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I. Scherbenhaufen unter Federn




Der Regen viel schon den ganzen Tag vom Himmel und hinterließ einen kleinen Fluss in den Straßenrinnen. Ich hatte mal wieder meinen Schirm zu hause vergessen und war schon völlig durchnässt. Zu allem Übel fing es nun auch noch an zu gewittern. Wenn man dachte die Straßen seien leer gewesen als es ‚nur’ geregnet hatte, sollte er jetzt mal durch die menschenleeren, schon ausgestorbenen, Gassen schauen. Ich war auf dem Weg zur Schule gewesen, doch hatte mich bereits entschieden wieder umzukehren, in meine kleine einsame Wohnung.
Ich stand nun vor der Wohnungstür, die ich grade aufschließen wollte, als ich mitbekam wie jemand in der Wohnung nebenan aufschrie. Die Tür war nicht abgeschlossen, also ging ich hinein. Ich sah einen jungen Mann auf dem Boden liegen, der unter einem umgestürzten Regal lag. Ich sagte nichts und hob das Regal mit Leichtigkeit an. „Danke, aber wer bist du?“ Wurde ich gefragt. Doch ohne darauf zu reagieren ging ich wieder und schloss nun meine Tür auf.
Jacke und Schuhe lies ich im Flur liegen und betrat das Badezimmer, um mir ein heißes Bad einzulassen.
Ich hatte ja schon viele Manschen in meinem Leben gesehen, zu viele wie mir schien. Ich fragte mich, wieso ich diesem Menschen überhaupt geholfen hatte. Ich hätte ihn ja einfach ignorieren können. Doch die Lust weiter zu grübeln hatte ich keines Wegs.
Ich entledigte mich meiner durchnässten Schuluniform und lies meinen kalten, nassen Körper ins warme Wasser sinken. In wohlige Wärme gehüllt ließ ich meine Konzentration, vor Entspannung, fallen. Die zwei großen Narben auf meinem Rücken waren wieder zu sehen.

//„Du hast die Regeln gebrochen. Und nicht nur irgend eine, nein! Du hast dich den Menschen gezeigt. Eines der strengsten Tabus begangen. Du weist was dich nun erwartet.“ Sagte Beronan und lies nun das Wort einem höher gestellten. „Deine Strafe, Lucas Fiamare, lautet: Verbannung in die Menschenwelt und ewiger Verlust der Flügel. Der Mensch, dem du dein wahres ich offenbart hast, wurde bereits beseitigt. Nun tritt deine Strafe an, um den Vergehen zu sühnen.“ Sprach Gabriel mein urteil.
Sie rissen mir die Flügel aus, schnitten meine schönen langen Haare ab und schickten mich, so geschunden, auf die Erde hinab.//

Ich riss die Augen auf. Ich war wohl eingenickt. *Wieder diese Erinnerung. Wieso muss es immer wieder diese sein?*
Ich hatte damals alles verloren, nur meine Unsterblichkeit und meine Erinnerungen blieben mir aus meinem ehemaligen leben, zusammen mit einigen Fähigkeiten. Ich konnte nicht mal mehr meinem Job nach gehen, da ich meinen Schützling ebenfalls verloren hatte.
Ich stieg aus der Wanne und zog mir nach dem abtrocknen den Bademantel an. Langsam tapste ich ins Wohnzimmer und legte mich auf das Sofa. Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich stand auf und verdrehte kurz die Augen. Ich machte auf und sah in das Gesicht des jungen Mannes von eben, doch ich nahm es nicht wirklich wahr. „Entschuldigen sie die… Ah. Du bist doch der Junge von eben. Danke noch mal.“ „Was willst du?“ Gab ich genervt zurück. „Nun ich wollte fragen, ob ich ein wenig Zucker haben könnte. Meiner ist mir nämlich vorhin ausgegangen.“ „Zucker.“ Wiederholte ich und in meiner Hand erschien ein Päckchen. „Hier.“ „Wie? Wie hast du…?“ „Unwichtig.“ Ich drückte ihm das Päckchen in die Hand und schloss die Tür. Er klopfte zwar noch ein paar Mal, aber ich reagierte nicht. Meine Müdigkeit wurde immer schlimmer, so ergab es sich das ich wieder ins Bett ging.

//„Wir müssen den Kleinen schnellstens finden. Wenn er in die falschen Hände gerät, wird das schlimme Auswirkungen haben.“ „Ja, aber was soll er denn noch ausrichten könne, nachdem ihm die Flügel gestutzt wurden?“ „Viel. Er hat nämlich viele seiner Fähigkeiten behalten.“ „Hätte Gabriel damals nicht diese verdammte Entscheidung getroffen, dann könnten wir jetzt sicher sein, das nichts Schlimmes passieren könnte.“ „Du hast ja recht, aber Lucas hat sich den Menschen gezeigt. Du weist doch, dass das Folgen gehabt hätte, wenn wir ihn nicht zur Rechenschaft gezogen hätten. Wir können nur überleben, wenn ‚Sie’ nicht wissen, wo er ist. Und außerdem wenn er ein Mensch ist, dann ist er auch schwerer zu finden.“ „Ja, aber nicht nur für ‚Sie’, sondern auch für uns.“ „Hör auf zu nörgeln. Wir müssen ihn schnellstens finden, bevor sie es tun.“//

Es war bereits später Nachmittag, als ich wieder wach wurde. Der Regen hatte noch immer kein Ende gefunden, nur das Gewitter war verschwunden.
Ich ging zum Kleiderschrank und suchte einfach etwas heraus. Nachdem ich angezogen war, ging ich hinaus, doch nicht ohne dieses Mal einen Schirm mit zu nehmen. Ich lief ein wenig durch die leeren Straßen. Gedankenverloren blieb ich irgendwann stehen und starrte ins leere, nicht bemerkend wie ein Auto heranraste.
Mitten auf der Kreuzung stand ich nun und das Auto raste immer näher. Nun bemerkte mich der Fahrer, hupte wie ein irrer, aber ich rührte mich nicht vom Fleck. Das Auto bremste, rutschte auf der nassen Straße weiter und…

Mit ausgestrecktem Arm hielt ich das Auto fest, rührte mich ansonsten nicht. Der Fahrer hatte die Augen weit aufgerissen, dachte wahrscheinlich, er hätte sie nicht mehr alle. Ich lies es los und ging, ohne ein Wort zu verlieren, nach hause.

II. Schwarze Federn oder weiße?




Die letzten drei Wochen war ich nicht in der Schule gewesen, weil irgendwas nicht mit mir stimmte. Ich fühlte mich immer wieder sehr unwohl, wusste aber nicht weshalb. Die Lehrer interessierte es nicht sonderlich das ich fehlte und freunde hatte ich nicht. Wenn ich ehrlich war, wollte ich auch keine, denn ich vertraute keinem mehr und ‚Menschen’ erstrecht nicht.
Ich war wohl völlig in Gedanken versunken, da ich aufschreckte als es Klingelte. Ich wollte nicht aufmachen, niemanden sehen, von niemandem gesehen werden, mit diesem verheultem Gesicht, doch ging schon automatisch zur Tür und öffnete sie.
Wir kannten uns nicht, hatten uns erst zweimal flüchtig gesehen, doch er nahm mich in den Arm und strich mir über den Kopf. Wie ein kleines Kind, griff ich reflexartig in sein Shirt, krallte mich fest und lies es über mich ergehen. Erneut flossen Tränen, welche gleich wieder im weichen Stoff verschwanden. Wir schwiegen und bis auf das schluchzen war nichts zu hören. Wir standen zwischen Tür und Angel und ich lies mich von einem ‚fremden Menschen’ in den Arm nehmen. Doch es war angenehm, gefiel mir sogar, wollte nicht das er mich los lest, mich nicht alleine lest.

