. Anscheinend amüsierten sie sich gut. Mit einem Ruck riss ich die Tür auf und schimpfte in den Raum: „Was ist hier los?“ Wie vom Donner gerührt standen die beiden mitten im Zimmer. Sie machten Modenschau für Ralf. Eine halbe Sekunde, länger hielten wir es nicht aus. Ralf und ich brachen in schallendes Gelächter aus. Die zwei machten aber auch Gesichter, als hätte ich sie gerade mit der Hand in der Keksdose erwischt. Unsicher fragte Latty: „Bist du böse das wir in deinem Zimmer gewartet haben? Ralf sagte das wäre OK.“ „Oh süße, mach dir keine Sorgen ich wollte euch nur ein bisschen erschrecken. Dass das so gut klappt hätte ich nicht erwartet.“ lachte ich immer noch. Endlich entspannten sich die 2 wieder. „Wir müssen ganz schön blöd geguckt haben, was? Wenn ihr euch immer noch nicht beruhigen könnt.“ kicherte jetzt auch Shancy. „Mädels, ich lass euch dann mal alleine. Da ich vermute, dass ihr erst eure Outfits zusammen suchen müsst, gehe ich jetzt ins Bad.“ grinsend verschwand mein Bruder Richtung Tür. „Also los, Charley mach mal deinen Schrank auf. Wir müssen ja gucken was du anziehst.“ „Mittlere Tür, aber erwarte nicht zu viel von mir. Da wo ich herkomme, braucht man nicht viele Kleider.“ zwinkerte ich. „Dein Schrank ist ja leer!“ beschwerte sich Latty „Du hast ja wirklich nichts zum Anziehen.“ „Ich hab’s euch doch gesagt. Zu Hause hatte ich immer Shorts und ein Top an. Das hat bis jetzt auch prima gereicht.“ Ich hoffte innerlich, dass sie das weiße Kleid in der hinteren Ecke nicht sahen. „Guck mal dahinten Shancy. Was ist denn das?“ Ich hatte wohl eine Sekunde zu lange in die Ecke geschaut. „Oh mein Gott!!! Das ist ja der Wahnsinn! Hast du da auch Schuhe dazu? Das ist dein Kleid für heute Abend! Du brauchst auch gar keinen Aufstand zu machen, Widerstand ist Zwecklos!“ wurde beschlossen. „Das kann ich doch nicht anziehen! Und das werde ich nicht anziehen!“ setzte ich mich zur Wehr. „Guck mal Latty, sie glaubt wirklich sie hätte eine Wahl.“ kicherte Shancy. „Los probier mal an.“ So schnell konnte ich nicht gucken, wie die 2 mir das Kleid in die Hand drückten und vor dem Schrank verschwanden. Seufzend zog ich mich aus und knöpfte das Kleid auf. Es war aus Seide und Elfenbeinfarben, mit einem Papagei darauf, der aussah wie mit Wasserfarben gemalt. Durch den Neckholder war der Rücken relativ tief ausgeschnitten, vorne war es dafür etwas weniger tief. Mit einer Länge bis zum Knie war es auch nicht zu kurz. Passend dazu hatte ich noch Peep Toes. Ich hatte das Kleid nur ein einziges Mal getragen, zu Ralfs Aufnahmefeier in die erste Mannschaft. Das war schon 4 Jahre her. Langsam machte ich die Knöpfe am Rücken zu und Band den Neckholder. In meinen Erinnerungen war ich wieder 16. Und stand in der Nacht, in dem der beste Freund von meinem Bruder sterben musste. Gänsehaut überlief mich. Seit 4 Jahren war er nun schon Tod, meine erste große Liebe. Ich merkte wie mir die Tränen in die Augen traten. Schnell versuchte ich an was anderes zu denken. Leise klopfte es an die Schranktür: „Hei Alice, bist du noch da drin oder schon im Wunderland?“ „Ja, ja ich komm ja schon. Hetzt mich doch nicht so.“ „WOW, genau das und nichts anderes wirst du heute Abend anhaben! Und versuche es gar nicht erst mit Widerspruch, Latty und ich haben abgestimmt und du hast verloren.“ Sie lachten. An ihnen vorbei, sah ich auf meine Fotowand. Genau in der Mitte hing sein Bild. Darauf war Tobi, mit einem strahlenden lachen, auf der Farm. Sie folgten meinem Blick: „Wer ist denn das Schnuckelchen? Dein Freund?“ fragten sie. „Das war Tobi. Von ihm habe ich das Kleid.“ flüsterte ich schon fast. In Gedanken fragte ich mich, ob es OK war das Kleid anzuziehen. „Warum sagst du ’war’?“ „Weil Tobi seit 4 Jahren nicht mehr lebt.“ „Oh Entschuldigung ich wollte dir nicht zu nahe treten.“ betreten schwiegen die beiden. Hinter uns hörte ich Ralf sich räusperte: „Du solltest das Kleid tragen kleines. Es wird Zeit loszulassen.“ Kam es heiser. Ich weis nicht wie lange Ralf und ich uns in die Augen geschaut haben. Bei ihm sah ich den Schmerz, aber keine Trauer. Ich wusste, dass er nur an die schönen Zeiten dachte. „Du hast recht. Es wird Zeit, dass ich ihn gehen lasse.“ nickte ich. Einmal kräftig durchatmen und den bitteren Geschmack runter schluckend sagte ich: „Auf geht’s Mädels, ab ins Bad und fertig gemacht.“ Das Kleid hängte ich auf den Bügel, damit es keine Knitter bekam. „Danke.“ flüsterte ich Ralf zu und drückte ihn kurz. „Kopf hoch kleines, denk dran, immer lächeln.“ Mit den Worten ging er in sein Zimmer und machte die Badezimmertür zu. Zur Sicherheit schloss ich noch von beiden Seiten ab. „So, Handtücher sind in dem Schrank neben der Dusche und sonst fühlt euch wie zu Hause.“ Staunend sagte Shancy: „Chic hast du’s hier.“ Die Stimmung lockerte sich mit der Zeit wieder auf. Es wurde gekichert und gegackert. Latty war die geborene Stylistin. Sie machte mir ein ganz leichtes Abend Make Up, ohne das ich mich wie ein Clown fühlte. Ein bisschen Bronze um die Wangenknochen noch mehr zu betonen und einen Schwarzen Lidstrich, Schwarze Wimperntusche zum Betonen der Augen und einen fruchtigen farblosen Lipgloss. „Danke, du bist ein Schatz.“ bedankte ich mich bei ihr und betrachtete mich im Spiegel. Wow ich sah total anders aus. Meine Augen hatten was Katzenhaftes. Sie strahlte: „Siehst du, von wegen Jeans und Top. Du siehst klasse aus. Pünktlich auf die Minute waren wir fertig. Shancy trug ein tintenblaues, Trägerloses, A-Symmetrisches Cocktailkleid, was ihre Augen noch betonte und Latty hatte sich für ein sandfarbenes, im Stil von Marilyn Monroe entschieden. Ralf wartete schon unten: „Ladys.“ sagte er „Ihr könnt es einem aber auch echt schwer machen. Ihr seht klasse aus.“ Er schaute uns abwechselnd an, dabei entging mir nicht, dass seine Augen einen winzigen Moment länger auf Shancy lagen. Verlegen schaute sie nach unten. ’Das musst du im Auge behalten Charley’ dachte ich mir grinsend. „Auf geht’s Leute, sonst kommen wir zu spät.“ forderte Latty uns auf. Als wir auf dem Footballfeld ankamen, waren die meisten schon da. Wie Latty vorausgesagt hatte, die kürzesten Kleider mit den tiefsten Ausschnitten hatten die Cheerleader an. Eine aufgedonnerter wie die andere. Aber den Vogel schoss die Kötertante ab. Sie trug ein rosanes Minikleid, was schon eher als Mikrokleid bezeichnet werden musste, Over knees und alles kombiniert mit mindestens 3 cm Make Up im Gesicht. Die 2 Mädels wollten sich erst mal was zu trinken holen und Ralf war bei seinen Mannschaftskameraden. Während ich noch unschlüssig da Stand, wo ich hingehen sollte, klang es von hinter mir: „Guten Abend, schöne Frau, so ganz alleine?“ Hinter mir Stand Lee. „Hallo danke für das Kompliment.“ „Für eine schöne Frau, wie dich, immer gerne.“ Ich merkte wie ich leicht rot wurde. „Du brauchst doch nicht gleich rot zu werden, wenn dir jemand ein Kompliment macht.“ „Naja mit Absicht mach ich das ja auch nicht.“ lachte ich. „Kommst du eigentlich nächste Woche Samstag mit, wenn wir unser Testspiel haben?“ wollte er wissen. „Ich weis nicht. Bin ich da denn überhaupt erwünscht?“ „Ich glaube nicht, dass der Coach ein Problem damit hat. Im Training bist du ja auch da und es stört ihn nicht.“ Wir spazierten eine ganze Weile an der Outline entlang und unterhielten uns über das Spiel am Samstag, welches in Orlando stattfinden sollte.
Jase’ Sicht
Als ich auf der Party ankam, war noch nicht viel los. Mit ein paar Mannschaftskollegen verzog ich mich in den Schatten der Tribüne. Gemütlich genehmigten wir uns ein Bier und sprachen über das Spiel am Samstag. „Hei Crue, wie schätzt du unsere Chancen ein?“ „Wenn jeder das macht, was er im Training macht und sich niemand mehr verletzt, denke ich, dass wir eine realistische Chance auf einen Sieg haben. Vorausgesetzt wir strengen uns an. Die Orlando Sharks waren verdammt stark letzte Saison.“ „Weist du schon wer in der Stammaufstellung ist?“ fragte Ralf, der mittlerweile dazugekommen war. „Nein, dass macht der Couch immer riesig spannend. Den Kern, also 4 Leute, gibt er am Montag bekannt. Und dann wieder 4, dann 3 und am Donnerstag und Freitag jeweils 2. Damit sich auch ja alle anstrengen. Hast du im Kern gespielt?“ „Ja im letzten Jahr war ich der Captain….“ Den Rest von seinem Satz bekam ich nicht mehr mit. In meinem Blickfeld tauchte SIE auf. Sie spazierte die Outline entlang mit Lee. Meine eh schon schlechte Laune sank auf den absoluten Nullpunkt. Es machte mich stinksauer sie mit ihm zu sehen und ich wusste nicht mal warum. ’Reis dich zusammen, was interessiert dich das, mit wem die eingebildete Zicke sich abgibt.’ schalt ich mich. Sie sah gut aus in ihrem weißen Kleid. Das musste ich zugeben. Zu gut. Ich merkte schon wie meine Hände anfingen zu kribbeln. Am liebsten wäre ich zu ihr rüber gegangen. ’Genug jetzt!’ ermahnte ich mich. Über was die 2 wohl so viel zu erzählen hatten? Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht merkte wie Loraine zu mir her kam. Sie warf sich mir an den Hals: „Hallo Jason, na wie gefalle ich dir?“ erwartungsvoll drehte sie sich vor mir hin und her. ’Wie sage ich ihr am besten, dass sie aussieht wie eine Nutte?’ In dem Moment als ich antworten wollte, kamen Lee und Charley zu uns rüber. „Hallo zusammen.“ grüßte sie. Von nahem sah sie noch besser aus. Ein Hauch von Zitronendruft lag in der Luft. „Hast du die blöde Bauernschlampe jetzt genug begafft? Kannst du dich wieder mir zuwenden? Dankeschön.“ keifte die Cheerleaderin vor mir. „Oh hei Chiwawa, du hast dich ja an meinen Rat gehalten, mit dem Outfit.“ mischte sich Charley ein. „Find ich gut, immerhin sieht man dich jetzt, wenn du, wie ein Hund, jeden Baum markieren musst.“ „Und was is mit dir Bauernschlampe? Ich hab dir gesagt, du sollst besser nicht in meiner Nähe auftauchen. Was willst du hier? Und wer bepinkelt hier Bäume? Die ganze Zeit hängst du nur mit Ralf rum und kaum ist er mal nicht in deiner Nähe, brauchst du schon den nächstbesten zum Ersatz oder was.“ „Bist du so Hohl oder tust du nur so? Sogar der letzte Trottel hat schon gerafft, dass wir Geschwister sind, nur du mit deinem Spatzenhirn brauchst eine extra Info. Und nur, weil ich mich mit jemandem unterhalte, heißt das ja noch lange nicht, dass ich was mit dem hab. Wobei, nein bei dir heißt es das wahrscheinlich schon. Aber hei, mach dir keine Sorgen, irgendwer wird dich schon mit nach Hause nehmen. Stell dich einfach an die Straße. Einer hat’s immer nötig.“ Nach Luft schnappend und vor Zorn bebend stand sie vor Ralfs Schwester. Oh man die kleine hatte echt Temperament. Es hatte sich eine Traube um die 2 gebildet. „Du nennst mich nicht Schlampe! Hast du verstanden du Miststück?“ Loraine stieß sie bei jedem Wort mit dem Finger an. Gefährlich ruhig antwortete Charley: „Ich nenne dich genauso wie ich dich sehe. Und wenn du nicht sofort deine Babbgriffel von mir nimmst, dann beißt du ins Gras, bevor du draufgehst. Irgendjemand hätte dir besser mal Manieren beigebracht.“ In dem Moment, in dem sie sich umdrehte und die keifende Cheerleaderin stehen lassen wollte, riss Loraine sie unsanft am Arm zurück. Noch bevor sie den Mund aufmachen konnte, wurde sie mit dem Gesicht auf den feuchten Boden gedrückt. Sie schrie und schimpfte, hatte aber keine Chance. Ganz nah über sie gebeugt machte Charley eine letzte ansage: „Ich gebe dir genau einmal den Rat, also hör genau zu. Halt dich von mir fern und am besten auch dein elendes Schandmaul! Sonst vergesse ich mich.“ sie ließ los. Das Make Up von Loraine war total verschmiert. Sie schniefte: „Jase-Baby, bitte lass uns gehen.“ dabei viel sie mir um den Hals. Wenn Blicke Töten könnten, wären wir jetzt wohl beide Tod umgefallen. Eine Gänsehaut überlief mich. Zu dem heulenden Mädchen sagte ich: „Du bist selber Schuld. Jeder von uns hat’s dir schon gesagt, dass du irgendwann mal auf die Schnauze fällst mit deiner Art. Heute ist es soweit. Und jetzt lass mich in Ruhe, ich bin nicht, und ich war nie dein Jase-Baby.“ Ich schob sie von mir weg. Wie arg mich dieses billige Weib ankotzte, konnte ich gar nicht in Worte fassen. Ich war so sturzbesoffen, dass ich mich hab abschleppen lassen. Mit einer der größten Fehler die ich je gemacht hab. Irgendwie fühlte ich mich verpflichtet das bei Charley klar zu stellen. Mit einem Kopfschütteln schaute ich mich um. Aber sie war verschwunden. Gerade noch sah ich eine kleine Gestalt, in einem weißen Kleid, hinter den Rängen verschwinden. Ich riss mich von Loraine los, die immer noch wie ein Schlosshund heulend, an mir hing: „Hau endlich ab.“ Meine verdutzen Kollegen ließ ich einfach mit ihr stehen. Sofort hing sie an Mitch, der sie auch in den Arm nahm und tröstete. Er war schon immer scharf auf sie. Sollte er nur machen. In der letzten Ecke, im Dunkeln, sah ich sie sitzen: „Charley?“ fragte ich vorsichtig. „Ist alles gut bei dir?“ „Ja alles gut, was willst du von mir?“ kam es kalt von ihr zurück. „Ich wollte gucken ob alles klar ist, mehr nicht.“ mein Gewicht verlagerte ich auf den Krücken von einer auf die andere Seite. Ich musste mich anlehnen. Neben ihr auf der Holzkiste war noch Platz. „Darf ich?“ und deutet auf die Kiste. „Tu was du nicht lassen kannst.“ ’Wie kann man nur so gleichgültig sein?’ dachte ich. Das konnte ja anstrengend werden. Eine Weile saß ich schweigend neben ihr. „Ich war nie mit Loraine zusammen.“ „Schön für dich.“ „Warum die mir dauernd hinterherläuft und so tut, als ob ich ihr Freund wäre, weis ich auch nicht, aber es nervt mich tierisch.“ „Herzlichen Glückwunsch, dass ist dein Problem und weist du was, du darfst es sogar behalten.“ brach es aus ihr raus. Ich wurde langsam sauer. Da meint man es gut und versucht nett zu sein und bekommt solche antworten. „Warum bist du immer gleich so giftig?“ schnauzte ich sie deshalb an. „Ich? Ich bin immer gleich giftig??? Soll ich mal ganz laut lachen oder was? Du tust hier grad so, als ob du der einzige Mann auf der Welt wärst. Du glaubst ich benehme mich wie eins von diesen Groupies. Ich muss dich enttäuschen! Ich bin kein billiges Flittchen, über das man mal schnell herfallen kann und ich bin auch nicht daran interessiert mich mit dir auf irgendwas einzulassen.“ Ihre Augen flackerten vor Zorn, als sie weitersprach: „Du entschuldigst mich bitte, ich habe keine Lust mich mit einem eingebildeten Stück wie dir zu unterhalten.“ Schon war sie von der Kiste runter gerutscht und am verschwinden. Ein: „Wer von uns beiden ist hier eingebildet? Wer hält sich für was Besseres? Du oder ich? Aber weist du was, vergiss ganz schnell wieder, dass ich nett zu dir sein wollte, wird nicht wieder vorkommen!“ konnte ich mir nicht verkneifen. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Ratlos blieb ich mit meinem Bier auf der Kiste sitzen. Ich hatte keine Lust mehr zu den anderen zu gehen. „Ach da bist du.“ kam es von Lee „Ich habe dich schon überall gesucht.“ „Du hast mich gefunden. Was gibt’s denn.“ „Was war das denn für ein Abgang eben?“ „Ich weis auch nicht, Loraine kotzt mich an und ich wollte… ach was weis ich.“ Mit einem Lächeln erwiderte er: „Das ist jetzt nicht dein ernst? Du, der Player wie er im Buch steht, hat ernsthaftes Interesse an einem Mädchen?“ „Ach so ein quatsch! Wie kommst du da drauf? Und außerdem, scheinst du ja viel mehr Interesse an ihr zu haben oder nicht? Mr. Ich gehe an der Outline spazieren.“ Meine Geduld war am Ende als er anfing zu lachen. „Ich habe definitiv keine Interessen in ihre Richtung. Sie ist ein nettes Mädchen und wir haben uns über das Spiel am Samstag unterhalten. Das war's.“ „Ja erzähl das wem du willst, mir brauchst du nichts vorzumachen.“ mit diesen Worten stand ich auf und ging. Auf dem Parkplatz rief ich Claire an. 20 Minuten später war ich bei ihr.
Wochenende
’Musste der verfluchte Kerl mir nachkommen?’ Ich war ziemlich durcheinander. Warum wollte er plötzlich nett zu mir sein? ’Der kann mich grad mal am Arsch lecken!’ beschloss ich. Wieder bei den Mädels angekommen, unterhielten wir uns über unsere nächsten Bandproben. Da wir ja ab Freitag Sommerferien hatten, wollten wir bei uns spielen. „Ok, dann sind wir also bei mir. Meine Eltern sind sowieso meistens weg und Ralf stört das nicht, wenn wir uns über der Garage oder dem Keller austoben. Das einzige was wir dann machen müssen, is das Equipment zu uns bringen.“ „Ja und da liegt der Hase im Pfeffer. Ich habe noch kein Auto und mein Schlagzeug passt nicht in den Chevy von Mum.“ gab Latty traurig zu. „Das Keyboard passt ja in den Mini. Und wie Kerr das macht weis ich nicht. Vielleicht kommt sie ja auch gar nicht.“ stellte Shancy fest. „Ihr macht euch Sorgen…“ wunderte ich mich „Ich hab doch den Pick Up. Das ist gar kein Problem. Latty du baust dein Schlagzeug ab. Hast du die Originalkartons noch? Wenn ja, pack alles da rein, die sind Stoßfest. Und du pack das Keyboard ein und sag Kerr Bescheid. Nächste Woche Freitag nach der Schule mache ich eine Rundfahrt und sammel alles ein. Am besten kommt ihr dann mit euren Schlafsachen nach. Dann bauen wir auf und machen abends noch ein bisschen Lagerfeuer.“ Begeistert klatschten die 2 in die Hände: „Wo willst du das Feuer machen?“ gab Latty zu bedenken. „Na im Garten wo sonst?“ „Sagen da deine Eltern nichts?“ stutze Shancy. Kichernd erwiderte ich: „Nein ich glaube die setzen sich eher dazu und freuen sich ein bisschen Heimat zu haben.“ „Also gut, wenn du das sagst, auf Freitag.“ Wir prosteten uns mit Bowle zu. Die 2 waren Feuer und Flamme und planten schon, wann und wie sie die Sachen packten und was wir alles am Feuer grillen konnten. Ich hörte nur noch mit halbem Ohr zu, in Gedanken war ich wieder unter den Zuschauerrängen. ’Was wollte der von mir?’ die Frage spukte mir immer wieder im Kopf rum, zusammen mit dem Bild, wie er vor mir stand mit seiner tiefsitzenden engen Jeans, dem hellgrauen Shirt unter dem man jeden Muskel sehen konnte und der schwarzen Lederjacke. Er sah so heiß aus mit den zerwuschelten Haaren. ’Du bist eine dumme Nuss! Nur weil einer gut aussieht, lässt du dich so aus dem Konzept bringen? Seit wann bist du denn so anfällig für Player?’ schalt ich mich. Meine Blicke wanderten über das Spielfeld, aber ich konnte ihn nicht sehen. ’Du solltest ganz schnell machen dass du dich wieder in den Griff kriegst, bevor das noch ein unschönes Ende nimmt.’ Damit beendete ich meinen inneren Monolog und konzentrierte mich wieder auf die Mädels. „Was ist eigentlich mit Kerr? Und was hat das mit Betty zu tun?“ fragte ich neugierig. Die 2 wechselten einen schnellen Blick: „Also die Kurzfassung ist, Betty spielte Gitarre und Kerr war der Meinung, dass sie nicht gut genug für die Band war und hat ihr das auch gesagt. Der Gipfel war dann, dass sie Betty Nachhilfe für Gitarre angeboten hatte.“ Shancy beendete den Satz: „Und dann hat sie hingeschmissen mit den Worten ’Dann Spiel du doch, wenn du das so gut kannst.’ Das war's.“ „Na das kann ja noch was geben. Ich meine ich weis das ich nicht Angus Young bin. Aber so übel Spiel ich dann doch nicht.“ „Machst du Witze? Sie wird ausflippen, wenn sie deine Gitarre erkennt.“ „Da drauf kann ich ganz gut verzichten. Ich brauche niemanden der sich für mich interessiert NUR weil ich ein Video auf You Tube hab. Was ich Übrigens immer noch nicht gesehen habe.“ stellte ich fest. Sie lachten: „Du bist echt seltsam. Ich würde jeden Tag meine Klicks verfolgen, total nervös mit den Fingern trommeln und auf den nächsten warten.“ „Oh ja das kann ich mir super vorstellen wie du total verstrubbelt, mit Augenringen vor dem PC sitzt und alle 2 Sekunden auf F5 drückst.“ kicherte ich. Wir alberten noch eine ganze Weile rum. „Hi Mädels, Charley ich würde gerne fahren, die Jungs haben beschlossen, dass wir morgen ein bisschen extra Training machen, für das Spiel am Samstag. Kommst du mit oder willst du noch hierbleiben?“ fragte mein Bruder. „Oh schon kurz nach 1 ich glaube ich fahre mit. Also Mädels wir sehen uns Montag wieder, viel Spaß noch.“ Ich winkte zum Abschied, wobei mir die Blicke zwischen Shancy und Ralf nicht entgingen. Am Montag sprech ich sie mal an, nahm ich mir vor. „Na großer kann es sein das es da jemanden gibt, den du vielleicht ganz süß findest?“ fragte ich im Auto. Erschrocken schaute er mich an: „Ich? Nein, wie kommst du denn da drauf? So ein quatsch. Du weist das ich nichts Festes will, sondern nur Spaß.“ „Ja sicher, ich seh doch wie du sie anschaust.“ zwinkerte ich. Er grummelte noch ein bisschen in sich rein: „Sie sieht ja schon süß aus mit den großen blauen Augen. Ach man Charley, was soll ich denn machen? Normalerweise ist das ganz einfach, ein bisschen grinsen, ein bisschen flirten, dann ein bisschen Spaß haben und fertig, Thema durch. Aber jetzt? Sie interessiert sich ja gar nicht für mich.“ „Ich glaube sie is interessierter wie du denkst. Und das Lächeln und flirten ist doch schon mal ein guter Anfang. Du solltest sie nach einem Treffen fragen. Und außerdem wird sie jetzt öfters bei uns sein. Wir machen über die Ferien bei uns die Bandprobe. Also keine Sorge, dass ergibt sich schon.“ „Meinst du?“ fragte er Hoffnungsvoll. „Bestimmt.“ nickte ich. „Ach Übrigens wir wollen am Freitag Lagerfeuer im Garten machen. Machst du mit?“ „Na klar bin ich dabei. Ich sage noch ein paar Jungs Bescheid, damit ich nicht der Hahn im Korb bin.“ Am Samstagmorgen wurde ich schon ziemlich früh von Ralf geweckt: „Hei Schlafmütze, wach auf, ich brauche einen Trainingspartner.“ er schüttelte mich so, dass ich fast aus dem Bett gefallen wäre. „Oh lass mich doch in Ruhe, du Nervensäge! Es ist ja noch mitten in der Nacht.“ Lachend erwiderte er: „1. es ist halb 10 und 2. es ist strahlender Sonnenschein und perfektes Trainingswetter. Also los komm schon. Du weist doch, dass Crue nicht trainieren kann und dann steh ich ganz alleine da.“ zum Schluss war es schon eher ein quengeln. „Ich lade dich nachher auch auf ein Eis im Pool ein.“ probierte er es ein letztes Mal. In mein Kopfkissen grummelnd drehte ich mich um: „Das muss aber ein verdammt großes Eis sein, mit Zitrone und Waffel!“ verhandelte ich die Bedingungen. „Versprochen! Hand drauf.“ seufzend stieg ich aus dem Bett: „Du bist eine echte Nervensäge wenn du was willst. Weist du das eigentlich?“ lässig erwiderte er: „Oh süße, wenn du wüsstest wie ich die Ladys normalerweise überzeuge…“ der Satz hing offen in der Luft: „Bah Ralf sowas will ich gar nicht von dir wissen. Es reicht mir, wenn ich das meiste davon hören musste.“ mit diesen Worten schubste ich ihn aus meinem Zimmer. Schnell machte ich mich fertig und schnappte meinen Rucksack. Mit Ralf zu trainieren bedeutete immer 150 % geben. In der Küche packte ich noch 2 Flaschen Wasser, ein paar Müsliriegel und Äpfel ein. 20 Minuten später stand ich fertig in der Garage. Hinter mir hörte ich auch schon seine Schritte: „Was meinst du Brüderchen, heute mal 2 Räder?“ Wir hatten es bis jetzt vermieden mit den Motorrädern in der Schule gesehen zu werden. „Ich weis nicht.“ ich sah wie er hin und her gerissen war. „Ach scheiß drauf. Heute ist eh nur die Mannschaft da. Was soll's.“ Das Wetter war aber auch zu verlockend. „Wann müssen wir da sein?“ fragte ich in der Hoffnung, dass noch ein bisschen Zeit war, für eine kurze Tour. „Um 11. der Coach ist ja nicht da, da macht’s nichts, wenn wir nicht um 10 da sind.“ Strahlend setzte ich meinen Helm auf und wir brausten los. Es war herrlich den Fahrtwind zu fühlen. Wir fuhren knapp eine Stunde durch die Gegend. Ich entspannte mich und lies meinen Gedanken freien Lauf. Kurz nach 11 waren wir dann am Sportplatz, aber von den anderen Spielern war nichts zu sehen. „Hast du nicht gesagt um 11 hier?“ fragte ich, während wir die Motorräder in den Schatten stellten. „Doch schon. Die kommen bestimmt noch. Waren wohl noch ein bisschen länger dort gestern. Na los, wir können ja trotzdem schon mal anfangen mit laufen zum warm werden.“ Ralf zeigte mir wo die Trainer Kabine war, damit ich mich nachher nicht mit den anderen umziehen musste. „Auf geht’s du Lahme Schnecke.“ feuerte er mich an „5 Runden, dann fangen wir mit werfen an.“ mit diesen Worten sprintete er los. Über die Schulter rief er: „Der Verlierer gibt einen aus.“ Schnell hatte ich zu ihm aufgeholt: „Oh ja dann bekomm ich ein Bier und ein Eis, dass find ich gut.“ Keiner von uns beiden wollte dem anderen ein Bier ausgeben. Wir verlieren einfach nicht gerne. Die fünfte Runde beendeten wir sprintend und kamen gleichzeitig ins Ziel: „Oh man du bist ganz schön schnell geworden kurze.“ „Ich musste lange genug dein Bier bezahlen.“ schnaufte ich. „Na immerhin bekommen wir beide was zu trinken.“ er kicherte. Mit einem Blick auf die Uhr stellte ich fest dass es erst 20 vor 12 war. Immer noch war niemand von den anderen zu sehen. „Na brauchst du schon ne Pause alter Mann?“ stichelte ich. „Hättest du wohl gerne. Nur schnell was trinken, dann fangen wir erst richtig an.“ Beim Trinken unterhielten wir uns über die Art wie er trainieren wollte. „Ich dachte an werfen und fangen beim Sprint. Was meinst du?“ „Ja ich denke das passt. Auf 10?“ „Alles klar dann los.“ er schnappte sich den Football und ging auf 40 Yards Entfernung. Wir liefen immer 20 Yards in die eine Richtung, passten uns im Sprint den Ball zu, machten kehrt, liefen 20 Yards in die andere Richtung und der Rückpass erfolgte. Das machten wir solange, bis einer bei 10 angekommenen Pässen und 10 angenommenen Pässen war. Das ging bei uns schnell. Er klatschte mich ab: „Wow du wirst immer besser.“ stellte er fest. „Danke.“ freute ich mich über das Kompliment. Lächelnd drehte ich mich um, um zur Bank zu gehen. Mitten im Schritt blieb ich stehen. Die anderen Spieler waren da. Keiner von uns hatte bemerkt wie sie reingekommen sind. Mein Blick ging zu Ralf. Der lief grinsend auf seine Kollegen zu: „Na ihr Trantüten, seid ihr auch endlich da? Wir trainieren schon seit einer Stunde.“ Unschlüssig ob ich ihm folgen sollte, blieb ich noch eine Sekunde stehen. Entschied mich dann aber für meine Wasserflasche. Alleine stand ich an der Bank und nahm einen großen Schluck. ’Wie gut das tut’ dachte ich. Ganz in Gedanken fischte ich noch nach einem Apfel, bevor ich zu den anderen ging. „Mensch Mädchen, warum hast du nie gesagt das du auch spielst?“ wurde ich von Dom gefragt. „Vielleicht weil ich nicht spiele?! Wir trainieren nur zusammen das ist alles.“ verlegen schaute ich wieder auf mein Obst. Wie interessant doch so ein angebissener Apfel sein kann. „Trainierst du auch mal mit mir?“ kam es von Lee. „Oh für eine Schachtel Kekse macht sie das bestimmt.“ Antwortete Ralf für mich. Gespielt empört knuffte ich ihm in die Seite: „Hei ich bin doch nicht käuflich.“ Nun meldeten sich auch andere zu Wort und fragten ob ich mit ihnen üben könnte. Nur Jason presste die Lippen so fest aufeinander, dass nur noch ein schmaler, farbloser Strich zu sehen war. Was hatte der schon wieder für ein Problem? ’Ich nehm dir schon nicht deinen Captains Posten weg keine Angst’ dachte ich. Herausfordernd grinste ich in seine Richtung: „Was meinst du dazu Captain? Oder ist das für dich ein Problem.“ Seine Kiefer mahlten, er musste sich schwer beherrschen. Seine Antwort war auch mehr ein knurren wie ein reden: “Von mir aus, wenn ihr unbedingt mit einem Mädchen trainieren wollt. Soll mir recht sein. Aber beschwert euch nicht, wenn wir verlieren!“ Für mich war das Thema erledigt. ’1 zu 0 für mich Crue’ so konnte der Krieg zwischen uns weitergehen. Während sich die anderen aufwärmten, setzte ich mich auf den Rasen und beobachtete die einzelnen genau. Nach dem Aufwärmen erklärte ich: „So jetzt wird’s ernst Männers. Die Werfer auf die rechte, die Fänger auf die linke Seite. Jeder sucht sich jetzt einen Partner auf der anderen Seite. Ihr geht 40 Yards auseinander und im Laufraum von 20 Yards wird geworfen und gefangen. Auf geht’s. Nach 2 Stunden standen wir alle schwer schnaufend an der Bank: „Bei euch sieht das so viel leichter aus als es ist!“ beschwerte sich Lee. „Wir machen das auch schon seit 10 Jahren.“ lachte Ralf. „Damit ihr euch aber nicht nur auf einen Partner einspielt, wird in jedem Training gewechselt.“ setzte ich noch dazu. Allgemeines Nicken kam zur Antwort. Der Captain ordnete noch ein kleines Trainingsspiel an, sodass ich in aller Ruhe duschen und mich umziehen konnte.
Jase’ Sicht
Eigentlich wollte ich nach der Nacht einfach liegen bleiben. Nachdem ich bei Claire angekommen war, sind wir direkt im Schlafzimmer verschwunden. Wo wir auch bis in die Morgenstunden blieben. Aber wir hatten ja ein Extratraining angesetzt, für das Spiel am Samstag. Ich durfte einfach nicht schon das erste Verlieren. Blieb zu hoffen, dass die Mannschaft nicht völlig verkatert auftauchte. Als ich kurz vor 12 auf dem Spielfeld stand, traute ich meinen Augen kaum. Dort standen Ralf und Charley, total verschwitzt und machten ein Wurftraining, dass ich so noch nicht gesehen hatte. Aber sie waren gut. Jeder Pass kam an. Sie angelten die unmöglichsten Bälle aus der Luft und sofort ging das ganze umgekehrt. Sprinten, werfen, fangen, in die andere Richtung. Die anderen standen fasziniert am Feldrand. ’Was für ein Mädchen. Vollkommen durchgeschwitzt und trotzdem lächelt sie.’ Ich riss mich von dem Anblick los. Die dunkelgrauen Flügel auf ihrem Rücken, die man gestern in dem Kleid so toll sehen konnte, schauten nur am Rand unter Ihren Top Trägern raus. Wie lange sie dafür wohl gelegen hatte? Nur zu gerne hätte ich mir angeschaut wie sie ganz aussahen. Sie kamen zu uns rüber. Ich wollte gerade alle auffordern sich warm zu machen und einzusteigen, als mir Lee zuvor kam und sie auch noch fragte, ob sie mal mit ihm trainieren würde. Das brachte mich zur Weißglut. Ich war der Captain, ich entschied wann, was und wie trainiert wurde. Sonst niemand, außer dem Coach. Zu allem Überfluss wollten auch andere mit ihr trainieren. Mir platze innerlich der Kragen. Am liebsten hätte ich sie angeschrien, sie soll sich zum Teufel scheren. Aber was blieb mir anderes übrig als mitzuspielen, wenn ich mein Spiel gewinnen wollte? ’Richtig nichts bleibt dir übrig.’ dachte ich bitter. Zwischen zusammen gebissenen Zähnen gab ich meinen Zuspruch. Ich hätte Sie am liebsten erwürgt. Was glaubt sie eigentlich wer sie ist? Der neue Captain? ’Oh nein Mädel so leicht mach ich’s dir nicht! Das ist mein Posten.’ Stinksauer verzog ich mich dann in Richtung Seitenlinie. Ein paar Meter weiter setzte sie sich hin und schaute zu. Mit keinem Blick würdigte sie mich. Was mich noch mehr auf die Palme brachte. ’Eigentlich kann’s mir doch egal sein, ob sie sich für mich interessiert oder nicht.’ war es aber nicht. Noch nie wurde ich von einer Frau dermaßen links liegen gelassen und das ging mir gegen den Strich. Sie kam mit der ganzen Mannschaft super aus. Sogar der Coach hatte nichts gegen Sie, warum schaffte ich es nicht auch mich mit ihr gut zu stellen? Ich schüttelte den Kopf ’Weil sie ein Biest ist, deswegen!’ Interessiert beobachtete ich das Wurftraining. Es fuchste mich gewaltig, dass ich noch nicht auf die Idee gekommen war sowas einzuführen. Wir mussten dringend an unserem Pass ankommen arbeiten. ’Da muss erst so eine aus Kapstadt herkommen und dir zeigen wie man seine Männer in den Griff kriegt. Schäm dich Crue!’ Schimpfte meine innere Stimme mit mir. Absolut genervt wandte ich mich ab vom Feld, bevor ich noch rüber humpeln würde und sie eigenhändig erwürgen musste. Dabei fiel mir Ihr Rucksack ins Auge. Eine Ecke von einem Block schaute raus. Meine Neugier war geweckt. Jeden Mittag im Training saß sie da und kritzelte auf dem Ding rum. Was tat sie da wohl. ’Riskier doch einen Blick. Sie ist eh grade beschäftigt.’ verlangte die Stimme. Unauffällig rutschte ich näher an ihren Rucksack, wartete einen günstigen Moment ab und angelte das Teil aus der Tasche. Auf dem Deckel stand in großen Buchstaben 'Football'. Als ich die erste Seite aufschlug, schaute ich direkt auf eine Zeichnung von Ralf, wie er mit dem Football über das Feld rannte. Es war eine Bleistiftskizze. Ich war beeindruckt. Neugierig blätterte ich weiter und erkannte nach und nach immer mehr meiner Manschaftskollegen. Irgendwie hoffte ich auch auf eine Zeichnung von mir. Aber ich wurde enttäuscht, es gab keine. Gut sie hatte auch noch nicht alle Spieler, aber das ich als Captain noch nicht dabei war, regte mich schon wieder auf. Nur zu gerne hätte ich den ganzen Block angezündet. Stattdessen steckte ich ihn vorsichtig wieder in ihren Rucksack, damit sie nicht merkte, dass ich ihn gesehen hatte. Gerade noch rechtzeitig bevor sie rüberkam. Wortlos stand sie neben mir und packte die Sachen zusammen. Zum Abschluss rief ich noch aufs Feld: „Auf geht’s, wir machen noch ein kleines Trainingsspiel also aufstellen und Los geht’s!“ Hat sie keinen Blick für mich, hab ich keinen Blick für sie, beschloss ich. Eine viertel Stunde später kam sie frisch geduscht und umgezogen aus der Kabine. Sie setzte sich neben mich auf die Bank. Ich konnte sogar ihr Duschgel riechen, so nah hatte sie sich neben mich gesetzt. Ein frischer Duft von reifen Mangos stieg mir in die Nase und benebelte mich. Die Konzentration auf das Spiel war dahin. Ich warf ihr einen Seitenblick zu und zuckte zusammen. Mit einem bitterbösen Blick schaute sie mich an. Ihr Blick bohrte sich richtig in meine Augen. Als sie den Mund aufmachte, sprach sie gefährlich leise: „Wenn ich dich noch einmal sehe, wie du in meinen Sachen schnüffelst, wirst du dir wünschen nie auch nur in meiner Nähe gewesen zu sein. Haben wir uns verstanden?“ Hatte sie mich doch gesehen? Oder habe ich den Block nicht richtig zurückgelegt? „Tschuldigung.“ nuschelte ich. „Ich war einfach neugierig, was du auf der Bank tust, wenn wir trainieren.“ setzte ich noch dazu. „Dann frag mich gefälligst und benimm dich nicht wie ein Dieb.“ sagte sie schon ein wenig freundlicher. Ich versuchte das Gespräch am Laufen zu halten: „Hättest du’s mir gezeigt, wenn ich danach gefragt hätte?“ „Vielleicht.“ kam es einsilbig von ihr. Sie beobachtet das Spiel. Noch immer sah ich sie an. „Ich hab nicht vor mich zwischen dich und die Mannschaft zu stellen.“ ’Siehst du Crue, du bist umsonst so ein Ekel zu ihr, sie ist eigentlich ganz nett.’ Anstatt dem OK, was ich eigentlich sagen wollte, wurde ich wieder sauer: „Und warum tust du’s dann?“ In dem Moment in dem es raus war, tat es mir Leid. Aber zurücknehmen wollte ich es auch nicht. Sie fuhr herum und ihr Blick traf mich wie Blitze: „Du bist das allerletzte.“ war das einzige was sie sagte. Dann stand sie auf und ging. ’Super gemacht Junge, so baut man ein Gespräch auf.’ Dachte ich sarkastisch. Sollte ich ihr hinterher gehen? Ihr letzter Satz traf mich hart. Genau dahin wo es richtig weh tut. ’Ich hab’s verbockt. Mal wieder.’ Dachte ich bitter. „Hast du Charley gesehen?“ Unterbrach Ralf meine Gedanken. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie fertig waren. „Sie ist Richtung Parkplatz.“ gab ich zurück. „Ihr habt euch gestritten. Richtig?“ bohrte er weiter nach. „Na und.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen, am liebsten hätte ich ihm eine verpasst: „Nichts nur so.“ Damit verschwand er in der Dusche und lies mich stehen. „Verfluchte scheiße.“ motzte ich noch Richtung Feld und kam den anderen hinterher. In der Umkleide hörte ich noch wie Ralf sagte: „Ich gebe heute Abend eine Einstandsparty bei mir. Es wird gegrillt und es gibt Bier. Ihr seid herzlich willkommen.“ Großes Gejohle brach aus. Es wurde allgemein zugesagt. Auf dem Weg aus der Kabine sagte er noch: „Also bis später dann.“ und war verschwunden.
