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Prolog

Es ist nicht die Frage wer mich lassen wird. Es ist die Frage, wer es schaffen wird mich aufzuhalten. Niemand weiß wie ich mich wirklich fühle. Erst wenn es zu spät ist, werden alle anfangen darüber nachzudenken. Erst wenn sie vor meinem Grab stehen werden sie erkennen was sie getan haben. Erst wenn ich tot bin. Tag für Tag sterbe ich ein bisschen mehr. Verliere mich selbst im Abgrund meiner Seele. Aber ich stehe auf und kämpfe weiter. Ihr wisst nicht wie stark ich bin. Niemand weiß das. Und ich habe noch niemanden gefunden, dem ich es sagen könnte.

Kapitel 1 - wie alles Begann...

Ding Dong! Ding Dong! Meine Mutter öffnete die Tür. „Hallo July! Komm doch rein, Zoe ist gleich fertig.“ „Ja danke.“, sagte sie und kam herein. July war meine absolut beste Freundin. Sie war 17, 1,79 m groß, hatte schwarze schulterlange glatte Haare und graue Augen. Während ich das krasse Gegenteil von ihr war. Zumindest vom Aussehen. Ich war 16, 1,81m groß, hatte blonde Wellige Haare die mir bis zur Mitte des Rückens gingen und blaue Augen. Ich zupfte mir noch schnell eine Haarsträhne zurecht da sie mir immer ins Gesicht fiel. Dann schnappte ich mir meine Handtasche und meine High-Heels und rannte die Treppe runter. „Hei July!“, rief ich und nahm sie in den Arm. „Hei mein Schatz!“, erwiderte July. Wir hatten uns seit zwei Wochen nicht gesehen da sie im Urlaub bei ihrer Oma war. In Kroatien. Mit 37 Grad im Schatten. Und ich durfte hier in Hamburg vor mich hin schmoren ohne beste Freundin. Naja egal jetzt war sie ja wieder da. „Schöne Tasche!“, meinte July während wir die Wohnung verließen. „Bye mum! Ja nicht wahr? Ich hab sie mir letzte Woche gekauft!“, antwortete ich und hielt sie erfreut hoch. Die schwarz weiße Tasche mit den Nieten war wirklich schön. „Oh Mann, der Urlaub war sooo geil! Aber ich hab Oliver und dich so vermisst!“, sagte July. Oliver war ihr Freund. Er war groß und sah eigentlich auch ganz gut aus. Er hatte braune Haare und grüne Augen. „Oh Mann und ich durfte mich zu Tode langweilen!“. Wir liefen Richtung Reeperbahn zur U-Bahn weil wir uns dort mit Oliver und seinem Kumpel trafen. Plötzlich durchfuhr mich ein stechender Schmerz. „Aaahhh!!!“, rief ich und stützte mich an July ab. „Was, was ist denn los Schatz? Aahhh!“, schrie dann auch July. Als wir wieder einigermaßen bei Sinnen waren fragte ich: „Was war das?!“. „Ich hab keine Ahnung. Aber anscheinend waren wir die einzigen die es hören bzw. fühlen konnten.“, meinte sie. „Naja auch egal. Komm da vorne ist die U-Bahn Station! Oliver und sein Kumpel warten bestimmt schon.“. Und tatsächlich, sie standen bereits dort und warteten. „Hei Mädels!“, meinte Oliver und umarmte uns. July gab er dabei noch einen Kuss. „Oh sorry darf ich vorstellen? Das ist Lucas. Er ist hier her gezogen aus Frankfurt.“. Lucas, der mir bis jetzt noch eher schüchtern vorkam, sagte: „Hei.“. Erst jetzt viel mir auf wie süß er eigentlich aussah. Er war etwas größer als ich (trotz meiner 8 cm schuhe), hatte schwarze glatte Haare und ebenfalls blaue Augen so wie ich. Ich musterte ihn kurz und wollte ihn gerade begrüßen als Oliver meinte: „Also … wo sollen wir hin?“. July antwortete: „Och, da gibt es viele Möglichkeiten. Wie wärs wenn wir Lucas etwas herum führen? Du kennst dich doch sicher noch nicht so gut aus, oder?“. „Oh ja gerne.“, sagte Lucas.

 

 

Also liefen wir los Richtung Landungsbrücken, Oliver und July hielten Händchen, liefen voraus und laberten irgendwas. Lucas und ich liefen etwas weiter hinten. „Also,… Frankfurt, ja? Das ist aber ganz schön weit weg.“, fragte ich. „Oh ja aber mir gefällt es hier schon ganz gut. Aber meine ganzen Freunde waren halt dort. Dann habe ich durch Zufall Oliver getroffen.“, meinte Lucas. „Ach ihr kennt euch schon?“. „Ja wir gingen zusammen in die Grundschule und 5. und 6. Klasse. Aber dann musste er wegziehen nach Hamburg, weil sein Onkel sehr krank war. Und wir sind dann vor ca. ´nem Monat hergekommen.“. „Wirklich? Ich hab dich in der Schule gar nicht gesehen:“. „Oh ja das liegt daran dass ich schon mit der Schule fertig bin.“. „Oh man du glücklicher! Wie alt bist du denn?“. „Oh ehm… 18.“. Liegt das an mir oder hatte er im ersten Moment sein alter vergessen? „Wirklich schon? Das sieht man dir gar nicht an. Ich bin 16 und wohne schon länger hier und…“. July unterbrach mich: „Oh Shit schon so spät? Ich muss zur Arbeit! Ihr könnt ja mitkommen.“. Also rannten wir vier die Treppen vom Hotel am Hafen runter. Ich war ziemlich weit hinten mit meinen Schuhen und fragte mich wieso July so schnell war. Denn sie hatte 10 cm Absätze und ich nur 8 cm. Bis mir auffiel dass sie ihre Schuhe in der Hand hatte und Barfuß lief. Das machte ich dann auch und als schon alle unten waren und ich noch die letzten paar Stufen runtertapste trat ich plötzlich in eine Glasscherbe. Ich schrie auf und fiel die Treppe runter aber Lucas konnte mich gerade noch auffangen. Was seltsam war da ich noch 8 Stufen vor mir hatte und er bis gerade noch ganz unten stand. Und plötzlich BÄMMMM fängt er mich auf. Langsam wird mir das Ganze zu Unheimlich… die Stimme von July riss mich aus meinen Gedanken: „OH MEIN GOTT ZOE!!! Ist alles in Ordnung?“. „Mhhm ja geht so nur mein Fuß tut weh.“, sagte ich benommen.

 

 

 „Na komm ich stütz dich.“, meinte Lucas. Und so humpelte ich bzw. wir zum Hard Rock Café weil July dort arbeitete. Wir setzten uns an einen Tisch während July ihre Arbeitskleidung anzog. In der Zwischenzeit fing mein Fuß wieder an zu Bluten. „Oh Shit!“, sagte ich. „Warte kurz…“, meinte Lucas und seine Hand näherte sich meinem Fuß. „Nein warte nicht…“, schrie ich aber schon war seine Hand auf meiner Wunde. Ein seltsames Kribbeln fuhr durch meinen Körper und als er seine Hand wieder weg nahm war meine Wunde weg. Weg. Einfach weg. Verschwunden. Hat sich in Luft aufgelöst, was auch immer. „Was zum…?“, fragte ich aber Lucas lächelte mich nur seltsam verführerisch an uns flüsterte „Schhhhh… kein Wort!“.

Kapitel 2 - ein seltsamer Traum

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, griff ich sofort nach meinem Handy und rief July an. „Mhhmmm Hallo?“, fragte eine verschlafene July. „Hei July ich bin´s.“, sagte ich. „Wer?“. „Ich bin´s Zoe. Ich muss dir was erzählen.“. „Wirklich? Kann das nicht bis später warten?“. „Nein kann es nicht. Ich hatte einen seltsamen Traum. Oliver, Lucas, du und ich waren in der U-Bahn Station. Es war Nacht und niemand war zu sehen. Plötzlich hörte ich wieder diesen Schrei den wir gestern in Gedanken gehört hatten, nur dieses Mal konnten Oliver und Lucas ihn auch hören.“. Stille ertönte am anderen Ende. Gerade als ich fragen wollte ob sie noch da war flüsterte sie: „Ich hatte den Traum auch. Und dann hast du angerufen.“. „Wirklich?! Ich bin genau an dieser Stelle aufgewacht.“. Auf einmal ertönte ein piepsen von Julys Handy. „Das ist Oliver. Soll ich annehmen?“, fragte sie. „Jaja mach nur.“. „Hei Schaa…“, versuchte sie zu sagen aber Oliver kam ihr dazwischen: „Ich hatte einen total verrückten Traum.“. „Ach wirklich? Welchen denn?“, fragte ich. Also erzählte Oliver dasselbe wie ich nochmal. Als er fertig war sagten July und ich gleichzeitig: „Den Traum hatten wir auch.“. Nach einer gefühlten Ewigkeit schweigen sagte Oliver: „Und Lucas hatte diesen Traum auch.“.

 

 

Am Abend trafen wir uns bei den Landungsbrücken. July war gerade fertig mit Arbeiten geworden und so setzten wir uns auf eine Bank. „Also, was denkt ihr warum wir alle den gleichen Traum  hatten?“, fragte Lucas. „Keine Ahnung...“, antwortete ich. Plötzlich stand July auf und sagte: „Ich habe meine Tasche im Café vergessen. Ich geh sie kurz holen. Kommst du mit Oliver?“. „Ja klar. Bis gleich!“, antwortete Oliver und dabei zwinkerte er Lucas zu. Warum auch immer. Naja egal jedenfalls sobald sie weg waren sagte ich: „Der Traum war echt seltsam. Er kam mir so real vor.“. „Ja schon unheimlich.“. Nach einer Weile schweigen wollte ich gerade etwas sagen, aber plötzlich kam Lucas auf mich zu und küsste mich. Im ersten Moment war ich total überrascht, aber dann erwiderte ich ihn. Und ab dem Moment war ich mir sicher. Ich hatte mich verliebt. Als der Kuss vorbei war lächelte er mich wieder so unheimlich an. Genauso wie da als er meine Wunde, wie soll ich sagen, in Luft aufgelöst hat.

 

 

Später gingen wir dann alle 4 zur U-Bahn Station und gerade als wir unten waren fuhr die Bahn weg. „Oh Shit!“, rief July. „Mal sehen,… die nächste Bahn kommt in 10 Minuten. Kommt wir setzen uns hin.“, meinte Oliver. Bei der ganzen Sache war mir etwas mulmig zumute weil weit und breit kein Mensch war. Genauso wie im Traum. Als ca. 3 Minuten voll unnötigem Gelaber vorbei waren, bei dem ich sowieso nicht zugehört hatte, fingen plötzlich die Lichter an zu flackern. „Was zum,…?!“, rief ich da plötzlich ein lauter Wind aufgekommen war. „WARTET! WO IST JULY?!“, schrie Oliver. Tatsächlich, sie saß nicht mehr an ihrem Platz. Aber dann sah ich sie hinter einem Pfosten, wie zwei seltsame Gestalten sie fesselten. Plötzlich war auch Lucas weg und wurde gefesselt. Dann auch noch Oliver und das letzte was ich hörte war: „Wir haben sie! Die Auserwählten!“. Dann wurde alles schwarz…

Kapitel 3 - die längst vergangene Zeit

Als ich aufwachte, saß ich gefesselt auf einem Stuhl in einer Lagerhalle. Neben mir schön in einer Reihe saßen erst July, dann Lucas und Oliver zum Schluss. Auch sie waren gefesselt und geknebelt. „Mghm mhh mgrr?“, sagte July. „Ws?“, versuchte ich zu sagen und es hörte sich einigermaßen verständlich an für mich. „Mghm mhh mgrr!!!“, nuschelte July wieder. Dieses mal ist es Oliver der: „Ws?!“ fragte. Gerade als July es genervt wiederholen wollte kam eine seltsame Gestalt herein. Als sie näher kam konnte ich erkennen dass es ein Mensch ist. „So so endlich haben wir euch gefunden.“, sagte er. „Hgmm tzs grvt?!“, fragte Lucas. „Macht ihnen die Knebel weg!“, befahl der Mann. Es kamen vier andere Männer und machten uns die Knebel weg. Also wiederholte Lucas seine Frage: „Was wollt ihr von uns?!“. „Och, gerade du müsstest das doch wissen, Lucas.“, sagte der Mann. Keine Antwort von Lucas. Also fragte der Mann: „Kennt ihr die Legende der fünf Wächter?“. „Ja natürlich, jedes Kind lernt sie kennen, im Kindergarten schon!“, sagte Oliver. „Na also. Und ihr seid vier davon.“, flüsterte der Mann. „Wollen sie uns auf den Arm nehmen?!“, lachte July. „Nein, ganz und gar nicht.“, sagte er wieder. Dann kam er langsam auf mich zu und flüsterte: „Und du, meine liebe Scarlett, du bist die Wichtigste…“. „Ich heiße Zoe!“, flüsterte auch ich. „Nein. Das sind nicht eure echten Namen. Zoe und July, ihr seid Schwestern. Zoe, du heißt Scarlett Melissa Denim und July heißt Aurelia Konstanze Denim. Und ihr Jungs, ihr seid Brüder. Oliver, du heißt Eros Gezuk´ und Lucas,… nun ja du hast deinen Namen behalten. Du heißt Lucas Gezuk´.“. Ich konnte das alles gar nicht glauben. Also sagte ich: „Wow. Das hätte ich jetzt nicht gedacht.“. Und dann sagte Oliver, oder eher Eros: „Warte. Sie sagten fünf Wächter. Wir sind aber nur vier.“. „Ja. Das ist das Problem. Die fünfte haben wir noch nicht gefunden.“, antwortete der Mann. Plötzlich krachte ein Mädchen durch das Lagerfenster. Sie landete geschickt in der Hocke auf dem Boden. Man konnte ihr Gesicht nicht sehen, da ihr schräges Pony in ihr Gesicht fiel. Sie hatte braune Haare, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte. Dann stand sie auf, blieb aber stehen. Da sie im Schatten stand konnte man sie immer noch nicht so genau erkennen. Sie trug einen kurzen schwarzen Rock und ein schwarzes Bauchfreies Shirt mit Silbernen Fransen und ohne Ärmel. „DAS IST SIE! SCHNAPPT SIE EUCH!“, schrie der Mann und ca. 15 Wachen rannten auf sie zu. Aber sie blieb ruhig stehen und wartete bis die Wachen bei ihr waren. Als sie dort waren zog sie ein Samurai-Schwert aus der Schwertscheide und sprang geschickt über sie hinweg. Im Sprung überschlug sie sich. Als sie wieder landete drehte sie sich um und schnitt zwei Wachen in der Mitte durch. Seltsamerweise bluteten sie nicht. Sie lösten sich auf. So wie meine Wunde.

 

 

„Was zur Hölle war DAS?!“, schrie ich und Lucas antwortete: „Keine Ahnung aber wir sollten versuchen uns zu befreien!“. Das Mädchen kämpfte weiter und inzwischen waren fünf Wachen tot bzw. hatten sich aufgelöst. Jetzt rannte sie zu uns und befreite uns. Dann schrie sie: „ACHTUNG!“, und Aurelia antwortete: „Was Achtung?“, dann sah sie dass das Mädchen eine Bombe anzündete und schrie: „Ach DAS Achtung!“. Wir vier rannten hinter ein paar Fässer, die wahrscheinlich mit Wein gefüllt waren. So rochen sie zumindest. Das Mädchen warf die Bombe weg und rannte zu uns. Sie explodierte, und als der Rauch sich verzogen hatte, lagen alle auf dem Boden. Auch der Chef. „Kommt mit. In ein paar Minuten wachen sie wieder auf.“, sagte das Mädchen und lief Richtung Fenster. Zögernd folgten wir ihr. Sie schob ein Fass unter das Fenster und wir kletterten Raus. Sie ging als letzte Raus und schmiss dabei das Fass um. Als wir Draußen waren sagte sie: „Folgt mir.“, und rannte davon. Wir folgten ihr.