Ab diesem Tag besuchte er mich jeden Tag und ich freute mich jedes Mal wenn er da war, doch war dann umso betrübter wenn er wieder ging.
Es war Mittwoch, die sonne schien, das Klima war angenehm warm. Ich kam grade von der Schule und bemerkte wie zwei Fremde versuchten die Tür von Axes Wohnung zu öffnen. Seltsamerweise kamen mir die beiden gestalten bekannt vor. Axes öffnete die Tür, sah die beiden und sah sie abstoßend an. „Was wollt ‚Ihr’?“ Knurrte er. „Wir sind auch nicht froh über diese Situation, aber wir suchen jemanden und wollen, dass du uns hilfst.“ „Wieso sollte ich das tun?“ Fragte er nun noch schroffer. „Weil du uns was schuldig bist, wegen der Sache von damals. Du weist das du nur deswegen deine Ruhe hast.“ „Wen sucht ihr?“ Seufzte er nun. „Einen Gefallenen.“ Sagte einer der zwei und zeigte ihm ein Bild. „Hast du ihn schon mal gesehen?“ Fragte der andere. Axes schielte leicht zu mir, so dass sie es nicht bemerkten. Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter. Ich wusste nun wer die zwei waren. Es waren Gabriels Handlanger und meine damaligen ‚Babysitter’. Ich schüttelte den Kopf, als wolle ich sagen, verrate mich nicht, und schaute ihn flehend an. „Nein habe ich nicht. Wieso sucht ihr diesen Jungen denn?“ „Unser vorgesetzter sucht ihn. Mehr können und dürfen wir dir nicht sagen.“ „Verstehe. Ich halte die Augen offen.“ Murrte Axes noch und kam zu mir. „Na, wie war die Schule?“ Lächelte er und legte einen Arm um mich. „Bleib ganz ruhig. Schließ die Tür auf und lass uns reingehen.“ Flüsterte er mir zu. „Ganz gut. Was gibt’s zum Mittag?“ Fragte ich und schloss auf. Wir gingen rein. „Was immer du möchtest.“ Grinste er und schloss die Tür. „Woher kennen die beiden dich. Wieso siehst du auf dem Bild so anders aus? Warum…?“ „Weil ich damals einen Tabubruch begangen habe. Warum sie jetzt nach mir suchen weis ich nicht.“ „Welches Tabu?“ „Ich wurde von Menschen gesehen. Aber woher kennst du sie eigentlich?“ „Naja, das ist eine schwierige Angelegenheit.“ „Was bist du?“ Fragte ich nun monoton. „Ist das so wichtig?“ „Ja.“ „Ein Dämon.“ Meine Augen rissen weit auf, ich konnte es nicht fassen. „Dann hast du mich also nur so freundlich…“ „Das ist nicht wahr! Ich habe mich Argon entsagt. Ich habe nichts mehr mit ihm zu tun, das musst du mir glauben Lucas.“ „Was ist wenn sie Verdacht schöpfen? Was ist wenn sie mich erkannt haben? Was ist wenn…“ „Beruhige dich. Ich habe nicht vor dich ihnen auszuhändigen. Das einzige das für mich jetzt erstmal wichtig ist, ist das du mir glaubst und vertraust.“ „Glauben… Kann ich dir wirklich glauben? … Ich denke schon. Aber vertrauen das, dass kann ich nicht mehr.“ „Ist schon ok. Das ergibt sich schon.“ Lächelte er.
Doch das schlimmste sollte erst noch kommen.

Am Abend klopfte es. Wir sahen grade einen Film. Axes ging zur Tür und machte auf. „Du bist also noch hier, bei dem Jungen.“ „Was wollt ihr denn jetzt schon wieder?“ Murrte er. Da ich wissen wollte, wer da an der
Tür stand, folgte ich Axes. „Sieh an, sieh an. Ein hübsches Bürschchen. Ich muss zugeben, dass du schon immer einen guten Geschmack hattest, was deine Wahl betrifft.“ Sagte der eine. „Hey, sieh dir das mal an, Teora. Der Junge hat ja eine ganz schön große Ähnlichkeit mit Lucas.“ Sagte der andere und fing an zu grinsen. Ganz aus Reflex stellte ich mich hinter Axes, krallte mich in seinen Rücken und senkte den Kopf. „Hattest du nicht gesagt, du hättest ihn noch nie gesehen?“ „Das ist nicht der Junge der auf dem Bild zu sehen ist. Er reagiert nur so, weil er schlechte Erfahrungen mit fremden Leuten gemacht hat.“ „Ach ja? Und das sollen wir dir glauben?“ Erwiderte Teora. „Sag mal Hito, Hast du das von Nanami Gehört? Ihr soll es ja ziemlich schlecht gehen und die ganzen Verletzungen erst.“ Ich schreckte auf. „Na sie einer an, der Kleine hat ja reagiert. Axes geh zur Seite.“ „Einen Teufel werd’ ich machen. Und ich sagte doch, er ist es nicht!“ „Wieso denn so aufbrausend?“ „Axes…“ Murmelte ich aus dem Hintergrund. „Was hast du, Lucas?“ Ein riesen Fehler. „Lucas? Er ist es also doch!“ Hito kam auf uns zu. „Du musst meinetwegen nicht lügen.“ „Ich lüge nicht. Du bist nicht ‚mehr’ der Junge auf dem Bild.“ „Aber…“ „Lucas ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nicht aushändige. Egal was passiert.“ Unterbrauch mich Axes mit Nachdruck. „Lucas, du wirst nun mit uns kommen! Gabriel will dich umgehend sehen.“ *Er will mich sehen? Einfach so, nach alldem was er mir angetan hat? Nein! Ich will weder ihn noch einen der anderen wiedersehen.* „Wieso sollte ich jetzt, auf einmal, wieder zurück kommen?! Wisst ihr eigentlich wie sehr ich leiden musste, welch einen schmerz ich ertragen musste?!! Nein, dass könnt ihr euch nicht mal im Entferntesten vorstellen!!“ Entgegnete ich außer mir. „Es ist ziemlich egal was du sagst, du wirst jetzt mit uns kommen!“ „Nein! SCHMERZ!“ Beide bekamen im selben Moment unsagbare schmerzen. „Lucas? Wie? Was?“ „Ich kann mit Worten Gefühle und Benehmen eines anderen kontrollieren, aber jetzt als ‚Mensch’ kostet es mich viel Kraft.“ „O-ok. Lass uns verschwinden.“ *Hat er mir nicht zugehört? Und wenn doch, wieso will er mich dann immer noch beschützen?* Er nahm mich an der hand und zog mich hinter sich her.
Sie hatten mich also gefunden.
Was wollte Gabriel von mir? Warum wollte er, dass ich zurück komme? Wo sollte ich nun hin? Wie sollte es nun weiter gehen?
So viele fragen gingen mir durch den Kopf. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde nicht zulassen das sie dir wehtun.“ Wir saßen mittlerweile im Zug, in einem leeren Wagon. Wir hatten einen dieser Einzelräume. Axes hatte sich neben mich gesetzt und den arm um mich gelegt.

