Briefe an Dich
April 2005
Mein lieber Freund,,
Um mich herum herrscht Chaos, ich bin erschöpft, brauche eine Pause. Das Chaos ist entstanden, weil wir renovieren, ausmisten und in unserem Haus neu strukturieren.
Ich denke an dich!
Wo bist du, was tust du? Warum bekomme ich keine Antworten?
Ich spüre das intuitive Bedürfnis, dir etwas lichte Energie zu schicken, habe das Gefühl, du könntest sie gebrauchen.
Ich lege mich auf mein Bett, liege auf der rechten Körperseite, die Beine angewinkelt, liegen die Füße leicht übereinander. Meine rechte Hand liegt unter meinem Kopf, die linke liegt entspannt auf meinem rechten Oberarm. Es ist meine Schlafposition.
Ich spüre die Wärme in meinen Händen. Draußen stürmt es. Von oben erreichen mich die Stimmen meiner Kinder, eins spielt am Computer. Ich lasse alles vorbeiziehen und lausche dem Schlag meines Herzens. Der Atem geht ruhig und regelmäßig. Heute Morgen haben die Vögel besonders schön gezwitschert, ob es nun endlich Frühling wird? Ich schickte dir einen Rosengruß, noch hast du ihn nicht abgeholt, auch sonst bist du nirgends zu finden. Auch diese Gedanken schweben an mir vorbei, wie Schäfchenwolken am Sommerhimmel.
Mein Schoß öffnet sich, ich spüre dieses innere Tor, das sich öffnet, Energie freilässt und Lust für den Augenblick schenkt, dann strömt es pulsierend durch meinen Körper und aus ihm heraus. Weißes Licht ist in mir, sanft, klar und beruhigend.
Ich schicke es zu dir, vielleicht kann es Balsam sein.
Eine Weile bleibe ich in diesem entspannten Schwebezustand, denke nichts, lasse alles strömen und kehre dann langsam zurück. Ich bin wieder wach und voll Kraft. Alle beunruhigenden Gedanken sind verschwunden. Eine ruhige Gewissheit bleibt zurück: Du gehst mir nicht verloren, denn du bist da, hast einen sicheren Platz in meinem Herz. Es spielt keine Rolle, ob du schreibst oder nicht.
Eine Weile sinne ich über uns nach. Was ist das für eine Geschichte?
Ich bin dankbar für dieses intensive Jahr, fühle mich beschenkt. Es ist mehr, als viele Menschen in ihrem ganzen Leben erhalten.
Warst du nicht Leinwand, auf der sich meine innere Welt ausbreiten konnte?
Ruhig konnte ich alles anschauen, werten und gewichten. Selten hast du bewertet oder mir Einhalt geboten. Grenzen setzte ich.
Vor allen lernte ich meine mentalen Fähigkeiten kennen. Wir haben nie darüber gesprochen. Unfassbares ist sehr schwer in Worte zu fassen. Vielleicht haben dich meine Gedanken und Gefühle manchmal über den Äther erreicht. Genau weiß ich es nicht, aber ich habe andere Menschen auf diese Weise erreicht.
Möglicherweise haben wir beide in diesem Bereich ähnliche Begabungen, denn manchmal hatte ich das Gefühl, dass etwas von außen kam und mich wie ein Schatten berührte. Eindeutig kam es nicht von mir, denn in all diesen Augenblicken war ich intensiv mit ganz anderen Dingen beschäftigt.
Das was kam, verband ich mit dir.
Ich bin mir bewusst darüber, dass ich mich für Augenblicke auflösen kann, das heißt, mein Körper verliert seinen festen Umriss und verbindet sich mit allem, was ist. Ohne einen Finger zu rühren oder mich anzustrengen kann ich mich bewusst mental in einen nahezu orgiastischen Zustand bringen. Dieser Zustand ist nicht an andere Personen gekoppelt – Glück pur – diese wunderbaren Augenblicke, die ich früher schon ab und zu erlebte, kann ich inzwischen bewusst herbeiführen.
Vielleicht staunst du, dass ich so frei schreibe. Nun wo unser Band loser flattert und unsere schriftliche Kommunikation vielleicht ganz zum Erliegen kommt, kann ich alles schreiben. Nichts mehr, was ich tue, soll etwas bewirken. Du bist auf besondere Weise in meiner Seele verankert.
Natürlich kenne ich Wünsche und Erwartungen, die sich an dich richten, aber sie kommen und gehen, ich halte sie nicht fest, schau sie und lasse sie fliegen.
Manchmal war die Sehnsucht nach wirklicher Nähe und Berührung sehr heftig und ich hatte mit ihr zu kämpfen.
Vielleicht, mein Freund, denkst du, jetzt schnappt sie endgültig über, aber so ist es nicht. Ich bin fest verwurzelt und löse die Aufgaben des Lebens tatkräftig. Es gibt nur einfach diese andere Welt. Die Übergänge sind fließend. Ich kann zwischen den Welten wandern.
Ich staune wie ein Kind, das im Kaleidoskop die bunten wechselnden Bilder betrachtet, und frage nicht „warum“ oder „wie funktioniert das“.
Selbst wenn es Seelenspuk ist, es ist Ausweitung und Bereicherung, macht mich stärker, als ich je war.
Lichte Grüße schickt dir eine Freundin
© Angelika Röhrig
31.4.2005
Weißt du, meine Liebe,
In meinem Lebensbuch schließt sich ein Kapitel. Noch liegt die letzte aufgeschlagen Seite vor mir. Ich blättere zurück, erinnere mich, lache über einige Zeilen, weine über andere, bin melancholisch und traurig.
Was da alles geschrieben steht. Es gleicht einer lebendigen Hecke mit wucherndem Blattgrün, spitzen Dornen und zarten rosaweißen Blüten. An manchen Stellen kann ich durch die Löcher im Geäst weit in die Zukunft blicken. Da winkt schon etwas, lockt Fremdes meinen Blick - öffnen sich noch unbekannte Wege - ins Gebirge, ans Meer? Wer weiß?
Andere sind Vergangenheitslöcher:
Da rennt das 5-jährige Mädchen mit ihrem dunklen Pferdeschwanz hinter den Hühnern her. Sie trägt einen kurzen Rock, eine geblümte Schürze und eine rote Strickjacke - selbstgestrickt - und heruntergerutschte Kniestrümpfe. Es ist also schon nach Ostern.
An einer anderen Stelle sitzt sie im Mai mit ihrem dreijährigen Bruder unter dem Hollerbusch im anderen Garten - wo die Erwachsenen sie nicht sehen - Holunderblüten in den Händen. Die Blüten dürfen nicht mit ins Haus - niemand sagt ihr warum. Erst viele Jahre später lernt sie, dass Holunderblüten in der Vase penetrant - und sehr unangenehm - nach Katze stinken.
Insekten krabbeln in den Zweigen und dicke, fette Spinnen verharren in ihrem Netz. viele bunte Vögel haben hier ihr Zuhause - ihr Nest, in dem gerade gebrütet wird. Ob ein Kuckucksei darin liegt? Wer weiß das schon.
An manchen Stellen ist das Heckengespinst so dicht miteinander verwoben, dass niemand die Zweige voneinander trennen kann. Nicht mal Blätter wachsen an diesen Stellen. Die ersten Schmetterlinge flattern. Es gibt menschliche Schatten und verkleidete Engel zwischen den Dornen-und Blütenzeilen.