 

 

Nachdem wir eine gefühlte Ewigkeit gerannt waren, kamen wir in einen Wald. Dort hielten wir auf einer Lichtung an. Wir vier waren total aus der Puste aber das Mädchen blieb total ruhig. Sie ging kurz weg. Als wir wieder einigermaßen bei Atem waren, kam sie mit Wasser zurück. Ihr Schwert war wieder in der Schwertscheide. „Hier. Trinkt.“, sagte sie und schob uns die Flasche mit Wasser hin. Als wir alle getrunken hatten sagte sie: „Ich bin übrigens eine der fünf Wächter. Und wer seit ihr?“. „Wir sind laut diesem seltsamen Menschen auch vier der Wächter. Ich bin Scarlett.“, sagte ich. Daraufhin sagte Aurelia: „Ich bin Ju… ehm ich meine Aurelia. Und das sind Eros und Lucas.“. Sie schaute gedankenverloren in den Wald und langsam dämmerte es. „Nun ich bin Delia Denim. Eure Schwester.“, sagte Delia. „Oh…“, hauchte ich. Nach einer Weile sagte sie: „Ihr braucht etwas anderes zum Anziehen. Wir werden zu Gismord´ gehen.“. „Gis,… Gis was?“, fragte Eros. „Gismord´. Er ist ein Magier und seine Frau Solomia ist Näherin. Sie wird euch etwas passendes schneidern. Außerdem wird Gismord´ euch im Kämpfen Unterrichten.“, antwortete Delia. „Und warum?“, fragte Lucas dann und sie antwortete: „Werdet ihr sehen. Jetzt kommt.“.

 

 

Nach einer halben Stunde kamen wir zu einem See. Delia murmelte irgendetwas und dann teilte sich der See in der Mitte und wir liefen hindurch. Fasziniert sagte ich: „Das ist doch Unmöglich. Träume ich oder…?“. Delia antwortetr: „Das ist Magie. Ihr werdet es schon noch lernen.“. Auf der anderen Seite kam uns ein Mann entgegen und Delia lief auf ihn zu. „Ich schätze das ist Gismord´.“, meinte Aurelia. Mit einer Handbewegung zeigte Delia uns das wir ihr folgen sollten und kaum waren wir bei ihr angekommen lösten wir uns auf und tauchten in einem seltsamen Raum wieder auf. Delia und Gismord´ redeten auf einer seltsamen Sprache miteinander. Dann sagte sie: „Kommt. Wir gehen jetzt zu Solomia. Sie wird euch betrachten und Maße nehmen.“. Zögernd folgten wir ihr. Die Situation war etwas Unangenehm für uns, deshalb sagte auch niemand etwas. Auf dem Weg zu Solomia betrachtete ich Gismord´. Er hatte weiße Haare, einen längeren Bart und einen lila-schwarzen ‘Zauberumhang‘ an. Darunter trug er eine Hose die aussah als käme sie aus der Renaissance. Und ein weißes Hemd. Für mich sah er aus wie ein Hexer. Fehlte nur noch der Hexenhut.

 

 

Bei Solomia angekommen sollten wir uns in einer Reihe aufstellen. Sie betrachtete uns und sagte dann: „Ja, ich schätze ich bekomme das hin.“. „Gut und Danke.“, antwortete Delia ihr. Dann nahm sie Maß. Sie trug einen langen roten Rock und eine schöne schwarze Bluse mit Stickereien darauf. Ihre weißen Haare hatte sie zu einem Zopf zusammen gebunden, aber ein paar Strähnen waren raus gefallen. „Gut, ihr könnt gehen. Gismord´ wird euch in die Trainingshalle führen, wo ihr euch eure Waffen aussuchen werdet.“, meinte sie schließlich. „Hat sie gerade Waffen gesagt?“, flüsterte ich Aurelia zu und sie antwortete: „Ja. Was sie wohl damit meint?“.

 

 

In der Halle angekommen wussten wir was sie gemeint hatte. Vor uns lagen eine Sammlung von Schwertern, Stöcken, Riesen-Bumerangs, Dolchen und noch viel mehr. „Da. Sucht euch etwas aus.“, sagte Gismord´. Lucas ging sofort zum Tisch und schnappte sich ein Schwert. „Ah, gute Wahl. Das Schwert Kosumé. Es verwandelt sich im Kampf.“, meinte Gismord´. Verwandelt sich? Dann ging auch Oliver nach vorne und griff sich einen Stab. Er war aus Ebenholz mit einem goldenen Ring darauf. Aurelia nahm meine Hand und zog mich mit nach vorne. „Such du für mich aus.“, flüsterte sie mir zu. Ich musste schlucken und antwortete schließlich: „Na gut, dann such du für mich aus.“. Mit einem Kopfnicken gab sie mir die Antwort. Ich dachte etwas nach und griff schließlich nach einem Bumerang, der ca. 1.60 Meter groß war. An seinen Ecken waren jeweils zwei Bänder. Ein pinkes und ein schwarzes. „Ah, ein Knochen-Bumerang. Er besteht aus Dämonen-Knochen.“, sagte Delia. „Dämonen?“, fragte ich. „Ja, Dämonen. Ihr werdet es schon noch lernen.“, antwortete sie. Aurelia hatte inzwischen etwas für mich ausgesucht, aber sie hielt es hinter ihrem Rücken versteckt. „Hier.“, sagte ich und drückte ihr den Bumerang in ihre freie Hand. Sie betrachtete ihn und sagte dann: „Danke. Hier.“. Ich bekam einen Bogen aus Ebenholz und einen Köcher mit Pfeilen darin. Ich hatte noch nie einen echten Bogen gesehen. „Danke.“, meinte ich dann. „Also, habt ihr euch entschieden?“, fragte Gismord´. Wir vier nickten. „Gut. Gehen wir zurück. Es gibt Essen.“, sagte Delia.

 

 

Also gingen wir von der Halle über den Hof wieder zurück in das Haus. Oder eher gesagt, Tempel. Drinnen gingen wir durch einen langen Gang, an dessen Seiten viele verschiedene Antiquitäten auf kleinen Säulen standen. Am Ende des Gangs war eine große Halle. Dort war ein Tisch und wir setzten uns. Gismord´ und Delia gingen in einen anderen Raum, wahrscheinlich die Küche. Wir betrachteten unsere Waffen. „Ich habe noch nie einen Bogen in meiner Hand gehalten, geschweige denn einen Pfeil abgeschossen.“, sagte ich. „Hm… ja schon. Ich bin gespannt was wir machen werden. Und was es mit diesen Dämonen auf sich hat?“, meinte Eros. „Ja… warum bist du eigentlich so still Lucas? Du hast seit wir hier sind kein Wort gesagt.“, fragte Aurelia. „Nun, …“, setzte er an aber in dem Moment kamen Delia und Gismord´ und brachten vier Tabletts mit. Auf dem einem war ein gegrillter Lachs mit Kartoffelbrei und irgendwelchen Pilzen. Auf der zweiten waren, ebenfalls gegrillt, Schweinebäuche mit Kartoffelsalat. Auf der dritten war ein Topf mit Suppe und auf der vierten eine riesige Torte. Delia gab jedem von uns einen Teller Suppe. „Riecht gut.“, sagte Aurelia. „Was ist da drinnen?“, fragte Lucas. Wow, er hat etwas gesagt. „Kartoffeln, Karotten und Würstchen.“, antwortete Gismord´. „Ah.“, machte Lucas und dann aßen wir auf. Anschließend bekamen wir noch etwas von dem Lachs und von dem Schweinebauch und zum Schluss noch ein Stück Torte. „Boah bin ich satt.“, meinte Eros. „Ja, aber wie.“, antwortete Aurelia. Delia sagte: „Ihr hattet aber auch einen Tag nichts zu essen.“. Da hat sie Recht. Gismord´ und Delia standen auf und brachten die Teller in die Küche. Inzwischen war Solomia zu uns gekommen und sagte: „Kommt. Eure Sachen sind fertig.“. Wir nickten und folgten ihr.

 

 

Als wir in einem großen Raum ankamen, sagte sie irgendwas zu Lucas. Es war die gleiche Sprache, die auch Delia benutzt hatte als wir Gismord´ getroffen hatten. Lucas nickte und ging. Dann sagte sie: „Eros, das hier ist für dich. Geh und zieh dich um, ich will sehen ob es passt.“, und hielt eine ähnliche Hose wie die von Gismord´ hoch. Dazu noch ein braunes Hemd, einen Umhang der innen blutrot und außen schwarz war und braune Schuhe. „Ehm… okayyyy…“, sagte er und ging hinter einen großen Vorhang, der als Raumteiler gedacht war. Als er zurückkam, betrachtete Solomia ihn. „Ja, es passt. Gut, jetzt zu dir Aurelia.“, meinte sie dann. Er sieht aus wie im Mittelalter. Sie gab Aurelia ein schwarzes Oberteil. Es hatte nur einen Träger auf der rechten Schulter und war bauchfrei, aber es ging auf der linken Seite schräg runter. Dazu kamen ein schwarz-weißer Rüschen-Rock und schwarze Plateau-Schuhe. Auch sie ging hinter den Vorhang.Inzwischen waren Delia und Gismord´ eingetroffen und betrachteten Eros, welcher sich ebenfalls kritisch betrachtete. Ich meine, Hallo, 3 Teenager aus dem 21. Jahrhundert bekommen Klamotten die aussehen als kämen sie aus dem Mittelalter?! Zumindest bei Eros. Bei Aurelia sieht es ja noch ganz gut aus. Jetzt kam Solomia zu mir und gab mir ein Oberteil, das Ärmel hatte wie bei einer College-Jacke. Es ging mir ca. bis zum Bauchnabel, eher noch etwas darunter. Der obere Teil, ungefähr wie bei einer Jacke von der Naht des einen Ärmels zur anderen Naht, war schwarz. Der schwarze Bereich ging hinten bis ca. Mitte der Schulterblätter und vorne bis kurz über der Brust. Vorne war noch eine lila Schleife genau da wo der schwarze Bereich aufhörte. Die Streifen auf den unteren Teilen der Ärmel waren schwarz-weiß und der Rest des Oberteils war auch weiß. Der Rock den sie mir dazu gab, war schwarz und ging bis kurz über den Bauchnabel, sodass das Oberteil darüber fiel. Allerdings kam er mir sehr kurz vor, was sich beim Anprobieren auch bestätigte. Er war etwas länger wie mein Hintern. Dann bekam ich noch weiße Kniestrümpfe und ebenfalls schwarze Plateau-Schuhe. Als wir alle fertig Umgezogen waren, wurden wir von Solomia, Gismord´ und Delia betrachtet. Dann redeten sie wieder irgendwas auf dieser seltsamen Sprache. Schließlich wendete sich Delia zu uns und sagte: „Gut. Jetzt kommt. Eure erste Trainingsstunde beginnt gleich.“.

Kapitel 4 - die traurige Wahrheit

„Ehm….. und WIR sollen DAS mit diesen Monster-Absätzen machen?“, sagte Aurelia. „Ja sollt ihr. Ich habe es schließlich auch gelernt.“, antwortete Delia. Wir waren gerade in der Trainingshalle angekommen und Delia hatte uns eine, ich sage mal ‘Kür‘ gezeigt. Und die sah so schwer aus! „Ach ja, und das war erst die leichteste Stufe. Und ihr müsst alle können!“, meinte Delia. Jetzt standen wir da rum und trauten unseren Augen nicht. Plötzlich kam ein Mann auf einem Pferd angeritten. Er hatte eine Rüstung an und das Visier war runtergeklappt. Delia sagte: „Was ist passiert? Warum bist du schon so früh wieder zurück?“. Er antwortete ihr auf der seltsamen Sprache, die sich für mich inzwischen wie eine Mischung aus Japanisch, Ukrainisch und Deutsch anhörte. Gismord´ sagte dann auch noch etwas zu ihm und schließlich zu uns: „Könnt ihr reiten?“. „Also Scarlett und ich schon, aber ob Eros reiten kann weiß ich nicht.“, meinte Aurelia. „Dann wird er es jetzt lernen! Kommt mit!“, sagte Gismord´ und rannte quer über den Hof. Wir folgten ihm, zumindest so wie Aurelia und ich in diesen Schuhen rennen konnten. Wir betraten einen riesigen Stall und Gismord´ stand ganz hinten. Als wir bei ihm waren, hatte er bereits vier Pferde herausgesucht. Es waren ein schwarzer Friese, ein weißer Andalusier mit schwarzer Mähne, ein silbrig schimmernder Schimmel und ein brauner Araber. Delia stieg auf den Araber und Aurelia rannte zu dem Andalusier. Ich ging zu dem Friesen und somit ging Eros zum Schimmel. Als wir alle, wenn auch etwas umständlich, aufgestiegen waren, fragte ich: „Was ist denn eigentlich passiert? Und wer war der komische Typ vorhin?“. „Wirst du schon noch sehen. Wir müssen erst mal raus und schauen dass Eros einigermaßen klarkommt.“, antwortete Delia und trabte zum Ausgang. Ich folgte ihr und Aurelia half Eros ein bisschen. Als alle draußen waren, sammelten wir uns bei dem seltsamen Typen. „Also, die Patrouille hat eine feindliche Patrouille gesichtet. Es kam zum Kampf und ihr werdet jetzt mitkommen und zusehen. Hier sind eure Waffen.“, sagte Gismord´ und gab uns die Waffen. Somit ritten wir los. Aurelia hatte Eros´ Pferd am Zügel, da er noch nicht wirklich Reiten konnte. Wir ritten über eine große Wiese, vorbei an einem Wald und Kirschbäumen. Dann kamen wir zu einem Fluss und als wir ca. 2 Minuten dort entlang geritten waren standen wir oben auf einem Berg. Wenn man hinunter schaute sah man mehrere Leute miteinander kämpfen. Dazwischen waren seltsame Gestalten, die manchmal tierartig aussahen. „Seht ihr die Dinge die nicht menschlich sind? Das sind die Dämonen.“, sagte Delia. „Ach komm schon, wollen mich heute alle verarschen?“, meinte Eros genervt. „Nein, ganz und gar nicht. Ich weiß, in eurer Welt ist es anders. Es gibt keine Ritter mehr, geschweige denn Dämonen. Aber ihr seid jetzt hier, in meiner Zeit.“, antwortete Delia. „Und welche Zeit wäre das?, fragte ich. „Wir befinden uns hier im Jahre 1566.“, sagte Delia. „Hat sie gerade gesagt 1566?“, flüsterte ich Aurelia zu. Sie nickte sprachlos. „Warte – was ist mit unseren Eltern und Freunden?“, fragte Eros. „Nun, wenn Scaltobor Recht hat, haben alle vergessen dass ihr je gelebt habt. Es ist als hättet ihr nie existiert.“, antwortete sie. Wer oder was auch immer ein Scaltobor war. „Aber ich muss jetzt den anderen helfen. Bleibt hier und macht nichts, ja?“, fügte sie noch hinzu. Wir nickten und so ritt sie mitten in das Geschehen. Wir schauten sprachlos zu, bis ich fragte: „Wo ist eigentlich Lucas?“. „Keine Ahnung, aber er hat doch vorhin mit Solodingsda geredet und ist dann gegangen.“, antwortete Eros. „Stimmt, daran habe ich gar nicht mehr gedacht!“, rief Aurelia. Plötzlich sah ich in Gedanken einen seltsamen Halbkreis aufleuchten. Als ich die Augen wieder öffnete und auf das Schlachtfeld schaute, sah ich genau dieselbe Form in einem Dämon. Wortlos griff ich nach einem Pfeil, setzte ihn an den Bogen und spannte diesen. „Hei Scarlett was zur Hölle machst du da?! Wir hatten doch noch gar keinen Unterricht!“, schrie Aurelia mich an aber ich hörte es gar nicht. Ich war damit beschäftigt auf den Dämon mit dem Halbkreis zu zielen. Delia sah was ich vorhatte und kam auf mich zugeritten. Gerade als sie mir den Pfeil wegnehmen wollte schoss ich – und traf genau den Halbkreis. Der Dämon löste sich auf, sowie alle anderen auch. Zurück blieb der Halbkreis. Ungläubig meinte Delia: „Scarlett! Wie hast du das geschafft?“. „Ich… ich habe keine Ahnung. Ich hatte dieses komische Gefühl und habe einfach geschossen.“, antwortete ich, verwirrt über mich selbst. Dann kam der seltsame Typ auf uns zugeritten und zeigte Delia den Halbkreis. Von Nahe sah er aus wie die Hälfte eines Juwels. Delia flüsterte irgendetwas. Das einzige was ich verstand war ‘Sakimitama‘. „Sakimitama…“, flüsterte ich. „Scarlett, du hast die Hälfte deines Juwels gefunden!“, rief Delia. „Meines Juwels?“, fragte ich. „Ja, jeder der fünf Wächter hat sein eigenes Juwel. Wenn es vollständig ist erfährt man seine Wahre Kraft. Mein Juwel ist leider schon vor Jahrhunderten vernichtet worden, aber eure sind noch da. Wir müssen sie nur finden.“, meinte sie. Jetzt sagte der Typ: „Ja. Scarlett, dein Juwel heißt Sakimitama. Das ist Japanisch für Liebe. (Japanisch. Wusste ich es doch!) Das von Aurelia heißt Nigimitama, Japanisch für Freundschaft. Das von Eros heißt Aramitama und steht für Mut. Und meins,“, er nahm seinen Helm ab, „meins heißt Kushimitama und steht für Weisheit.“. „LUCAS?!“, riefen Eros, Aurelia und ich aus einem Mund. „Ja. Ich konnte es euch nicht sagen, da ich euch erst finden musste. Ich bin hier in dieser Zeit geboren und aufgewachsen und wurde in eure Zeit geschickt um die restlichen Auserwählten zu finden.“, meinte er dann. „Oh… mein… Gott…“, flüsterte ich. „Ok, ok genug von den Geheimnissen wir müssen zu Gismord´ und ihm erklären was passiert ist.“, sagte Delia, stieg auf ihr Pferd und drückte mir die Hälfte des Sakimitamas in die Hand. Dann ritten wir zurück, brachten die Pferde in den Stall und suchten Gismord´.

