Cover

Vorwort des Autors

 

Der Roman ist eine Erfindung des Schriftstellers. Die Charaktere der Handlung sind frei erfunden. Irgendwelche Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Ereignissen, lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

 

Copyright-Hinweis: Sämtliche Inhalte, Fotos und Texte sind urheberrechtlich geschützt und dürfen ohne schriftliche Genehmigung des Verfassers weder ganz noch auszugsweise kopiert, verändert, vervielfältigt oder veröffentlicht werden. ©Oliver M. Pabst

Das Buch

 

Auf der US-Marinebasis in Pearl Harbor wurden ausländische Waffen in einem Container gefunden. Der NCIS auf Ohau wird über den Fund informiert und beginnt zu ermitteln. Als unerwartet das FBI auftaucht, müssen beide Ermittlerteams zusammenarbeiten. Gemeinsam sind sie einem japanischen Yakuza-Clan auf der Spur, der illegale Waffen auf die Insel bringt...

Kapitel 1

 

Militärisches Hafengebiet,

Naval Base Pearl Harbor, Oahu,

Hawaii, Vereinigte Staaten

 

»Petty Officer Rodriguez!«

Franko Rodriguez richtete sich auf und nahm Haltung an, als er von seinem Vorgesetzten angesprochen wurde.

»Ja, Sir.«

Master Chief Ted Turner winkte den jungen Mann zu sich und tippte auf ein Klemmbrett in seiner Hand.

»Haben Sie die Liste hier schon abgearbeitet?«

»Natürlich, Sir.«

»Gut. Kommen Sie mit, Petty Officer.«

Turner stand vor einer großen Halle und sah sich einen Moment den Lagerplatz davor an. Am Morgen war eine Schiffsladung in Pearl Harbor mit Versorgungsgütern eingetroffen und wartete nun darauf, auf dem weitläufigen Areal der Marinebasis verteilt zu werden. Er wandte sich zu seinem jungen Begleiter um und deutete auf einen großen Frachtcontainer.

»Petty Officer, ich will, dass sie diesen Container dort drüben überprüfen. Kennzeichnung, Kontrollnummer, Lieferschein, Inhalt. Verstanden?«

»Ja, Sir!«

Er straffte sich einen Moment und nahm einen Ausdruck von seinem Vorgesetzten entgegen. Turner nickte und entfernte sich. Rodriguez sah auf den Zettel in seiner Hand und seufzte lautlos. Das Materiallager war nicht gerade das gewesen, was er sich von seinem Eintritt in die Navy erhofft hatte.

Mit zusammengebissenen Zähnen durchschnitt er mit einem Bolzenschneider die Plombe und zog die Stahlklappe auf. Nach einem Blick auf dem Lieferschein las er, dass die Ladung aus Tarnnetzen bestand. Dann leuchtete der Soldat mit einer Taschenlampe in das Innere des Containers.

»Sir!«

Rodriguez‘ aufgeregte Stimme hallte über den Lagerplatz und ließ seinen Vorgesetzten herumfahren. Der junge Mann winkte aufgeregt und als der Master Chief näher kam, bemerkte er verwundert, dass Rodriguez kreidebleich war.

"Was haben Sie für ein Problem, Petty Officer?«

»Das sollten Sie sich ansehen, Sir.«

Rodriguez trat zur Seite und ließ Turner passieren und reichte ihm im Vorbeigehen die Taschenlampe. Dieser leuchtete selbst in den Container, ging hinein und öffnete eine der Kisten. Erschrocken hielt er den Atem an. Statt der Tarnnetze starrten ihn russische AK-47 Maschinengewehre an.

Kapitel 2

 

NCIS-Außenstelle,

Naval Base Pearl Harbor, Oahu,

Hawaii, Vereinigte Staaten

 

Als Special Agent Michael DePalma an diesem Tag im September das Gebäude des NCIS betrat, brauchte er nicht einmal auf die Uhr zu sehen, um zu wissen, dass er mal wieder zu spät dran war. Ein Seufzen entrang sich der Kehle des smarten Agenten. Sollte ihn Special Agent John Carlyle erwischen, dann würde er ihn suspendieren. Daran wollte DePalma nicht denken.