Die Vorbereitungen
Oh man war ich sauer! Der Typ ist doch nur noch ein Ekel. In Gedanken fluchte und schimpfte ich auf die ganze Welt. Wahrscheinlich wäre da sogar der härteste Pirat rot geworden, bei den Worten die ich dachte. Das waren die Momente in denen ich die Farm am meisten vermisste. Ich konnte mich nicht auf mein Bike setzten und ohne Geschwindigkeitsbegrenzung oder Ampeln abreagieren. Nach einer Stunde durch die Gegend Fahren war ich daheim. Ich war immer noch stinksauer. Die Fahrt hatte nur gereicht, mich soweit zu beruhigen, dass ich nicht den erst besten umbringen würde, der mich blöd anguckt. Auf dem Hof parkte eine grüne Kawasaki. ’Wem die wohl gehört?’ In der Garage sah ich Ralfs Bike stehen. ’Also muss es einer von den Jungs sein.’ Ohne mich um irgendwas zu kümmern schnappte ich meinen Gitarrenkoffer. Das Schlagzeug war schon aufgebaut in dem kleinen Unterstand auf der Garage. Ich musste dringend runterkommen, sonst würde das böse Folgen haben. Ich setzte meine Kopfhörer auf und spielte mich mit dem Schlagzeug ein. Mit dem Fuß konnte man eine Taste drücken und das Schlagzeug wurde aufgenommen. Die betätigte ich. Als ich fertig war musste die Gitarre dran glauben. Ich spielte mich auch hier ein. Dann entschied ich mich für Chumbawamba mit I get knocked down. Durch die Technik war es möglich, dass man die Musik nur im Kopfhörer hören konnte, sonst aber nirgends. Genau das richtige in einem Moment wie diesem, wo es nicht laut genug sein konnte. Völlig ausgepowert, aber wenigstens einigermaßen beruhigt, kam ich wieder in mein Zimmer. Mein Handy blinkte. Eine SMS von Ralf: -Hei Kleine Grillen heute Abend bei uns. Die Mannschaft kommt. Legst du mir Fleisch ein? Du kannst das doch so gut. *großeaugenmach* R- Na wunderbar. Die Nachricht kam vor einer halben Stunde, jetzt musste ich mich beeilen. Aber beim Grillen war ich immer dabei. Es gibt nichts Besseres wie frisches Fleisch, lecker mariniert über dem offenen Feuer. Nur bei dem Gedanken lief mir schon das Wasser im Mund zusammen. Wir hatten immer genug Fleisch im Haus. Man konnte ja nie wissen. In meiner Hosentasche Vibrierte es schon wieder, noch eine SMS: -Sind 15 Männer mit Hunger XD- Ok also viel Fleisch. In einer großen Plastik Wanne setzte ich Marinade an. Ich hatte keine Lust hunderte Behälter zu machen. Es dauerte eine ganze Weile bis alles drin war, was rein gehörte. Im Kühlhaus fand ich auch schnell die gesuchten Kartons mit Antilope. Am Donnerstag ist endlich die Lieferung eingetroffen. Das Radio in der Küche lief auf voller Lautstärke und spielte einen meiner Lieblingssongs von Train mit Drops of Jupiter. Laut sang ich mit. Wieder in der Küche blieb ich wie angewurzelt stehen. Vor mir stand niemand sonst als Jase. „Was machst du denn hier?“ Ich war zu verdutzt um böse zu klingen. „Dein Bruder hat zum Grillen eingeladen. Aber das weist du ja schon, wie ich sehe.“ Irrte ich mich oder war er verunsichert. ’Was soll's nicht dein Problem Mädchen’ kicherte die Stimme in meinem Kopf. Ganz die Gastgeberin fragte ich: „Willst du was trinken? Bier, Wasser, oder was anderes?“ ’Bist du freundlich zu mir, bin ich freundlich zu dir.’ wollte ich noch dazu setzten, behielt es dann aber doch für mich. „Ein Bier, danke.“ Er setzte sich auf die andere Seite der Anrichte, auf der ich mich ausgebreitet hatte, an den Tresen und schaute neugierig in die Wanne: „Was machst du da?“ Aus einer Schublade fischte ich einen Löffel und gab ihn weiter: „Probier einfach.“ Ich musste noch 2-mal ins Kühlhaus, um genug für ein richtiges African BBQ zu haben. Jedes mal wurden seine Augen größer. Die Steaks und Filets verschwanden nach und nach in der Marinade. „So fertig. Scheiße ist die schwer.“ stöhnte ich bei dem Versuch den Behälter von der Anrichte zu nehmen. ’Dummes Kind, warum hast du das nicht auf dem Boden gemacht, dann könntest du das Ding jetzt ziehen.’ schimpfte ich wieder mit mir. „Ich würde dir ja gern helfen, aber mein Fuß, du weist ja.“ entschuldigte sich Jase. „Ja schon gut. RAAAAAALF.“ rief ich durchs ganze Haus. Er kam aus dem Garten: „Was denn?“ „Ich Pack das Fleisch nicht mehr.“ „OK mach mir die Tür auf, wir stellen das nochmal kalt.“ Gesagt getan. „Du weist, dass du mir noch ein großes Eis und ein Bier schuldest?“ fragte ich ihn. „Jap weis ich. Aber vor dem Essen gibt es keine Süßigkeiten. Schon vergessen?“ zog er mich auf. Gespielt beleidigt knuffte ich ihm in die Seite und maulte: „Ja Papa.“ Gut gelaunt ging ich wieder hinter den Tresen um die Kampfspuren zu beseitigen. Das Radio spielte auf voller Lautstärke Queen mit Fat bottomed Girl, das Wetter war prima, meine Laune mittlerweile auch wieder, ich freute mich auf das Grillen und sang mit voller Überzeugung mit. Als sich hinter mir jemand räusperte: „Hrm.“ fuhr ich erschrocken rum. Meine Wangen glühten, wahrscheinlich war ich so rot wie eine Tomate: „Oh du bist ja immer noch da.“ kicherte ich verlegen. Ich hätte schwören können, die Tür gehört zu haben. Er lächelte: „Wie du siehst, bin ich nicht geplatzt.“ Er schaute mir in die Augen. Mir war nicht aufgefallen wie grau sie waren. Und das Lächeln erst. In meinem Bauch fing es an zu Kribbeln. Mein Herzschlag beschleunigte sich als der Blick länger dauerte. ’Reis dich zusammen!’ ermahnte ich mich. Aber es war zwecklos, sein Blick hielt mich gefangen. Wie konnte man nur so verdammt heiß aussehen? Nach einer gefühlten Ewigkeit schaffte ich es doch noch wegzuschauen.
Jase’ Sicht
Zufrieden mit dem Trainingsergebnis machte ich mich auf den Heimweg. Über die Umstände ärgerte ich mich immer noch. Kurz bevor ich daheim war wurde ich von einem schwarzen Motorrad überholt. Der Fahrer war so schnell, dass ich nicht mal die Zeit hatte zu gucken was es war. Aber schön war das Bike, dass musste ich zugeben. Zu Hause versuchte ich vorsichtig meinen Fuß zu bewegen. Es tat zwar weh aber, wenn ich vorsichtig war sollte das gehen. Meine Heißgeliebte grüne Kawa lief mittlerweile wieder. Ich entschied mich dafür, mit ihr zu fahren. Eine halbe Stunde später klingelte ich bei den Baltimores. Nach kurzem warten öffnete Ralf, nur mit einem Handtuch um die Hüften: „Hei Crue, sorry das ich noch nicht fertig bin, aber so früh habe ich nicht mit euch gerechnet. Komm rein.“ ’Mist da dran hätte ich selber denken können, dass 16 Uhr ein bisschen zu früh war: „Oh wenn du willst komm ich später wieder.“ bot ich an. „Ach was jetzt bist du da, jetzt kannst du auch reinkommen.“ Mit einer einladenden Handbewegung zeigte er hinter sich. „Geh doch schon mal ins Esszimmer oder in den Garten. Dort steht auch schon Bier. Ich komm gleich.“ Er verschwand wieder nach oben. Ich fühlte mich ein bisschen unwohl in dem Fremden Haus. Also ging ich nach hinten raus in den Garten und nahm mir das angebotene Bier. Ohne zu überlegen zog ich die Schuhe aus und steckte die Füße in den Pool. Das kühle Wasser tat so gut an dem doch ziemlich heftig pochenden Fuß. ’Du hättest besser das Auto genommen’ schalt mich mein Gewissen. Hinter mir hörte ich die Tür: „Wie ich sehe hast du’s dir schon gemütlich gemacht.“ „Schön habt ihr's hier.“ Erwiderte ich. „Du hättest mal unser Haus in Devils Peak sehen müssen.“ sagte Ralf mit einem Blick ins Weite. Ein kurzes Kopfschütteln und er war wieder im hier und jetzt. „Sag mal Crue, besteht eigentlich die Möglichkeit, dass ich am Samstag spielen kann?“ „Wenn deine Leistung dementsprechend ist.“ gab ich zu. „McKenzie hat keine Lieblingsspieler. Er stellt auf wer gut ist. Der Rest schmort auf der Bank. Ich auch schon.“ musste ich zugeben. „Echt? Als Captain durfte ich immer spielen.“ „Was für ein Luxus.“ stellte ich fest. Wir unterhielten uns noch ein bisschen über das Spiel und wie die Mannschaft nach Orlando kommen sollte, als wir Geräusche und Musik aus der Küche hörten. Ich hoffte das es Charley war und wieder das nicht. Hatte sie sich beruhigt oder würde sie mich umbringen, wenn sie mich sieht? Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch. „Wo finde ich denn das Bad bei euch?“ „Unter der rechten Treppe. Ich geh schon mal Feuer machen.“ Leise bewegte ich mich durch das Esszimmer. Ich wollte nicht schon wieder Ihren Zorn auf mich ziehen. Auf dem Rückweg blieb ich neben der Tür stehen. Sie sang zum Radio. Wie von einer unsichtbaren Kraft angezogen ging ich zum Tresen. Sie hatte eine tolle Stimme. Voll und warm. Ich hätte ihr noch ewig zuhören können. Aber sie bemerkte mich. ’Sei freundlich zu ihr!’ ermahnte ich mich. Sie bot mir was zu trinken an was mich, nach heute Mittag, doch sehr verwunderte. Das Pochen in meinem Fuß wurde wieder stärker also setzte ich mich an den Tresen. Ein süßlich, würziger Geruch stieg mir in die Nase. Schnuppernd beugte ich mich nach vorne, auf der Suche nach dem köstlichen Duft. Als Quelle machte ich eine große Plastikwanne aus, in der rotbraune Sauce war: „Was machst du da?“ fragte ich neugierig. Die Feindseligkeit hatte ich vergessen. Sie hielt mir einen Löffel hin und forderte mich auf zu probieren. Es schmeckte fantastisch. ’Das musst du ihr lassen. Mit BBQ scheint sie sich auszukennen.’ Dachte ich anerkennend. Ich staunte nicht schlecht, als sie Kiste um Kiste aus einer Kleinen Kühlzelle schleppte. „Was hast du denn alles vor?“ fragte ich irritiert. „Eine Footballmannschaft verköstigen.“ Gab sie vergnügt zurück. Sie war so anders als heute Mittag auf dem Feld. Das gefiel mir. Unter meinem erstaunten Blick ließ sie Berge saftiges Fleisch in der Wanne zum Marinieren verschwinden. ’Ich bin ja mal gespannt wie sie die nachher da runter bekommt.’ dachte ich amüsiert. Wie zu erwarten war es zu schwer. Hilfe konnte ich ihr ja keine anbieten. Ich konnte ja so schon kaum mein eigenes Gewicht schmerzfrei tragen. Ich entschuldigte mich dafür. Sie rief nach Ralf. Die 2 verschwanden kurz in der Kühlzelle. ’Eigentlich ist sie ja echt heiß’ lies ich meine Gedanken schweifen. ‘Sie hat Charakter, sieht gut aus, weis was sie will, hat Feuer. Nicht so wie die anderen oder wie die Cheerleader. Und schon gar nicht wie Loraine, die nicht davor zurückschreckt sich sofort allem Männlichen an den Hals zu werfen, was ihr in die Quere kommt.’ Jetzt versuchte sie es sogar schon bei Ralf. Der das aber gekonnt abblockte, wie mir auffiel. Was zum Henker war mit mir los? ’Was denkst du so einen Quatsch? Die Kleine ist absolut nicht das was du dir von einem Mädchen erwartest.’ Die Tür zum Kühlhaus ging auf und lauthals singend kam sie wieder raus. Anscheinend hatte sie vergessen, dass ich auch da bin. Ich räusperte mich: „Hrm.“ Wie von der Tarantel gestochen fuhr sie rum und lief knallrot an. Sie sah so süß dabei aus. Am liebsten wäre ich rüber gegangen und hätte sie in den Arm genommen. Stattdessen lächelte ich nur und schaute sie an. Was für Wahnsinns Augen sie doch hatte. ’Wie die Smaragde von Mrs. Brewster.’ dachte ich. So ein kitschiger scheiß liegt mir normalerweise gar nicht, aber das ist die beste Beschreibung für ihre Augenfarbe. Sie schaute mich an. Ich konnte einfach meinen Blick nicht abwenden. Meine Hände fingen an zu schwitzen und leicht zu zittern. In meinen Jeans fühlte ich eine leichte Erregung. ’Fuck hoffentlich merkt sie davon nichts!’ Hoffte ich inständig. Aber sie sah auch einfach nur Ratten scharf aus in den Kurzen Shorts und dem hellblauen Top. ’Am besten machst du das du ganz schnell wieder deinen Grips zurück in dein Hirn packst Crue’ schoss es mir durch den Kopf. Nach 2 Sekunden die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, schaute sie weg. Sie hatte es geschafft, ich war vollkommen verwirrt.
Der Abend
Immer noch absolut durcheinander, von dem sanften Blick in dem er mich gefangen gehalten hatte, machte ich noch schnell den Tresen sauber. Mittlerweile klingelte es im Minutentakt an der Tür und die Jungs vielen ein. „Hei kleines na alles klar? Was tischt ihr 2 uns den auf heute? Gegrillte Echse oder Affenhirn?“ begrüßten mich Dom und Lee. Ich lachte: „Nein es gibt Affenschenkel und Spinnenspiese.“ Sie sahen mich leicht angeekelt an. Wahrscheinlich überlegten sie gerade, ob ich das ernst meinte. Nett wie ich nun einmal war, klärte ich sie auf: „Ihhh glaubt ihr im Ernst sowas essen wir? Wir sind doch nicht Bear Grillz oder wie die alle heißen. Bei uns gibt es Steaks und Filet vom Oryx. Das ist eine Antilope.“ Kopfschüttelnd schickte ich sie nach hinten, auf die Terrasse, zu Ralf. Wie naiv die doch sein konnten. Als ich fertig mit der Küche war, stellte ich fest, dass ich von oben bis unten Spritzer der Marinade an mir hatte. ’Also nochmal duschen.’ seufzte ich innerlich. In meinem Schrank sah ich ratlos in die Fächer. ’Latty hat recht! Ich habe wirklich nichts anzuziehen.’ schoss es mir durch den Kopf. Ein Kleidungsstück nach dem nächsten warf ich frustriert hinter mich. „Was ist denn los mit dir? Nur weil da unten ein paar Affen hocken, musst du dich doch nicht zu einem machen!“ sagte ich zu mir selber. So kannte ich mich gar nicht. Genervt von mir, meinem Schrank und der ganzen Situation, entschied ich mich dann für einen schwarzen Bikini mit roten Trägern und Rändern. Für obendrüber gab es schwarze Shorts und ein leuchtend rotes T-Shirt mit V-Ausschnitt. Meine Haare flocht ich noch schnell zu einem Fishtail Sidesweap und fertig. Auf Schuhe verzichtete ich ganz. Wieder unten in der Küche stellte ich fest, dass Ralf das Fleisch schon raus hatte. An der Verandatür blieb ich kurz stehen. Mir hatte es die Sprache verschlagen. Hinter dem Pool zog Jase gerade sein Shirt aus. Wie vermutet hatte er auf dem rechten Oberarm ein Tribal, was sich von der Schulter bis zum Ellenbogen zog. Was mich aber absolut aus dem Konzept brachte, war der graue Footballpokal, der auf seiner Hüfte war. Perfekt trainierte Muskeln sah ich da. Knackig braun. Als er sich umdrehte, sah ich auch noch einen kleinen silbernen Stecker in seinem rechten Nippel. Wäre ich ein Hund, ich würde jetzt sabbern. Ich merkte wie mein Puls immer schneller schlug und meine Hände schwitzten. Der Kerl war verboten heiß mit seinem wohl definierten Six-pack und den festen Brustmuskeln. ’Reis dich zusammen Mädchen! Hast du noch nie einen Mann ohne Hemd gesehen??? Du benimmst dich schon wie eins von den billigen Flittchen, die die ganze Zeit, wie Satelliten um Planeten, um ihn kreisen. Eine Hand legte sich auf meine Schulter: „Na traust du dich nicht raus? Oder willst du weiter hier am Fenster stehen und sabbern?“ Mein Bruder schaute mich belustigt an. „1. Ich sabbere nicht! 2. Ich hab schon mehr halbnackte Sportler gesehen wie mir lieb ist. Also schüchtert mich das auch nicht ein. Und 3. Ach was weis ich.“ antwortete ich verärgert. Genervt stapfte ich nach draußen. Ralf hatte ein großes Lagerfeuer gemacht. Der Grill stand abgedeckt in der Ecke. Langsam entspannte ich mich wieder. Es fühlte sich fast an wie zu Hause. Am Kühlschrank stand schon Dom: „Na kurze was willst du haben, Sekt?“ „Ne gib mir ein Bier bitte.“ bestellte ich. Er sah mich mit großen Augen an. „Was ist? Hast du noch nie ein Mädel gesehen was gerne mal ein Bier trinkt?“ fragte ich grinsend. „Nein ehrlich gesagt wollen die immer alle einen Cocktail oder Champagner oder so komisches Zeug.“ bemerkte er. „Na dann auf die Premiere.“ prostete ich ihm zu. „Du sag mal, Lee hat gesagt du fährst mit nach Orlando nächstes Wochenende, stimmt das?“ „Jain. Ich habe gesagt, wenn er will, dass ich mitfahre, dann soll er McKenzie fragen ob das in Ordnung geht. Wenn er ’Ja’ sagt, überleg ich’s mir.“ „Klasse also bist du mit dabei.“ freute er sich. „Ich hab doch gesagt ich überleg’s mir dann.“ kicherte ich. „Glaubst du im Ernst, wir lassen unser Maskottchen daheim?“ „Oh so weit sind wir schon, dass ich euer Maskottchen bin. Werde ich da auch noch gefragt?“ „Nein das haben wir schon beschlossen.“ grinste er frech. Innerlich freute ich mich riesig, dass die Jungs mich mitnehmen wollen. Aber zugeben wollte ich das nicht direkt. „Mal sehen.“ antwortete ich deswegen. Mein Blick schweifte durch den Garten. Überall saßen oder standen die Spieler. Suchend blickte ich mich um, als sich jemand neben mich stellte: „Suchst du mich?“ raunte mir eine nur zu bekannte Stimme ins Ohr. Mir schoss sofort die Röte ins Gesicht: „Nein nicht wirklich.“ stotterte ich verlegen. Innerlich kochte ich schon wieder vor Zorn ’Was soll der scheiß, reis dich jetzt endlich zusammen. Er ist nur Jason Crue, irgendein Footballer und nicht Channing Tatum.’ Ich hatte natürlich nach ihm geguckt. Der Anblick vorhin war aber auch einfach zu lecker. „Nicht?“ fragte er gespielt schmollend. „Nein.“ giftete ich zurück, denn mittlerweile hatte ich mich wieder gefangen. Ohne weiter auf ihn zu achten ging ich zu Ralf: „Kann ich dir helfen?“ fragte ich mit der Hoffnung auf Ablenkung. „Ja klar. Das Fleisch muss noch auf die Spieße.“ er zeigte auf einige Metallstangen. Mit dem Rücken zum Garten steckte ich langsam die Grillstücke auf. Ich kümmerte mich nicht weiter um die Gäste, sondern um’s Grillen. Die Steaks hingen jetzt im offenen Feuer und ich konzentrierte mich auf das Zischen. „Essen ist fertig.“ rief ich kurz darauf hinter mich. Wie ausgehungerte Löwen kamen sie rüber. Misstrauisch beäugten sie das Feuer. „Und wie soll ich das da raus kriegen?“ fragte mich Lee. „Einfach so.“ erklärte ich und nahm eine Stange aus dem Boden. So wirklich traute sich keiner, sodass Ralf und ich das Grillgut vom Feuer nahmen und verteilten. Als alle bedient waren, steckten wir uns noch ein Stück Filet auf einen Spies. Keine 2 Minuten später hatten wir es auf dem Teller. Es schmeckte köstlich. Völlig in Gedanken, am genießen mit dem Essen, bemerkte ich nicht wie ich von allen angestarrt wurde. Erst als ich mein Bier ansetzte, schaute ich auf und bemerkte die Blicke. Irritiert sah ich zu meinem Bruder: „Stimmt was nicht?“ Er brach in schallendes Lachen aus. Den Teller wegstellend lachte er immer weiter. Langsam kam ich mir blöd vor. Die Wut die den ganzen Tag schon in mir schlummerte, kochte wieder hoch. „Kannst du noch mehr wie dumm lachen? Oder sagst du jetzt was los is?!“ pflaumte ich ihn an. „Oh jetzt sei doch nicht gleich so eingeschnappt. Unsere neuen Freunde haben wohl noch nie ein Mädchen gesehen, dass rohes Fleisch isst und mit Bier nachspült.“ Jetzt kicherte ich auch. Schulterzuckend sah ich wieder auf meinen Teller: „Naja wenn’s sonst nichts ist.“ und aß weiter.
Jase’ Sicht
Erleichterung breitete sich aus als es an der Tür klingelte und immer mehr meiner Kollegen kamen. Langsam aber sicher hatte ich mein Hirn wieder in der Nordregion meines Körpers versammelt. ’Man man Crue das wäre vielleicht peinlich geworden.’ schüttelte ich über mich selber den Kopf. Wir alberten rum, gammelten in der Sonne, oder unterhielten uns über das Spiel am Samstag. Auf der einen Seite vom Garten steckte Ralf ein großes Feuer an: „Mensch bist du irre? Du kannst doch nicht einfach im Garten ein Lagerfeuer anstecken.“ Rief einer im zu. „Wie du siehst kann ich’s doch.“ gab er nur lachend zurück. Langsam wurde es in der hochstehenden Sonne zu warm. Als ich mir das Shirt auszog und mich umdrehte, sah ich sie am Fenster. Ich blieb extra noch eine Millisekunde stehen, damit sie auch alles anschauen konnte. ’Siehst du sie ist genauso wie alle anderen Frauen auch.’ freute ich mich über die Aufmerksamkeit. Neben ihr tauchte Ralf auf, also konnte ich mich wieder wegdrehen. Lange hielt ich es nicht aus. Unauffällig suchte ich den Garten nach ihr ab. Sie stand bei Dom und lies sich gerade ein Bier geben. ’Sie wird immer sympathischer.’ hörte ich die Stimme in meinem Kopf. ’Vielleicht gehst du jetzt endlich mal zu ihr rüber und sprichst sie an?! Heute Mittag hat das doch auch geklappt’ nörgelte sie weiter. Leise schlich ich mich von hinten an. Ich hatte Glück, sie bemerkte mich nicht. Als ich ihr ins Ohr flüsterte, sah ich wie sich ihre Nackenhärchen stellten. Ich freute mich diebisch über die Reaktion vor allem, dass sie auch noch rot anlief. Doch als sie meine Frage ob sie mich suchte entschieden verneinte, war ich nicht mehr ganz so sicher, ob ich nicht doch zu viel in was rein interpretierte, was tatsächlich nicht stattgefunden hatte. Sie ließ mich stehen wie einen Trottel. Da war sie wieder die Wut. Sie sah aber auch einfach zu heiß aus. Wie gerne hätte ich sie jetzt gleich im Pool vernascht, wenn niemand da gewesen wäre. ’Hirn an Crue: Ich will aus der Hose raus.’ schimpfte die Stimme in meinem Kopf. Schnell machte ich kehrt. ’Diese elende Hexe! Kaum können wir mal mehr wie 1 Satz wechseln, ohne dass wir uns gegenseitig an die Gurgel wollen, benimmst du dich wie ein geiler Bock. Lass es einfach gut sein. Die interessiert sich mehr für Lee.’ Wie ich mittlerweile mitbekommen habe, wollte sie mit ihm am Samstag zu unserem Spiel fahren. Sollte sie machen. Mir konnte es ja egal sein. Als sie verkündete, dass das Fleisch gut wäre, war mir der Appetit gründlich vergangen. Erst nachdem ich die saftigen Stücke auf den Spießen sah, meldete sich mein Magen doch mit einem deutlichen knurren. Ich ließ mir ein Filet geben. Beim Buffet bediente ich mich noch am Salat. Irgendwie hatte ich das Gefühl keine Sekunde aus den Augen gelassen zu werden. Die Mannschaft setzte sich einfach um den Pool rum um zu essen. Langsam aber sicher verstummten die Gespräche. Als ich aufsah, schaute ich direkt zu ihr rüber. Sie hatte ein großes Stück Antilopenfilet auf dem Teller und dann auch noch fast roh. Ich vergaß weiter zu essen, starrte sie einfach nur mit offenem Mund an. ’Super Junge du machst ja grad mal einen richtig intelligenten Eindruck.’ resignierte die Stimme in meinem Kopf. Trotzdem schaffte ich es nicht meinen Blick woanders hin zu lenken. Sie hatte bemerkt, dass alle sie anstarrten. Nach einem heftigen Lachanfall erklärte mein Kollege ihr auch warum. Alles was sie tat war die Schultern zu zucken und ungerührt weiter zu essen. Ich war fasziniert. ’Du musst es schaffen. Streng dich halt mal ein bisschen an. Es kann doch nicht so schwer sein, wenigstens ein freundliches Verhältnis aufzubauen.’ Das Essen war hervorragend. Grillen konnten die beiden definitiv am besten. Niemand von uns hat bis jetzt so ein BBQ auf die Beine gestellt. Es wurde immer später, aber keiner machte Anstalten zu gehen. Neben mir unterhielten sich ein paar meiner Spielerkollegen: „Was meinst du sollen wir noch ein mitternachts schwimmen veranstalten?“ „Keine schlechte Idee.“ „Wie sieht’s mit euch aus, habt ihr auch Lust?“ fragte er zu uns. „Na klar, so eine kleine Abkühlung wäre jetzt genau das richtige.“ antworteten ein paar. So schnell konnte ich gar nicht schauen, standen fast alle in Boxershorts da oder waren schon im Wasser. In Gedanken schickte ich Stoßgebete in den Himmel ’Bitte lass Sie auch ins Wasser gehen.’ Aber mein Wunsch wurde nicht erfüllt. Sie saß lachend am Beckenrand und schaute zu. Sollte ich sie einfach reinwerfen? Wie von alleine bewegten sich meine Füße in ihre Richtung: „Na du? Keine Lust auf Wasser mit lauter hübschen Männern?“ fragte ich sie. Abschätzend sah sie mich an: „Lauter hübsche Männer?“ lachte sie dann. „Autsch.“ Ich wollte schon gehen, als sie mich zurückhielt. „Ach jetzt sei doch nicht immer gleich so empfindlich. Du stellst dich echt an.“ Mit diesen Worten schubste sie mich ins Wasser, zog sich ihre Klamotten aus und sprang mir hinterher bevor ich sie noch richtig anschauen konnte. In dem Gewusel aus Armen, Beinen und Körpern hatte ich sie aus den Augen verloren. Gerade als ich tauchen wollte, drückte mich von hinten jemand unter Wasser. Wieder oben holte ich erst mal Luft und die kleine, zierliche Charley schwamm, unschuldig grinsend, vor mir auf der Stelle. „Na keine Lust auf spielen?“ fragte sie keck. „Oh na warte.“ Ich jagte sie quer durch den Pool. Sie war so verdammt schnell im Wasser, tauchte unter und an einer ganz anderen Stelle wieder auf. Verschwand hinter den andern, die eine Wasserschlacht gestartet hatten. Immer wieder erwischte sie mich und tauchte mich kichernd unter. Ich war eindeutig unterlegen. Aber das konnte und wollte ich nicht zugeben. Lachend stiegen wir aus dem Pool. „Du bist eine ganz schön lahme Schnecke im Wasser, weist du das.“ zog sie mich auf. „Ach was wenn ich wollte wäre ich schneller als du, ich hab dich nur gewinnen lassen.“ gab ich ernst zurück. Sie lachte, lies es aber so stehen. „Los hilf mir mal, wir brauchen Handtücher für alle.“ forderte sie mich stattdessen auf. Ich lief ihr hinterher und betrachtete die Flügel auf ihrem Rücken. Als das Licht anging, sah ich auch das Tattoo auf den linken Rippen. Es war in rot-orange gehalten. Was es war konnte ich leider nicht genau sehen. Ich war fasziniert. Der Pokal auf meiner Hüfte war ja schon heftig aber das. ’Wow die kleine hat verdammt viel Ausdauer.’ stellte ich anerkennend fest. Sie drehte sich zu mir und gab mir einen Stapel Handtücher. Ich war hin und her gerissen, ob ich fragen sollte oder nicht. Aber der Moment war vorbei als sie die Schranktür schloss: „So das müsste reichen. Auf geht’s.“
Die Nacht
Er folgte mir tatsächlich ins Haus. Ich fühlte fast schon körperlich die Blicke mit denen er mich musterte. Was mich ziemlich nervös machte. Immerhin stand ich ja nur im Bikini vor ihm. Eigentlich bin ich ja nicht prüde oder verklemmt, aber in dem Moment war es mir ziemlich unangenehm ihm halbnackt gegenüber zu stehen. Mein Versuch, mich voll und ganz auf die Handtücher zu konzentrieren, ging gründlich nach hinten los. Vor mir sah ich immer diesen Wahnsinns Oberkörper, mit den perfekt definierten Muskeln und der Footballtrophähe auf der Hüfte. Es juckte mich in den Fingern, in anzufassen, die Linien nachzufahren. ’Reis dich zusammen du machst dich ja lächerlich!’ schnauzte ich mich in Gedanken an. ’Gib ihm einfach die Handtücher und kümmer dich um dich. Du interessierst ihn eh nicht.’ Im umdrehen drückte ich ihm einen riesen Berg Handtücher in die Hand und schickte ihn raus. „So das müsste reichen. Auf geht’s. Ich geh noch schnell hoch und zieh mir was Trockenes an.“ Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging nach oben. Als ich nochmal runter schaute, stand er immer noch genauso da wie eben. Irrte ich mich oder schaute er mir nach? Mein Bauch kribbelte wieder, wie gerne hätte ich gesehen dass er sich für mich interessiert. Aber er war der geborene Playboy der jedes Mädchen haben konnte und sich auch dementsprechend verhielt. In Gedanken schüttelte ich den Kopf ’Schlag dir den Kerl ganz schnell aus dem Kopf. Der ist nur auf eine schnelle Nummer aus und sonst nichts.’ Im Bad angekommen lehnte ich mich erst mal gegen die Tür „Was ist denn nur los mit dir? Dass du dich derart aus dem Konzept bringen lässt?“ fragte ich in die Stille rein. Nur mit meinem Handtuch bekleidet, verschwand ich erst mal in meinem Schrank. Es war doch ein bisschen frisch geworden, weshalb ich mich für eine dünne grasgrüne Stoffhose und einen weißen schulterfreien Pulli entschied. Auf dem Weg nach unten begegnete mir Ralf: „Na du schon trocken?“ fragte er mich. „Hmmm.“ gedankenverloren nickte ich zurück. „Kannst du mir einen Gefallen tun? Machst du uns noch Stockbrot für das restliche Fleisch. Ich glaube nach der Wasserschlacht brauchen wir alle nochmal was zwischen die Zähne.“ „Ja kann ich machen. Mach du das Feuer in der Zeit ein bisschen größer, damit wir für den Rand Glut haben.“ wir waren uns einig. Wenn wir eins liebten dann Stockbrot gefüllt mit Antilope. Wieder in der Küche stellte ich das Radio an. Wir hatten den ganzen Abend noch keine Musik gehabt. Gut gelaunt packte ich alle Zutaten zusammen die in dem Vorratsraum standen und ging vollgepackt wieder nach vorne. Während ich eine ausreichend große Schüssel suchte, hörte ich die Tür. „Hallo? Jemand zu Hause?“ „Ja in der Küche.“ rief ich zurück und tauchte hinter dem Tresen auf. Vor mir stand Dom. „Sag mal, ich hab im Wohnzimmer die Gitarre gesehen, kann ich die mit rausnehmen?“ „Ja klar wenn du willst. Seit wann spielst du denn?“ jetzt war ich neugierig. „Keine Ahnung bestimmt schon 10 Jahre.“ „Bist du nie auf die Idee gekommen mal in der Schulband zu spielen?“ hakte ich weiter nach. „Nein ehrlich gesagt nicht. Da sind doch nur Hühner dabei. Und außerdem sind die Proben während der Trainingszeit.“ „Aso na dann.“ gab ich mich verständnisvoll. ’Notiz an mich selber: Im Augen behalten was er drauf hat.’ Er zwinkerte mir im Umdrehen noch zu. Vielleicht hatte ich ja doch die Chance den ein oder anderen noch dazu zu bewegen mitzumachen. Man könnte ja auch die Proben dann Terminlich ein bisschen anders legen. Der Teig war schnell gemacht, jetzt musste ich ihn nur noch an einen warmen Ort stellen, damit er gehen konnte. Aus der Schublade schnappte ich mir noch ein scharfes Messer, ein Holzbrett und noch eine leere Schüssel. So bepackt kam ich wieder in den Garten wo ich mich auch gleich dran machte das restliche Fleisch in dünne, feine Streifen zu schneiden. Mein Bruder hatte das Feuer nochmal anständig angeheizt. Die meisten Jungs waren schon soweit wieder trocken, dass sie Ihre Jeans anhatten. Das gefüllte Stockbrot hing über der Glut und garte langsam vor sich hin. Dom hatte die Gitarre an den Tisch gelehnt. ’Schnapp sie dir.’ flüsterte die Stimme wieder. „Hab mal kurz ein Auge auf das Stockbrot, wenn’s braun wird dreh’s weiter. Bin gleich wieder da.“ sagte ich im Aufstehen zu meinem Nachbarn. Meine Gitarre hatte ich gleich, bei Ralf musste ich ein bisschen suchen. Endlich fand ich sie im Schrank. Wieder unten fragte er mich: „Was hast du denn vor?“ „Das weis ich auch nicht so genau, Dom hat gefragt ob er die aus dem Wohnzimmer mit rausnehmen kann. Vielleicht braucht er ja ein bisschen Unterstützung, weil er sich nicht traut.“ „Kann es vielleicht sein, dass du jemanden von den Jungs beeindrucken willst?“ „Ach so ein Käse das glaubst du doch selber nicht.“ motzte ich zurück. Wie ich ihm sein süffisantes Lächeln am liebsten aus dem Gesicht schlagen würde: „Behalt dein scheiß grinsen für dich! Ich habe andere Probleme, wie Groupie für einen Haufen Playboys zu spielen. Was ist eigentlich mit Shancy?“ Bei meinem ersten Satz wurde sein Grinsen nur noch breiter, aber bei der Frage nach meiner Freundin hatte sich das sofort erledigt. „Was soll mit ihr sein? Nix natürlich, ich hab doch gesagt ich will Spaß und mehr nicht.“ Jetzt war ich die, die Lächelte. ’Wir werden noch sehen.’ dachte ich immer noch zufrieden. Die Jungs machten sich über die Stockbrote her als hätten sie seit Wochen nichts mehr zu essen bekommen. „Hast du noch so eins für mich, kleines?“ fragte Dom. „Na klar Hase, aber nur, wenn du danach für mich spielst.“ erpresste ich ihn mit einem Blick auf die Gitarre. Im Hintergrund sah ich wie Jase bei dem Wort „Hase“ scharf die Luft einzog. ’Oh oh oh schau an. Der Player ist stinkig, weil jemand anderes die Aufmerksamkeit bekommt. Das ist aber schade.’ freute ich mich innerlich. Das konnte von mir aus noch eine Weile so weitergehen. „Hm ich weis nicht….“ druckste er herum. Genüsslich biss ich in das Brot, dass ich gerade in der Hand hatte. „Ja ist ja schon gut. Ich Spiel für dich, aber gib mir das Teil her.“ lachte er „Du bist echt die sadistischste Person die ich kenne. Einen halb verhungerten erpressen. Das sind ja schöne Manieren die ihr Afrikaner so habt.“ grummelte er als er mir das Grillstück aus der Hand schnappte. Lautes Gelächter rings rum, die meisten hatten gehört was er in seinen imaginären Bart gemurmelt hatte. „Oh glaubst du, dass das die einzigen schlechten Manieren sind die ich habe? Wenn du brav bist zeige ich dir vielleicht noch mehr schlechte Manieren.“ raunte ich verschwörerisch. Aber doch noch so laut das Jase es verstehen konnte. Sein Blick verfinsterte sich noch mehr. „Später vielleicht Schätzchen.“ zwinkerte Dom kauend. Ich sah wie die Kiefer von seinem Captain am mahlen war. Er musste sich schwer beherrschen um uns nicht beide zur Sau zu machen. In seinem Blick flackerte der pure Zorn. ’Hab ich was verpasst?’ fragte ich mich. Schüttelte dann aber wieder den Kopf. Soll er halt platzen, wenn er meint. In mich rein kichernd, drehte ich mich wieder zum Feuer und wartete auf das versprochene Gitarrenspiel. ’Was bringt den denn nur so auf die Palme? Der kann mich ja nicht mal leiden? Wenn er nicht so verdammt gut aussehen würde…. Mamamia bist du Oberflächlich geworden.’ Gedankenverloren starrte ich eine ganze Weile in die Flammen. Vor meinem Gesicht tauchte eine Hand auf. „Hei Zwerg träumst du?“ „Hä was?“ fragte ich irritiert. Er lachte: „Nichts schon gut, ich wollte nur wissen ob du noch da bist. Was willst du hören?“ „Ich weis nicht. Was kannst du denn?“ Ein paar von den andere hatten mitbekommen, dass er die Gitarre in die Hand genommen hatte und rutschten näher. Lee meldete sich zu Wort: „Wie wär’s mit deinem absoluten Paradestück?“ „Welches meinst du?“ fragte Dom zurück. „Mr. Big mit To be with you.“ „Das ist einer meiner Lieblingssongs. Den mag ich hören.“ stimmte ich zu. „Ich kann aber nur spielen, singen musst du Jase. Das ist dein Part.“ drehte er sich zu dem mürrischen Kerl hinter sich. Es sah aus als ob er nein sagen wollte. ’Nein das darfst du dir nicht entgehen lassen. Tu was!’ forderte mich mein Hirn auf. Wie automatisch lächelte ich zu ihm rüber: „Oh ja, bitte Jason.“ wir schauten uns direkt in die Augen. Ich sah wie er immer noch zögerte. „Ach was soll’s… Fang an.“ Begeisterung hörte sich anders an aber OK. Dann musst du halt noch ein Ass aus dem Ärmel ziehen. Als er anfing zu singen hätte ich meinen Ohren nicht getraut, hätte ich es nicht gesehen. So viel Gefühl, so viel Hingabe hatte ich selten Gehört bei einem Mann. Ich schmolz dahin. Nach der ersten Strophe stieg ich mit in die Stimme ein. Er schaute zu mir rüber. Anscheinend hatte er sich beruhigt. Der Zorn war weg dafür stand jetzt Überraschung in seinem Ausdruck. Die Musiker gaben uns den Backroundchor. Als wir fertig waren klatschten die anderen. Verlegen schaute ich auf den Boden. ’Notiz an mich selbst: Die Jungs müssen in die Band!’
Jase’ Sicht
Einen kurzen Moment zögerte ich. Sollte ich ihr hinterher gehen? ’Du solltest machen das du raus kommst hier! Die kleine vernebelt dir sonst noch sämtliche Sinne!’ Meldete sich mein Unterbewusstsein. Als ich ihr noch einen letzten Blick zuwarf, begegnete ich ihren strahlend grünen Augen. Irrte ich mich oder sah ich da ein blitzen? ’Erde an Jason: Mach das du hier raus kommst.’ Draußen lief ich direkt Ralf in die Arme: „Oh super ihr habt euch schon um Handtücher gekümmert. Leg sie grad auf den Stuhl.“ was ich auch tat. Während wir uns abtrockneten, fragte er weiter: „Du magst sie, kann das sein?“ „Was, wen?“ überrascht drehte ich mich um. Er lachte: „Charley natürlich.“ „Ich weis nicht. Eigentlich kommen wir nicht besonders gut miteinander aus.“ gab ich ehrlicherweise zu. „Bist du sicher? So wie du sie schon den ganzen Abend mit Blicken verfolgst, hätte ich gedacht da ist ein bisschen mehr, als das was du zugibst.“ Jetzt musste ich doch lachen: „Auf gar keinen Fall! Nichts für ungut aber sie ist absolut nicht mein Typ.“ Log ich. „Aso ich dachte schon…“ er ließ mich stehen um sich ums Feuer zu kümmern. Was dachte er denn? Das ich mich an die Schwestern meiner Mannschaftskameraden ranmachte? War ich wirklich so schlimm? ’Ja bist du! Und wenn du ehrlich bist gibst du’s auch zu. Wenn sich dir eine Gelegenheit bietet, nimmst du sie an.’ Ich hatte bis jetzt nur eine feste Beziehung gehabt. Jedenfalls hielt ich es für was Festes. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne Sie gemacht. Von heute auf morgen lies sie mich stehen für einen anderen, mit der Begründung, dass sie keine Lust auf einen Player hatte, sondern einen Mann wollte, der zu seinen Gefühlen offen stehen konnte. Dabei hatte ich sie nie auch nur ansatzweise betrogen. Nach außen hin gab ich den starken. Sagte sogar zu ihr das sie gehen könne es würde mich eh nicht interessieren. Aber nach innen hatte ich doch hart damit gekämpft. Ich hatte mir damals geschworen mich nie wieder in eine Frau zu verlieben. Bis heute hatte das auch super geklappt. Ich würde auch alles dafür tun das es so bleibt, beschloss ich. Unsere Gastgeber fuhren nach allen Regeln der Kunst auch noch einen Mitternachtssnack auf. Den wir auch alle dringend nötig hatten. Wieder stellte ich fest, dass sie das BBQ wie keine zweiten beherrschten. Zufrieden machte ich mich über meine Portion her. Ich hörte den Unterhaltungen um mich rum zu. Fast blieb mir ein Bissen im Hals stecken. Flirtete Dom wirklich gerade die Kleine an? Noch bevor ich mich in das Gespräch einmischen konnte, nannte sie ihn schon Hase. Das war zu viel für mich. Innerlich explodierte ich gerade. Was soll das denn? Erst der Blick auf der Treppe und jetzt schon mit dem nächsten Flirten nur weil ich nicht mitgemacht hatte? Wie gerne ich jetzt beiden den Hals umdrehen würde. Hört das denn gar nicht mehr auf? Jetzt bot sie ihm auch noch an sie näher kennen zu lernen. Wenn ich nicht mache, dass ich hier wegkomme begehe ich wirklich noch einen Mord. Ausgerechnet in dem Moment in dem ich aufstehen wollte, forderte Dom mich auch noch auf den Sänger zu machen, nur damit er die Kleine beeindrucken konnte. ’Du hast die Wahl, entweder du sorgst dafür, dass du ein guter Wingman bist oder du machst dich vom Acker.’ Ich entschied, dass ich mich besser verdrückte, aber Charley machte mir natürlich einen Strich durch die Rechnung. Sie wusste genau was sie tat mit dem unschuldigen Blick und dem erwartungsvollen Lächeln. Sie hatte perfekt geschwungene, volle Lippen die nur so einluden zum Küssen. Ich konnte verstehen warum Dom mit ihr flirtete. Ich wollte ihm das Glück nicht gönnen: „Ach was soll’s… Fang an.“ gab ich resigniert nach. ’So leicht wirst du’s nicht haben!’ Die ersten Töne, nochmal Luft holen und dann: „Hold on little girl show me what he’s done to you“ Lee hatte recht das war einer der besten Songs. Auch, wenn ich es ungern zugab, einer meiner absoluten Lieblingsstücke. Umso überraschter war ich, als sie zum Refrain mit einstieg. Oft hatte ich das Lied schon vor mich hin gesungen. Aber noch nie mit so einer Duettpartnerin. Sie versuchte gar nicht mich auszustechen, viel mehr unterstützte sie noch meine Stimme. Ich vergaß alles um mich rum und konzentrierte mich nur noch auf ihre Stimme und den Rhythmus. „Just to be the next to be with you. “ Der Song war zu Ende. Meine Kollegen klatschten und sie sah verlegen auf den Boden. In mir machte sich das Gefühl breit, sie beschützend in den Arm zu nehmen. Ihr zu sagen, dass sie das super gemacht hatte. Aber ich konnte mich nicht bewegen, stattdessen sagte ich nur: „Nicht schlecht.“ Nach und nach verabschiedeten sich die anderen. Wir hatten für Morgen, also heute wieder ein Wurftraining angesetzt. So gegen 3 Uhr Nachts stand ich dann doch auf: „Also dann mach ich mich auch mal auf den Heimweg.“ Wir hatten gerade die letzten Gläser in die Küche gebracht. „Ich bring dich noch zur Tür.“ sagte sie, ganz die Gastgeberin. „Wir sehen uns morgen Baltimore.“ Rief ich noch über die Schulter zurück. Er grinste nur: „Ja bis morgen komm gut heim.“ Was sollte denn dieses grinsen wieder heißen? Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. „Also dann ich nehme an du bist morgen auch wieder mit auf dem Feld?“ Fragte ich sie halb hoffend das ja und halb das nein. „Ich weis nicht. Möglicherweise hat der Captain ja auch was dagegen?“ erwiderte sie fragend. Was sollte ich jetzt nur sagen? ’Sag das sie kommen soll du Idiot! Du schaffst es nie dich mit ihr gut zu stellen, wenn du sie nicht in deine Nähe lässt.’ „Ich schätze der Captain wird damit leben müssen.“ gab ich zwinkernd zurück und zog damit die Tür hinter mir zu.