 

 

Als wir ihn gefunden hatten, erklärte Delia Gismord´ was passiert war. „Hm… das muss ich mit eigenen Augen sehen… . Scarlett, komm.“, meinte er und lief Richtung Trainingshalle. Dort angekommen stellte er eine Zielscheibe auf und sagte: „Schieß da drauf.“. „Ist gut.“, antwortete ich. Dann zog ich einen Pfeil aus dem Köcher und spannte den Bogen. Ich zielte und… Schuss! Der Pfeil landete genau in der Mitte. „Ach du meine Güte! Deine Pfeile sind magisch!“, rief Gismord´. „Und?“, fragte ich und er antwortete: „Nur eine Miko hat die Fähigkeit heilige Pfeile abzuschießen und Dinge zu läutern.“. „Und was ist eine Miko?“ „Eine Priesterin.“. „Aha.“. Dann kam Delia und sagte: „Hast du ihnen schon den Trank gegeben?“. „Nein, das wollte ich gerade machen. Ach ja, ich habe festgestellt dass Scarlett magische Pfeile hat und Dinge läutern kann. Außerdem ist mir aufgefallen, dass…“, antwortete er und ging dann in die andere Sprache über. Delia hatte ein total entsetztes Gesicht, was sich aber sofort wieder änderte als sie sich meinen Arm schnappte und mich in die große Essenshalle zog, wo die Anderen schon warteten. „Also… es gibt noch etwas das ihr Wissen solltet…“. „Was denn?“, fragte ich verwirrt. „Nun ja,… ihr seid Unsterbliche. Euer Gedächtnis wurde gelöscht und ihr wurdet in die Zukunft geschickt wo euch jemand adoptierte. Ich bin 1447 geboren, Lucas 1445, Eros 1473, Aurelia 1487 und Scarlett 1451.“, meinte sie Vorwurfsvoll. „WAS?!“, schrien wir alle aus einem Mund, außer Lucas, der das alles ja schon wusste. Ungläubig ließ ich meine Kinnlade runterklappen. Dann kam eine Magd aus der Küche und brachte uns Becher mit einem seltsamen grün-bläulichem Getränk. Delia fuhr fort: „Trinkt das. Das ist ein sogenanntes Tarakum, es hat einen seltenen Wirkstoff der dafür sorgt dass ihr euch an alles erinnert.“. Schluck. Ich hatte irgendwie ein seltsames Gefühl dabei. Ich hatte Angst, meine Vergangenheit zu erfahren, auch wenn ich immer noch nicht glaubte dass ich Unsterblich sein sollte. „Kommt, nehmt eure Becher und folgt mir. Wir setzen uns draußen an ein Lagerfeuer.“, meinte Delia, als sie unsere verwirrten und ungläubigen Gesichter sah. Zögernd schnappte sich jeder einen Becher und folgte Delia.

 

 

Draußen, auf einer großen gemütlichen Lichtung, die von Wald umgeben war, machten wir ein kleines Lagerfeuer. Mittlerweile war es schon ziemlich dunkel und das Feuer erhellte fast die ganze Lichtung. Aber ich war mir ziemlich sicher dass man das Feuer schon nach fünf Metern im dichten Wald nicht mehr sah. Wir setzten uns gemütlich in einem Kreis um das Feuer. „Also, trinkt bitte aus.“, sagte Delia. Zögernd probierte ich das seltsame Gemisch, welches nach Kirsche und einem Hauch Stinktier roch. Es schmeckte nach Kirsche (welch Überraschung) und Flieder. Als alle ausgetrunken hatten, sah ich das Lucas mich anschaute. Plötzlich musste ich wieder an den Kuss denken. Ich hatte nicht wirklich darüber nachgedacht aber jetzt wo es mir auffiel, war es schon seltsam… jedenfalls fingen dann alle an über irgendetwas zu reden, aber Lucas lies mich nicht aus den Augen. So langsam kam mir das Unheimlich vor…  Nach einer Weile sagte Delia: „Wir brauchen neues Feuerholz. Irgendwelche freiwillige?“. Ich meldete mich sofort, da mir das ganze Angestarre von Lucas langsam auf die Nerven ging. Aber, Mister Glotzkopf meldete sich Ebenfalls. Welche Überraschung. Also gingen wir ein paar Meter in den Wald und, wie ich gesagt hatte, schon nach fünf Metern war das Feuer fast gar nicht mehr zu sehen. Nur noch ein leichter Schimmer drang zu uns durch. Als ich ein bisschen gesammelt hatte flüstert Lucas: „Scarlett, wir müssen reden.“. Erstaunt sagte ich: „Wieso?“ und er antwortete: „Warum bist du hergekommen?“  „Ehm… weil du mich geholt hast?“ „Ja, ich weiß. Aber, mit dieser Haarfarbe kommst du mir so bekannt vor…“ Wovon sprach er? Andere Haarfarbe? Ach ja, seit ich Sagimitama hatte haben meine Haare wieder ihre originale Haarfarbe, nämlich Kupferfarben. Was mich immer noch Verwirrt. „Na und? Ist das was Schlechtes?“, fragte ich ihn. Da auch nach zwei Minuten keine Antwort mehr kam, machte ich mich wieder ans Werk und sammelte weiter fleißig Holz. Nach einer Weile stellte Lucas mir ein Bein und ich plumpste ungeschickt in ein Moos Feld. Das Holz verteilte sich und verwirrt sagte ich: „Lucas? Warum hast du das gemacht?“ In den nächsten fünfzehn Sekunden passierte alles ganz schnell. Ich wollte Aufstehen, aber Lucas packte sich meine Hände und presste mich ins Moos. Ich zappelte wie ein Aal aber er war einfach zu stark, was ja auch logisch war da er schon ca. 100 Jahre Training gehabt hatte. Noch bevor ich um Hilfe rufen konnte, presste er seinen Mund auf meinen. Ich hörte auf zu versuchen mich zu Befreien und Erwiderte den Kuss. Lucas löste sich von mir und sah mir in die Augen. „Warum bist du nur so schön?“, flüsterte er mir zu und küsste mich erneut. Sein Körper fühlte sich ungewöhnlich warm an. Er schaute mich wieder an und ich hatte plötzlich das seltsame Gefühl in von irgendwoher zu kennen. Nicht von Hamburg oder so. Sondern, keine Ahnung warum, aber etwas an der Art wie er mich ansah erinnerte mich an das Jahr 1467. Und dann fiel es mir ein.

 

 

Ich befand mich im Jahre 1467 in einer alten, schäbigen Hütte. Von draußen drangen Schreie und der Geruch von Pferden zu mir herein. Ich kroch in den kleinen Schrank der nach Motten und altem Holz roch. Durch den kleinen Spalt schaute ich in den dunklen Raum. Plötzlich wurde die Türe aufgerissen und ein riesiger Schatten stand darin. Er Brüllte und ging zu einem Topf, den er quer durch den Raum schleuderte. Dann trat er den kleinen Tisch um und riss den Teppich vom Boden. Er schleuderte den Stuhl gegen den Schrank, was mich Aufschreien lies, aber ich hoffte dass der Schrei durch den Lärm von draußen und durch das Aufschlagen des Stuhles übertönt würde. Angsterfüllt kauerte ich mich in der Ecke zusammen und hoffte, dass Der Mann mich nicht finden würde. Im nächsten Moment wurde die Schranktür eingetreten und ein starker Arm riss mich aus meinem Versteck. Oh Nein… bitte, bitte mach dass er weg geht, bitte ich habe solche Angst. Er schmiss mich mit Gebrüll auf das Strohbett und riss mir die Kleidung vom Leib. Ich wusste, dass ich keine Chance hatte, also blieb ich Regungslos liegen. Bitte, bitte lass es bald vorbei sein. Ich hoffte nur dass er mich am Leben lassen würde. Auf einmal kam ein anderer Mann herein und sagte etwas, worauf mein Angreifer antwortete. Der Mann ging wieder. Währenddessen hatte ich mich an die Wand gelehnt, summte irgendeine Melodie vor mich hin und schaukelte mich wie eine Irre. Mein Angreifer zog sich seine Hose runter, riss meine Beine auseinander und legte sich auf mich. Er hielt meine Arme fest damit ich mich nicht wehren konnte, was aber sowieso nicht möglich wäre weil er doch so viel stärker war wie ich. Tränen rollten über mein Gesicht, immer und immer wieder. „Schau mich an! Sieh mir gefälligst in die Augen!“, brüllte er mich an. Ich tat was er sagte, was blieb mir denn anderes übrig? Sein Gesicht war schmutzig und voller Blut. Die schwarzen Haare waren ebenfalls voller Blut. Der Schmerz war mir anscheinend in den Augen anzusehen, denn mein Angreifer fing an zu lächeln. Und in diesem Moment der Erinnerung, als er mich anschaute und so seltsam anlächelte, wurde ich Ohnmächtig.

 

 

„Scarlett? Scarlett!“ Jemand schüttelte mich. Als ich die Augen aufmachte sah ich einen verwirrten Lucas. Mir fiel der ‘Traum‘ wieder ein und eine Träne rollte über meine Wange. „Scarlett?! Warum weinst du?“, fragte Lucas mich und hielt mich an den Schultern fest. Ich schaute ihn an – und erkannte ihn. Diesen eisernen Blick. Hysterisch schlug ich seine Hände von meinen Schultern und rannte um mein Leben. Rannte über die Lichtung, auf der Delia, Aurelia und Eros mich seltsam anschauten. Rannte durch den Wald, in der Hoffnung jemals den Tempel wiederzufinden. Ich hatte recht gehabt. Es war schlecht, dass ich mich erinnerte. Der Mann, der mich vor fast 100 Jahren grausam und brutal vergewaltigt hatte, war Lucas gewesen.

Kapitel 5 - Vergangenheit und Zukunft

„Namib tzroo kologne Scarlett, Keshma.“, sagte er. „Scarlett? Ques eltro mex?“ „Öll Regomastantik dui Seraphina.” Der Mann sprang auf und schaute seinen Diener ungläubig an. “Kanna kontró!“, brüllte er dann und der Diner eilte hinfort. „Nutres kolamm Sagimitama. Quent fert Mogadam.“, flüsterte er.

 

 

Ich wachte auf. Ich hatte keine Ahnung was diese Sprache war, aber dennoch konnte ich sie verstehen. ‘Wir haben Scarlett gefunden, Keshma.‘ ‘Scarlett? Wen meinst du?‘ ‘Die Reinkarnation von Seraphina.‘ ‘Holt Kanna!‘ ‘Ich brauche Sagimitama. Und das Mädchen.‘. Das war so ungefähr das, was sie gesagt hatten. Dem Stand der Sonne nach zu urteilen, war es halb Neun. Ich konnte also Aufstehen. Nachdem ich gestern hysterisch vor Lucas geflohen war und in den Tempel gekommen war, bin ich sofort in mein Zimmer gerannt und habe losgeheult. Ich bin mein ganzes Leben durchgegangen und habe dabei festgestellt, dass nicht alles so Wundervoll verlaufen ist. Außerdem habe ich jetzt eine Todesangst vor Lucas, und der Traum ist ebenfalls Unheimlich gewesen. Was wollte dieser Keshma von mir? Wer war er? Und wer ist Seraphina? Ich würde Delia später nach ihr fragen, beschloss ich und machte mich auf den Weg Richtung Speisezimmer. Alle waren schon dort, mit Ausnahme von Lucas. Ich setzte mich zu ihnen. Keiner sagte ein Wort, was mich sehr überraschte. So wie ich Aurelia kannte, hätte sie schon längst einen Wasserfall aus Worten und Fragen auf mich losgelassen. Nach einer Weile durchbrach ich die Stille und fragte Delia: „Wer ist Seraphina?“. Sie wollte gerade von ihrem Brot abbeißen, aber nahm es bei meiner Frage wieder heraus. Verdutzt starrte sie mich an und fragte: „Woher kennst du diesen Namen?“ „Aus einem Traum.“, antwortete ich und erzählte ihr von meinem Traum. Gerade als sie etwas sagen wollte, kam Lucas herein. Ich merkte es erst als Eros sagte: „Jo, Lucas!“ Als ich seinen Namen hörte war ich sofort Aufgesprungen. „Scarlett, was ist denn los?“, fragte Aurelia mich, aber ich starrte Lucas an. Als er zurückstarrte schrie ich: „Wieso?“ und rannte an ihm vorbei in den Hof. Ich musste wieder an das Jahr 1467 denken und fing wieder an zu Weinen. „Los, folg ihr.“, meinte Delia zu Lucas. Er nickte verwirrt und rannte, wenn auch etwas zögerlich, hinter mir her.

