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(c) 2016 Benjamin Spang, Am Franzschacht 4, 66299 Friedrichsthal


Email: kontakt@benjaminspang.de


Buchcover: Benjamin Spang
Lektorat: Nina C. Hasse


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CASPARI


CASPARI

Eine Novelle von Benjamin Spang

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“Kennst du das Gefühl, nicht zu wissen, wo dein Platz ist?”, fragte Caspari und wartete auf eine Antwort von Franz, der auf der unteren Matratze des Etagenbettes lag.

“Also ich bin hier, weil mein Vater mich sonst zu Schweinefutter verarbeitet hätte. Konntest du es dir etwa aussuchen?”

Caspari gähnte und überlegte, was sein Vater dazu gesagt hätte, wenn er die Grundausbildung nicht angetreten hätte. Da er selbst bei den Hütern der Herkunft gedient hatte, wäre das Urteil wohl ähnlich ausgefallen.

“Weiß auch nicht”, sagte er und drehte sich auf die Seite. “Ich hab's mir hier anders vorgestellt, habe gedacht, es wäre irgendwie befriedigender.”

“Ich habe auch nicht erwartet, dass es hier nur kaltes Wasser und steinharte Matratzen gibt, glaub mir das”, sagte Franz. “Aber hey, morgen ist alles vorbei. Dann gehen wir mit der Grundausbildung in der Tasche entspannt zurück nach Hause. Da kannst du dann weiter grübeln, wo dein Platz ist. In den ersten Wochen wird mein Platz im Bett sein. Zusammen mit Jessika, wenn du verstehst, was ich meine.”

Caspari grinste, schloss die Augen und dachte an Zuhause. Er freute sich darauf, seine Eltern nach drei langen Monaten endlich wiedersehen zu können. Und auf die Stadt Tausendbein mit ihren roten Backsteinhäusern, deren Fenster von bunten Blumenkästen nur so überquollen. Nachbarskatze Kimmi hatte ihn morgens immer ganz aufgeregt vor der Haustür begrüßt. Auf seinem Weg zur Schule begleitete sie ihn oftmals ein ganzes Stück durch die Straßen, bis sie einen Käfer oder einen Schmetterling entdeckte, der interessanter war als er.

In der Schule traf er auf Franz, der in der Klasse eine Reihe hinter ihm saß. Es grenzte schon fast an ein Wunder, dass sie hier in demselben Trupp gelandet waren. In den letzten Wochen hatten sie beide lernen müssen, dass das Leben viel härter sein konnte als ein 8-Stunden-Tag auf der Schulbank oder eine schlechte Note in Mathe. Es gab wichtigere Dinge da draußen, die erledigt werden mussten.

“Oberon Siewert war zuerst auch Priester, bis er den Ruf des Allvaters hörte”, sagte Franz. “Er hat seinen Platz gefunden. Du musst einfach etwas mehr Geduld mit dir haben.”

Caspari schaute über die Bettkante nach unten.

“Liest du immer noch diesen Schinken?”, stöhnte er und sah Franz zu, der mit einer kleinen Taschenlampe in ein aufgeklapptes Buch leuchtete.

Oberon Siewert war eine Art Held, der von vielen Soldaten für seine Taten während der Schlacht um die Stadt Hofstein bewundert wurde. Wenn man der Erzählung glauben durfte, hatte er zwölf Vampire mit bloßer Hand getötet und nebenbei noch einen jungen Mann gerettet, der sich später als Mitarbeiter einer Zeitungsredaktion entpuppte und ihn bekannt machte.

“Das Buch ist gut. Das würde dir auch helfen, glaub mir. Ich lese vieles, was dir im Kampf helfen kann. Berichte und Erzählungen von Scharfschützen, Dampfstreitern oder Krankenschwestern”, sagte Franz und blendete Caspari mit der Lampe. Grinsend schob dieser sich zurück auf das Kopfkissen und ließ seinen vom Lichtschein noch diffusen Blick durch den Raum schweifen. Von den vielen besetzten Etagenbetten um sie herum hörte er immer wieder knarzende Matratzen oder quietschende Sprungfedern. Konstant hingegen vernahm er das laute Schnarchen einiger weniger, die mit einem festen Schlaf gesegnet waren. Caspari konnte es ihnen nicht verdenken. Der heutige Tag war wirklich anstrengend gewesen. Schussübungen bis einem die Arme abfielen, dann ein langer Marsch rund um die Anlage, bis die Beine taub wurden, und danach dann noch Ausdauertraining, bis der gesamte Körper nur noch aus Schmerzen bestand. Das führte dazu, dass jetzt nur noch wenige ihre Taschenlampen angeschaltet hatten und lasen oder sich leise unterhielten.

