Cover

Vorwort

 

 

Mein besonderer Dank gilt Raymund Hinkel für Performance, Inspiration und Lektorat.

 

Ein besonderer Gruß auch an alle Stadtführer, die bei den Stadtführungen mit ihren Erzählungen die Vergangenheit lebendig werden lassen.

 

Zu diesem Buch

Im Jahre 2013 feierte Düsseldorf das 725. Stadtjubiläum. Raymund Hinkel aus der Bäckerfamilie Hinkel nimmt uns mit auf einen Rundgang durch seine Heimatstadt und zeigt uns „sein“ Düsseldorf.

 

Die Spurensuche mit Raymund Hinkel erschien als Serie im Düsseldorfer Wochenblatt „Rhein-Bote“ zum 725-jährigen Stadtjubiläum im Jahre 2013. In diesem Buch sind zusätzliche Orte genannt, die nicht in der Zeitung erschienen sind.

 

Während dieser Band durch die Altstadt und die Carlstadt führt, wird uns ein weiterer Band dann in die anderen Stadtteile entführen.

 

Noch mehr Fotos gibt es im Internet unter http://goo.gl/QkXRFM.

 

Eine Karte zum Rundgang mit den beschriebenen Plätzen finden Sie unter http://goo.gl/Ed3AWd.

 

 

Düsseldorf und das Handwerk

 

 

Diese Brezel gefällt mir sehr gut – steht sie doch für mein Bäckerhandwerk. Der Erweiterungsbau des Rathauses am Marktplatz entstand in den 1950er-Jahren. Dreizehn Arkadensäulen hat Professor Schulte-Frohlinde, der Leiter des Hochbauamtes von 1952 bis 1959 war, in die Frontseite eingeplant.

Für mich hat das eine geschichtliche Bewandtnis, denn in den Rathäusern gab es früher selbstverständlich Hand-werksbetriebe wie Bäcker, Fleischer oder Tuchmacher. Da die Rathäuser an einem zentralen Platz lagen, kam dort ja auch die Kundschaft zwangsläufig vorbei. Heute sind hier Läden und die Touristeninformation untergebracht, in der allerlei Souvenirs verkauft und Stadtführungen vermittelt werden.

Die konservative und traditionalistische Bauweise des Rathaus-Anbaus gefiel aber nicht allen Düsseldorfern. Die Rheinische Post empfahl gar, für die Beamten Perücken anzuschaffen, damit sie zu dem Neubau auch stilistisch passten. Das war kein moderner Bau mit Glas und Flachdach, wie es für die 1950er-Jahre eher typisch gewesen wäre. Schulte-Frohlinde war einer der führenden regimetreuen Architekten im Dritten Reich gewesen und stand deshalb in der Kritik.

Stadt und Handwerk verbindet eine jahrhundertelange Tradition. Denn mit der Erhebung zur Stadt bekam Düsseldorf auch das Marktrecht verliehen. In der Nähe des ersten Marktplatzes an der Lambertuskirche siedelten sich Händler und Handwerksmeister an. Auf den Werkstattverkauf der Handwerker lässt sich das Wort „Laden“ zurückführen. Schuhmacher oder Kupferschmiede etwa befestigten ihre Waren an den Fenster-Läden ihrer Werkstätten. Fahrende Händler nahmen die handwerklichen Erzeugnisse aus Düsseldorf in Kommission und sorgten so für einen überregionalen Absatz.

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Mit der Entwicklung des Marktwesens organisierte sich auch das Handwerk. Die Zünfte entstanden, sie überwachten die Ausbildung des Nachwuchses und kontrollierten die Güte der hergestellten Waren. Der Karriereweg des Handwerkers führte vom Lehrling über den Gesellen bis zum Meister. Und für die Ausbildung mussten die Lehrlinge früher selbst zahlen: das sprichwörtliche „Lehrgeld“. Was für die Gymnasiasten die Abi-Feier, ist für die Handwerks-Azubis die Lossprechung. Denn mit der Gesellenprüfung steht den Junggesellen quasi die Tür offen in die weite Welt. Dieser jahrhundertealte Brauch hat nämlich nichts mit dem Sündenerlass zu tun, als der die Lossprechung außerhalb des Handwerks verstanden wird, sondern entbindet die Auszubildenden von den Verpflichtungen des erfolgreich erfüllten Lehrvertrags. Daher wird dieser Lebensabschnitt auch heute im Handwerk besonders feierlich begangen. Im Mittelalter war damit zwangsläufig ein Verlassen des Meisterbetriebs verbunden, denn mit dem Gesellenbrief in der Tasche traten die Junghandwerker ihre vorgeschriebenen Wanderjahre an. Damals war die „Wanderschaft“ für die „fahrenden Gesellen“ noch Pflicht. Heute wird diese Tradition von Gesellinnen und Gesellen auf freiwilliger Basis fortgeführt. Die Wanderschaft war seit dem Spätmittelalter bis zur beginnenden Industrialisierung eine der Voraussetzungen für die Gesellen, die Prüfung zum Meister abzulegen. Die Gesellen sollten vor allem neue Arbeitstechniken, Lebenserfahrung und fremde Orte, Regionen und Länder kennenlernen.