 

 

Ich war inzwischen im Stall angekommen und hatte mich ganz Hinten ins Heu gesetzt. Leise schluchzte ich vor mich hin. Ich hörte Schritte von draußen und dann stand jemand im Eingang. Als er näher kam erkannte ich, dass es Lucas war. Oh Nein, bitte tu mir nichts! Dachte ich verzweifelt. „Hei, was ist denn los?“, fragte er mich. Als ich ihm nicht antwortete, setzte er sich zu mir und legte seinen Arm auf meine Schulter. Sofort schlug ich ihn weg und zischte: „Fass mich nicht an! Du hast mir doch schließlich schon genug angetan!“ „Was, … was meinst du?“, fragte er Verwirrt. „Wirst du doch wohl wissen… „ murmelte ich. Ich fing wieder an zu weinen, wenn auch nur  ein bisschen. Lucas hatte mir zwar etwas Schlimmes angetan, aber ich fühlte mich bei ihm dennoch wohl. Anscheinend erinnerte sich Lucas daran, dass wir den Trank getrunken hatten der unser Gedächtnis wieder ‘auffrischt‘, denn sein Gesicht wurde Kreidebleich und er flüsterte: „Oh nein, … du warst doch nicht etwa dieses Mädchen aus Nord-Italien?“ „Welches Mädchen?“ „Das Mädchen in dem Jahr als wir in ein kleines Dorf eingefallen sind.“ „1467?“ Er musste schlucken. „Ja.“, hauchte er. Seine Stimme zitterte als er das sagte und er schaute mir tief in die Augen. Eisiges Erkennen breitete sich in seinem Gesicht aus und seine Augen wurden groß. Ich Weinte noch stärker als davor. „Oh nein, oh nein, bitte sag mir dass das nicht wahr ist! Das darf nicht sein, bitte nicht, nein, nicht du! Nicht dieses wundervolle, hübsche, starke, tapfere und selbstbewusstes Mädchen! Nicht die, in die ich mich bei unserem ersten Treffen verliebt habe! Bitte, bitte nicht DU!“ Sein vorletzter Satz traf mich wie ein Schlag, aber ich war dennoch entsetzt darüber, wie liebevoll und verständnisvoll er jetzt war und wie grausam und brutal er damals war.  Mit zitternder Stimme fuhr er fort: „Oh Gott nein… Scarlett?“ „Ja?“, hauchte ich mit Tränen in den Augen. „Wie… wie alt warst du damals?“ „Wann?“ „Als… als ‘es‘ passierte.“ Seine Stimme war kaum mehr ein flüstern und er schaute mich mit traurigen Augen an, die gleichzeitig mit Entsetzen gefüllt waren. Nach kurzem Überlegen flüsterte ich: „Ich war… 16.“ Seine Augen weiteten sich noch mehr und ich glaubte eine Träne in ihnen aufschimmern zu sehen. „Nein… du warst noch so… so jung… und ich…“ Jetzt rollte auch ihm eine Träne über die Wange, „ich habe dich Vergewaltigt…“ Wir starrten uns gegenseitig an, meine Augen voller Trauer und Schmerz und seine voller Entsetzen, Wut und Trauer. Ich war mir bisher nicht sicher gewesen, ob der Mann damals wirklich Lucas gewesen war. Aber da er es sogar zugab, musste es ja stimmen. „Wieso?“, fragte ich ihn wieder. „Es war,… mein Vater. Er war der Hauptmann des Kriegerstammes aus Dänemark und ich sollte in seine Fußstapfen treten. Anfangs, ungefähr um 1465, war ich noch einverstanden. Nein, es machte mir sogar spaß, andere auszurauben. Aber als mein Vater 1477 starb, floh ich nach Spanien und gab mein Leben als Krieger auf. Aber glaub mir, ich konnte einfach nicht vergessen was ich alles getan hatte, wie viel ich gestohlen hatte und wie viele Menschen wegen mir gestorben waren, oder von meinen Leuten umgebracht oder vergewaltigt wurden. Und als ich dich zum ersten Mal sah, da kamen mir zwar deine Augen bekannt vor und dein Gesicht, aber da du deine Haare gefärbt hattest warst du doch nicht dieselbe. Und als du dann hier deine normale Haarfarbe bekommen hast, was übrigens jedem passiert, wusste ich wer du warst aber ich habe es verdrängt.“ Ich musste schlucken. Die ganze Geschichte, die Dämonen und Kriege, einfach alles, ich konnte es nicht verkraften. Mit zitternder Stimme fragte ich ihn: „Sag,… wie viele Leute, hast du vergewaltigt?“ „Meine Truppen 56 und ich,… nun ja, mit dir waren es… 9. Also insgesamt 65.“ Ich nickte, immer noch weinend, und auch Lucas rollte gelegentlich eine Träne über das Gesicht. „Oh Gott Scarlett, es tut mir so leid! Kannst du mir je verzeihen?“ Ich wendete meinen Blick von ihm ab und ging das Jahr 1467 nochmal durch. Eine Träne tropfte auf meinen Oberschenkel und ich wollte ihm gerade antworten, aber er zog mich zu sich und umarmte mich. Im ersten Moment dachte ich, er würde mir wieder etwas antun (rein Reflexartig), aber er machte nichts. Er umarmte mich einfach nur, drückte mich fest an sich und krallte seine Finger in meinen Rücken. „Nicht Weinen.“, flüsterte er mir ins Ohr. „Aber du Weinst doch selbst.“ Nach langem Schweigen sagte ich: „Lucas?“ „Ja?“ „War das vorhin wirklich wahr?“ „Was?“ „Du hast gesagt, dass… dass…, dass du dich in mich verliebt hast.“ Er löste sich von mir und schaute mir in die Augen. „Ja.“, hauchte er. Dieses Mal war ich es, die ihn in den Arm nahm. „Oh Lucas…“ „Ich muss dir noch etwas sagen.“ Überzeugt davon, dass es nicht noch schlimmer werden konnte, sagte ich: „Was denn?“ Er musste schlucken und sagte mit zitternder Stimme: „1468 haben meine Truppen euch noch einmal überfallen. Sie entführten alle Frauen, auch dich, und brachten sie zu mir. Ich machte drei von ihnen zu meinen Sklavinnen, den Rest konnte sich meine Truppe teilen. Unter meinen Sklavinnen warst auch du,… ich habe euch drei Jahre lang festgehalten, und Minka und Soronto auch vergewaltigt.“ Okay, ich hatte mich geirrt. Es konnte VIEL schlimmer werden. „Und… und mich?“ „Dich habe ich danach verschont, aber hin und wieder haben sich meine Männer zu dir geschlichen und dich bedroht. Eines Tages, als ich auf Patrouille war, sind schließlich Acht zu dir gekommen und haben ihre Drohungen in die Tat umgesetzt.“ „Und… was waren das für Drohungen?“ „Damals besaßen sie Sagimitama und sie nutzten die Macht des Hosenkis um dir eine saphirblaue Narbe in Form eines Drachen auf den Rücken zu brennen. Außerdem haben drei von ihnen dich auch Vergewaltigt, angezogen von deiner Schönheit. Als der Vierte seine schändliche Vorstellung in die Tat umsetzen wollte, habe ich ihm den Kopf abgehackt. Die anderen kamen lebenslang ins Gefängnis.“ An die Narbe hatte ich gar nicht mehr gedacht… Die Tränen kamen wieder als ich das erfuhr und ich griff reflexartig an den oberen Teil meines Rückens, wo der Drache war. „Was heißt Hosenki?“, war das Einzige was mir gerade einfiel. „Juwel. Man kann auch Tama sagen, aber das wäre umgangssprachlich.“ „Oh, okay.“, schluchzte ich und Weinte noch mehr. „Oh Scarlett, nicht weinen!“

 

 

In der Zwischenzeit saß schon die ganze Zeit ein Mädchen auf dem Dach und hatte uns belauscht. „Scarlett heißt sie also… ob es die ist, die mein Vater meint?“, flüsterte sie und streute ein seltsames Pulver auf uns. Dann löste sie sich auf.

 

 

Ich musste niesen und Lucas und ich bekamen einen Lachanfall, trotz der traurigen Stimmung. Als er vorbei war, schaute ich Lucas in die Augen und sagte: „Ich habe mich auch in dich verliebt. Aber ich weiß nicht, ob unsere Liebe bestehen kann. Das ganze macht mir immer noch zu schaffen.“ Anstatt einer Antwort, die ich von ihm erwartete, stand Lucas auf und drehte sich von mir weg. „L… Lucas…?“, fragte ich verwirrt und stand ebenfalls auf. Ich drehte ihn zu mir und schaute ihn an. „Was ist denn?“, fragte ich. Er sagte: „Nichts. Ich bin nur so verzweifelt…“ Er schlang seine Hände um meine Hüfte und drückte mich an sich. Meine Hände lagen auf seiner Brust. Ich muss mich entscheiden… Ich löste mich aus seiner Umarmung und küsste ihn. Als der Kuss vorbei war sagte er: „Aber,… Scarlett, ich dachte…“ Dann presste er mich an die Wand und küsste mich erneut. Mit der einen Hand hielt er mein Kinn hoch und mit der anderen stützte er sich an der Wand ab. Meine Hände waren um seinen Hals geschlungen. Es wunderte mich immer noch wie gut unsere Körper zusammen passten, und wie warm sich sein Körper anfühlte. Der Kuss war lang und intensiv, aber es gefiel mir, trotz dem schrecklichen Ereignis im Jahre 1467. Als der Kuss nach einer gefühlten Ewigkeit vorbei war (leider!), lächelten wir uns an. Lucas hielt mein Kinn immer noch fest, und ich starrte weiterhin in seine wundervollen, blauen Augen. „Du bist der schönste Mensch auf Erden…“, flüsterte er mir zu und küsste mich erneut.

 

 

„Vater. Ich habe Neuigkeiten.“, sagte sie. „Welche?“ „Ich habe Scarlett gefunden.“ Er sprang auf und sagte: „Welche Scarlett?“ „Ich weiß nicht, ob es die ist, die du suchst, aber ich habe das Guicrod auf sie gestreut. Ich werde sie weiterhin beobachten, und sobald sich ihr Mal ausdehnt, werde ich dich sofort benachrichtigen.“ „Gut, tu das. Ich hoffe für dich, dass es die ist die wir suchen. Denn wenn nicht, weißt du ja was dir passiert, Skylar.“

 

 

Ich stand immer noch an die Wand gelehnt und küsste Lucas, als mich plötzlich ein stechender Schmerz überfiel. „Aaaahhhhh!“, schrie ich und sackte an der Wand zusammen. „Scarlett?!“, schrie Lucas aber ich hörte nichts mehr. Ich lag auf dem Boden und sah alles nur noch verschwommen, und das letzte was ich sah, war Lucas, der sich besorgt über mich beugte. Irgendwann sah ich dann gar nichts mehr und wurde Ohnmächtig. Besorgt trug Lucas mich zu den anderen und erklärte Delia was passiert war. „Ah, nun, in dem Fall würde ich sie zu Gismord´ bringen. Er soll das untersuchen.“, meinte sie. Bei Gismord´ angekommen legte Lucas mich sanft auf ein kleines Bett. Delia und die anderen waren mitgekommen. Gismord´ legte seine Hand auf mein Mal, und erschrak. Er sagte etwas zu Delia, und auch sie verzog ihr Gesicht. Gismord´ schob mein Oberteil nach oben, sodass mein Rücken frei war. Alle Fünf starrten verdutzt auf meinen Drachen, bei dem der Ansatz von  einer verschnörkelten und verzweigten Linie aus Flammen zu sehen war. Eine Blumenranke schlängelte sich um die Flammen. Die Spur aus Feuer war etwa 8 cm lang. „Das kann nicht sein. Ihr Mal sollte erst anfangen sich weiter zu Bilden wenn sie die Prüfung bestanden hat.“, sagte Gismord´ verwundert. „Welche Prüfung?“, fragte Aurelia. „Die Prüfung, bei der ihr beweist, ob ihr würdig seid eure Juwelen einzusetzen und ob ihr stark genug seid um in unserer Welt zu überleben.“, antwortete Gismord´. „Und was ist wenn wir nicht bestehen?“, sagte Aurelia ängstlich. Gismord´ zog mein Oberteil wieder herunter, drehte mich auf den Rücken und antwortete: „Wenn euer Körper die Wandlung nicht übersteht, werdet ihr sterben.“ Die Kinnladen von Aurelia und Eros klappten herunter. Langsam wachte ich auf und hatte einen stechenden Schmerz in meinem Rücken. Als ich meine Augen öffnete, sah ich komischerweise nicht Lucas und die anderen. Ich befand mich in einem seltsamen Raum. Als ich mich bewegen wollte, merkte ich dass ich gefesselt auf einer Liege lag. Ich öffnete den Mund, um zu schreien, aber es kam kein Laut aus meiner Kehle. Plötzlich stand ein seltsam gekleideter Mann vor mir. Sein Mund bewegte sich, aber ich konnte nichts hören. Dann kam ein Mädchen zu mir. Sie hatte ein Messer in der Hand und sagte irgendwas zu dem Mann. Dieser nickte, und sie umschlang das Messer mit der Faust. Sie beugte sich über mich und das letzte was ich spürte war, wie das Messer meine Kehle durchschnitt.

Kapitel 6 - der doppelte Lucas

Ich lag in meinem Bett, und als ich aufwachte sah ich, dass Lucas an der Bettkante saß. „Lucas…“, flüsterte ich. Meine Stimme hörte sich kratzig an. Lucas fuhr zu mir herum und bekam große Augen. „Scarlett!“, schrie er und nahm mich in den Arm. Ich sah dass er weinte. „Lucas… was, was ist denn passiert?“, fragte ich ihn verwirrt. Er drückte mich noch fester an sich und flüsterte: „Du warst drei Tage bewusstlos… und vor zwei Stunden hast du aufgehört zu Atmen…“ Ich war geschockt. „Aber, warum habe ich dann wieder angefangen zu atmen?“ „Ich weiß es nicht, aber ich bin froh dass du mich nicht verlassen hast… ich könnte mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen…“ Eine Freudenträne lief mir über die Wange und ich sagte: „Oh Lucas, du bist so süß!“ Er musste grinsen und stand auf. „Komm“, sagte er, „wir müssen es Gismord´ und den anderen sagen, sie machen sich schon riesige Sorgen.“ Ich nickte und stand auf, fiel aber sofort wieder aufs Bett. „Na komm, ich stütz dich.“, sagte Lucas und legte seinen Arm um mich. Ich versuchte wieder aufzustehen, und es klappte, auch wenn ich noch etwas wackelig auf den Beinen war. Gemeinsam gingen wir langsam in die große Halle, die, wie ich herausgefunden hatte, ein Aufenthaltsraum war. Als Aurelia mich sah, sprang sie sofort auf und rannte auf mich zu. „SCARLETT!!!“, schrie sie und umarmte mich so heftig, dass ich fast umkippte. „Aurelia, ganz ruhig!“, lachte ich. Inzwischen war auch Eros aufgestanden und zu mir gekommen. „Wie kann das sein? Du hattest doch aufgehört zu Atmen?“, meinte Aurelia und löste sich von mir. „Ich… ich weiß es nicht.“, antwortete ich verwirrt. Ich schaute zu Gismord´ und fragte ihn: „Weißt du etwas darüber?“ Nach langem Überlegen sagte er: „Nun, es könnte an Sagimitama liegen, das wäre aber sehr unwahrscheinlich, da es das Juwel der Liebe ist. Wenn du Delias Juwel, das Beschützerjuwel, gehabt hättest, könnte es sein. Da dem nicht so ist, schätze ich dass es dein Mal war. Selbst wenn Sagimitama zu so etwas fähig wäre, es ist noch nicht vollständig und daher hat es auch noch nicht seine vollen Kräfte. Dein Mal muss dich vor dem Gift beschützt haben.“ „Welches Gift?!“, rief ich entsetzt. „Das Guicrod. Wir wissen nicht woher es kam, aber es muss auf dich gestreut worden sein als du und Lucas weg wart.“, antwortete Delia. „Was ist ein Gui… gui dingsda?“, fragte Eros. „Guicrod. Das ist ein spezielles Gift, welches dich Umbringen kann. Wenn man aber schon ein paar Jahre Ausbildung hat ist das Gift zu schwach. Außerdem bist du dann mit einem Sender ausgestattet. Derjenige, der das Gift auf dich gestreut hat, weiß ab sofort immer wo du bist.“, sagte Gismord´ wieder. „Aber wer könnte es auf mich abgesehen haben? Ich bin doch nicht mal was Besonderes!“, meinte ich. „Das wissen wir nicht. Außerdem bist du was Besonderes!“, sagte Lucas und legte seine Hände auf meine Schultern. „Ach ja, und was bitteschön?“, fragte ich. „Erstens, weil dein Mal normalerweise für deine Ausbildungsstufe viel zu stark und zu weit Ausgebildet ist, zweitens, weil du heilige Pfeile hast, drittens, weil du die Juwelen sehen kannst und somit bereits am ersten Tag deiner Ankunft die Hälfte des Sagimitamas gefunden hast, viertens, weil du die Reinkarnation von Seraphina bist.“, meinte Gismord´ vorwurfsvoll. „Und fünftens, weil du einfach du bist.“, flüsterte Lucas mir ins Ohr. Ich hatte gar nicht mehr an Seraphina gedacht… wer war sie? „Oh…“, hauchte ich. Plötzlich schoss der ganze Traum, oder Vision, wieder in meine Gedanken und ich kippte um. Lucas konnte mich gerade noch rechtzeitig auffangen. Könnte es sein? Hatte der Mann in dem Traum oder das Mädchen dieses Gift auf mich gestreut? Aber wer waren sie? Und was wollten sie von mir?