Er verließ den Fahrstuhl wie immer im zweiten Stock und konnte seine beiden Kollegen schon aus der Entfernung an ihren Schreibtischen ausmachen. Special Agent Murray McGarth hob den Kopf und sah DePalma entgegen, als dieser mit schnellen Schritten auf seinen Arbeitsplatz zueilte. Carlyle Stellvertreter linste kurz zum Schreibtisch seines Chefs und verzog das Gesicht, als er den Kaffeebecher entdeckte. Mist! McGarth warf einen bedeutungsvollen Blick auf seine Armbanduhr.

»Du bist zu spät. Mal wieder.«

DePalma warf seinen Rucksack in die Ecke hinter seinem Platz und ließ sich auf den Stuhl fallen, bevor er sich zu einer geknurrten Entgegnung in McGarths Richtung hinreißen ließ.

»Nur drei Minuten, Mr. überpünktlich.«

»Das sind drei zu viel, Mike!«, ertönte die tiefe Stimme von Carlyle direkt hinter ihm.

Der hochgewachsene Agent hob ruckartig den Kopf und sprang zur Belustigung seiner beiden Kollegen wie so oft ertappt auf die Füße.

»Morgen, Boss. Kommt nicht wieder vor«, versicherte er schnell.

»Da hast du recht. Das nächste Mal bist du gefeuert.«

Der Halbitaliener verkniff sich einen Kommentar, sah wie Carlyle an seinem eigenen Schreibtisch Platz nahm und ließ sich selbst wieder auf seinen Stuhl sinken. Der grauhaarige Ermittler schenkte der Sache keine weitere Beachtung und vertiefte sich Kaffee nippend in eine Akte.

DePalma Blick wanderte weiter zu seiner dunkelhaarigen Kollegin Special Agent Lee Anderson. Ein feines Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er es sich gemütlich machte. Das gleichmäßige Tippen von McGarth und Andersons leises Gemurmel beim Lesen beförderte ihn geradewegs wieder in eine Art Halbschlaf. DePalma lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schloss die Augen und summte entspannt einen alten Klassiker vor sich hin, in dem Wissen, dass Anderson es hasste.

Es dauerte nur Minuten, dann gab es einen leisen Knall und der Halbitaliener grinste in sich hinein. Seine Kollegin hatte ihren Stift unsanft auf die Tischplatte gelegt.

»Mike!«, fuhr sie ihn auch sofort und wie erwartet an.

Ein gelassenes Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

»Kannst du das lassen?«

»Was denn?«, fragte er unschuldig und öffnete träge ein Auge.

»Das Summen geht mir auf die Waffel!«

DePalma öffnete auch das zweite Auge und hob den Zeigefinger.

»Keks, Lee. Es geht dir auf den Keks«, erklärte er seinem Gegenüber weise.

»Egal. Es nervt!«, beharrte sie und bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick aus dunklen Augen.

»Sie hat recht, Mike. Musst du nicht auch deinen Bericht schreiben?«, wandte McGarth von der rechten Seite ein und musterte seinen Kollegen abwartend.

»Den habe ich schon gestern Abend abgegeben«, antwortete DePalma und grinste triumphierend.

Anderson starrte ihn fassungslos mit leicht geöffnetem Mund an.

»Aber wann...?«

Der Agent schenkte ihr ein weiteres, überlegenes Grinsen.

»Ich arbeite, Lee.«

Sie antwortete mit einem Knurren und erweckte den Eindruck, als würde sie ihm am liebsten über ihre beiden Schreibtische hinweg an die Kehle springen.

»Hey!«

Ein energischer Ruf unterbrach das Geplänkel, ließ alle zusammenzucken und bewirkte sofort, dass Stille herrschte.

»Wie alt seid ihr eigentlich?«, fragte ein genervt klingender Carlyle und sah sein Team der Reihe nach an.

DePalma hatte den Mund schon zu einer Antwort geöffnet, als das Telefon klingelte. Sein Chef schoss noch einen warnenden Blick ab, dann schnappte er sich den Hörer am Tischapparat.

»Ja, Carlyle!«

Der Halbitaliener atmete durch und beugte sich ein wenig zu der Anderson vor.

»Rettung in letzter Sekunde«, flüsterte er und sah dann zu seinem Teamleiter, der seinem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung lauschte.

Augenblicke später legte er den Hörer unsanft wieder zurück und sprang auf.

»Nehmt eure Sachen!«

Blitzschnell waren die verhassten Berichte vergessen, alle griffen nach ihren Rucksäcken und standen innerhalb von Sekunden startbereit vor ihren Schreibtischen.