Rechts oben lauert ein kleiner schwarzer Teufel mit roten Hörnern.
Eine weiße Katze jagt Mäuse und eine schwarze schleicht sich an die Vögeln heran. Eben hat sie ein blaues Vogelei erwischt.
Was wird das neue Kapitel bringen? Erst einmal viel Leere. Gähnend langweilig will mir das neue Kapitel erscheinen, alles weiß - unbeschrieben und neu. Das hat aber auch etwas:
Was kann ich damit nicht alles tun?
Viel hineinpacken - oder einfach Platz lassen, um endlich wieder tief durch zu atmen; nach Wien fahren und Macchiato Grande im Cafe Prückel trinken oder nach Berlin, um die Ausstellung des Märchenbilder Fotografen anzusehen, zu träumen, Seegras spinnen oder meditierend zu schreiben.
Das Alltagsraster wird schnell zu sehen sein. Es druckt sich wie von selbst. Ich will das Kapitel heute noch nicht öffnen.
Erst kommt die Walpurgisnacht und die Hexen sind mit ihren Besen auf den Blocksberg geflogen, um mit dem Teufel um die Wette zu tanzen. Magie liegt in der Luft!
Herzlich grüßt Dich,
Deine A.
© Angelika Röhrig
Mai 2006
Mein Freund,
der Du einmal warst und nun wohl nicht mehr bist, denn ich habe den Eindruck, Du achtest mich nicht mehr. Sei gewiss, trotz aller Veränderungen und Turbulenzen, bleiben meine Gefühle unverändert.
Endlich konnte ich weinen: unter den Tränen löste sich ein dicker Kloß. Ich habe versucht, Dich aus meinen Gedanken zu vertreiben, wollte nicht mehr an Dich denke – Dich vergessen, aber je intensiver ich es probierte, um so stärker drängtest Du Dich in meinen Kopf.
Wie ist es nur soweit gekommen? Ja, ich wurde süchtig nach Deinen Worten und Zeilen – nach Deiner Poesie, die so viele Seiten in mir zum Klingen bringt und brachte – nach der geistigen Inspiration, die ich aufsaugte, wie ein trockener Schwamm das verschüttete Wasser. Wir konnten eine Zeitlang fast nicht genug von einander bekommen - etwas Unmäßiges hatte es schon – diese unstillbare Gier nach den Zeilen. Was verhakte sich da miteinander, bis es unentwirrbar wurde?
Vielleicht, mein Freund, ist es ungemein schwerer, einen Menschen loszulassen, den man nicht sinnlich erfassen, begreifen und verstehen kann. Wie sehnte ich mich danach, Dich einmal nur zu sehen, Deine Stimme zu hören, zu spüren, wie sich Deine Haut anfühlt – ob sie wohl knistert unter der meinen - in Deine Augen zu schauen und Deinen Geruch wahrzunehmen. Es wäre ein Wagnis gewesen, das ich ebenso fürchtete, wie ich es mir wünschte.
So suchte und suche ich Dich in den Menschen, die mir begegnen: lausche hier einer Herrenstimme, streife zufällig dort die trockene Haut eines fremden Menschen, erwische ein besonderes Lächeln und sehe den Schalk in hellen Augen blitzen.
Aus all diesen Mosaiksteinchen nähe ich Dich zusammen wie eine Flickenteppich. Alles nur ungefähr und nicht richtig passend, die Löcher sind unübersehbar, aber besser als ein unsichtbares Phantom.
War ich besessen von Dir und Deinen in Gedanken gefassten Worten? Manchmal war mir, als hättest Du Dich in ätherischen Feinstaub aufgelöst und durch die Poren meiner Haut, Einzug in mich gehalten. Ein fühlbares Element unbestimmbarer Form aber von einer besonderen Schwere. Ich sehe ein Bild vor mir, wenn ich daran denke: einer vulkanische Insel, die gerade dem Meer entwachsen ist, sich ständig verändert und im Ozean meines Blutes pulsiert – intensiv und hochenergetisch - und extreme Gefühle auslöst, die nicht die meinen zu sein scheinen.
Manchmal poltern sie wie ein Kobold in meinen unterirdischen Gefilden – es hämmert bohrt und tobt – und manchmal ist es eine tropische Insel bei Sonnenuntergang. Palmen fächeln im Wind, Quellen fließen überbordend und während vom Meer her Walgesang brandet, springen Delphine friedlich im Abendlicht.
Und dann wieder ist alles dunkel und moderig, wie ein Korkenzieher bohrt Schmerz sich in mich hinein. Alles Licht ist absorbiert.
Bin ich fassbar geworden für Dich? Konnte ich Dir etwas geben? War ich etwas für Dich?
Wie gern wäre ich Deine Schülerin gewesen, aber ich traute mich nie zu fragen.
Waren alle Worte Schein?
Schon damals, als Deine ersten Zeilen mich so überraschend erreichten, geschah etwas Besonderes: Du berührtest meine Seele und öffnetest eine Tür, von der ich nichts geahnt hatte, als wecke ein verwunschener Prinz das schlafende Dornröschen. Dornröschen verliebte sich auf der Stelle, denn sie wurde gefunden.
Wann verliebte ich mich wider aller Vernunft in Dich – schwer zu sagen, aber es geschah schnell, und ich wollte es mir sehr lange nicht eingestehen – auch verliebte ich mich erneut in das weibliche Leben – es ging mir schlecht damals und ich haderte, fragte mich immer öfter, war das schon alles? Ich schloss also einen neuen Pakt mit dem Leben: endlich wollte ich alle Gefühle leben – intensiv, kompromisslos und stark, keine Halbheiten mehr. Allein dafür bin ich Dir dankbar, denn das Gefühl, im richtigen Körper zu stecken und alterslos weiblich zu sein, hat sich nicht verloren – im Gegenteil – es wird immer stärker.
Von Anfang an war mir klar, wie verschieden wir sind – aber auf eine seltsame Weise ergänzend – zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht leben können. Aber da war so viel Potential, also baute ich eine gläserne Brücke über den Abgrund, der uns trennte. Am höchsten Punkt der Brücke trafen wir uns. Mir war bewusst, wie fragil und gefährdet diese Begegnungsstätte ist, denn durch Glas sieht man alles, auch das, was man nicht gerne sehen möchte.
Die Brücke steht immer noch, selbst perfide angebrachte Sprengladungen konnten sie nicht zerstören, weil ich die Baumeisterin bin und allein ihre Geheimnisse kenne. Ein Geheimnis heißt Liebe – eine reife Liebe, die sich ernstgenommen und angeschaut, jeder Steuerung entzieht und die bereit ist, den anderen so sein zu lassen, wie er ist; eine Liebe, die an nichts gebunden ist, nicht mal an das Zurückgeliebtwerden; eine Liebe, die wenig fordert und sich fast selbst genügt.
Die Frage, ob Du es wert bist oder verdient hast; oder ob Du mich letztlich ausgenutzt und für Deine Zwecke missbraucht hast, und ob es den ganzen Schmerz wert ist – stellt sich auf diesem Hintergrund nicht.
Nun stehe ich schon eine Weile allein auf der Brücke – du bist einfach ausgewandert – und ich bin traurig, weil ich den inspirierenden Austausch und die gekreuzten Federn vermisse.