 

 

Ich war anscheinend nur kurz Ohnmächtig gewesen, denn als ich aufwachte lag ich immer noch halb auf dem Boden des Aufenthaltsraumes, halb in den Armen von Lucas. „Huch…“, war das Einzige was mir gerade einfiel. Als ich das sagte fingen wir alle an zu lachen. Ich stand wieder auf und fragte: „Also… was ist unser nächstes Ziel?“ „Das wissen wir noch nicht so genau, aber wir werden auf jeden Fall mit eurer Ausbildung beginnen. Außerdem müssen wir eure Juwelen finden.“, antwortete Gismord´. „Habt ihr in den letzten Tagen nicht angefangen?“, fragte ich verwundert. „Nein, wir waren zu besorgt.“, meinte Eros. „Oh…“, flüsterte ich. Hatten sie sich so große Sorgen gemacht? „Also, Scarlett, ich möchte dich bitten dich in den nächsten Tagen darauf zu konzentrieren, ob in der Nähe irgendein Teil eines Juwels ist. Wenn du etwas spürst, sag uns sofort Bescheid.“, meinte Gismord´ und Delia sagte: „Kommt. Wir beginnen mit dem Training.“ Wir nickten und folgten Delia.

 

 

Als wir die Trainingshalle betraten, waren wir total erstaunt. Sie ist komplett umgebaut worden. Anstatt einem normalen Boden ist eine ca. 2 Meter tiefe Vertiefung in dem Boden. Dort waren verschiedene Holz- und Stahlfiguren aufgebaut, die sich auf Schienen bewegten. Dazwischen waren Dämonen, die sich wie Schlangen durch die Armee aus Holz- und Stahlköpfen bewegten. An der Decke hingen ebenfalls Dämonen-Attrappen, die man herunter lassen konnte. Delia drückte auf einen Knopf, und alles fing an sich zu bewegen. Die Menschen fuhren auf ihren Schienen vor und zurück, die Dämonen schlängelten sich durch sie hindurch und auch die Dämonen an der Decke wurden ab und zu plötzlich heruntergelassen und knallten in einen Haufen Holzköpfe. „Lucas, du kannst mit deinem Trainingsplan fortfahren. Eros, hier beginnt dein Training. Folge mir.“, sagte Gismord´. „Und ihr kommt mit mir mit.“, meinte Delia. Wir gingen am Rand der Vertiefung entlang, auf die andere Seite zu einer Tür. Durch sie gelangten wir nach draußen. Dort war ein riesiges Feld voller Holz- und Stahlmenschen und zwischen ihnen waren rund 25 Zielscheiben in verschiedener Entfernung. „Scarlett, du weißt ja was du tun musst. Fang an!“, meinte Delia. Ich nickte, unsicher ob ich schon stark genug war um zu Trainieren. Ich entfernte mich langsam von Delia und Aurelia, und sah wie Delia ihr etwas erklärte. Ich stellte mich an eine weiße Linie und beschloss, erst mal mit der Zielscheibe anzufangen, welche mir am nächsten war. An der Seite waren Meteranzeigen und ich sah, dass die kürzeste zehn Meter von mir entfernt war und die längste 146 Meter. Zehn Meter sind doch nicht weit, dachte ich und daher spannte ich den Bogen nur leicht. Ich Zielte und schoss – genau in die Mitte. Das ging die nächsten 9 Zielscheiben so weiter: spannen, zielen, schießen, Mitte treffen, spannen, zielen, schießen, treffen,… Die elfte Scheibe war dann schon etwas schwieriger. Sie war 64 Meter von mir entfernt. Ich zielte, und in dem Moment wo ich den Pfeil abschoss erschreckte jemand mich und der Pfeil flog über die Zielscheibe hinweg und dahinter ins Gras. „Oh Gott, erschreck mich doch nicht so!“, rief ich und drehte mich um. Hinter mir stand Lucas und grinste mich an. „Sorry.“, meinte er. Irgendetwas an ihm kam mir komisch vor. Plötzlich kam noch ein Lucas durch die Tür zu uns. „Was zum?!“, rief ich.

 

 

Plötzlich stand mir ein Wort vor Augen. ‘Tzrokib‘.

 

 

Inzwischen waren Delia und Aurelia zu mir gekommen und Delia rief: „Das ist ein Trick! Wir müssen herausfinden wer der echte ist!“ „Ach ja und wie?“, fragte ich sie. Dann hatte ich eine Idee. Sie war zwar ziemlich bescheuert, und ich ging dabei das Risiko ein den echten Lucas umzubringen. Aber das ist meine einzige Chance! Ich nahm einen Pfeil und spannte den Bogen. Lucas zwei wich zurück und stand jetzt neben Lucas eins, etwa 8 Meter von mir entfernt. Ich zielte auf die Beiden und sagte: „Es gibt nur eine Möglichkeit!“ „Scarlett bist du verrückt? Mach das bloß nicht!“, schrie Aurelia. „Ich habe keine Wahl!“, antwortete ich ihr. „Also…“, sagte ich und schoss den Pfeil ab. Kurz bevor ich das tat flüsterte ich noch „Tzrokib!“, was so viel wie ‘Kehre um!‘ bedeutet. Der Pfeil würde sich im Flug umdrehen und zu mir zurückkehren, was er auch tat. Ich glaubte in den Augen von Lucas zwei Hass aufschimmern zu sehen, aber Lucas eins rannte sofort zu mir und kurz bevor der Pfeil mich erreichte hatte er mich umgeschmissen und lag auf mir. Der Pfeil flog noch etwas weiter und landete dann im Gras.  „Das ist der echte.“, meinte Aurelia. „Aurelia, das ist dein Einsatz! Zeig was du kannst!“, schrie Delia. Sie nickte und während sie ihren Bumerang loswarf schrie sie: „Hiraikotsu!!!“ Was auch immer das bedeutete. Der Bumerang flog auf den falschen Lucas zu und zerschnitt ihn in der Mitte. Er löste sich auf und der Bumerang flog zurück zu Aurelia. Sie streckte die Hand aus und fing ihn an einem Band auf. Währenddessen waren Lucas und ich wieder aufgestanden. „Warum hast du das getan? Du hättest sterben können!“, meinte Lucas vorwurfsvoll. Ich zuckte mit den Schultern und antwortete: „Es war die einzige Möglichkeit.“ „Es gäbe viele Möglichkeiten.“, sagte Delia. „Ist doch auch egal.“, murmelte ich. Ich ging an ihr vorbei in Richtung Eingang zur Trainingshalle. Es würde bald Essen geben also ging ich zum Aufenthaltsraum und, siehe da, das Essen stand bereits auf dem Tisch. Die Anderen waren mir gefolgt und setzten sich zu mir. Es gab etwas, das Aussah wie Pizza. Es schmeckte allerdings wie Lasagne. Beim Essen sagte niemand ein Wort.

 

 

Zwei Tage später, ebenfalls nach dem Essen, gingen alle weg, da in unserem Trainingsplan stand dass wir Mittagspause hatten. Gismord´ und Delia gingen zu Solomia und danach in die Bibliothek. Eros und Aurelia waren im Zimmer von Eros, wahrscheinlich um sich mal wieder zu unterhalten oder zu Knutschen. Kommt ganz darauf an. Lucas hatte Pferdedienst, das heißt er ging in den Stall um die Pferde zu Striegeln und die Ställe zu misten. Das war sehr viel Arbeit, da es 18 Pferde gab. Ich begab mich auf die große Wiese, auf der wir am Vormittag geübt hatten. Die Wiese war etwa drei Fußballfelder groß und auf der einen Seite war Wald. Auf der anderen Seite war eine große Blumenwiese. Ich ging auf die Wiese und schnupperte an den Blumen. Sie rochen gut, die meisten nach Honig oder nach Rosen. Plötzlich hörte ich ein Wiehern und drehte mich um. Lucas kam auf einem Pferd auf mich zugeritten. Er stieg ab und ließ das Pferd frei herumlaufen. „Hei.“, sagte er und grinste mich – mal wieder – an. „Hei.“, antwortete ich ihm. Wir setzten uns in ein Lilienfeld und Lucas holte eine schwarze Rose hinter seinem Rücken hervor. Er gab sie mir und ich flüsterte: „Wow, wie schön.“

 

 

„Nutres tzroo uowic!“ „Gaa. Zrotmna ek nurets.“ „Da.“

 

 

„Hüüüüüühüüühüüh!“ Das Pferd wieherte und wurde unruhig. „Was ist denn?“, fragte Lucas und ging zu ihm, aber es rannte weg. „Nanu?“, fragte er. Inzwischen hatte ich etwas gespürt. Ich wusste nicht was auf uns zukam, aber es war da. Dann sah ich es. „Lucas…“, flüsterte ich und da er nicht reagierte schrie ich: „Lucas!!!“ Er drehte sich um und starrte mit mir in den Wald. Von dort hörte man ein donnern, als ob tausende Tyrannosaurus-Rexe auf uns zu rannten. Kurz darauf kamen ca. 50 Leute auf uns zugeritten, aber sie ritten nicht auf Pferden. Sie ritten auf Dämonen, die aussahen wie Löwen mit einer blauen Mähne. Sie kamen zum Stehen, aber fünf von ihnen traten noch näher an uns heran. Unter ihnen waren der Mann und das Mädchen aus meinem Traum, sowie der Mann der uns bei unserer Ankunft entführt hatte.

 

 

„Scarlett, Scarlett, Scarlett. Was soll ich nur mit dir machen?“, sagte der Mann. „Wer seid ihr und was wollt ihr?“, fragte ich. „Wir wollen die Juwelen. Und vier haben wir schon.“, antwortete er und zeigte uns vier glänzende Juwelen. Der eine schimmerte violett, der andere pink, der dritte grün und der vierte orange. Daneben lagen ein paar Splitter eines saphirblau schimmernden Juwels. So wie die Farbe von Sagimitama. „Ihr wollt doch das hier oder?“, rief ich und zog Sagimitama aus meiner Tasche. „Nicht nur das. Wir wollen dich!“, rief der Mann der uns entführt hatte. Delia und die Anderen hatten das Geschrei wohl gehört, denn sie kamen aus der Trainingshalle gestürmt. „Oh, Aurelia ist auch da! Wie schön, dich nehmen wir doch auch gleich mit.“, rief der Mann wieder. „Keshma! Was willst du!“, schrie Delia. „Wir wollen die Mädchen.“, antwortete Keshma. „Und warum?“, fragten Eros und Lucas aus einem Mund. „Das sagen wir nicht!“, rief das Mädchen. „Skylar, halt dich da raus!“, rief eine Frau und Skylar antwortete: „Kanna, ich bin alt genug! Ich bin nicht für immer dein kleines Mädchen!“ „Ich möchte eure kleine Familienzusammenkunft ungern unterbrechen, aber wir lassen es nicht zu dass ihr Aurelia und Scarlett mitnehmt!“, rief Lucas. „Ach ja? Und wie wollt ihr das verhindern?“, spottete ein anderes Mädchen. Sie sah etwas älter aus als Skylar. „Man, bei Maiua sagst du nichts, dabei ist sie nur zwei Jahre älter als ich!“, motzte Skylar. „Skylar! Sei endlich still!“, rief Keshma. Sie murmelte noch etwas und war dann still. „Wofür braucht ihr die Mädchen?!“, schrie Lucas und Delia fügte hinzu: „Ihr wollt doch nicht etwa…?“ Keshma fing an zu grinsen und sagte: „Wir wollen doch nicht etwa was?“ „Seraphina…“, flüsterte Delia, „ihr braucht Scarlett um die Juwelen und Amulette zu finden, richtig?“ „Nicht nur das. Wir brauchen sie auch weil sie die Reinkarnation von Seraphina ist! Und Aurelia brauchen wir…“, sagte Kanna aber Scaltabor fiel ihr ins Wort: „…weil sie meine Frau wird!“ Aurelia wurde bleich und wich zurück. Eros stellte sich schützend vor sie und rief: „Nur über meine Leiche, Scaltabor!“ „Und was willst du dagegen tun? Du hattest doch, wenn überhaupt, gerade mal drei Tage Training!“ Eros antwortete nicht, sondern starrte nur vor sich her. „Die einzigen, die eine Chance gegen uns hätten, sind Delia und Lucas. Die Anderen sind nutzlos!“, schrie ein Soldat und stürmte auf uns zu, aber er prallte ca. fünf Meter vor uns ab. „Du Narr! Wir können die Blockade nicht durchbrechen!“, schrie Keshma. „Mein Herr, es tut mir leid. Bitte verschonet mich!“, winselte der Soldat. „Kanna, mach du das. Ich habe keine Zeit um mich um so einen kümmerlichen Haufen wie dich zu kümmern!“, meinte Keshma. Kanna streckte die Hand aus, schloss die Augen und sang etwas. Dann drehte sie ihre Hand und der Soldat windete sich vor Schmerz. Kanna schloss ihre Hand und der Soldat sackte zusammen und hörte auf zu Atmen. Eros´ Augen weiteten sich und er schrie: „Was habt ihr mit ihm gemacht!“ „Ich habe ihm das Rückgrat gebrochen.“, lachte Kanna. „Und wenn ihr nicht in dieser dämlichen Blockade stehen würdet, wäre es euch drei schon längst so ergangen und die Mädchen wären bei uns!“, schrie Skylar. Blockade? Was meint sie? „Skylar, ich habe gesagt, sei endlich still!“, zischte Kanna. „Kanna, sie hat recht. Für heute habt ihr gewonnen, aber seid auf der Hut! Wir kriegen dich schon noch, Scarlett!“, schrie Keshma und sein Löwen-Dämon fing an zu fliegen. Ich wusste nicht wie, aber seine Füße hatten angefangen zu brennen und so lief er praktisch auf Feuer. Warum man damit fliegen kann, wusste ich nicht. Die Soldaten und seine Familie folgten ihm, und schon bald waren sie nur noch als kleiner Punkt am Horizont zu erkennen. „Welche Blockade?“, fragten Aurelia und ich aus einem Mund und dann mussten wir lachen. „Um das Haus ist eine Blockade und niemand kann sie betreten, außer die fünf Wächter und Gismord´ und Solomia.“, sagte Delia. „Ah.“, machten Eros, Aurelia und ich gleichzeitig, und mussten wieder lachen. „Wir müssen in Zukunft besser aufpassen. Ihr dürft Keshma auf keinen Fall in die Hände geraten.“, meinte Delia und lief in die Trainingshalle. Aurelia und ich folgten ihr und ich hörte noch wie Lucas zu Eros sagte: „Wir müssen sie auf jeden Fall beschützen. Ich will Scarlett nicht verlieren, nicht noch einmal.“