Franz war einer der Rekruten, die nichts erschüttern konnte. Das bewunderte Caspari an ihm. Nach dem heutigen Training konnte Franz immer noch lächeln und Späße machen. Caspari hatte dafür erstmal einen ordentlichen Schluck Alkohol und eine kalte Dusche gebraucht, um wieder er selbst zu sein. Er war sich sicher, dass Franz sogar bis zum Hals in Scheiße stecken konnte und er noch fragen würde, ob er untertauchen darf. So einer wie er war für den Krieg gegen die Völker der Vampire und Werwölfe bestens geeignet.

“Weißt du schon, wie es weitergeht mit dir?”, fragte Caspari.

“Hey, ihr zwei Waschweiber”, unterbrach sie plötzlich einer der Soldaten aus dem Etagenbett neben ihnen. “Wärt ihr vielleicht so freundlich, eure Klappe zu halten? Ich will endlich schlafen!”

Franz unterdrückte deutlich hörbar ein Lachen und schnaubte verachtend durch die Nase.

“Ich werde mich wahrscheinlich bei den Dampfstreitern melden”, flüsterte er.

“Wirklich? Du weißt, wie hart die Ausbildung ist?”, antwortete Caspari, seine Stimme ebenfalls gesenkt.

“Ja, aber als netten Nebeneffekt kriegt man jede Menge Frauen ab. Und darum geht es doch eigentlich im Leben eines Mannes, oder?”

Caspari konnte das Grinsen in seiner Stimme hören.

“Aber ernsthaft”, flüsterte Franz. “Als Dampfstreiter bist du zwar immer an der Front, dafür kriegst du einen hohen Sold, inklusive vieler anderer Annehmlichkeiten. Ich kann dir morgen mal das Faltblatt zeigen.”
Caspari schwieg. Er konnte sich nicht vorstellen, an vorderster Front zu kämpfen. Er mochte sein Gewehr und die Entfernung zum Feind. Je weiter weg, desto besser. Nahkämpfe und Schlachtengetümmel waren nichts für ihn.

Den Geräuschen nach zu urteilen, hatte Franz das Buch gerade zugeschlagen und auf die Kiste neben dem Bett gelegt.

“Lass uns schlafen. Morgen geht's endlich nach Hause”, sagte er.

Aus dem Augenwinkel sah Caspari, wie sich der Kamerad aus dem Etagenbett neben ihnen erneut aufrichtete und zu ihnen blickte.

“Nach Hause?”, sagte er. “Nicht, wenn die Gerüchte stimmen, die seit den letzten Stunden die Runde machen.”

 

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Das Land Nuun begrüßte sie an diesem Morgen mit einem wolkenfreien Himmel, der einen Blick auf die beiden großen Monde erlaubte. Deren Licht war noch nicht besonders hell, was Caspari ganz gelegen kam, denn er war noch nicht ganz wach. Zusammen mit Franz machte er sich auf den Weg in die Kantine.

“Diesen Fraß hier werde ich auch nicht vermissen”, murmelte Caspari, als er die Essensausgabe verließ. Mit dem Tablett in der Hand schaute er sich nach einem freien Sitzplatz um. Er ging in eine der vielen Reihen aus Bänken und Tischen und sah nach wenigen Metern, wie ein paar Kameraden ihren Platz verließen. Dort setzte er sich und stellte das Tablett mit seinem Frühstück vor sich auf den Tisch.

“Das letzte Mal hier fressen, ich freue mich auf einen ordentlichen Braten zuhause”, sagte Franz, der ihm gefolgt war. Er setzte sich mit einem Seufzer ihm gegenüber. Abschätzig rührte er mit dem Löffel in der Suppe herum.

Caspari gähnte und begann schließlich zu essen. Um den Geschmack – falls man das so nennen konnte - zu verdrängen, dachte er an die Unterhaltung von letzter Nacht. Der Soldat im benachbarten Etagenbett behauptete, die Menschheit befände sich aktuell in einer Schlacht mit den Vampiren. Vor drei Tagen waren tatsächlich auffallend viele Fahrzeuge und Soldaten von der Anlage hier in Hellmark gefahren. Aber konnte es sich dabei nicht um eine Übung draußen im Feld handeln? Und warum sollte man die Vampirstadt Nadirr angreifen? Sie lag mitten in der schwarzen Wüste, einem lebensfeindlichen Ort. Hatten die Vampire wieder einmal versucht, an ihr Blut zu kommen und mussten in ihre Schranken gewiesen werden?