Sonntag
Die Nacht war kurz. Immerhin mussten wir noch sämtliche Spuren der Party beseitigen. Versprochen war versprochen und ich wollte meinen schwarzen Blitz, wie ich mein Motorrad nannte, nicht wieder hergeben wegen sowas. Um 12 wollten wir uns auf dem Spielfeld mit den anderen treffen. „Das wird ganz schön knapp.“ stellte Ralf mit einem Blick auf die Uhr fest. „Ich muss auch noch meine Sachen packen.“ gab ich zurück. „OK dann aufgeht's. Du weist, ich komm nicht gerne zu spät.“ scheuchte er mich jetzt die Treppen hoch. In meinem Schrank schnappte ich mir als erstes meine Tasche und warf wahllos Klamotten und Schuhe rein. Noch schnell ein Handtuch dazu und wieder runter. „Hast du schon was zu trinken eingepackt?“ rief ich. „Ja hab ich. Aber nichts zum Essen.“ kam es aus der Garage. Im vorbeirennen nahm ich noch ein paar Birnen und die restlichen Stockbrote. „Da bist du ja endlich! Ich wollte schon ohne dich losfahren.“ maulte mein Bruder. „Ja ja ja jetzt hetz mal nicht so. Du weist genau wenn ich nichts zu beißen kriege, werde ich zur Bestie.“ Wir nahmen die Bikes, damit waren wir eindeutig schneller. Und wirklich eine viertel Stunde später standen wir auf dem Parkplatz, der dieses Mal nicht so leer war. „Na super jetzt sind wir auch noch zu spät.“ grummelte er. „Jetzt stell dich nicht so an die anderen waren gestern eine Stunde zu spät, also eigentlich zwei. Da werden dich jetzt 3 Minuten nicht einen Platz in der Stamm Elf kosten. Es ist immerhin Sonntag.“ stellte ich auf dem Weg zu den Kabinen fest. Ich war ja selber gerne pünktlich bis überpünktlich. Aber wer das bei mir nicht so genau nahm der durfte auch nicht mit meiner Genauigkeit rechnen. „Ja du kannst natürlich leicht reden, du spielst ja nicht mit. Ich hab keine Lust schon wieder auf der Bank zu schmoren. Es reicht das ich nicht mehr der Captain bin.“ motzte Ralf neben mir. „Du wirst am Samstag spielen. Immerhin bist du einer der Besten Quarterbacks. Oder wie viele Spieler kennst du, die auch noch als Receiver eingesetzt werden können? Oder innerhalb von einem Spielzug beides sind?“ fragte ich nun ebenfalls leicht genervt. „Das ist ja alles schön und gut Charley. ABER hast du dir das Team mal angeguckt??? Der Coach ist wirklich gut und gibt sich alle Mühe, aber das Spiel läuft nicht. Die Spieler spielen nicht miteinander. Da ist keiner, bis kaum Teamgeist da. Mich kotzt das an. Wir sind letzte Saison Vize geworden und diese bin ich nicht mal sicher ob wir überhaupt die Play Offs erreichen.“ nörgelte er weiter. „Am Samstag ist das Testspiel richtig? Das heißt ihr habt noch 1 Woche Zeit um euch zusammen zu raufen. Vielleicht solltest du deine Eindrücke mal mit Crue besprechen. Manchmal sieht ein Außenstehender mehr als ein Beteiligter.“ schlug ich vor. Ich bekam nur noch ein brummen zur Antwort. ’Am besten beobachtest du heute mal genau. Vielleicht kannst du ja mit Jason sprechen. Gestern Nacht war er ja nicht gerade böse das du da bist.’ dachte ich für mich. Draußen war die Mannschaft gerade dabei sich warm zu machen. Der Captain saß auf der Bank und bellte Befehle zu seinen Männern. „Guten Morgen Jase.“ grüßte ich während ich mich neben ihn setzte. „Morgen.“ grummelte er. Wieder folgten Anweisungen: „Chrismas die Beine höher! Schlaf nicht ein, wir sind hier nicht mehr in der Kindergruppe! Mitch bleib nicht stehen. Das waren noch nicht mal zwei Runden. Ich frage mich wie wir jemals zu was kommen wollen, wenn wir nicht mal ein halbwegs vernünftiges Training schaffen!!! Mick komm verdammt nochmal von deinem Arsch hoch und beweg dich endlich. Wir sind doch kein Rentnertreff!!!“ er war puterrot im Gesicht vor Zorn. Mittlerweile war auch Ralf auf dem Feld und machte sich warm. Im Gegensatz zu den meisten anderen gab er sich allerdings Mühe. Er lief seine fünf Runden bevor er anfing mit dem Stretching. Eine Weile sah ich schweigend zu. „Kann ich dich mal was fragen?“ ich schaute zu meinem Sitznachbar auf. „Was?“ fuhr er mich an. ’Halt dich zurück Charley, er ist gereizt weil seine Mannschaft ein lahmer, fauler Haufen ist.’ ermahnte ich mich noch bevor ich zu einer Antwort ansetzte: „Ist das normal was deine Kollegen hier abliefern? Oder ist das nur so, weil's gestern so spät war?“ „Nein das ist leider der normal zustand.“ seufzte er entnervt. „Am liebsten würde ich hinschmeißen!“ gab der Captain resigniert zu. „Ich hab dir schon mal gesagt, ich habe nicht vor mich zwischen dich und die Jungs zu drängen. Auch auf die Gefahr hin, dass du mir gleich an die Gurgel gehst, glaubst du nicht, dass hier vielleicht mal eine Mannschaftsversammlung angebracht wäre? Du willst doch gewinnen, oder?“ setzte ich vorsichtig an. „Ach und du glaubst, dass du hier her kommst mit deinen ach so tollen Ratschlägen und damit ist die Welt wieder in Ordnung? Und aus dem Sauhaufen, da drüben, wird ein Gewinnerteam? Es tut mir wahnsinnig leid dich zu enttäuschen, aber die Welt ist nicht aus rosa Zuckerwatte!“ jetzt war er so richtig in Fahrt. Im Augenwinkel merkte ich wie einige näher gekommen waren um das hitzige Wortgefecht zu verfolgen. „Was soll das ihr faules Pack? Ich habe gesagt ihr sollt euch warm machen und nicht nur dumm rumstehen und Löcher in die Luft starren. Jetzt macht schon! Nochmal 5 Runden extra damit ihr's auch endlich in eure hohlen Schädel kriegt. Den Titel kann man hier nicht mit gutem Aussehen gewinnen.“ schrie Jason in deren Richtung. Er war so in Rage das es jetzt nichts weiter bringen würde vernünftig mit ihm zu reden. Deshalb schwieg ich. Es dauerte aber nicht lange bis zu einer neuen Schimpftirade: „Verfluchte scheiße aber auch. Ich hab die Schnauze so gestrichen voll von euch! Ich kann's euch gar nicht sagen. Eigentlich dachte ich, nachdem wir letztes Jahr so den Arsch versohlt bekommen haben, habt ihr‘s kapiert. Anscheinend hab ich mich da gewaltig geirrt. Macht doch euren Scheiß alleine und guckt wie ihr klarkommt. Ich hab keinen Bock der Captain von so einer Losermannschaft zu sein.“ brach es aus ihm raus, nach dem einige es immer noch nicht kapiert hatten und Blödsinn machten. Er spritzte von der Bank auf und humpelte, so schnell es seine Krücken erlaubten, Richtung Parkplatz. Schnell suchte mein Blick den von Ralf. Er nickte mir zu. Wir waren uns also einig. Er kümmert sich um die Mannschaft ich mich um den ausgerasteten Captain. Innerlich verfluchte ich mich schon für das Einmischen. „Jetzt warte doch mal! Crue bleib verdammt nochmal stehen!“ rief ich ihm hinterher. Aber keine Reaktion. Ohne sich auch nur umzudrehen ging er auf seinen Charger zu. ’Ok du willst es so? Du kriegst es so!’ dachte ich. Langsam wurde ich, über soviel Starrköpfigkeit, sauer. Im selben Moment in dem er den Motor startete, sprang ich auf den Beifahrersitz. „Was willst du hier? Verpiss dich, ich will niemanden sehen.“ schnauzte er mich an. Mir platzte der Kragen: „Ich versuche dir zu helfen. Hast du das immer noch nicht gecheckt? Soll ich's dir aufschreiben? Wenn du sauer bist ist das Ok. Bei so einem Trainingsergebnis würde ich auch schreiend weglaufen. Aber lass deinen Zorn verdammt nochmal nicht an mir aus! Und jetzt fahr damit du runterkommst. Dann reden wir weiter.“ „Solange du hier sitzt fahre ich nirgends wo hin. Also mach das du aussteigst.“ versuchte er es ein letztes mal. „Gut dann bleiben wir hier stehen mit laufendem Motor bis das Benzin leer ist.“ sarkastisch setzte ich nach „Und dann reden wir.“ Mit der Faust schlug er auf das Lenkrad ein. „Scheiße!“ fluchte er noch einmal und trat das Gaspedal durch. Ich klammerte mich an meinem Sitz fest. ’Hoffentlich knallt's jetzt nicht noch.’ hoffte ich. Ein Unfall war das letzte was wir jetzt brauchten. Die Umgebung schoss an mir vorbei. ’Jetzt fahr endlich langsamer du Idiot. Ich will noch ein bisschen Leben.’ schrie die Stimme in meinem Kopf. Ich verstand ja, dass er sauer war. Aber musste er deswegen so ein Risiko eingehen? ’Du bist auch nicht besser, Mädchen. Auf der Farm hast du genauso Dinger gebracht’ erinnerte mich mein Gewissen. Warum mussten mir solche Sachen immer in so unpassenden Momenten einfallen? Nach einer Ewigkeit wurde er langsamer. Wir waren mittlerweile weit aus der Stadt raus. Mitten im nirgendwo hielt er an. ’Na super! Jetzt hast du's geschafft. Mit deiner aufdringlichen Art hast du ihn dazu gebracht dich auszusetzen’ dachte ich. Erst als er ausgestiegen war schnallte ich mich ab. ’Gib ihm noch eine Sekunde Charley.’ Langsam kletterte ich aus dem Auto. Wir waren auf einer Art Erhöhung. Ein herrlicher Ausblick lag vor uns. Immerhin hatte ich noch meinen Rucksack geschnappt bevor ich los gerannt bin. Weiter vorne stand eine kleine Bank in der Sonne, dorthin setzte ich mich. Ich beachtete ihn extra nicht. Er sollte sich beruhigen. Das letzte was ich jetzt brauchte war ein explodierender Kerl. Nachdenklich öffnete ich den Reißverschluss. Mein Magen knurrte und so konnte ich nicht denken. ’Am besten wartest du bis er redet. Unterbrich ihn nicht. Nur so hast du eine Chance heil aus der Sache raus zu kommen.’ zufrieden mit meinem ersten Plan nickte ich. Neben mir nahm ich eine Bewegung wahr.
Jase’ Sicht
Schon lange hatte ich nicht mehr so eine Wut in mir gehabt wie jetzt. Was war denn bitte so schwer daran, sich ein bisschen anzustrengen? Ich verstand das einfach nicht. Und dann musste auch noch ausgerechnet Charley drauf bestehen mitzufahren. Ich will niemanden sehen oder hören jetzt! Auf der Fahrt konnte ich mich ein bisschen beruhigen. An meinem Lieblingsplatz angekommen, stieg ich einfach aus. Sollte sie sich halt selbst beschäftigen. Mir auch egal. Ich wollte ja noch nicht mal, dass sie mitfährt. Immerhin hielt sie den Mund. Sie machte auch keine Anstalten zu reden. ’Besser so. Halt bloß weiter die Klappe. Mit dir diskutier ich definitiv nicht meine Probleme!’ dachte ich trotzig. Sie saß auf der Bank und bewunderte die Aussicht. ’Du musst mit jemandem reden Crue. Sie bietet dir die Möglichkeit an. Versuchs einfach. Vielleicht unterschätzt du sie auch gewaltig. Immerhin kennt sie das Problem.’ Mit einem seufzen setzte ich mich neben Ihre Tasche auf die Bank. Der Duft von gegrilltem Fleisch erinnerte mich daran, dass ich noch nicht mal gefrühstückt hatte. Mein Magen knurrte ziemlich laut. Wortlos hielt sie mir ein Stockbrot hin. „Danke.“ nuschelte ich. Wieder herrschte Stille zwischen uns. Wir aßen, in Gedanken versunken, auf. „Verdammte scheiße! Ich habe keine Lust mehr!“ brach es aus mir raus. Sie nickte, sagte aber nichts. „Ich weis nicht mehr was ich noch machen soll. Wir sind so vorgeführt worden in den letzten Spielen. Aber anscheinend ist das den anderen egal. Sie sind unpünktlich, sie maulen bei jedem Training, und vom Extratraining fang ich gar nicht erst an zu reden. Sobald der Coach nicht da ist, läuft es so wie vorhin. Gestern dachte ich noch ’Hei guck mal an die können ja laufen.’ Aber heute war wieder die übliche Faulheit dabei. Ja gut ich kann im Moment nicht trainieren mit dem Knöchel, aber das heißt doch nicht das alle frei haben, oder? Manchmal glaube ich echt die spielen nur zum Zeitvertreib. McKenzie hat aber auch nicht den Arsch in der Hose, die dann raus zu schmeißen. Wahrscheinlich auch deswegen, weil wir dann keine Mannschaft mehr hätten. Vor 3 Wochen hat er gesagt wenn wir das Testspiel verlieren, dann streicht er das Team von der Teilnehmerliste der Collegelegue. Weist du was das heißt? Kein Talentscout sieht mich spielen. Was die anderen wollen, weis ich nicht. Es ist mir eigentlich auch egal! Aber ich will irgendwann mal in der NFL spielen. Ich will irgendwann mal den Superbowl gewinnen. Nur mit der Mannschaft kann ich das Vergessen.“ ich hatte mich wieder in Rage gesprochen. Sie sagte immer noch kein Wort: „Verdammt kannst du auch sprechen? Oder willst du jetzt die ganze Zeit Maulaffenfeil halten?“ schnauzte ich sie jetzt an. Sofort als es raus war, ruderte ich zurück. Sie konnte ja nichts dafür: „Sorry, war nicht so gemeint… Ich bin einfach nur so verdammt frustriert.“ „Schon Ok. Ich versteh dich. Nur mit so Aktionen wie heute, wirst du das nie in den Griff bekommen.“ kam es von ihr. Abwartend sah ich sie an: „Und was glaubst du bringt mich weiter?“ „Ralf war die letzten 2 Jahre der Captain und er hatte ähnliche Probleme wie du jetzt. Allerdings nicht so krass. Noch dazu kam bei uns der Druck vom Coach. Wer im Training nicht ablieferte, musste es sich erst wieder verdienen, überhaupt Teil der Mannschaft zu sein. Wie ist das hier? Ihr seid doch die gefeierten Helden. Jeder bewundert euch nur allein dafür, dass ihr in der Mannschaft seid. Nimm ihnen das weg. Wer der Mannschaft nichts bringt, fliegt raus. Fertig! Auch auf die Gefahr hin, dass ihr dann kein ganzes Team mehr stellen könnt. Aber das ist ein Anfang. Sprich mit McKenzie und meinem Bruder. Mit ihm hast du, im Moment jedenfalls, den stärksten Mann. Er war letztes Jahr mit einem Punkt Abstand Vizemeister, das macht ihn Wahnsinnig. Er will genauso, gewinnen wie du.“ „Ja genau. Schmeißen wir alle raus die Faul sind. Wir stellen einfach ein 4 Mann Team gegen 11, bestimmt gewinnen wir so.“ gab ich sarkastisch zurück. Was sie antwortete, überraschte mich allerdings so richtig. „Nein du hast mich nicht verstanden. Gleich morgen gibt es anstatt Training, ein Teammeeting. Vorher sprichst du noch mit dem Coach. Es wird klar gemacht, dass es in Zukunft keine Toleranz mehr gegenüber denen gibt, die nur im Team sind um Stars zu sein. Parallel dazu solltet ihr vielleicht ein offenes Probetraining veranstalten, um zu gucken wen Ihr noch dazu gewinnen könnt. Es wird ein Punktesystem im Training geben. Wer die Mindestpunktzahl nicht erreicht, bekommt die gelbe Karte. Wer zweimal ermahnt wurde, is raus. So einfach ist das. Dieser Jemand kann gerne weiter zum Training kommen. Aber erst wenn er eine Woche am Stück seine Punkte erreicht, darf er wieder einsteigen. Wer eine gelbe Karte hat, spielt nicht. Zieh härtere Seiten auf. Und vor allem, das Wichtigste! Arbeitet an eurem Teamgeist! Ihr habt nämlich keinen.“ „Und bei euch hat das funktioniert?“ fragte ich nach, um auf Nummer sicher zu gehen. „Ja hat es. Nicht ohne Verluste aber auch mit Neugewinnen. Zuerst ist das Team auf 13 Mann geschrumpft, nur um am Ende bei den Play Offs einen 30 Spieler starken Kader zu haben. Vielleicht sind bei euch auch einfach die Trainingsmethoden nicht die passenden. Runden laufen ist nich jedermanns Sache. Trefft euch mittags zum Joggen. Übt Zielwerfen und fangen. Weglaufen bringt dir gar nichts.“ Eine Weile starrte ich ins Leere. ’Sollte es so einfach sein? Was hab ich nicht alles schon versucht… Loben, Schreien, Motzen, Schimpfen und wie weit bin ich damit gekommen? Nirgendwohin Das Team hab ich an die Wand fahren lassen.’ Ich machte mir Vorwürfe, dass ich das nicht hab kommen sehen. Aufgeben kam für mich aber nicht in Frage. „Also gut. Wir stehen eh schon mit dem Arsch an der Wand. Mehr als die Team Auflösung kann eh nicht mehr passieren.“ gab ich resigniert nach. „Lass uns gehen. Ich muss mit meinen Jungs reden.“ „Aha es gibt also einen harten Kern. Das ist gut. Wer gehört dazu?“ wurde ich gefragt. „Nicht viele, leider. Nur Dom, Lee, ich und jetzt dein Bruder, vorausgesetzt er macht mit.“ „Er wird! Du musst dich vorher mit den beiden absprechen. Ihr kennt die Jungs. Ihr 4 solltet den Anfang machen und einen Trainingsplan aufstellen. Vielleicht solltet ihr den Coach heute auch noch anrufen und ihn einweihen.“ Gab sie noch zu bedenken. Mir schwirrte der Kopf. Wir hatten eine Woche Zeit um irgendwie eine Gewinnermannschaft zusammen zu suchen. Ich war verletzt, und die meisten hatten keine Lust mehr und so schnell Ersatz zu finden war unmöglich. Ich grübelte die ganze Rückfahrt über ihre Worte nach. ’Siehst du? Manchmal hilft's doch, wenn man mit jemandem redet. Hättest du aber auch früher drauf kommen können. Und wieder muss erst so eine kleine Afrikanerin hier herkommen und dir zeigen wie's geht.’ ich musste lächeln bei dem Gedanken. Sie schaute aus dem Fenster und merkte nichts von meinem Blick, was mir auch grad recht war. Wir fuhren zurück zu den anderen. Dieses mal aber bedeutend langsamer wie vorhin. „Ruf bitte deinen Bruder an, er soll auf dem Sportplatz warten. Er soll auch Torres und Christmas Bescheid sagen.“ wies ich sie an. Sofort hatte sie ihr Handy am Ohr. Ein paar Sekunden später sah ich aus dem Augenwinkel wie sie den Kopf schüttelte. „Geht keiner dran. Immer wenn Ralf trainiert, liegt sein Handy in der Tasche. Aber wir müssen eh zum Sportplatz. Mein Motorrad steht ja noch da.“ „Ok, wenn keiner mehr da ist müssen wir gucken wo wir uns treffen.“ nickte ich. „Wir können uns bei uns zusammen setzten, wenn dir das Recht ist.“ schlug sie nach einer Weile vor. Den Rest der Zeit schwiegen wir wieder. ’Das wird ein hartes Stück Arbeit, auch für dich.’ Schoss es mir in den Kopf. Ich musste mich gegen die Jungs stellen. Wieder auf dem Parkplatz angekommen, war dieser leer bis auf eine schwarze Rennmaschine. Staunend fragte ich: „Ist das deine?“ Lächelnd nickte sie: „Ja, gefällt sie dir?“ „Das fragst du noch?“ erwiderte ich verächtlich „Natürlich gefällt sie mir.“ Sie war schon ausgestiegen, drehte sich aber nochmal rum: „Also bis gleich bei uns. Sag den anderen beiden Bescheid. Ralf ist wahrscheinlich daheim.“
Captainsmeeting
Auf dem Nachhauseweg machte ich mir Gedanken über die Situation. ’Manchmal frag ich mich echt was Kerle mit 20 so im Hirn haben. Wahrscheinlich nichts außer Frauen und Party. So kommt ihr nie zu einem Pokal.’ Ich konnte nur den Kopf schütteln über so viel Desinteresse. Schlimmer konnte die Situation ja nicht mehr werden. ’Hoffentlich klappt das auch so wie du dir das vorstellst. Nicht das du hinterher der Buhmann bist. Du warst mal wieder ganz schön vorlaut Charley. Drück dir mal lieber selber ganz fest die Daumen, sonst bist du unten durch.’ dachte ich gerade als Jason in die Einfahrt fuhr. ’Auf in den Kampf!’ machte ich mir selber Mut, während ich für uns die Haustür aufschloss. „Geh gleich durch in den Garten. Ich hol Ralf.“ Oben angekommen klopfte ich leise an seine Tür: „Ralf bist du da?“ „Ja komm rein.“ erwiderte er. Er lag auf seiner Couch und schaute mich wartend an: „Was gibt's Schwesterchen?“ „Crue ist unten, Christmas und Torres sollten eigentlich auch jeden Moment kommen. Wir machen ein Captainsmeeting.“ Mehr musste ich nicht sagen. Er nickte ernst als er aufstand: „Du hast keine Ahnung wie dringend das Team Hilfe braucht.“ „Ich denke doch. Jase hat ein bisschen was erzählt. Was war noch auf dem Feld?“ fragte ich zurück um mir einen Überblick zu verschaffen. „Nichts. Ein paar haben ihn als arrogantes Arschloch beschimpft. Andere waren sauer über seinen Abgang. Wieder einige waren erschrocken, für die war das alles nur ein Spaß. Und der Rest hat sich einfach verpisst. Ich habe noch versucht mit denen zu reden, aber gefruchtet hat’s nicht.“ „Wie ist dein Eindruck?“ seufzte ich. Kopfschüttelnd antwortete er: „Du solltest anfangen zu beten.“ Es war also schlimmer als ich dachte. Gerade als wir auf der letzten Treppenstufe waren, klingelte es schon. Ralf öffnete: „Hallo ihr zwei, kommt rein.“ Gute Laune sah anders aus. Niedergeschlagen, wie geprügelte Hunde, schlichen sie hinter uns her in den Garten. Wir setzten uns an den großen Gartentisch, Dom ergriff das Wort: „Ich weis das wir heute nicht unbedingt eine Glanzleistung gebracht haben. Ich für mich kann nur sagen, dass ich einfach nicht fit war heute. Das ist keine Entschuldigung, ich weis. Aber jeder hat doch mal einen schlechten Tag.“ Lee nickte: „Es war einfach spät gestern.“ Der Captain schaute sie ernst an: „Ihr wisst beide das ihr nicht das Problem seid. Sonst wärt ihr nicht hier. Die Mannschaft besteht nur aus Spielern aber nicht aus einem Team. Die Trainingsleistung ist mehr als nur saumäßig und ihr wisst genau was der Coach über das Spiel am Samstag gesagt hat. Verlieren wir, war’s das in diesem Jahr. Das ist unser letztes mal, dass wir die Chance haben auf den Titel. Und den will ich verdammt nochmal haben.“ Sie nickten. Im Stillen beschloss ich ’Hör erst mal zu, lass die das unter sich klären.’ Ralf hatte sich wohl ähnlich entschieden, denn er hielt auch den Mund. Wieder war es Dom der zuerst den Mund aufmachte: „Der Abgang vorhin war aber auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Das ist dir Hoffentlich klar? Wir sollten uns ganz schnell was einfallen lassen. Von den insgesamt 20 sind nämlich nur noch 16 übrig.“ Überrascht sah der Captain auf: „Wer?“ „Mick, Dave, Johnny und Sam haben das Handtuch geworfen.“ ’Ok du kannst dich wieder beruhigen. 16 sind immer noch besser als nichts.’ dachte ich. Das offene Training musste also dieser Woche noch stattfinden. Lee ergänze: „Und bei Max und Luke ist es nur noch eine Frage der Zeit, wenn sich nichts ändert, bis die auch die Schnauze voll haben.“ ’14, wovon einer verletzt ist und wahrscheinlich am Samstag nicht kann. Jetzt wird's doch eng.’ Langsam wurde ich nervös. Wieder war es Jason, der nach einer kleinen Pause, das Wort ergriff: „14 bleiben also übrig. Nicht gut, aber besser als ich gehofft hatte. Wie hast du das in den Griff bekommen Baltimore? Charley hat gesagt dein Team war auch nicht der Hit am Anfang.“ „Das war es wirklich nicht. Zuerst gab es ein offenes Training. Zu dem durfte jeder Schüler kommen, der Lust hatte. Jeden Tag haben wir dann vierer Teams gebildet. Welche bei jedem Training anders waren. Damit keine Cliquenbildung zustande kam. Relativ schnell haben wir dann gesehen wer auf welcher Position das meiste Potential hatte. Nicht jeder ist der geborene Blocker oder Quarterback. Das Training war hart. Wir hatten in jeder Einheit ein Punktesystem. Insgesamt gab es 8 Einheiten unterteilt in 3 Leistungsgruppen. Diese wurden dann mit jeweils 10, 6 oder 3 Punkten bewertet. Wer nicht mindestens 50 Punkte erreichte, bekam eine gelbe Karte. Jeder kann mal einen schlechten Tag haben, das ist klar. Verletzungen wurden immer berücksichtigt. Kannst du also nicht richtig werfen heute, weil du ein Problem mit der Schulter hast, ist das ok. Dementsprechend reduziert sich dann auch deine Punktzahl, die du erreichen musst. Nur darf das nicht der Dauer Zustand sein. Bei 2 gelben war's das mit dem Nächsten Spiel, es sei denn du hast bis dahin wieder 5-mal mindestens 50 Punkte. Nach der zweiten gelben kam rot. Das bedeutet Mannschaftsausschluss. Du konntest weiterhin zum Training kommen. Hast du 5-mal hintereinander deine 50 Punkte bist du wieder dabei. Wir hatten in der Kantine am Schwarzen Brett eine Reihe mit Bildern wer in der Mannschaft ist und wer nicht. Das hat zusätzlich den Anreiz gegeben. Warst du raus war der Spott groß. Und so haben wir es in einer Saison geschafft Vize zu werden.“ Eine lange Pause folgte, in der jeder seinen Gedanken nachhing. Abermals ergriff der Captain das Wort: „Was sagt ihr dazu?“ ’Lass sie zustimmen.’ Im Stillen drückte ich die Daumen, das sie auf das Konzept eingingen. Eine andere Chance sah ich einfach nicht mehr. Wie will man 10 mittelmäßig motivierte auch sonst dazu bringen auch neben dem Spiel 100 Prozent zu geben? Erwartungsvoll schaute ich zu den Jungs rüber. Der erste der sich dazu äußerte war Torres: „Das wird verflucht hart das ist mir klar. Die Frage ist ’wer zieht mit und wer geht’ nach so einer Ankündigung.“ Er machte eine kurze Pause „Scheiß drauf! Ich bin dabei.“ „Dann sind wir schon 2.“ kam es von Lee. „Mit mir zu dritt.“„ schloss sich mein Bruder an. „Gut also ist das beschlossen. Jetzt müssen wir nur noch den Coach informieren.“ machte Jase den Abschluss „Ihr solltet auch die Disziplinen festlegen, nicht das ihr dann Morgen vor der Mannschaft diskutiert. Innerhalb von einer weiteren viertel Stunde stand das Konzept für das neue Training. Die drei unterhielten sich noch eine Weile weiter über Einzelheiten, also stand ich auf. Im Wohnzimmer fand ich einen großen Block. Das Team brauchte ja immerhin auch noch ein Plakat für das offene Training am schwarzen Brett. Nach kurzem Überlegen begann ich eine Szene aus einem Spiel zu zeichnen. Es wurde ein Touch down erzielt. Der Spieler in der Endzone bekam kein Gesicht. Noch ein paar Farbakzente und ich war zufrieden mit dem Bild. Untendrunter kam noch der Text, der über die Möglichkeit und die Zeit informierte, wann und wo man sich melden musste. Ich war richtig stolz auf mich. Morgen würde das Plakat in der Kantine hängen.
Neuer Plan
Noch vor 8 waren wir an diesem Montag in der Schule. Immerhin wollte ich das Plakat gleich morgens aufhängen. Damit möglichst viele es sehen konnten. Im Sekretariat angekommen saß wieder der Junge hinter dem Tresen. „Guten Morgen Jamie wie geht’s dir? Könntest du mir das Schwarze Brett aufschließen bitte? Ich muss ein Plakat aufhängen.“ „Guten Morgen Charley, danke mir geht’s super. Klar komm mit. Brauchst du auch Pins?“ fragte er mit einem breiten grinsen. „Oh shit die hab ich vergessen.“ wo hatte ich heute Morgen nur wieder meinen Kopf gehabt. ’Bei allem nur nicht bei der Sache Mädchen.’ tadelte mich mein Gewissen. Jamie lachte und nahm die ganze Schachtel mit. Unterwegs lief uns der Coach fast über den Haufen: „Morgen Coach, war Crue schon bei ihnen?“ fragte ich ihn im Vorbeirennen. „Ja war er. Die Idee mit dem offenen Training is gut. Bin grad unterwegs um einen Aushang zu machen.“ antwortete er. Er war schon halb um die Ecke. „Vergessen Sie’s. Das hab ich schon gemacht. Wir wollten das Plakat gerade aufhängen.“ Mitten im Schritt blieb er stehen: „Wie schon fertig? Zeig mal her.“ Das Plakat aufrollend fragte ich: „Wollen sie noch unterschreiben?“ „Ja muss ich, sonst ist es nicht offiziell. Gib mir mal einen Stift.“ Schnell hatte er das Datum von heute eingesetzt und sein Kürzel in die Ecke geschrieben. „Dann drück uns mal die Daumen Baltimore, das was bei rauskommt, sonst war’s das mit der Saison.“ damit lies er uns stehen. „Mach ich Coach.“ rief ich ihm noch hinterher. Bezweifelte aber ob er mich überhaupt noch gehört hatte. Auf dem Rückweg von der Kantine stellte ich fest, dass ich ein ungünstiges Oberteil anhatte und nichts zum drüber ziehen. In Gedanken verfluchte ich mich für meine Vergesslichkeit. ’Du kannst echt froh sein das dein Arsch angewachsen ist, sonst würdest du den auch überall vergessen. Die Pins, die Jacke, das Frühstück noch nicht mal deinen MP3 Player hast du dabei.’ kopfschüttelnd kam ich vor dem Klassenzimmer an. Außer mir war nur Leon schon da: „Hei guten Morgen schöne Frau.“ begrüßte er mich. „Morgen Lee.“ seufzte ich. „Was machst du denn für ein Gesicht heute? Alles klar bei dir?“ Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. Nickend erwiderte ich: „Ja alles klar. Is nur nich mein Tag heute… Irgendwie hab ich alles vergessen. Und so wie es aussieht werd ich Wirtschaft und Sozi deswegen auch vor der Tür verbringen müssen.“ „Lass mich raten. Keine Jacke?“ er kicherte. Ausgerechnet heute hatte ich ein weißes Top an, das am Rücken nur von schwarzen Bändern gehalten wurde. „Ding Ding Ding!!! Der Kandidat hat 100 Punkte. Am Ausgang können sie sich ihren Preis in Form einer nagelneuen Waschmaschine abholen.“ gab ich sarkastisch zur Antwort. Er lachte: „Komm her du Miesmuschel. Nimm das.“ lässig überreichte er mir sein dunkelblaues Jeanshemd. „Is zwar nicht deine Größe, aber für die Jacobs wird’s reichen.“ „Danke du bist heute echt mein Held.“ noch während ich versuchte das Hemd in meine Shorts zu stecken, damit man nicht gleich sehen konnte das es viel zu groß war, kamen die anderen. Ralf fragte: „Hast du das Plakat schon aufgehängt?“ bevor ich antworten konnte fragte Dom: „Welches Plakat meinst du denn?“ „Charley hat eins gemacht für das Spielercasting.“ Erstaunte Blicken schlugen mir entgegen als ich antwortete: „Ja hab ich. Hängt mit Unterschrift von McKenzie in der Kantine.“ „Perfekt dann kann’s ja heute Mittag losgehen.“ der letzte Satz ging im Klingeln fast unter. In den nächsten 2 Stunden hatten wir erst mal keine Zeit uns weiter zu unterhalten. In der Frühstückspause saß ich ausnahmsweise mal nicht bei meinen Mädels, sondern am Sportlertisch. McKenzie war auch schon da: „Also Jungs heute Mittag wird es ernst. Es wird ein offenes Training stattfinden. Ich will nicht dass ihr euch benehmt wie die letzte Saubande! Ist das klar? Es wird nicht schikaniert, drangsaliert, gemobbt, ausgelacht oder was euch sonst noch so einfällt. Ihr benehmt euch wie Teamkameraden auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Wie euch wahrscheinlich schon aufgefallen ist, sind Mick, Dave, Johnny und Sam raus, Crue ist verletzt, Baltimore ist neu, wir sind für Samstagabend also nicht so viele wie sonst. Wenn ihr nicht wollt, dass das das letzte Spiel diese Saison war, legt ihr euch die Woche richtig ins Zeug. Am schwarzen Brett hängt ein Plakat mit der Einladung an alle zu kommen und zu trainieren. Und noch was. Es werden in Zukunft andere Regeln gelten. Wer sich im Training nicht bemüht, wer durch Unsportlichkeit auffällt oder sich sonst irgendwie negativ für die Mannschaft erweist, fliegt, ohne Wenn und Aber, raus. Ist das klar? Habt ihr das alle verstanden? Ich bin nicht mehr bereit Kompromisse einzugehen! So das war's. Macht euch Gedanken, wir sehen uns heute Mittag.“ Er klopfte noch auf den Tisch und war schon auf dem Weg zum Ausgang. Betretenes Schweigen am Tisch. Luke sprach direkt den Captain an: „Meint ihr das ernst?“ dieser nickte nur. Und schon brachen die Diskussionen am Tisch aus. Die 4 Initiatoren der neuen Regeln hielten sich erst mal zurück als Kommentare vielen wie: „So ein quatsch, das wird nie klappen.“ oder „Ich bin auch raus, auf so eine Kinderkacke hab ich keinen Bock.“ oder „Na super… Was soll das eigentlich?“ das Fass zum Überlaufen brachte aber: „Ist es nicht egal ob wir gewinnen oder nicht? Spaß muss es doch machen.“ Dom platzte der Kragen: „Ruhe! Nein es ist verdammt nochmal nicht egal ob wir gewinnen oder nicht! Wem das egal ist, sollte sich ernsthaft überlegen ob er hier richtig ist oder nicht.“ damit stand er auf und lies die anderen stehen. Jason beendete mit dem klingeln die Diskussion: „Jeder sollte sich bis heute Mittag Gedanken machen ob er dabei bleiben will oder nicht. Wer nicht zum Training erscheint ist automatisch erst mal raus. Also bis später.“ damit verschwand er. Nach einem Blick auf meinen Stundenplan, stellte ich fest dass jetzt Mathe anstand. Ich hasse dieses Fach, auch wenn ich nicht schlecht darin war. Zahlen waren einfach so langweilig für mich. Immerhin würde heute nicht mehr viel passieren. Es war immerhin die letzte Schulwoche vor den Ferien. Gedankenverloren starrte ich ins Leere. Wie viele Jungs kommen heute Mittag wohl zum Training? Ist da was Brauchbares dabei? Was passiert wenn es nicht mehr für eine Mannschaft reicht? ’Dann sehen ein paar ganz schön alt aus.’ Ich war so in Gedanken das ich nicht mal merkte dass es zur Pause läutete. Erst als Ralf mich schubste, kam ich wieder in die Realität zurück: „Charley träumst du? Auf wir haben jetzt Englisch.“ „Bin ja schon dabei.“ maulte ich zurück. „Was glaubst du, wie das heute Mittag ausgeht?“ fragte ich im Gehen. Mein Bruder runzelte die Stirn: „Ich weis es nicht. Ich hoffe es kommen ein paar neue zum Training. Sonst sind wir echt aufgeschmissen. Was ist mit dir? Kommst du nachher noch zum Feld?“ „Na klar komm ich. Vielleicht lass ich heute auch mal die Probe sausen, nur um zu gucken wie’s aussieht.“ Englisch lief genauso wie Mathe auch. Die ganze Stunde über musterte ich die Jungs in meiner Klasse. Das wurde auch in der Mittagspause nicht anders. Zusammen mit Latty und Shancy diskutierte ich wer wohl ein geeigneter Spieler wäre. „Tommy wäre eine gute Wahl denke ich. Der hat früher mit Ethan gespielt, aber das ist bestimmt schon 4–5 Jahre her.“ erklärte Latty gerade ihre Meinung als wir in der Kantine ankamen. Shancy kommentierte das ganze mit einem Schnauben: „Pfff was bringt das? Die haben nur so zum Spaß ein paar Bälle geworfen aber mehr nicht. Da wäre Sebastian schon besser.“ „Ach ja und ein 17-jähriger Junge is also besser wie zwei 20-jährige?“ giftete Latty zurück. Um die Wogen zu glätten mischte ich mich dann doch ein: „Mädels was soll der scheiß? Streiten brauchen wir uns definitiv nicht. McKenzie muss erst mal gucken wer kommt und wahrscheinlich auch alle nehmen. Wir können nach der Probe ja einfach mal gucken wie's aussieht.“ „Du hast ja recht.“ gab Shancy klein bei. „Entschuldigung. Ich steh nun mal einfach auf Football.“ „Also auf geht's noch 2 Stunden Erdkunde dann haben wir‘s hinter uns.“ forderte ich die beiden auf. Mr. Peterson zeigte eine Dokumentation über den Kruger National Park. Mich packte das Heimweh. Wie oft waren wir schon durch den Park gefahren am Wochenende. Stundenlang standen wir an einem Punkt mit guter Musik und Ferngläsern. Nur um Tiere zu beobachten. Erst jetzt merkte ich wie weit ich überhaupt von zu Hause weg war. Traurig trödelte ich mit den Mädels zur Probe. „Hei was ist den los mit dir? Du guckst als hätte dir jemand gesagt das du nie wieder Eis essen kannst.“ fragte Latty. „Nein ach was. Ich bin in Gedanken nur zu Hause in Afrika. Mir fehlt die weite. Die Ruhe. Das einfache Leben. Verstehst du?“ fragte ich lächelnd. Sie nickte. Vor dem Probenraum atmete ich noch einmal tief ein: „Auf in den Kampf.“ Wie nicht anders zu erwarten war Kerr schon da: „Oh guck an die Prinzessinnen begeben sich auch endlich zum niedrigen Fußvolk.“ mir platze einfach der Kragen: „Was ist dein scheiß Problem Miss ’Ich-bin-ein-Superstar’? Du gehst mir mit deiner Stänkerei sowas von auf die Nerven ich kann's dir nich mal sagen. Hältst du dich eigentlich wirklich für was Besseres? Ich muss dich leider enttäuschen. Du bist einfach nur Kerr die zufällig Bass spielt. Nicht mehr und nicht weniger. Und entweder gewöhnst du dir deine Hochnäsigkeit bald ab oder wir bekommen noch echte Probleme miteinander.“ Mit offenen Mündern starrten mich die 3 Mädchen an. Immerhin war Miss Nowac noch nicht da, sodass sie meinen Ausbruch nicht hören konnte. „Was?“ blaffte ich in die Runde. „Ist doch wahr. Sie benimmt sich hier wie Graf Rotz von der Spuckburg und kommt damit auch noch durch? Nicht mit mir!“ Eingeschnappt setzte ich mich auf einen Stuhl und starrte böse vor mich hin. Endlich fand Kerr ihre Sprache wieder: „Und du kommst hier her und benimmst dich als ob dir die Welt gehört, ich frage mich wo da der Unterschied ist.“ „Im Gegensatz zu dir weis ich, dass mir die Welt eben nicht gehört. Ich versuche mich einzufügen, Anschluss zu finden und mit der Situation klar zu kommen ganz von vorne anzufangen. Aber es ist OK, wenn du mich nicht magst. Damit kann ich leben, wenn du willst lass ich die Band sofort sausen. Aber komm nicht an und frag ob ich bei einem Auftritt den Gitarristen für dich mach. Ist es das was du willst? Soll ich gehen?“ jetzt hielt mich nichts mehr zurück. Wir standen uns gegenüber wie 2 Boxer. Keiner zuckte auch nur mit der Wimper bis Shancy das Wort ergriff: „Es reicht jetzt! Auseinander. Ihr habt beide euren Standpunkt mehr als deutlich gemacht. Wenn ihr keine Freundinnen werdet ist das OK, aber ihr solltet wenigstens Kolleginnen sein können. Sonst können wir die ganze Sache mit der Band nämlich vergessen.“ Latty nickte zustimmend. Langsam beruhigte ich mich wieder und mein Zorn verflog. ’Definitiv nicht dein Tag Charley. Manchmal solltest du auf dein Bauchgefühl hören und einfach nur im Bett bleiben.’ gab die Stimme in meinem Kopf ihren Senf dazu. Mit einem letzten bösen Blick wandte ich mich um und setzte mich ans Fenster. In diesem Moment betrat Miss Nowac das Zimmer: „So Mädels. Heute stellen wir das Programm für den nächsten Auftritt zusammen. Habt ihr schon irgendwelche Vorschläge? Latty was ist mit dir?“ Die angesprochene grübelte kurz bevor sie reagierte: „Ich wäre ja nach wie vor für ein bisschen mehr Rock. Immer diesen Chart Pop hab ich echt satt.“ „Ok danke für deine Meinung. Shancy was sagst du dazu.“ „Ich bin ihrer Meinung. Das wäre mal was neues.“ kam es von ihr wie aus der Pistole geschossen. „Kerr?“ fragte die Musiklehrerin weiter die Runde ab. „Von mir aus, solange Bass dabei ist.“ bei ihren Worten verdrehte ich die Augen. ’Wie kann man nur so eingebildet sein?’ überlegte ich mir gerade als ich nach meiner Meinung gefragt wurde. „Mir ist alles recht, solange es nicht zu sehr in die klassische Linie geht.“ gab ich zu. Miss Nowac klatschte in die Hände: „Gut also sind wir uns einig. Dieses Jahr wird es also Rockig. Welche Titel wollt ihr Spielen?“ Nun ging es wild durcheinander. Es fielen Titel und Interpreten durcheinander. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass die 3 einen ziemlich guten Geschmack hatten. „Mädels, Mädels, doch nicht alles durcheinander. Wir machen es anders. Jeder schreibt 10 Titel auf die er gerne Spielen würde. Jeder Song der von 3 von euch genannt wurde kommt ins Programm. Abgemacht?“ kam es von der Lehrerin. Und so wurde es gemacht. Seufzend beugte ich mich über das weiße Blatt. ’Was soll ich da nur drauf schreiben?’ fragte ich mich. Eine viertel Stunde später hatte ich immerhin 9 Titel zusammen. Der letzte wollte mir einfach nicht einfallen. „Wie sieht's aus, bist du soweit?“ fragte Shancy. „Nein einen brauch ich noch.“ antwortete ich frustriert. Sie zog die Augenbraue gespielt streng nach oben: „Jetzt stell dich mal nicht so an, mein liebes Fräulein. EINER wird dir ja wohl noch einfallen?“ jetzt musste ich doch kichern, ich hatte verstanden auf was sie anspielte. Nickend schrieb ich neben die Nummer 10 Cape-Rocker's & Me and Bobby McGee. Lächelnd setzten wir 5 uns in den Kreis. Jeder musste einen Titel vorlesen und Miss Nowac vermerkte wie viele Stimmen er hatte. Am Ende hatten wir eine Liste von 13 Liedern die wir spielen wollten. Zufriedenes nicken bei allen. „Gut dann werde ich versuchen alle Noten und Texte zusammen zu suchen, damit wir diese Woche noch anfangen können. Sonst müsst ihr in den Ferien alles alleine machen.“ verabschiedete uns die Lehrerin. „Charley nimmst du uns heute ausnahmsweise mit zum Football?“ fragte Shancy, während ich noch meine Sachen in meine Tasche packte. Ungeduldig wartend stand Latty schon neben ihr. „Ja ausnahmsweise mal.“ zwinkerte ich. „Auf geht's gucken wir mal wie’s aussieht.“ Kerr rauschte gewohnt hochnäsig an uns vorbei und lies die Tür direkt vor uns zufallen.
