Auf die Veröffentlichung unseres Erstlingswerks „Spurensuche mit Raymund Hinkel: Mein Düsseldorf“ im Jahre 2013 erhielten wir ein sehr positives Echo. Viele Leser wünschten sich eine Zugabe und eine Verlängerung unseres historischen Stadtrundgangs.
Nun, dem sind wir gerne nachgekommen. Während der erste Band durch die Altstadt und die Carlstadt führt, entführt uns nun dieser Band kreuz und quer in andere Stadtteile. Denn in der Metropole Düsseldorf gibt es noch viel zu entdecken. Ausgehend von der geografischen Mitte Düsseldorfs geht es nach Osten bis Gerresheim, nach Westen an den Rhein, nach Norden bis Schloss Heltorf und nach Süden zu Schloss Benrath. Dabei zeigen wir abseits der bekannten Touristenrouten Orte und Menschen, die nicht jeder kennt.
Noch mehr Fotos gibt es im Internet hier.
Eine Karte zum Rundgang mit den beschriebenen Plätzen finden Sie unter https://goo.gl/zbDkNk.
Ich steh‘ auf Düsseldorf – und zwar mittendrin. Das Herz von Düsseldorf schlägt in der Altstadt. Aber wo liegt eigentlich der Mittelpunkt Düsseldorfs? Lange Zeit war das die Martin-Luther-Kirche. Nach den Eingemeindungen von 1975 und einer Vermessung vom Juli 1991 liegt die geographische Mitte Düsseldorfs auf den Koordinaten 51 Grad 14‘ 12‘‘ nördlicher Breite und 6 Grad 48‘ 39‘‘ östlicher Länge. Das ist im Stadtteil Düsseltal an der Hans-Sachs-Straße/Ecke Peter-Janssen-Straße. Eine von der Düsseldorfer Bank und dem Heimatverein „Alde Düsseldorfer“ gestiftete Bronzeplatte weist dort im Bürgersteig seit 1992 auf diesen bedeutsamen Punkt hin. Und von hier aus starten wir diesmal unsere Tour in die Stadtteile.
Übrigens: Der höchste Punkt im Stadtgebiet ist mit 165 Metern der Sandberg im Stadtteil Hubbelrath, der niedrigste Punkt ist die Mündung des Schwarzbachs in den Rhein bei Wittlaer mit 28 Metern.
Die Platte im Gehsteig weist auf den Mittelpunkt der Stadt hin.
An der Grafenberger Allee steht ein gläsernes Gebäude mit Auffahrten, das heute das BMW-Center Düsseldorf und einen Schnellimbiss beherbergt. Ursprünglich war es ein Parkhaus, daher auch die Auffahrten. In Auftrag gegeben hatte es der Industrielle Franz Haniel, dessen Stahlwerk Haniel & Lueg direkt nebenan lag (dort steht heute unter anderem das Arbeitsamt und der Uhrenturm an der ehemaligen Werkseinfahrt). Das war 1950. Der Architekt Paul Schneider von Esleben schuf einen transparent und leicht wirkenden gläsernen Bau, von dem sich so manches Parkhaus heute noch eine Scheibe abschneiden könnte. Die Meinungen über den 1953 fertig gestellten Bau waren damals allerdings geteilt. Stadtplaner Professor Friedrich Tamms wollte angeblich sogar eine hohe Häuserzeile um das Parkhaus bauen lassen. Heute steht die erste deutsche Hochgarage nach 1945 als Beispiel für die Nachkriegsmoderne des Landes unter Denkmalschutz.
Franz Haniel dachte zu der damaligen Zeit weit voraus: Das Parkhaus sollte als „Park+Ride“-Platz dienen. Hier sollten die Pendler ihr Auto abstellen und mit der Straßenbahn oder dem Bus in die Innenstadt fahren. Angesichts der viel späteren Planungen der Wehrhahnlinie (U-Bahn) war das ein vorausschauender Schritt. Neben dem Parkhaus gab es früher ein Motel. Heute befindet sich in dem ehemaligen Motel ein Restaurant, nachdem dort zeitweilig Büros untergebracht waren.
Vor der Arbeitsagentur an der Grafenberger Allee steht ein einsamer alter Uhrenturm. Der denkmalgeschützte Turm stand früher auf dem Werksgelände der Eisengießerei Haniel & Lueg, die 1975 ihre Tore schloss. Die Firma Haniel & Lueg war einst sehr bedeutend: So erhielt sie den Auftrag für das Schiffshebewerk Henrichenburg. Das alte Schiffshebewerk ist als interessantes Industriedenkmal erhalten und zu besichtigen. Der im Jahre 1875 erbaute und heute denkmalgeschützte Uhrenturm diente damals als Torwärterhaus. Durch ihn gelangten die Arbeiter in das Werk. Um das historische Gebäude zu erhalten, haben private Sponsoren – insbesondere das Unternehmen Hochtief und das Düsseldorfer Arbeitsamt im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme – den Turm 1995 aufwändig renoviert. Heute befindet sich dort das Herrmann-Harry-Schmitz-Institut. Es ist das kleinste Düsseldorfer Kulturinstitut. Es kommt ohne Förderung aus und finanziert sich allein durch eigne Mittel.
Düsseldorf feierte 2013 nicht nur das 725-jährige Stadtjubiläum, sondern auch den 100. Todestag des Schriftstellers Hermann Harry Schmitz. Der Satiriker wurde am 12. Juli 1880 in Düsseldorf geboren. Aus Verehrung für Heinrich Heine, der bis zu seiner Taufe 1825 Harry Heine hieß, legte er sich den zweiten Vornamen „Harry“ zu. Nach Schmitz wurden 2001 die Abendrealschule in Rath und 2002 eine Straße in Oberbilk benannt.