Einmal schriebst Du:
"Wir beide – Du und Ich – sind auf besondere Weise miteinander verbunden.“
Selten fielen Worte, die mich so glücklich machten – genau sie wollte ich hören, denn sie waren ein Echo von dem, was ich fühlte. Ich antwortete:
„Ich weiß, mein Freund, und es ist kein Spiel.“
Wir haben nie wieder darüber gesprochen, denn die Wahrheit über dieses Band – was manchmal zwickt, zerrt und zupft oder aber wunderbar schwingt – darf man nicht zerreden. Sie findet sich hinter allen Worten – auch den trennenden – und ist nur intuitiv zu erfassen.
Oft gelang es mir gut, zu akzeptieren, dass es ohne weitere verbale Bestätigung so ist, aber manchmal zweifle ich, und es fällt mir schwer, mit einer Bindung zu leben, die sich nicht konkret und fassbar im Leben verankert. Worauf darf ich bauen? Auf was kann ich mich verlassen? Wer sagt mir – ob nicht alles nur einer übersteigerten Fantasie entspringt und aus dem eigenem Seelenkompost gewachsen ist?
Habe ich etwas von Dir verstanden? Gesucht habe ich Dich ausdauernd und geduldig – wohl schon lange bevor wir uns über die Füße stolperten. Ich fand Bruchstücke. Zwei Dinge liegen klar auf der Hand: Deine Sehnsucht nach Nähe ist ebenso groß, wie die Angst ; Dein Wunsch, gefunden zu werden, genauso riesig, wie die Furcht davor. So finden sich in Deinen Zeilen immer das Nahsein und das Fernbleiben; das sich zeigen und wieder zurücknehmen. Nie kann ich ganz sicher sein, was die Stunde schlägt.
Erstaunlicherweise – ich verstehe es selbst nicht – löst diese Ambivalenz eine faszinierende Spannung aus, der ich mich nur schwer entziehen kann.
Ich stehe auf der Brücke, schaue in den Abgrund und betraure, was ich verliere und mir ist eiskalt. Ein Stück Bitterkeit bleibt zurück und das aus Kindertagen so vertraute Gefühl, nicht zu genügen, für zu leicht befunden zu werden und es nicht wert zu sein. Da sind sie wieder, die höhnischen Stimmen – sie lachen mich aus – und heute gelingt es mir nicht, ihnen den Mund zu verbieten. Sie schlagen wie Wellen über mir zusammen und fast ertrinke ich. Dabei bin ich längst eine erwachsene Frau, die dachte: „Das liegt schon alles hinter mir.“
Trotzdem arbeitet mein Verstand klar und scharf. Er unterscheidet, denn das was ich gerade fühle, hat nichts mit Dir zu tun: das sind meine eigenen unverarbeiteten Dinge.
Dich zu vermissen, Deine Worte nicht mehr zu lesen, nicht mehr sicher zu sein, ob Du Feind bist oder Freund, schmerzt mehr, als Du Dir ausmalen kannst.
Vielleicht ist es Gnade, mich diesem Schmerz endlich stellen zu können – ihn anzusehen und auszuhalten. Es war, als stecke ich fest in einem dunklen Tunnel. Mag sein, dass ich ihn jetzt verlassen kann, um Dich hinter mir zu lassen, Dir zu entwachsen, abzuschließen.
Aber es tut weh und zerreißt mir das Herz, denn Du bist nicht ersetzbar.
Herzensgrüße aus der Ferne – von einer Freundin
© Angelika Röhrig
© Klärchen
Meine liebste Elma!
Nach so vielen Jahren der Freundschaft wird es Zeit, Dir einmal dafür zu danken.
Du warst den größten Teil meines Lebens immer für mich da.
Wir erlebten zusammen unsere Einschulung, die Konfirmation, unsere Trauungen.
Wir wussten alles voneinander.
Nach unserer Schulentlassung trennten sich unsere Wege. Ich schrieb Dir von meinem ersten Freund, Du erlebtest meine erste Liebe, meinen Liebeskummer.
Wir trösteten uns gegenseitig, wenn es dem anderen schlecht ging.
Einen sehr wichtigen Teil in meinem Leben erlebtest Du mit mir, meine Kindheit !
All meinen Kummer und meine Traurigkeit konnte ich bei dir lassen.
Wir teilten unsere Geheimnisse.
An unserem 13. Lebensjahr schworen wir uns ewige Freundschaft und besiegelten es mit unserem Blut. Wir stachen uns mit einer Nadel in den Finger und drückten ihn auf ein Blatt Papier.
Wir wollten in unserem Leben keine Männer und niemals heiraten.
Daran haben wir uns Gott sei Dank nicht gehalten.
Ich heiratete zuerst und zog weit weg von Dir mit meinem Mann.
Die Entfernung spielte für unsere Freundschaft keine Rolle.
Wir haben in unserem Leben viele Menschen kennen gelernt, ein Kommen und Gehen.
Als Du geheiratet hast, konnte ich Dir schon Tipps über Kindererziehung geben.
Alles fand über einen regen Briefwechsel statt. Ich hatte mein erstes Kind, und Du bekamst Dein erstes Kind, einen Sohn.
Ich habe Dir so viele Briefe geschrieben, damals gab es noch keine E-Mail, und Telefon hatte auch noch nicht jeder.
Es ist genial, dass Du alle meine Briefe aufbewahrt hast. Zusammengebunden mit Schleifenband, hast Du sie mir eines Tages übergeben. Ich war gerührt und habe geweint.
Manches, was ich schrieb, hatte ich vergessen, viel Schönes aber auch Trauriges.
Meine ganze Jugend, die kurz war, der Beginn meines Ehe- und Familienlebens ist nachvollziehbar, wenn ich heute die Briefe lese.
Du hast auch viel Trauriges erlebt, Menschen um Dich verloren.
Am Ende nun hast Du heute auch Glück gehabt, halte es fest!
Ich wünsche Dir, dass Du loslassen kannst und an Dich selber denkst!
Danke für Deine treue Freundschaft, und ich hoffe, wir dürfen zusammen alt werden.
Irgendwann können wir die Entfernung nicht mit dem Auto oder Zug überwinden um uns zu sehen, aber uns bleibt das Schreiben von Briefen per E-Mail, wir können telefonieren oder eben richtige Briefe auf Papier schreiben, wie früher!
Deine Freundin, Dein Pumpernickel
© Klärchen 2004
© Klärchen
Liebe Kati
Nebelfelder sollten dich
nie mehr belügen.
Nebelfelder sollten dich
nicht mehr betrügen.
Nebelfelder,
die du selbst gemacht,
schieb ich weg,
denn ich hab nachgedacht
Guten Morgen, Geburtstagskind …
ich denke an Dich ...
... das sollte - wollte ich Dir schenken, -
anfänglich, ein Buch, einen Blumenstrauß - eben das, was man schenkt, wenn einem nichts Besseres einfällt.
Doch nachdem ich gestern Deine Stimme mit fröhlichen Gästen im Hintergrund am Ohr hatte,
während Deine eigene Stimme immer dunkler und stiller wurde, wußte ich, dass Du im Innersten traurig warst, es Dir nichts bedeutete, was alles um Dich herum geschah.
Ich weiß, warum Du traurig bist, Du fühlst Dich alleine und unverstanden, Dir fehlt das Berührt- werden, die Zärtlichkeit, jemand an Deiner Seite, der Dir zuhört, wenn Du innerlich schreist.
Deshalb schenke ich Dir etwas, was Dir noch fehlt und woran sicher noch keiner gedacht hat-
Unbeschwertheit und Leichtigkeit
und das von ganzem Herzen ...