Auf dem Footballfeld
Kopfschüttelnd machten wir uns auf den Weg zum Feld. Neben den Spielern die immer da waren, sah ich auch einige unbekannte Gesichter. Erleichtert lies ich die Luft aus meinen Lungen entweichen. Erst jetzt merkte ich, dass ich die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. „So Mädels, willkommen beim Training. Wenn wir nicht rausfliegen wollen müssen wir uns ruhig und unauffällig verhalten.“ erklärte ich. Schnell zog ich die beiden hinter mir her in meine Ecke. Damit der Coach nicht kam und uns alle 3 mit einem Arschtritt über das Tor beförderte. „Wow das sind ja echt viele“ flüsterte Latty. „Ja und guck mal da sind auch Ethan, Sebastian und Tommy. So wie wir vermutet haben.“ meldete sich Shancy zu Wort. Schweigend beobachteten wir wie der Coach die Jungs scheuchte. Nachdem er alle in die Umkleiden entlassen hatte, kam er zu uns rüber: „Baltimore, du weist was ich von Besuch halte oder? Heute lass ich dir das nochmal durchgehen, aber in Zukunft will ich niemanden mehr hier sehen.“ „Verstanden. Kommt nicht wieder vor. Ich dachte nur, wenn offenes Training ist, ist das nicht so schlimm. Wir wollten nur wissen ob sie genug Leute zusammen bekommen haben.“ versuchte ich mich zu verteidigen. „Ja sonst hätten wir noch ein bisschen Werbung gemacht in unseren Klassen.“ setzte Latty dazu. „Ja ja ja schon gut.“ winkte er ab und lies uns alleine. „Puh, das war knapp.“ atmete Shancy aus „Ist der immer so mürrisch?“ „Ja ist er. Du hast keine Ahnung wie er mich am ersten Tag angebrüllt hat.“ erklärte ich augenverdrehend. Wir blödelten noch ein bisschen auf dem Parkplatz bis Ralf bei uns ankam: „Na Mädels alles klar?“ begrüßte er uns. „Na klar immer doch und was sagst du zum Trainingsergebnis?“ fragte ich zurück. „Ich bin eigentlich zufrieden. Es sind einige vielversprechende neue gekommen. Jetzt müssen wir nur noch ein paar davon Fit bekommen bis Samstag und dann steht einem Sieg wohl nichts mehr im Weg.“ Antwortete er. „Wir, also Crue, Torres und Christmas, treffen uns heute Abend nochmal und trainieren im Garten ein bisschen Passen. Achso und ab morgen geht das Training länger.“ Ich nickte: „Ok das ist gut.“ An meine Freundinnen gewandt sagte ich: „Also dann sehen wir uns morgen. Wenn ihr wollt schick ich euch noch die Noten zu Me and Bobby McGee. Dann könnt ihr damit ja schon mal anfangen.“ Sie schrieben mir noch schnell die E-Mail-Adressen auf. Wir umarmten uns noch kurz zum Abschied. Im Auto fragte mein Bruder: „Wie jetzt? Ihr wollt echt die Cape-Rocker’s spielen?“ „Ja warum auch nicht? Es ist immerhin mein Song. Den kann ich spielen mit wem ich will.“ Antwortete ich ein bisschen trotzig. „Ja schon. Klar kannst du das. Ich bin nur erstaunt, das ist alles.“ Murmelte er noch. Wir vielen in Schweigen. ‚Vielleicht ist das doch keine so gute Idee.‘ dachte ich. Was ist wenn es nicht so wird wie mit den anderen? ‚Wie sagst du dann das du das nicht mehr spielen willst?‘ zweifel nagte an mir. Als wir unser Haus erreichten war ich immer noch nicht auf andere Gedanken gekommen. Ralf musste das gemerkt haben, denn er legte mir einen Arm um die Schultern und sagte: „Hei Kopf hoch das wird schon irgendwie klappen.“ Er lächelte mir aufmunternd zu. „Wahrscheinlich hast du Recht.“ Gab ich wenig zuversichtlich zurück. Ein komisches Gefühl im Bauch blieb. „Na siehst du. Dann kannst du ja jetzt aufhören Trübsal zu blasen.“ Startete er einen letzten Versuch mich ein bisschen aufzumuntern. Es funktionierte immerhin teilweise. In meinem Zimmer setzte ich mich gleich an den Lap Top und öffnete den Ordner mit meinen Texten und mein E-Mail-Programm. Mein Cursor schwebte kurz über dem Senden-Button. ‚Jetzt mach schon. Was soll das Getue?‘ schalt ich mich mal wieder selber. Wie von selbst schickte ich die Nachricht ab. Unten kündigte die Klingel auch schon die Jungs an. Schnell schaltete ich den PC aus und suchte mir noch frische Sportsachen raus und machte mich auf den Weg nach unten. Ralf hatte schon die Tür aufgemacht und begrüßte seine Kameraden: „Hi immer rein mit euch. Ihr wisst ja schon wohin.“ Wie Gänse marschierten die 3 nach hinten in den Garten durch. Mit einem Umweg, über das Kühlhaus um Getränke zu holen, folgte ich ihnen. Im Garten angekommen sprachen die Jungs gerade über das Training: „Das war ja echt nicht so schlecht vorhin. Was meinst du dazu Dom?“ fragte Lee gerade. „Der Verlust von Max und Luke tut schon weh. Aber von den neuen sind doch einige dabei, die sich mit ein bisschen Zeit zu guten Spielern machen können.“ „Dann hat der Abgang von Crue ja doch was gebracht.“ Mischte ich mich jetzt auch in das Gespräch ein. Quittiert wurde meine Einmischung mit einem bösen Blick von eben diesem. „Hast du noch mehr schlaue Sprüche auf Lager oder hast du jetzt genug davon mir ans Bein zu treten? Ich kann dich beruhigen, mittlerweile hab auch ich kapiert, dass das nicht die beste Aktion war.“ ‚Man hat der schon wieder eine Laune…‘ dachte ich nur. Laut sagte ich: „Wer weis. Vielleicht fällt mir ja noch mehr ein.“
Jase‘ Sicht
Bis eben war meine Laune ja echt noch ganz gut, aber das Mädel schaffte es echt einem jeden Tag zu vermiesen. Deswegen motzte ich auch wieder zurück: „Am besten behältst du in Zukunft deine Meinung einfach für dich. Interessieren tut's mich nämlich nicht.“ Blitze schossen aus ihren grünen Augen. Das wäre dann schon das zweite Mal, dass sie mich mit Blicken umbringen würde. Die anderen mischten sich jetzt auch ein. „Ich denke das reicht jetzt. Wir sollten lieber noch trainieren anstatt uns gegenseitig fertig zu machen.“ Entschied Dom und schaute mich dabei böse an. ‚Warum bin eigentlich immer ich der Arsch? Sie hat doch angefangen mit dem scheiß.‘ ich fühlte mich ungerecht behandelt. Einen kurzen Augenblick erwiderte ich den Blick genauso böse, doch dann nickte ich. Anscheinend hatten sich alle auf ihre Seite geschlagen. Sollten sie doch. ‚Ihr werdet schon sehen was ihr davon habt.‘ Kochend vor Wut stand ich auf: „So wie es aus sieht, sind wir fürs Passtraining ja einer zu viel, dann kann ich ja genauso gut wieder gehen.“ Damit ging ich zur Haustür. Mit leisen Schritten folgte sie mir und forderte mich auf stehen zu bleiben. Ich tat als würde ich sie nicht hören. Mit einem lauten krachen lies ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen. „Verfluchte Scheiße!“ murmelte ich vor mich hin während ich in mein Auto stieg und wegfuhr. „Warum macht sie das immer wieder?“ Zu Hause angekommen sah ich schon von weitem den Wagen von meinem Cousin. Wieder fluchte ich innerlich. Warum konnte es nicht einmal gut laufen? Letztes Jahr war die Saison versaut durch miserable Leistung. Weihnachten und Silvester war versaut durch den Besuch meiner ach so tollen Verwandtschaft. Die sich, zwischen den Zeilen, permanent über unser ‚ärmliches‘ Leben lustig machten. Kurz vor Ostern dann der Tod meiner Großmutter und jetzt die kleine Afrikanerin. Anscheinend gönnte mir das Schicksal kein bisschen Glück. Dabei wollte ich doch nicht viel, oder doch? ‚Nein willst du nicht.‘ entschied ich für mich. ‚Du willst einfach nur in Ruhe gelassen werden und deinen Traum leben. Dafür arbeitest du ja auch hart. Geschenkt haben willst du nichts. Aber anscheinend wird dir noch nicht mal das gegönnt.‘ Frustriert und mit einem schlechten Gewissen, weil ich schon wieder einfach so abgehauen war, betrat ich das Nebengebäude. Ich wollte nur noch in mein Zimmer und meine Ruhe haben. Aber wie hätte es auch anders sein können, Laurent saß auf meinem Bett. Mit einem gehässigen Grinsen sprach er mich an: „Du bist aber schnell wieder da. Ist der Starspieler schon fertig mit trainieren?“ „Mach das du raus kommst. Und bleib aus meinem Zimmer draußen!“ schnauzte ich ihn nur an. Zur Bekräftigung meiner Worte deutete ich Richtung Tür. Als er immer noch keine Anstalten machte zu gehen, schnappte ich ihn am Kragen und zog ihn hinter mir her auf den Flur, wo ich ihn noch einmal warnte: „Halt dich aus meinem Zimmer und meinem Leben raus! Sonst vergesse ich mich noch irgendwann.“ Wieder viel eine Tür hinter mir krachend ins Schloss. ‚Ich hab so die Schnauze voll! Wenn nur endlich das verfluchte letzte Schuljahr rum wäre.‘ Zitternd vor Wut stand ich immer noch mitten im Raum. Sekundenlang starrte ich aus dem Fenster, bis ich es nicht mehr aushielt. Aus der oberen Schublade von meinem Schreibtisch kramte ich meinen Zimmerschlüssel. Wenigstens würde Laurent jetzt nicht mehr heimlich hier drin rumschnüffeln. Normalerweise ging ich in so einer Situation Laufen. Was mein Knöchel aber zu verhindern wusste. Irgendwo musste ich aber Dampf ablassen, sonst würde noch ein Unglück passieren. Auf dem Weg nach draußen fischte ich noch meinen Autoschlüssel vom Haken. Aber wo sollte ich hin? Sport geht ja nicht. Schon wieder wie ein gestörter durch die Stadt heizen fällt auch aus. Ohne Ziel fuhr ich los. Nach einer Weile stand ich auf dem Schulparkplatz. ‚Das Schlagzeug.‘ schoss es mir durch den Kopf. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gespielt. ‚Genau das richtige jetzt, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.‘ Zum Glück war der Hausmeister noch da. Nach ein bisschen Überredungskunst hatte ich ihn soweit, dass er mich ins Musikzimmer ließ. Ich vergaß völlig die Zeit. Irgendwann, es war schon dunkel geworden, wurde ich aufgefordert zu gehen. Innerlich gab ich mir einen Arschtritt ‚Du hättest deins niemals verkaufen dürfen. Jetzt hast du ein Auto und ein Motorrad aber wo ist dein Schlagzeug?‘ Ich hatte das Instrument heiß geliebt. Jede freie Minute hatte ich früher geübt. Mein erster Traumberuf war Schlagzeuger in einer Band. Das war am Anfang der High-School. Schmunzelnd dachte ich an mein 14 oder 15 jähriges ich zurück. Nach ewigem um sie herumschwänzeln hatte ich mich damals gewagt eine Cheerleaderin nach einem Date zu fragen. Das war noch bevor wir hergezogen waren. Sie gab mir eine Abfuhr die ich so schnell nicht vergessen sollte. Wie ich auch nur davon träumen könnte, dass sie mit mir ausgehen würde. Ob ich nicht mal einen Spiegel zu Hause hätte oder nicht wüsste wie man diesen benutzt. In mich rein lächelnd erinnerte ich mich auch wieder an mein Äußeres zurück. Ich hatte lange Haare, natürlich schwarz gefärbt, immer schwarze T-Shirts an und meistens sogar schwarzen Kajal um die Augen. Ja ich war ein Hardrocker. Oder besser gesagt, ich hielt mich für einen. In den Sommerferien danach schnitt ich meine Haare kurz und lies das schwarz raus wachsen. Kaja benutzte ich ab da auch nicht mehr und die Rocker Klamotten tauschte ich gegen Jeans und standart Polo-Shirts. Der dunkle Jason verschwand endgültig als wir hier her kamen. Mein Schlagzeug verstaubte in der Ecke bis ich es verkaufte und ein Motorrad kaufte. Ich trat in die Football Mannschaft ein und wurde das was ich heute bin.
Schweigen
Wir trainierten noch bis es dunkel wurde. Die zwei Jungs machten auch gute Fortschritte, aber irgendwie war ich nicht bei der Sache. Mich wurmte die Reaktion von Jase. ‚Hab ich was falsches gesagt?‘ meldete sich mein Gewissen bei mir. Aber selbst wenn er sich von mir auf die Füße getreten fühlte, ich kam nicht drauf was an dem Satz so falsch war. Viel mehr war es nur ein Ausspruch an Erleichterung, dass es doch offensichtlich nicht in einer Katastrophe enden würde. Aber anscheinend war der werte Herr ja ein bisschen überempfindlich, wenn es um sein Ego ging. ‚Von mir aus, mach was du willst Jason Crue. Aber erwarte nicht, dass ich mich bei dir entschuldigen komme.‘ schickte ich ihm Gedanklich hinterher. Von mir aus konnte er bleiben wo der Pfeffer wächst. Am Dienstag stand in der dritten und vierten Stunde Chemie auf dem Stundenplan. Ausgerechnet mit Jason musste ich mir einen Arbeitstisch teilen. Zwischen uns herrschte eisiges Schweigen. Ich hatte keine Lust mich mit ihm zu unterhalten. Er wohl auch nicht. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich wie er mir ab und an einen verstohlenen Blick zu warf. Am liebsten hätte ich ihn gefragt was sein Problem ist. ‚Nein Mädchen. Sei schlau, halt einfach deinen Mund. Wenn er was zu sagen hat, wird er schon von alleine zu dir kommen.‘ Zum Glück war heute nur Theorie dran. Direkt mit dem Pausenzeichen schnappte ich meine Tasche und war auf dem Weg zur Kantine verschwunden. Eine Gänsehaut machte sich auf meinen Armen breit, wenn ich überlegte wie kalt die Stimmung gerade eben noch war. Mit einem Kopfschütteln versuchte ich das schlechte Gefühl zu vertreiben. Neben mir tauchten in diesem Moment auch schon die drei anderen Mitglieder der Band auf. „Hei Mädels, na alles klar? Kerr was machst du denn hier?“ fragte ich überrascht. Ohne Umschweife kam sie direkt auf den Punkt: „Warum hast du mir keine Email geschrieben?“ ‚Was auch sonst? Der Superstar hat schlechte Laune, weil er keine Post bekommen hat.‘ „Ach du meine Güte, wie konnte mir das denn nur passieren das ich dir, Sheryl Cole, dem Superstar schlecht hin keine Mail geschickt habe?“ gab ich sarkastisch zurück. Latty kicherte schon. Trocken setzte ich noch einen nach: „Vielleicht weil ich deine Adresse nicht hab. Was wahrscheinlich da dran liegt, dass du es nicht nötig hast, dich mit niedrigem Fußvolk abzugeben. Komm endlich von deinem Berg runter Kerr. Ich hab’s so satt. Wir könnten echt viel erreichen wenn wir zusammen halten würden. Aber mit deinem Verhalten, uns gegenüber, ist das leider nicht möglich. Schreib mir deine Addy auf, dann schick ich dir den Kram. Aber überdenk mal meine Aussage.“ Auf eine Antwort von ihr wartete ich gar nicht mehr. Mit einem nicken zu meinen Freundinnen nahm ich mir noch eine Mango aus der Obstschale und verlies die Cafeteria wieder. Es war herrliches Wetter. Da wollte ich einfach nicht drin bleiben. Auf der Steintreppe im Pausenhof lies ich mich nieder. Gedankenverloren knabberte ich an meinem Essen. Manchmal glaube ich echt, dass die ganze Welt sich gegen mich verschworen hatte. Ich starrte gerade missmutig einer Biene hinterher die versucht hatte sich an meiner Mango zu bedienen, als sich jemand neben mich setzte: „Charley?“ fast dachte ich eine Spur Unsicherheit in Kerrs Frage gehört zu haben. Denn niemand anderes hatte sich zu mir gesetzt. „Was?“ fragte ich barsch zurück. Diese Frau bringt mich echt zur Weißglut. „Können wir reden?“ jetzt war ich mir sicher. ‚Sie ist echt nervös, gib ihr eine Chance.“ Forderte ich mich gedanklich auf. Allzu einfach wollte ich es ihr dann aber auch wieder nicht machen: „Über was?“ gab ich mich deshalb weiterhin einsilbig. Es entstand eine kurze Pause, in der ich schon überlegte einfach aufzustehen. In dem Moment als mich entschieden hatte zu gehen fing sie an zu reden: „Ich muss mich bei dir entschuldigen. Mein Verhalten dir gegenüber war unmöglich. Es tut mir leid. Ich weis, dass ich in den letzten Monaten anderen gegenüber unausstehlich geworden bin. Aber du musst mir glauben. Das war nicht immer so. Es ist nicht OK das ich meine Laune an dir und anderen auslasse. Bitte gib mir die Möglichkeit dir zu zeigen, dass ich eigentlich ein netter Mensch bin.“ Überrascht über die Entschuldigung drehte ich mich zu ihr um. Eine ganze Menge Gedanken gingen mir durch den Kopf. Soll ich die Entschuldigung annehmen? Soll ich sie zum Teufel jagen? Meint sie das ernst oder hat sie doch noch rausgekriegt das ich zu den Cape-Rocker’s gehöre? ‚Jetzt sei nicht so Charleen! Jeder hat schließlich eine zweite Chance verdient.‘ meldete sich nun auch meine Gute Erziehung zu Wort: „Was soll‘s.“ seufzte ich. Was sollte schon schief gehen. Ich konnte ihr immer noch ein Loch in den Hals beißen, wenn sie mir wieder auf den Keks ging: „Ich nehme deine Entschuldigung an. Aber glaub mir, wenn ich dir sag, dass ich dir, ohne zu zögern, vor versammelter Mannschaft die Leviten les, wenn du wieder unmöglich wirst.“ Um zu zeigen, dass ich das gesagte ernst meinte, streckte ich ihr meine Hand entgegen. Sie nahm sie auch sofort: „Danke Charley, ich weis das zu schätzen.“ Damit lies sie mich wieder mit meinen Gedanken alleine. ‚Sollte ich vielleicht doch den ersten Schritt auf Jase zu machen? Nein! Er hat’s verbockt, nicht du.‘ Wenn ich eins nicht einsehen kann, dann, dass ich mich für was entschuldigen sollte, was ich nicht verbockt hab. Mit einem seufzen stand ich auf. Auf dem Weg zu meinem Spint begegnete ich Shancy: „Hei da bist du ja. Sag mal, war Kerr auch bei dir?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute ich sie an: „Ja wie kommst du drauf?“ „Naja sie war auch bei mir und Latty.“ Erklärte sie. „Was wollte sie denn bei euch? Jetzt lass dir doch nicht alles einzeln aus der Nase ziehen.“ Freundschaftlich stupste ich sie an. „Das ist es ja grad. Ich hab keine Ahnung. Sie hat irgendwas von Entschuldigung gemurmelt und das sie versucht sich zu bessern. Sie hätte zu Hause wohl im Moment stress… Wenn du mich fragst alles bla bla bla. Was hat sie dir denn so wichtiges mitgeteilt?“ sie schaute mich erwartungsvoll an. „Ungefähr das Selbe, nur ohne eine genauere Begründung. Was habt ihr dazu gesagt?“ „Nicht viel, nur das wir nicht ihre persönlichen Punshingballs sind, wir ihr aber eine Chance geben werden.“ Bei den Spinten angekommen steckte ein Zettel in meinem Rahmen. –s.kerr.c@mh.com hier meine Addy. Danke für deine Hilfe. G Kerr- „Ja sowas in der Art hab ich ihr auch gesagt. Oh guck mal. Anscheinend hat sie sich das wirklich zu Herzen genommen. Sie hat mir ihre Mail gegeben ohne einen dummen Kommentar. Habt ihr schon über die Proben über die Ferien mit ihr gesprochen?“ wollte ich wissen. „Nein bis jetzt noch nicht. Wir haben in den letzten Wochen auch nur das allernötigste mit ihr geredet.“ Gab sie zu. Viel zeit zum quatschen hatten wir ja in den nächsten drei Stunden. Es stand Sport auf dem Plan. Das bedeutete den Cheerleadern zu schauen wie sie ihre Performance einstudierten. Das wars. Die Sportlehrerin machte sich wohl nicht viel aus den „nicht Cheerleadern“. Wir saßen dann in der Sonne und quatschten. Auf dem Sportplatz trafen wir auch wieder auf Latty. Wir setzten uns gerade zusammen unter zwei Palmen, als Kerr auf uns zukam: „Hallo ihr drei, kann ich mich dazu setzen?“ sie sah ein bisschen verlegen aus bei der Frage. ‚Denk dran, sei freundlich. Steh zu deinem Wort und gib ihr die Chance.‘ ermahnte ich mich. Die anderen beiden mussten ähnlich denken, denn Latty klopfte neben sich auf den Rasen: „Klar setz dich. Was gibt’s denn?“ erleichtert Atmete die Nachzüglerin aus. Es musste sie eine Menge Überwindung gekostet haben her zu kommen. Sonst saß sie immer alleine. „Wie habt ihr das eigentlich in den Ferien mit den Proben immer gehalten?“ versuchte ich ein Gespräch in gang zu bringen. Unauffällig zwinkerte ich den anderen beiden zu. Kerr sollte nicht wissen, dass es schon einen Plan gab. Ich wollte sie nicht direkt wieder ausschließen. Es war so schon schwer für sie, das konnte man sehen. Zum Glück verstanden die beiden was ich vorhatte und so meldete sich Shancy: „Bis jetzt haben wir das immer von Woche zu Woche entschieden wann, wer und wo. Je nach dem was die Kalender so hergegeben haben.“ „Also wir fahren dieses Jahr nicht weg. Ich hab also theoretisch immer zeit. Was ist mit dir Kerr?“ Erklärte nun Latty ihr Ferienvorhaben. Die angesprochene antwortete verlegen: „Ich bin auch da. Aber wir ziehen um. Also kann ich nicht immer.“ Ihr Gesicht glühte bei diesen Worten, so rot, wie eine Tomate. Ich wurde das Gefühl nicht los das hinter den Häuslichen Problemen doch mehr dahinter steckte wie Shancy glaubte. „Also wir sind auch immer da. Habt ihr denn einen Probenraum? Oder können wir über die Ferien hier ins Musikzimmer?“ ich stellte mich absichtlich unwissend. „Nein hier her können wir nicht.“ Wurde mir erklärt. „Bei mir können wir auch nichts machen. Der Umzug….“ Kerr lies den Satz offen zwischen uns hängen. Shancy schüttelte den Kopf: „Bei mir ist da auch nichts zu machen. Unsere Nachbarn sind furchtbar empfindlich.“ Auch Latty verneinte: „Bei uns ist kein Platz. Also bleibst nur noch du oder wir müssen uns ein Studio suchen. Aber das wird teuer.“ Wandte sie sich an mich. Zufrieden, dass unser Plan aufgegangen war, lächelte ich: „Ok dann bleibt uns ja gar nichts anderes übrig als zu uns zu gehen. Wenn ihr wollt kann ich am Freitag die Instrumente ja mit dem Pick Up abholen. Dann haben wir alles auf einen Rutsch erledigt.“ Bot ich an. Ein allgemeines nicken ging durch die Runde. Später bei der Probe lief es auch wesentlich entspannter wie sonst. Die Stimmung war zwar noch etwas angespannt, aber es ging immerhin ohne Streit. Miss Nowac hatte für uns Mappen zusammen gestellt mit allem was wir für unsere Songauswahl brauchten: „So Mädels.“ Begrüßte sie uns. „Hier habe ich für jeden die Texte und Noten. Leider kann ich nirgendswo auch nur eine einzige Info zu Me and Bobby McGee finden. Also wird der Titel wohl ausfallen.“ Bedauern schwang in ihrer Stimme mit als sie weiter erklärte: „Anscheinend ist dieses Lied von einer eher unbekannten Band aus Afrika. Außer einer Aufnahme auf YouTube war leider nichts zu finden. Die Qualität ist aber nicht so gut, sodass man es auch nicht einfach so nachspielen könnte.“ Geschäftig kramte ich in meiner Tasche bis ich die Blätter gefunden hatte. Mit einem Lächeln gab ich sie ihr: „Kein Problem. Die haben wir sowieso schon.“ Überraschung zeigte sich in ihrem Blick: „Wie kommst du da dran?“ Es war also an der Zeit die Bombe platzen zu lassen. ‚Super Charley, dass hast du ja gut hinbekommen. Nicht mal 2 Wochen hast du es geschafft, dein Geheimnis für dich zu behalten.‘ Jetzt war ich es die sich unwohl fühlte und rot wurde: „Naja wissen sie…“ setzte ich an. „Ich bin Charley Baltimore aus Kapstadt.“ Aus dem Augenwinkel sah ich wie Kerr den Mund aufklappte, nur um ihn gleich wieder zu schließen. Die anderen beiden wussten ja schon bescheid, sodass sie nur lächelten. Miss Nowac schien noch nicht ganz zu verstehen: „Ja das weis ich. Was hat das mit der Sache hier zu tun?“ Latty sprang für mich ein mit der Antwort: „Na is doch ganz logisch. Das is Cape-Charley!“ Jetzt war es raus. Ein winziger Teil von mir fühlte sich erleichtert, dass ich jetzt mit offenen Karten spielen konnte. „Sag das nochmal! Das kann nicht wahr sein!“ wurde ich aufgefordert. „Ja es stimmt. Ich war die Frontfrau von den Cape-Rocker’s. Sie können keine Infos zu diesem Song finden, denn er gehört mir. Von mir geschrieben und vertont.“
Jase’ Sicht
Chemie. Sowieso nicht mein Lieblingsfach und ausgerechnet Charley musste neben mir sitzen. Ich hatte gestern noch eine ganze Weile über unseren Streit nach gedacht. Es stimmt ja, dauernd so einen Abgang hinlegen geht nicht. Aber muss sie deswegen immer wieder drauf rumhacken? ‚Nein muss sie nicht! Am besten gewöhnt sie sich das schnell wieder ab.‘ Aus dem Augenwinkel schaute ich sie an. ‚Soll ich mich entschuldigen? Für das, dass sie mich gestern so angemacht hat?‘ Anscheinend hatte sie meinen Blick bemerkt. Schnell drehte ich mich wieder nach vorne. ‚Ja solltest du immerhin hast du dich mal wieder wie der letzte Idiot aufgeführt.‘ manchmal hasste ich meine innere Stimme. Nervös knetete ich meine Finger, während ich in Gedanken eine Entschuldigung formulierte. Wo sollte ich da nur ansetzen? Die verschiedensten Formulierungen probierte ich aus. Aber nichts schien passend zu sein. Kurz vor Ende der Stunde hatte ich dann endlich etwas einigermaßen Passendes gefunden. Entschlossen mich nach der Stunde zu entschuldigen, riskierte ich einen letzten Blick. Sie starrte immer noch stur gerade aus und ignorierte mich. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ein bisschen erinnerte sie mich an mich. Wir waren uns in der Hinsicht ziemlich ähnlich. Stur und stolz. Es läutete zur Pause. Gerade als ich den Mund aufmachte, schnappte sie sich ihre Tasche und rauschte ohne einen Blick zur Tür raus. ‚So viel zum Thema entschuldigen…‘ dachte ich frustriert. ‚Wie soll man denn die Sache richtig stellen, wenn man nicht mal die Gelegenheit zum Reden bekommt?‘ Ein bisschen irritiert guckte ich hinter ihr her. „Hei Crue was geht ab? Was machst du für ein Gesicht?“ Dom holte mich in die Realität zurück. „Ach nix Alter. Los komm ich hab Hunger.“ Versuchte ich meinen ärger zu überspielen. An unserem Tisch saßen wie immer auch die Cheerleader, samt Loraine. Sie winkte uns schon zu sich her. ‚Mamamia lernt das Mädel nie dazu?‘ genervt verdrehte ich die Augen. Ich wollte schon rumdrehen. Doch Dom zog mich mit rüber. „Hei Süßer was ist denn los? Du siehst so fertig aus.“ Grüßte sie uns. „Nichts is.“ Brummte ich. „Na dann ist ja alles klar. Was hältst du davon, wenn wir uns nach dem Training treffen und ein bisschen entspannen? Ich hätte echt mal wieder eine Massage nötig.“ Plapperte sie einfach weiter. „Nein kein bedarf.“ Gab ich zurück. Sie gab noch nicht auf: „Bist du ganz sicher das alles gut ist Baby? Ich hab echt d…“ Ich fiel ihr ins Wort: „Verdammt nochmal merk dir endlich ich bin weder dein Süßer noch dein Baby noch sonst irgendwas. Raffst du’s eigentlich noch? Du kotzt mich an. Lass mich einfach in Ruhe. Ich stand nie auf dich, ich steh nicht auf dich und noch wichtiger ich werde nie auf dich stehen!“ brüllte ich. Schnell stand ich auf bevor ich noch völlig die Beherrschung verlor. Entsetzt schaute mir der gesamte Tisch hinterher als ich aus der Kantine hetzte. ‚Ich muss hier raus. Sonst polier ich dem nächst besten noch die Fresse.‘ Draußen, direkt vor mir auf der Treppe saß Charley. „Super die hat mir grad noch gefehlt.“ Murmelte ich. Zum Glück kam gerade eine Gruppe Schüler aus dem Haus, sodass ich unbemerkt an ihr vorbeischlüpfen konnte. In der hintersten Ecke vom Schulhof lies ich mich auf eine Bank fallen. Meine Geduld mit meinen Mitschülern war am Ende für heute. Aber es stand ja auch noch Sport auf dem Plan. Immerhin hatten wir getrennten Unterricht. Das machte die Situation etwas leichter. Den Rest der Pause hing ich mal wieder meinen Gedanken nach. ‚Wenn du dich noch ein bisschen schonst, kannst du vielleicht am Samstag schon mitspielen. Dafür musst du aber echt jeden scheiß vermeiden. Kein Motorrad mehr die nächste Zeit.‘ Missmutig machte ich mich auf den Weg zum Sportplatz. Da ich eh nicht mitmachen konnte, machte ich mir erst gar nicht die Mühe zu den Umkleidekabinen zu gehen. Ich saß alleine im Schatten am Spielfeld und wartete, dass die drei Stunden endlich rum waren. Auf der anderen Seite sah ich sie unter einer Palme sitzen. Sie lachte, wirkte entspannt. ‚Oh Crue hör auf in deinem Selbstmitleid zu baden. Sie ist die erste die nicht von Sekunde eins an, unsterblich in dich verliebt ist. Na und? Dafür kannst du eine Menge anderer haben.‘ Innerlich einen Monolog führend starrte ich ins Leere. ‚Was hast du schon davon wenn dir eine Tussi hinterher rennt, die dir vollkommen egal ist? Nichts! Du bist nur genervt. Guck dir Loraine an.‘ Ich war mir nicht mal sicher was damals überhaupt passiert war. Aus Erzählungen wusste ich nur, dass wir zusammen auf einer Party in irgendein Zimmer gegangen waren. Beim Aufwachen hatten wir aber noch unsere Klamotten an. Also so viel kann da ja nicht gelaufen sein. ‚Wahrscheinlich sind das mal wieder nur die Typischen Gerüchte.‘ Lächelnd schüttelte ich den Kopf. Ein bisschen Knutschen zählt ja schließlich noch lange nicht zum rum machen. Da das Training direkt neben dem Sportplatz stattfand, beschloss ich direkt rüber zu gehen. Leider lief ich direkt den Cheerleadern in die Arme. „Hei Jason. Sehen wir dich am Samstag spielen?“ begrüßten sie mich. „Ich weis es nicht.“ Musste ich ehrlich zugeben. „Mein Knöchel macht immer noch Probleme.“ „Dann wünschen wir dir schon mal gute Besserung und drücken die Daumen, dass es für das Spiel reicht.“ Einige Umarmten mich noch, dann waren sie auch schon verschwunden. Nur Loraine hielt sich zurück. Was mir auch sehr recht war. Mit einem Bitterbösen Blick, in ihre Richtung, gab ich ihr zu verstehen, dass sie wegbleiben sollte. Ohne noch weiter auf die Mädchen zu achten, ging ich weiter zum Feld. Gleich würde der Coach mit der Mannschaft kommen. Ohne Eile schlenderte ich zur Coaching Zone. Kein Wunder, dass Charley immer hier saß. Es war der perfekte Platz.
Training
Mein Platz auf der Bank war heute offensichtlich besetzt. Der Mensch den ich im Moment am wenigsten sehen wollte, saß auf meiner Bank. ‚Na super. Was bildet der sich eigentlich ein? Sonst war er auch immer irgendwo anders. Warum ausgerechnet heute? Du hast zwei Möglichkeiten: A du gehst wo anders hin und ziehst den Schwanz ein, oder B, du setzt dich hin und behandelst ihn wie Luft.‘ nach einem kurzen zögern entschied ich mich für Möglichkeit B. Gemütlich schlenderte ich auf die Trainerbank zu. Wortlos lies ich mich neben ihm nieder und holte meinen Block aus meinem Rucksack. Die Jungs waren beim werfen üben. Daneben stand der Coach mit einem Klemmbrett und machte sich Notizen. Anscheinend hatte er die Vorschläge komplett übernommen. Beim Blättern stellte ich fest, dass ich noch kein Bild von ihm hatte. Am Ende meines Bleistifts kauend beobachtete ich die Situation. Dann fing ich mit feinen Linien an zu zeichnen. Jason neben mir hatte ich total ausgeblendet. Bis er mich ansprach: „Charley?“ schon zum zweiten Mal an diesem Tag hörte ich Unsicherheit bei der Frage. „Was?“ stellte ich auch hier wieder dieselbe Gegenfrage. Von der Seite bemerkte ich eine Bewegung. Das konnte ja wieder nur in Streit enden. „Charley es tut mir leid. Ich weis auch nicht was gestern los war. Ich bin einfach frustriert das ich wahrscheinlich am Samstag nicht spielen kann. Bestimmt hat dir Ralf auch schon erzählt, dass der Trainer die Saison abbläst, sollten wir verlieren.“ Ich hatte mit vielem Gerechnet, aber nicht mit einer Entschuldigung. ‚Das heißt dann wohl 3 zu 0 für mich. Scheint als würdest du den Krieg verlieren Crue.‘ triumphierte ich innerlich. „Es gibt wenig, was ich mehr hasse wie einfach stehen gelassen zu werden.“ Setzte ich an ohne von meiner Zeichnung auf zu schauen. Sollte er sich ruhig ein bisschen anstrengen. Er zuckte ein bisschen hilflos die Schultern: „Es kommt nicht wieder vor. Versprochen!“ er streckte mir eine Hand hin: „Freunde?“ Jetzt musste ich doch lächeln. „Freunde.“ Sagte ich und schlug ein. ‚Ich fass es nicht, der Starspieler hat sich echt bei mir entschuldigt. Es gibt immer wieder Überraschungen.‘ Fast bildete ich mir ein Erleichterung bei ihm zu sehen. Konzentriert blickte ich wieder auf meine Zeichnung. Ein paar Striche später sprach er mich wieder an: „Wer ist es denn dieses mal? Darf ich gucken?“ „Der Coach.“ Antwortete ich und zeigte mein Bild. „Nicht schlecht.“ Gab er zu. „Dann ist das Plakat in der Kantine ja doch von dir.“ Ich lachte auf: „Ja ist es. Was dachtest du denn?“ „Keine Ahnung. Ehrlich gesagt sah es eher nach einem Ausdruck aus.“ Gab er zu. „Du hast die anderen Bilder doch vorher schon gesehen. Daher müsstest du doch wissen, dass ich Zeichnen kann.“ Jetzt war ich verwirrt. „Ja schon, aber da hab ich sie mir nicht so genau angeguckt. Da war ich nur sauer das es von mir keins gab.“ Rutschte es ihm raus. Erschrocken, über seine eigenen Worte, schaute er mich an. ‚Guck an und schon wieder ist das Ego verletzt‘ spottete ich gedanklich. „Naja bis jetzt hast du mir einfach noch kein Motiv geliefert. Und am Boden liegend wollte ich dich dann doch nicht in meiner Sammlung haben.“ Er nickte: „Stimmt auch wieder. Dann muss ich mich wohl ein bisschen anstrengen dir ein Motiv zu bieten.“ Er wusste nicht wie schnell sich sei Wunsch erfüllen würde.
Jase’ Sicht
Ich sah, dass sie einen Moment zögerte, bevor sie rüber kam. Immerhin kam sie rüber. Fast rechnete ich damit, dass sie sich wo anders hinsetzte. ‚Manchmal hast du mehr Glück wie Verstand. Du hättest ja auch warten können bis sie da ist. Und DANN hättest du dich zu ihr gesetzt.‘ Warum kommen einem die guten Ideen immer erst hinterher? Wir saßen schon gute 20 Minuten nebeneinander. Ohne das auch nur eine Blick von ihrer Seite gekommen wäre. Stattdessen kritzelte sie wieder auf ihrem Papier rum. ‚Und wieder mal bist nicht du das Motiv.‘ ich wusste zwar nicht warum, aber es störte mich. ‚Wie lang willst du das eigentlich noch raus zögern? Wenn du dich entschuldigen willst, dann tu’s jetzt. Das Training ist in einer halben Stunde zu Ende.‘ in mich rein seufzend, setzte ich mich gerade hin und sprach sie an. Etwas verunsichert zwar, wie sie reagieren würde, aber entschlossen, das jetzt los zu werden. Wie nicht anders zu erwarten reagierte sie ziemlich abweisend. ‚Lass dich davon nicht aus dem Konzept bringen. Noch einmal holte ich tief Luft und schon sprudelten die Worte nur so aus mir raus. Nichts davon entsprach dem was ich mir die letzten Stunden zurechtgelegt hatte. Sie sah zwar immer noch nicht auf, aber immerhin hatte sie aufgehört zu zeichnen. „Es gibt wenig, was ich mehr hasse wie einfach stehen gelassen zu werden.“ ‚AAAH was willst du denn noch hören Mädchen??? Ich hab doch schon gesagt das es mir leid tut.‘ Warum war mir das denn überhaupt so wichtig? Meine stumme Frage selbst beantwortend zuckte ich mit den Schultern. Ich wusste es selbst nicht. Aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass es das richtige war. Wie von selbst versprach ich ihr, mich in Zukunft zu besser. In Gedanken nahm ich mir vor, wenigstens bei ihr drauf zu achten. „Freunde?“ ‚Jetzt nimm die verdammte Entschuldigung schon an!‘ versuchte ich sie gedanklich zu beeinflussen. Es vergingen ein paar Sekunden. Gerade als ich die Hand wieder zurückziehen wollte, mit einem bösen Spruch, schlug sie doch noch ein. ‚Siehst du war doch gar nicht so schwer.‘ lobte ich mich in Gedanken. Eine Weile beobachtete ich sie schweigend, doch dann siegte meine Neugier: „Wer ist es denn dieses mal? Darf ich gucken?“ Auch ohne ihre Erklärung hätte jeder auf den ersten Blick erkannt, dass der Coach auf dem Bild zu sehen war. Warum war ich noch nicht das Motiv? ‚Fang jetzt nicht gleich wieder an zu stänkern. Ihr habt es vor fünf Minuten erst auf einen normalen Level geschafft.‘ musste ich mich ermahnen. Ich lenkte das Thema in unverfänglicheres Terrain, indem ich nach dem Plakat für die Kantine fragte. Wobei wir letztendlich doch wieder bei meinem Portrait landeten. Viel zu schnell und ohne darüber nachgedacht zu haben, gab ich zu das ich auch gerne Model für ein Bild wäre. ‚Oh scheisse! Du bist so ein Idiot Crue. Hättest du die Frage nicht einfach für dich behalten können? Jetzt gibt’s bestimmt gleich wieder Stress.‘ Doch anders als erwartet kam kein bissiger Kommentar, sondern eine völlig simple Erklärung. Weil ich ihr noch nicht das passende Bild geliefert hatte. Schmunzelnd versicherte ich ihr meine Anstrengungen in diese Richtung.