 

 

Die nächsten Tage verlief unser Trainingsplan so: aufstehen, essen, Training, essen, Training, essen, Training, schlafen gehen, aufstehen, essen, Training, usw.… Die Begegnung mit Keshma (was übrigens Dunkelheit bedeutet) und seiner Familie ging mir nicht aus dem Kopf. Kanna bedeutet das Nichts, Scaltabor bedeutet Schatten, Skylar bedeutet Himmel (wenn man das Wort SKY in SKYlar beachtete, war das eigentlich schon klar) und Maiua bedeutet Meer oder Wasser. Außerdem hatte Delia uns erklärt, dass es in ihrer Familie noch einen Sohn gäbe, nämlich Oscutna. Das bedeutet so viel wie das Grauen. Daraufhin hatte Aurelia gemeint „Das Grauen graut mich.“ und wir hatten alle angefangen zu lachen. Heute war – glaubte ich – Sonntag, der einzige Tag an dem wir frei hatten. Delia hatte Pferde-Dienst, also beschlossen Aurelia, Eros, Lucas und ich einen kleinen Ausflug zu machen. Lucas sollte uns etwas die Gegend zeigen, denn die einzigen Plätze an denen wir bereits waren, waren das Schlachtfeld und die kleine Lichtung. Also fragten wir Delia um Erlaubnis, und sie antwortete: „Meinetwegen, aber passt gut auf! Wir wissen nicht was Keshma vorhat! Und nehmt Pferde mit. Sie sind zwar nicht so schnell wie die Locaits, aber ihr habt eine bessere Chance um zu entkommen. Und nehmt eure Waffen mit. Ihr könnt ja etwas üben.“ Wir nahmen die Pferde die wir letztes Mal hatten, und Lucas stieg auf den Araber von Delia. „Wohin gehen wir denn?“, fragte ich Lucas und er antwortete: „Überraschung.“ Dann galoppierte er voraus und ich folgte ihm. Aurelia und Eros waren etwas langsamer, da Eros erst zum vierten Mal in seinem Leben auf einem Pferd saß. Schon nach kurzer Zeit hatte ich Lucas eingeholt und wir wurden etwas langsamer. „Jetzt sag schon, wo gehen wir hin?“, rief ich und er antwortete: „Warts ab!“ Und erneut war er voraus geritten. Oh Mann, dachte ich und ritt einfach in meinem Tempo weiter. Wir ritten einen schmalen Pfad entlang, der durch ein riesiges Blumenfeld führte. Der Pfad führte auf eine kleine Wiese mit ein paar Birken und um sie herum waren riesige Blumenfelder. Lucas war bereits dort und hatte sein Pferd an einen Baumstamm gebunden. Ich kam neben ihm zum Stehen und band mein Pferd neben seines. Aurelia und Eros kamen ca. 2 Minuten später und banden ihre Pferde auch an. „Also, und was ist deine Überraschung?“, fragte ich Lucas. „Na das hier“, sagte er und zeigte auf das Feld aus schwarzen Rosen. „Wie schön…“, flüsterte ich. Als wir das Blumenfeld eine Weile betrachtet hatten, setzten wir uns in einen Kreis. Ich hatte auf einmal wieder dieses seltsame Gefühl in mir. Aber ich achtete nicht darauf. Und das war der Fehler.

 

 

Ungefähr 15 Minuten später geschah es. Das Donnern der Locaits war wieder zu hören, aber den anderen fiel es nicht auf. Ich hörte es schon aus weiter Ferne. „Leute, wir sollten gehen.“, sagte ich und stand auf. „Was, wieso denn?“ „Jetzt!“, schrie ich hysterisch, band mein Pferd ab und stieg auf. Zögernd machten es die anderen auch. Dann galoppierten wir los und schon bald waren die Locaits hinter uns. Delia hatte recht gehabt. Die Pferde waren wirklich langsamer. „Scarlett, woher wusstest du das?“, schrie Lucas. „Keine Ahnung, ich hatte so ein seltsames Gefühl!“, antwortete ich. „Da vorne ist der Tempel! Kommt, beeilt euch!“, meinte Aurelia. Tatsächlich, dort oben auf dem Berg war der Tempel. Aber wir waren zu langsam. Kurz vor der Barriere wickelte sich etwas um meinen linken Fuß und zog mich vom Pferd. Ich knallte auf den Boden und schaute auf mein Fußgelenk. Ein seltsames, orange schimmerndes Seil hatte sich darum gewickelt. Es hatte sich wieder etwas gelöst, aber nur um gleich darauf meinen rechten Fuß mit dem linken zu verbinden. Kurz danach wurde ich von den Anderen weggezogen. „Hilfe!“, schrie ich. Als Antwort kam ein „AAAHHH!!!“ von Aurelia, denn auch sie fiel unsanft auf den Boden. „Scarlett!“, schrie Lucas. Inzwischen hatte sich um meine Knie ebenfalls ein Seil gewickelt, und ich wurde immer weiter von den anderen weggezogen. Meine Hände wurden auch zusammengefesselt, ebenfalls war ein Seil an meiner Taille, meinen Ellenbogen und meinen Schultern. Aurelia geschah dasselbe. Das letzte was ich hörte war: „Ihr Schweine! Lasst sie los!“ Dann lösten wir uns auf.

Kapitel 7 - ermordet

Ja. So war das damals. Vor zwei Jahren. Aurelia und ich waren mittlerweile 3 Monate unter Keshma´s Gewalt. Es ist viel passiert. Sehr viel. Ich werde es euch erzählen.

 

 

Nachdem wir uns aufgelöst hatten, waren wir vor einer großen Festung. Ihre Silhouette erschien im Schein der Abendsonne kalt und bedrohlich. „Lass mich los!“, schrie Aurelia. Sie wurde von Scaltabor getragen. „Hei, Kleines, was hast du denn? Ich bin doch dein Ehemann.“, sagte Scaltabor. „Ehemann? Hah! Dass ich nicht lache!“, rief Aurelia und Scaltabor meinte: „Du wirst dich schon noch in mich verlieben.“ „Aber ich habe doch bereits einen Freund!“, schrie Aurelia. „Wen? Doch nicht etwa diesen lächerlichen Eros?“ „Doch genau den!“ „Ach, weißt du, er ist so schwach. Ich könnte ihn in null Komma Nichts erledigen, und dann stände unserer Liebe nichts mehr im Weg! Aber das willst du doch sicher nicht, oder?“ „Nein!“ „Na also. Wenn du also nicht willst, dass dein Geliebter stirbt, wirst du mich heiraten, und zwar ohne Widerworte!“, rief Scaltabor und verpasste Aurelia eine Ohrfeige. „Au!“, schrie sie und wollte sich an die Backe fassen, konnte aber nicht wegen den Fesseln. Wir gingen in die Burg.

 

 

„Diese Schweine! Wie können sie es wagen!“, schrie Lucas und rannte zu der Stelle an der ich bis gerade eben noch gelegen hatte. „Scarlett! Scarlett!“, schrie er immer wieder. Schließlich fiel er auf die Knie und rammte seine Hand in den Boden. „Wieso?! Wieso?! Ich bin so ein Dummkopf! Das ist alles meine Schuld, hätte ich doch bloß besser aufgepasst!“, rief er.

 

 

„Was macht ihr jetzt mit uns?“, fragte ich und Keshma antwortete: „Als erstes, wirst du uns dein Juwel geben. Und danach, nun ich weiß es noch nicht. Aber Oscutna wollte dich ansehen.“ Der Soldat der mich getragen hatte warf mich in die Kerkerzelle zu Aurelia. „Aaah!“, schrie ich vor Schmerz. Keshma schloss die Tür und Kanna murmelte etwas, worauf sich unsere Fesseln auflösten. Ich musterte sie. Sie hatte weiße Haare bis zur Mitte des Rückens mit einem geraden Pony, sah aber nicht älter aus als 23. An beiden Seiten war vorne eine weiße Lilie. Sie war nur in weiß gekleidet, hatte einen wundervollen Kimono an und weiße Sandalen. Ihre Haut war so blass, dass sie auch schon fast weiß war. Nachdem sie gegangen war flüsterte Aurelia: „Was machen wir denn jetzt?“ „Ich habe keine Ahnung, aber ich bin mir sicher die anderen werden uns finden.“, antwortete ich.

 

 

Tja, aber sie kamen nicht. Wir waren einen Monat in der Zelle eingesperrt, jeden Tag gab es nur Brot und Wasser und Duschen durfte man auch nur einmal in der Woche. Bis Oscutna kam.

 

 

„Na, Scarlett, dann lass dich mal ansehen.“, sagte Oscutna und hob mein Kinn in den schwachen Schein der kleinen Lampe. „Also, ein schönes Gesicht hast du, und deine Haare stimmen auch… steh auf!“, befahl er. „Wieso?“, fragte ich und es lag ein Hauch Oberflächlichkeit in meiner Stimme. „Wieso wohl, ich möchte deinen Körper in voller Pracht sehen!“, antwortete er, als ob es normal wäre. „Ich soll mich… ausziehen?“, fragte ich. „Nein, du sollst dich in deine dickste Winterjacke einhüllen! Natürlich sollst du dich ausziehen!“, schrie er. Ich suchte hilflos den Blick von Aurelia, aber sie war im Raum nebenan und machte mit Scaltabor dasselbe durch wie ich. Als ich nicht reagierte packte mich Oscutna, schleuderte mich gegen die Wand und schrie: „Ich hab gesagt du sollst aufstehen!“ Ich stand auf und schmeckte Blut. Ich wischte es weg und taumelte zu Oscutna. Vor ihm blieb ich stehen und sagte: „Und was jetzt? Was für schändliche Dinge willst du mit mir anstellen?“ Er fing an zu lachen und seine Hand näherte sich meiner Brust. Seine andere Hand hielt mein Kinn fest und er sah mir tief in die Augen. Er hatte blonde Haare und rote Augen. Sein Lachanfall war zu Ende und er sagte: „Zieh dich aus! Und wenn du mir nochmal widersprichst, kann ich nicht versprechen dass es wieder so harmlos ausgeht wie gerade eben.“

 

 

Ja… und in dem Moment dachte ich, logischerweise, dass er mich vergewaltigen würde. Aber zurück zur Geschichte…

 

 

Ich reagierte nicht, und so schmiss er mich mit einer solchen Wucht gegen die Wand, dass ich mir zwei Rippen brach. „Ahh, du Depp, wieso machst du das?“, schrie ich. „Ich hab gesagt du sollst dich ausziehen!“ Ich stand wieder auf und er zog mein Oberteil so weit hoch, dass meine Rippen frei waren. „Oh, du armes Ding. Siehst du, das wäre nicht passiert, wenn du mir gehorcht hättest! Streck deine Arme hoch!“, meinte er. Ich tat was er sagte, sonst würde er mir vermutlich Schlimmeres antun. Er zog mir mein Oberteil über meinen Kopf und meinen Rock nach unten. Jetzt stand ich nur noch in Unterwäsche vor ihm, aber auch die zog er mir. „Ja, du gefällst mir. Außerdem wirst du eine gute Mutter für unsere Kinder sein:“ Mit diesen Worten ging er.

 

 

Nach einer Weile wurde die Tür aufgemacht und ein Soldat erschien. „Komm mit. Befehl des Königs.“, sagte er und ich stand auf. Draußen meinte er: „Wenn du versuchst abzuhauen, werden wir dich ohne zu zögern töten. Ich denke, du wirst daher keine Handschellen benötigen.“ Ich schluckte und nickte. Wir gingen eine steile Treppe hinauf, einen langen Gang entlang und eine Wendeltreppe hoch. Alles war aus grauen Ziegelsteinen und es würde nur von ein paar kleinen Fenstern beleuchtet werden, wären da nicht die riesigen Fackeln. Die Wendeltreppe ging eine gefühlte Ewigkeit in die Höhe, aber dann hörte sie auf und endete vor einer riesigen Holztür. Der Soldat schloss sie auf und schickte mich hinein. Ich landete auf einem schwarzen, flauschigen Teppich, der lila- und petrolfarbene Flecken hatte. Er schloss wieder zu und das Erste was ich sah war Aurelia. „Scarlett!“, rief sie. Der Raum hatte zwei Himmelbetten, die sich gegenüber standen. Die Vorhänge auf ihnen waren Petrolfarben, und das Bett war aus Ebenholz. Die Vorhänge bei dem einen Bett waren zugezogen, aber auf dem anderen saß Aurelia. Gegenüber von der Tür war eine Glastür, die zu einem Balkon führte. Neben jedem Bett waren zwei Glasfenster, es kam also genug Licht in den Raum. Insgesamt gab es 8 Fackeln, damit auch abends oder nachts genug Licht da war. Das Zimmer war 8-eckig, wahrscheinlich das Turmzimmer. Also war an einer Ecke die Tür, gegenüber die Glastür. Das linke Fenster von mir war gegenüber vom linken von Aurelia. Unter jedem rechten Fenster stand ein Schminktisch, unter jedem linken Fenster ein kleiner Schrank. Ich setzte mich zu Aurelia.

 

 

So ging das die nächsten eineinhalb Monate. Wir lebten in diesem Zimmer weiter, durften jeden Tag duschen und durften essen und trinken was wir wollten und meine Rippen heilten wieder, während bei den anderen in den zweieinhalb Monaten Folgendes passierte…

 

 

„Hei Mann, Kopf hoch! Wir finden sie schon wieder!“, sagte Eros und legte seine Hand auf die Schulter von Lucas. „Nein!“, keifte Lucas. „Nein… das ist es nicht…“, sagte er dann etwas ruhiger. „Ist es wegen… Seraphina?“ Wisst ihr, wie ich später herausfand, war Lucas früher mit einer Seraphina zusammen. Sie sah mir sehr ähnlich, und sie wurde von Keshma gefangen und umgebracht. Jetzt hatte sich Lucas in mich verliebt, und er wollte mich nicht auch noch verlieren. Lucas hatte das Eros erzählt. „Sie sieht ihr so ähnlich. Jedes mal, wenn ich sie ansehe, sehe ich nicht Scarlett, sondern Seraphina.“, sagte Lucas. Delia kam aus dem Tempel gestürmt und schrie: „Was ist passiert?!“ Eros erklärte ihr alles und sie sagte: „Ach du…“ „Wir müssen sie retten!“, schrie Lucas aber Delia schüttelte den Kopf und meinte: „Nein. Eros hat nicht den Hauch einer Chance. Er muss seine Ausbildung fortsetzen, bis er stark genug ist um zu Kämpfen. Außerdem wissen wir nicht wo die Burg ist.“ „NEIN!!! Ich werde sie retten, ob mit euch oder ohne euch! Sie darf nicht das gleich Schicksal wie SIE ereilen!“, schrie Lucas und rannte in den Tempel.

 

 

Irgendwann begriff Lucas dann, dass sie keine Chance hatten. Er setzte sein Training fort, ebenso wie Eros und Delia. Aber er hatte nicht einen Moment aufgehört an Seraphina und mich zu denken…

 

 

„Wo ist es nur… wo ist es nur…“, krächzte sie und schaute immer wieder nach unten. „Nun mach schon, schneller!“, krächzte sie wieder und klopfte auf ihren Besen. „Hm… ah! Da ist es ja!“ Sie landete vor einem Grab.