III. Ein Engel ohne Federn ist kein Engel, oder?




„Axes? Wieso beschützt du mich?“ Diese Frage brannte schon eine ganze weile auf meiner Zunge. „Ich bin mir nicht ‚ganz’ sicher, aber einen freund lasse ich niemals im stich. Und wenn ‚die’ schon hinter dir her sind, dann lässt Argon sicher auch nicht lange auf sich warten, bis er sein Interesse zeigt und nach dir suchen lässt.“ „Wer ist Argon?“ „Er ist einer der drei Herrscher der Unterwelt. Er ist für das reich der Dämonen zuständig. Und er ist machthungrig. Er würde alles tun um an genügend Macht zu kommen, um die Engel vernichten zu können.“ „Und was habe ich ausgerechnet damit zu tun?“
Ich sah in an, sah ihm in seine Augen, sah zum ersten Mal in sie und nicht durch sie hindurch. Er hatte dunkelbraune, schon fast schwarze Augen, rötlich-blondes Haar und eine helle Haut. Seine Haare gingen ihm bis zum Kinn und er ist 1,80 groß. Oft trägt er einen weinroten Pulli, so wie heute. Er sah so aus wie ein 20 Jähriger. Das alles war mir vorher nicht aufgefallen, hatte mich nie interessiert, aber er sah einfach schön aus. Meiner Meinung nach, hatte er mehr von einem Engel als ich.
Ich hatte schwarzes, schulterlanges Haar, blaue Augen und fast weiße Haut. Ich bin grade mal 1,72 groß. Vom aussehen her schloss man eher auf einen Dämon.
„Ich weis es auch nicht so genau, aber vielleicht hast du ja noch mehr Fähigkeiten, die noch mächtiger sind und noch mehr schaden können, wenn du ihn die falschen Hände gerätst. Jede Partie will dich also für sich, um deine macht zu benutzen.“ „Was ist mit dir? Bist du auch nur hinter meinen Kräften her?“ „Nein. Für mich bist du kein Mensch, kein Dämon, kein Engel, naja… eh, oder etwas anderes. Für mich bist du einfach nur Lucas. Ich interessiere mich nicht sonderlich für Macht. Mein Ziel und meine Aufgabe ist es jetzt, dich zu beschützen.“ „Deine Aufgabe?“ „Ja. Denn ich will, dass du an meiner Seite bleibst. Deswegen habe ich beschlossen, dich zu schützen. Irgendwann möchte ich nämlich, das du mir vertraust.“ „Verstehe. Ich kann dir nichts versprächen, aber vielleicht schaffst du es ja, dass ich dir eines Tages vertrauen kann.“ Lächelte ich. „Das ist das erste Mal das ich dich lächeln sehe. Das finde ich niedlich.“ Erwiderte er und grinste frech. Ich lief leicht rot an. *Er hat doch wirklich ‚niedlich’ gesagt. Ich niedlich?* „Was ist? Hast du ein Problem damit, das ich dich niedlich finde?“ „Ich bin nicht niedlich.“ „Doch bist du.“ Grinste er noch breiter und nahm mich in den arm. Ich wusste zwar nicht was er dachte, aber dafür dass er mich nicht anlog. Ich lies ihn machen, denn die nähe war angenehm. Endlich fühlte ich mich geborgen und gebraucht. Axes schien mich zu verstehen, zu wissen wie ich mich fühlte. Was ich merkwürdig fand. Ich ließ meinen Kopf gegen seine Brust sinken, schloss die Augen und entspannte mich etwas. Ich war so schrecklich müde, was er anscheinend bemerkt hatte. Er strich mir sanft über den Rücken. Langsam verlor ich immer mehr das Bewusstsein.
Mitten in der Nacht wachte ich wieder auf, denn ich musste mal. Da ich, was die Dunkelheit betrifft, aber eine Bangebuchse bin, wollte ich nicht alleine gehen.
„Axes?“ Flüsterte ich und stupste ihn leicht. „Axes, bitte wach auf.“ Doch dieser knurrte nur. „Bitte. Axes.“ „Was ist denn?“ Brummte dieser müde. „Ich muss mal.“ „Dann geh doch.“ „Ich kann nicht.“ „Wieso?“ „Ich… Ehm… Mag die Dunkelheit nicht. Kannst… Kannst du…?“ „Ok, Liebling. Mami kommt mit.“ Gluckste er. „Lach nicht.“ Erwiderte ich beleidigt. Er begleitete mich und als wir wieder in unserem Abteil waren, legte er sich wieder aufs Ohr. Irgendwann schlief auch ich wieder ein.
Die Sonnenstrahlen und ein merkwürdiger kurzer Druck auf den Lippen, weckten mich am nächsten Morgen. Als ich die Augen öffnete, blickte ich in zwei dunkle warme Augen. „Guten Morgen Lucas. Ich hoffe das du gut geschlafen hast.“ Lächelte Axes freundlich. „Morgen.“ Nuschelte ich verschlafen. „Wo sind wir jetzt?“ Fragte ich, während ich mich streckte und dann einmal kräftig gähnte. „In Riona, denke ich mal.“ „Ri-riona? Das ist aber ganz schön weit weg von Symare.“ „Das ist auch gut so. Dort wären wir ohnehin nur in Gefahr.“ „Du hast wahrscheinlich recht.“
„Du solltest dich mal kämmen. Deine Haare stehen in alle Richtungen ab.“ Lachte er. „Bevor du etwas sagst, solltest du lieber Mal einen blick in einen Spiegel werfen.“ Erwiderte ich und lachte mit ihm. „Wenn du lachst bist du total süß, weist du das eigentlich?“ „Find ich nicht.“ Stellte ich mich beleidigt. „Wie süß. Du siehst mit deinen aufgeblähten Wangen aus wie ein Hamster.“ Grinste er und kniff mir leicht in meine linke Wange. „Ich bin kein Hamster!“ „Nein, das bist du nicht. Du bist etwas viel besseres. Du bist ein süßer kleiner Engel.“ Sagte er und flüsterte den letzten Satz in mein Ohr. „Ja-Ja, klar. Ich u-und eine Engel. Ich sehe eher aus wie ein Dämon, wirke wie ein Mensch und benehme mich sogar so. Und meine Flügel… wurden mir ausgerissen. Wo bin eich also ein Engel?“ „Nicht jeder Engel ist mit Federn geschmückt. Dein Herz ist viel zu rein, als das du ein Mensch oder gar ein Dämon sein könntest. Auch ohne Flügel bist du ein Engel, und wenn auch nur für mich.“ „Nur für dich? Was meinst du damit?“ „Siehst du. Das meinte ich damit, ein süßer unschuldiger Engel. Aber diese Seite ist nicht grade unattraktiv, ich mag sie sogar ziemlich gerne.“
„Wann steigen wir aus?“ Versuchte ich das Thema zu wechseln. Er wuschelte mir durchs Haar und sah zum Fenster hinaus. „Ich denke wenn wir in Fafona sind. Das dauert aber noch eine weile, also hab Geduld.“ Erklärte er mit abwesendem Blick.

IV. Es ist nicht alles so leicht, wie eine Feder




Nach knapp 3 stunden kamen wir in Fafona an. Alles war am blühen, die reine Natur. „Wow. Das… Es ist richtig schön hier. Ich wusste gar nicht, das es so schöne Orte gibt.“ „Ja, ganz schön hier, aber es gibt hier noch eine Ort, der schöner ist. Aber den kann ich dir erst heute Abend zeigen.“ Sagte er Lächelnd, doch dieses lächeln war anders als sonst. Irgendwie wärmer und… da war noch was. „Ich freue mich schon“ Und das meinte ich wirklich so, ich freute mich.
Wir zogen durch die Stadt, sahen uns einige Läden uns Sehenswürdigkeiten an. „Warst du schon mal hier?“ Fragte ich Axes neugierig. „Ja, aber damals stand ich noch unter Argons Kommando. Zu dieser Zeit sah es hier sehr viel trostloser aus. Seit die Engel die Dämonen von hier vertrieben haben ist es hier deutlich angenehmer geworden. „Sind hier denn noch…?“ „Nein. es sind weder Dämonen noch Engel hier. Das hätte ich gemerkt.“ „Ok. Dann bin ich ja sicher.“ Kicherte ich. *Oh mein Gott. Ich kichere wie eines dieser merkwürdigen Schulmädchen. Das ist ja abartig!* „Du bist echt süß.“ Erwiderte er auf mein Benehmen und strich mir durchs Haar. Ich erwiderte dieses Mal nichts, war mir mittlerweile zu mühselig.
Es war mittlerweile später Nachmittag und Axes besorgte uns grade etwas zu essen, eine Spezialität aus Fafona. Quiso. Das waren Kleine, warme Teigbällchen mit Zucker und Zimt im Kern und einer heißen süßlichen Soße. Dazu dünne streifen Fleisch und etwas das wie Blumen aussah, aber ein Salat war. Es war richtig lecker.
Ich hatte noch etwas Soße am Mundwinkel und er hatte nichts Besseres zu tun als es abzulecken. Mit knallrotem Kopf, da es ja schon irgendwie peinlich war, saß ich nun neben Axes und rührte mich nicht. „Das war dir doch nicht etwas unangenehm, oder? Lucas.“ Fragte er mich und raunte meinen Namen dann in mein Ohr. *Was soll das?* Ich wusste nicht was er damit bezweckte. „Du bist ja noch purpurner als zuvor. Was ist denn los?“ Ich wollte antworten und das unverblümt, aber ich bekam keinen Mucks heraus. „Du bist echt niedlich und so unschuldig.“ Gab er leicht kichernd von sich und wuschelte mir erneut durch meine Haare. „Wieso, Axes?“ Nuschelte ich. „Wieso was?“ „Wieso du das tust.“ „Weist du das den nicht?“ Ich schüttelte nur den Kopf. „Dann ist es nicht so wichtig.“ Meinte er mit einer leichten spur von Trauer in seinen Worten. *Wieso ist der denn jetzt so deprimiert?* Ob es wohl möglich war das Dämonen Stimmungsschwankungen bekommen, schwirrte mir dann beiläufig durch den Kopf.
Er führte mich noch ein wenig in Fafona herum und als die Sonne unter ging, nahm er mich an der Hand und sagte mir, ich solle die Augen schließen und erst wieder öffnen, wenn er es mir sage. Eine ganze weile wurde ich von ihm durch, ich denke mal, Wald geführt, unwissend was er vorhatte oder wohin ich nun gebracht würde.
„Du kannst nun die Augen wieder auf machen.“ Ich tat was Axes mir sagte und öffnete meine Augen. „Wow.“ Mehr bekam ich echt nicht raus. Wir standen auf einer weiten Lichtung. Es war bereits tiefschwarze Nacht und nur die Sterne waren am Himmel zu sehen, da Neumond war. Doch wenn man zu Boden sah, dann erblickte man ein Meer aus Lichtblumen. Es sah so wundervoll aus, dass mir die Worte fehlten. „Na, habe ich zu viel versprochen? Wundervoll, nicht?“ „Ja.“ „Aber weist du, damals war es nur halb so schön hier. Weist du wieso?“ Ich schüttelte den Kopf. „Weil du damals nicht bei mir warst.“ „Wie meinst du…“ „Ich habe dich sehr gern. Und du lässt diese Nacht, für mich, viel heller erstrahlen, als es diese Blumen je könnten.“ „Aber ich leuchte doch gar nicht.“ „Ich meine das etwas anders. Ich will dir damit sagen, das du für mich sehr, sehr wichtig bist und …“ Ich verstand nicht, was war los mit ihm. Die ganzen drei Monate die wir uns nun schon kannten, hatte er sich noch nie so merkwürdig benommen. Er kam auf mich zu, blieb direkt vor mir stehen und legte seine Hände sanft um mein Gesicht.
„Lucas ich… ich… ich habe dich… dich wirklich gern.“
Bei jedem gesprochenen Word kam sein Gesicht meinem immer näher, sodass sich beim letzten Wort fast unsere Lippen berührten. Das Wort ‚gern’ flüsterte er nur noch und überbrückte dann den letzten Abstand zwischen unseren Mündern. Meine Augen rissen weite auf. Ein merkwürdiges Gefühl lag mir im Magen und eine mir unbekannte Hitze breitete sich in mir aus. *Was ist was? Was macht er mit mir?* Mehr bekam ich nicht gebacken, da sich meine Fähigkeit zu denken in Luft auflöste.
Ganz langsam Löste er den Kuss. „Verzei mir, Lucas.“ Gab er niedergeschlagen von sich und senkten den Kopf. „Ich… verstehe nicht ganz. Wieso… hast du…?“ „Weist du denn wirklich nicht was das bedeutet?“ „Nein. Ich verstehe rein gar nichts. Erst benimmst du dich so komisch, dann berührst du meine Lippen und dann soll ich auch noch alles verstehen?“ „Gibt es bei euch Engeln etwa so was wie Liebe nicht?“ „Was soll das sein?“ „Wenn man jemanden mag, diese Person sieht und einem warm wird, das Herz wie wild schlägt, du das Gefühl hast, das alles was um dich herum ist, nur vollkommen ist, wenn diese Person bei dir ist. Wenn man bei jeder Kleinigkeit den Faden verliert, man sich freut wenn man diese Person sieht und man alles tun will, um diesen jemand nicht zu verlieren. Dieses Gefühl ist Liebe.“ „Nein. So etwas gibt es bei uns nicht. Aber wieso hast du…?“ „Das macht man, um es zu zeigen. Weist du, es gibt auch noch andere Gesten und… und Möglichkeiten um es zu zeigen. Aber diese gehen nur wenn die andere Person es erwidert.“ Er schluckte und für fort. „Ich weis, dass du nicht viel von den Menschen hältst, aber ich habe sie oft draußen beobachtet, habe ihr Bücher gelesen und habe dadurch dann irgendwann wohl Gefühle entwickelt. Und so wie ich es grade getan habe, zeigen sie sich ihre Zuneigung.“ „Du hast dir ein Beispiel an ihnen genommen, um Gefühle zu zeigen?“ Er nickte. „Weist du, wenn bei uns einer so etwas getan oder gesagt hätte, dann wurde er als töricht bezeichnet und nie wieder gesehen. Man munkelt, sie seien auf einem Scheiterhaufen verbrannt, weil sie gesundet haben.“ „Sie wurden was?!“ „Verbrannt. Bei uns ist ein solches verhalten nicht erwünscht und wird als Sünde angesehen. Deshalb kennen wir solch eine art von Gefühlen nicht.“ „Und wie bekommt ihr dann Kinder?“ „Wir opfern Federn und Blut.“ „Engel sind echt merkwürdig.“ Eine weile sagte niemand etwas, bis ich mich entschloss das schweigen zu brechen.
„Weist du, ich habe mich damals aus Zuneigung, oder starkem Interesse, einem Menschen gezeigt, dem ich vertraute, und habe Glück oder Pech gehabt, dass die nicht wussten weshalb ich das getan hatte.“ „Ich bin froh, dass sie es nicht wussten, sonst wärst du jetzt nicht hier.“ *Er ist froh das ich nicht tot bin.* Aus irgendeinem Grund freut mich das sogar. „Ich habe da noch eine frage an dich, Axes.“ „Die wäre?“ „Seit wann fühlst du so für mich?“ „Ich weis es nicht so genau, aber es ist schon länger so das ich diese Gefühle für dich hege.“ Wieder schwiegen wir, mittlerweile saßen wir aber auf der Wiese. „Und was ist mit dir Lucas? Wie fühlst du für mich?“ Unterbrach, dieses Mal, Axes das schweigen. „Ich weis nicht, da wir eigentlich Monoton sind, oder nur sehr wenig Gefühle oder Emotionen zeigen. Aber ich habe dich schon gern, auch wenn du mich manchmal etwas ärgerst. Du bist immer für mich da und das freut mich ungemein, auch wenn ich das nicht so ganz offen zeige. Und außerdem kann… kann ich dir ein gewisses Vertrauen entgegenbringen, oder?“ „Du- du vertraust mir?“ Fragte er mit überrascht. „Ich weis, ich hatte gesagt, dass ich das nicht kann, aber ein wenig Vertrauen habe ich dir immer entgegengebracht. Sonst hätte ich dich nie in mein nähe gelassen.“ Gab ich verlegen zu. „Du kannst dir nicht vorstellen wie glücklich mich das grade macht.“ Sagte er überglücklich und nahm mich fest in den Arm.