Überraschung in Kunst
Am Mittwochnachmittag stand Kunst als Wahlfach auf dem Stundenplan. Den ganzen morgen freute ich mich schon darauf. Ich mochte Mr. Jenkins von Anfang an. Er war locker und aufgeschlossen. Nach der ersten Doppelstunde bei ihm erklärte er mir gleich seine Regeln. Die waren im Grunde einfach. „Halten sie sich an mein Thema, wie sie dieses umsetzen überlasse ich ihnen.“ So konnte ich am besten arbeiten. Ohne Zwang und strikte Vorgaben. Erwartungsvoll saß ich auf meinem Stuhl. Heute standen Portraits auf dem Plan. Er zeigte und erklärte sehr anschaulich auf was man achten musste. Wie man bestimmte Dinge am besten angehen konnte. Und welche Arten es gab. Die Doppelstunde ging vorbei wie im Flug. Kurz vor Schulschluss entließ er uns mit den Worten: „So meine Lieben, damit sie über die Ferien nichts verlernen bekommen sie eine Hausaufgabe. Ich erwarte von ihnen, dass sie sich eine Person suchen von der sie dann ein Portrait anfertigen. Die Gestaltung, Umsetzung, Größe und alles was dazu gehört, überlasse ich ihnen, einzige Vorgabe ist das Akt. Und jetzt wünsche ich ihnen erholsame Ferien.“ Die Klasse saß da wie vom Donner gerührt. Es herrschte zwei Sekunden Totenstille, dann brach der Tumult los. „Ach du scheisse!“ oder „Oha wen soll ich fragen?“ oder „Wie soll ich das nur schaffen?“ bis hin zu „Der hat doch den Arsch offen, ich mach das definitiv nicht!“ Es war alles dabei. Ich selbst saß stocksteif auf meinem Platz. 1000 Gedanken schossen mir gleichzeitig durch den Kopf aber keinen davon konnte ich fassen. Mechanisch packte ich meine Tasche um zu den Proben zu gehen. Ich versuchte immer noch meine Gedanken zu ordnen, so dass ich gar nicht registrierte wie ich den Musikraum erreichte. Drinnen begrüßten mich auch schon die Mädels. Erst jetzt erwachte ich aus meiner Starre. „Hei Charley da bist du ja endlich. Wo warst du denn solange?“ Seufzend lies ich mich auf einen der Schemel nieder: „Fragt nicht. Ihr ahnt ja nicht was die Sommeraufgabe für Kunst ist.“ Erwartungsvolle Gesichter blickten mir entgegen: „Jetzt sag schon. Bist du deswegen so blass?“ Mit der Hand über die Augen fahrend nickte ich: „Wir sollen ein Portrait zeichnen.“ Weiter kam ich nicht. Shancy unterbrach mich: „Aber das ist doch klasse! Das liegt dir doch total, oder nicht? Du hast doch schon einen Teil der Footballer gezeichnet, kannst du so eins nicht nehmen? Wenn du nicht magst kann ich dir auch gerne Model stehen. Sowas wollte ich schon immer mal machen.“ Ich antwortete mit einem einzigen Wort: „Akt.“ Augenblicklich war sie verstummt. Stattdessen hauchte Kerr: „Oh shit!“ „Das kannst du echt laut sagen!“ murmelte Latty. „OH SHIT!“ wiederholte sie grinsend noch lauter. „Ich gehe mal davon aus das sich dein Angebot damit erledigt hat oder Shancy?“ fragte ich lächelnd. „Ähm wäre es arg schlimm, wenn es so wäre?“ fragte sie vorsichtig. „Nein ist es nicht. Ich kann das verstehen. Das ist auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung.“ Musste ich zugeben. Insgeheim hatte ich gehofft, dass sie bei ihrem Vorschlag bleiben würde. Immerhin ist sowas unter Freundinnen ein bisschen einfacher wie unter Fremden. Jedenfalls empfand ich das so. Das Gespräch verstummte Augenblicklich als Miss Nowac eintrat: „So ihr vier, dann wollen wir mal anfangen.“ Ich war so unkonzentriert, dass ich so ziemlich jeden Einsatz verpasste, mich verspielte oder nicht hinterher kam. Was wiederum dazu führte, Kerr in alte Muster fallen zu lassen: „Meine Güte Charley! Jetzt reis dich verdammt nochmal zusammen. Das nervt echt.“ Ich konnte ihr das nicht mal übel nehmen. „Ja ich versuch‘s ja schon.“ Maulte ich zurück. Aber wirklich besser wurde es nicht. Total unzufrieden mit meiner Leistung entschuldigte ich mich später. „Tut mir echt leid, aber ich bin voll durch den Wind grad. Muss erst mal den Schock verdauen.“ „Schon gut. Das verstehen wir. Kann ja jedem mal passieren.“ Tröstete mich Latty. „Danke. Naja ich bin dann mal weg. Bis Morgen.“ verabschiedete ich mich schnell, bevor Kerr wieder einen miesen Kommentar ablassen konnte. Auf dem Feld erwartete mich wieder das gleiche Bild wie gestern. Jase auf der Trainerbank, Der Coach mit Klemmbrett und Trillerpfeife und die Jungs am schwitzen. Ein leichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. ‚Wäre da nur nicht das Akt-Problem. Motive hätte ich mehr als genug.‘ Aber warum einfach wenn’s auch umständlich geht. „Hei.“ Begrüßte mich Jason. „Selber hei.“ Gab ich zurück. Ich lies mich neben ihm in die Sonne fallen. „Na sind dir die Modelle ausgegangen oder warum malst du nichts?“ kam von rechts. ‚Wie kann man nur so neugierig sein?‘ eine Gegenfrage stellend antwortete ich: „Warum? Weil ich mal keinen Block dabei hab?“ es kam etwas patziger als ich beabsichtig hatte. Schnell versuchte ich die Situation zu überspielen: „Nein heute kein Bild. Mir ist nicht danach. Das ist alles. Was macht dein Fuß?“ „Naja geht so. Schon besser aber Samstag steht nach wie vor noch nicht fest. Morgen muss ich nochmal zum Doc.“ Gab er zu. Immerhin hatte er meinen aggressiven Ton überhört. „Hm.“ Mehr wusste ich nicht zu sagen. In Gedanken war ich wieder bei meinem unfreiwilligen Kunstprojekt. ‚Du hast ein echtes Problem Mädchen. Wo bekomm ich nur auf die schnelle jemanden her der sich für mich auszieht? Ich kenn hier ja eigentlich noch niemanden. Vielleicht sollte ich Ralf fragen. Immerhin ist er mein Bruder. Da sollte das nackt sein doch kein Problem sein, oder?‘ Ich nahm mir vor ihn noch heute zu fragen. Vor meinen Augen wedelte eine Hand. „Was?“ schreckte ich hoch. Ein amüsierter Blick von Jase traf mich: „Sag mal wo bist du denn in Gedanken? Wir sind fertig kommst du mit zum Parkplatz?“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung entgegnete ich: „Egal. Ja ich komm.“ Vor sich hin kichern lief er mit mir zum Ausgang. An mein Auto gelehnt wartete schon Ralf: „Na ihr was gibt’s zu kichern?“ „Das wüsste ich auch gerne.“ Stellte ich mit einem mürrischen Blick zur Seite fest. „Deine Schwester war soweit in einer anderen Welt, dass sie wahrscheinlich nächstes Jahr noch auf dem Platz sitzen würde. Ohne zu merken das keiner mehr da ist.“ Jetzt lachte er mich sogar aus. Was meinen Geduldsfaden aber endgültig zum reißen brachte, war mein Bruder. Jetzt fing er auch noch an, wie ein Irrer, zu kichern: „Oh ja das kenn ich.“ „Ha ha was haben wir gelacht. Wenn du fertig bist kannst du ja einsteigen. Ich will heim.“ Mit einem letzten bösen Blick stieg ich ein. „Was ist denn los mit dir? Warum so pampig?“ musste ich mich von ihm fragen lassen. „Weil ich schlechte Laune hab. Darum!“ gab ich zurück. „Und warum hast du schlechte Laune? Wenn ich die schon ab krieg will ich wenigstens wissen warum.“ Erklärte er mir immer noch vor sich hin grinsend. Resignierend gab ich nach: „Weil wir unsere Sommeraufgabe in Kunst bekommen haben und das Thema zum kotzen ist.“ Er zog die Augenbrauen hoch: „Seit wann sind den Kunstprojekte scheisse?“ „Seit ich ein scheiss Nacktbild von einem Menschen machen muss!“ schnaubte ich. „Oh shit!“ kam vom Beifahrersitz. „Herzlichen Glückwunsch!!! Sie sind der Ein millionste, der das heute zu mir sagt. Holen Sie sich ihren Gewinn, in Form von Leck-mich-am-Arsch, beim Aussteigen ab.“ Im Sarkasmus war ich fast unschlagbar. „Jetzt komm mal wieder runter. Es ist nur ein scheiss Bild. Wo liegt das Problem?“ musste ich mich jetzt anmotzen lassen. „Das Problem? Das fragst du echt noch? Raffst du’s noch? Ich muss jemanden nackt zeichnen. Das bedeutet ohne Klamotten, also auch ohne Unterwäsche! Das ist das Problem! Nenn mir einen Menschen der so einen scheiss freiwillig mitmacht:“ forderte ich ihn auf. „Hm naja im Notfall kannst du ja auch aus dem Internet jemanden nehmen oder?“ grübelte er. Seufzend lehnte ich mich zurück: „Nein kann ich eben nicht. Das ist einer der Regeln von Jenkins. Er verlangt „Life Motive“.“ Mit den Fingern machte ich Anführungszeichen in die Luft. Wir waren mittlerweile zu Hause angekommen. Beim rein gehen klagte ich weiter: „Und das ist noch nicht alles. Ich brauche auch einen Hintergrund und alles. Mit dem kann ich aber erst anfangen wenn ich die Person hab. Ich kann ja schlecht einen Blumen Dekor wählen wenn du da stehst…“ ‚Auf in die Vollen.‘ dachte ich noch bei dem Wink mit dem Zaunpfahl. Hoffentlich sprang er drauf an. Er lachte laut heraus: „Und du glaubst echt, das ich mich für dich ausziehe?“ „Warum nicht? Immerhin bist du mein Bruder. Wenn nicht du, der mir am nächsten steht, wer sonst?“ meine Schultern zuckten. „Charley du weist das ich für dich durchs Feuer und zurück gehen würde. Aber ich werde mich bestimmt nicht für dich Ausziehen! Versteh mich nicht falsch. Lass mich ausreden. Glaubst du nicht, dass das mehr als komisch kommt? Wärst du jetzt nicht meine Schwester würde ich mir sofort die Kleider vom Leib reißen. Aber so hab ich das Gefühl eine Grenze zu überschreiten die zwischen Geschwistern gezogen sein muss. Bitte versteh das.“ Nachdenklich schaute ich zu ihm rüber: „Ich bin echt am verzweifeln, sonst würde ich nicht fragen. Das weist du. Du weist auch das ich für dich dasselbe tun würde. Aber ich bin echt ratlos. Ich kenn hier doch so gut wie niemanden. Und bevor du jetzt mit der Band kommst, vergiss es die haben schon nein gesagt. Wenn ich das nicht bis Freitag geklärt hab kann ich mir im neuen Schuljahr direkt eine 6 abholen.“ „Ok wir machen einen Deal. Du gibst mir bis Freitag Zeit, wenn ich dir bis dahin niemanden bringen kann, mach ich‘s. Aber nur mit Shorts. Den Rest kannst du dir dann aus dem Netz ziehen. Einverstanden?“ Wenigstens ein bisschen erleichtert schlug ich in die mir hingestreckte Hand ein: „Deal! Ich nehm dich beim Wort Ralf.“ Die Zeit bis Freitag ging leider viel zu schnell rum. Ich fragte noch ein paar Mädchen aus meiner Klasse, aber niemand wollte mitmachen. Freitagmittag in der Pause kam Ralf zu mir: „Hei Charley ich hab jemanden für dich gefunden.“ Ein verschlagenes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. „Wer?“ fragte ich unsicher. Sein grinsen wurde noch breiter: „Das ist eine Überraschung.“ Das konnte nichts Gutes bedeuten. „Will ich wissen, wie du die Person dazu bekommen hast das zu machen?“ Er schüttelte mit dem Kopf: „Das erfährst du noch früh genug. Jetzt bleibt das erst mal mein Geheimnis.“ Ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Magen breit. „Ok für’s erste lass ich's gut sein. Aber vergessen werde ich das nicht.“ Er schlug mir noch kameradschaftlich auf die Schulter und war verschwunden. Zwei Schulstunden später hatte ich endlich Ferien. Wir waren heute Morgen getrennt zur Schule gefahren, damit ich bei den Mädels vorbeifahren konnte. Auf dem Parkplatz wartete schon Latty auf mich. „Na Süße wie fühlt es sich an endlich frei zu haben?“ fragte ich sie mit einem strahlenden Lächeln. Sie erwiderte es: „Großartig. Ich freu mich schon richtig drauf. Sommer, Sonne, Strand, Party, Jungs alles was dazugehört.“ „Na dann auf geht’s. Erst mal brauchen wir ja dein Schlagzeug.“ Forderte ich sie auf einzusteigen. Ich hatte sie gefragt ob wir das zusammen machen können. So konnte sie mir den Weg zu den anderen beiden sagen. Leider war das Grillen heute Abend abgesagt. Der Trainer wollte morgen früh um 5 losfahren. Leon hatte McKenzie solange bearbeitet, bis er zustimmte, dass ich mitfuhr. Das bedeutete Sachen packen, früh ins Bett gehen und keine Grillparty mit Mädelsabend. Aber ich hatte versprochen, dass wir das schnellstens nachholen würden. Schnell hatten wir die Instrumente geladen und bei mir wieder aufgebaut. Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, dass ich sie auf dem Laufenden halten würde.
Jase‘ Sicht
Der Arztbesuch am Donnerstag lief besser als gehofft. Claire hatte frei, sodass ich um lästige Fragen drum rum kam. Ich hatte mich seit dem Wochenende nicht mehr gemeldet. Und Interesse an ihr hatte ich auch keins. Der Doc erlaubte mir sogar am Samstag als Ersatzmann zu spielen. Allerdings musste ich die Schiene auch dann tragen. Gut gelaunt telefonierte ich mit den Jungs: „Hei Dom der Arzt sagt ich bin Einsatzfähig. Zwar nicht für die volle Spielzeit, aber immerhin. Heute Abend Männerabend bei dir? Zur Feier?“ Er stimmte zu. Schnell rief ich noch Lee, Ralf und ein paar andere aus dem Team an. Es blieb jedoch letzt endlich bei uns vieren. Da morgen der letzte Schultag war, wäre es nicht so schlimm wenn es ein bisschen später werden würde. Wie ausgemacht trafen wir uns alle bei Dom. In seinem Keller war ein wahres Männerparadies. Sein Vater hatte es einrichten lassen, für wichtige Mandanten, wie er sagte. Aber wir durften auch manchmal rein. In der Mitte stand ein runder Pokertisch. Wie die Profis im Fernsehen ihn auch hatten. Unten angekommen, meldete sich Ralf zu Wort: „Also das ist ja echt ein geiles Teil, aber ich sag‘s euch gleich. Um Geld spiel ich nicht!“ „Machen wir auch nicht.“ Beruhigte ihn Lee. „Wir spielen um die erste Lokalrunde oder um eine Pizza oder sonst irgendwelche Kleinigkeiten.“ „Ok dann lasst uns anfangen. Texas Holdem kennst du oder?“ fragte ich zur Sicherheit nach. „Ja kenn ich. Gib schon Karten.“ Grinste Ralf. Einige Runden und noch mehr Bier später gingen uns die Einsätze aus. „Also einen Einsatz hätte ich noch.“ Meldete er sich wieder. Auf die Frage was er noch wüsste, antwortete er mit einem breiten Grinsen: „Das Kunstprojekt von Charley. Der Verlierer wird ihr dabei helfen.“ Lee wollte wissen: „Was ist denn das für ein Projekt?“ Dom stimmte zu: „Genau. Zuerst müssen wir wissen um was es geht.“ „Ihr wolltet es so.“ grinste er wieder. „Es geht um ein Portrait. Leider findet sie dafür niemanden, der Model stehen will.“ ‚Warum hat sie mich nicht gefragt? Ich hatte doch durch die Blume gesagt, dass ich auch ein Bild wollte. Versteh einer die Weiber.‘ dachte ich Kopf schüttelnd. Leon lachte laut heraus: „Oh du Pokerst hoch Baltimore. Das muss man dir lassen. Ich bin dabei. Das ist ein Einsatz der’s in sich hat.“ Ich wollte wissen was los war. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, was nicht mitgekriegt zu haben: „Wo liegt dein Problem? Es ist doch nur ein Bild. Beim Training macht sie andauernd Skizzen von euch.“ Zur Antwort kam nur ein wenig hilfreicher Kommentar von Dom: „Naja wenn du’s so siehst, is da wirklich nicht viel dran. Also nimmst du den Einsatz an?“ Ich stimmte zu: „Also gut. Auf geht’s in die letzte Runde.“ Die Pokergötter, falls es sowas gibt, meinten es gut mit mir. Eine Dame und ein Bube, beide in Herz. Damit sollte ich gewinnen können. Und nur der Verlierer muss ran. Im Flop kamen nochmal eine Dame ein König und eine Zehn, in Pik und Kreuz. Der Turn brachte wieder eine Zehn, dieses mal Pik. Langsam wurde mir ein bisschen mulmig. Dom und Lee waren schon ausgestiegen. Ich brauchte nur noch eine Dame oder eine Zehn zu einem Full House. Die Chancen standen gut. Torres legte den River auf den Tisch. Es war die erhoffte Dame. Ein breites Grinsen auf dem Gesicht legte ich meine Karten hin: „Full House! Sieht so aus als müsstest du Modeln.“ Triumphierend schaute ich zu ihm rüber. Sah aber nicht die erwartete Überraschung. Sondern ein Lächeln. „Ich weis ja nicht nach welchen Regeln ihr spielt, aber da wo ich herkomme ist ein Straight Flush höher als ein Full House.“ Mit diesen Worten legte er die Pik Neun und den Buben dazu auf den Tisch. Die Jungs brachen in schallendes Gelächter aus: „Wir wünschen dir schon mal viel Spaß beim Ausziehen Crue.“ ‚Ausziehen? Hatte ich irgendwas überhört? Fragend sah ich zu meinen Freunden: „Hä was hat das jetzt mit ausziehen zu tun? Und was soll das dreckige Lachen von euch?“ Dominic hatte sich immerhin soweit beruhigt, dass er mir erklärte: „Oh man Crue hast du’s noch nicht mitbekommen? Der Kunstkurs muss Nacktfrösche zeichnen über die Ferien. Und du hast gerade einen der nicht so sonderlich begehrten Plätze der Models gewonnen.“ Das Gejohle war groß. „Nein das mache ich nicht!“ versuchte ich mich zu wehren. Kein Wunder das sie mich nicht gefragt hat. ‚Auf gar keinen Fall werde ich mich dafür zur Verfügung stellen.‘ beschloss ich. „Spielschulden sind Ehrenschulden. Das weist du doch.“ Feixte jetzt auch Christmas. Er wusste genau wie er mich strietzen konnte. Bei meiner Ehre gepackt, gab ich schließlich auf: „Scheiße! Ich hab da echt keinen Bock drauf. Wann muss ich das machen?“ „Das weis ich auch noch nicht. Charley hat auch noch keinen blassen Schimmer von ihrem Glück. Zuerst muss ich ihr noch Bescheid sagen. Sie wird sich dann bei dir melden.“ Klärte Baltimore mich auf. „Was hab ich mir da nur wieder eingebrockt.“ Nuschelte ich, zu niemand Bestimmten. Sie hackten noch ein bisschen auf mir rum. ‚Oh man da wirst du dich ja schön blamieren. Das wird die größte Peinlichkeit die du je machen musstest. Da ist der Auftritt mit den Cheerleadern letztes Jahr ein Vergnügen dagegen.‘ Ich musste mit Pom Poms die Choreo mitmachen weil ich eine Wette verloren hatte. Und das auch noch vor einem Spiel. Die Zuschauer hatten einen Heiden Spaß dabei. Immerhin war das die Ferienaufgabe. Also blieb ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass niemand, außer dem Kunstlehrer, davon Wind bekam. Den ganzen Freitagmorgen wartete ich darauf, dass sie mich ansprach. Aber sie kam nicht. In mir machte sich schon die Hoffnung breit, Ralf könnte es vergessen haben. Oder sie hatten mich nur verarscht und es gab kein Kunstprojekt. Davon überzeugt, dass es nur ein Scherz war, stieg ich am Samstag in den Bus, der uns nach Orlando brachte. Wir hatten gerade die ersten Meilen hinter uns gebracht, als Ralf das Mikrofon in die Hand nahm: „Alle mal herhören! Wie ihr bestimmt wisst, ist die Sommeraufgabe für die Kunstgruppe dieses Jahr das Aktportrait. Ihr könnt euch sicher denken, dass es schwierig ist, dafür ein Model zu finden. Vor diesem Problem stand auch die überaus begabte Charleen Baltimore. Aber wie es der Zufall wollte, haben wir eines der berühmtesten Mannequins unter uns.“ Am liebsten wäre ich in meinem Sitz verschwunden. Was würde ich jetzt dafür geben unsichtbar zu sein. Charley, die nur ein paar Reihen vor mir saß, lief knallrot an. Sie wusste offensichtlich auch noch nichts von ihrem Glück. Oder Pech, wie man das sehen wollte. Mit Blickkontakt zu Baltimore fuhr ich mit meinem Finger den Hals entlang. Ich wollte ihm signalisieren den Mund zu halten. Aber er lies sich nicht stoppen. „Nach einem Heißen Pokerturnier in dem sich mehrere Leute große Chancen auf diesen Preis erhofften, setzte sich einer souverän durch. Begrüßt bitte mit mir, das Berühmte Model, der Traum jeder Frau, den Wunsch jeder Schwiegermutter, das Muss für jeden Trainer, Jason Crue.“ Die Köpfe der Mannschaft flogen geradezu in meine Richtung. ‚Soviel zum Thema, niemand bekommt was mit.‘ Applaus und großes Gelächter im ganzen Bus. Sogar der Trainer konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Nur eine lachte nicht. Charley. Erschrocken blickte sie in meine Richtung. Stumm formten ihre Lippen die Worte: „Oh mein Gott!“ Was sollte ich schon tun. Ich zuckte nur mit den Schultern. Aber die Rede war noch nicht vorbei. „Crue komm doch bitte nach vorne und sag ein paar Worte zu deinem grandiosen Preis.“ ‚Kann es noch schlimmer werden? Ich glaube nicht.‘ meine Gedanken überschlugen sich. Es gibt nur eine Chance das ganze hier zu retten. ‚Sei Cool. Nimm ihnen den Wind aus den Segeln. Gib ihnen keine Gelegenheit sich weiter über dich lustig zu machen.‘ Winkend und die mir entgegen gestreckten Hände abklatschend, ging ich nach vorne. Wie bei einer Oscar Verleihung, verbeugte ich mich: „Vielen Dank. Dankeschön. Es ist mir eine große Ehre diesen Preis mit nach Hause nehmen zu dürfen. Wie lange habe ich schon darauf hingearbeitet. Als dann die Nominierung folgte, konnte ich es gar nicht mehr erwarten. Ich fieberte der Preisverleihung regelrecht entgegen. Ich möchte mich bedanken. Bei Dominic Torres der so Glorreich die Karten ausgeteilt hat, wie nur ein Las Vegas Dealer es kann. Bei Leon Christmas der sich selbst zurück stellte und seine Karten weglegte, nur um mir den Weg zum Sieg zu ebnen. Und bei Ralf Baltimore der diesen Einsatz erst auf den Tisch brachte. Aber der größte Dank gilt der Künstlerin selbst. Vielen Dank das du mich als Motiv annimmst. Danke Leute, für diese überaus meisterliche Zusammenarbeit. Ihr seid das beste Team, dass ich je hatte.“ Grinsend gab ich das Mikro zurück. Die Leute im Bus waren nicht mehr zu halten. Mein Blick traf den von Ihr. Sogar sie hatte ein Lächeln auf den Lippen. Ich hatte es geschafft. Diese peinliche Situation doch noch soweit ins Lächerliche zu ziehen, dass es so aussah, als wäre ich freiwillig bereit. Zufrieden mit mir ging ich zurück an meinen Platz.
Ein Spiel und eine Überraschung
Ich hatte es geahnt. Wenn mein Bruder was ausheckt, kann nichts Gescheites dabei rauskommen. Am liebsten wäre es mir, ich wäre nie mit gefahren. Ralf schaffte es aber auch immer wieder mich und andere in peinliche Situationen zu bringen. Er hatte gerade den Namen genannt. ‚Ich muss mich verhört haben.‘ schoss es mir durch den Kopf. Um mich zu vergewissern, schaute ich zu Jase. Er sah aus als wäre er der Fuchs der die Hühner gefressen hatte. Geschockt flüsterte ich: „Oh mein Gott.“ Er hatte wohl verstanden und zuckte hilflos mit den Schultern. Gerade als ich dachte ‚Es kann nicht mehr schlimmer werden.‘, forderte Ralf ihn auch noch auf nach vorne zu kommen. Mit allem rechnend, suchte ich schon nach Möglichkeiten zu entkommen. Doch Crue überraschte mich mit einer Art Dankesrede. Wie ein Schauspieler der gerade einen Oscar abgeräumt hatte bedankte er sich. ‚Naja die Goldene Himbeere trifft da wohl eher zu.‘ bei dem Gedanken musste ich doch Grinsen. Die letzten Meilen der Fahrt verliefen damit, dass alle Spieler sich um uns scharten. Sie mussten alles ganz genau wissen. ‚So neugierig können auch nur Jungs sein.‘ Da ich selbst erst in der Minute von meinem, nennen wir es mal, Glück erfahren hatte, konnte ich nicht viel erzählen. Auf dem Parkplatz vom Stadion angekommen, war keine Zeit mehr sich darüber Gedanken zu machen.
Der Coach war doch kein so übler Mensch, wenn man erst mal hinter die Fassade geschaut hatte: „Hei Baltimore komm mit. Du bist heute neben mir und führst Buch. Wie mir ein Vögelchen gezwitschert hat verstehst du ja ein bisschen was davon.“ Er zwinkerte. „Danke für das Kompliment Coach. Was erwarten Sie von mir?“ fragte ich begeistert über die netten Worte. McKenzie drückte mir ein Klemmbrett in die Hand: „Du wirst die Gegner im Auge behalten. Die Schwächen und Stärken aufschreiben. Die Positionen auf denen sie eingesetzt werden. Ich will alles wissen. Und jetzt ab in die Trainerkabine mit dir. Schließlich brauchst du ja auch ein Mannschaftsoutfit.“ Dort angekommen stand ich vor einem Pappkarton. Darin fand ich eine Trainingshose und ein Footballtrikot in den Farben unserer Mannschaft. Schwarz und rot. Ich hatte die gleiche Rückennummer wie Ralf, die 159². Anscheinend durfte ich jetzt immer mitfahren. Breit grinsend in dem viel zu großen Shirt marschierte ich nach draußen. Das Spiel glich einem Krimi. Jedesmal wenn wir ein paar Yards gutgemacht hatten, nahmen uns die Sharks sie wieder weg. Penibel führte ich zu jedem Spieler eine Statistik, feuerte an, gab Wasserflaschen weiter, kurz alles was man halt so tut. Nachdem die Spielzeit abgelaufen war stand es 17 zu 18 für uns. Es war knapp, aber es war ein halbwegs gutes Spiel. Was der Trainer auch in der Kabine in seiner Ansprache würdigte. ‚Die Saison ist gerettet. Danke‘ schickte ich ein stummes Dankeschön ab. Der Rückweg kam mir unendlich lang vor. Es war schon mitten in der Nacht als wir von Orlando losfuhren. Hundemüde machte ich es mir auf meinem Sitzplatz bequem. So gut es in einem Bus halt geht. Mit meinem MP3 Player und guter Musik schlief ich kurz darauf ein. Ein leichtes rütteln an der Schulter weckte mich. „Hei wach werden Schlafmütze, wir sind da.“ Immer noch im Halbschlaf setzte ich mich in Bewegung. Die angenehm kühle Nachtluft empfing mich. Wir verabschiedeten uns noch von allen. Gerade als ich mich in meinen Pick Up setzen wollte, rief Crue nach mir. „Hei Charley warte mal kurz.“ „Was gibt’s denn noch?“ wollte ich neugierig wissen. Ein bisschen verlegen antwortete er: „Wegen diesem Projekt. Sollen wir uns da vielleicht morgen treffen? Einfach mal ein bisschen drüber reden?“ „Oh.“ Entwich es mir. Das hatte ich schon wieder verdrängt. ‚Was mach ich jetzt? Das wird sowas von unterirdisch peinlich. Ich kann das nicht. Nicht mit ihm.‘ Innerlich hatte ich mich entschieden ihm eine Absage zu geben. Aber mein Mund wusste es wohl besser. Ich hörte mich antworten: „Ja können wir machen. Komm doch einfach gegen Mittag vorbei. Dann können wir quatschen.“ Warum hatte ich gerade das absolute Gegenteil von dem gesagt, was ich eigentlich sagen wollte? ‚Das liegt bestimmt nur am Schlafmangel. Morgen kannst du ihm ja auch noch absagen.‘ Meine Gedanken beruhigten sich ein wenig. Der Sonntag war ein richtiger gammel Tag. Nach dem Frühstück legte ich mich mit meinem Block an den Pool. „Guten Morgen Schwesterherz, na gut geschlafen?“ Ralf überraschte mich mit einem riesigen Zitroneneis in der Waffel. „Die Bezahlung für letzes Wochenende.“ Zwinkerte er mir zu. Strahlend nahm ich ihm die Tüte weg: „Oh ja Dankeschön. Genau das was ich jetzt brauch.“ In Gedanken versunken schleckte ich mein Eis. Ich war soweit weg, dass ich nicht mal die Türklingel wahr nahm. Erst als ein Schatten vor meinem Gesicht auftauchte, wachte ich auf. „Charley dein Model ist da.“ Kündigte mein Bruder den Besuch an.
Jase‘ Sicht
Das Spiel lief richtig gut. Trotzdem war ich angespannt. Die ganze Zeit spukte mir mein Unglücksseeliger Gewinn durch den Kopf. ‚Kneifen kommt nicht in Frage! Du ziehst jetzt nicht den Schwanz ein. Das machen nur Weicheier.‘ ermahnte ich mich. Wir vereinbarten noch einen Termin für den nächsten Tag, dann fuhr ich heim. Nach einem ausführlichen Bericht an meine Mutter ging ich in mein Zimmer. Sie wartete nach jedem Auswärtsspiel bis ich heimkam. Nur um sich den Bericht anzuhören. Es war schön zu wissen, dass es jemanden gab der sich so sehr dafür interessierte, das er sich die Nächte um die Ohren schlug. Die Heimspiele sah sie sich immer im Stadion an. Sie war mein größter Fan. Im Gegensatz zu vielen anderen war mir das nicht peinlich, wenn meine Mutter am Spielfeldrand stand und mir zu jubelte. Mich erfüllte es mit stolz. Trotz dem anstrengenden Tag konnte ich nicht einschlafen. Hundemüde starrte ich an die Decke und grübelte ‚Da hast du dir ja mal wieder eine schöne scheiße eingebrockt Crue. Am besten hättest du erst mal nachgefragt um was es bei dem Einsatz genau geht. Dann hättest du mit Sicherheit nicht zugestimmt.‘ Ein Lächeln lag mir auf den Lippen. ‚Deine unüberlegte Art wird dich früher oder später auch mal ganz gewaltig reinreiten. Dann vergeht dir dein Grinsen noch. Warts ab.‘ schalt ich mich jetzt selbst. Mit diesem Gedanken schlief ich dann endlich ein. Nach einer mehr als unruhigen Nacht wachte ich total gerädert auf. Ein Alptraum jagte den nächsten. In einem stand ich nackt in der Schulkantine und alle lachten mich aus. In einem anderen war ich auf dem Footballfeld und rannte dem Touchdown entgegen. Von jubelnden Zuschauern umgeben. Mit einem letzten Sprung schaffte ich die sieben Punkte, nur um fest zu stellen, dass das ganze Stadion johlte und mich auslachte. An mir runter guckend stellte ich fest, dass ich außer meinem Tiefschutz keine Kleidung trug. Schweiß gebadet wachte ich auf. Mit einem Blick auf den Wecker stellte ich seufzend fest, dass es erst Halb acht war. An schlaf war trotzdem nicht mehr zu denken. Mein Kissen durch die Gegend pfeffernd stand ich schließlich auf. Unter der Dusche lies ich mir von dem kalten Wasser die kurze Nacht aus den Knochen spülen. Noch einen starken Kaffee und ich war fast wieder hergestellt. In der Küche fand ich auch schon einen dampfenden Becher vor. Lächelnd nahm ich diesen wieder mit nach oben. Vor dem PC sitzend trank ich immer wieder kleine schlucke. Ich hatte mir vorgenommen ein bisschen Feldforschung zu betreiben. Es konnte ja nicht schaden, nicht ganz unvorbereitet zu sein. Stunde um Stunde surfte ich über alle möglichen und unmöglichen Seiten. Es überraschte mich wie viele Links auf Pornoseiten verwiesen, wenn man nach Kunst suchte. Ich war mitten in einem Artikel über Rembrandt als mein Dad zum Essen rief. Ich hatte vollkommen die Zeit vergessen. Mein Blick viel auf die kleine Uhr auf dem Desktop. Kurz vor 13 Uhr. ‚Gut dann kann ich mich nach dem Essen gleich auf den Weg machen.‘ Gesagt, getan. Eine knappe Stunde später stand ich vor dem Haus der Baltimores. ‚Augen zu und durch Jason!‘ machte ich mir selber Mut. Wenigstens versuchte ich es. Mir war schon ziemlich flau im Magen. Auf mein Klingeln hin öffnete Ralf: „Hi Crue, komm rein. Wir sind gerade auf der Terrasse. Willst du was trinken?“ Mit einem Handschlag erwiderte ich: „Klar gerne. Habt ihr auch alkoholfreies Bier?“ Er nickte. Am Küchentresen stehend rief ich ihm in die Kühlzelle hinterher: „Hei Baltimore kann ich dich mal was fragen?“ ein dumpfes „Klar was denn?“ kam zurück. „Warum machst du das Portrait nicht? Ich mein ihr seid immerhin Geschwister. Ihr kennt euch doch in und auswendig? Oder hat sie dich nicht gefragt?“ er war mittlerweile auf der anderen Seite. „Doch sie hat mich gefragt. Und ja wir kennen uns in und auswendig. Aber es gibt Dinge die man zwischen Geschwistern, meiner Meinung nach, ab einem gewissen alter lassen sollte. Und dazu gehört definitiv das nackt sein. Wäre Charley jetzt ein Kerl, wäre das anders. Aber so… Ne ich kann das nicht machen.“ „Hm.“ Mehr viel mir dazu nicht ein. „Hei kommst du oder willst du Wurzeln schlagen?“ Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er schon fast an der Tür war. „Hab ich eine andere Wahl?“ Er grinste mich nur an: „Nein ich denke nicht!“ Sie saß auf einer Liege und schleckte genüsslich ein großes Eis. Immer wieder fuhr sie langsam mit der Zunge über die einzelnen Kugeln. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Der Anblick lies sofort das Blut sinken. Nur mit Bikini bekleidet, die Haare zu süßen Rattenschwänzen geflochten und an diesem verdammten Eis saugend. Mit diesen perfekten Lippen. ‚Verfluchte scheiße!!! Reis dich zusammen! Was bist du nur für ein Notgeiles Stück geworden?‘ Innerlich überschlug ich mich mit einer Moralpredigt die sich gewaschen hatte. Ich konnte trotzdem nicht weggucken. Nicht fähig zu einer Bewegung stand ich im Türrahmen. Die Umwelt hatte ich sowieso schon komplett ausgeblendet. Bilder schossen mir durch den Kopf, wie sie vor mir kniet und an einem anderen Eis leckte. Ein Schlag auf den Hinterkopf holte mich in die Realität zurück. „Sie ist immer noch meine Schwester! Also beherrscht dich gefälligst!“ warnte er mich barsch. Schwer schluckend wendete ich mich ab: „Fuck.“ Wie peinlich ist das denn? Du lässt dich ausgerechnet von ihrem Bruder dabei beobachten. Während du in deiner Phantasie nicht Jugendfreie Dinge mit ihr machst. ‚Du bist ein Rindvieh! Und wenn er dich jetzt kastriert, geschieht's dir sogar recht!‘ „Das kannst du laut sagen.“ Kommentierte er das auch noch trocken. „Ich bin gleich wieder da.“ Schnell drehte ich mich um und verschwand im Bad. Mit einer Handvoll kaltem Wasser versuchte ich die Szene aus meinem Kopf zu spülen. Es funktionierte nicht wirklich. ‚Konzentrier dich einfach auf was anderes. Denk an das warum du hier bist. Versuch das einfach ohne größere Peinlichkeiten über die Bühne zu bringen. Je schneller das beendet ist, desto besser. Komm schon. Die kleine hat absolut nichts was du willst. Sie ist kratzbürstig und rotzfrech. Und außerdem hat sie pinke Haare! Du stehst doch eh mehr auf Dunkelhaarige, rassige Latinas. Oder etwa nicht?‘ redete ich mir ein. Noch einmal holte ich tief Luft bevor ich wieder nach hinten ging. Dieses mal schaffte ich es, mich zu beherrschen: „Hei Charley.“ Begrüßte ich sie so normal wie möglich. Ihr Blick schoss in meine Richtung: „Oh hei du bist schon da. Ich hab dich gar nicht gehört.“ Entschuldigend zuckte sie die Schultern: „Wenn ich Eis esse vergesse ich manchmal die Welt um mich rum.“ ‚Nicht nur du! Glaub mir nicht nur du!‘ aber das konnte ich ja schlecht zugeben. Auch ich zuckte jetzt mit den Schultern: „Kann ja mal vorkommen.“ Ich musste Abstand zwischen uns bringen und zwar schnell! Deswegen setzte ich mich auf die gegenüber liegende Seite vom Tisch. Es herrschte kurzes schweigen. Was hätte ich auch sagen sollen? Ich war noch genauso durcheinander wie vor zehn Minuten als ich hier raus gekommen bin. Ralf unterbrach die Stille: „Also ich lass euch dann mal alleine. Falls was is ich bin oben Charley.“ Mit einem ernsten Blick in meine Richtung drehte er sich noch einmal um: „Mach keinen Quatsch.“ Dann war er verschwunden.
Schwieriges Unterfangen
‚Was meint Ralf mit „Mach keinen Quatsch“?‘ wunderte ich mich. Aber noch bevor ich fragen konnte war er verschwunden. ‚Was soll’s.‘ bei diesem Gedanken schob ich den letzten Rest der Waffel in den Mund. Dann kann’s ja jetzt losgehen. ‚Nur wie fange ich an? Das hier ist mir nicht weniger peinlich wie es ihm sein muss.‘ Unsicher schaute ich über den Tisch. Den letzten bissen runterschluckend fing ich an: „Also hast du fragen? Wenn ja frag. Ich werde versuchen alles zu beantworten. Wenn du das nicht machen willst, dann sag’s mir lieber gleich. Jetzt hab ich noch zeit mir jemand anderen zu suchen.“ Ich konnte fast schon sehen wie es in seinem Kopf arbeitete. ‚Also doch. Er kneift.‘ Innerlich fand ich mich schon mit der Erkenntnis ab, als er doch antwortete: „Naja wollen ist immer so eine Sache. Ich will das eigentlich nicht machen. Aber ich will auch nicht als Feigling dastehen. Oder als jemand der seine Spielschulden nicht begleicht. Verstehst du?“ OK damit kann man arbeiten. „Ja das kann ich nachvollziehen.“ Gab ich zu. Wieder herrschte einige Sekunden schweigen. ‚Was fang ich nur mit dir an?‘ Der Entschluss ihm eine Abfuhr zu geben, löste sich gerade in Luft auf. „OK was…“ fingen wir beide an zu reden. Das brachte mich zum kichern: „Du zuerst.“ Wieder gleichzeitig. Die Anspannung legte sich ein wenig. „Du zuerst. Bitte.“ Forderte er mich auf. „Also dann. Hast du fragen? Oder vielleicht sogar schon eine Vorstellung? Einen Wunsch? Irgendwas?“ wollte ich wissen. Er nickte: „In der Reihenfolge. Wie läuft sowas ab? Ich hab sowas noch nie gemacht. Nein absolut keine Vorstellung. Lass mich bitte nicht schlecht aussehen. Wenn das geht.“ Wir tänzelten vorsichtig um das Thema drum rum. Bis mir eine Idee kam: „Weist du was? Wir ziehen das Pferd von hinten auf. Komm mit.“ Wir gingen ins Wohnzimmer, wo ich meine Mappen aufbewahrte. Auf die Couch deutend erklärte ich mich: „Setz dich. Wir blättern jetzt erst mal meine Kritzeleien durch. Eventuell kommen uns ja dabei ein paar Ideen.“ Skeptisch drehte ich mich zu ihm um. ‚Charley mach langsam. Du überfährst ihn gerade.‘ ermahnte ich mich. „Voraus gesetzt du hast da Lust drauf.“ Setzte ich deshalb nach. Einen kurzen Moment sah es so aus, als wollte er einen Rückzieher machen. „Alles klar. Mal schauen was du so gemacht hast bis jetzt.“ Stimmte er zu. Ein Lächeln stahl sich mir auf die Lippen. Schnell hatte ich sämtliche Unterlagen zusammen und breitete sie auf dem Tisch aus. Es gab Landschaften, Tiere, Gebäude, Autos, Gegenstände, Lebensmittel und Personen. „Das ist alles ein bisschen durcheinander. Für den Umzug hab ich alles einfach irgendwie zusammen gesteckt.“ Versuchte ich mich zu entschuldigen. So saßen wir eine ganze Weile auf der Couch und blätterten. Nach etwa der Hälfte fragte er: „Musst du eigentlich jedes einzelne Detail zeigen? Ich meine so wie andere das gemacht haben? Oder hast du da Freiheit?“ Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch: „Wie meinst du das?“ „Naja ganz einfach sollst du das im Stil von Da Vincis Mensch machen oder kannst du das halten wie du willst?“ „Darüber hab ich mir ehrlich gesagt noch gar keine Gedanken gemacht.“ Gab ich zu. „Nach den Regeln von Jenkins kann ich machen was ich will. Solange das Thema aufgegriffen wird.“ Stellte ich fest. Mehr für mich als für ihn. „Hast du eine Idee oder warum fragst du?“ wollte ich wissen. „Jain also… ich weis nicht recht… vielleicht könnte man ja… obwohl… nein vergiss es einfach wieder.“ Stammelte er. Jetzt wollte ich das genau wissen: „Jetzt spuck‘s schon aus. Ich hab sowas auch noch nie gemacht. Wir sind also beide Neulinge auf dem Gebiet.“ Ich wollte ihm Mut machen. „Ja aber du darfst die Hosen anlassen. Das ist ein riesen Unterschied!“ konterte er. „Ja ich darf die Hose anlassen. Aber ich muss einem völlig nackten Mann gegenüber sitzen und muss ihn zeichnen. Glaubst du das ist einfach? Vor allem bist du ja fast ein Fremder. Ich bin nicht prüde oder konservativ oder so. Glaub das ja nicht, aber ich guck mir jetzt nicht jeden Tag irgendwelche fremden, nackten Männer an. Und schon gar nicht sooo genau, dass ich sie zeichnen könnte.“ Lachte ich laut heraus. „Nein so war das auch gar nicht gemeint. Ich wollte bloß sagen, … ich meine… scheiße!!!“ er stotterte mir schon wieder was vor. „Wo ist dein Problem? Genierst du dich vor mir nackt zu sein? Sollen wir vielleicht erst mal harmlos anfangen? Also angezogen meine ich?“ versuchte ich Hilfestellung zu geben. Auf den Boden schauend nickte er. Welche meiner Fragen er damit beantwortete wusste ich nicht so genau. Noch während ich darüber nachdachte murmelte er: „Weist du was mein erster Berufswunsch war?“ er lies mich gar nicht zu Wort kommen. Redete einfach weiter: „Ich wollte Schlagzeuger werden. So richtig mit Band und Konzerten und Ruhm und Groupies und alles was halt so dazu gehört. Harter Rock, Metall oder Punk. Irgendwas in diese Richtung.“ Vorsichtig schaute er hoch. Fast als erwartete er das ich ihn auslachte. Traurig waren seine Augen. Wie Wolkenverhangen. Ich versank in den grauen Schleier. Konnte die Zeit nicht stehen bleiben? Ein räuspern holte mich wieder zurück. Ich riss mich von dem Blick los. „OK. Sollen wir sowas in die Richtung machen? Vielleicht nicht mit einem Schlagzeug, aber Gitarre, Bass oder Saxophon ginge schon?!“ Wieder nur ein nicken. „Na das ist doch mal ein Anfang.“ Stellte ich zufrieden fest. Während ich die Bilder einigermaßen ordnete kam Ralf runter: „Und wie sieht’s aus? Seid ihr euch einig geworden?“ „Ich weis nicht sind wir?“ fragte ich Jason. Dieser zuckte mit den Schultern. ‚Ziemlich einsilbig heute.‘ dachte ich. Mein Bruder wäre nicht mein Bruder, hätte er sich damit zufrieden gegeben. „Wow bitte nicht so viele Informationen auf einmal.“ „Was soll ich dazu sagen?“ Jason reagierte genervt. „Weis ich doch nicht. Vielleicht ob ihr schon ne Idee habt oder so.“ Ralf lies nicht locker. Lächelnd räumte ich die Mappen wieder in den Schrank. Von der Couch kam immer noch keine Antwort also sprang ich ein: „Nein es steht noch nichts. Wir haben uns lediglich ein paar Bilder angeguckt.“ „Aha.“ Zufrieden mit der Antwort hörte er sich zwar nicht an, aber er gab Ruhe. ‚Du musst auch nicht immer alles wissen Brüderchen.‘ tadelte ich ihn innerlich. Damit war das Thema auch für mich erledigt. „Hei Crue bleibst du zum Essen?“ wollte er wissen. Typisch, von Kuchenbacken auf Arschbacken und das innerhalb einer Sekunde. „Ich weis nicht. Ne ich glaub nicht. Macht euch wegen mir keine Umstände.“ Lehnte er ab. „Ach was auf einen mehr oder weniger kommt es auch nicht an. Die Mädels kommen auch vorbei. Es gibt noch eine Bandprobe. Danach gibt’s essen.“ Lud ich ihn jetzt auch ein.