Ein besorgter Kuss - denn ich fühle,
es geht Dir nicht so gut, wie Du es mir und Anderen glauben machen möchtest.
Verbringe einen schönen Tag, das wünsch ich mir -
und Dir,
Angel
© Angelface
© Katja Kortin
Vineta
Ihr Lieben.
Endlich hat sich mein Traum erfüllt. Ich bin in Vineta. Sitze hier in einem kleinen Café und blicke über einen weiträumigen mit Quadern bepflasterten Platz auf prächtige Renaissance-fassaden, die im Dunst verschwimmen. Vineta dürft Ihr nicht verwechseln mit Verona oder gar mit Venedig. Ihr werdet Vineta auf keiner Landkarte verzeichnet finden. Die Existenz dieser Stadt ist lediglich in okkulten Kreisen bekannt; sie veranstalten einmal im Jahr Busreisen hierher zum Fest der Hexen. Nach drei Tagen versinkt Vineta wieder unauffindbar im ektoplasmischen Nebel.
Mancher von denen, die anreisen, hat Verwandte unter den Einwohnern und nimmt die Gelegenheit wahr, sie an diesen Tagen zu besuchen. So auch der kleine, dunkle Mann, der während der Busfahrt neben mir saß. Er behauptete, er stamme direkt von den Druiden ab, und er könne mich zu den heiligen Stätten führen - zu den Orten der Kraft, wie er sie nannte -und mich in ihre Geheimnisse einweihen.
Als wir dann aus dem Bus gestiegen waren, vertraute ich auf ihn, und ließ die Reisegruppe ihrer Wege ziehen. Aber er kümmerte sich nicht um mich, entschuldigte sich schließlich kurz - er habe leider heute keine Zeit, seine Verwandten würden ihn erwarten - und schon war er im Nebel verschwunden.
Ich stand also allein da, getaucht in diffuses, mystisches Licht, in dem die Paläste verschwimmen. Dieser Dunst quoll auch in Wol-ken aus meinem Mund hervor, als ob mein Atem gefröre. Dabei herrschen in Vineta angenehme Temperaturen, ganzjährig, wie man mir versicherte.
Obwohl ich mich selbst für emanzipiert halte, kam ich mir in diesem Moment hilflos vor und dachte: Eine Frau ohne einen Mann an ihrer Seite - und das besonders in der Fremde - ist doch nur ein halber Mensch.
Da trat jemand nahe an mich heran. Ein Herr, wie ich gleich feststellte. Gepflegte, tadellose Erscheinung, hohe, schlanke Gestalt. Ich bin in einer halben Stunde mit ihm verabredet. Er wird mich dann von diesem Café abholen. Ich rätsle inzwischen an den Worten herum, die er, aus dem Dunst getreten, zu mir sagte:
,,Behalten Sie Ihr Ektoplasma für sich, vergeuden Sie nichts. So bleibt die Einheit erhalten. Nehmen Sie sich ein Beispiel an den Schwertlilien. Sie blühen und vergehen wieder. Ein ewiger Kreislauf. Es ist das gleiche Schwert, das lebendig macht und das tötet."
Momentan sehe ich noch nicht klar. Der Nebel ist auch in meinem Kopf. Aber heute Nachmittag führt der Herr mich zu den heiligen Stätten. Ich bin gespannt, was ich von ihm noch alles erfahren werde. Und ich schreibe Euch darüber.
Liebe Grüße
Eure Tochter
© Conrad Cortin
Lieber Freund
Es ist Sommer, ich sitze auf der Terrasse und schreibe, denke an dich, erinnere mich.
... es gibt Briefe, die denkt man nur, schickt sie nie ab, aber würden sie tatsächlich nie geschrieben werden, hätte man vielleicht das Gefühl, man erstickt daran, dieses ist so einer, den nie der erhielt, an den er eigentlich gerichtet war ...
Lieber guter Freund,
weißt du eigentlich wie sehr du mir auf die Nüsse gehst?
Nein, das glaube ich nicht, sonst würdest du dich nicht so verhalten, wie du es tust.
Jedes Wort als Gegenerwiderung auf eine Frage muss man dir aus der Nase ziehen, das war einmal völlig anders.
In den Anfängen unserer Bekanntschaft, damals vor Jahren, als du dich noch wichtig und geheimnisvoll gabst, wolltest, dass ich dich aufregend, anregend oder sonst etwas finde, da hast du dich angestrengt, dich unterhalten, Worte, die dich verständlich machen sollten, gesucht und ausgesprochen, ich fand dich nett.
Ich fand dich unterhaltsam, heute weiß ich, dass du alles andere, nur das nicht bist.
Du bist, ganz im Gegenteil, maulfaul und trostlos langweilig in dem, was du von dir gibst.
Wortkarg, so, als täte dir jedes Wort, das du dir durch die Lippen quetscht, weh.
Deine Sprache, kurz und grob, unelegant, sie tut mir weh, dein Wort, viel zu laut, Zwischentöne erkennst du nicht mehr.
Du forderst nur und erkennst es nicht einmal.
Ja, ich denke mittlerweile sogar, du nutzt mich nur aus.
Wie bei einem uralten Ehepaar erwartest du, dass ich, die ich dich so gut wie nicht kenne, nur das von dir weiß, was du mir sagst, dass ich erahne was du denkst und dich immer richtig interpretiere - und versuche ich es dann, ist es falsch und du sagst vorwurfsvoll, ich hör dir nicht richtig zu. Dabei gibt es bei dir nichts zuzuhören.
Du wiederholst dich ständig, nimmst dich zu wichtig, hörst dich am liebsten nur selber reden.
Was du sagst, sagst du zu laut, liegt das an deinen Ohren?
Solltest du vielleicht doch einmal zu einem Hördoktor gehen und dir den Schmalz aus den Ohren holen lassen, dich tüchtig durchpusten lassen und alles gerade rücken lassen, was anscheinend bei dir durcheinander gekommen ist, damit dort ankommt, was ankommen soll.
Weißt du, deine Schwerfälligkeit, auch die Tranigkeit, die könnt ich dir ja noch verzeihen, dafür kannst du wahrscheinlich nichts, vielleicht ist es sowieso das Alter bei dir, das du angeblich noch nicht fühlst.
Warum aber, rennst du dann plötzlich von Arzt zu Arzt, wo du doch noch erst letzten Sommer so hochtrabend überall verkündet hast, du wärest in deinem Alter der gesündeste Mensch auf Gottes Erden?
Warum prahlst du eigentlich immer so damit, ich weiß, das merkst du gar nicht mehr.
Nein, ich weiß auch, du brauchst nichts und niemanden, du verkündest dies ja auch immer laut genug, lehnst alles ab, was ein anderer sagt.
Du warst immer Chef, hattest immer das Sagen und kannst das bis heute nicht ablegen. Warum hast du das nur immer vor mir verborgen, bis du dir sicher warst, die geht mir nicht mehr durch die Lappen, die habe ich sicher am Haken meiner Barmherzigkeit. Helfen möchtest du? Ich würde es eher so sehen:
Herrschen möchtest du, andere beherrschen.
Dich wichtig machen, für andere wichtig sein.
Du weißt alles immer ein bißchen besser als alle anderen und wenn sie, oder einer, tatsächlich etwas besser weiß als du, dann muss er es dir beweisen, anders gibst du es ja nicht zu.
Und du kommst immer wieder zu mir, warum?