V. Die Jagt beginnt



Wir hatten Fafona am frühen Morgen verlassen und waren nun auf dem weg nach Aquaren, eine Stadt am Meer. Sie liegt in einer Bucht und es heißt, das dort häufiger junge Männer verschwinden, aber das gilt wohl nur für Menschen.
Als wir in Aquaren ankamen war es bereits wieder Nacht. Es waren nicht viele Leute unterwegs, und die, die unterwegs waren, hielten sich in dunklen Gassen auf. Axes hielt meine Hand fest umschlossen und zog mich mit leichtem druck hinter sich her. „Wo wollt ihr denn hin, Axes?“ Fragte eine tiefe Stimme. Dieser blieb augenblicklich stehen und sah sich um, doch nichts war zu sehen. „Du weist doch das man mich nicht sehen kann, wenn ich es nicht will. Oder hast du das schon vergessen?“ „Argon“ Nuschelte Axes und ich sah wie seine Augen ein grelles, leuchtendes rot annahmen. „Was willst du?!“ „Ist das nicht offensichtlich? Ich will den Kleinen.“ „Er ist nur ein gewöhnlicher Mensch.“ „Ich weis wer und was er ist. Und ich weis von deinen Fähigkeiten.“ „Er ist ein Mensch. Außerdem was sollte er denn dann für Kräfte haben.“ „Einige, davon nur wenige mir bekannte, aber auch die werde ich noch in Erfahrung bringen. Jetzt überlass ihn mir, Axes.“ Drohte Argon. Mit meiner freien Hand griff ich an Axes Ärmel und sah ihn fragend und flehend an. „Bleib ganz ruhig. Ich habe dir doch gesagt das ich dich beschütze.“ Versuchte dieser mich zu beruhigen. „Übergib mir den Jungen, das ist ein Befehl!“ „Ich nehme schon lange keine Befehle mehr von dir an. Und ich werde jetzt sicher nicht wieder damit anfangen.“ Er drückte mich fest an sich und murmelte dann irgendwas Unverständliches. „Denkst du wirklich, dass du mich so von ihm fernhalten kannst? Du bist viel zu naiv geworden, Axes.“ „Der Bann soll ihn vor Verletzungen schützen.“ „Du sorgst dich also um einen ‚Menschen’? Wie überaus interessant. … Doch leider habe ich nun keine Zeit mehr mit euch zu spielen. Ich lasse euch fürs erste in ruhe.“ Lachte Argon boshaft und verschwand. Axes entspannte sich ein wenig und seine Augen nahmen wieder ihre ursprüngliche bräune an. „Tut mir leid Lucas. Er konnte uns nur finden, weil ich zu unaufmerksam war. Ich hätte es wissen müssen.“ Entschuldigte er sich mit einer zweifelnden Stimme. „Es ist ok. Ich bin ja noch hier, das ist doch alles was zählt, oder?“ Lächelte ich zaghaft. „Du hast recht.“
„Sag mal, wo wollen wir eigentlich schlafen?“ „In einer Herberge, hier in der nähe. Die Leute dort sind bekannte von mir.“ „Sind sie auch Dämonen?“ „Nein. Es sind Menschen, aber sie wissen das ich einer bin.“ Er sog mich weiter und hielt erst wieder vor der Tür der Herberge. Er öffnete sie und hielt mir die Tür auf. „SÄM?“ Rief Axes in den Raum. „Wer fragt?“ Grinste uns ein blonder junger erwachsener entgegen. „Na wer wohl?“ „Mensch, dich habe ich ja lange nicht mehr gesehen. Was machst du denn hier?“ „Wir sind nur auf der Durchreise. Hast du ein Zimmer?“ „Wir?“ „Ja.“ Ich hatte mich mal wieder hinter Axes versteckt, deswegen hatte er mich nicht gesehen. „Du brauchst vor Säm echt keine Angst zu haben. Säm ist echt in Ordnung.“ Sagte er lächelnd und schob mich nach vorn. „Hallo.“ Begrüßte ich Säm schüchtern. „Hay. Na wie heißt du denn kleiner?“ „Lucas Fiamare.“ „Ah, Lucas also. Ein netter Name. Und wie alt bist du Lucas?“ „789, aber mein aussehen sagt eher 16.“ Langsam taute ich auf und fühlte mich sicherer. „789? Des heißt ja, dass du gar kein Mensch bist, oder?“ „Nein er ist ein Gefallener.“ Antwortete Axes. „Verstehe. Pass bloß auf Lucas, Axes hat’s faustdick hintere Ohren.“ Sagte er und sah dann in ein dickes Buch, das auf dem Tresen lag. „Ein- oder Zweibettzimmer?“ „Zweibett.“ „Ok. Erster Etage links. Zimmer 19. Dann wünsche ich euch mal eine gute und erholsame Nacht.“ „Werden wir haben.“ Erwiderte Axes und nahm den Schlüssel entgegen. Ich lief dem blonden hinterher und sah mich ein wenig im Flur um. „Sag mal Axes, wie alt bist du eigentlich?“ „21.“ Ich meinte eigentlich dein wahres Alter.“ „2857. Möchtest du sonst noch etwas wissen?“ Meine er freundlich und schloss die Zimmertür auf. Ich schüttelte schweigend den Kopf, auch wenn er es nicht sah wusste er, dass ich geantwortet hatte. Wir gingen ins Zimmer und ich schmiss mich auf das weiche Doppelbett. „Na, gefällt es dir?“ „Hmhm.“ Gab ich müde von mir. Axes setzte sich zu mir und strich mir, wie er es immer tat, durch die Haare. Ich wurde immer schläfriger und sank dann irgendwann ins Reich der Träume.