“Ist hier noch frei?”, fragte jemand neben Caspari.

Er erblickte einen unrasierten Glatzkopf mit schlabbrigem Unterhemd, das über seiner Uniformhose hing. Er hielt ein Tablett in der Hand und schaute ihn fragend an.

“Ja klar, setz dich”, sagte Caspari und aß weiter.

Die meisten Rekruten in ihrer Sitzreihe schwiegen, nur wenige waren schon munter, lachten lauthals oder bewarfen sich mit dem Brot, das härter war als die Tischplatte, an der sie saßen.

“Schon das mit Nadirr gehört?”, sagte der Typ neben Caspari. Der wollte gerade den Löffel zum Mund führen, stoppte aber mitten in der Bewegung und blickte zu Franz, der seinen Blick erwiderte und sich dem Typen zuwandte.

“Was ist mit Nadirr? Endlich auseinandergebombt?”

“Nein, gestern soll es einen Angriff auf die Stadt gegeben haben. Die Schlacht dauert angeblich noch an, aber …”

“Achtung, eine wichtige Durchsage!”, hallte es plötzlich lautstark aus den Lautsprechern über ihnen. “Um Punkt neun Uhr werden alle Soldaten gebeten, sich in die Besprechungsräume eins bis zwölf zu begeben. Ich wiederhole: Punkt neun Uhr, Besprechungsräume eins bis zwölf. Ende der Durchsage!”
Caspari wurde flau im Magen. Das lag aber nicht, wie sonst, an dem miserablen Essen.

Kurz vor neun gingen Caspari und Franz mit den anderen Rekruten in das Hauptgebäude. Als sie den ersten Besprechungsraum betraten, der ungefähr fünfzig Mann aufnehmen konnte, sahen sie, dass bereits alle Plätze belegt waren. Sie wollten gerade wieder gehen, als Caspari einen Bluthirten am Ende des Raumes stehen sah. Er erkannte ihn sofort an der Uniform und dem Emblem an den Schultern. Ein Eulenkopf umrandet von einem Zahnrad. Das hatte nichts Gutes zu bedeuten.

“Hey, Casp! War wohl nicht so gut gestern, oder? Hätte nicht gedacht, dass du den Letzten vermasselst.”

Einer der Rekruten, mit dem er sich gut verstand, tauchte hinter ihm auf und klopfte ihm auf den Rücken.

“Danke. War knapp, aber der Wind war gegen mich”, sagte Caspari grinsend und erinnerte sich an die gestrige Schießübung mit dem Jüngster G07, dem Standard-Gewehr der Hüter der Herkunft. Er hatte die ersten beiden Schüsse knapp auf die Scheibe bringen können. Beim letzten aber war er nervös geworden. Er glaubte, den Blick aller anderen Rekruten im Nacken zu spüren. Als er dachte, die Scheibe genau im Blick zu haben, schoss er. Dabei hatte er jedoch vergessen, die Fahnen neben dem Ziel zu beobachten, die den Wind anzeigten. Natürlich ging sein Schuss daneben.

Zusammen mit Franz trat er zurück auf den Flur, um im nächsten Raum einen Platz zu finden. Genau zwei Stühle in der Mitte waren noch frei. Sie zwängten sich an den bereits sitzenden Kameraden vorbei und nahmen Platz. Auch hier stand ein Bluthirte im Raum. Sie waren innerhalb der Hierarchie der Hüter der Herkunft diejenigen, die den Befehlshabern auf dem Schlachtfeld sagten, was sie zu tun hatten, Angriffe koordinierten und Taktiken ausarbeiteten.

Von außen wurden die Türen des Raumes geschlossen. Einer der Ausbilder wechselte noch ein paar Worte mit dem Bluthirten, der nickte und dann auf ein kleines Rednerpult vor die Männer trat. Er hatte dunkle Haare, die an der Seite nur wenige Millimeter kurz waren und nach oben hin dichter wuchsen. Sein Dreitagebart ließ darauf schließen, dass er in der letzten Zeit nicht dazu gekommen war, sich um eine ausreichende Körperpflege zu kümmern. Auch die Ringe unter seinen müden Augen waren wohl Vorboten dessen, was er ihnen jetzt berichten würde. Es konnte nichts Gutes sein. Bluthirten hatten den Ruf, andere in die Scheiße zu schicken, während sie selbst im Trockenen blieben.

“Haltung einnehmen!”, rief der Ausbilder neben der Tür und salutierte. Die Soldaten sprangen förmlich von ihren Stühlen und standen stramm, während der Bluthirte vom Podest aus anerkennend nickte.