Ich weiß, meine Welt ist bunt und leuchtend, fröhlich und gesund, das zieht dich zu mir, darin fühlst du dich wohl. Deine hingegen ist karg und grau, unansehnlich, langweilig und etwas düster wie ein Wald, der nur aus lauter Tannen besteht, die sich langsam im Absterben befinden.
Sie gibt dir nicht das, was du in meiner findest. Aber weisst du ...
... dieses mir ständig auf die Pelle rücken, alles von mir wissen wollen, an allem teilhaben wollen, immer mitmischen und mir nichts zutrauen, so, als wäre ich ein kleines Kind das nur aus Unfertigkeiten besteht, das geht mir schon lange tierisch auf die Nüsse, das will ich dir schon lange sagen, aber ich wage es nicht, weil ich dich nicht verletzen möchte. Doch wohin mit den Worten, die man fühlt und nicht aussprechen kann?
Das hat nichts damit zu tun, dass ich dich körperlich unattraktiv finde, dich nie als angenehm und gut duftend, oder gar als männlich empfand, eher etwas schluderig und ein klein bisschen unappetitlich.
Heute weiß ich ja woher das alles kommt. Ich hatte das äußerst zweifelhafte Vergnügen, dich näher kennen lernen zu dürfen, näher als ich es je von mir aus wollte, du hast dich mir geradezu aufgedrängt mit, ach, ich weiß nicht was, deiner Art von Täuschung, die ich anfänglich nicht durchschaute.
Heute sehe ich dir zu und du tust mir ein klein wenig leid.
Eigentlich bist du ein armer Mensch, ein einsamer Mensch, auch wenn du es selbst nicht wahr haben willst. Deine innere Einsamkeit quillt dir aus jeder Pore deiner Haut, ich kann sie sehen, spüren, fühlen, hören wenn ich dich nur anschaue, vielleicht bist du deshalb so laut.
Klar, noch ist es nicht soweit, dass du Selbstgespräche führst, wahrscheinlich neigst du auch nicht dazu, kein Wunder bei deinem Selbstverständnis zur Sprache wundert mich das nicht.
Mit dir selber beschäftigen, in dein Innerstes kriechen, dich selbst ergründen wollen, so wie du es ständig bei mir versuchst, sehen, wie du selber tickst, das hast du bestimmt noch nie versucht, dich immer so als gut gesehen wie du bist, hast nicht gemerkt, dass eigentlich keiner mehr um dich herum ist, der von sich aus deine Nähe sucht. Sich in ihr wohl fühlt.
Warum wohl?
Hast du dich je gefragt warum das so ist?
Warum du keine wirklichen anderen Freunde hast?
Sicher warst du in deinem Leben auch einmal ein Mensch, der sich etwas wünschte. Wünsche nach Nähe hatte, einen Menschen suchte, der sich in dein Herz schlich, sich dort einquartierte und die Tür von innen schloss, um mit dir dort zu leben. Aber das ist dir nicht gelungen, diesen Menschen hast du nie gefunden. Und deshalb begnügst du dich nun mit dem, von dem du glaubst, dass es dich zufrieden macht. Das redest du dir ein und damit ist das auch für dich so.
Was ist eigentlich ein Freund für dich?
Das frage ich mich allen Ernstes.
Du gibst gern, gut, das stimmt in gewisser Weise, aber nur, wenn du selbst dir davon einen Vorteil versprichst. Anderen, die vielleicht auch deine Hilfe brauchten, denen hilfst du nie, nicht so ohne Weiteres, denn sie sind dir egal, also bist du gar nicht so ein Menschenfreund, wie du andere glauben machen willst. Du verfolgst damit gewisse Absichten, vielleicht ist dir dies selbst nicht ganz klar, das kann ich zu deiner Ehrenrettung nur annehmen, tue dies auch, dennoch, ich bin dir mit meiner Naivität auf den Leim gekrochen.
Das habe ich jetzt klar erkannt.
Und leider ist es jetzt zu spät für mich dir die Freundschaft zu kündigen, die du mir in dieser Form aufgedrängt hast. Ich bin dir verpflichtet, sehr verpflichtet, sehe im Moment keine Möglichkeit, mich daraus zu befreien und du weißt das.
Das alles macht mich traurig, dich so zu erkennen macht mich traurig, denn alle Menschen die verlernt haben, Nähe zuzulassen,
ehrlich zu sein, Gutes nur uneigennützig zu tun und nicht zu fordern, Fehler zuzugeben und nicht mehr in der Lage sind, zuhören zu können, auch keine Antworten mehr geben können, weil sie im Grunde ihres Herzens immer nur auf der Suche sind, zwar selbst nicht wissen wonach - dies aber nie zugeben würden, die tun mir leid.
Dein Freund, der Dir seinen Namen nie preisgeben würde, den Du aber im Grunde deines Herzens, würdest du genau hinschauen, sogar im Dunklen erkennen würdest, auch wenn er keinen Ton von sich gäbe.
Warum?
Du würdest ihn fühlen, wenn Du wirklich mein Freund wärest und vielleicht lernen würdest, ein wenig leiser zu sein und dich selbst etwas weniger wichtig und mich etwas ernster als Mensch zu nehmen.
Ade...
Juli 2005
© Angelika Röhrig
Mein Kind, wie schnell sind Kinderjahre vorbei,
ich kann es sehen.
Du mußt verstehen, für mich waren Deine
Kinderjahre die Schönsten.
Das Schmusen und Kuscheln,
es ist vorbei.
Manche Träume, die ich mit Dir hatte,
brachen entzwei.
Eines weiß ich ganz bestimmt,
ich liebe Dich, wie zu Beginn Deines Lebens,
Du bleibst immer mein Kind.
Deine Mutter 1985
© Klärchen
Mein geliebter Mann,
wir waren fast noch Kinder als wir geheiratet haben.
Alle Höhen und Tiefen, die man in einer Ehe hat, haben wir bestanden.
Unsere Umzüge wegen Deiner beruflichen Karriere,
unsere finanziellen Engpässe.
Du hast Tag und Nacht gearbeitet, um Deiner Familie ein schönes Leben zu bieten.
Unsere Urlaube, die wir uns dann leisten konnten.
Es sind schöne Erlebnisse, die wir mit unseren Kindern hatten und sicher noch haben werden,
wenn erst einmal unsere Enkel in unser Leben treten und alles auf den Kopf stellen.
Nun sind 25 Jahre vergangen, und wir sind immer noch zusammen. Es hätte auch anders sein können.
Du hast Dich einmal heftig verliebt in eine andere Frau. Ich habe um Dich gekämpft, und wir haben miteinander geredet, nächtelang, und immer wieder. Wir haben uns eine Chance gegeben und fliegen nun in die Karibik. Unsere Hochzeitsreise, die wir uns nicht leisten konnten, als wir geheiratet haben.
Damals wollten wir nach Norwegen, diesen Traum werden wir uns sicher auch noch erfüllen.
Was soll ich sagen, wenn Du vor mir stehst, nach 25 Jahren?
Dir in die Augen schauen und sagen, ich liebe Dich, mit meinem Herzen.
Soll ich sagen, ich habe 25 Jahre Dich nicht vergebens geliebt?
Soll ich sagen, ich möchte Dir vertrauen,
weiter leben mit Dir, mich fallen lassen, um von Dir aufgefangen zu werden?
Ich weiß nicht, was ich sage!
Es wird keine Bilanz nach 25 Jahren sein.