 

 

„Warum kommen die nicht?“, fragte ich. „Keine Ahnung. Vielleicht haben sie uns vergessen.“, antwortete Aurelia. Meine Augen weiteten sich und ich wollte gerade etwas sagen als die Tür aufgeschlossen wurde. Ein Soldat griff nach meinem Arm und zog mich raus. „Aurelia!“, schrie ich aber schon war die Tür wieder zu. „Klappe!“, schrie der Soldat und zog mich die Wendeltreppe runter. Ich zappelte wie ein Aal, schrie und biss den Soldat, aber er zog mich stur weiter. Wir waren wieder in dem Gang, aber wir bogen in der Mitte nach rechts ab. Der Gang ging noch etwas weiter und endete vor einer riesigen Tür. Der Soldat öffnete sie und schmiss mich hinein. Dann ging er wieder. „Au…“, murmelte ich, stand auf und als ich mich umdrehte, sah ich Keshma etwa 15 Meter vor mir auf einem Thron aus reinem Gold. Links neben ihm war Kanna, dann Maiua und Skylar am Schluss. Rechts neben ihm waren Oscutna und dann Scaltabor. Alle saßen auf reinem Gold. Keshma stand auf und ging auf mich zu. Ich wich zurück, aber dann knallte ich gegen die Tür. Es war so leise dass ich meinen Atem hörte. Keshma kam langsam näher, und als er direkt vor mir stand, schaute er mir in die Augen und flüsterte: „Also, du wirst uns jetzt schön sagen, wo die restlichen drei Splitter sind. Deine Hälfte haben wir ja schon.“ „Nein!“, keifte ich. „Nein? Hast du mir gerade widersprochen?“, zischte er und verpasste mir eine Ohrfeige.

 

 

„Nur noch ein bisschen Koltrum, und fertig ist es. Hier!“, rief sie. „Ou-tsi-kac-truu nil-ruc-troff-num, ou-tsi-kac-truu nil-ruc-troff-num, ich rufe euch, Geister der Nacht! Helft uns, den Generationen von Vorfahren und mir, verleiht uns eure Kraft, um die Kriegerin und Miko der längst vergangenen Zeit zu uns zurück zu holen! Ou-tsi-kac-truu nil-ruc-troff-num!“, sprach sie und tanzte um das Feuer herum. „Ja! Ich spüre die Kraft! Nustra-zik! Kromnta-kru! Ouaaaahhhhhhh!“, schrie sie und schüttete den Trank in das Feuer. Das Feuer erlosch und ‘es‘ erwachte zum Leben. Es war eine Frau. „Meister.“, flüsterte sie und stand auf.

 

 

Ein Tag bevor wir entführt worden sind, hatte Delia mir erklärt was es mit dieser Seraphina auf sich hatte.

 

 

„Also, wer ist jetzt diese Seraphina?“, fragte ich. „Das war vor etwa 30 Jahren. Lucas hatte sich in eine Seraphina verliebt. Wenn sie jetzt neben dir stehen würde, würde man den Unterschied nicht erkennen, abgesehen davon dass sie schwarze Haare hatte. Ihr seht euch sehr ähnlich.“, antwortete Delia und zeigte mir ein Gemälde von einer Frau. Sie sieht mir abgrundtief ähnlich. Man würde den Unterschied wirklich nicht erkennen. Ihre Haare glänzten wie Seide, und ihre Augen strahlten mit der Kraft von tausend Sonnen. „Wow…“, flüsterte ich.

 

 

Heute war es soweit. Es war der Tag, an dem Lucas endlich kam. Aber er kam zu spät. Mein Herz hatte bereits aufgehört zu schlagen.

 

 

Ich wachte auf. Das erste was ich sah, war die Decke. Sie war grau, und ich wusste im ersten Moment nicht wo ich mich befand. Dann fiel es mir ein. „Scheiße!“, rief ich und versuchte mich zu bewegen, aber ich war gefesselt. Wie in der Vision, die ich vor drei Monaten hatte. Ach du… dachte ich und dann kam Keshma. „Da du dich so sehr gewehrt hattest, mussten wir die Splitter ohne deine Hilfe finden. Was wir auch getan haben.“, sagte er und zeigte mir zwei Splitter von Sagimitama. „Und der letzte?“, fragte ich, obwohl ich es bereits wusste. „Der ist in dir. Skylar, komm!“, rief er. Scheiße. Sie wollten meine Kehle aufschneiden, um den Splitter darin zu bekommen. Skylar kam herein, mit dem Messer aus der Vision. „Du weißt was du zu tun hast.“, sagte Keshma. Sie nickte und umschlang das Messer mit der Hand. „NEIN!!! SCARLETT!!!“, schrie jemand und ich erkannte dass es die Stimme von Aurelia war. Ich schaute mich um und sah dass sie an der Wand hing. Erst jetzt fiel mir auf, dass jemand versuchte die Tür von der anderen Seite aufzubrechen. Sie zitterte dauernd unter den Erschütterungen eines Rammbocks. Dann wurde sie aufgebrochen und ein paar Soldaten und Lucas, Eros und Delia stürmten herein. Keshma zuckte zusammen und drehte sich um. „Skylar, beeil dich! Nun mach schon!“, schrie er und zog sein Schwert. Eros war zu Aurelia geeilt und befreite sie. „Scarlett!!! Lass sie gehen!“, schrie Lucas und stürmte auf Keshma zu. „Noch irgendwelche letzten Worte?“, rief Skylar über die Schreie von Lucas hinweg. „Ja.“, sagte ich und spuckte sie an. „Iiiiih, wie kannst du es wagen?“, fragte sie und hielt die Klinge an meinen Hals. „Scarlett!“, schrie Lucas wieder und seine Stimme hatte ein Kreischen in sich. „Bye, bye, Scarlett!“, kicherte Skylar und mit einem Ruck zog sie die Klinge meinen Hals entlang. Beide Hauptschlagadern von mir waren durchgeschnitten und Blut strömte heraus. Skylar fasste in meinen Hals und zog den Juwelensplitter aus mir heraus. Die Schmerzen waren unerträglich. „SCARLETT!!!“, schrien Aurelia, Eros und Lucas gleichzeitig. „Du mieses Schwein! Erst Seraphina und jetzt Scarlett!“, keifte Lucas und rammte sein Schwert in Keshmas Bauch. Der fiel um, war aber nicht tot. Lucas rannte zu mir. Ich sah alles nur noch verschwommen, aber inzwischen waren auch feindliche Soldaten hereingestürmt. „Scarlett!“, schrie Lucas noch einmal, aber dann blieb mein Herz stehen.

 

 

„SCARLETT!!!“, keifte er, löste meine Fesseln und schüttelte mich. Er sah auf seine Hand, wenn man es überhaupt noch als Hand erkennen konnte. Sie war voller Blut. Sein rechter Arm war um meinen Rücken gelegt und er hob mich hoch. Mein Kopf hing schlaff herunter, und das Blut strömte immer noch aus meiner aufgeschlitzten Kehle. „Scarlett, Scarlett sag was! Bitte, sag was, bitte, verlass mich nicht, nicht du auch noch!“, schluchzte Lucas. Eine Träne tropfte auf die Liege und vermischte sich mit dem Blut. Er legte seine Hand auf meine Brust, und spürte keinen Herzschlag. „Nein! Scarlett!“, schrie er. Eros war zu ihm gekommen und zerrte ihn von mir weg. „NEIN!“, keifte Lucas wieder, „nein, lass mich in Ruhe!“ „Lucas sie ist tot!“, schrie Eros und zerrte ihn weiter von meinem schlaffen Körper weg. „Nein! Sie ist nicht tot!“, schrie Lucas wieder und wehrte sich nun stärker. „Sie ist tot! Boah, hilft mir mal jemand? Der ist ziemlich stark!“, meinte Eros und Aurelia eilte herbei um ihm zu helfen. Keshma war inzwischen bewusstlos und Delia hatte Skylar gerade einen Schlag in den Bauch verpasst, und auch sie war bewusstlos am Boden zusammengesunken. Die Gegner waren alle tot und ein paar Soldaten von uns wickelten mich gerade in eine Trage und trugen mich hinaus. „Scarlett!!!“, schrie Lucas wieder. „Also das hat so echt keinen Sinn!“, meinte Delia und streute etwas auf Lucas. Seine Schreie verstummten langsam, und schließlich wurde er Bewusstlos. Die anderen gaben ihn ein paar Soldaten, welche ihn weg trugen. „Aber das geht doch gar nicht! Man kann einen Unsterblichen nicht umbringen!“, meinte Eros. „Doch. Aber nur mit dem heiligen Dolch von Avalon.“, meinte Delia. „Und was jetzt?“, schluchzte Aurelia. Jetzt hatte auch sie angefangen zu weinen. „Ich weiß es nicht.“, meinte Delia und folgte den restlichen Soldaten.

Kapitel 8 - der Todesengel

„Mhm… Scarlett? Scarlett!“, schrie Lucas und mit einem Ruck saß er Kerzengerade im Bett. Es war fünf Uhr Nachts, und Lucas beschloss raus zu gehen. Er war zwei Tage Bewusstlos gewesen, wegen des Pulvers von Delia. „Es war alles nur ein Traum!“, lachte Lucas, aber er wusste dass es kein Traum war. Ich wurde vor zwei Tagen umgebracht, wegen dem letzten Splitter meines Juwels. Alles nur wegen eines Juwels, eines solchen Kleinodes. Delia, Eros und Aurelia hatten meine Leiche im Wald vergraben. Lucas ging auf den Hof vom Tempel und sog die kalte Nachtluft ein. Er ging hinaus, aber nur soweit, dass er noch in der Blockade war. Da sah er es. Im Wald leuchtete ein schwacher, saphirblauer Schein. Ich schlug die Augen auf, und das Leuchten verblasste langsam. „S…Scarlett?“, flüsterte Lucas und ging an den Rand des Waldes. „Wer ist da?!“, rief er. Sie kam hinter einem Baum hervor. „Scarlett?“, flüsterte er wieder. „Wer ist das?“, sagte sie. „Diese Stimme! Bist du es?“ „Ich bin Seraphina.“, sagte sie und trat in den Schein des Mondes. „S… Seraphina? A…aber du bist tot!“, stotterte Lucas. „Ich habe kein Leben in mir. Nur die Seele eines armen Mädchens. Du kanntest sie. War ein süßes Ding. Nur leider habe ich mir ihre Seele genommen.“ „Nein! Doch nicht etwa die Seele von Scarlett?“ Sie lachte. Es war ein herrschsüchtiges, grausames Lachen. Dann ging ihr Lachen in einen schrillen Schrei über. Meine Seele ging wieder in meinen Körper über. Nur ein kleines Stück blieb in ihr, und dann löste sie sich auf. „Seraphina? Seraphina!“, schrie Lucas und schaute sich um. In der Ferne schrie eine Eule. Ich war inzwischen aus meinem Grab gestiegen und hatte mich saubergezaubert. Ich wusste nicht, dass ich so etwas konnte. Ich war nicht weit von Lucas weg. Ich versteckte mich hinter einem Baum und hatte das Gespräch belauscht. „Scarlett?! Seraphina?!“, schrie Lucas und ich trat hinter dem Baum hervor. „Scarlett?“, fragte Lucas und ich zeigte mit dem Finger auf ihn und schrie mit geisterhafter Stimme: „Wieso? Wieso bist du nicht gekommen? Wieso hast du mich im Stich gelassen, so wie du einst Seraphina im Stich gelassen hast!“ Ich erhob mich ein Stück von der Erde und meine Hände fingen an zu brennen. Also, nicht direkt, aber aus ihnen kamen Flammen. Erst jetzt fiel mir auf, dass meine Kleidung sich gewechselt hatte. Anstatt meiner Kriegeruniform trug ich ein schwarzes Kleid, das weit über meine Füße ging. Überall hingen schwarze Schleier herum und tanzten, vom Wind getragen. Ich hatte riesige schwarze Flügel aus vielen dichten Federn. Ich sah aus wie ein Engel. Ein Todesengel. Ein sehr, sehr wütender, enttäuschter und trauriger Engel, dessen Haare schwarz, glatt und sehr viel länger geworden sind und dessen Seele nicht mehr lebte. Ich war eine Untote, aber kein Zombie oder so. Ich sah aus wie ein Mensch, aber meine magischen Kräfte waren stärker als die eines Menschen und mein Herz schlug nicht weiter. „Aber, Scarlett, ich bin doch gekommen!“, sagte Lucas. „Nein!“, kreischte ich, „nein du bist nicht gekommen! Du warst zu spät! Du hattest knapp drei Monate, 87 Tage, aber du bist erst am letzten Tag gekommen! Du hast mich im Stich gelassen!“ Ich streckte meine Hand aus und ein Feuerball flog auf Lucas zu. Er sprang geschickt aus dem Weg. „Scarlett! Was tust du da?“, schrie er. Ich spürte ein Kribbeln in mir.  Ich konzentrierte mich darauf, das Feuer aus meinen Händen erlosch und meine Flügel fingen an sich zu Bewegen. Ausgebreitet sahen sie noch viel größer aus. Wie Adlerschwingen, nur mit der Größe eines Menschen. Ich glaube, sie hatten eine Flügelspannweite von 14 Metern. Ich flog noch mehr vom Boden weg, bis gerade eben war ich nur mit Magie geflogen. Ich schwebte vor dem Mond, und da Vollmond war erschien der Mond riesig. Er erhellte den ganzen Platz. „Du! Nur du allein bist an meinem Tod schuld!“, schrie ich und flog auf ihn zu. Kurz vor ihm blieb ich stehen und zeichnete ihm mit meinem Finger ein Pentagramm auf die Stirn. Dann zuckte ein Blitz über den Nachthimmel, und mit ihm war ich verschwunden.

 

 

Warum ein Pentagramm? Ich wusste es nicht. Der Mond erfüllte mich mit einer solchen Kraft, und diese Kraft sagte mir, ich solle es tun. Was es bedeutet? Ein Pentagramm ist ein fünf-zackiger Stern. Wenn jemand mit ihm gezeichnet wird, ist er verflucht.