»Was liegt an, Boss?«, wollte DePalma wissen und schaute fragend zu Carlyle.

»Wir fahren zum Materiallager im Hafen.«

Andersons und McGarths Gesichtsausdrücke zeigten deutlich, dass sie sich über die willkommene Abwechslung freuten, als sie alle auf den Aufzug zueilten. Ein leises Pling und schon quetschten sie sich zu viert in die Kabine. Ein leichtes, kindisches Grinsen zuckte über DePalmas Gesicht.

»Ich sitze vorne.«

Carlyle brummte nur kurz und warf dann Lee den Schlüssel zum Truck zu.

»Lee, du fährst! Wir haben es eilig.«

Die junge Asiatin warf DePalma einen vielsagenden Blick zu und strahlte Carlyle dann voller Zufriedenheit an.

»Gut.«

Dieser musste schlucken, wenn er an die Fahrkünste der Asiatin dachte und wandte sich an Carlyle.

»Äh, Boss? Ich dachte, du brauchst uns lebend. Und wenn Lee…«

Der Teamleiter wandte sich dem Halbitaliener zu, sah ihn einen Moment nachdenklich an und drehte sich dann mit einem leichten Schmunzeln wieder zurück.

»Du hast recht Mike.«

Der Halbitaliener grinste zufrieden und streckte die Hand nach dem Schlüssel aus.

»Du fährst mit mir!«

Augenblicklich fiel DePalma das Grinsen beinahe aus dem Gesicht. Ihm schwante Schlimmes, als sich die Aufzugtüren vor seiner blass gewordenen Nase schlossen und an seiner Stelle McGarth und Anderson zu grinsen begannen.

Kapitel 3

 

Militärisches Hafengebiet,

Naval Base Pearl Harbor, Oahu,

Hawaii, Vereinigte Staaten

 

Nach einer rasanten Fahrt durch den Marinestützpunkt stieg ein kreidebleicher und leicht grünlicher DePalma aus dem schwarzen Charger und überlegte kurz, den Boden unter seinen Füßen zu küssen. Wenn der doch endlich stillhalten würde. Er hielt sich krampfhaft am Wagendach fest und atmete einmal tief durch.

»Boss, du weißt schon, dass du beinahe einen Gabelstapler gerammt hast, oder?«, erkundigte er sich mit schwacher Stimme.

Carlyle hob nur die Augenbrauen.

»Red nicht, Mike und komm endlich«, erwiderte dieser trocken.

Er setzte sich seine NCIS-Kappe auf und eilte mit großen Schritten auf die Absperrung zu. Der Halbitaliener stöhnte nur leise und ging dann auf noch immer wackeligen Beinen zu Anderson und McGarth, die gerade die Ausrüstung aus dem Heck des Trucks luden. Zielsicher griff er nach dem Kamerarucksack und warf ihn sich über die Schulter.

»Na, war’s schön, Mike?«, stichelte der Computerexperte und musste sich das Lachen verkneifen.

DePalma bedachte ihn mit einem bösen Blick.

»Halt die Klappe, Murray.«

Unter dem Gelächter seiner Kollegen ging er auf die Absperrung zu, duckte sich darunter hinweg und schloss zu Carlyle auf. Der wechselte gerade mit einem hin zu geeilten Soldaten einige Worte und wurde mit einem kurzen Kopfnicken weitergeschickt. Zielsicher steuerte der Teamleiter auf einen einsamen Container zu, der auf einem großen Lagerplatz stand.

»Worum geht’s eigentlich, Boss? Ein toter Seemann?«

Carlyle gab seinem Agenten keine Antwort, zog stattdessen seine Gummihandschuhe aus der Jackentasche und umrundete den Metallbehälter einmal. DePalma ließ den Rucksack sinken und streckte sich. Seine verkrampfte Körperhaltung während der rasanten Fahrt hatte ihre Spuren hinterlassen.

Der Teamleiter hatte zwischenzeitlich seine Runde beendet und öffnete mit einem entschlossenen Ruck die Türen des Containers. Das Licht seiner Taschenlampe flammte auf und wanderte durch das Innere. DePalma folgte dem Beispiel seines Teamleiters, lugte um die Ecke und riss die Augen auf. Ein leiser Pfiff war alles, was ihm im ersten Moment einfiel.