Mit dem Schreiben und Erzählen von grotesken Katastrophengeschichten machte sich Schmitz in Düsseldorf als Autor einen Namen. Eine erste Veröffentlichung hatte er in der historischen Satirezeitschrift „Simplizissimus“ im Jahre 1906. Ab Dezember 1907 erschienen seine grotesken Geschichten regelmäßig auf den Seiten im „Düsseldorfer General-Anzeiger“ (heute die „Westdeutsche Zeitung“). Sein erstes Buch kam 1911 unter dem Titel „Der Säugling und andere Tragikomödien“ in den Handel und wurde gleich ein Bestseller. Seine Protagonisten mit ihren sinnentleerten Genüssen, ihrem Technikfetischismus, Statusproblemen, aber auch Flucht-bewegungen wie Reisewut oder falschverstandenem Naturkult enden meist tödlich.
Der frischgebackene Bestsellerautor war ein gern gesehener Gast in der Düsseldorfer Gesellschaft und auf dem Düsseldorfer Presseball. Elegant gekleidet trug er seine Geschichten vor, was ihm den Beinamen der „Dandy vom Rhein“ einbrachte. Sein Vorbild war Oscar Wilde. So wurde Schmitz bald der beliebteste Alleinunterhalter der – von ihm bespöttelten – bürgerlichen Düsseldorfer. Innerhalb kurzer Zeit war er weit über Düsseldorfs Grenzen hinaus bekannt und seine Geschichten brachten verschiedene Verlage als Buch heraus. Seinen Bürojob konnte er nun endgültig an den Nagel hängen, nun war nur noch Literat und Poet. Auf dem Höhepunkt seines Lebens, gezeichnet von Krankheiten, erschoss sich Schmitz jedoch am 8. August 1913 im Alter von nur 33 Jahren in einem Hotel in Bad Münster am Stein. Mit 17 Jahren war er in einer kalten Winternacht an Lungentuberkulose erkrankt. Trotz zahlreicher Kuren in Sanatorien und Krankenhäusern sowie fernöstlicher Behandlungsmethoden litt er bis zuletzt unter dieser Krankheit sowie anderen Krankheiten wie Gürtelrose und Zahnproblemen. Er wurde erst 1919 beerdigt, da sein Vater sich nicht von der Urne mit der Asche trennen wollte. Der Turm ist in den Sommermonaten immer montags von 18 bis 20 Uhr geöffnet, Grafenberger Allee 300. Die rund 54 Quadratmeter des Museums verteilen sich auf vier Ebenen von jeweils 13 Quadratmetern. Daher besteht das Institut vor allem aus vielen Treppenstufen, welche die Besucher durch die Ausstellung leiten. Auf liebevolle Weise wird den Besuchern ein Bild von der schillernden Persönlichkeit des Satirikers präsentiert. Ein kleiner Shop und Harry's Bar befinden sich unter demselben Dach.
Mehr unter http://hermannharryschmitz.de/.
Foto von einem Plakat am Uhrenturm – verfremdet
An der Graf-Recke-Straße stehen zwei bizarre Gebilde aus rostigem Stahl. Was das wohl für ein Kunstwerk ist, mag sich so mancher Spaziergänger fragen – sucht aber vergeblich nach einer Hinweistafel. Es handelt sich hier aber keineswegs um Kunst, sondern um Spundwände, die nach dem Bau des Staufenplatztunnels seltsam verbogen dort stehen geblieben sind.
Unter der Erde fließt der Bahnverkehr seit 1983 durch den 2.053 Meter langen zweigleisigen Tunnel zwischen Staufenplatz und dem nördlichen Tunnelausgang am Tierheim in Rath. Vorher verlief dort oberirdisch die Güterzugstrecke von Rath nach Eller am Fuße des Grafenberger Waldes, die Teil der Bahnstrecke von Troisdorf nach Mülheim-Speldorf ist. Sie ist eine der am stärksten befahrenen Güterstrecken in Deutschland. Und davon konnten schon die Anwohner seit der Eröffnung am 18. November 1874 durch die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft berichten. Die drei Bahnübergänge am Mörsenbroicher Weg, an der Graf-Recke-Straße und vor allem am Staufenplatz erwiesen sich schon bald als Verkehrshindernis.
Der Stadtteil Grafenberg kann für sich in Anspruch nehmen, Düsseldorfs erste elektrische Straßenbahn gesehen zu haben. Pferdebahnen im Stadtzentrum und zum Zoo (Brehmplatz, heute der Zoopark) gab es schon ab 1876. Am 15. Oktober 1894 hatte die Stadt mit dem
Bau der ersten elektrischen Straßenbahnlinie begonnen. Sie führte von der Schützenstraße/Am Wehrhahn über die Grafenberger Allee bis zur Endstation in Grafenberg vor der Bahnschranke. Am 16. September 1895 setzte sich um 7.30 Uhr der erste elektrische Wagen an der Schützenstraße in Bewegung. Aber schon am Mittag war ein Oberleitungsmast an der Grafenberger Allee umgestürzt, hatte einen Hund erschlagen und beinahe auch einen Reiter erfasst. Sofort untersagte der Regierungspräsident den weiteren Betrieb und machte die Wiedereröffnung von der Auswechslung der Masten gegen solche der Firma
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Norbert Opfermann
Bildmaterialien: Norbert Opfermann, Raymund Hinkel
Lektorat: Wolfgang Zengerling M.A.
Tag der Veröffentlichung: 04.07.2015
ISBN: 978-3-7396-0344-5
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