//„Lucas soll was sein?!“ „Du hast richtig gehört. Deswegen ist es wichtig, das er es nicht erfährt oder in falsche Hände gerät.“ „Das kann ich einfach nicht glauben.“ „Nanami, zurzeit ist er mit einem Dämon unterwegs, der Lucas nach Strich und Faden manipuliert. Ich habe bereits zwei meiner Leute auf sie angesetzt, aber es ist leider so, dass sie uns entkommen sind. Du bist doch seine beste Freundin gewesen, wo könnte er sein?“ „Ich weis es nicht, dank dir!“ Der Kontakt ist abgebrochen, als er vor 13 Jahren auf die Erde verbannt und mir der Kontakt verboten wurde!“ „Nanami…“ „Nein! Selbst wenn ich wüsste wo er sich grade mit wem aufhält, wärst du der letzte der es von mir erfahren würde, Gabriel!“//

Es war noch nicht mal vier Uhr in der Frühe, als ich wieder wach wurde. Ich war mir sicher, dass das keine Erinnerung war. Meine Vermutung: es war eine art Vision oder so was. Aber länger wollte ich nicht darüber nachdenken. Ich schloss mein Augen wieder und genoss die wärme. Axes hatte sich an meinen Rücken geschmiegt. Ein Arm lag über meine Hüfte, die andere um meinen Bauch und seinen Atem War sehr deutlich in meinem Nacken zu spüren. Es gab mir das Gefühl nicht allein zu sein, ich mochte es, dass er bei mir war. In diesem Moment verfluchte ich meine Blase, denn es wäre noch weiterhin so angenehm geblieben, wenn ich nicht auf Klo gemusst hätte.
Ich versuchte mich von Decke und Axes zu befreien, doch das hörte sich leichter an, als es wirklich war. Mein Handrang nahm immer mehr an druck zu. „Axes! Lass los!“ Doch der brummte nur. „Wenn du mich nicht los lässt, passiert ein Unglück.“ „Lass mich schlafen.“ Murrte der Schlafende nur. „Aber… aber… ich…“ Jetzt schlug er die Augen auf und setzte sich auf. „Was hast du? was ist denn passiert?“ Fragte er hektisch. Mein Kopf glühte knall rot und mir liefen die Tränen.“ Er machte das Nachttischlicht an. „Hey? Was ist denn?“ Es war mehr als nur peinlich, ich schämte mich so sehr. Das war mich nicht mehr passiert, seit ich Drei war. „Lukas, sag doch was. Was hast du? hast du Schmerzen?“ „Ich… ich … ich …“ Stammelte ich und versuchte mich zu beruhigen. Dann rückte er näher und…
„Iiih, was ist denn das?!“ Ich stockte, was bei mir zu folge hatte, dass mir die Tränen nur noch schlimmer liefen. „Es… es… tut mir… so… leid.“ Schluchzte ich. „Ist ok. Alles wird wieder gut. Du gehst erst mal duschen, ich kümmere mich um den Rest.“ Erklärte er mir mit einem Freundlichen Lächeln, zugleich aber einen amüsierten Ausdruck im Gesicht, und trug mich ins Bad. Dort angelangt, ließ er mich wieder hinunter und ging.
Als ich unter der Dusche stand, sah ich wie sich die Tür einen spalt öffnete, ein Bademantel auf den Boden gelegt wurde und sie sich dann wieder schloss. Nachdem ich dann sauber und trocken war, ging ich, nur in Bademantel, aus dem Badezimmer. Axes und Säm kümmerten sich grade um die Betten. Als er mich bemerkte, kam Axes zu mir. „Ich habe Säm gesagt das du dich übergeben hast, aber nur jede menge Galle kam. Ich hoffe, das das ok ist.“ Ich nickte nur. „Sach ma, hast ihm nischts zu Essen gegeben?!“ Kam Säm meckernd auf uns zu. „Naja, wir hatten nicht besonders viel Zeit dafür.“ „Dat ist Verantwortungslos, selbscht für disch! Es is escht kein Wunda, dat er sisch überjeben musste, wenn er jar nischts isschtt. Isch bing euch gleich wat.“ Ranzte er Axes an, dann atmete er einmal tief durch. „Ich hoffe, dass es dir dann besser geht, Lucas.“ Meine er dann Freundlich zu mir gewandt. Einen letzten bösen blich warf Säm Axes noch zu, bevor er den Raum verlies. „Tja, das habe ich wohl verdient. Immerhin ist das ja nur passiert, weil ich dich nicht losgelassen habe.“ „Entschuldige.“ „Wieso entschuldigst du dich denn? Hast du nicht zugehört? Ich habe doch gesagt, das es meine Schuld war.“ „Aber ihr habt gestritten.“ „Ach das. Das ist nicht so schlimm. Für uns ist das schon normal, genauso wie sein Dialekt wenn er sauer ist.“ Lachte er. „Aber jetzt müssten wir in einem Bett schlafen, oder macht dir das was aus?“ Fragte er mich anschließend etwas ernster. „Nein, ist in Ordnung.“
Nach 20 Minuten kam Säm wieder, mit einem Topf Suppe und stellte ihn auf den kleinen Esstisch. „Lass es dir schmecken kleiner.“ „Danke.“ Nickte ich und setzte mich an den Tisch. „Wenn de Lucas noch ma hungern lässcht nä, dann bekommste escht risig Ärger mit mir, haste misch da verstanden?!“ „Ja habe ich.“ Antwortete Axes. „Also dann, Guten Appetite Lucas.“ Verabschiedete er sich und gab Axes zwei Teller und Löffel.
„Was ist das für eine Suppe? Die kenn ich nicht.“ „Das ist eine Kräutersuppe, die einen aufpäppelt. Was da genau drin ist weis ich nicht, Säm macht ein riesen Geheimnis daraus.“ „Verstehe. Dann ist es sicher ein Familienrezept.“ „Kann man so sagen. Aber lass uns lieber essen, bevor es kalt wird.“ Antwortete er mir und stellte das Geschirr auf den Tisch. Im Topf war bereits eine Kelle, also mussten wir keine suchen.
Die Suppe war wirklich lecker, sodass ich mir noch einmal nach genommen hatte. Axes meinte darauf nur, das ich für mein alter ganz schon was verdrücken könne. Derweil ist es natürlich immer später geworden. So kam es, dass wir dann um viertel vor fünf erst wieder schlafen gingen.