»Oh, das sieht nicht gut«, murmelte er leise und starrte auf die stattliche Ansammlung von geöffneten Holzkisten, in denen sich Halbautomatikwaffen, Maschinengewehre, Panzerfäusten und die dazugehörige Munition befanden.

Anderson hatte begonnen, die verschiedenen Waffen zu identifizieren und zu protokollieren. Sie hielt jetzt jedoch inne und sah fragend zu Carlyle.

»Wer sollte einen Grund haben, einen Container voller russischer Waffen an die Navy zu schicken?«

DePalma war gerade dabei, das Innere des Containers zu fotografieren und grinste bei ihren Worten spöttisch.

»Um das herauszufinden, sind wir hier, Lee!«

Die junge Frau revanchierte sich mit einem Kugelschreiber, der plötzlich auf ihren Kollegen zuflog und dem er nur mit einem reflexartigen Ausweichmanöver entging.

»Das weiß ich auch, Mike!«, zischte sie.

Carlyle hatte sich tief in den Container vorgearbeitet und wandte sich jetzt zu den beiden Streithähnen um.

»Seid ihr zum Arbeiten hier oder wollt ihr lieber wieder nach Hause?«

Ein Blick des Teamleiters reichte aus und ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren. Die beiden Agenten beeilten sich damit, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, setzten sich in Bewegung, aber schlugen beide die gleiche Richtung ein und prallten folgerichtig mit Schwung zusammen. DePalma funkelte Anderson wütend an.

»Das machst du absichtlich!«

»Tue ich nicht!«

»Mike! Lee! Heute noch!«, dröhnte Carlyle Stimme durch den Container und ließ die beiden Agenten auseinander springen, dieses Mal in verschiedene Richtungen.

McGarth umrundete den Container schon zum wiederholten Male in der Hoffnung, irgendeinen brauchbaren Hinweis zu entdecken. Das Geräusch eines kraftvollen Motors ließ ihn aufmerken und argwöhnisch richtete er sich auf. Ein dunkler Chevrolet Suburban bog um die Hallenecke und fuhr langsam auf die Absperrung und auf Carlyle Charger zu.

Misstrauisch runzelte der junge Agent die Stirn und beobachtete den fremden, unbekannten Wagen.

»Boss! Wir bekommen Besuch!«, rief er über die Schulter.

Sekunden später erschien der Teamleiter neben ihm, dicht gefolgt von DePalma und Anderson, die von Neugier getrieben ebenfalls einen Blick auf den Besuch werfen wollten.

Der Halbitaliener stöhnte auf, als er den schwarzen SUV entdeckte und verdrehte die Augen.

»Das sieht nach unseren Freunden vom FBI aus. Wollen die uns wieder einen Fall wegschnappen, Boss?«

Er warf Carlyle einen schiefen Blick zu. Der Teamleiter legte seine Stirn nachdenklich in Falten.

»Das erinnert mich an eine Episode aus Star Trek…«, fragte DePalma hinzu.

»Mike!«, fauchte der Teamleiter und brachte seinen dienstältesten Agenten schlagartig zum Schweigen.

»Bin schon still, Boss«, versicherte er hastig, biss sich auf die Lippe und ließ den Wagen keine Sekunde aus den Augen. »Aber was wollen die denn hier?«

»Genau das wollte ich sie gerade fragen, Mike«, entgegnete Carlyle und ehe er seinem Agenten etwas sagen oder tun konnte, hatte er sich bereits auf den Weg gemacht und ging zielstrebig auf die Absperrung zu, die noch immer im Wind flatterte.

Mit einer geschmeidigen Bewegung tauchte er unter dem Tatortband hinweg und hielt auf den Chevy zu, der inzwischen neben dem NCIS-Truck geparkt hatte.

»Woher weiß Fornell eigentlich so schnell, was hier los ist?«, fragte McGarth verwundert.

»Carlyle wird es ihn sicher fragen«, bemerkte Anderson und beobachtete genau wie ihre beiden Kollegen das weitere Geschehen.

In diesem Moment öffnete sich die Fahrertür des Suburban und eine brünette Frau sprang heraus. Wenn ihnen die Waffe im Hüftholster und die Marke am Gürtel noch nicht Beweis genug gewesen wären, dass sie eine Bundesagentin vor sich hatten, so leuchteten auf ihrer blauen Jacke unmissverständlich die drei gelben Buchstaben des FBI.

