Zaides Tanz
Kurzgeschichte von
Nina Dreist
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Nina Dreist
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A-9020 Klagenfurt
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Inhalt
Zaide überquerte den Platz vor der Bank, in der sie arbeitete. Die Nachmittagshitze hatte sich ausgebreitet und der Wind hielt noch immer seine Mittagsruhe. Außer jenen, die nach der Pause wieder zur Arbeit mussten, war kaum jemand auf der Straße. Die Touristen lagen entweder am Strand oder waren auf ihre klimatisierten Hotelzimmer geflüchtet. Das schlichte, aber elegante Kleid aus leichtem Leinen klebte schon nach wenigen Schritten in der Hitze an Zaides Körper. Sie war eine jener modernen jungen Frauen, die gebildet und gut aussehend waren und ihr eigenes Geld verdienten.
Aus einer Seitengasse kommend betraten nun ein Mann und eine Frau ebenfalls den Platz. Die Frau erkannte Zaide und blieb kurz stehen. Doch den Mann kümmerte es überhaupt nicht, dass Zaide, die ihm versprochen war, zusehen musste, wie er wieder einmal mit einer Anderen Arm in Arm durch die Stadt ging. Zaide ging erhobenen Hauptes weiter und tat, als hätte sie die beiden nicht gesehen. Nazeem Rahal ließ keinen Zweifel daran, dass seine Braut ihm vollkommen gleichgültig war.
Zaide betrat die Bank durch den Hintereingang, ging zu ihrem Platz am Schalter und atmete in der Kühle der Halle befreit auf. Diese Demütigungen zu ertragen kostete sie sehr viel Kraft. Nazeem, dem sie in der Wiege versprochen worden war, hatte sich zu einem attraktiven Mann entwickelt. Die Jahre, die er an der Universität in Kairo verbrachte hatte, ließen ihn männlicher und reifer erscheinen. Er war hierher an den Sinai zurückgekehrt, um sich zusammen mit einem Partner eine Anwaltskanzlei zu eröffnen. Sobald diese genug Geld abwerfen würde, würde er Zaide heiraten, wie es seine und ihre Eltern einander versprochen hatten. Zumindest hatte er dies ihren Eltern wenige Tage nach seiner Rückkehr versichert. Selbstverständlich müsste Zaide dann nicht mehr arbeiten gehen, sondern könnte sich um das Haus und das Wohl ihrer zukünftigen Kinder kümmern. Zaide war von dieser Vorstellung nicht sonderlich angetan. Am liebsten hätte sie ihren Vater gebeten, sie von dem Eheversprechen zu entbinden. Dann aber hätte ihr Vater sein Gesicht verloren und sich den Ruf eines unzuverlässigen Menschen eingehandelt.
Zaides Eltern wussten natürlich, wie Nazeem ihre Tochter in der Öffentlichkeit bloßstellte und auch sie suchten einen Ausweg.
Nach Bankschluss betrat Zaide wieder den Platz, um nach Hause zu gehen. Der Wind hatte
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 18.01.2020
ISBN: 978-3-7487-2658-6
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