Ein Handwerker, der sich auf dieser traditionellen Wanderschaft befindet, wird als „Fremdgeschriebener“ oder „Fremder“ bezeichnet. Nach dem Ablauf der Hälfte der Wanderjahre bestand die Möglichkeit, sich durch Angehörige als Anwärter auf die Meisterschaft im Buch der jeweiligen Zunft eintragen zu lassen. Erst nach Beendigung der Wanderschaft und einer weiteren mehrjährigen Arbeitszeit, den so genannten „Mutjahren“ in einer Werkstatt am Ort der Antragstellung, bestand die Möglichkeit, sich zum Meisterstück anzumelden. An die Erlangung der Meisterschaft war das Niederlassungsrecht gebunden und damit die Eintragung als Bürger in das Bürgerbuch der Stadt. Erst dann bestand in manchen Zünften die Möglichkeit zur Heirat. Heute bleibt deutlich mehr als die Hälfte der Junggesellen und Junggesellinnen im Ausbildungsbetrieb. Das ist gut so, denn sie sind gefragte Fachkräfte.

Um das Jahr 1550 überdachte man erstmals einen Teil des Lebensmittelmarktes. Vorher konnten Bäcker und Metzger Holzbänke auf dem Marktplatz, der mittlerweile zum Rathaus umgezogen war, mieten. Jetzt erhielten die Fleischer eine eigene Halle. Kurfürst Jan Wellem förderte Kunst und Handwerk. Er führte auch das Reinheitsgebot für das Bier ein und legte damit den Grundstein für die „längste Theke der Welt“. Die Stadterweiterungen unter ihm und seinen Nachfolgern wären ohne das Bauhand-werk nicht zu bewerkstelligen gewesen.

Die Französische Revolution und die Besetzung des Rheinlandes durch die Franzosen von 1794 bis 1814 bringt entsprechend der liberalen Staatsauffassung nach Abschaffung der Zünfte die Gewerbefreiheit. Was zunächst einen Gründerboom auslöst, erweist sich bald als Fluch: Mangelnde Qualifikation in der Ausbildung und schlechte Qualität der Arbeit führen 1848 zur Einführung einer Handwerker- und Gewerbeordnung. Die Handwerkerschaft sehnte sich nach überschaubaren Verhältnissen, einer gemeinsamen Interessenvertretung und Institutionen, um die Auswüchse der Gewerbefreiheit einzudämmen. Daraufhin entstanden die Innungen, aber diese erfüllten nicht die Wünsche der Meister nach Exklusivrechten wie beim Vorbild der alten Zünfte. Der Zustand einer „geregelten Marktwirtschaft“, den die Zünfte garantiert hatten, war vorüber. Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung mit ihrer auf maximalen Gewinn ausgerichteten Massenfertigung bedrohte die wirtschaftliche Existenz des Handwerks. Unruhen und Umschichtungen im Handwerk legten somit eine allgemein rechtsverbindliche Ordnung und den Aufbau von überschaubaren Organisationen nahe.

Auf Grundlage des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1897 errichtete der Minister für Handel und Gewerbe eine Handwerkskammer zu Düsseldorf. Ihr Statut trat dann am 23. August 1899 in Kraft. Am 26. April 1900 fand im Düsseldorfer Rathaus die erste Vollversammlung der Handwerkskammer Düsseldorf statt. Damit begann die Arbeit zur „Vertretung der Interessen des Handwerks“, wie es im Reichsgesetz heißt: Die Handwerkskammern hatten die Interessen der Handwerker in ihrem Bezirk und das Lehrlingswesen zu vertreten, die Ausbildung von Gesellen und Meistern zu fördern, die Behörden zu beraten und zu unterrichten sowie Prüfungsausschüsse zu bilden. Im Prinzip hat sich daran bis heute nichts geändert. 1908 wird der so genannte „Kleine Befähigungsnachweis“ eingeführt. Nur wer diesen hat, darf Lehrlinge ausbilden. 1935 folgt der „Große Befähigungsnachweis“, der nach der bestandenen Meisterprüfung mit der Aushändigung des Meisterbriefes verbunden ist. Er allein berechtigt zur Führung eines Handwerksunternehmens und legt den Grundstein für die Selbstständigkeit.

In jüngster Zeit wurden mehrere Handwerke von der Meisterpflicht ausgenommen, sie werden als so genannte „zulassungsfreie Gewerke“ geführt. Aber auch hier zeigt sich schon wieder das Problem mangelhafter Ausbildung und Qualität. So ist der Meisterbrief auch heute noch Garant für die qualitativ hochwertige Ausführung handwerklicher Arbeit. Und selbst in den zulassungsfreien Handwerken geht der Trend zu der freiwilligen Belegung des Meisterkurses als Fortbildung.

Am 20. April 2013 bekamen 1.110 junge Meisterinnen und Meister ihre Urkunde im Messe Congress Center bei der traditionellen jährlichen großen Meisterfeier der Handwerkskammer Düsseldorf überreicht.

Der Bezirk der Handwerkskammer Düsseldorf erstreckt sich über den ganzen Regierungsbezirk Düsseldorf, vom Bergischen Land bis an die Ruhr und den Niederrhein bis zur niederländischen Grenze. Mit über 52.000 Unternehmen und über 300.000 Beschäftigten ist sie eine der größten von

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Norbert Opfermann
Bildmaterialien: Norbert Opfermann
Cover: Norbert Opfermann
Lektorat: Wolfgang Zengerling M.A.
Tag der Veröffentlichung: 09.05.2015
ISBN: 978-3-7368-9385-6

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