VI. Neue Federn, neues Glück?


Am nächsten Morgen, weckte mich Axes ganz hektisch. „Lucas! Lucas! Wach auf! Wir müssen hier weg! Lucas!“ Er rüttelte mich, damit ich endlich aufwachte. „Lucas!“ Doch dass ich wach war bemerkte er nicht. Es war merkwürdig, ich konnte mich nicht bewegen, es schien wie ein Wachkoma zu sein.
An der Zimmertür hämmerte es und wurde einlass verlangt, doch das schien Axes weniger zu kümmern, als die Tatsache, dass ich nicht zu bewusst sein kam. „Vielleicht war was im essen? Aber Säm würde nie, oder doch.“ Ich hörte wie er sich von mir entfernte, den Deckel des Topfes hob und die Nase rümpfte. „Diraskraut. Das hätte ich echt nie von dir gedacht, Säm.“ Sagte er verachtend und kam wieder zu mir. „Ich weis dass du nicht reagieren kannst, aber du kannst mich hören. Gestern in der Suppe, die du zu dir genommen hast, war Diraskraut. Das bedeutet, dass du noch eine weile in diesem Zustand bleiben wirst. Ich weis nicht ob du’s weis, aber Diraskraut wird oft benutzt, um Engel zu betäuben, damit sie einfache zu fangen sind. Leider Kann man es erst raus schmecken oder riechen wen es in kaltem zustand ist. Dann hörte ich ein schnipsen und es legte sich weicher Stoff um meinen Körper. „Rot steht dir besser als ich dachte.“ Meinte er und nahm mich huckepack. „Ich werde dich erstmal in Sicherheit bringen. Wir können nur nicht verlassen, weil unser schiff erst in ein paar stunden ablegt.“ Erklärte er.
Wir waren bereiz verschwunden als die Zimmertür aufgebrochen wurde. Axes schien ein gutes Versteck gefunden zu haben und setzte mich ab. Nach Gefühl, waren wir bestimmt schon 2 stunden in dieser Stadt unterwegs, doch wer nun genau hinter uns her war, konnte ich nicht sagen. „Wenn ich Säm in die Finger bekomme, dann mache ich diesen Verräter fertig. Der stand die ganze zeit auf Gabriels Seite. Kann ich denn echt niemanden mehr trauen?“ Fluchte er sauer, ich konnte deutlich spüren wie, trotz eines gewissen Abstandes, das sich seine Körpertemperatur stark zu nahm. Eine Weile dauerte es bis ich meine Augenlieder wieder bewegen konnte.
Ich öffnete also die Augen und fand mich in einem Lagerhaus wieder, dass sah ich auch mit verschwommener sicht. „Die Wirkung fängt jetzt schon an nachzulassen? Ich hätte echt gedacht, dass es länger dauert. Aber es freut mich das es besser wird.“ Bemerkte er sofort. Ich sah ihn an. „Du fragst dich sicher was ich mit der Dauer meinte, oder?“ Ich blinzelte. „Ob Engel oder Gefallener ist egal, die Wirkung bleibt gleich. Sie verlieren die komplette Kontrolle über ihren Körper und fallen in einen komatösen zustand, in dem sie aber alles mitbekommen können was passiert. Eigentlich dauert es fast einen ganzen tag, so ca. 23 stunden, bis die Wirkung anfängt nachzulassen. Doch bei dir dauerte es grade mal knappe 2 1/2 Stunden. Das ist erstaunlich.“ „Wer…?“ Hauchte ich mit aller Kraft. „Die beiden Handlanger Gabriels. Säm, dem ich eigentlich vertraute, hat uns an sie verraten. Grade ihm hätte ich das nicht zugetraut, wir kannten uns seit seiner Kindheit.“ Ich schwieg, es war wohl doch viel zu anstrengend, für mich, zu sprächen. Ich fragte mich, wie man es einfach nur über sich bringen konnte, jemanden zu hintergehen, zu verraten. Auch jetzt konnte ich es noch immer nicht verstehen, was in einem vorgehen muss, um eine ihm gemochte Person zu verraten. Ist denjenigen denn überhaupt nicht bewusst, das sie damit das vertrauen der Menschen um sich verlieren und sie anschließend verachtet werden?
Schon oft hatte ich darüber nachgedacht, doch nie hatte ich eine Antwort darauf gefunden, denn es ist für mich unvorstellbar so etwas zu tun.
„Du schaust so gekrängt, alles ok?“ „Ich verstehe es nicht.“ Gab ich angestrengt von mir. *Ok, reden klappt schon mal wieder, wenn auch nicht ganz leicht.* „Was meinst du?“ „Wie man einen Freund verraten kann.“ „Weist du, jeder hat einen Grund um es zu tun, doch ob dieser Grund ein guter oder nicht ist, ist eine andere frage. Und bei Säm kann ich nicht genau sagen ob er es nicht nur aus eigennutz getan hat.“ „Hast du schon mal…“ „Ja.“ Unterbrach er mich und fuhr dann fort. „Du erinnerst dich sicher an Argon. Er war damals nicht nur mein Vorgesetzter, nein. er war mein bester Freund. Doch dann ist einiges passiert und er hat sich verändert. Er war nur noch an macht interessiert, sein hass auf die Engel war noch größer als sie es sein sollte und er fing an sie zu jagen und kaltblütig zu Morcheln. Ich habe ihm den Rücken gekehrt und ihn verraten. Nimmst du mir das übel?“ Ich schüttelte den Kopf. „Schön, sobald deine Motorik wieder funktioniert, können wir hier weg.“ Lächelte er.
Es dauerte noch eine weitere stunde, bin ich meine Füße wieder bewegen konnte. „Hilfst du mir mal auf.“ Fragte ich Axes und dieser reichte mir sofort seine Hand. Ich war zwar noch ein wenig wackelig auf den Beinen und taumelte ein wenig, aber nach ein paar schritten legte sich das wieder. „Geht’s wieder?“ „Ja.“ „Dann kannst du ja wieder los lassen.“ Grinste er mich unverschämt an. Ich ließ seine Hand los und wollte beleidigt an ihm vorbeirauschen, als er mich von hinten in den Arm schloss. „Entschuldige. Bitte sei mir nicht böse, ich wollte dich doch nur ein bisschen necken.“ „Lass mich bitte los.“ „Wieso denn?“ „Weil ich das möchte, also lass jetzt los.“ Sagte ich mit monotoner Stimme. Axes lies mich los und ich ging zur Tür, die am anderen ende des Raums war. Noch bevor ich aber in deren nähe kam, flog die Tür auf. „Lucas! Endlich habe ich dich gefunden. Ich habe mir solche sorgen gemacht. Wie geht es dir?“ Stürmte Nanami auf mich zu und nahm mich fest in ihre zierlichen Arme. Ich stand einfach nur dar und war etwas neben der spur, sie hatte mich ganzschön überrumpelt. „Na-Nanami?“ „Oh Lucas. Es ist so schön dich wieder zu sehen. Ich kann es echt nicht fassen, dass sie dir wirklich Diraskraut verabreicht haben.“ „Es ist alles wieder ok, Nanami.“ „Wirklich? Ich habe gehört, dich soll ein schrecklicher Dämon entführt haben.“ „Schrecklich? Naja ob man ihn als schrecklich bezeichnen kann, das weis ich nicht.“ Flüsterte ich mir selber zu. „Was ist?“ „Ach nichts. Ich wurde aber nicht entführt. Ich bin freiwillig mit Axes unterwegs.“ „Axes? Etwa der Axes?! Spinnst du?! der ist gefährlich! Wenn du nicht aufpasst, bringt der dich um. Oder schlimmer, er bringt dich zu seinem Meister.“ Schimpfte sie. „Ich würde Lucas niemals ein Haar krümmen, geschweige denn ihn Argon zu überlassen! Und überhaupt, wer bist du?! wurdest du von Gabriel geschickt?! Wenn ja, dann kannst du gleich wieder verschwinden!“ Seine Augen hatten wieder dieses bedrohliche, stechende rot angenommen. Schnellen Schrittes kam er zu uns, stieß Nanami von mir und stellte sich vor mich. „Ach, du und ihm kein Haar krümmen?! Paah! Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dir das glaube?! Wer ich bin?! Ich bin Nanami Kapiell, Lucas beste Freundin! Und selbst wenn ich von diesem Idioten geschickt worden wäre, würde ich es dir sicher nicht sagen, du Monster!“ „Nanami! Axes! Hört auf! Ihr tut nur mir damit weh.“ „Bitte entschuldige Lucas, aber ich bin denen gegenüber nun mal misstrauisch.“ Sagte Axes mit nun wieder dunkelbraunen Augen. „Ich weis ja nicht ob ich dir das schon gesagt hatte, Axes, aber ich bleibe bei dir. Denn ich habe in dir jemanden gefunden, dem ich trauen kann.“ Seine Miene hellte sich auf und Nanamis verfinsterte dich. „ Das ist nicht dein Ernst? Du willst lieber zu ihm als zu uns? Du willst ‚Ihn’ deinen Flügeln vorziehen? „ Fragte sie mich entsetzt. „Meine Flügel?