Jase‘ Sicht
Oh man was für ein scheiß! Ich hab jetzt schon das Gefühl nackt zu sein, dabei hat sie noch nicht mal angefangen. Wir blätterten jetzt schon seit einer Weile in ihren Zeichnungen. Die mit der Gitarre hatte es mir irgendwie angetan. ‚Hm vielleicht könnte man da ja was draus machen.‘ Ich versuchte den Gedanken in Worte zu fassen. Aber alles was aus meinem Mund kam war ein zusammenhangloses stottern. ‚Verflucht reis dich zusammen. Du bist keine zehn mehr das du bei sowas kichern oder stottern musst.‘ Sie überging das Gestammel netter weise. Fragte aber trotzdem nach was ich meinte. Die kurze Diskussion die folgte verlor ich. Was sollte ich auch sagen. Sie hat ja recht. Das ist für uns beide eine heftige Situation. Da macht’s auch kein diskutieren besser. Erneut setzte ich an. Ich erzählte ihr von meinem Berufswunsch. Seit ein paar Tagen geisterte mein früheres Ich schon in meinem Kopf rum. Zu meiner Überraschung griff sie die Idee sogar auf. ‚Oh man auf was hab ich mich da nur wieder eingelassen. So verlegen hatte mich bis jetzt nichts gemacht.‘ meine Gedanken schweiften ab. Schon alleine die Tatsache jetzt neben ihr zu sitzen und zu wissen, dass Ralf nicht weit weg war… Gott wie gerne würde ich mich jetzt einfach rüber beugen und sie mit einem Kuss zum schweigen bringen. ‚Ich hab dich gewarnt. Die Kleine bringt dich um den Verstand.‘ kicherte die Stimme in meinem Kopf. ‚Die grünen Augen bringen mich um den Verstand. Sonst nichts!‘ motzte ich die Stimme an. Sie sah mich direkt an. Wie gefesselt blieb mein Blick hängen. Was sie jetzt wohl dachte? Ob sie wusste wie sehr sie mich durcheinander brachte? ‚Oh Mädchen, es fehlt nicht mehr viel und du bist fällig.‘ Mein Mund war ganz trocken. Mein räuspern hatte sie wohl aus ihren Gedanken geweckt. Sie zuckte kurz und war wieder bei der Sache. Meine Konzentration für das Thema war dahin. Immer wieder musste ich an diesen Blick denken. Diese kleine Frau stellte mich jetzt schon auf den Kopf. Als ich Ralf hinter ihr sah, war ich kurz erleichtert. Bis er den Mund aufmachte und auch noch auf dem Thema rumreiten musste. Ich hatte echt keine Lust ihm auch noch Futter zum sticheln zu geben. Also hielt ich einfach den Mund und hob die Schultern an. Er konnte es aber auch einfach nicht gut sein lassen. Also schnauzte ich ihn an. Charley mischte sich helfend ein und entschärfte die Situation. ‚Danke Kleine!‘ schickte ich stumm in ihre Richtung. Noch während ich hoffte, dass das Thema jetzt durch war schaltete mein Teamkamerad um. So einem Gedankensprung muss man aber auch erst mal folgen können. Nach der bitter ernst gemeinten Warnung vorhin, lud er mich jetzt sogar zum Essen ein. ‚Du solltest besser ablehnen. Wer weis was noch passiert sonst.‘ überlegte ich mir und tat es dann auch laut. Aber anstatt das jetzt einfach stehen zu lassen, drängte jetzt auch noch seine Schwester. „Ne lass mal. Ich kann ja nicht immer bei euch essen.“ Versuchte ich es erneut, hatte aber gegen die geballte Baltimore Front keine Chance: „Ach was. So ein Quatsch. Du kannst mich doch nicht mit einem Haufen Weiber alleine lassen.“ Er zwinkerte dabei. Ich kapitulierte endgültig: „Also gut. Ich bleibe.“ Schon bei der Erinnerung an das letzte BBQ lief mir das Wasser im Mund zusammen. „Was gibt’s denn?“ wollte ich deshalb wissen. „Ach nichts Besonderes. Eigentlich kalte Platte.“ Winkte sie ab. Und schon klingelte es an der Tür. Wie von der Tarantel gestochen sauste sie los. Einige Sekunde später stand sie mit den Mädels im Wohnzimmer. „Also wir sind dann mal oben auf der Terrasse. Wundert euch nicht, wenn’s lauter wird.“ Zwinkernd verschwanden die vier nach oben. Zu schnell für meinen Geschmack. Jetzt saß ich hier alleine mit Ralf. „Willst du noch ein Bier Crue?“ dankend nahm ich das Angebot an. Wir saßen am Pool und besprachen noch ein paar Spielzüge für die nächsten Trainingseinheiten. Von oben hörte man leise Musik.
Die erste Probe
Die Türklingel rettete uns vor peinlichem Schweigen. Beim öffnen blickte ich in strahlende Gesichter. Naja die einen mehr die andere weniger. Ich nahm mir vor, bei Gelegenheit mal unter uns, mit Kerr zu reden. „Hei da seid ihr ja schon. Kommt doch rein.“ Stürmisch wurde ich von Shancy und Latty umarmt: „Ja wir konnten einfach nicht mehr warten.“ Kicherten sie. „Also gut, auf geht’s.“ Ich führte die drei durchs Wohnzimmer nach oben. Dabei entgingen mir die Blicke nicht. Die zwischen ihnen fielen. ‚Stell das so schnell wie möglich klar‘ notierte ich mir auf meinem inneren Notizblock. Bei den Instrumenten angekommen fiel ich auch gleich mit der Tür ins Haus. Vorsorglich, das gar keine Gerüchte aufkommen konnten: „Jase ist mein Model für das Kunstprojekt.“ Totenstille. Man hätte eine Feder auf Teppichboden fallen hören können. Latty hatte sich als erste wieder gefasst: „Krass! Wie hast du den denn dazu gekriegt?“ Lächelnd antwortete ich: „Ich gar nicht. Mein Bruder hat mit den Jungs beim Poker darum gespielt und er hat gewonnen oder verloren. Wie man das sehen will.“ Jetzt mussten sie doch lachen. „Das nenn ich mal einen Einsatz.“ Kommentierte Kerr das Ganze. „Da hast du dir ja echt ein Schnuckelchen dafür geholt. Die Mädels werden sich die Beine in den Bauch stehen um das zu sehen. Weis es sonst noch wer?“ fragte Shancy. „Nein nur die Mannschaft und ihr. Und wenn es nach mir geht, bleibt das auch so. Ich habe keine Lust, dass hier jeden Tag eine Horde kreischender Groupies rumstolziert.“ Sie nickten auf meine unterschwellige Bitte hin. „Na dann lasst uns anfangen. Was wollt ihr zuerst spielen?“ „Können wir mit den Cape-Rocker’s anfangen?“ Kerr machte große Augen. „Na dann auf geht’s oder hast du ein Problem damit Charley?“ fragte mich Latty. Hatte ich nicht und so spielten wir: ~Busted flat in Baton Rouge, waitin‘ for a train; when I’m feelin’ near as faded as my jeans. Bobby thumbed a diesel down just before it rained; and rode us all the way into New Orleans.~ Wir spielten bis es dunkel wurde. „So ich glaube das reicht für heute oder? Man hab ich einen Hunger.“ Damit legte Latty ihre Drumsticks auf die Seite. „Oh ja ich hab ein riesen Loch im Bauch.“ Stimmte Shancy zu. Fragend sah ich zu Kerr: „Was ist mit dir? Isst du mit?“ Überrascht sah sie uns, eine nach der anderen, an: „Ich würde gerne. Danke für die Einladung.“ „Alles klar dann auf geht’s. Vielleicht haben wir Glück und Ralf hat schon alles vorbereitet.“ Zusammen gingen wir runter ins Esszimmer. Aber nichts. Draußen auf der Terrasse auch nichts. Seufzend stellte ich fest:“ Männer…. Alles muss man selbst machen.“ Sie kicherten. Schnell hatten wir neben dem Pool den Tisch gedeckt. Von unten rief ich hoch zu Ralfs Balkontür: „Hei ihr zwei, das Essen ist fertig. Kommt ihr runter?“ Es dauerte kurz bis eine Reaktion kam. Nur mit Bermudas kam er raus: „Was jetzt schon?“ „Ja jetzt schon. Also ja oder nein?“ erwiderte ich leicht genervt. Wenn ich eins hasse, dann wenn man sich dumm stellt. Mit einem Augenverdrehen kommentierte er meinen genervten Unterton: „Ja wir kommen gleich.“ Und schon war er wieder drin. Zufrieden drehte ich mich zum Tisch um. Dabei entging mit nicht, dass Shancy knallrot angelaufen war. Wie erstarrt saß sie da. Den Kopf nach unten mit Blick auf ihre Füße gerichtet. Ich musste mich richtig zusammen reisen. Eine kleine Spitze Bemerkung konnte ich dennoch nicht unterdrücken. Sonst wäre ich erstickt: „Gefällt dir was du siehst?“ „Was? Nein. Was meinst du? Hä?“ stammelte sie aber ihr erschrockenes Zucken verriet sie trotzdem. Auch Latty und Kerr grinsten. ‚Hoffentlich hat er zum Essen ein T-Shirt an. Die Arme is ja jetzt schon voll durch den Wind.‘ ich hatte noch nicht richtig fertig gedacht, da hörte ich sie schon kommen. Aufatmend stellte ich fest, dass meiner stummen Aufforderung wohl Folge geleistet wurde. Nach anfänglicher Anspannung verlief der Abend dann langsam entspannter. Kerr beteiligte sich immer mehr an den Gesprächen, Latty plapperte eh pausenlos, Shancy wurde nicht mehr jedesmal rot wenn Ralf sie ansah oder ansprach und sogar Jason taute ein bisschen auf und sprach. Gerade fragte er: „Sagt mal Mädels habt ihr da oben auch ein Schlagzeug stehen?“ Überrascht sah ich auf. Sein Berufswunsch fiel mir wieder ein. Noch bevor ich den Mund leer hatte zum antworten, kam mir Latty zuvor: „Ja klar meins und das von Charley, warum fragst du?“ „Ach nur so.“ winkte er ab. Ich war mir trotzdem sicher, dass das nicht alles war, beließ es aber dabei. Erst spät in der Nacht verabschiedeten sich die Mädels. Ich machte mich gerade daran die Spülmaschine einzuräumen, als ich hinter mir Schritte hörte: „Du Charley?“ mehr kam nicht von Jase. „Was denn?“ wollte ich wissen. Aber es kam nichts mehr. Als ich mich zu ihm umdrehte, spielte er gerade mit seinen Fingern. ‚Man ist der nervös. Ich beiß doch nicht.‘ dachte ich belustigt. Es vergingen einige Sekunden und er rückte immer noch nicht mit der Sprache raus. Noch einmal fragte ich: „Was gibt’s denn?“ Entschlossen steckte er die Hände in die Hosentaschen und machte die Augen zu: „Darf ich vielleicht ab und an mal auf deinem Schlagzeug spielen?“ sprudelte es aus ihm heraus. Ich war auf echt vieles gefasst, aber da drauf nicht. Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit. Er sah mich noch immer nicht an. So als hätte er Angst vor der Antwort: „Ja kannst du tun. Aber merk dir eins: Behandelst du es schlecht, erzählt es mir das.“ Neckte ich ihn. Fast bildete ich mir ein, ein paar kleine Steine von seinen Schultern fallen zu hören. Jetzt lächelte auch er: „Danke und ich werde es gut behandeln. Bis demnächst und danke für die Einladung.“ Damit verabschiedete er sich und ging zur Haustür. Ich schaute ihm nach. ‚Was für ein hübscher Hintern.‘ Zum Glück drehte er sich nicht nochmal um, sonst hätte er mich beim sabbern erwischt. ‚Ein kleines bisschen freust du dich ja doch auf das Kunstprojekt oder?‘ pisakte mich mein Unterbewusstsein. Entschlossen schüttelte ich den Kopf ‚Nein bestimmt freu ich mich da nicht drauf!‘ gab ich kontra. ‚Auch nicht mit der Aussicht, diesen Pracht Arsch life und ohne Jeans zu sehen?‘ manchmal war mein Unterbewusstsein echt ein Arsch. ‚Nein auch dann nicht!‘ beendete ich entschlossen die Diskussion in meinem Inneren. Langsam kam ich mir echt ein bisschen Schizophren vor. ‚Bin ich froh wenn der Scheiß endlich vorbei ist.‘ mit diesem Gedanken schaltete ich das Licht aus. In meinem Zimmer setzte ich mich noch an meinen Laptop. Meine Freunde warteten ja noch auf einen Bericht. Voller Erwartung öffnete ich meine Emails, nur um fest zu stellen, dass ich nur eine neue Nachricht hatte. Die Mail von Cloe war auch denkbar knapp. –Hei Schatz du verpasst hier echt was. Uns geht’s gut, wir proben viel. Es läuft echt super. Chrissy hat jetzt ein Auto, Perry hat kurze Haare und Toffer ist blond. Bin am überlegen ob ich nicht auch wieder wechsel. Dunkel ist irgendwie nicht so meins glaub ich. Naja mach’s gut ich muss los. BB Cloe- ‚Wow…. Ich bin noch keinen Monat hier.‘ Die Mail machte mich traurig. Keine Frage wie es mir geht, kein Interesse wie es in der neuen Schule ist, kein Zeichen von vermissen. Enttäuscht schaltete ich den PC aus. ‚So schnell kann’s gehen.‘ dachte ich noch. Nach einem griff in den Schrank ging ich duschen. Leise klopfte ich danach an die Tür von meinem Bruder: „Ja.“ Kam es von drinnen. Er saß auf seiner Couch und schaute fern. „Was ist los Kleine?“ er wusste meistens genau was in mir vorging. „Ich weis nicht. Hast du schon was von zu Hause gehört?“ wollte ich wissen. Er schaute auf. Sein Ausdruck in den Augen beantwortete meine Frage schon. „Nur von Blinc. Sonst auch nicht wirklich. Warum fragst du?“ Blinc war nach Ralf der Captain des Teams geworden. „Nur so. Ich wollte wissen ob sie dich genauso schnell vergessen haben wie mich. Aber scheint so. Aus den Augen aus dem Sinn. Was soll's. Gute Nacht Großer.“ Damit zog ich mich wieder zurück. Ferien bei meinen Freunden waren damit wohl erledigt. Wieder in meinem Zimmer setzte ich mich nochmal an meinen Laptop. Schnell schickte ich eine Mail an meine Ehemalige Musiklehrerin mit der Bitte, meinen Song aus dem Repertoire zu streichen. Da ich diesen jetzt hier mit meiner Band spielen wollte. Mit einem letzten Gruß schickte ich die Mail ab. Schwer enttäuscht von so viel Oberflächlichkeit ging ich schlafen.
Jase‘ Sicht
‚Können sich die Hühner nicht endlich verziehen?‘ ich wollte nach Hause. Aber ich hatte mir noch vorgenommen zu fragen, ob ich auch mal an ihr Schlagzeug durfte. Das wollte ich aber nicht vor den anderen. Endlich gegen Mitternacht verabschiedeten sie sich. Charley ging raus um die Reste noch zu beseitigen. Schnell sagte ich meinem Kollegen Tschüss. In der Küche sah ich sie vor der Maschine stehen. Ich hatte den direkten Ausblick auf ihren Po. ‚Die perfekte Größe, genauso wie ich einen Arsch mag. Nicht zu klein und nicht zu groß. Genau richtig zum anfassen. Wie gerne würde ich da mal rein kneifen.‘ dachte ich. ‚Sei froh das keiner der beiden deine Gedanken lesen kann, sonst würde es dir sicher schlecht gehen.‘ schimpfte meine innere Stimme. Die Warnung von ihrem Bruder kam mir wieder in den Hinterkopf. Schnell schüttelte ich das Verlangen ab. ‚Du bist wegen was anderem hier.‘ Es war gar nicht so leicht meine Frage zu stellen. Irgendwie kam ich mir blöd vor. Auf der einen Seite, warum nicht? Immerhin musste ich mich ja auch ausziehen. Da konnte sie sich auch ein bisschen erkenntlich zeigen. Auf der anderen Seite, wusste ich auch wie penibel Musiker immer auf ihre Instrumente waren. Normalerweise durfte da kein anderer ran. War bei mir auch so. Nachdem ich gefragt hatte rechnete ich auch nur mit einer netten Umschreibung einer Absage. Wurde aber wieder mal überrascht von ihrer Großzügigkeit. Sie sagte zu. Natürlich nicht ohne Warnung gut damit umzugehen. Erleichtert nahm ich die Zusage an. Als ich auf die Haustür zuging hatte ich ein seltsames kribbeln im Nacken, wie wenn mich jemand beobachtete. ‚Nein das kann nicht sein.‘ redete ich mir ein. Mich nochmal umdrehen wollte ich aber auch nicht. Also verschwand ich ohne einen Blick über meine Schulter. Auf dem Nachhauseweg viel mir ein, dass wir gar nichts ausgemacht hatten, wie es weitergehen sollte. Ihre Handynummer hatte ich ebenso wenig. Vor dem aussteigen blätterte ich mein Telefonbuch durch. Immerhin die von Ralf hatte ich. ‚Oder du fragst sie einfach beim Training danach.‘ schlug mir mein Unterbewusstsein vor. Morgen war das nächste angesetzt. Nach einer schnellen Dusche ging ich direkt ins Bett. Wieder träumte ich lauter wirres Zeug. Einmal war ich sogar mit meinen alten Kumpels auf einem Gig und hinter meinem Schlagzeug saß ich splitter faser nackt. Erschreckenderweise war das diesmal gar nicht so schlimm. Schon komisch, wie schnell man sich an eine Idee gewöhnen kann. Voraus gesetzt man hat eine kleine Vorstellung was man machen könnte. Und nachdem ich die Bilder von Charley gesehen hatte, war ich mir auch ziemlich sicher, dass sie mich nicht lächerlich aussehen lassen würde. Nach einem schnellen Frühstück machte ich mich auf den Weg zum Feld. Pünktlich um 13 Uhr war ich da. Erstaunlicherweise waren alle anderen auch schon dort. Mein Blick glitt suchend über die Bänke. Nirgendwo konnte ich den kleinen Rotschopf entdecken. Eine Laufrunde später war ich sicher. Er war da, seine Schwester nicht. Nach einem langsamen aufwärmen, so richtig durfte ich immer noch nicht, stellte ich mich zu Baltimore: „Sag mal is Charley heute nicht da?“ „Nein die Mädels proben wieder.“ Antwortete er. Hätte ich mir ja denken können. Torres und Christmas kamen rüber. „Hei alles fit? Was macht dein Knöchel Crue?“ „So einigermaßen.“ Gab ich ungenau Auskunft. Musste ja nicht jeder wissen das es noch deutlich zwickte beim gehen, vom laufen mal ganz abgesehen. Das Training lief erstaunlich gut. Es schien so, als zeigten die neuen Methoden Wirkung. Die Zeit verging schnell. Um 16 Uhr pfiff der Coach dann endlich zum umziehen: „Alles klar Männer, gute Arbeit heute. Macht so weiter und ihr werdet den Pokal holen dieses Jahr. Und jetzt ab unter die Dusche. Crue auf ein Wort, bitte.“ Überrascht, was er wollte, lief ich in das Büro: „Was gibt’s denn Coach?“ „Mach bitte die Tür zu.“ Wies er mich an. Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. „Also?“ fragte ich erneut. Ernste Augen blickten mich an. „Es gibt zwei Dinge die ich gerne mit dir Besprechen möchte. Erstens: Habe ich mit deinem Arzt telefoniert. Du wirst die nächsten ein oder zwei Spiele noch auf der Bank bleiben.“ Ich wollte ihn unterbrechen, aber er schnitt mir das Wort ab. „Und zweitens: glaube ich nicht das wir in diesem Team mit nur einem Captain zurecht kommen. Ich habe mir deshalb folgendes überlegt. Du bleibst weiterhin die Nummer eins, also für die Offense zuständig. Allerdings ist das Passspiel von Baltimore perfekt, sodass ich ihn zum Captain für die Defense machen will. Was hältst du davon? Und bevor du jetzt zu Erstens was sagst, vergiss es. Das ist indiskutabel. Ich brauche dich 100 prozentig fit und nicht nur so halb.“ „Sie machen ja doch was sie wollen. Meine Meinung interessiert hier eh nicht.“ Trotzig drehte ich mich um und ging. Es störte mich tatsächlich nicht das Baltimore der zweite Captain werden sollte. Er war gut. Wesentlich besser wie ich im Werfen, dass wusste ich selber. Und wenn es das Team weiter brachte war mir fast alles Recht. Aber das ich noch länger auf der Bank versauern sollte kotze mich so richtig an. Auf dem Parkplatz hielt ich Ausschau nach dem schwarzen Bike von Ralf. Es war nirgends zu sehen. Seufzend setzte ich mich in meinen Charger. „Also gut wieder zurück zu den Zwillingen.“ Schon hatte ich den Gang eingelegt und fuhr los. Auf der Auffahrt vor dem Haus standen auch schon die Autos von Christmas und Torres neben einem grünen Mini. Kochend vor Wut klingelte ich. Es dauerte eine ganze Weile bis mir geöffnet wurde: „Hei Crue komm rein wir haben schon auf dich gewartet.“ Begrüßte mich Ralf. „Super deswegen seid ihr auch ohne was zu sagen weggefahren. Auf dem Parkplatz warten wäre ja auch zu einfach gewesen.“ Schnauzte ich ihn an. Sofort wurde seine Miene ernster: „Wenn dir was nicht passt ist das deine Sache. Aber lass deine Launen gefälligst nicht an mir aus. Kapiert?“ Mein Geduldsfaden riss endgültig: „Was mir nicht passt? Du passt mir nicht! Kommst hier her, machst einen auf guten Kumpel und hinten rum schleimst du dich beim Coach ein! Das ist das erste was mir nicht passt! Und das zweite was mir noch viel weniger passt ist, dass du dir meinen Posten als Captain Schritt für Schritt erschleichst. McKenzie hat mir grad eröffnet, dass du jetzt Co-Captain bist. Was soll die scheisse?“ schwer Atmend stand ich vor ihm. Ich hatte mir ein bisschen Luft gemacht. Aber ich war noch lange nicht soweit mich abzuregen. Mit einem Blick in das Gesicht meines Gegenübers sah ich sein Erstaunen. ‚Du führst dich auf wie ein Irrer. Benimm dich! Immerhin bist du der Gast in diesem Haus!‘ versuchte ich mich zur Ruhe zu ermahnen. Ich wusste, dass es nicht fair war meinen Frust an ihm auszulassen, aber irgendwo musste ich ja schließlich Dampf ablassen. Also warum nicht hier. Er setzte zur Antwort an: „Von was bitte redest du? Ich bin weder der Captain noch habe ich versucht an den Posten zu kommen. Ich will nur eine gute Saison, nach Möglichkeit den Titel. Aber das weist du. Und nur weil der Coach meine Trainingsmethode übernommen hat heißt das doch nicht das ich irgendwas damit zu tun hab. Und noch was zu deiner Information! Der Coach hat mich gefragt ob ich die Defense übernehme ich habe abgelehnt!“ Er stand keine zehn Zentimeter von mir entfernt. Unsere Nasenspitzen konnten sich fast berühren. Blitze sprühten aus seinen Augen. Aber was redet er da von Abgelehnt? „Ja sicher. Und den scheiss soll ich dir abkaufen? Ich komm direkt aus seinem Büro. Er hat gesagt ich muss auf die Bank und du wirst Captain. Also lüg mir hier nicht so dreckig ins Gesicht!“ ich schäumte. Ich sah die Hand nicht kommen. „Wen nennst du hier einen Lügner?“ Ein harter linker Haken erwischte mich am Kinn. Mein Kopf flog förmlich nach rechts. Im nächsten Moment hatte mich schon jemand am Kragen gepackt und schob mich vor die Tür. Um mich schlagend versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien. Direkt vor den Autos gelang es mir endlich. Ich schnellte rum und schlug zu. Jetzt war Ralf der getroffene. In blinder Wut schlugen wir auf einander ein. Weder Dom noch Lee mischten sich ein. Sie wussten, dass das nichts bringen würde. Wir gingen zu Boden. Schlag um Schlag versuchte ich einen Treffer in seinem Gesicht oder auf seinem Oberkörper zu landen. Aber die meisten fing er ab. Gerade hatte ich einen Treffer vor dem Ohr gelandet, spürte ich einen stechenden Schmerz in der Nierengegend. Sofort nutzte Baltimore die Gelegenheit und drehte den Spies um. Jetzt war er oben. Die Faust schon im Anschlag, ich konnte den Treffer fast schon spüren. Ich war mir sicher, dabei würde meine Nase brechen. Da ertönte ein lauter Pfiff. Sofort lies er von mir ab. Ihre Stimme war zu hören. Laut und deutlich, sie duldete keinen Wiederspruch: „Sofort ins Haus! Alle vier!“
Wie die Kinder
Wir waren schon den ganzen morgen am Proben. Je länger wir zusammen spielten, desto mehr stellte ich fest, wie gut wir harmonierten. Einzig Kerr war nicht ganz bei der Sache. Und obendrein noch ultra mies gelaunt. Auf Shancy’s frage was denn los sei, pampte sie nur: „Kümmert euch doch um euren eigenen scheiss.“ Also liesen wir sie in Ruhe. Was aber nicht hieß, dass ich sie nicht beobachtete. Sie wirkte fahrig und mit dem Kopf nicht bei der Sache. Immer wieder zupfte sie nervös an ihrem Halstuch. Kurz nach Mittag legten wir eine Pause ein. Latty und Shancy schickte ich auf die Terrasse zum Tisch decken. Endlich hatte ich die paar Minuten mit Kerr die ich wollte: „Hör zu, ich weis, wir sind nicht die besten Freundinnen. Das heißt aber nicht, dass du mir egal bist. Wenn du was auf dem Herzen hast oder dich was quält, kannst du gerne jederzeit zu mir kommen. Das bleibt auch unter uns.“ Halb erwartete ich schon ein patzige Antwort, aber stattdessen nickte sie nur und flüsterte: „Danke ich weis das zu schätzen.“ Meine Vermutung traf also zu. Es stimmte was nicht. Aber wenn sie es nicht sagen wollte, konnte ich nichts dagegen tun. Mir war klar, dass ich nicht nachbohren durfte. Sie würde sofort dichtmachen und gar nichts mehr sagen. ‚So ist es schon gut. Mehr, wie ihr meine Hilfe anbieten, kann ich nicht.‘ entschied ich. Mit dem Salat und den überbackenen Brötchen gingen wir zusammen zu den anderen. Das Essen verlief wie immer, Latty plapperte ununterbrochen und unterhielt so die ganze Runde. Sogar Kerr hatte zeitweilig ein Lächeln im Gesicht. Was ich als gutes Zeichen sah. ‚Wahrscheinlich war es gar nicht so schlimm. Vielleicht ist der Umzug auch einfach nur stressig.‘ überlegte ich. Ich konnte ja nicht ahnen, was sie wirklich beschäftigte. Direkt nach dem Essen gingen wir wieder hoch, zum weiter Proben. Wir besprachen gerade was für ein Song als nächstes dran war, als vom Hof her laute Geräusche nach oben drangen. Nach einem Blick über das Geländer sahen wir auch schon den Grund. Mein Bruder und Jason rollten, in eine wilde Schlägerei vertieft, über die Einfahrt. „Das darf doch nicht wahr sein! Die Idioten.“ Schimpfte ich los. „Du musst was unternehmen Charley, die prügeln sich noch windelweich.“ Erschrocken klammerte Shancy an meinem Arm. „Du hast recht.“ Pflichtete ich ihr bei. Mit den Fingern im Mund stieß ich einen gellenden Pfiff nach unten zu den Raufbolden. Wie erstarrt hielten sie inne. „Sofort ins Haus! Alle vier!“ brüllte ich dazu. Wir beobachteten noch wie sie in der Tür verschwanden, dann machten wir uns selbst auf den Weg nach unten. Die Jungs waren schon im Esszimmer. Von den Kämpfern stand einer rechts und einer links auf der Seite des Tisches. Sie funkelten sich böse an. Latty hängte sich sofort an Leon’s Arm: „Na komm mit. Lassen wir die das unter sich regeln.“ Er wollte protestieren aber sie lies es nicht zu: „Charley macht das schon wart ab.“ Mit einem Auffordernden Blick wendete sie sich an Kerr. Schnell hatte sie begriffen und stellte sich zu Dominic: „Latty hat recht. Lass uns hoch auf die Terrasse gehen. Da hat man so eine tolle Aussicht.“ Im Gegensatz zu seinem Mannschaftskamerad versuchte er erst gar nicht zu protestieren. „In Ordnung. Dann lasst uns mal hochgehen.“ Dankbar nickte ich ihnen zu. Das letzte was die beiden jetzt brauchen konnten, waren noch mehr Leute die ihre Meinung raus posaunten. „Ok Shancy, in der Küche in der hinteren Schublade sind Handtücher. Neben dem Herd sind Schüsseln. Mach bitte eine mit kaltem Wasser voll. Ich gehe in der Zeit Verbandszeug holen.“ Erleichert, eine Aufgabe zu haben, lief sie los: „Habt ihr auch Eiswürfel? Dann können wir auch gleich die Prellungen kühlen.“ „Ja sicher, im Kühlhaus links findest du welche.“ Erklärte ich schnell. Von den beiden Jungs hatte sich noch keiner zu Wort gemeldet. So konnte ich schnell die Sachen holen, ohne, dass sie wieder in einen Krieg verfallen würden. Hoffte ich wenigstens. Einige Minuten später standen wir vor ihnen. „Hinsetzen.“ Befahl meine Freundin Ralf. Schmunzelnd beobachtete ich ihr selbstsicheres Auftreten. Als mein Zwilling nicht gleich reagierte, packte sie ihn grob am Arm: „ Ich zähle jetzt bis drei, und wenn du dann nicht sitzt, sorg ich dafür das du sitzt. Nur wünschst du dir dann, es gleich getan zu haben!“ nichts mehr war von dem schüchternen Mädchen von gestern übrig. Er bewegte sich immer noch nicht. Drohend hielt sie ihm einen Finger vor die Nase: „Eins!“ der zweite Finger folgte: „Zwei!“ Ich konnte sehen wie er überlegte, ob er die Nummer drei noch provozieren sollte. Das Blicke Duell der Beiden war amüsant. Shancy, die gut einen Kopf kleiner war wie Ralf, zwang ihn doch tatsächlich, das zu tun was sie verlangte. Gerade als sie den Mund für die letzte Zahl öffnete setzte er sich hin: „Schon gut, schon gut. Kein Grund aggressiv zu werden.“ „Warum nicht gleich so?“ flötete sich lächelnd. Die Vorstellung der beiden war vorbei. Also konzentrierte ich mich jetzt auf Crue: „Du auch. Und keine Wiederrede. Du hast es ja gehört.“ Brummend setzte auch er sich hin. Vorsichtig begutachtete ich die Schäden die Ralfs Fäuste hinterlassen hatten. Ein sauberer Cut über der linken Augenbraue, eine geplatzte Lippe und mehrere blaue Flecken und Schürfwunden. „Na da habt ihr ja ganze Arbeit geleistet, wenn ich mir dein Gesicht so an guck.“ Spottete ich. Von meinem Bruder kam nur ein knurren: „Selber Schuld! Kommt hier her und beschimpft mich als Lügner und was sonst noch alles.“ „Tust du ja auch. Warum sollte der Coach dich einsetzten wenn du doch angeblich abgelehnt hast?“ brauste Crue wieder auf. „Langsam langsam Jungs.“ Mischte sich Shancy ein. „Was ist denn passiert ganz der Reihe nach. Vielleicht ist es ja gar nicht so.“ resigniert lies Ralf sich zurück sinken. Er schloss die Augen und erklärte sich: „Der Coach kam vor drei oder vier Tagen zu mir und wollte wissen, ob ich nicht die Defense als Captain übernehmen wollte. Ich habe abgelehnt mit den Worten ‚Das spaltet das Team. Wir können nicht mit mehreren Captains auflaufen. Wenn sie wollen, dass ich das Training ein bisschen überwache, dann ja. Aber Captain mach ich nicht.‘“ „Und heute eröffnet mir McKenzie die Tatsache, dass du der neue Co-Captain bist. Und ich die nächsten Spiele noch auf der Bank bleiben muss. Sag mir mal was ich noch glauben soll.“ Schnauzte Jason jetzt über den Tisch. Nachdenkend kaute ich an meiner Unterlippe: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ralf lügt. Er würde niemals jemandem einfach so dreist in den Rücken fallen. Ich glaube eher, dass der Coach da versucht mit allen Mitteln eine Saison zu retten. Und verzweifelt nach jedem Strohhalm greift.“ „War das der Grund für die Prügelei eben?“ fragte Shancy. Beide murmelten nur unverständliches Zeug. „Ich habe was gefragt! Also erwarte ich auch eine anständige Antwort ist das klar?“ tadelte sie die beiden. Ein grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. So hatte ich meine Freundin noch nicht erlebt. „Er hat mich einen Lügner genannt und ein Kameradenschwein. Es war ein Reflex.“ Versuchte sich mein, sonst so selbstsicherer Bruder zu verteidigen. Er sah aus wie ein kleiner Junge. „Ich bin einfach sauer. Da ist mir das so rausgerutscht. Hast du wirklich abgesagt?“ fragte Jase nochmal nach. „Ja verdammt hab ich. Wie oft denn noch.“ Nachdenkliches Schweigen entstand. Wir säuberten und versorgten die zerschlagenen Gesichter und Hände so gut es ging.
Jase‘ Sicht
‚Was ist wenn Baltimore wirklich abgesagt hat? Dann hab ich mich aufgeführt wie der allerletzte Arsch.‘ Oh man was hab ich da nur wieder verzapft? Endlich kommt mal einer der weis, was er tut und das auch tatsächlich tut. Für das Team ist er eine echte Bereicherung und als Kumpel auch ganz OK. Und was mach ich? Ich trampel hier rein wie eine Herde wilder Nashörner. ‚Du hast nur die eine Möglichkeit das wieder gerade zu biegen. Entschuldige dich bei ihm!‘ Wie meistens wusste mein Unterbewusstsein was zu tun war. Noch während Charley sich um mich kümmerte setzte ich an: „Baltimore?“ „Was?“ er schien immer noch ziemlich sauer zu sein. Jedenfalls seinem Tonfall nach. Augen zu und durch Crue: „Baltimore, es tut mir leid. Ich weis ich hab überreagiert. Ich war sauer, enttäuscht und beleidigt. Mich kotzt es an, dass ich noch auf der Bank bleiben muss. Ich will spielen. Ich will irgendwann mal zur Liga gehören und das geht ja nicht, wenn man mich nicht sieht. Ich wollte dich nicht beschimpfen. Der Coach hat mich einfach eiskalt überfahren und vor vollendete Tatsachen gesetzt.“ Erwartungsvoll schaute ich über den Tisch. ‚Ich werde definitiv nicht auf die Knie fallen.‘ beschloss ich. Er überlegte. Nach einigen Sekunden sagte er, nicht mehr ganz so feindselig: „Das Kameradenschwein nimmst du zurück!“ Erleichtert nickte ich: „Ja ich nehm‘s zurück.“ „Und das nächste Bier geht auf dich!“ verhandelte er weiter unsere Freundschaft. „Ok mach ich. Freunde?“ ich wollte die Verhandlung hiermit beenden. Wäre der Tisch nicht so lang gewesen hätte ich ihm jetzt die Hand hingestreckt aber so lies ich es bleiben. Er nickte zu meiner Erleichterung: „Freunde! Aber das nächste Mal kommst du erst zu mir und fragst.“ Er konnte sich ein sticheln nicht verkneifen. Eigentlich wollte ich noch was erwidern, aber in diesem Moment musste sie sich mit meinem Auge beschäftigen. Ich zog scharf die Luft ein: „Ahh Mensch spinnst du? Musst du da auch noch so drin rumbohren?“ Mit dem unschuldigsten Lächeln das ich je gesehen hatte antwortete sie: „Oh tut das weh? Soll ich den Dreck lieber drin lassen?“ ich konnte nur brummen, so fest biss ich die Zähne aufeinander. „Na siehst du. Und jetzt halt still, damit ich das richtig saubermachen und klammern kann. Die Narbe muss ja nicht größer werden als nötig.“ ‚Du bist so eine Sadistin. Dir macht das auch noch Spaß mich hier zu quälen. Wart ab, wenn ich wieder fit bin wirst du schon noch merken was du davon hast.‘ motzte ich sie in Gedanken an. Eine halbe Stunde später legten die beiden endlich die Verbandssachen weg. „So fertig.“ Sagte Shancy gerade, als auch Charley sich wieder aufrichtete. Kritisch begutachteten die Mädels unsere Gesichter. „Vielen Dank auch Schwester Sharon.“ Lächelte mein Teamkamerad und bedankte sich mit einem Küsschen auf die Wange bei dem Mädchen. Sofort schoss ihr die Röte ins Gesicht. Verlegen schaute sie zu Boden und nuschelte: „Gerne. Aber nicht, dass das jetzt zur Gewohnheit wird.“ Lachend gab er Antwort: „Ich denke nicht. Solange Crue nicht wieder über mich herfällt.“ Böser Seitenhieb. Ich musste mir auf die Zunge beißen um nicht schon wieder einen Streit vom Zaun zu brechen. Ganz unkommentiert konnte ich das aber nicht stehen lassen: „Nein solange du’s nicht verdienst, werde ich mich zurückhalten.“ Vorsichtig grinste ich seine Schwester an: „Jetzt musst du dir wohl ein anderes Model suchen. So kannst du mich auf keinen Fall auf eine Leinwand bringen.“ Still freute ich mich schon aus der Sache raus zu sein. Aber da hatte ich nicht mir ihr gerechnet: „Das würde dir so passen stimmt‘s? Aber das kannst du dir schön wieder abschminken.“ Zur Unterstützung mischten sich jetzt auch noch die anderen beiden ein: „Stimmt Spielschulden müssen beglichen werden.“ Kam es von ihm. Sie ergänzte noch mit: „Ja guck nur was die Mafia macht, wenn man sich nicht dran hält. Oder willst du unbedingt noch ein gebrochenes Bein?“ Sie argumentierte in einem so ernsten Ton, dass wir sie nur anschauten. Dann brachen wir alle in Gelächter aus. Augenblicklich bereute ich es den Mund verzogen zu haben. Meine Lippe tat höllisch weh. „Verdammt.“ Vorsichtig befühlte ich die Stelle ob sie wieder aufgeplatzt war. Aber nichts. „Bitte nicht lachen. Das ist nicht fair.“ Nuschelte ich. Noch während ich aufstand hörte ich Ralf zu dem Mädchen sagen: „Komm mit ich spendier dir einen kalten Drink als Dankeschön.“ Siedend heiß fiel mir ein, dass ich mich noch gar nicht erkenntlich gezeigt hatte. Mit einem Blick in ihre Richtung musste ich feststellen, dass sie schon wieder mit aufräumen beschäftigt war. Mit einem Schritt stand ich neben ihr. „Hei.“ Sprach ich sie leise an und wartete das Charley hochschaute. Sie enttäuschte mich nicht. Die weniger zerschlagene linke legte ich automatisch an ihren Nacken und zog sie ein bisschen enger. Meine Finger kribbelten bei der Berührung. Ihre wärme zu spüren irritierte mich. Wie in Zeitlupe kam es mir vor. Ich beugte mich vor. Eigentlich war ja mein Plan, ihr auch ein Küsschen auf die Wange zu geben. Was auch immer mich für ein Teufel ritt, verfehlte ich das Ziel um mehrere Zentimeter und traf ihre vollen, weichen Lippen. Die Explosion traf mich völlig unerwartet, als ich realisierte was hier gerade passierte. Sie zuckte auch nicht zurück, hielt einfach still. Die Zeit blieb stehen. Keine Ahnung wie lange wir so standen. Es konnte aber nicht mehr wie ein, zwei Sekunden gewesen sein, dann löste ich mich von diesen höllisch einladenden Lippen: „Danke.“ War alles was ich ihr noch zuflüsterte. ‚Nichts wie raus hier Crue!‘ schrie mein nördliches Hirn mich an. ‚Verdammt was tust du? Wenn sie schon still hält, hol dir gefälligst auch den Rest!‘ protestierte mein südliches Hirn. Völlig hin und her gerissen, zwischen den Meinungen, trat ich den Rückzug nach draußen an. Wow ich war völlig aus dem Konzept gebracht. Glücklicherweise hatte ihr Bruder das nicht gesehen. Der hätte mich glatt noch mal in die Mangel genommen. Von oben vom Balkon hörte ich Gekicher und Geklimper. ‚Immerhin amüsieren sich meine Kollegen gut.‘ schoss es mir durch den Kopf. Vorsichtig versuchte ich zu Lächeln. ‚Hab ich das echt grad gemacht? Oder war das ein Tagtraum?‘ „Mann Mann Mann, du versaust aber auch echt alles!“ schimpfte ich mich halblaut selbst. Die Musik von oben verstummte. Meinen Gedanken nachhängend, bemerkte ich gar nicht wie jemand nach draußen kam.