Es werden Worte des Augenblickes und der Gefühle sein, die man nicht wiederholen kann.
Vor 25 Jahren gab es einen Augenblick, der uns zusammenführte.
In Liebe, für immer!
© Klärchen 1992
15 Jahre später
Zwei Enkelkinder bereichern unser Leben,
wir sind immer noch zusammen,
Exoten in dieser Welt, eine Ehe, die hält,
nicht ohne Höhen und Tiefen!
40 Jahre später
Mein lieber Schatz!
Einen langen Weg in unserem Leben sind wir zusammen gegangen.
Zufällig hat es mit uns angefangen.
Eins dem anderen niemals gleicht,
doch wir beide haben viel erreicht.
Du, der Zwilling mit Deiner Lebendigkeit
und ich, der Stier, mit Beständigkeit.
Manches mal flogen Fetzen,
keiner wollte den anderen verletzen.
Jetzt, in unserem Alter, sollten wir es wagen,
uns jeden Tag neu vertragen.
Jede kleine Unzulänglichkeit,
es lohnt sich darum kein Streit.
Bewahren wir uns Gelassenheit,
einer dem Anderen kleine Fehler verzeiht.
Harmonie halten, im rechten Augenblick zu reden
oder zu schweigen,
nur so können wir beide gesund und glücklich zusammen bleiben.
Das wünsche ich mir aus tiefem Herzen.
Ich liebe Dich noch immer…
© Klärchen 2007
Nur ein Brief der grenzenlosen Enttäuschung.
Liebe Mutter ...
Ich sehe dich falsch? Nein, das glaube ich nicht, ich gehe nun schon seit Jahren mit dir um und das was ich sah, hat mich entsetzt.
Ich sage mich von dir los, du wirst mir keine Last mehr sein.
Du wirst ihn nie bekommen, diesen Brief, denn wenn du ihn erhalten würdest, würde dich wahrscheinlich der Schlag treffen, aber ich hab es los, was ich dir schon lange sagen wollte, es aber nie wagte, so in aller Deutlichkeit auszusprechen. Aber du weißt sehr genau, was ich von dir denke.
Du machst mich krank.
Wenn ich nur an dich denke und das ließ sich bisher nicht völlig vermeiden – denn irgendwie bist du ja noch da und existent, dann gefriert mir das gewohnte Lächeln auf den Lippen zu Eis. Du machst mir mein Leben so schwer, mir ist oft als schleppte ich jeden Tag ganze Ladungen Baggersteine auf meinen Schultern durch meine Tage, du erdrückst mich mit deiner Gegenwart.
Was hast du dir denn dabei gedacht als du mich fragtest ...?
Ach nein, ich vergaß, du denkst ja nicht, denn dazu hättest du etwas fühlen müssen und das ist dir versagt.
Du denkst ja nur intellektuell mit dem Kopf ohne Herz, da haben Gefühle und Empfindungen keinen Platz.
Du hast versagt und da du das sehr genau weißt, spritzt du nur bittre Galle über mich, denn dir ist sehr wohl bewusst, dass ich dich in deiner Abgeschiedenheit deiner eigenen Kälte erkannt habe. Ich frage mich oft und denke darüber nach, was gibt es denn in deiner kleinen Welt, was freundlich und dir zugewandt ist?
Was mich so ohnmächtig dir gegenüber macht?
Nun, deine scheinheilige Freundlichkeit gegen jeden, der dir gegenüber sitzt, dein schwaches, oftmals kaum verständliches Gewimmer nach Liebe, das mehr ein leises Grunzen ist,
Liebe, die du nie hattest und nun von mir willst, wobei mir nicht klar ist, was du überhaupt von mir willst.
Oder hattest du so etwas ähnliches schon mal als Gefühl erkannt, und konntest es nur nicht zeigen?
Oder warum versteckst du dich hinter abwehrendem Lächeln, einer tadellosen Haltung und eiskalten beobachtenden Augen?
Irgendwann wirst du sterben und ich sehe schon heute die ausgestreckten Zeigefinger; sie ist schuld, so wolltest du es, dahin hast du hingearbeitet, dein ganzes Leben lang. Irgendwann eines schönes Tages wird das Telefon klingeln und es wird heißen: sie ist tot, was hast du mit deiner Mutter gemacht.
Keiner wird die unendliche Kälte und Förmlichkeit sehen, die du eimerweise über mich ausgeschüttet hast, jedes Mal wenn wir uns sahen.
Jeder wird nur deine unglaubliche Freundlichkeit sehen, die Höflichkeit, die du jedem gegenüber an den Tag legst, aufgesetzt oder nicht, das beherrscht du bis in die letzte Vollendung. Und diese Lügen, diese Verdrehungen und Verdächtigungen, diese Annahmen und Vermutungen deinerseits, so hingestellt und jeder Aussage ein Gesicht gegeben, dass es auch gut in dein Denkschema passt.
Ich habe dich so satt.
Du hast mich den Hass gelehrt. Ein sehr schlechtes Gefühl, das ich nie wollte.
Ich kann dich nicht ertragen.
Nicht deine Stimme am Telefon und schon gar nicht dein Gesicht mit den zusammengekniffenen Lippen, die sich dein Leben lang nicht zu einem natürlichen oder gar herzlichen Lächeln lösen konnten.
Ja, ich habe dich satt.
All meine vergeblichen Versuche, dir freundlich entgegenzukommen, sind im Ansatz gescheitert, wenn ich nur deine Stimme am Telefon hörte.
Diese leise kultivierte Stimme, hinter der sich deine wahren Gedanken verbargen. Gedanken, die ich gar nicht wissen will, denn sie würden mich entsetzen, das weiß ich, ohne sie zu kennen.
Und wenn dir etwas nicht passt, was der andere dir sagt, dann bist du plötzlich schwach und musst dich ausruhen, beendest das Gespräch auf deine Weise, die da heißt, du legst einfach auf und beim nächsten Mal weißt du es nicht mehr.
Wer bist du?
Warum meckerst und kritisierst du ständig an allem und an jedem herum. An jedem, der dir begegnet, hast du etwas auszusetzen, keiner macht es dir recht, am wenigsten ich. Am schlimmsten aber ist die Tatsache, dass du dies in aller Höflichkeit tust, ja fast schon Respekt in deinen Worten durchscheinen lässt. Jeden aber dennoch abwertest, wo du es nur kannst, das soll dir erst einmal jemand anderer nachmachen. Wer ist eigentlich in deinen Augen kein Versager?
Keiner meiner Freunde fand je Gnade vor deinen Augen, jeder mit dem ich Umgang hatte, war dir eine geharschte Kritik wert.
Ich hätte einen Anwalt oder Arzt heiraten müssen, aber ich denke, selbst an dem hättest du etwas gefunden, was dir nicht gepasst hätte.
Ach ja, ich vergaß, du hattest selbst einmal für einige Jahre so etwas an deiner Seite und der hat dich verlassen, warum wohl, hast du dich das je selbst gefragt?
Den Namen, den dir der Herrgott mit meiner Geburt gab, hast du nie verdient.
Er ist ein Hohn. Mensch und Mutter. Ich würde dich eher als gefühlloses oder kaltherziges Monster bezeichnen.
Mütter sind normalerweise fürsorglich um ihre Kinder, sie sind herzlich zu ihnen, das dachte ich zumindest einmal.
Deine Sorge besteht im Ausfragen, um diese Informationen dann umgewandelt gegen mich zu verwenden.