“ Wurde ich nun stutzig. *Was soll das heißen? Ich habe doch gar keine mehr.* „Gabriel, er würde dir neue Flügel schenken, wenn du nur zurück kämest.“ „Wirst du nun doch gehen?“ Wollte Axes nun wissen, mit einem traurigen Ausdruck, in seinen sonst so warmen, Augen. „Nanami?“ „Ja?“ Sagte sie und sah mich schon freudig an. „Ich… würde es gerne annehmen…“ Fing ich an und machte eine pause. Axes entglitten die Gesichtszüge und er schaute mich mit geschocktem und verletztem Blick zu mir, Nanami strahlte mich an und wollte mich in den arm nehmen. „Aber es würde mich nicht glücklich machen. Ich habe mich in meinem leben noch nie so geborgen, sicher, verstanden und gebraucht gefühlt. Auch wenn du es mir nicht glauben magst, aber ich bleibe lieber ein Mensch an Axes Seite, anstatt wieder dieses einseitige, monotone Leben zu führen, das ich hatte. „Lucas.“ Sagte sie gleichzeitig, nur mit dem unterschied das ihre Gesichter nun das Gegenteil zu eben zeigte. „Ich verstehe. Pass gut auf dich auf Lucas. Ich werde sie ablenken. Hoffentlich sehen wir uns irgendwann wieder.“ Sagte sie traurig und lächelte. Uns den rücken zu gewannt ging sie. „Ach und Axes, wenn du ihm weh tust, dann werde ich höchst persönlich dafür sorgen, dass du sehr unangenehm drauf gehst.“ Sagte sie drohend, aber freundlich und verschwand.
Axes grinste und zog mich in seine arme. „Weist du eigentlich, wie glücklich ich grade bin?“ „Ich denke mal, dass ich es mir wage vorstellen kann.“ „Aber du hättest dein Leben, so wie es war, zurückbekommen können. Du hättest deine Flügel wieder bekommen, deine freunde und deine Familie ebenfalls.“ „Bis auf Nanami hatte ich eigentlich eh niemanden.“ Gab ich traurig zu. Verdutzt sah er mich an. „Echt nicht? Ich hätte darauf gewettet, dass du recht beliebst warst.“ „Nein, eher nicht. Ich war ziemlich unauffällig. Weist du, ich hatte damals blondes Haar, aber es färbte dich als sie es mir abschnitten, das ist auch der Grund weshalb es auch nicht mehr wächst.“ Zwang ich mich zu einem Lächeln. „Hör auf dich zu einem Lächeln zu zwingen, wenn dir gar nicht danach ist.“ Ich wollte eigentlich etwas sagen, lies es aber.
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Die Stunden verstrichen quälend langsam und die Stille lies nicht nach.
„Lass mich los!“ Hörte man von draußen. „Du kannst mich nicht belügen! Sag mir sofort, wo er ist!“ „Sie sind längst über alle Berge.“ „Lüg mich nicht an!“ „Ich lüge nicht.“ „Lass uns doch lieber in der Halle weiter reden.“ „Ich will nicht!“ „Du wirst jetzt schön mitkommen!“ „Nein! Lass mich los! Nicht!“ Die Lagerhallen Tür wurde aufgestoßen und Nanami zu Boden geworfen. „Sag mir jetzt sofort, wo Lucas ist!“ „Eher sterbe ich, als meinen besten Freund zu verraten!“ „Das kannst du gerne haben.“ Sagte er und schritt auf das blonde Mädchen zu. Ich wollte ihr helfen, doch Axes hielt mich zurück. „Überlass das mir. Versteck dich lieber.“ Flüsterte er. Ich tat wie mir gesagt und versteckte mich.
„Was macht denn ein so hohes Tier, wie du hier, Gabriel?“ „Ich suche nach meinem Neffen, Axes.“ Ich hörte, du seihst mit ihm unterwegs. Wo ist er?!“ „Ich weis nicht wovon du redest.“ „Stell dich nicht dümmer als du bist, Sünder!“ „Axes?“ Hörte man Nanami Fipsen. „Keine Angst.“ Erwiderte dieser und ich konnte sein grinsen schon förmlich hören. „Lucas ist doch sicher noch hier in der nähe, nicht war?“ „Wer weis.“ Antwortete Axes. „Ich bin mir sicher, dass du ihn nicht aus den Augen lässt. Dafür ist er dir viel zu wertvoll, oder irre ich mich da?“ Fragte Gabriel mit einem boshaften Unterton. „Du müsstest eigentlich wissen, dass ich dir keine Antworten gebe und erst recht nicht, was Lucas betrifft.“ „Ich werte das als ein ‚JA’.“ Seine Stimme klang kalt und gefühllos. „Lucas?! Wenn du nich willst, das Nanami etwas passiert, komm her!“ Ich wollte heraus kommen, aber Axes sagte, er kümmere sich darum. Und ich vertraute ihm, weshalb ich an Ort und Stelle blieb. Ich hörte schritte, wusste aber nicht, von wem sie waren. „Nimm meine Hand.“ Sagte Axes, der anscheinend zu Nanami gegangen war. „Willst du etwa noch einen Engel?“ Fragte mein Onkel. „Wenn ich einen weitern haben wollte, hätte ich diesen schon längst, aber ich brauche keinen weiteren an meiner Seite.“ „Gabriel! Axes ist anders, das habe auch ich einsehen müssen!“ „Schweig!! Du hast hier überhaupt nicht das Recht zu sprechen!“ Wies Gabriel sie zurecht. „Und du hast nicht das Recht, so mit ihr zu reden!“ „Was weist du denn von rechten? Ihr, die ihr sowieso jede Regel brecht, könnt nichts von Rechten erzählen.“ „Na, wenn ‚Du’ das sagst.“ Erwiderte Axes mit höhnischer Stimme und einem sarkastischen Unterton. „Willst du dich über mich lustig machen?!“ Knurrte Gabriel. „Verschwinde und nimm ‚Ihn’ mit. Ich verschaffe euch Zeit und komme dann nach. Ich werde euch schon finden.“ Erklärte Axes Nanami mit ruhiger Stimme. „Wie willst du ihnen denn Zeit verschaffen? Du s0olltest dich nicht über- und mich nicht unterschätzen.“
Ich wusste was jetzt kam. Gabriel würde Helios (seine Waffe, ein Langschwert aus reinem Silber) rufen und angreifen. Axes konnte ich noch nicht richtig einschätzen. Und Nanami würde, auch wenn es ein wenig gegen ihre Auffassung ging, auf Axes hören und mit mir verschwinden. Und genau was eben noch Gedanke war, traf jetzt ein.
Sie packte meine Hand und zog mich hinter sich her.
Eine geschlagene halbe Stunde rannten wir durch Aquaren. Schlussendlich waren wir etwas außerhalb der Stadt angekommen und näherten uns einer Bucht. „Auf dieses stuck Land kann Gabriel nicht, da es den Dämonen gehört und ihre starke Aura noch immer zu spüren ist. Sie raubt ihm mehr als die hälfte seiner Kraft, darum schickt er immer jemand anderen, um hier nach dem rechten zu schauen.“ „Das heißt Gabriel kann hier nicht her, aber was ist mit den anderen und den Dämonen?“ „Glaubst du, ich könnte dich nicht beschützen? Ich habe immerhin auch eine Waffe.“ Erwiderte sie beleidigt.
Ja sie hatte eine Waffe, einen Bogen aus Orehalkos mit Pfeilen desselben Materials, die nie ihr Ziel verfehlten.
„Das meine ich nicht. Ich meinte damit, dass die hier her und uns angreifen können.“ „Ich weis. Lucas was, was ist das?!“ sagte sie erschreckt. „Was meinst du, das ist doch … Wohha, was ist das?!“ „Das habe ich dich doch grade eben gefragt!“ Ein komisches geschnörkeltes Zeichen leuchtete, in einem Rot, dass Axes Augen glich, wenn er sauer wurde, auf meinem Handrücken und unterarm. Und um diesen machte ich mir grade sorgen, da ich nicht wusste was grade bei ihm passierte. Und darüber nachdenken konnte ich nicht.
Nanami betrachtete das glühende Zeichen. „Ich glaube ich weis, was das ist.“ „Und was?“ Wollte ich wissen. „Ein Schutzsigel, das verhindern soll, dass dich jemand verletzt und gleichzeitig ist es eine art Peilsender.“ „Ich glaub du hast recht. Gestern hat Axes so was in der art gesagt, als wir … eh…“ „als ihr was?“ Sah sie mich tadelnd an. „Von Argon aufgehalten wurden.“ Erwiderte ich reumütig. „Verstehe.“ Wisperte sie und schaute nun nachdenklich ins Wasser. „Was verstehst du?“ „Ist nicht so wichtig.“ „Wenn du das sagst.“
Ich setzte mich auf einen Felsen und lies mich von dem Geräusch der Brandung einlullen. Die Sonne schien so stark, dass ich die Augen schließen musste. Lange hatte ich mich nicht mehr so tiefenentspannt gefühlt. //Lucas…// „Ja?“ Fragte ich. „Ich habe nichts gesagt.“ //Lucas…// „Aber da ruft jemand nach mir. ich kann es deutlich hören, da ruft…“ //Lu-cas…// „Axes! Das ist Axes Stimme!“ //Lu…..// Ich rannte los. Das man mich suchte, das Nanami mir hinterher rief, war mir vollkommen egal geworden. Ich lief einfach weiter, so als ginge es um das Ende der Welt.