Photo-Saison
‚Was zum Henker war das denn bitte gerade?‘ Völlig benommen, stand ich noch immer an der Stelle im Esszimmer, an der ich vor fünf Minuten noch seelenruhig aufgeräumt hatte. Hat er das grade echt gemacht? Oder leide ich schon unter Wahnvorstellungen? Wie um das zu prüfen, berührte ich mit den Fingern meinen Mund. Meine Nackenhärchen standen noch immer ab. Eine Gänsehaut lief mir in Wellen über den Rücken. An der Stelle an der eben noch seine Hand war, fühlte ich jetzt eine seltsame kühle. Meine Freundinnen unterbrachen meine Starre: „Hei Süße wir gehen was trinken, kommst du mit?“ „Was?“ ich versuchte erst gar nicht zu verbergen, wie durcheinander ich war. „Wir wollen an die Strandbar, kommst du mit?“ fragte Latty noch einmal nach. „Achso nein. Geht nur ohne mich. Habt einen schönen Abend. Ich muss noch was für mein Kunstprojekt machen.“ schickte ich sie weg. Mit einem Zwinkern liesen die Mädels mich alleine. Genervt verdrehte ich die Augen. Warum musste ausgerechnet mir das passieren? ‚Heulen bringt gar nichts Mädchen.‘ ermahnte ich mich selbst. Mit ein paar letzten Handgriffen räumte ich schnell das Esszimmer fertig auf. Aus dem Kühlschrank nahm ich noch zwei Bier mit und ging leise auf die Veranda. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass er zusammen zuckte, als er mich neben sich sah. Ihm die Flasche hinhaltend erklärte ich: „Die anderen sind an die Strandbar. Ich dachte wir könnten noch ein bisschen an meinem Projekt arbeiten?“ Er kommentierte einfach nur mit einem Brummen. Als nach ein paar Minuten immer noch kein Wort von ihm kam, versuchte ich ihn grinsend aus der Reserve zu locken: „Besonders gesprächig bist du ja nicht gerade. Hat dir Ralf auch noch die Sprache raus geprügelt?“ „Nein hat er nicht. Mir ist nur nicht nach reden grad.“ Eine kurze Pause entstand. Einer Eingebung folgend hielt ich meine, sonst so große, Klappe und wartete was er noch zu sagen hatte. „Entschuldigung, dass ich dich geküsst habe. Eigentlich wollte ich mich nur mit einem Wangenküsschen bedanken, aber du hast dich genau in diesem Moment rumgedreht. Das war nicht meine Absicht.“ Wir wussten beide, dass das so ziemlich die lahmste Ausrede war, die er hätte bringen können. Lächelnd beschloss ich, das Spiel mit zuspielen: „Was erwartest du auch von mir, wenn du mich ansprichst?“ Er zuckte die Schultern: „Keine Ahnung was ich erwartet habe…“ der Satz blieb offen. „Warum bist du nicht mit den anderen in die Strandbar?“ fragte er statt dessen, obwohl ich das schon erklärt hatte. „Ich dachte wir können die Zeit nutzen und ein bisschen ungestört an unserem Projekt arbeiten. Du hast bestimmt noch Fragen.“ Stellte ich schlicht fest. „Oder du hast sogar eine genaue Vorstellung.“ „Hm vielleicht könnte man ja…, obwohl… ne. Ich glaub das sieht nich gut aus. Ach scheisse ich weis es doch auch nicht.“ Resignierend fuchtelte er mit den Armen. Neugierig wie ich war, wollte ich natürlich wissen, was er im Kopf hatte: „Was sieht nicht gut aus? Wir brauchen Ideen. Also lass uns drüber reden. Verwerfen können wir das dann, immer noch.“ Ein durchdringender Blick aus rauchgrauen Augen spießte mich förmlich auf: „Du gibst wohl nie Ruhe oder Baltimore?“ Kopfschüttelnd nahm ich einen Schluck von meinem Bier: „Nein nie.“ Bestätigte ich ihn. Einige Minuten hingen wir unseren Gedanken hinterher. „Ich weis auch nicht, irgendwie hat sich das mit dem Instrument bei mir festgesetzt. Das Schlagzeug wird wahrscheinlich zu groß sein. Aber mit einem Bass oder einer Gitarre müsste das doch gehen oder?“ unsicher schaute er rüber. Tausend Möglichkeiten spielte ich auf die schnelle durch. „Doch ich denke da könnte man schon was draus machen. Komm mit.“ Mit einem Ruck erhob ich mich und ging direkt zur Treppe. Von hinten hörte ich seine Schritte. In meinem Zimmer schnappte ich mir noch meine Kamera. „So dann wollen wir uns mal ein paar konkretere Ideen holen.“ Mit einer Handbewegung bedeutete ich ihm auf den Balkon zu gehen. Draußen drehte er sich zu mir: „Was hast du vor?“ „Naja ich dachte mir wenn du Musikinstrumente dazu willst, machen wir mal ein paar Fotos mit ihnen. Damit wir später nicht ratlos, nackt vor einer leeren Leinwand stehen.“ Erklärte ich meine Idee. „Also los. Nimm dir die Sachen, stell, leg oder setzt dich hin, wie du magst. Egal was, mach einfach mal. Ich mache Bilder davon und nachher gucken wir uns das dann an. Abgemacht?“ Er nickte. Am Anfang waren wir beide noch unsicher, was und wie. Aber je länger wir dabei waren, desto befreiter poste er. „Ja genau. Stell die Füße noch ein bisschen weiter auseinander. Und Schuss. Jetzt, genau stell einen Fuß neben den Bass Hals. Ja perfekt, stillhalten.“ Gab ich meine Anweisungen, als hätte ich noch nie etwas anderes getan. Er lächelte sogar in die Kamera. Und was für ein umwerfend, anzügliches Grinsen er drauf hatte. Ein kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. Ich lies mir extra ein bisschen länger Zeit bis ich das Bild schoss nur um den Anblick so lange wie möglich life zu erleben. Mit diesem Blick konnte er die Frauenherzen reihen weise erobern. Und im Moment schlug mir meins auch bis zum Hals. ‚Wie kann man nur so unverschämt gut aussehen?‘ Nur mit Mühe konnte ich meine Augen wieder auf den Sucher im Display richten. Mein Kopf war wie leer gefegt. ‚Oh man Charley, wenn du jetzt schon so abgelenkt bist, was machst du dann erst, wenn er später nackt vor dir steht?‘ Schnell schüttelte ich den Gedanken ab. ‚Mach es einfach wie ein Profi. Sie ihn als Objekt für deine Arbeit. So sollte es auch möglich sein nicht in Versuchung zu kommen.‘ Insgeheim drückte ich mir selber die Daumen, dass es funktionierte. „Hei träumst du Charley?“ riss er mich aus den Gedanken. Oh wie peinlich. Wie lange hatte ich wohl dagestanden und ausgesehen wie der letzte Trottel. Fehlte nur noch das mir die Sabber aus dem Mund tropfte. Meine Wangen wurden auch schon wieder rot. „Nein ich träum nicht.“ Versuchte ich möglichst überzeugend zu sein. Es misslang ziemlich. Er kicherte: „Aso deswegen steh ich ja auch immer noch hier und warte auf eine Antwort.“ ‚Du hohle Frucht! Stehst hier, hältst Maulaffenfeil und bekommst nich mal mit wenn er was wissen will.‘ schimpfte ich mich. Laut versuchte ich mich zu erklären: „Ich habe nicht geschlafen. Ich habe mir die letzten beiden Bilder angeguckt. Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt ob du noch mehr Bilder brauchst oder ob das reicht.“ Wiederholte er immer noch grinsend die Frage. „Ehrlich gesagt, ich weis es nicht. Ich hab ein paar gute Schüsse dabei. Denke ich. Komm wir gucken mal. Vielleicht ist ja auch eins dabei was du dir vorstellen kannst.“ Fragend schaute ich zu ihm. Wartete auf seine Reaktion. Nach kurzem zögern willigte er schließlich ein: „Alles klar, dann lass uns mal die Fotos auf deinem Laptop angucken.“ Gesagt getan. Ein paar Minuten später saßen wir wieder im Wohnzimmer mit neuen Getränken. Den PC hatte ich an den Fernseh angeschlossen, dadurch konnten wir uns die Bilder größer und von weiter weg angucken. „Oh nein! Nur über meine Leiche nehmen wir das.“ Kommentierte er gerade einen Schnappschuss. Kichernd zog ich ihn ein bisschen auf, ich ahnte ja schon warum er das nicht wollte: „Waaas? Das is das beste Bild das wir haben. Wie kannst du da nur nein sagen?“ Auf dem Foto stand er lässig ans Geländer gelehnt. Seine Arme waren vor der Brust verschränkt, in den Fäusten die Drumsticks. Den rechten Fuß leicht angewinkelt an die Brüstung gestellt. Der Blick ging zur Seite auf das Schlagzeug. Welches teilweise auch zu sehen war. Das Motiv war wirklich gut. Um nicht zu sagen verdammt heiß. So wie er dastand, mit der tiefsitzenden, hellen Jeans und dem weißen Shirt mit V-Ausschnitt, beides schmutzig von der Schlägerei. Die Kampfspuren noch im Gesicht, sah er aus wie ein richtiger Bad Boy. Jedes Frauenmagazin würde sich um so ein Bild reisen. „Warum? Das fragst du echt noch??? Guck dir das doch mal an.“ Forderte er mich auf. „Nackt sieht man da einfach alles!“ damit bestätigte er meine Vermutung. „Reg dich doch nicht so auf. Is ja schon gut. War ja nur Spaß. Wir haben ja noch mehr zum anschauen.“ Lenkte ich jetzt ein. Gerade als ich weiter klicken wollte, klingelte es an der Tür Sturm. Überrascht sah Crue mich an: „Erwartest du noch jemanden?“ Kopfschüttelnd stand ich auf: „Nein eigentlich nicht.“ Ratlos ging ich in den Flur und öffnete.
Kerr’s Geheimnis
Eine völlig gehetzte, panische Kerr stand vor mir. In Tränen aufgelöst fragte sie: „Darf ich reinkommen?“ Ich zögerte nicht: „Natürlich was ist denn passiert?“ Anstatt eine Erklärung zu geben, warf sie sich mir um den Hals und schluchzte hemmungslos. Sanft strich ich ihr über den Rücken: „Beruhig dich, es wird alles wieder gut. Komm mit wir gehen hoch. Dann kannst du mir erzählen was passiert ist.“ Weiterhin weinend nickte sie und nahm meine Hand. „Komm setz dich hin. Ich mache uns schnell einen Tee und dann erklärst du mir alles.“ Sie nickte: „Danke Charley.“ Schnell verschwand ich nach unten. In der Küche stellte ich erst einmal Wasser auf. Hinter mir meldete sich Jason zu Wort: „Ich glaube ich geh dann besser. Wenn’s dir recht ist komm ich morgen Abend nach dem Training nochmal vorbei.“ „Ja ich glaube das ist das Beste. Danke dir. Sag einfach bescheid wann, damit ich fertig bin mit Proben. Lass dir die Nummer grad von Ralf geben.“ Erwiderte ich. Mit einem Lächeln, dass meinen Herzschlag wieder zum rasen brachte, verabschiedete er sich: „ Alles klar bis Morgen Charley.“ Der Wasserkocher klickte genau in dem Moment als Crue die Haustüre ins Schloss zog. In Gedanken versunken, was Kerr passiert war, holte ich eine Tasse aus dem Schrank und suchte noch Tee. In meinem Zimmer angekommen, reichte ich ihr die Tasse: „Hier. Trink erst mal. Und dann erzählst du mir was passiert ist.“ Sie schniefte entschlossen. Nach ein paar Schlucken Tee setzte sie zum Reden an: „Charley das was ich dir jetzt sage, muss auf alle Fälle unter uns bleiben. Versprichst du mir das?“ „Indianerehrenwort.“ Versicherte ich ihr meine Verschwiegenheit. Dann sprudelte es auch schon aus ihr heraus: „Du musst wissen, mein Vater ist, oder besser gesagt war, Drummer bei einer ziemlich bekannten Band. Einen Schulabschluss hat er nicht. Er war also sehr jung als seine Karriere steil nach oben ging. Du kannst dir vorstellen wie das weiterging. Fünf junge Männer. Sex, Drugs and Rock’n’Roll. Bis zum Exzess. Mit 30 lernte er meine Mum kennen. Sie heirateten, bekamen mich und das Leben wurde ruhiger. Daddy machte einen Entzug und wurde clean und trocken. Fast 20 Jahre ist das jetzt her. Es war super. Mir fehlte es an nichts, außer an Zeit mit meinem Dad. Vor drei oder vier Jahren löste sich die Band dann wegen Streitigkeiten auf. Er war viel zu Hause. Am Anfang freute er sich über die neu gewonnen Freiheit, zu tun und zu lassen was er wollte. Aber mit der Zeit wurde es wohl zu langweilig. Weist du, es fing alles harmlos an. Hier mal ein Bier zum Baseball, da mal einen Cocktail oder auch ein Glas Wein im Restaurant. Weder Mum noch ich sahen die Zeichen. Er kam immer später heim. War immer öfter krank, wie er es nannte. Bis ich kurz vor Ostern etwas früher aus der Schule kam und den Grund sah. Er stand torkelnd in der Garage und versuchte die Mülltonnen rauszustellen. Ich konnte seine Fahne riechen. Er war sturz besoffen und versuchte heimlich die Schnapsflaschen, die er gesammelt hatte, zu entsorgen. Ich sprach ihn darauf an. Fragte wie lang das schon so ging. Ich schrie ihn an, wie er das Mum antun konnte. Da holte er zum ersten Mal aus. Ich bekam die erste Ohrfeige in meinem Leben. Das ist jetzt ungefähr vier Monate her. Und guck dir an wie weit das geht.“ Sie zog sich den Schal vom Hals und mir stockte der Atem. Da waren eindeutig Würge male an ihrem Hals zu sehen. Noch bevor ich fragen konnte, erzählte sie schon weiter. „Er hat mich an die Wand gedrückt vorgestern. Ich habe die Beherrschung verloren. Wir müssen das Haus verkaufen. Nicht weil wir wollen oder so. Nein. Sondern, weil mein werter Vater so ziemlich jedes bisschen gespartes Geld durchgebracht hat. Mit Alkohol, Kokain, Nutten und was weis ich noch alles. Als ich vorhin heimgekommen bin, hat er gefragt wo ich war. Ich habe gesagt, dass wir uns zum Proben hier verabredet hatten. Und das die anderen jetzt in die Strandbar gegangen sind. Charley mir ist der Kragen geplatzt. Ich habe ihn angeschrieen, dass er schuld ist, dass ich nicht mitkann. Weil meine Mum im Moment nicht mal weis, wie sie die Lebensmittel bezahlen soll. Ich habs ihm ins Gesicht gesagt was für ein elendiger Vater er doch ist. Das er sich was schämen sollte. Und weist du was seine einzige Reaktion war? Soll ich's dir sagen? Er hat mich wieder an die Wand gedrückt mit seinem Unterarm. Und hat mir gedroht. ‚Wenn du nicht augenblicklich deine Sachen holst, du kleine Schlampe, und verschwindest bis ich vom Pissen wiederkomm. Dann werd ich dir mal genau zeigen was man mit ungezogenen Gören wie dir macht.‘ Ich hab mir nur das nötigste geschnappt und bin raus.“ Wieder brach sie in heftiges schluchzen aus. Ich saß wie versteinert neben ihr. Einzig mein Arm bewegte sich streichelnd über ihren Rücken. Aber mehr unterbewusst. Wie kann man sowas so lange geheim halten und ertragen? Zwischen zwei Schluchzern brachte sie heraus: „Charley ich wusste nicht wohin. Meine Mutter glaubt mir nicht. Die hab ich angerufen. Sie sagt das hätte ich mir alles nur eingebildet. Sie verschließt sich vor den Problemen. Sie will es nicht wahr haben. Und du hast gesagt, ich kann zu dir kommen.“ „Shh shh beruhig dich. Wir schaffen das schon. Wenn ich was sage, dann mein ich das auch. Natürlich kannst du hier bleiben.“ Versprach ich ihr. „Danke.“ Nuschelte sie noch und das war für eine ganze Weile das letzte was wir sagten.
Jase‘ Sicht
Was hat sie jetzt schon wieder vor? ‚Du hast nur eine Möglichkeit, dass raus zu finden.‘ Wie meine innere Stimme mich, manchmal, einfach nur ankotzte. Seufzend erhob ich mich und folgte ihr in mein Verderben. Wie ich es heimlich nannte. Die ganze Schule würde sich über mich lustig machen. Das war ein Stempel den ich nicht haben wollte. Vor allem nicht im Abschlussjahr. Gerade als ich zu ihrem Zimmer reinkam, schnappte sie sich eine kleine Digi-Cam von einem Sideboard und zeigte zu der Glastür. Ich hatte schon die Befürchtung, dass ich mich jetzt und hier so zeigen musste, wie die Natur mich geschaffen hatte. Der Schweiß lief mir schon kalt den Rücken runter. Nervös wie ich war drehte ich mich zu ihr und fragte was sie vorhatte. Zu meiner Erleichterung erklärte sie mir, dass sie nur ein paar Bilder in Pose schießen wollte. Damit wir schon mal ein Motiv aussuchen konnten. Wenn es nach mir ging, am liebsten eins hinter dem Schlagzeug. Da könnte ich mich gut verstecken. Sie lies mir freie Hand bei den Motiven. Am Anfang war es ziemlich ungewohnt mich immer wieder anders hin zu stellen. Mit der Zeit aber wurde es einfacher. Hier und da gab sie mir sogar Ratschläge wie ich mich hinstellen könnte. Es fing an Richtig Spaß zu machen. Etwas mutiger schnappte ich mir einen matt schwarzen Bass und stellte ihn vor mich hin. Sie wollte, dass ich die Füße weiter auseinander stellte. Also tat ich wie geheißen. Mit den Händen stützte ich mich darauf leicht nach vorne. Unsicher ob sie zufrieden war, sah ich wieder in die Kamera. Sie lächelte als sie den Auslöser drückte. Offensichtlich war sie glücklich mit dem Bild. Aus Reflex hob ich den einen Fuß an und stellte ihn auf den Körper des Instruments. In der gleichen Sekunde wollte sie mir die Anweisung dazu geben. Sie schien absolut in ihrem Element zu sein. Was mich zum grinsen brachte. Mit Genugtuung stellte ich fest, dass ihr eine leichte röte auf die Wangen trat. Machte sie das hier genauso nervös wie mich? Mir fiel auf, dass sie viel länger, als die ganze Zeit auf das Display schaute ohne ein Foto zu machen. Mit einem noch dreckigeren grinsen schaute ich zu ihr rüber. Sie sah einfach zum anbeißen scharf aus. Mein Kopf Kino ging mal wieder mit mir durch. Die Bilder wie sie an ihrem Zitroneneis leckte, erschienen mir wieder. Ich fühlte ihre weichen, warmen Lippen nochmal auf meinen. Am liebsten wäre ich jetzt zu ihr rüber gegangen. Aber die Abreibung von ihrem Bruder saß noch ziemlich tief. Noch eine wollte ich nicht riskieren. Um mich und meine Südliche Region davon ab zu lenken fragte ich sie: „Gefällt dir was du siehst? Oder brauchen wir noch mehr?“ Es kam keine Antwort. Ich musste mich beherrschen um nicht zu lachen. Sie sah einfach zu süß aus, wie sie da mit ihrer kleinen Kamera stand, hochkonzentriert. Die Welt um sie rum hatte sie wohl total vergessen. Lächelnd fragte ich sie: „Hei träumst du Charley?“ dieses mal zuckte sie leicht zusammen bevor sie hochschaute: „Nein ich träum nicht.“ Ich konnte es mir nicht verkneifen sie ein bisschen auf zu ziehen: „Achso, deswegen steh ich ja auch immer noch hier und warte auf eine Antwort.“ Die Unterlippe schmollend nach vorne schiebend, entgegnete sie: „Ich habe nicht geschlafen. Ich habe mir die letzten beiden Bilder angeguckt. Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt ob du noch mehr Bilder brauchst oder ob das reicht.“ Wiederholte ich mich. Allerdings machte mich ihre Antwort auch nicht schlauer: „Ehrlichgesagt, ich weis es nicht. Ich hab ein paar gute Schüsse dabei. Denke ich. Komm wir gucken mal. Vielleicht ist ja auch eins dabei, was du dir vorstellen kannst.“ ‚Ja klar, träum weiter. Keins davon wird mir in den Kram passen!‘ beschloss ich. Keine viertel Stunde später saßen wir im Wohnzimmer und klickten uns durch die Bilder. Staunend betrachtete ich eins nach dem anderen. ‚Sie hat echt ein Auge dafür.‘ musste ich mir eingestehen. Es gab einige Aufnahmen die mir echt gefielen. Gerade waren wir bei dem Geländer Schnapp Schuss. Ausgerechnet diesen wollte sie als Vorlagen nehmen. Das konnte doch nur ein Scherz sein! Schnell versuchte ich ihr das auszureden. ‚Nie im Leben!‘ schwor ich mir. So entblößt bekam man mich nur bei zwei Gelegenheiten. Einmal beim Duschen und einmal beim Sex. Ich bin ja echt nicht prüde oder so, aber FKK war einfach noch nie meins. Gerade wollte ich noch weitere Einwände bringen, als es an Tür klingelte. „Erwartest du noch jemanden?“ rutsche es mir raus. Es ging mich ja nichts an. Aber ihr Blick verriet mir, dass sie genauso wenig wusste wer das war wie ich. Während Sie öffnete, schickte ich mir den Ordner der Kamera per Mail nach Hause. ‚Ich muss mir das in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, ohne blöde Kommentare.‘ nahm ich mir vor. Es dauerte noch eine Zeit bis Charley wieder runter kam. An ihrem Gesichtsausdruck konnte ich schon er kennen, dass es geschickter war, wenn ich jetzt verschwand: „Ich glaube ich geh dann besser. Wenn’s dir recht ist komm ich morgen Abend nach dem Training nochmal vorbei.“ Sie wirkte abwesend. Als wäre sie in Gedanken wo ganz anders als sie sich umdrehte; „Ja ich glaube das ist das beste. Danke dir. Sag einfach bescheid wann, damit ich fertig bin mit Proben. Lass dir die Nummer grad von Ralf geben.“ Ich war einverstanden und verabschiedete mich. Vor der Haustür holte ich erst einmal richtig Luft. „Mamamia was für ein Tag.“ Flüsterte ich vor mich hin. ‚So und was mach ich jetzt mit dem angebrochenen Abend?‘ stellte sich mir die Frage. Auf die Strandbar hatte ich keine Lust. Laufen kam nach wie vor nicht in Frage. Ein Schlagzeug stand nur bei Charley. Also was blieb noch? Nichts. Ziellos fuhr ich durch die Stadt. Einige Ampeln später entschloss ich mich zu meinem Aussichtspunkt zu fahren. Ein guter Platz zum nachdenken. Kaum jemand verirrte sich dorthin. Also war ich ungestört. An meinen Vorderreifen gelehnt saß ich da und beobachtete das Tal im Sonnenuntergang. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit nur um dieses Portrait. ‚Du warst noch nie ein Feigling Crue. Also zieh das einfach durch. Es is dein letztes Jahr. Was soll’s wenn die lachen. Die meisten davon wirst du eh nicht wieder sehen. Beziehungsweise willst du nicht wieder sehen. Zieh das einfach durch! Wettschulden sind schließlich Ehrenschulden.‘ Einen Augenblick blieb ich noch sitzen bevor ich mich auf den Heimweg machte. Dort erwartete mich Laurent schon mit einem hämischen Grinsen: „Na bist du unter die Räder gekommen Jason? Soll ich deine Mami holen, dass sie dich trösten kommt?“ Na super und das musste ich noch ganze zwei Wochen ertragen. Vielleicht sollte ich dafür sorgen, dass er unter die Räder kommt?! Einen Kommentar konnte ich mir dennoch nicht verkneifen: „Ach halt doch deine unnötige Fresse und verpiss dich dahin, wo du hergekommen bist. Auf deine Gesellschaft ist eh niemand scharf.“ ‚Was will der überhaupt hier? Der spioniert doch eh nur aus wie wir leben.‘ fragte ich mich auf einmal nach dem Grund für seine Anwesenheit. „Was willst du eigentlich hier?“ „Nichts. Ich wollte nur mal wieder nach Miami.“ Erklärte er. „Dann nimm dir am besten das nächste Mal ein Hotel. Hier will dich nämlich keiner haben!“ damit lies ich ihn einfach stehen. Bevor ich mich schlafen legte blätterte ich noch Stundenlang durch die Bilder die Charley heute gemacht hatte. Zur besseren Übersicht hatte ich mir Ordner angelegt. So sortierte ich die Fotos jetzt nach: Geht gar nicht, Hm, Naja vielleicht und Könnte gehen. Wobei der Großteil in den ersten beiden Ordnern landete. Lediglich eine Handvoll blieb in den beiden letzen übrig. Zuerst die beide Schüsse mit dem Bass, noch zwei mit der Gitarre und eins wo sie mich von hinten fotografiert hatte. Es sah so aus als wollte ich gerade zu meinem Schlagzeug laufen. Die Arme hatte ich seitlich und in einer Hand die Sticks. So richtig konnte ich mich aber nicht entscheiden welches wir nehmen sollten. „Naja morgen ist ja auch noch ein Tag. Am besten wir machen einfach noch ein paar Aufnahmen.“ Zuletzt zog ich alle Ordner noch auf einen USB Stick und packte diesen in meine Sporttasche. Sie sollte ja nicht denken, dass ich mich nicht wenigstens bemühte produktiv mit zu arbeiten.
Das Training am nächsten Tag lief erstaunlich gut. Die Methoden von Ralf kamen bei meinem Team super an. Die Neuzugänge gaben sich Mühe mit zu halten und sogar der Coach lobte am Ende unsere guten Leistungen. Der Umgang mit Baltimore war angespannt. Wir behandelten uns gegenseitig wie rohe Eier. „Hei warte mal kurz.“ Rief ich ihm noch hinterher bevor er unter der Dusche verschwand. „Was gibt’s?“ fragte er über die Schulter zurück. ‚Jetzt oder nie!‘ machte ich mir selber Mut: „Kannst du mir bitte noch die Nummer von Charley geben? Sie sagte die bekomm ich von dir, wegen dem Kunstprojekt. Wir wollten uns heute Mittag treffen.“ Erklärte ich mich schnell. Argwöhnisch beobachtete er mich. Ich wollte schon einlenken und sagen, dass das nicht nötig ist. Es würde auch reichen, wenn er ihr ausrichtet, dass ich um 17 Uhr da wäre, aber da nickte er. „Ja Moment.“ Nach einigem kramen in der Sporttasche hatte er sein Handy in der Hand. Kurze Zeit später hatte ich die Nummer. ~Hei Charley, bin gegen 17 Uhr bei euch. Ist das OK für dich oder soll ich später kommen. LG JC~ schickte ich ihr die versprochene Uhrzeit. Auf eine Antwort wartete ich nicht mehr, sondern ging duschen.
Ein langer Tag
Kerr hatte die Nacht auf meiner Couch verbracht. Ralf verlies relativ früh das Haus, so das wir in Ruhe einen Schlachtplan entwickeln konnten: „Also Kerr was willst du als nächstes tun?“ fragte ich. „Wenn ich das wüsste.“ Antwortete sie mir ehrlich. „Am besten warte ich bis heute Nachmittag, dann hole ich meine Sachen und überlege wo ich hingehe. Meine Mum hat ja die rosa-rote Brille auf. Ich bin mal gespannt wann sie aufwacht.“ Mit leerem Blick stierte sie aus dem Fenster. Wie schwer es wohl sein musste mit so einer Situation zu recht zu kommen in der Familie? Aber dann auch noch ganz alleine? Weil die Familie das Problem nicht erkannte, dass konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Einfach Tatenlos daneben sitzen wollte ich aber auch wieder nicht. Einen Entschluss fassend nickte ich: „Du entschuldigst mich kurz bitte, ich bin gleich wieder da.“ Wie ein Blitz kam mir die Idee. Oben in meinem Zimmer schnappte ich mein Handy und rief bei meinen Eltern an. Nach dem x-ten klingeln ging mein Dad endlich dran: „Baltimore, was kann ich für sie tun?“ „Hei Daddy ich bin's Charley. Ist Mum auch in der Nähe? Wenn ja mach bitte den Lautsprecher an. Ich muss euch was fragen.“ meldete ich mich. Gedämpft hörte ich wie er meine Mutter ans Telefon rief. „Hallo Schätzchen wie geht es euch?“ grüßte sie. „Uns geht’s gut. Und euch?“ Eine Antwort wartete ich gar nicht erst ab, sondern sprudelte gleich mit meinem Anliegen raus: „Meine Freundin hat ein Problem zu Hause. Kann sie für eine Weile bei mir wohnen?“ Ich wusste sie würden nicht nein sagen. Aber sie wollten wissen was in ihrem Haus vorging. „Ist es so schlimm?“ brummte mein Vater. „Schlimmer!“ beschrieb ich die Situation ohne Details preis zu geben. Bildlich stellte ich mir vor, wie die beiden sich jetzt vielsagende Blicke zuwarfen und stumm abstimmten, was passieren würde. Nach Sekunden der Stille stimmten sie schließlich zu: „OK Schatz. Wenn es so schlimm ist, ist es wohl besser sie kommt zu uns. Wir haben ja noch das Gästezimmer oben.“ „Oh danke. Ihr seid die besten! Jetzt muss ich aber Schluss machen. Lasst es euch gut gehen.“ Damit legte ich auf. Grinsend trat ich den Rückweg in die Küche an. Kerr saß immer noch mit demselben glasigen Blick am Tisch, und stocherte in ihrem Obstsalat rum, als ich sie ansprach: „Also gut es ist alles geklärt. Wir holen deine Sachen und dann bleibst du erst mal hier, bis sich die Situation entspannt hat.“ Sie lies die Gabel fallen und starrte mich, wie aus tiefem Trance gerissen, ungläubig an: „Das kann ich nicht annehmen Charley. Ich will dir nicht auf den Keks gehen. Du hast ja selber gesagt, dass wir nicht unbedingt Freundinnen sind. Bestimmt finde ich irgendwo eine Unterkunft.“ Wehrte sie ab. Da kannte sie mich aber schlecht. Hat sich eine Baltimore erst einmal was in den Kopf gesetzt, dann brachte sie das auch durch: „Natürlich kannst du das annehmen. Meine Eltern haben auch schon zugestimmt. Aber keine Sorge, den genauen Grund habe ich nicht genannt. Nur das du Probleme zu Hause hast. Und du wirst das annehmen. Wo willst du denn hin? Unter eine Brücke? Niemals. Und das mit der Freundschaft, denke ich, hat sich spätestens damit erledigt, als du gestern her gekommen bist. Jetzt sind wir Freundinnen.“ Verschwörerisch zwinkerte ich ihr zu. Hoffentlich muntert sie die Aussicht, nicht auf der Straße zu enden, ein bisschen auf. Mit einem Satz sprang sie mir, geradezu buchstäblich, in die Arme. Schon wieder flossen Tränen. Dieses mal allerdings die der Erleichterung: „Oh Charley vielen, vielen Dank! Ich weis gar nicht wie ich das wieder gut machen soll.“ Lachend erwiderte ich die Umarmung: „Alles gut, mach dir da drüber mal keine Gedanken. Ich helfe immer gerne. Was müssen wir denn alles packen nachher? Umzugskartons haben wir noch ein paar im Schuppen stehen.“ „Ziemlich wenig. Ich hatte nie viel für unnötiges übrig. Ein paar Klamotten, Bücher und Papierkram. Und wenn er über Nacht nicht gegen Koks eingetauscht wurde, meinen Käfer. Das wars.“ Zählte sie auf. „Das ist ja wirklich überschaubar. Also gut. Oder wir gehen jetzt gleich. Deine Mum ist bei der Arbeit und dein Dad schläft wahrscheinlich noch. Dann sind wir rechtzeitig zur Probe wieder da. Was meinst du?“ Sie stürzte den Rest Kaffee auf einmal runter: „Also gut, auf geht’s. Ist so wie so besser, wenn Mum das nicht mit bekommt.“ Eine halbe Stunde später standen wir vor ihrer Haustür. Schon beim öffnen drang uns ein unangenehmer Geruch entgegen. Nach kaltem Rauch und abgestandenem Schnaps. Beschämt drehte sie sich zu mir: „Bitte schau nicht zu genau hin.“ Um sie nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen sagte ich nichts und folgte ihr schnur stracks in ihr Zimmer. Die mitgebrachten Kartons füllten wir schnell mit dem Inhalt ihres Zimmers. Es war größer wie meins. Sie hatte aber genauso wenig Zeug rum stehen wie ich. So das die Dinge schnell gepackt waren. Kiste um Kiste schleppten wir in mein Auto. Und wirklich, acht Kartons später waren wir fertig. Sie warf noch einen letzten Blick zurück, seufzte und folgte mir dann. „Dann fehlt ja jetzt nur noch dein Auto oder?“ fragte ich. Mit einem Nicken bestätigte sie: „Ja und ein bisschen Werkzeug. Dann haben wir alles.“ In der großen Garage standen nebeneinander zwei schwarze Escalades. Ganz hinten an der Wand stach frech das zitronengelb ihres Käfers raus. Staunend begutachtete ich ihn: „Wow der ist ja in einem super Zustand. Machst du das selber?“ „Ja fast alles. Ich liebe Autos.“ Ein bisschen stolz schwang in ihrer Stimme mit. „Nicht schlecht. Dann fahr ihn schon mal raus, damit wir die restlichen Sachen packen können.“ Gab ich beeindruckt zurück. Gesagt getan. Kurze Zeit später standen wir in unserer Einfahrt. Ratz Fatz hatten wir die wenigen Habseligkeiten in mein Zimmer geräumt. Keine Minute später klingelte es an der Tür. „Das sind bestimmt die Mädels.“ Stellte Kerr fest. „Oha es ist ja auch schon 12 Uhr. Jetzt aber schnell. Stell deine Kleider Kisten einfach in den Schrank, die können wir später immer noch auspacken. Ich mach auf.“ Rief ich über die Schulter zurück während ich schon nach unten sauste um zu öffnen. Wie erwartet, waren es Latty und Shancy. Stürmisch begrüßten mich die beiden: „Morgen Charley na alles klar? Wem gehört denn der Zitronenbomber da draußen?“ lachend antwortete ich: „Zitronenbomber, das ist gut. Der gehört Kerr. Sie ist schon oben. Kommt mit.“ Die Proben liefen heute wesentlich besser. Kerr war ein bisschen entspannter wie gestern. Sie lächelte sogar. Was sogar Shancy auffiel: „Hei was ist denn mit dir passiert? Du strahlst ja heute richtig. Hat dich jemand ausgetauscht?“ Gegen alle Erwartungen lachte die Angesprochene los: „Nein ich wurde nicht durch einen guten Zwilling ersetzt. Ich habe schlicht und ergreifend einfach nur eine Freundin gefunden.“ Sie warf mir einen viel sagenden Blick zu. Welcher nicht unbemerkt blieb. „Oha wie kommt es denn dazu?“ schaltete sich Latty nun auch ein. „Ich habe vor ein paar Tagen ja schon gesagt, dass es mir leid tut, dass ich mich so scheiße benommen habe. Und Charley hat mir einfach die Chance gegeben zu zeigen, dass ich gar nicht so ein Miesepeter bin wie alle sagen. Wenn ihr mir die Möglichkeit gebt, schaffen wir es bestimmt. Dann sind wir nicht nur eine Band sondern eine Clique.“ Erklärte unsere Bassistin schnell. Skepsis schwang in Shancy’s Stimme mit: „Und du glaubst wirklich, dass wir von heute auf Morgen einfach so vergessen, was du in der letzten Zeit für ein zickiges Miststück du warst?“ „Nein das erwarte ich gar nicht von euch! Gebt mir einfach Zeit, euch zu zeigen das ich auch anders kann.“ Bat sie. Es war eine einfache Bitte und ich hoffte wirklich, dass es klappte. Ohne eine Antwort abzuwarten wechselte sie das Thema: „Können wir nochmal deinen Song proben? Ich komme einfach beim Refrain nicht in meinen Part rein.“ Mit einem einstimmigen nicken fingen wir an: ~ I pulled my harpoon out of my dirty red bandana, I’s playin‘ soft while Bobby sang the blues. Windshield whispers slappin’ time. I was holdin’ Bobby’s hand in mine, we sang every song that driver knew. Freedom’s just another word for nothin’ left to lose. Nothin’, it ain’t nothin’ honey, if it ain’t free. And feelin’ good was easy, Lord, when he sang the blues. You know feelin’ good was good enough for me. Good enough for me and my Bobby McGee.~ Wir waren schon so gut wie durch mit den Proben als sich Kerr entschuldigend zu Wort meldete: “Sorry Mädels, aber ich muss jetzt los. Um halb fünf fängt meine Schicht in Restaurant an. Morgen wieder um dieselbe Zeit?“ „Von mir aus.“ Bestätigte Shancy, während auch vom Schlagzeug her Zustimmung kam. „Also gut dann morgen wieder um 12 hier.“ Verabschiedete sie sich von den anderen beiden. „Ich bring dich noch zur Tür.“ Erklärte ich ihr bevor sie nach drinnen ging. Im Eingangsbereich gab ich ihr noch einen Ersatzschlüssel, damit sie heute Nacht rein kam: „Hier, damit du nicht klingeln musst. Und mach dir keine Sorgen wenn es spät wird. Das wird schon wieder gut.“ Mit einer kurzen festen Umarmung und den Worten: „Ich kann dir nicht genug danken!“ ging sie dann. Bevor ich wieder auf die Dachterrasse trat, fiel mein Blick auf das blinkende Display meines Handys. Die Nachricht war von Jase, der mir mitteilte, dass er in knapp einer Stunde da sein wollte. Das Telefon in der Hand haltend trat ich raus: „Nimmt der Alptraum denn niemals ein Ende?“ „Was ist denn Süße? Ist was passiert?“ alarmiert blickten mich die beiden an. „Nein, nein alles gut. Crue hat mir nur Bescheid gesagt, wann er kommt.“ Fügte ich, in Gedanken, erklärend hinzu. „Na dann lassen wir euch Turteltäubchen mal alleine. Was meinst du Latty? In der Stadt hat eine neue Boutique aufgemacht, die wollte ich mir eh noch anschauen.“ Machte sich Shancy einen Spaß aus meiner Situation. „Ja mach du dich nur lustig über mich. Wer braucht auch schon seelische Unterstützung, wenn er so eine Kackaufgabe machen muss, von seinen Freundinnen.“ Grummelte ich. Die angesprochene war sofort Feuer und Flamme für den Vorschlag: „Oh ja das machen wir. Wir brauchen ja noch was zum anziehen für das Sommerfest.“ Und somit überging sie mein motzen einfach. Keine 20 Minuten später hatten sie ihre Instrumente verstaut und standen an der Tür: „Also wenn irgendwas schief läuft, melde dich.“ Zwinkerte mir Latty noch zu und schon waren sie verschwunden. In meiner Hosentasche vibrierte schon wieder mein Handy, dieses mal war es Ralf: ~Hei Charley bei mir wird’s später, bin noch was trinken mit den anderen G R~ ‚Na super. Heute lassen mich wirklich alle im Stich.‘ seufzend begab ich mich ins Wohnzimmer. Der Laptop musste hochgefahren werde und die Kamera wollte ich auch noch holen. Vor dem Spiegel in meinem Zimmer blieb ich stehen. ‚Nein so kannst du ihm unmöglich gegenüber stehen.‘ Ich hatte immer noch die Sportshorts von heute morgen an. Mit einem Blick auf die Uhr musste ich zu meinem Frust auch noch feststellen, dass mir keine viertel Stunde mehr blieb um zu duschen. Hastig schnappte ich die erstbesten Shorts aus meinem Schrank und hüpfte ins Bad. Gerade als ich den letzten Knopf meiner Jeans wieder zu machte klingelte es an der Tür. Ohne hin zu sehen fischte ich ein Top vom Bett und rannte nach unten. Fertig angezogen machte ich auf: „Hi da bist du ja schon.“ Grüßte ich. Schallendes Gelächter war die Antwort. Ich kam mir ziemlich verarscht vor, was ich ihn auch merken lies: „Dass nenn ich ja mal nett. So ein strahlendes lachen kann ja wirklich jeden erheitern. Wenn du fertig bist, hättest du dann die Freundlichkeit mir zu sagen warum? Oder ist das ein Geheimnis.“ Vor sich hin kichernd kam er näher und deutete vorne auf meinen Kragen: „Da guckt der Zettel raus.“ Sofort wurde ich wieder rot. In der Eile hatte ich gar nicht bemerkt, dass ich mein Shirt nicht nur falschrum, sondern auch linksrum angezogen hatte. ‚Oh man wie peinlich!‘ am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. ‚Ausgerechnet bei ihm muss mir das passieren. Bei jedem anderen aber doch nicht bei Jason.‘ „Geh schon mal ins Wohnzimmer ich komme gleich.“ Stammelte ich nur und war schon wieder auf dem Weg nach oben. Nicht nur das ich mich angezogen hatte wie ein Kleinkind, nein ich hatte auch noch mein Schlafoberteil erwischt. „Tief durchatmen Mädchen, das ist nur ein Typ wie jeder andere auch. Kein Grund nervös zu werden.“ Beruhigte ich mich selbst. Beim zweiten Anlauf schaffte ich es dann auch tatsächlich ein annehmbares Oberteil zu finden und an zu ziehen. ‚Also den Preis als größter Schussel hast du dir heute schon mal gesichert.‘ machten sich auch noch meine Gedanken über mich lustig. Im Wohnzimmer fand ich einen grinsenden Footballer wieder: „Na hast du’s geschafft dich fertig zu machen?“ fragte er. „Sonst hast du keine Probleme oder?“ zischte ich zurück. Es war kein Ding über mich selber zu lachen bei Missgeschicken. Aber auslachen lies ich mich nicht gerne. Beschwichtigend hob er die Hände: „Kein Grund gleich pampig zu werden Kleine. Ich mach doch nur Spaß.“ Mit einem Griff in die Hosentasche wechselte er gekonnt das Thema: „Hier guck dir das mal an. Ich habe gestern Abend noch die Bilder durch geschaut, sortiert und gleich noch eine kleine Vorauswahl getroffen.“ Schweigend steckte ich den Stick, den er mir hin hielt, in den PC und klickte mich durch seine Auswahl. Als ich fertig war murmelte ich mehr zu mir selbst als zu ihm: „Ok damit könnte man was anfangen. Wenn nicht, müssen wir noch ein paar Aufnahmen machen.“ Abwartend starrte ich auf den Bildschirm. Es dauerte einige Sekunden bis er sich zu einer Reaktion durchringen konnte: „Also gut. Dann nehmen wir eins von denen.“ Jetzt kam der Moment in dem ich ihm das Lachen heim zahlen konnte. Wenigstens ein bisschen: Also gut, dann lass uns gleich anfangen.“ Von einer Sekunde auf die andere war die Selbstsicherheit aus seiner Haltung verflogen: „Jetzt sofort? Ohne Vorbereitung ohne alles? Hast du dir mein Gesicht mal angeguckt? Das is zerschlagen. So mach ich das nicht.“ Es fiel mir schwer ernst zu bleiben und nicht direkt los zu prusten. Es war fast schon süß, wie er da auf der Couch saß. Die Arme vor der Brust verschränkt, mit bösem Blick und Schmollschnute. „Nein!“ setzte er nochmal nach. Fehlte nur noch das er aufstampfte. Mit meiner Beherrschung war es vorbei. Ich kugelte mich vor lachen: „Du müsstest dich jetzt mal sehen. Ein Kindergartenkind, dass nicht bekommt was es will, ist ein scheiß gegen dich.“ „Ja ja lach du nur. Dir vergeht es auch noch. Spätestens dann, wenn du beim Anziehen wieder auf dich alleine gestellt bist.“ Seine Anspielung auf vorhin verfehlte ihre Wirkung komplett. Ich kicherte nur noch mehr: „Ach hör doch auf. Als wenn dir sowas noch nie passiert wäre. Und jetzt stell dich nich so dran. Du bist schließlich keine vier mehr. Und jetzt komm. Wir holen uns ein Bier und suchen uns dann eins von den Bildern aus.“ Wiederwillig bewegte er sich: „Du bist echt gnadenlos wenn du was willst oder?!“ „Immerhin wurdest du nicht zum Pokern gezwungen.“ Stellte ich trocken fest. Er klappte den Mund auf, aber sagte nichts. Abwartend sah ich ihn an. Nach einigen Augenblicken resignierte er dann: „Touché.“ Nach langem hin und her, diskutieren und abwägen hatten wir uns letztendlich auf das Motiv mit den Drumsticks geeinigt. Mir sollte es recht sein. Ein zwei Flaschen Bier später standen wir auf dem Balkon. „Was möchtest du denn im Hintergrund haben? Nur das Schlagzeug?“ versuchte ich ihn langsam vorzubereiten. Meine Vorstellungen waren in diese Richtung zwar eigentlich schon ziemlich konkret, aber schließlich musste er ja damit leben. Mit einem Schulterzucken antwortete er: „Keine Ahnung, mir egal solange das nicht so kitschig wird.“ „Ok. Was hältst du von der Garage? Im Hintergrund das Schlagzeug und ein hübsches Auto. Wäre das recht?“ stellte ich meinen Plan vor. Fast bildete ich mir ein, Begeisterung in seinen Augen zu sehen: „Ja das klingt gut. Wir könnten ja den Charger nehmen. Wie willst du‘s denn? Eine Bleistift Zeichnung oder doch Farbe?“ stellte Crue die Gegenfrage. „Also die Vorzeichnung wird auf jeden Fall mit Bleistift sein. Ob und in welcher Art Farbe ins Spiel kommt, hängt dann von der Zeichnung ab. Da drüber mach ich mir Gedanken wenn‘s soweit ist.“ Stellte ich klar. „Na dann lass uns mal deine Drums in die Garage verfrachten.“ Mit dieser Aussage fing Jase an die Einzelteile auseinander zu bauen. Es dauerte eine Weile bis alles unten und wieder zusammen gebaut war. Zufrieden mit dem Ergebnis fuhr ich meinen Pick Up raus und der Charger kam rein. Aus dem Wohnzimmer holte ich noch die Staffelei und die Leinwand die ich für das Projekt vorgesehen hatte. Jetzt konnte es losgehen. „Bist du soweit?“ fragte ich während ich meinen Bleistift spitzte.