Damit gehst du dann mit lieblicher Stimme hausieren. Erzählst diesem das, dem nächsten jenes und wartest ab wie es dort ankommt.
Im Inneren wahrscheinlich triumphierend, dass du wieder neues Material gesammelt hast.
Du bestehst vorwiegend aus dem Bösen, der Vorsicht, dem Abwägen; was setze ich gegen wen am besten ein um für mich gut dazustehen.
Deine Waffe ist die Krankheit und irgendwann war es das Alter und die Erschöpfung, dabei bist du stark wie ein Pferd und nicht totzukriegen.
Deine Gehässigkeit hält dich am Leben. Wie oft kreisen deine innersten Gedanken um die Möglichkeiten einen gegen den anderen aufzuhetzen?
Einen gegen den anderen auszuspielen und zu verwenden, was dir anvertraut wurde, benutzt du um wichtig für andere zu erscheinen.
Und jeder, der dich nicht kennt, glaubt dir, denn du bist ja alt und Alte müssen ja gut sein, oder sie dürfen verschroben sein, auch mal vergessen und etwas irrtümlich falsch darstellen. Man nimmt es ihnen nicht übel. Ach wo denn, wie könnte man auch. Das wäre ja nicht mitmenschlich.
Was sich allerdings hinter deinem Wesen verbirgt, hat nichts mit freundlicher Mitmenschlichkeit zu tun. Hinter deinem Glauben versteckst du deine Sünden und pflegst sie.
Ich habe mich nie gefragt, wie du das eine mit dem anderen verbinden konntest, ohne sofort mit Karacho zur Hölle zu fahren.
Gäbe es einen Gott, der für Gerechtigkeit sorgt, hätte er dich längst verdammt und seinem Feinde überlassen.
Was du mir an Informationen mit Fragen abringst, wandelt sich unter deinen Augen in das Gegenteil, oder in das „ das gibt es nicht um“ und alles bezweifelst oder hinterfragst du, aber das Fragen kannst du nicht lassen.
Als neuesten Spieleinsatz zu deiner Unterhaltung, oder als was sonst sollte dies einen Sinn in sich tragen, zweifelst du nicht nur an, was man dir sagt, sondern lässt es auch noch von Fremden nachprüfen. Oh wie schön, gleichzeitig vermittelst du mir den Wunsch, ich möge dich in freundlicher Erinnerung behalten und dir wohl gesonnen sein, sag mal, spinnst du und bist nun völlig durchgeknallt? Vielleicht sogar senil, aber das kann ich mir nicht vorstellen, denn das wäre ja unter deiner Würde und die Würde, die schleppst du ja als Glorienschein vor dir her.
Aber du nennst dich Mutter und in diesem Status wirst du auch irgendwann deine Augen schließen und ich, ich werde erleichtert sein.
Gleichzeitig aber werde ich weinen, denn ich habe dich – irgendwann einmal – als Kind geliebt und in dir meine Mutter gesehen..
© Angelface 2001
Liebe Freundin,
ich hätte nie gedacht, dass wir bereits nach dieser kurzen Zeit so weit sein würden. Aber gerade dein letzter Brief hat mir den Mut dazu gegeben, dir heute das zu schreiben, was mir schon nach deinen ersten Zeilen an mich durch den Kopf gegangen ist.
Du hast mir zwei Fragen gestellt. Beide wurden mir in meinem Leben schon sehr oft gestellt und ich habe sie auch jedes Mal so gut es ging beantwortet. Allerdings habe ich zumindest auf die eine davon erst durch dich die richtige Antwort gefunden, nach der ich all die Jahre gesucht habe …
Doch beginnen wir mit der anderen Frage. Du wolltest wissen, wie ich zum Schreiben gekommen bin.
Dazu kann ich sagen, dass es ganz sicher nie mein Plan war, Schriftsteller zu werden. Ich weiß selbst nicht mehr, was mich eines Tages auf die Idee brachte, eine Geschichte zu schreiben.
Natürlich habe ich schon davor viel gelesen und hatte dadurch eine gewisse Beziehung zu Büchern und Texten. Aber daran, das selbst einmal ernsthaft zu betreiben, habe ich wirklich nie gedacht.
Meine ersten Geschichten schrieb ich auch nur für die Schublade, wo sie lange lagen und von niemandem gelesen wurden. Damals gab es mir jedes Mal ein gutes Gefühl, wenn ich wieder ein paar Gedanken aus meinem Kopf auf Papier bannen konnte. Das war der einzige Grund, warum ich weitermachte.
Irgendwann bekam mein damals bester Freund eine meiner Geschichten in die Hand und las sie schlussendlich auch durch, obwohl ich eigentlich nicht damit einverstanden war. Zu meiner Überraschung gefiel ihm die Story sehr gut und so gab ich ihm auch meine anderen Sachen zum Lesen. Nach und nach bekamen dann auch die anderen aus meinem Freundeskreis von meinem Hobby mit und immer mehr von ihnen lasen mit großer Freude meine Geschichten. Ich gab ihnen immer Kopien und von Zeit zu Zeit bekam ich mit, dass sie ihrerseits anderen Freunden Kopien gaben und so auch Leute Geschichten von mir lasen, die ich überhaupt nicht kannte. Anfangs störte mich das etwas, doch dann sah ich ein, dass es für mich keine Veränderung mit sich brachte und so gewöhnte ich mich daran.
Genauso gewöhnte ich mich an die positive Resonanz. Auch wenn sie anfangs noch schön war, wurde sie mit der Zeit zur Normalität und es war nichts Besonderes für mich, dass meine Freunde meine Geschichte gut fanden. So wurde nach einiger Zeit auch wieder das gute Gefühl, das ich weiterhin beim Schreiben hatte, zum Hauptantrieb für mein Hobby.
Mehr als ein Hobby wollte ich daraus auch nie machen. Es war eine gute Freundin, die heimlich einige Kurzgeschichten von mir an einen Verlag schickte, weil sie der Meinung war, ich müsse einfach mehr daraus machen. Die Geschichten kamen natürlich zurück, da Verlage so etwas selten drucken. Aber zumindest hatte man sich die Mühe gemacht, ein paar davon zu lesen und einen Zettel beigelegt, auf dem stand, wenn ich einen Roman schicken würde, hätte ich vielleicht mehr Chancen.
Meine Freundin sah dies als Bestätigung, während ich immer noch skeptisch war. Trotzdem schrieb ich nun öfters an meinem ersten Roman, mit dem ich im Geheimen schon einige Zeit früher begonnen hatte. Was blieb mir auch anderes. Wie viele andere Geschichten von mir, schrieb sich auch mein erster Roman wie von selbst und ich schickte etwa zwei Monate später eine erste Fassung an den gleichen Verlag.
Ich denke immer noch, dass es hauptsächlich auf sehr viel Glück zurückzuführen ist, aber mein erster Roman wurde sofort genommen. Es musste zwar noch vieles überarbeitet werden, aber er erschien und verkaufte sich auch nicht schlecht.
Das Spiel, das ich schon aus dem Kleinen kannte, wiederholte sich im Großen. Erst war ich überwältigt von den begeisterten Reaktionen, die ich auf mein Werk bekam, doch mit der Zeit legte es sich wieder.