Ich stand nun vor der Lagerhalle, stieß die Tür auf und sah Axes schwer verletzt am Boden liegen. Gabriel stand mit dem blutverschmierten Helios neben ihm. „Axes.“ Hauchte ich entsetzt. „Ah Lucas, schön das du da bist. Lass uns nach hause gehen.“ Die Augen fest auf Axes gerichtet, ging ich auf diesen zu. Ich kniete mich zu ihm und strich Axes ein paar Strähnen aus dessen blassen Gesicht, in das ich sah. „Axes.“ Hauchte ich erneut, verzweifelt. „Keine Angst, der wird dir nichts mehr tun.“ Schockiert blickte ich auf. Eine Gefühlswelle überkam mich. Ich hatte noch nie in meinem Leben so viele Emotionen auf einmal gespürt, wie in diesem Augenblick. „Du hast ihn umgebracht!!!“ Ich richtete mich auf. „LEIDE!“ Gabriel lies das Schwert fallen und krümmte sich vor Schmerz. „Lu…cas.“ „Es ist mir vollkommen egal, was du sagst, tust oder was auch immer! Du hast ihn getötet, du hast mir die Person genommen, die mir gab was ich brauchte! Ich will das du dafür leidest, was du mir angetan hast!“ Knurrte ich mit Tränen unterlaufenen Augen und ich hatte sicherlich nicht die Absicht, ihn am leben zu lassen, doch…
„Lucas, bitte töte ihn nicht!“ Schrie Nanami, die nun keuchend die hatte betrat. „Wenn du mich daran hindern willst, kann ich nicht garantieren, dass dir nichts passiert.“ Funkelte ich sie finster an. „Deine Augen. Sie, sie sind… sie…“ „Was?!“ „Rot.“ „Und wenn schon, dann sind sie halt rot! Jetzt geh!“ „Lucas ich bitte dich. Bitte, bitte töte ihn nicht.“ Flehte sie. Wieso sollte ich?! Er hat Axes getötet! Außer ihm habe ich doch niemanden. Ohne ihn will ich nicht mehr, ich kann mit niemanden mehr lachen! Er war das Einzige, dass mich noch vor dem Suizid bewart hat, der einzige Halt den ich noch hatte! Zum ersten Mal habe ich mich glücklich gefühlt! Wieso muss mir alles genommen werden, was mir wichtig wird?!“ „Ich weis was du fühlst, darum nimm mir Gabriel nicht weg. Ich weis es ist verboten, aber ich liebe ihn!“ Ich stockte. „SCHLUSS. Nimm ihn und geh, bevor ich es mir anders überlege. Und sag ihm, das er ‚Dir’ sein Leben verdankt.“ Sie rannte zu meinem Onkel und verschwand mit ihm.
Mein Körper zitterte wie Espenlaub, mein Herz schlug wie wild, verzweifelt sank ich zu Boden. Ich wollte nicht wahrhaben, dass Axes mich nie wieder ansah, mich nie wieder anlächelte, nie wieder meinen Namen sagen wird, mich nie wieder in den Arm nahm. Die Trauer übermannte mich und Tränen der Verzweiflung und Einsamkeit liefen mir das Gesicht hinab. Ich machte mir Vorwürfe. „Wäre ich doch nur nicht gegangen, wäre ich doch hier geblieben, wäre ich doch bloß zu Anfang dazwischen gegangen, dann wärst du noch bei mir, dann wärst du noch am Leben. Axes, ich bitte dich. Mach die Augen auf, sag meinen Namen, lächle mich an und nimm mich in den Arm.“ Zittrig, verzweifelt, abgrundtief traurig und einsam, klang meine Stimme. Ich konnte nicht mehr. Die Luft war so schwer, dass mir der Atem fast versagte.
Egal wie sehr ich versuchte seine Wunden zu heilen, er bewegte sich nicht. Ich schrei seinen Namen immer wieder, doch er wachte nicht auf. Immer wieder schlug ich auf seine Brust, doch sein Herz schlug nicht weiter. Die Verzweiflung ergriff mich immer mehr. Ich wollte nicht glauben, dass Axes wirklich nie wieder erwachte.
„Axes… Ich würde alles tun, um dich wieder zu bekommen… Alles.“ Hauchte ich mit zittriger und heiserer Stimme. „Wirklich alles?“ Fragte eine dunkle raue, aber dennoch warme und freundliche Stimme. „Ja.“ Bekam ich grade noch heraus, bevor meine Stimme versagte. „Ich werde dir die Macht geben, die du brauchst, um ihn zurück zu holen. Dafür wirst du mir in naher Zukunft einen Gefallen erweisen. Doch ich warne dich, dies ist ein Packt und wenn du ihn brichst, könnte es dich oder ihn das Leben kosten. Bist du dennoch einverstanden?“ Ich nickte. „Bist du sicher? Es wird schmerzhaft.“ Ich nickte wieder. „Nun gut.“ Sagte die Stimme und aus einen Nebel trat eine mir unbekannte Person. Er zeigte mir einen Armreif mit einigen Verzierungen. „Zieh ihn an. Nach dem anlegen wird er nicht mehr zu sehen sein.“ Ich griff nach dem Reif und schob ihn meinen Arm hinauf, zum Oberarm. Mit diesem verschmolz er und war nicht mehr zu sehen. Kurz darauf schmerzte mein ganzer Körper. Doch auch wenn es schmerzte, schien ich das nicht so wirklich mitzubekommen. Qualen konnte man es nicht nennen, eher so was wie ein mittelschwerer Schmerz, nichts in vergleich zu der Tatsache, das mir die Flügel bei vollem Bewusstsein ausgerissen worden waren oder das der Schmerz in meinem inneren um einiges stärker war. Ich bemerkte ein starkes ziehen in meinem Rücken, das immer stärker wurde. Nur der Gedanke, dass ich Axes wieder bekomme, ließ mich diese ertragen.
„Gleich is es vorbei. Du hast es fast hinter dir.“ Meiner er und sah mitfühlend zu mir hinab. Es fühlte sich an als würde mein Rücken zerreißen, es war unerträglich, doch ich blieb still. „Axes.“ Murmelte ich ein paar Mal. Dann schrie ich laut auf und das Blut spritzte bis in den letzten Winkel der hinteren Halle. „Der Schmerz lässt gleich nach und deine Wunden werden verheilen.“ Und er behielt recht, der Schmerz lies nach. „Zeig mir doch mal deine Flügel, breite sie voll aus.“ „Flügel?“ „Ja. Wundervolle, tiefschwarze Flügel, weicher als die eines Engels.“ „Schwarz?“ Ungläubig sah ich nach hinten.. und wieder hatte er recht. Tiefschwarze Schwingen ragten aus meinem Rücken. „Strecke deine Hand über seinen Torso aus und benutze deine Heilfähigkeiten, aber mit dem starken Willen ihn wiederzubeleben.“ Ich tat was er mir sagte und ich vernahm dann ein leises atmen. Ich legte meinen Kopf auf seine Brust. Es war sein herz das ich nun schlagen hörte, sein Atem der gleichmäßig ging und sein Körper der immer wärmer wurde. Ich war ja ohne hin, schon die ganze Zeit, am heulen, aber jetzt aus Freude. „Weist du,… es macht mich… glücklich, das du um… jemanden wie mich… weinst.“ „Axes.“ Hauchte ich überglücklich. „Bitte Lucas… weine nicht, … auch wenn es … um mich… ist.“ Lächelte er und strich mir die Tränen aus den Augen. „Dann lass ich euch mal allein.“ Sagte der Fremde. Axes sah diesen boshaft an. „Keine angst Axes, es ist alles in Ordnung. Ich lasse ihn fürs erste bei dir.“ Meinte der Mann gut gelaunt und ging. Axes richtete sich auf und wollte aufstehen, doch ich hielt ihn zurück. „Axes, bitte belaste dienen Körper noch nicht. Ich habe ihn noch nicht vollständig geheilt.“ Erklärte ich besorgt. Ich wollte ja nicht, dass er sich noch schlimmer verletzt. „Lucas weist du eigentlich, wer das war?!“ Schimpfte er. „Nein und das war mir auch egal! Ich wollte dich wiederhaben!“ Motzte ich. „Lucas? Hast du einen vertrag mit ihm?“ Ich nickte. „Das hättest du nicht tun dürfen!“ „Aber…“ „Lucas das war Argon!“ „Aber ohne ihn wärst du noch tot! Wie kannst du nur sagen, ich hätte das nicht tun dürfen?! Ich wollte, dass du bei mir bist, wolle den Menschen wiederhaben, der mich am Leben hält!!“ „Lucas, ich… es tut mir leid. Ich wusste ja nicht, dass du so eine Entscheidung triffst, nur damit ich weiterlebe. Aber das war gefährlich.“ Entschuldigte er sich und nahm mich in den Arm. Ich schloss die Augen und schlief erschöpft ein. Das alles war alles zuviel für mich gewesen.

Impressum

Texte: zerroloveless, alle rechte liegen bei mir und ausschlieslich mir.
Bildmaterialien: google
Tag der Veröffentlichung: 30.07.2012

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