 

 

„Scarlett? Scarlett! Seraphina!“, schrie Lucas. „Maaan, was brüllst du denn hier so rum?“, sagte Eros und kam auf Lucas zugelaufen. „S.. Scarlett, sie.. sie war da… ich schwör´s! U… und Seraphina auch!“, stotterte Lucas und Eros meinte: „Lucas, sie sind tot, und du kannst nichts daran ändern. Das war wahrscheinlich nur Einbildung.“ Langsam dämmerte es und Delia kam aus dem Hof gelaufen. „Lucas, was genau hast du gesehen?“, fragte sie. „Nun, erst kam Seraphina hinter dem Baum hervor und sagte, dass sie Scarletts Seele geklaut hätte. Dann hatte sie sich einfach aufgelöst und Scarlett war aufgetaucht. Aber ich habe keine Lebens-Frequenz bei ihnen gespürt. Scarlett hatte mich angeschrien dass ich sie und Seraphina im Stich gelassen hätte. Dann hatte sie angefangen zu fliegen und ich habe riesige schwarze Flügel an ihr bemerkt. Dann kam sie auf mich zugeflogen und hat irgendetwas auf meine Stirn gezeichnet und auf einmal war sie weg.“ Delia schaute auf Lucas Stirn und sagte: „Oh, das ist nicht gut, das ist gar nicht gut!“ „Was, warum nicht?“, fragte Aurelia, die inzwischen auch auf den Platz gekommen war. „Das ist ein Pentagramm. Und jemanden mit einem Pentagramm zu verfluchen, können nur Engel. Todesengel.“, antwortete Delia. „Ach du scheiße!“, rief Lucas aber Eros und Aurelia fragten: „Was ist ein Todesengel?“ „Es gibt viele verschiedene Engelsarten. Die Oberbegriffe sind die normalen Engel und die Todesengel. Aber von ihnen gibt es noch viele verschiedene Engel, wie zum Beispiel Schutzengel, Tränenengel, Lichtengel oder Weihnachtsengel. Bei den Todesengeln gibt es Schattenengel, Blutengel oder Todesengel an sich.“, antwortete Delia. „Und welcher davon ist Scarlett?“, fragte Lucas. „Ich weiß es nicht. Warte… was genau hatte sie an?“, meinte Delia und Lucas sagte: „Ein langes schwarzes Kleid das über ihre Füße hing. Es sah so aus als würde es in die Luft übergehen. Überall flogen Schleier herum und wurden vom Wind getragen, sodass es aussah als ob sie Tanzen würden. Es hatte einen eckigen Ausschnitt wie die Kleider in der Renaissance und lange Ärmel. Wenn sie die Arme hochnimmt oder ausstreckt fallen sie herunter und die Enden sehen auch aus als lösten sie sich auf. Und ihre Haare wurden schwarz und glatt mit einem geraden Pony, und sie gingen bis zu ihrer Hüfte. Ihre Augen waren Blutrot und waren schwarz geschminkt. Ihre Lippen waren ebenfalls Blutrot.“ Delia überlegte eine Weile und sagte schließlich: „Diese Art von Todesengel habe ich noch nie gesehen. Okay, eigentlich habe ich überhaupt noch nie einen Engel gesehen.“ „Was machen wir jetzt?“, fragte Aurelia und fing an zu weinen. Eros nahm sie in den Arm. „Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“

 

 

Was ist mit mir passiert? Wieso lebe ich obwohl mein Herz nicht schlägt? Ich starrte in den See und betrachtete mein Spiegelbild. Ich wusste nicht wer ich war oder wohin ich gehen sollte. Genauso wie ich mich an nichts erinnern konnte. Als ich Lucas so angekeift hatte, war ich wie besessen. Etwas hatte mich geleitet. Eine mysteriöse Kraft, mit unvorstellbar großen Kräften. Die Sonne ging auf und sobald der erste Sonnenstrahl meine Flügel berührte, lösten sie sich auf. Ich hatte wieder meine Kriegeruniform an und war nicht mehr so stark geschminkt. Meine Haare blieben schwarz. Ich stand auf und bemerkte, dass ich meinen Bogen in der Hand hatte und den Köcher auf dem Rücken. Ich ging den kleinen Pfad entlang, der kurz hinter dem kleinen See lag. Nach einer Weile kam ich in einen Wald. (Wie viele Wälder gab es hier eigentlich?) Als ich eine Weile gelaufen war, bemerkte ich ein Mädchen, das an einem Baum saß. Sie hatte einen Kimono an der oben weiß und unten rot war. Ich ging näher ran und sah dass sie Ohnmächtig war. „Hm…“, sagte ich und suchte nach einer Kräuterart. Als ich sie gefunden hatte, zerdrückte ich die Blätter mit einem Stein und vermischte die Blätter mit etwas Wasser. Dann lies ich den Wassertropfen mit etwa 5 cm. Durchmesser in ihren Mund schweben. Als ich sicher war, dass sie es geschluckt hatte, ging ich weiter. Nach einer halben Stunde kam ich in ein kleines Dorf. „Entschuldigung, kannst du mir sagen wo ich bin?“, fragte ich einen kleinen Jungen. Er sah mich komisch an und rief nach seiner Mutter. Sie kam herbeigeeilt und ich fragte sie nochmal. Sie antwortete: „Nun, das Dorf hier hat keinen Namen. Aber wenn Sie weiter nach Osten gehen, kommen sie in die Hauptstadt von Seltra.“ „Was ist Seltra?“, fragte ich und der Junge antwortete: „So heißt doch dieses Land!“ „Ach stimmt ja!“, log ich, „ehm, haben Sie vielen Dank!“, meinte ich und ging weiter durch das Dorf. Es wunderte mich wieso hier alle meine Sprache konnten. Aber später fiel mir auf, dass ich die ganze Zeit in der anderen Sprache gesprochen hatte. Woher ich sie konnte, wusste ich nicht. Ich ging weiter nach Osten, und, wie die Frau gesagt hatte, nach einer guten halben Stunde kam ich vor die erste Stadtmauer. Dort Stand ein Schild mit der Aufschrift ‘Willkommen in Zeskira, der Hauptstadt von Seltra‘Das Stadttor war geschlossen und ich hörte wie jemand rief: „Was ist Euer Begier?“ „Ich bitte um Verzeihung, aber könntet Ihr mir Einlass gewähren?“, antwortete ich und sah nach oben. Links und rechts von dem Tor war jeweils ein Turm und auf jedem Turm war eine Wache. „Wie ist Euer Name, fremde?“, fragte die Stimme von eben, und ich sah dass es die Wache auf dem linken Turm war. „Mein Name?“, sagte ich, „Nun, ich heiße Ellinor Emarentiana. Einen Nachnamen habe ich nicht.“ Ich musste mir ja schließlich was einfallen lassen, aber so schlecht hört es sich doch gar nicht an.  „Ellinor Emerantiana, ein seltsamer Name, nicht Gregor?“, meinte die Wache, „Aber nun gut, ihr dürft eintreten, Ellinor.“ Das Tor öffnete sich und ich trat ein. Vor mir lag ein langer Weg der zu einem weiteren Tor führte. Durch dieses Tor gelangte man in die Burg. Überall wimmelte es nur so von Menschen, Alt und Jung, Pferde und Kühe, Schafe und Schweine. Tausende Marktplätze waren überall zu sehen. Ich begab mich auf den Weg zur Burg und wurde von jedem gegrüßt. Woher kennen die mich alle?  Am Burgtor angekommen sagte jemand: „Ah, Seraphina, ihr seid endlich eingetroffen. Bitte, tretet ein.“ Das Tor öffnete sich und man gelangte in den Innenhof. Ich ging weiter den Weg entlang, aber dann rief eine Stimme: „Seraphina, wo geht Ihr denn hin? Zum König geht es hier entlang!“ „Ach ja, entschuldigt bitte. Ich war lange nicht mehr hier.“, antwortete ich und folgte der Stimme. „Das wart Ihr, in der Tat. 30 lange Jahre wart ihr nicht mehr hier. Aber ihr habt euch kaum verändert. Wie kann das sein?“, fragte die Stimme wieder und dann kam ein junger Mann hinter einer der vielen Säulen hervor. Er hatte braune Haare und braune Augen. Seltsamerweise wusste ich genau was ich sagen musste. „Ihr wisst doch, dass ich nie sterbe. Genauso wenig wie Ihr, Fedir.“ Er lachte und kam dann auf mich zu. Ich wusste nicht, wer diese Seraphina war, oder warum mich hier alle so nannten. „Also, kommt mit.“, meinte er und hakte sich bei mir ein. Gemeinsam gingen wir in einen Teil der Burg und dann einen langen Gang entlang. Er war weiß mit goldenen Akzenten. Auch hier standen überall Säulen herum. Am Ende des Gangs war eine große Tür aus Ebenholz. Sie schwang auf und ein riesiger Thronsaal war zu sehen. „Seraphina, da bist du ja!“, sagte jemand und meine Augen suchte den Raum ab um heraus zu finden wer. „Vater, sie ist endlich zu mir, äh zu uns zurück gekehrt!“, rief Fedir und lief zu dem König. Er flüsterte etwas und der König nickte. „Also, Seraphina, machen wir da weiter wo wir vor 30 Jahren aufgehört haben.“, meinte Fedir. „Und wo war das?“, fragte ich und er antwortete: „Weißt du es nicht mehr? Ich wollte dich Heiraten. Aber du nicht. Deshalb bist du geflohen.“

 

 

Ich lief rückwärts um zu fliehen, aber zwei Wachen hatten die Tür geschlossen, sodass ich dagegen knallte. Was will der? Ist der Verrückt oder so? „Lass mich gehen!“, rief ich. Er kam langsam näher und sagte: „Nein. Nicht nochmal.“ Ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg und das einzige was mir einfiel war, ihn zu erschießen. Aber da gab es drei Haken. Der eine war, dass mich dann hunderte Wachen angreifen würden, der zweite war, dass mir ein Soldat soeben meinen Bogen und meine Pfeile weggenommen hatte und der dritte war dass ich ihn nicht umbringen konnte da er ebenfalls unsterblich war.  Er kam immer näher. Aber da war noch ein Problem. Die Sonne ging unter. Inzwischen war Fedir bei mir angekommen und flüsterte: „Du wirst mich Heiraten und wir werden viele Kinder haben.“ Die Sonne war untergegangen, aber komischerweise verwandelte ich mich nicht. „Einmal im Monat verwandelst du dich nicht. Dieser Tag ist heute.“, flüsterte jemand. Jetzt hab ich ein Problem. Wenn ich mich verwandelt würde, könnte ich fliehen, aber so muss ich bis morgen warten. Plötzlich küsste Fedir mich aber als ich es bemerkte drückte ich ihn sofort weg und zischte: „Wag es ja nicht noch einmal mich zu küssen!“ „Und wenn doch?“, fragte er und versuchte wieder mich zu küssen, aber ich verpasste ihm eine Ohrfeige. „Sie hat Fedir geschlagen… das ist nicht gut… das wird er sich nicht gefallen lassen…“, war überall zu hören. Es kam von den Wachen die im Raum standen. „Du wagst es?!“, rief Fedir und trat einen Schritt zurück. „Ja, ich wage es!“, zischte ich. „Wachen! Bringt sie in meine Gemächer!“, schrie Fedir und ging noch weiter zurück. Zwei Wachen griffen nach meinen Armen und zogen mich Raus. Ich trat und schrie aber es machte ihnen nichts aus. Ich baumelte in der Luft wie eine Stoffpuppe. „Aaaah! Lasst mich los ihr überdimensionalen Vollidioten!“, keifte ich aber sie gaben nicht einen Muchs von sich. Wir gingen eine Wendeltreppe nach oben, einen langen Gang entlang, bogen links und dann rechts ab und gingen dann in das Zimmer am Ende des Gangs. Neben der Tür stand ein Schild auf dem Stand: ‘Fedir´s Gemächer‘.  Sie schlossen die Tür auf und warfen mich hinein. „HEI WAS SOLL DAS EIGENTLICH?!“, keifte ich und rannte auf sie zu aber dann knallte ich voll gegen die Tür weil diese Deppen sie zugeschlossen hatten. Der Aufprall war so hart dass ich (mal wieder) Ohnmächtig wurde.

 

 

Als ich aufwachte lag ich auf einem Bett. Meine Hände waren jeweils an einen Bettpfosten gefesselt, sowie meine Füße. Es war dunkel im Raum, die einzigen Lichtspender waren zwei Kerzen. Aber da ich ein Geschöpf der Nacht war, konnte ich im Dunkeln sehr gut sehen. Ich sah einen Mann in der Ecke stehen. „Na endlich, du bist wach.“, sagte er und trat in den Schein der Kerzen. Es war Fedir. Und er war nackt. „IIIIIIIIHHHHHH ZIEH DIR GEFÄLLIGST WAS AN!!!“, schrie ich aber er blieb ganz ruhig und meinte: „Aber du hast doch selbst kaum etwas an.“ Ich schaute an mir herab und sah dass er Recht hatte. Ich war nur mit einem hauchdünnen Seidenstoff bedeckt. Fedir kam näher und ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg. Meine Augen erblickten meinen Bogen und meine Pfeile neben dem kleinen Schrank. Eine kleine Chance bleibt mir also… fehlt nur noch dass ich diese Fesseln wegbekomme… Fedir hatte sich neben mich aufs Bett gesetzt. Ich zappelte und versuchte verzweifelt die Fesseln wegzubekommen, aber sie waren zu fest. „Ach Schätzchen, das sind magische Fesseln. Je mehr du dich wehrst, desto fester werden sie.“, meinte Fedir und seine Finger wanderten zu dem Seidentuch. „Lass das gefälligst du Schwein!“, schrie ich aber schon hatte er es von meinem Körper gezogen. „Du hattest doch 23 Stunden ruhe, da du Ohnmächtig warst.“, meinte er und starrte auf mich. „Warte, das heißt…“, sagte ich und er antwortete: „Ja, ganz genau. Heute ist der 7. September.“ JUHUUU Ich muss also nur noch ein paar Minuten warten, dann werde ich mich verwandeln. „Weißt du wann die Sonne untergeht?“, fragte ich. „Ja, in ungefähr zwei Minuten.“, antwortete er. „Wieso?“, fragte er dann. Einfach mitspielen, einfach mitspielen, dachte ich immer wieder und schließlich sagte ich: „Weil es Nachts besser ist, findest du nicht auch?“ Er fing an zu grinsen und sagte: „Oh ja. Willst du es jetzt auf einmal auch?“ „Ja.“, antwortete ich und grinste zurück. „Würdest du mir dann bitte die Fesseln abmachen?“, fragte ich. Sein grinsen verschwand und er sagte: „Nein! Ich bin mir schließlich nicht sicher ob du mich nur reinlegen willst!“ Auf einmal spürte ich wie meine Kraft wuchs. Aber ich würde mich erst verwandeln wenn ein Mondstrahl auf mich treffen würde. Da die Fenster allerdings bedeckt waren, würde das schwer werden. Also fragte ich: „Na gut. Kannst du dann wenigstens ein Fenster offen lassen? Es ist hier so stickig!“ Er ging zu dem Fenster das gegenüber vom Bett war und öffnete es. Sofort drang das schwache Mondlicht zu uns herein, da ja gestern noch Neumond gewesen war. Meine Augen wurden Rot, meine Nägel zu Krallen und meine Lippen Blutrot. Ich hatte mein wundervolles Kleid wieder an. „Was zur Hölle?“ rief Fedir und wich zurück. Ich riss die Fesseln weg indem ich einfach meine Füße anzog und meine Hände um meine Knie legte. Dann erschienen meine Flügel. Fedir ging zu der Tür und wollte gerade die Klinke runterdrücken, als ich meine Hand ausstreckte und somit die Tür zuschloss. „Weiche von mir, Missgeburt der Hölle!“, schrie Fedir. Ich stand auf und lief langsam auf ihn zu. Ich fing an verlogen zu lachen und als ich vor ihm Stand streckte ich meine linke Hand aus. Er konnte sich somit nicht mehr bewegen. Die andere Hand legte ich auf sein Herz. „Seraphina, was… was machst du da?“, brachte Fedir heraus. „Ich bin nicht Seraphina. Ich weiß auch nicht wer das ist. Mein Name ist Ellinor Emarentiana. Einen Nachnamen habe ich nicht. Und jetzt, sag leb wohl zur Erde! Nistru-zahem-zlu Kikmonstro-salum!“, schrie ich und krallte meine Finger um sein Herz. „Raklum-delim Quatres-h-i-l-o-m-n-k!“, schrie ich wieder und meine Finger drangen in seinen Körper und meine Hand umschloss sein Herz. „Aaaaaaaaaahhhhhhh!“, schrie Fedir. Ich drehte meine Hand und riss ihm das Herz heraus. Sein toter Körper sank an der Wand hinunter. Ich hörte wie ein paar Wachen den Gang entlangstürmten und so breitete ich meine Flügel aus. Durch die Größe und Kraft von ihnen brach die Wand ein. Die Tür wurde aufgerissen aber in dem Moment lief ich rückwärts und fiel aus dem Raum. Da die Wachen meine Flügel nicht gesehen haben, kamen sie hinterher gerannt und sahen nach unten. Aber kurz bevor ich den Boden erreichte fing der Wind mich auf und ich flog in die Nacht davon. 

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Tag der Veröffentlichung: 30.05.2013

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