Nach meinem dritten Roman war es dann wieder genau so, wie es bei meinen ersten Werken war, die noch überhaupt niemand zu lesen bekommen hatte. Die schönsten Stunden waren für mich die, an denen ich alleine an meinem Schreibtisch saß und zusammen mit meinen Figuren in eine andere Welt abtauchen konnte. Ich erschuf sie, ließ sie Dinge erleben und irgendwann hatte jede Geschichte ein Ende und ich wusste bei jeder einzelnen, dass ich sie aufschreiben musste.
Auch bei den vielen anderen Verpflichtungen, die mit dem Schreiben gekommen waren, war es immer der Gedanke an diese einsamen Stunden, die mich das alles durchstehen ließen.
Ich spreche sonst nie sonderlich viel, aber wenn ich zu Hause über meinen leeren Blättern sitze, fühle ich mich aufgehoben und verstanden und kann ihnen alles anvertrauen und eins nach dem anderen mit Buchstaben füllen.
Nun komme ich zu deiner zweiten Frage, bei der du wissen wolltest, warum ich denn überhaupt schreibe. Jahrelang habe ich gedacht, dass es genau das ist: Diese mittlerweile unglaublich vielen Stunden, die ich einsam aber glücklich über meinen Papieren gesessen und mir alles von der Seele geschrieben habe, was ich sonst niemandem sagen konnte. Denn auch wenn man es nicht sofort vermuten würde, steckt doch in jeder Geschichte und in jeder Person in meinen Büchern etwas von mir. Ich verarbeite darin kleine Ereignisse und Gedanken, Ängste und Träume. Doch selbst gute Freunde von mir erkannten dies nie. Sie fragten mich selbst oft erstaunt, wo ich nur all die Ideen hernehme, ohne jemals die Anspielungen zu verstehen oder die Parallelen zu entdecken.
So war es, bis mir zwischen den vielen Zusendungen, die ich bekomme, dein Brief in die Hände fiel. Der prallgefüllte Umschlag verwunderte mich etwas und noch mehr überraschte mich das Bündel an beschriebenen Seiten, die ich daraus hervorholte. Etwas skeptisch begann ich zu lesen, doch bereits nach wenigen Zeilen hatte mich dein Brief in seinen Bann genommen und ich las das ganze Bündel in einem durch. Plötzlich sah ich da all die Gedanken und Gefühle offen niedergeschrieben, die ich über die letzten Jahre sorgfältig versteckt und dann beinahe vergessen hatte. Was sonst niemand auch nur erahnt hat, hast du problemlos entschlüsselt. Als hätte ich in einer Art Geheimsprache geschrieben, die nur du und ich verstehen.
Für einen kurzen Moment erfüllte mich das mit Angst. Ich hatte das Gefühl, dass jemand plötzlich in diesen einsamen, geheimen Raum getreten war, den ich mir geschaffen hatte. All das, was ich voller Vertrauen dem Papier preisgegeben hatte, war jetzt plötzlich von einem Menschen vernommen, verstanden und sogar beantwortet worden. Doch ich brauchte nur ein wenig in deinem Brief zu lesen, um diese Angst zu zerstreuen und schon kurz danach erwachte in mir ein anderes Gefühl, ein anderer Gedanke.
Es schien mir mit einem Mal, es wäre genau das passiert, was ich all die Jahre gewollt hatte. Das Schreiben hatte mir zwar eine gewisse Beruhigung verschafft, weil ich die Gedanken damit aus meinem Kopf bekommen hatte, aber ich hatte nie eine Reaktion auf all diese wichtigen Dinge bekommen. Aber da ich niemanden hatte, mit dem ich über all das reden konnte, war mir nichts anderes geblieben als zu schreiben. Zu schreiben, meine Gedanken in die Welt hinauszuschicken und darauf zu hoffen, dass sie irgendwann von jemandem verstanden werden würden. Natürlich hatte ich diesen Gedanken nie in der Form, aber wenn ich jetzt zurückdenke, dann ist es nur logisch.
Aus diesem Grund kann ich deine Frage folgendermaßen beantworten: Ich habe geschrieben, um dich zu finden.
Ja, ich habe
geschrieben … Jetzt, wo ich dich gefunden habe, brauche ich keine Geheimsprache mehr, keine versteckten Andeutungen, keine Doppeldeutigkeiten. Ich will nur noch dir schreiben. Zum ersten Mal in meinem Leben direkt und konkret über das, um was es mir eigentlich geht.
Ja, dir will ich schreiben … vielleicht auch irgendwann mit dir sprechen, dich sehen …
Ich bin froh, dich gefunden zu haben.
© Mathias Erhart
Der Füllfederhalter
Mein Schreibtisch ist so weit frei gearbeitet, dass ein leeres Blatt Papier vor mir liegend Platz findet. Ein weißes, leeres Blatt Papier, der Größe DIN A4.
Langsam setzte ich die kleine, kugelförmige Spitze meines breiten, handlichen Füllfederhalters, den ich sorgfältig präpariert habe darauf und beginne zu schreiben.
„Liebe Brieffreundin“ werden die Worte von einem Rinnsal Tinte geformt , der sich aus der goldenen Feder ergießt, wenn man einen leichten Druck auf das Schreibgerät ausübt, der unabdingbar nötig ist, damit er mir das Schreiben ermöglicht. Schon mit dem Aufstrich des ersten Buchstaben bekommt meine Schrift eine kaligrafische Individualität, die man nur mit einem Füllfederhalter so prägend zu Papier bringen kann. Seine, dem Federkiel nachempfundene Form, zieht bei jedem Strich den Buchstaben weiter auf und verändert sich zur typischen Tuscheschrift, je weiter man den Buchstaben schreibt. Jetzt wird das Wort typisch in seiner ursprünglichen Bedeutung sichtbar, denn der Druckbuchstabe, der früher auf einem kleinen Holzblock eingefräst oder aus ihm herausgeschnitzt worden ist, wird Type genannt. So typisch, wie eine Type, wirkt mit einem Mal ein Buchstabe meiner Handschrift, weil der Strich, nicht wie bei einem Kugelschreiber gleich bleibend stark ist, sondern sich mit dem Druck auf die Feder oder Änderung der Schreibrichtung derart variabel darstellt, das ein sichtbar dynamisches, handschriftliches Design entsteht, ein unverwechselbares Schriftbild.
Ich schreibe den Brief an meine Brieffreundin weiter. Worte und Schrift geben sich gegenseitig eine Leichtigkeit, die einem zarten Inhalt nicht besser gerecht werden könnten. Wie lieblich sich die Worte aus einem Füllhorn von Gedanken formen lassen, wenn ein edles Schreibgerät den angedachten Zauber verstärkt. Meine Handschrift malt ein Bild von einem Brief, wie man es in Filmen sieht und willkürlich schwingt meine Hand mit den Buchstaben im Rhythmus der Gedanken mit, die das Papier prägen. Ein Brief entsteht, den nur ein Mensch lesen soll und dessen Zauber nur für diese Person gedacht ist.
Für meine Brieffreundin.
© Kariologiker
Texte: Die Rechte an den Texten liegen allein bei den genannten Autoren.
Angelface,
Conrad Cortin,
Findevogel,
Klärchen,
Kariologiker,
Mathias Erhart.
Die Aquarelle entsprangen der Feder von Katja Kortin.
Die Rechte an den Fotos liegen allein bei den genannten Autoren
Angelface
Klärchen.
Tag der Veröffentlichung: 17.01.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Die Anthologien der Autorengemeinschaft "Zeitlos"
sind der Freude an gemeinsamer kreativer Gestaltung und Teamarbeit gewidmet.