»Das ist nicht Fornell«, stellte McGarth überflüssigerweise fest.

DePalmas Augen klebten an der Besucherin und ein leichtes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.

»Ach, tatsächlich, Schnellmerker?«

Alle drei beobachteten gespannt, wie die unbekannte FB-Agentin und Carlyle aufeinander zugingen und dicht voreinander stehen blieben.

»Auch wenn sie beim Federal Bureau of Investigation ist, tut sie mir irgendwie leid. Der Boss hat heute Morgen nicht gerade die beste Laune«, murmelte der Halbitaliener und verfolgte erstaunt, wie die beiden einige Worte wechselten, die ganz und gar nicht nach Streit aussahen.

Als schließlich ein Lachen zu ihnen herüberdrang, tauschten Anderson, McGarth und DePalma einen irritierten Blick aus.

Carlyle und die FBI-Agentin schienen sich verständigt zu haben und kamen auf die Dreiergruppe zu. Der Teamleiter hob das Flatterband an, die unbekannte Agentin tauchte geschmeidig darunter hinweg und setzte ihren Weg unbeirrt fort.

»Das ist Special Agent Jennifer Kentrell vom FBI«, stellte Carlyle die brünette Agentin vor und deutete dann auf sein Team. »Jenn, das sind die Agents DePalma, McGarth und Anderson.«

Kentrell reichte den NCIS-Ermittlern der Reihe nach die Hand und sah sie freundlich an.

»Freut mich.«

Der Halbitaliener hingegen musterte sie misstrauisch.

»Was hat das FBI mit unserem Fall zu tun?«

Die Angesprochene warf ihm einen amüsierten Blick zu und lächelte.

»Nun ja, eigentlich ist es mein Fall.«

Er hob erstaunt die Augenbrauen, doch ehe er noch weiter nachfragen konnte, ging Kentrell bereits auf den mit Waffen beladenen Container zu. DePalma sah seinen Teamleiter an und machte sich nicht die Mühe, seine Verwunderung zu verbergen.

»Boss?«, raunte er unterdrückt und wartete auf eine Antwort auf die unterschwellig gestellte Frage.

»Du hast sie gehört. Es ist ein Fall des FBI«, sagte Carlyle gelassen und es hätte nicht viel gefehlt, wenn er die Schultern gezuckt hätte.

DePalma starrte ihn ungläubig an.

»Heißt das, wir überlassen denen das Feld?«

»Nein«, widersprach der Teamleiter mit einem leichten Lächeln und folgte Kentrell ohne noch ein erklärendes Wort zu sagen, aber mit einem leichten, amüsierten Schmunzeln um die Mundwinkel.

Sie hatte den Container erreicht und betrat ihn vorsichtig. In ihrer Hand ruhte bereits eine Taschenlampe, deren Lichtkegel zielsicher im Inneren umherschweifte. Erst als Carlyle neben ihr erschien, wandte sie die Konzentration von den Waffen auf den grauhaarigen Ermittler.

»Und, was denkst du, Jenn?«

Sie hob eine Augenbraue.

»Das sind alte Waffen, vermutlich ausgemustert, die vermisst niemand und keiner fragt nach.«

Sie leuchtete in eine Ecke.

»Kalaschnikow. Makarov, Stetschkin...«

Während der Aufzählung war der Lichtstrahl jeweils über die entsprechenden Kisten gewandert, hielt jetzt aber inne und verharrte an einer geöffneten Frachtkiste.

»Alles russische Waffen.«

»Schmuggelware?«

Kentrell schüttelte den Kopf und starrte in das schummerige Halbdunkel im Inneren des Containers.

»Nein. Das war eine gezielte Auslieferung.«

Carlyle nickte leicht und schien nachzudenken. DePalma hatte sich unbemerkt hinter die beiden gestellt und das Gespräch verfolgt.

»Wie kommen Sie darauf?«, wollte er jetzt wissen und schaute die Agentin fragend an.

Sie erwiderte seinen Blick über die Schulter hinweg und leuchtete ihn mit ihrer Taschenlampe an.

»Weil Schmuggler ihre Waren für gewöhnlich selbst in solchen Containern verstecken. In doppelten Böden oder hinter falschen Wänden. Das hier ist das genaue Gegenteil.«

Der Halbitaliener blinzelte ins Licht.

»Sie meinen, jemand hier auf Oahu hat die Ladung bestellt?«

Kentrell zuckte mit den Achseln.