“Meine lieben Kameraden, ich möchte gleich zur Sache kommen”, begann er seine Rede. “Am gestrigen Tage startete ein Angriff gegen die niedere Herkunft, genauer gesagt ein Angriff auf die Vampirstadt Nadirr. Der Grund dafür ist, dass unser geschätzter General Leopold von den Blutsaugern entführt wurde und sie jetzt glauben, uns damit erpressen zu können.”

Viele Soldaten begannen zu flüstern, andere konnten ihre Bestürzung nicht leise zum Ausdruck bringen, was zu einem allgemeinen Raunen führte.

“Ruhe!”, rief der Ausbilder scharf, woraufhin alle verstummten. In den vergangenen Monaten hatten sie gelernt, was geschah, wenn man einem Befehl des Ausbilders nicht Folge leistete. Die einen auf die sanfte, die meisten auf die harte Tour.

“Sie haben sich sicherlich schon auf ihr Zuhause gefreut. Doch der Allvater hat Größeres mit Ihnen vor. Die ersten Regimente sind in Nadirr eingedrungen, aber an vielen Stellen war die Gegenwehr zu stark. Mit einem zweiten Schlag hoffen wir, die Stadt in unsere Gewalt bringen zu können.”

Der Bluthirte machte eine Pause und schaute in die Reihen der Männer. Aus den anderen Räumen konnte man hören, dass dort jemand die gleiche Rede hielt.

“Sie sind dieser zweite Schlag. Sie haben in den letzten Monaten viel gelernt. Lassen Sie Ihre Angehörigen und den Rest der Menschheit daraus Nutzen ziehen.”

Caspari senkte den Blick und schloss die Augen. Er konnte kaum glauben, was er da hörte und schaute zu Franz, dessen Blick sich starr nach vorne richtete.

“Scheiße”, flüsterte jemand hinter Caspari und fasste seine Empfindung damit sehr gut zusammen.

“Sie wissen alle, was unser General Leopold in der Vergangenheit für die Menschheit geleistet hat und was wir ihm zu verdanken haben. Sie, die Sie hier vor mir stehen, haben die Möglichkeit, Ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Unser Angriff ist unterstützend zu dem gestrigen. Kämpfen wir für unser Blut und für das Menschengeschlecht”, sagte er.

Je länger er sprach, desto deutlicher wurde eine dicke Ader an seinem Hals, die bei jedem Wort hervortrat.

“Der Allvater sei mit uns. Gegen die niedere Herkunft!”, rief er energisch und hob die behandschuhte Faust in die Luft. Alle Soldaten wiederholten das Gesagte mit enormer Stimmgewalt. Caspari schloss sich ihnen an, jedoch blieb ihm der Satz im Halse stecken. Er räusperte sich.

“Danke, meine Kameraden”, sagte der Bluthirte und trat mit einem Nicken vom Podest, um sich von dem Ausbilder nach draußen führen zu lassen. Dieser kehrte sofort zurück und blieb mit strammer Haltung in der offenen Tür stehen.

“Ihr habt es gehört”, rief er. “Packt eure Sachen und bringt sie zur Ausgabestelle B14. Dort werdet ihr ausgerüstet. In zwei Stunden steht ein Zug an Gleis neun bereit. Dort treffen wir uns. Abtreten!”

Als Caspari mit den anderen Soldaten aus dem Raum ging, spürte er, wie seine Beine bei jedem Schritt zitterten.

Es war Krieg - und nun war er ein Teil davon.

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Caspari ging zusammen mit Franz zurück in die Kaserne, wo sie am Hochbett all ihre Sachen zusammenpackten.

“Jetzt geht’s los, Jungs!”, rief ein Rekrut, der auf seinem Bett herumhüpfte und in die Hände klatschte.

“Ja, Mann!”, rief ein anderer, umarmte entschlossen einen Kameraden und klopfte ihm kräftig auf den Rücken. “Endlich können wir ein paar beschissene Blutsauger abmurksen, hahahaaaa!”

Als Caspari den Blick abwandte, schaute er in Franz' Augen, der vor ihm stand und gerade eine Schnalle seines Rucksacks zuzog.

“Auf diesen scheiß Moment habe ich all die Jahre gewartet”, sagte er. “Endlich raus, vor die Mauern und Silber in diese Missgeburten pumpen.”

Caspari grinste verhalten und widmete sich schnell seinem Bettlaken, das er von der oberen Matratze zog. Unter

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Benjamin Spang
Bildmaterialien: Benjamin Spang
Lektorat: Nina C. Hasse
Tag der Veröffentlichung: 26.10.2016
ISBN: 978-3-7396-8038-5

Alle Rechte vorbehalten

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