Jase‘ Sicht
‚Hat sie mich tatsächlich gerade gefragt ob ich bereit bin?‘ Fast schon fassungslos starrte ich sie an: „Nein verdammt ich bin nicht bereit. Und bereiter wie jetzt, werde ich auch nicht mehr dafür!“ ich musste mir Luft machen. Sie hatte mich überlistet. ‚Du kleines, mieses Weibsbild. Hast mich tatsächlich mit dem Bier davon abgelenkt.‘ Fragend sah sie mich an. Sie provozierte streit. „ Du hast echt Talent darin, Leute eiskalt zu erwischen!“ Grinsend bekam ich zur Antwort: „Jap das ist eine meiner besten Leistungen. Mal im Ernst was dachtest du denn, was das hier wird? Wir stellen alles hin und dann läufst du heim?“ Wow sie war echt dreist. „Nein ich dachte wir stellen das hin und gucken uns das an. Und dann reden wir nochmal drüber.“ Das Wort ‚reden‘ betonte ich extra. Genervt verdrehte sie die Augen: „Hör zu Crue, ich hab genauso wenig Lust auf das ganze wie du. Und nicht nur für dich ist das unangenehm hier nackt zu stehen. Ich muss dich anschauen und das nicht nur flüchtig. Also ist es für mich genauso blöd. Aber wenn es dir hilft machen wir jetzt erst mal eine Probezeichnung. Das heißt du behältst deine Klamotten an. Später kann ich dich dann ausradieren und wir machen das richtig. Ist das ein Kompromiss für dich?“ „Hab ich denn eine andere Wahl?“ schnauzte ich sie an. Sie war ehrlich überrascht als sie erwiderte: „Ja du hast die Wahl. Wenn du nicht willst, dann musst du nicht. Du kannst jederzeit gehen.“ Einige Sekunde schauten wir uns nur an. Gerade als ich mich umdrehen wollte, um das Angebot anzunehmen, setzte sie nach. Und mit ihrem Satz nahm sie mir jegliche Möglichkeit aus der Sache wieder raus zu kommen. „Die Frage ist nur, wie du dann vor deinen Jungs da stehst.“ ‚Gib auf Jason Crue. Gegen diese Frau hast du absolut keine Chance.‘ Sie schaute mich nicht mal an, sondern spitzte einfach nur ihren Stift. „Verfluchte scheiße! Warum muss sowas eigentlich immer mir passieren? Nein sag nichts. Ich will’s nicht wissen!“ lies ich meinem Ärger freien lauf. Schweigen. Keine Reaktion von ihrer Seite. Ich konnte ja mit vielem umgehen, aber nicht mit drückender Schweigsamkeit. 1000 Gedanken rasten mir durch den Kopf. Aber nur einen davon bekam ich zu fassen. ‚Wo liegt eigentlich das Problem? Es ist ja nicht so als ob du das erste Mal vor einem Mädchen blank ziehst.‘ Fast als könnte sie Gedanken lesen fragte Charley leise: „Ist es den so ein großes Ding dich vor mir zu zeigen?“ „Jain. Normalerweise werde ich nicht begutachtet, sondern…“ lies ich den Satz offen. Mir wurde bewusst, was ich gerade sagen wollte. Und irgendwie waren mir meine Frauengeschichten plötzlich peinlich. „Hast deinen Spaß.“ Vollendete sie dafür meine Worte. ‚Tief durchatmen Jason Crue! Du musst dich für nichts rechtfertigen!‘ ermahnte ich mich selbst: „Ja so in der Art.“ Die Stille die jetzt entstand war fast zum greifen. Sie beschäftigte sich mit ihrer Leinwand und ich stand einfach nur an die Werkbank gelehnt da. Ich beobachtete Charley dabei wie sie hochkonzentriert den Stift bewegte. „Kann ich dich was Fragen?“ schoss es mir raus bevor ich überlegen konnte. Lächelnd schaute mich dieser rothaarige Wirbelwind an: „Klar was immer du willst.“ Tief luftholend versuchte ich mir die Worte zu recht zu legen. Es misslang deutlich: „Was passiert mit dem Bild wenn es fertig ist?“ „Ich gebe es an Mr. Jenkins. Der bewertet es dann. Mehr weis ich nicht.“ Gab sie ehrlich zu. Vor mich hin nickend versuchte ich mich zu einer Entscheidung durch zu ringen. Abwartend musterte die Künstlerin mich. „OK. So viele Optionen bleiben mir ja nicht.“ Ich entschied mich für den Frontalangriff. Mit einem Ruck stieß ich mich ab und zog mein Hemd über den Kopf, streifte die Schuhe und die Hosen ab. Schneller als mir bewusst und lieb war stand ich im Adamskostüm vor ihr: „Was genau muss ich jetzt tun?“ mit Genugtuung konnte ich feststellen, dass sie knallrot hinter ihrer Leinwand verschwand. Anscheinend war das hier nicht nur mir peinlich. Was mir wieder ein bisschen Selbstbewusstsein zurück gab: „Na gefällt dir was du siehst?“ Ein leises räuspern war zu vernehmen: „Hrm dafür müsste ich erst mal genauer hinschauen.“ Stotterte eine piepsige Stimme. ‚Also mache ich dich doch nervös. Gut so!‘ freute ich mich diebisch über ihre Reaktion. „Am besten stellst du dich so hin wie auf dem Photo. Ungefähr auf der Höhe vom Kofferraum. Aber ein bisschen weiter vorne, damit die Perspektive stimmt.“ Kam die Anweisung, ohne dass mich auch nur ein Blick traf. Mit zwei Schritten war ich auf der angewiesenen Position: „Ist das so gut?“ versicherte ich mich. „Ja gut so. Und jetzt versuch einfach stillzuhalten.“ Ein leichtes Zittern war noch zu hören, aber nur wenn man genau hinhörte. Meinen Gedanken nachhängend stand ich also still. Wie lange schon wusste ich nicht, nur das eine ziemliche Spannung zwischen uns herrschte. Um diese aufzulockern versuchte ich ein Gespräch mit ihr auf zu bauen: „Du Charley? Wie ist es so in Afrika?“ Da ich meinen Kopf eh soweit gedreht hatte, dass ich über die Schulter zurück schauen konnte, sah ich auch den überraschten Blick von ihr. Schnell waren die roten Haare wieder hinter ihrer Staffelei abgetaucht. Von dort aus antwortete sie dann auch: „Es ist anders als hier. Man lebt langsamer und genügsamer. Die meisten machen sich kaum einen Kopf über Dinge, die außerhalb der eigenen Farm stattfinden. Die Leute sind irgendwie kreativer.“ „Was meinst du mit kreativer?“ wollte ich es jetzt genauer wissen. „Naja es gibt nicht für jeden die Möglichkeit einfach in den nächsten Super- oder Baumarkt zu fahren und alles zu kaufen. Und selbst wenn man einen in der Nähe hat, ist das Angebot nicht mal halb so groß, wie du es kennst. Oft muss man gucken, wie man mit dem was da ist und dem was zu bekommen ist, das bauen kann was gebraucht wird. Es ist eine absolut andere Wertschätzung als hier. Es wird auch bei weitem nicht so viel weggeworfen wie hier. Dort überlegen sich die Menschen mehr als einmal, ob die Sache nicht irgendwie zu reparieren ist. Und vor allem wissen die Leute das Vorhandene zu schätzen. Weil es eben nicht selbstverständlich ist.“ Völlig gefesselt hing ich an ihren Lippen. Auch wenn von ihrem Gesicht nichts zu sehen war. In den wenigen Minuten in denen wir sprachen, hatte ich fast schon vergessen, dass ich ohne sämtliche Kleidung vor einem fast fremden Mädchen posierte: „Erzählst du mir von eurer Farm?“ fragte ich vorsichtig weiter. Jetzt schauten mich über den Rand der Leinwand zwei überraschte grüne Augen an: „Warum willst du das wissen?“ stellte Charley ihre gegen Frage. „Weil ich neugierig bin. Und es mich interessiert.“ ‚Und außerdem lenkt es mich von dem ganzen Mist hier ab. Fügte ich stumm hinzu. Dass ich noch nie die Grenzen von Miami verlassen hatte, verschwieg ich ihr auch. Argwöhnisch musste ich mich noch kurz beobachten lassen. Sie seufzte: „Was soll‘s. Ist ja kein Geheimnis dabei. Unsere Farm war ungefähr 5500 Hektar groß. Ein bisschen Wald, ein bisschen Steppe, ein paar Hügel. Nichts Spektakuläres. Aber für mich das Paradies. Keine Hektik, kein Verkehr, niemand weit und breit der einem auf den Keks gehen konnte. Kannst du dir das Vorstellen? Niemanden zu sehen, wenn du nicht willst?“ „Nein kann ich nicht. Irgendeiner ist immer da.“ Musste ich gestehen. Was mich zu meiner nächsten Frage brachte: „Warst du nicht manchmal ein bisschen einsam?“ Glockenhelles lachen erklang: „Ich und einsam? Niemals! Ich fühle mich jetzt sogar einsamer in der Menge der Menschen als dort. Niemand kennt dich. Umgekehrt kennst du auch niemanden wirklich. Guck mich an, ich bin jetzt seid knapp drei Wochen hier. Frag mich aber bitte nicht wer die Nachbarn sind. Ich weis es nicht. Schon traurig irgendwie. So weit wie die umliegenden Farmen auch entfernt waren. Jeder kannte seine Nachbarn. Nicht nur mit Namen, sondern auch das Gesicht dazu. Wir wussten auch, dass wir auf einander zählen konnten in Notfällen. Es ist einfach ein ganz anderes Gefühl.“ Angestrengt versuchte ich mir das vorzustellen, was sie beschrieb. Es gelang mir nicht mal ansatzweise. Ihre Worte holten mich zurück in die Gegenwart: „Was ist mit dir?“ „Was soll mit mir sein?“ Ich hatte keine Ahnung was sie von mir wollte. „Naja wo kommst du denn her?“ Interesse lag in ihrem Gesicht. Räuspernd drehte ich mich ganz zu ihr um. Sofort versteckte sich Charley wieder hinter dem Bild: „Könntest du dich bitte wieder umdrehen? Es recht mir schon deinen Hintern anschauen zu müssen.“ Jetzt gewann ich wieder an Oberwasser. Lachend über meine Gedankenlosigkeit zog ich sie auf: „So eine große Klappe hast du“ mit den Armen weit auseinander stand ich splitterfaser nackt vor ihr „Und dann willst du so schüchtern sein?“ Amüsiert machte ich jetzt noch einen Schritt auf ihren Platz zu. Noch einen und ich schaute von oben über die Staffelei. Ein knallrotes Gesicht schaute zu mir hoch: „Kannst du dich bitte einfach in Luft auflösen?“ fragte sie kleinlaut. „Und schüchtern bin ich schon mal gar nicht!“ „Ach nein? Warum versuchst du dann den Tomaten Konkurrenz zu machen?“ Es konnte ja nicht schaden mich ein bisschen zu rächen für die Aktion vorhin. Schulterzucken begleitete ihre nächsten Worte: „Das weis ich auch nicht. Aber glaub mir ein nackter Mann schüchtert mich definitiv nich ein.“ Die Spannung zwischen uns war aufgelöst.
Der Plan wird umgesetzt
‚Ach du scheisse!‘ waren meine einzigen Gedanken. Mit dem letzten bisschen Anstand, kratzte ich meine Selbstbeherrschung zusammen. ‚Nicht starren, sabbern, oder komische Geräusche machen.‘ wiederholte ich mein stummes Mantra immer und immer wieder. Auch der Stift lief nicht mehr so flüssig wie am Anfang. Mit Mühe und Not schaffte ich es dennoch, ein paar brauchbare Skizzen zu machen. Seine Fragen über meine Heimat lenkten mich ein bisschen ab. Es war schön mal wieder mit jemandem über „Zu Hause“ zu sprechen. Unsere Eltern waren nicht da und Ralf sagte nicht viel zu dem Thema. Er war maßlos enttäuscht über unsere Freunde. Es war noch keine vier Wochen her, als wir uns verabschiedet hatten, und trotzdem waren wir jetzt schon vergessen. Meine Mails an Cloe und den Rest der Band blieben unbeantwortet, oder waren so knapp, dass sie meistens nicht mehr wie ein oder zwei Sätze beinhalteten. Das Heimweh war dementsprechend groß. Fast vergas ich den Grund warum wir eigentlich in dieser Situation waren. Er gab mir sogar das Gefühl, ehrlich interessiert zu sein. Je länger wir uns unterhielten, desto mehr hatte ich die Chance den richtigen Jason Crue kennen zu lernen. Und nicht den Macho, Starspieler, Frauenschwarm, und Großmaul Captain Crue. Ganz leise beschlich mich auch der Verdacht, dass seine ganze Art in der Öffentlichkeit nur ein Image war und er nur versuchte sich dahinter zu verstecken. Aber wer wusste das schon. Die meisten taten das in der High-School um nicht unter zu gehen. Vorsichtig versuchte ich meinen Verdacht bestätigen zu lassen. Auf meine Frage was mit ihm ist, wich er aus. ‚Das Thema ist noch nicht vom Tisch mein Lieber.‘ dachte ich grinsend. Was mir im nächsten Moment aber schon wieder verging. Mitten im Satz drehte er sich um, sodass ich jetzt seine Vorderseite sehen konnte. Sofort schoss mir das Blut in die Wangen. Mit eingezogenem Kopf bat ich ihn sich wieder umzudrehen. Es viel mir nicht leicht ihn nicht anzuschmachten. Stahlhart trainierte Bauchmuskeln, alles wohldefiniert, kein Gramm Fett. Ein silberner Stecker in der rechten Brustwarze, und der Footballpokal auf seiner Hüfte rundeten das Bild von Sex auf zwei Beinen ab. Ein kribbeln fuhr mir in den Bauch. ‚Du musst ihm wiederstehen!‘ fauchte ich mich selbst an. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig. Und ausgerechnet jetzt schaute das Objekt meiner körperlichen Begierde auch noch über den Rand der Staffelei und machte sich über mich lustig: „So eine große Klappe hast du und dann willst du so schüchtern sein?“ So ein Arsch aber auch. Musste er meine Schwäche so schamlos ausnutzen? Weil mir nichts besseres einfiel fragte ich Jase, ob er sich nicht einfach in Luft auflösen kann. Aber wie zu erwarten, kam er meiner Bitte nicht nach. Auch meine Verteidigung, dass ich nicht schüchtern bin schlug er grinsend in den Wind. Als ob ich mit Absicht versuchte so rot zu sein wie Tomaten. Am liebsten hätte ich ihn erwürgt. Hatte seine Mum ihm nicht beigebracht, dass man auf den Schwächen anderer nicht herum reitet? Mit einem letzten Versuch wollte ich ihm das dreckige Grinsen aus dem Gesicht wischen: „Das weis ich auch nicht. Aber glaub mir ein nackter Mann schüchtert mich definitiv nich ein.“ Und tatsächlich, zuckte es kurz um seine Mundwinkel. Langsam änderte sich auch wieder meine Gesichtsfarbe. Jetzt war ich wieder Herr über meine Sinne. Oder besser gesagt Frau. „Also was ist mit dir? Wo kommst du her?“ setzte ich erneut an. Ernst schaute Crue mich an. Nichts war mehr übrig von der Überheblichkeit eben. Dafür konnte ich Argwohn erkennen: „Warum willst du das wissen?“ „Sagen wir einfach ich bin neugierig.“ Schnell fügte ich noch ein: „Für meine Arbeit hier.“ Hinzu und wartete ab. Nach einem kurzen Blickduell setzte er zum Rückzug an. Immer noch wortlos begab er sich wieder auf seine Position. Nicht mehr mit einer Antwort rechnend setzte ich wieder zum Zeichnen an. Ein ungutes Gefühl beschlich mich trotzdem. ‚War ich zu neugierig? Oder ist es ihm Peinlich die Frage zu beantworten?‘ Ohne zu überlegen redete ich drauf los: „Weist du Crue, es ist O.K. wenn du darüber nicht sprechen willst. Ich werde auch nicht versuchen dich zum erzählen zu bringen.“ Wieder keine Reaktion, nur der leere Blick von Eben. „So ein Portrait besteht nicht nur aus einem Abbild der Person, sondern fängt auch deren Persönlichkeit ein. Um dich richtig darstellen zu können, ist es also für mich wichtig ein bisschen was über dich zu wissen. Egal was. Ich bin nicht an den Leichen in deinem Keller interessiert, sondern an dir.“ Da war es wieder, zwar nur leicht, aber sichtbar. Das umwerfende Grinsen: „So so. Du bist also an mir interessiert?!“ ‚Oh Charley! Das du dich immer in so Situationen bringen musst. Denk doch erst nach und mach dann den Mund auf.‘ „Ja, nein. Das hast du völlig falsch verstanden.“ Versuchte ich die Sache noch zu retten. „Also ja, ich bin interessiert an deiner Persönlichkeit. Damit ich dich im richtigen Licht hinstellen kann. So wie du das wolltest. Du erinnerst dich?“ Dass ich im Moment noch ganz andere Wünsche hatte, verschwieg ich. War das, bei dem Anblick den er mir bot, auch ein Wunder? Ich glaube nicht. Gerade als ich die letzten Linien nachziehen wollte, fing er an zu erzählen: „ Naja viel gibt’s da nicht zu sagen. Wir sind hergezogen als ich ungefähr 15 war. Damals war ich durch und durch Rocker. Mit allem was dazugehört.“ Er lächelte bei der Erinnerung. „Lange schwarze Haare, schwarze Klamotten, schwarzes Make Up. Mein großes Vorbild, jedenfalls musikalisch, damals war Alice Cooper.“ „Krasse Vorstellung.“ Kommentierte ich seine Beschreibung. „Meinst du? Mittlerweile bin ich fast froh, dass ich damals erst 15 war. Stell dir mal vor, wie ich heute aussehen würde, wäre ich zu der Zeit schon volljährig gewesen. Wahrscheinlich von oben bis unten zutattoowiert und abgefuckt.“ Jetzt musste ich doch lachen: „Du meinst so richtig abgefuckt? Nein das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Aber wenn du magst, können wir das gerne mal ausprobieren.“ Mit großen Augen musterte er mich: „Meinst du das ernst?“ Mit dem Gedanken spielend schaute ich auf meine Skizze: „Warum eigentlich nicht. Du würdest dich bestimmt wohler fühlen, wenn man dich nicht auf den ersten Blick erkennt und für mich macht das kein Unterschied. Also wenn du willst verwandeln wir dich in einen Rocker.“ Seine Augen leuchteten als er antwortete: „Na dann los.“ Und schon war er auf dem Weg zur Tür. Irritiert rief ich Jase hinterher: „Willst du nicht wenigstens deine Shorts wieder anziehen?“ Jetzt war es an ihm rot zu werden. Verlegen murmelte der große Kerl eine Entschuldigung: „Die hätte ich jetzt tatsächlich vergessen.“ Weiter vor mich hin grinsend wies ich ihn an mir zu folgen. „Warte hier kurz. Ich such noch schnell ein paar Sachen zusammen. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte ich die Treppe im Wohnzimmer nach oben. Irgendwann hatte ich mal den Spleen, dass ich Maskenbildnerin werden wollte am Theater oder beim Film. Über das Internet hatte meine Mum einen Koffer bestellt mit sämtlichen Utensilien die man so braucht. Oder brauchen könnte. Nur wo hatte ich den hin. Zu letzt gesehen hatte ich ihn beim Einziehen. Beim Ausräumen der Sachen war er mehr als einmal im Weg gestanden, worauf ich ihn wegpackte. Nach einem Flüchtigen Blick ins Bad stellte ich fest, dass er nicht dort war. ‚Du solltest endlich anfangen Ordnung zu lernen. Dein Chaos bringt dich irgendwann mal noch um Kopf und Kragen.‘ ermahnte ich mich zum bestimmt hundertsten Mal selbst in den letzten Wochen. Nach einem Blick unters Bett und hinter den Schreibtisch blieb nur noch eine Möglichkeit übrig. Und tatsächlich, ganz hinten im Schrank stand er. Umständlich, weil der Kasten so sperrig war, versuchte ich die Treppen runter zu kommen, ohne hinzufallen. Von unten kam nur vorwurfsvoll: „Sag doch was. Ich kann dir doch helfen.“ Erleichtern nahm ich das Angebot an: „Das wäre hilfreich. Danke.“ Minuten später saß ich mitten auf dem Boden und hatte unzählige Tiegelchen, Töpfchen, Tübchen, Paletten, Pinsel und Schwämmchen um mich rum ausgebreitet. Ständig verfolgt von Crue’s misstrauischen Blicken. „Also was stellst du dir genau vor wie du aussehen willst?“ fing ich an. „Naja wie ein Rocker halt.“ Erklärte Jason Schulter zuckend. Sarkasmus schwang in meiner Antwort mit: „Das ist die Erklärung den Jahres. Wie sehen denn deine Rocker so aus? Wie Kizz, AC/DC oder doch eher wie Marilyn Manson?“ „Hm gute Frage. Ich dachte eher an eine Mischung aus den Madden Brüdern von Good Charlotte und Fred Durst. Was hältst du davon?“ unsicher schaute er mich an. Ich versuchte mir die Bilder der genannten ins Gedächtnis zu rufen. „Also gut. Dann lass uns mit deinen Haaren anfangen.“ Schon war ich aufgestanden. Protestierend stand Jase auf: „Eigentlich hatte ich nicht vor die nächsten Wochen mit dunklen Haare rum zu laufen.“ „Musst du auch nicht. Es gibt da so Kreide. Die ist spätestens mit der zweiten Haarwäsche wieder raus. Kannst du damit leben?“ gleichzeitig Streckte ich meine Hand aus, welche er auch ergriff. Wie bei einem Stromschlag fingen meine Finger sofort an zu kribbeln. Aber loslassen konnte ich auch nicht. Erschrocken suchte ich seinen Blick. Sekundenlang hielten mich die rauchgrauen Augen gefangen. Wo sollte das nur wieder hinführen? Mit einem Ruck riss ich mich von seinem Gesicht los. „OK aber wenn’s länger drinbleibt komm ich zu dir und versohl dir eigenhändig den Hintern.“ Zwinkerte Crue. Kichernd zog ich ihn hinter mir her: „Das werden wir dann sehen, wer hier wen versohlt.“ Nach gut einer Stunde waren wir fertig und ich zufrieden mit dem Ergebnis. Noch ein bisschen die Frisur zu recht zupfend erklärte ich mich zufrieden: „So jetzt hast du’s geschafft.“ „Darf ich dann endlich auch mal in den Spiegel gucken?“ musste ich mich an maulen lassen. Mit der neutralsten Miene, die ich in dem Moment aufsetzen konnte, zog ich das Tuch vom Spiegel, welches ich vorher drüber geworfen hatte. Rein Optisch gesehen stand neben mit jetzt ein völliger anderer Mann. ‚Was ein bisschen Haarfarbe doch alles ausmachen kann‘ dachte ich innerlich grinsend.
Jase‘ Sicht
„Krass!“ rutschte es mir raus. Vorsichtig fingerte ich in meine Haare. Und schon bekam ich einen leichten Klaps. „Hei was soll das?“ „Lass deine Finger da raus. Das hat ewig gedauert die so hin zu kriegen.“ Musste ich mich maßregeln lassen. Aus dem Spiegel schaute mich meine dunkelhaarige Version an. Schon jetzt wäre ich auf der Straße an mir vorbei gelaufen, ohne mich zu erkennen. Wie sollte das erst sein, wenn die kleine mit mir fertig war? Fasziniert betrachtete ich das Ergebnis als Charley mich fragte: „Und gefällt‘s dir?“ „Keine Ahnung, im Moment ist es echt ungewohnt mich nach Jahren mal wieder so zu sehen. Interessant ist es aber schon.“ Musste ich zugeben. „Na dann.“ Kam es emotionslos von ihrer Seite. „Sollen wir aufhören oder willst du das jetzt zu Ende bringen?“ grinsend wandte ich mich an diese kleine Hexe, die anscheinend alles mit mir anstellen konnte, ohne das ich dem gewachsen wäre: „Lass uns weitermachen.“ Im Stillen fügte ich noch hinzu ‚Dir scheint das ja genauso viel Spaß zu machen wie mir.‘ grinsend gingen wir wieder runter. „Setz dich auf den Hocker da. Dann fangen wir mal an mit deinem Rocker Image.“ Nickend kam ich der Aufforderung nach. „Was kommt als erstes?“ wollte ich wissen. „Am besten zuerst die Farbe. Die muss ja auch noch ein bisschen trocknen. Dein Tribal ist auf jeden Fall zu klein für dein neues Ich. Das muss erweitert werden.“ Erklärte sie die nächsten Schritte. Gesagt, getan. Vorsichtig fing Charley an mein vorhandenes Tattoo vom Oberarm, zum Handgelenk über die Rippen bis hin zum Rücken, zu erweitern. Auch mein Nacken und der Hals blieben nicht leer. Jedesmal wenn ihren warmen Hände mich berührten hinterließ es ein kribbeln auf meiner Haut. Ganz besonders im Nacken hatte ich mühe mich zu beherrschen. Jedesmal wenn ihr Atemzug die feinen Härchen streifte, lief mir ein Schauer über den Rücken und eine Gänsehaut überzog meine Arme. ‚Wenn du noch lange weitermachst, kann ich für nichts mehr garantieren Mädchen.‘ warnte ich sie stumm. Immerhin sagte sie nichts zu der Wirkung, die sie auf mich hatte. Oder besser gesagt ihre Berührungen. Schließlich war ich in dem Bereich besonders Empfindlich. Da konnte jede Frau stehen. Die ganze Zeit über redete ich mir ein, dass das nichts mit Charleen zu tun hatte. Wer weis, was passieren wäre, wenn ich meinem körperlichen Verlangen nachgegeben hätte. Endlich nach einer gefühlten Ewigkeit war die Künstlerin mit ihrem Werk zufrieden: „So das war schon mal der erste Teil. Soll ich weitermachen oder ist dir das schon genug?“ Verunsichert fragte ich: „Was meinst du mit weitermachen? Rechts ist ja gar kein Platz mehr für mehr.“ Es sollte ein Wink mit dem Zaunpfahl sein, die Finger von mir zu lassen, bevor ich mich nicht mehr zurück halten konnte. Leider verstand Charley den nicht oder wollte es nicht verstehen. Schon stand die kleine Frau vor mir und musterte mich scharf. „Naja sooo Rockermäßig ist das noch nicht. Da ist noch viel zu viel Haut zu sehen.“ Stellte sie nach eingehender Prüfung fest. Mit dem spitzen Ende vom Pinsel strich mir dieses kleine Biest vom Hals über die Brust bis zum Bauch. Nur mit Mühe unterdrückte ich das Zucken. Den Schauer, der mich überlief, konnte ich allerdings nicht mehr stoppen. Das dreckigste Grinsen, das ich seit langem bei einer Frau gesehen hatte, machte sich bei Charley breit. ‚Gib auf. Du hast keine Chance.‘ witzelte mein Unterbewusstsein. Unschuldig, wie eine Nonne, kam die Frage: „Du bist doch nicht etwa kitzlig oder?“ Es gab zwei Möglichkeiten. Lügen, was bedeutet, dass ich sage ich bin kitzelig. Oder die Wahrheit. Beides keine guten Alternativen. Einen Luftzug konnte ich auch nicht anführen, die Terrassentür war zu. Je länger ich zögerte, desto offensichtlicher wurde die Antwort: „Nein, mich hat‘s nur kurz geschüttelt.“ ‚Super Crue! Was Besseres ist dir jetzt nicht eingefallen. `Mich hat’s nur kurz geschüttelt´ Das ist die lahmste Ausrede die du je vorgebracht hast.‘ schimpfte ich mich selbst. Auch Charley schien das bemerkt zu haben. „So so, geschüttelt.“ Der Sarkasmus tropfte förmlich aus den Worten. ‚Jetzt nicht klein beigeben!‘ ermahnte ich mich. Laut und mit aller Überzeugung, die ich aufbringen konnte, sagte ich: „Ja geschüttelt.“ Wieder erntete ich dafür das unverschämt, wissende Grinsen, das mich noch nervöser machte, als ich eh schon war. „Na dann.“ Mit einem Schritt stand Charley hinter mir. Warme Fingerspitzen fuhren die frisch gezeichneten Linien nach. Jedenfalls vermutete ich, dass es die waren. Als hätte ich laut gesprochen, murmelte sie: „So da ist schon mal alles trocken.“ Fast berührten ihre Lippen mein Ohr als Charley das flüsterte, was ich mir im Moment am sehnlichsten wünschte: „Leg dich auf die Couch Süßer.“ Heiße Wellen überrollten mich. Hatte ich mich verhört? Bestätigung suchend drehte ich mich um: „W w was?“ stammelte ich heißer. Nervosität war jetzt gar kein Ausdruck mehr, für das Gefühl, was sich gerade in meiner Lendengegend breit gemacht hatte. Die verbale, kalte Dusche folgte schneller als erwartet: „Du sollst dich auf die Couch legen, und wenn’s geht, bitte auf den Rücken, damit ich vorne weiter machen kann.“ Lachte Charley. Innerhalb von Sekunden war ich wieder Herr über mich. Hart schluckend nickte ich. Diese miese kleine Person amüsierte sich wohl königlich auf meine Kosten. Außerstande auf die offensichtliche Provokation einzugehen, legte ich mich lang: „So gut?“ nickend, bestätigte der Wirbelwind meine Position. Sofort war der Blick wieder abschätzend: „Hast du ein Wunschmotiv, oder soll ich das Tribal weiterführen?“ „Was hältst du von einem schwarzen Bike mit einem Raben? Also auf jeden Fall will ich keine Farbe. Schwarz und grau das reicht.“ Erklärte ich meine Vorstellungen. Charley nickte bestätigend: „Alles klar also ein Skull Bike und ein schwarzer Vogel. Kommt sofort.“ Schneller als erwartet waren auch die beiden Zeichnungen fertig. Mit einem Blick an mir runter stellte ich fest, dass die Bilder meine komplette rechte Brust bedeckten mit. Die Kugeln von meinem Piercing bildeten Chromteile von dem Bike. „Hast du einen Spiegel?“ wollte ich wissen. „Willst du nicht warten bis ich mit dir fertig bin?“ kam die gegen Frage. „Hm wenn du noch lange brauchst halt ich das nicht mehr aus.“ Grinste ich. Zwinkernd bestätigte Charley mir aber: „Gut zu wissen. Gib mir noch ein paar Minuten, dann bin ich fertig.“ Mit schnellen Schritten war sie im ersten Stock verschwunden. Vorsichtig setzte ich mich wieder auf den Hocker. ‚Was zum Teufel mach ich hier eigentlich? Ist das nicht das, was du unbedingt hinter dir lassen wolltest? Ich weis es doch auch nicht. Die Kleine bringt mich einfach dazu das zu tun was sie gerade will. Ach jetzt hör aber auf. Du weist ganz genau das du dieses mal der Anstifter warst.‘ hielt ich Zwiesprache mit mir selbst. „Hast du was dagegen?“ riss Charleen mich aus meinen Gedanken. Zwischen den Fingern hatte sie einen großen silbernen Ring. „Was hast du damit vor?“ verunsichert schaute ich hoch. Mit dem Zeigefinger deutete sie auf meine Brust: „Naja die Rocker die ich kenne, haben keine kleinen Stecker.“ „Achso. Gib her, das mach ich lieber selber.“ Stimmte ich zu, bevor ich richtig drüber nachdenken konnte. Während dessen, machte Charley sich wieder über dem Koffer zu schaffen. Was sie da tat bekam ich einige Sekunden später zu sehen. Ein mulmiges Gefühl breitete sich aus. „Mach die Augen zu. Und erst wieder aufmachen, wenn ich das sage.“ Die Anweisung kam in einem derart professionellen Ton, dass ich automatisch reagierte. „Still halten jetzt.“ Setzte sie noch nach. Und schon fummelten die kleinen Hände in meinem Gesicht rum. Ein kurzes starkes stechen in der Nase lies mich doch zucken: „Hei was zum Henker treibst du hier?“ rief ich erschrocken aus. Kichernd murmelte sie: „Keine Sorge. Ich tue nichts was du nicht wolltest. Und jetzt nochmal stillhalten.“ Keineswegs beruhigt tat ich doch was verlangt war. Mit einer Pinzette dokterte meine Visagistin an meiner Unterlippe rum. Zuerst rechts, dann links und schlussendlich zog sie die Mitte leicht auseinander. Um einen Ring darüber zu schieben. Schnell nahm die kleine Person einen Schritt abstand und musterte das Ergebnis. Sekunden später nickte sie: „So fertig. Wenn du willst kannst du dich jetzt angucken gehen.“ Unsicher, was mich erwartet, lies ich mir den Weg zum Spiegel zeigen. Sprachlos stand ich davor. Vorsichtig, um nicht wieder einen Klaps zu riskieren, berührte ich mein Gesicht. Erschrocken musste ich feststellen, dass der Mann gegenüber tatsächlich mein Ebenbild war. Sie hatte ganze Arbeit geleistet. Der schwarze Kajal in Kombination mit dem hellen Puder und den dunklen Haaren liesen mich wie einen Grufti wirken. Die beiden Fake-Piercings in meiner linken Augenbraue, der massive Ring im Septum und die zwei Spikes in der Unterlippe machten das Bild von einem Shockrocker noch besser. Mit den Fingerspitzen schob ich zu Sicherheit doch an dem dicken Ring in meiner Nase. Zu meiner Erleichterung lies er sich ohne Schmerzen oder Einschränkungen bewegen. Also war dieser auch nur eingeklemmt worden. Die schwarzen Bilder auf mir machten das Ergebnis erst 100 prozentig perfekt. „Wow das is echt abgefahren! Nicht mal meine Mutter würde mich jetzt noch erkennen. Und das in nicht mal zwei Stunden.“
Ein fertiges Bild
„Dann bist du also zufrieden mit dem Ergebnis?" wollte ich von Jase wissen. „Ob ich zufrieden bin? Das fragst du noch? Wenn nich mal meine Mum mich noch erkennt, wird das sonst wahrscheinlich auch keiner tun. Das ist perfekt." Versicherte er zufrieden. „Dann hast du wohl auch nichts gegen eine neue Photoserie." ‚Vorsicht Charley, nicht zu schnell. Du kannst keinen Rückzieher brauchen.‘ warnte ich mich. Doch die Mahnung war umsonst. Grinsend nickte der jetzt „fast" Fremde: „Nein kein Ding. Wieder auf der Terrasse, oder lieber in der Garage? Wobei, nein, lass uns in die Garage gehen. Da steht das Auto und es ist ein bisschen… wie soll ich das sagen? Männlicher???" kichernd stimmte ich zu: „Ja männlicher, das wird’s sein." Zu meinem Glück bemerkte er die Ironie in meinem Satz nicht. Das Shooting lief super. Crue strotzte nur so vor Selbstbewusstsein. Kein bisschen schüchtern oder verklemmt wie am Anfang. Dafür war ich umso kribbeliger. War er vorher schon Sex am Stiel, dann strahlte er jetzt all das aus, was Millionen von jungen Mädchen wollten: Macho, stark, hart, perfekt trainiert, geheimnisvoll, ein bisschen böse, teuflisch heiß. So zeigte er sich auf den Bildern. Und ich hatte den Ladykiller höchst persönlich erschaffen. Wenn ich jetzt nicht verdammt gut aufpasste, würde ich gleichzeitig auch sein erstes Opfer werden. Mein Puls schlug bis zum Hals, das Blut kochte in meinen Adern, mit jedem Schuss noch ein bisschen mehr. „Crue gibst du mir nochmal die Pose für das Kunstprojekt? Bitte. Dann kann ich die Details in Ruhe machen. Und uns bleibt die Peinlichkeit erspart, dass einer nackt sein muss." Ich hatte ja echt mit fast allen antworten gerechnet, aber nicht damit: „Sicher Baby, alles was du willst." Das unverschämte Grinsen blitzte in der halbdunklen Kulisse. ‚Oh man. Notiz an mich selbst: Die Farbe besteht aus purem Testosteron. Und wenn du wüsstest was ich jetzt gerade will…‘ seufzte ich innerlich. Trotzdem versuchte ich, nicht näher auf die Zweideutigkeit einzugehen: „Na dann auf geht’s." Schnell waren die letzten Bilder gemacht, als ich mit einem Blick auf die Uhr feststellte, dass es mittlerweile nach Mitternacht war: „Oh Shit." Verwundert fragte Jason: „Was ist los? Akku leer? Speicherkarte voll?" In der Sekunde wurde meine Befürchtung auch schon von knatternden Motorengeräuschen bestätigt: „Nein, das nicht. Aber wir bekommen Besuch." Mit vor Schreck geweiteten Augen stand er vor mir: „Von wem?" Ich wollte meine Freundin nicht verraten, ihn aber auch nicht. Viele wussten das er Model stand, aber nicht alle und schon gar nicht wie. Irgendwie musste ich es schaffen, die beiden an einander vorbei zu schleusen. „Ok hör‘ zu, du wartest hier. Ich bin in ein paar Minuten wieder da. Beweg dich bis dahin nicht von der Stelle." Und schon war ich zur Tür raus. Mit einem Wisch schob ich sämtliche Verwandlungsutensilien in den Koffer und klappte diesen zu. Genau in diesem Moment kam Kerr rein. „Hi du bist ja noch wach?" begrüßte sie mich. „Klar es sind Ferien was glaubst du denn? Wie war die Arbeit?" geschickt versuchte ich allen Fragen, über meinen Abend, aus dem Weg zu gehen. „Anstrengend kann ich dir sagen. Nach heute bin ich bestimmt zehn Zentimeter kleiner, weil ich mir die Füße abgelaufen habe. Und hundemüde bin ich." Besser hätte ich es nicht treffen können: „Na dann komm. Gönn dir noch ein schönes Entspannungsbad. Danach fühlst du dich bestimmt besser." Ich wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern zog sie gleich hinter mir her. Trotzdem protestierte sie: „Ach was. Das muss nicht sein. Eine kurze Dusche reicht auch. Mach dir wegen mir mal keine Umstände. Du willst bestimmt auch ins Bett." Kichernd wehrte ich ab: „Das sind doch keine Umstände. Ich bitte dich. Du bist ja schon groß und kannst alleine Baden. Da muss ja niemand mehr den Bademeister spielen." „Na gut. Aber nur weil du drauf bestehst." Gab sie nach. Zuerst zeigte ich Kerr ihr Zimmer und schickte sie dann mit einem stoß flauschiger Handtücher ins Bad: „Lass dir ruhig Zeit. Und bedien dich bitte an den Schaumbädern. Wenn was ist, ich bin unten und räume noch ein bisschen auf." Eine viertel Stunde später stand ich wieder in der Garage. „Das war knapp. Jetzt zu dir. Wir hätten noch Zeit. Wenn du magst machen wir noch ein bisschen weiter. So schnell werden wir nicht mehr gestört." Falls er neugierig war, lies er es sich jedenfalls nicht anmerken. „Zum Glück. Stell dir vor, jemand erkennt mich so. Da wäre die Hölle los." „Ok gut. Dann lass uns noch ein paar Bilder machen. Immerhin müssen wir das ganze hier ja auch wieder beseitigen." Mit einem vielsagenden grinsen pikste ich ihm, mit meinem Zeigefinger, in die angespannten Bauchmuskeln. „Das dürfte das kleinste Problem sein. Einmal gründlich Duschen und schon war‘s das." Auf mein Kopfschütteln fügte er noch ein misstrauisches „Oder nicht?" hinzu. Entschuldigend klärte ich ihn auf: „Ganz so einfach ist das leider nicht. Das ist ein Hollywood Koffer. Das bedeutet, dass das echte Theater oder Film Farbe ist. Die sind extra dafür ausgelegt lange zu halten. Die Schauspieler laufen oft Tage und Wochenlang mit den künstlichen Tattoos übers Set. Schließlich sollen die ja den ganzen Film über gleich aussehen." „Heißt das, ich muss die nächsten paar Wochen so rumlaufen?" Dabei zeigte er auf sein Gesicht und den Oberkörper. „Charley das meinst du jetzt nicht ernst? Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass ich das nicht will. Und das alles, was du veränderst, schnell und einfach rückgängig zu machen sein muss. Wenn das nicht geht, dann solltest du hoffen, dass ich dich nicht in die Finger bekomm." Er schäumte vor Wut. ‚Das hast du ja wieder super hinbekommen. Du weist doch wie aggressiv der Captain wird, wenn’s nicht nach ihm geht.‘ dachte ich beim durchatmen. „Jetzt komm mal wieder runter Crue. Du hast keinen Grund hier gleich Feuer zu spucken. Ich habe nur gesagt, mit einer einfachen Dusche ist es nicht getan. Die Farben reagieren nicht auf Duschgel, du brauchst reinen Alkohol um das weg zu machen. Das ist alles. Und da du nicht an alle Stellen dran kommst, muss ich das wohl auch noch selber machen." Er versuchte mich noch eine Sekunde in Grund und Boden zu starren. Die lockere Atmosphäre, die wir über die paar Stunden aufgebaut hatten, war eisigem Schweigen gewichen. ‚Tja so schnell kann’s gehen. Was hab ich nur falsch gemacht? ‘ mich mit meinen Gedanken rumschlagend, versuchte ich noch einige gute Bilder zu bekommen, aber die Luft war raus. Vorhin dachte ich noch, ich könnte es genießen, alles wieder Rückgängig zu machen, ein bisschen enttäuscht, dass es nicht so aufhörte, wie ich mir das insgeheim gewünscht hatte, beendete ich das Ganze: „OK, ich denke für heute habe ich genug. Wenn du noch kurz Geduld hast hol ich noch den Alkohol. Damit deine Mama dich auch ja wieder erkennt." Einen giftigen Seitenhieb konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. Ohne den Blick von der Kamera zu heben, auf der Jase gerade die letzten Photos durchklickte, murmelte er: „Jap mach das." Den Rest ignorierte er. Ob mit Absicht oder, weil er es nicht gehört hatte, wusste ich nicht. Genervt und wütend auf mich selbst, verschwand ich in der Küche. Wortlos entfernte ich sämtliche Ranken des Tribals von seinem Rücken und Nacken. Vorsichtig löste ich auch den Kleber, mit einem Wattestäbchen, von seinem Gesicht, damit das Metall auch verschwand. Drei Minuten später war auch das Make Up verschwunden und vor mir stand wieder Jason Crue, wenn auch noch mit dunklen Haaren: „So, hier hast du die Flasche, bevor du duschst, nimmst du davon ein paar Tropfen auf ein Handtuch. Keine Sorge die Farbe geht restlos beim waschen wieder raus. Haare waschen wirst du wohl können. Ich wünsche dir noch eine schöne Nacht." Sobald er die Flasche in der Hand hatte, packte ich schon meine Malsachen zusammen und verschwand im Haus. Für den dramatischen Effekt, und das er auch wirklich kapierte, dass er mich verärgert hatte, knallte ich die Tür hinter mir und lies ihn alleine in der Garage stehen. ‚Den Weg raus wird er wohl finden.‘ dachte ich grimmig. Während Kerr noch badete, kippte ich meinen Hollywood Koffer wieder aus und fing an, alles an seinem Platz zu verstauen. Die bemalte Leinwand verschwand noch zwischen zwei uralten Mappen. Während ich die Sachen zurück in den Kleiderschrank bugsierte, hörte ich das schwere, zufriedene blubbern eines V8 Motors der sich entfernte.
Texte: schni b.
Bildmaterialien: schni b.
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2015
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Zuerst einmal danke fürs lesen, ich hoffe es hat euch bis hier gefallen. Freue mich über jeden Kommentar und jedes Herzchen.
Noch eine kurze Anmerkung. Ich weis das der Song "Me and Bobby McGee" von Janis Joplin ist. Ich habe ihn mir auch nur ausgeliehen.