»Sagen Sie es mir, Agent DePalma.«

McGarth streckte seinen Kopf um die Ecke und rettete seinem Kollegen vor einer Antwort.

»Boss, Lee und ich sind soweit fertig.«

Carlyle nickte und verließ dicht gefolgt von Kentrell und DePalma den Container, um sich vor der Halle zu treffen. Der Halbitaliener bemerkte mit leichter Sorge, dass der Teamleiter die Kiefer zusammenpresste und mit einem Mal einen leicht gereizten Eindruck machte. Sollte jetzt etwa doch noch der unvermeidliche Zusammenstoß zwischen dem Teamleiter des NCIS und der FBI-Agentin kommen? Überfällig war es seiner Meinung nach schon lange.

Kentrell wandte sich zu Carlyle um und wechselte einen schnellen Blick mit Carlyle, der sie mit einem verkniffenen Zug um die Mundwinkel ansah.

»Jenn, verrätst du uns jetzt endlich, warum du hier bist?«

Die Agentin der anderen Bundesbehörde fuhr sich durch die offenen Haare und seufzte dann leise.

»Dem FBI sind heute Morgen vom HPD zwei Leichen an einem Parkplatz in Waialae-Kahala gemeldet worden. Ich war gerade auf dem Weg zum Tatort, als ich über den Zwischenfall auf der Basis hier informiert wurde.«

McGarth sah leicht irritiert zu ihr.

»Aber was hat das FBI mit dem Container zu tun?«

Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht der jungen Frau, als sie dessen Frage beantwortete.

»Wenn auf einer Marinebasis ein Container mit ausländischen Waffen auftaucht, dann wird auch das FBI hellhörig, Agent McGarth.«

»Und woher wussten Sie so schnell davon?«, mischte sich jetzt auch Anderson ein.

»Menschen reden. Und Direktoren von Bundesbehörden ganz besonders gerne.«

Carlyle schnaubte abfällig, bevor Kentrell sich wieder an ihn direkt wandte.

»Da beide Fälle für mich und das FBI interessant sind, werde ich jetzt zu dem anderen Tatort fahren. Gehe ich recht in der Annahme, dass du mitkommen willst, John?«

Der Grauhaarige nickte.

»Definitiv.«

Er warf seinen Agenten einen ernsten Blick zu.

»Packt zusammen! Wir fahren nach Waialae-Kahala.«

Ohne Umschweife begannen McGarth, Anderson sowie DePalma damit, ihre Sachen und Gerätschaften zusammenzupacken , um diese wieder in den Truck zu laden. Der Agent verstaute gerade seine Kamera, als sein Blick auf Kentrell fiel. Kentrell lehnte gedankenversunken am Kotflügel ihres Suburbans und betrachtete die Flugzeugträger und Zerstörer, die augenblicklich in Pearl Harbor vor Anker lagen. Kurzentschlossen stellte er die Tasche zur Seite und ging auf sie zu.

»Beeindruckend, oder?«

Sie blickte ihn an und er bemerkte zum ersten Mal, dass sie leuchtend blaue Augen besaß. Fasziniert von dieser Tatsache bekam er fast nicht mit, dass sie ihm antwortete.

»Ja, absolut.«

»Waren Sie schon mal auf einem Flugzeugträger?«, fragte DePalma weiter und folgte ihrem Blick, der schon wieder zu den gewaltigen Kriegsschiffen gewandert war. Sie schenkte ihm ein leichtes Lächeln.

»Um ehrlich zu sein, ja.«

Ein wenig überrascht sah er sie mit großen Augen an.

»Tatsächlich?«

Kentrell grinste ihn an.

»Ja. Auf der USS Intrepid.«

»Das ist ein Museumsschiff, das zählt nicht«, lachte DePalma und schüttelte langsam den Kopf.

»Und Sie?«

Er stöhnte auf.

»Mehr als vier Monate Dienst als ‚Agent zur See an Bord der USS Ronald Reagan.«

»Und, wie war

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Oliver M. Pabst
Bildmaterialien: Oliver M. Pabst
Cover: Oliver M. Pabst
Lektorat: Korrekturen.de Julian von Heyl
Korrektorat: Korrekturen.de Julian von Heyl
Tag der Veröffentlichung: 26.03.2023
ISBN: 978-3-7554-3692-8

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /