Medizinisches Logbuch der Enterprise
Sternzeit: 5940,3; Doktor McCoy
Das Schiff hat mehrere Proben eines neu entdeckten Minerals namens Krisilium an Bord genommen. Wir sollen den kristallähnlichen Stoff untersuchen und seine Eigenschaften erforschen. Irgendwer schreibt diesem Mineral regenerative Eigenschaften zu, die wir überprüfen sollen. Mit anderen Worten, McCoy darf einen weiteren freien Nachmittag opfern, um sich einige Wundersteine anzusehen. Ich muss heute mal meine Überstunden zusammen zählen, vielleicht reicht es ja für eine Woche Urlaub mit einem guten Schnaps an einem weißen Strand im Schatten von Palmen…nachdem das Krisilium ordnungsgemäß untersucht wurde, versteht sich.
Die Pflanze, die ich als Versuchsobjekt unter die Bestrahlung des Krisiliums gesetzt hatte, wies bisher noch keine Veränderungen auf. Das Mineral schien so grell, dass ich das Experiment in einen Nebenraum verlagern musste, da ich sonst jedem, der die Krankenstation betrat, eine Lichtschutzbrille aufsetzen müsste.
„So, mein Pflänzchen, gegossen habe ich dich und nun musst du nur noch die restliche Zeit des Tages hier verweilen.“ Der Tricorder zeigte zwar nur geringfügige radioaktive Strahlung an, doch man wusste nie. Jetzt war jedenfalls erst einmal Zeit, um den Rest meines freien Nachmittages zu planen.
Wie gerufen piepte es im Intercom. „Scott an Krankenstation. Sind Sie da, Doktor?“
Ich drückte den Knopf. „Körperlich noch, geistig schwebe ich schon in meinem freien Nachmittag bei einer netten Runde Scotch. Ich lade Sie ein, Scotty.“
Ein Kichern in der Leitung. „Freundlich von Ihnen, aber ich bringe meinen eigenen mit. Wie läuft es mit den Steinchen?“
„Sehr schlecht, sie sind äußerst unbeweglich“, gab ich zurück. „Bei Ihren?“
„Unser Schiff werden sie nicht fortbewegen können, aber sie könnten wirklich bald die Zuverlässigkeit der Notenergie revolutionieren. Doch lassen wir sie erst einmal sein, wo sie sind und treffen uns im Gemeinschaftsraum!“
„Natürlich, ich bin gleich da!“
Ich trat gerade aus dem Raum, als es mich fast umflog. Es bewegte sich mit so schneller Geschwindigkeit auf mich zu, dass ich gerade noch den Kopf einziehen konnte, ehe es über mich hinweg flog und eine Kurve in der Luft zog, bevor es landete.
„Oh, bitte verzeihen Sie, Doktor.“ Es war Commander Kyle, der dies sagte, er hielt ein seltsames Gerät in den Händen, das aussah, wie eine dieser alten Fernsteuerungen, mit denen Kinder auf der Erde früher Modellautomobile gelenkt haben (mein Vater hatte eines von den Dingern, ein uraltes Erbstück der McCoys, ich hoffe, ich besitze es noch). „Ich habe Sie nicht kommen sehen.“
Etwas flog surrend durch die Luft. Ich fing es mit einer Hand auf. Es hatte die Form eines Raumschiffs, war nur viel kleiner und trug eine Antenne. „Was ist das denn, Mr. Kyle?“, fragte ich, das Ding in der Hand drehen.
Der Commander schmunzelte. „Das…nun ja, das ist ein Modellraumschiff. Klein, kompakt, fast originalgetreu. Möchten Sie es mal steuern?“ Freundschaftlich hielt er mir die Fernbedienung hin.
Ich winkte ab. „Danke, aber ich bin aber mit Mr. Scott verabredet. Und bitte, bemühen Sie sich, nicht jedes Besatzungsmitglied damit zu attackieren, ich habe gerade frei.“
„Natürlich, Sir. Ich wünsche Ihnen viel Spaß.“
Ich erwiderte den Wunsch und machte mich auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Modellraumschiffe. Was es nicht alles gab!
Scotty musste lachen, als ich ihm von Mr. Kyles neuem Spielzeug berichtete.
„Er ist da nicht der einzige, Doktor. Sie sollten die Jungs vom Maschinenraum mal sehen. Ich muss sie schon an den Ohren zu den Computern schleifen, damit sich das Schiff noch bewegen kann.“ Er genehmigte sich einen Schluck und schenkte uns beiden nach.
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Aus dem Alter kommen sie wohl niemals heraus.“ Selbst jetzt flog eines dieser kleinen Schiffe über unsere Köpfe hinweg. Einige junge Offiziere tauschten die Fernbedienung immer wieder untereinander aus. „Als ich klein war hatte ich auch mal so eines. Hat aber nicht lange gehalten.“
„Ich auch“, berichtete mir Scotty, „ich habe es sogar selbst gebaut! An dieser Epidemie hier bin ich aber nicht schuld, das schwöre ich bei meiner Ehre als Mechaniker!“
Ich blickte wieder zu dem Modellschiff, das seine Runden durch den Raum zog. „Ich frage mich, wo die Dinger plötzlich herkommen…“
„Na, genießt hier jemand seinen freien Nachmittag?“
Mit einem Grinsen drehte ich mich um. „Jim! Setz dich zu uns, wir haben noch einen Schluck für dich übrig!“
Jim Kirk winkte jedoch ab, als ich ihm die Flasche hinhielt. „Danke, Pille, aber ich muss gleich wieder auf die Brücke. Ich wollte mich nur erkundigen, was ihr zwei schon über das Krisilium herausgefunden habt.“
„Es strahlt hell und redet nicht sehr viel“, gebe ich als Antwort.
„Das Mineral kann leicht als Energiequelle genutzt werden“, informierte Scotty, den der Alkohol noch nicht so schnell in Anspruch genommen hatte, „allerdings besitzt es lange nicht genug, um ein Raumschiff oder eine Station zu versorgen. Lediglich für kleinere Maschinen kann es gut geeignet sein, Captain.“
Wie auf ein Kommando schwirrte das Modellraumschiff wieder über unsere Köpfe hinweg, was mich kurz zum Lachen brachte. „Dann wissen wir ja schon, wohin damit, wenn es uns nicht hilft.“
Jim lächelte kurz. „Informiert mich, wenn ihr noch etwas rausbekommt. Ach, Scotty, die Intercom hat heute gestreikt. Könnten Sie sich das ansehen?“
Scotty zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich eben noch über die Kanäle mit dem Doktor zum Drink verabredet, da war alles in Ordnung. Aber ich kann mal reinschauen, wenn Sie wünschen, Captain.“
„Danke, Scotty, auf Sie ist immer Verlass!“
Er wollte gerade gehen, doch ich hielt ihn am Ärmel fest. „Jim, sag mal, wo haben die Leute plötzlich all diese Spielzeuge her? Auf dem Flur hat mich schon eines fast über den Haufen geflogen und hier schwirren die auch schon überall herum.“
„Da bin ich genauso ratlos, wie du, Pille. Ich habe Chekov und Sulu schon danach gefragt. Sulu meinte, es seien modifizierte Trainingsgeräte, die die Koordination der Navigationsoffiziere steigern sollten, Chekov erzählte mir es handelte sich um einfache Spielzeuge aus Indien, die bei der Crew große Nostalgiegefühle hervorgerufen haben.“
„Aus Indien?“
Jim grinste. „Er hatte natürlich hinzugefügt, dass die russischen Modelle weitaus wendiger, besser zu handhaben seien und dazu über eine länger laufende Energiequelle verfügen würden.“
„Das klingt schon mehr nach Chekov“, kommentiere Scotty. „Wenn Sie mich dann entschuldigen, Doktor, ich schaue mal nach, welcher Wurm sich mal wieder in die Kommunikation geschlichen hat.“
„Na dann.“ Ich stand ebenfalls auf. „Ich schaue mal nach meiner Zimmerpflanze. Man sieht sich.“
Vor dem Verlassen des Gemeinschaftsraumes warf ich noch einen Blick auf die herum schwirrenden Modellraumschiffe. Das eine sah fast aus, wie eine kleine Enterprise…als wäre der junge Mann, der es gerade steuerte, ihr Captain. Ein kleines Schiff, dass seine Kreise zog, sich für einen Augenblick auf mich zu bewegte, mich fast schon anzustarren schien…
Spiel mit mir!
Ich runzelte die Stirn. Hatte wer etwas gesagt?
Komm, spiel mit mir! Das Schiff umkreise mich kurz. Lass uns Spaß haben! Spiel mit mir! Fast wie eine Kinderstimme. Spiel mit mir! Spiel! Spiel! SPIEL MIT MIR!
Ich riss meinen Blick los, schüttelte kurz den Kopf. War das eine Stimme? Oder ein bloßer Gedanke? Es war so eindringlich gewesen…so fordernd…gar nicht mehr kindlich, eher…befehlend…
Ich fasste mir an die Stirn und seufzte. Vielleicht habe ich mich mit der Größe des Glases doch überschätzt.
Der Hauch eines Echos klang noch nach, als ich den Raum verließ. Spiel…mit…mir…
The final frontier.
These are the voyages of the starship Enterprise. Its five-year mission: to explore strange new world, to seek out new life an new civilizations.
To boldly go where no man has gone before.
Medizinisches Logbuch der Enterprise
Sternzeit: 5940,4; Doctor McCoy
Meine Versuche mit der Pflanze und zahlreiche Scans ergaben, dass die Strahlung des Krisiliums keine negativen Auswirkungen auf organische Lebensformen hatte. Daher kann ich die Vorsichtsmaßnahmen erst einmal auf eine Lichtschutzbrille reduzieren. Schwester Chapel und ich sind daher zu einer weiteren Untersuchung übergegangen, die prüfen soll, ob die Strahlung möglicherweise regenerative Auswirkungen hat.
„Sind Ihnen die kleinen Modellraumschiffe auch schon aufgefallen?“, fragte ich Miss Chapel beiläufig, während ich meine schon etwas welke, zweite Versuchspflanze in dasselbe Gefäß zu dem Krisilium stelle.
„Sie sind ja unmöglich zu übersehen, Doktor“, antwortete sie mir, mit einem belustigten Unterton. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich hätte Kinder und keine Offiziere um mich herum.“
„Das verstehe ich.“ Ich hätte sie umarmen können. Noch ein Mensch außer Scotty, dem das Verhalten der Crew seltsam vorkam! „Sie wissen nicht zufällig, wo die Dinger herkommen, oder?“
„Nein.“ Miss Chapel sah mich an. „Ich vermute, ein Crewmitglied hat sie in einem Anflug von Großzügigkeit verschenkt. Ich habe aber auch nicht genauer nachgefragt.“
Ich auch nicht. Wieso nur nicht?
„Ehrlich gesagt, mache ich mir Gedanken, ob diese Geräte nicht vielleicht die Arbeit auf dem Schiff beeinflussen könnten.“
Ich sah sie überrascht an. „Inwiefern?“
Miss Chapel legte den Tricorder mit den kürzlich erfassten Werten zur Seite. „Ein Freund von mir, Charles, er ist Sicherheitsoffizier, besitzt ebenfalls eines dieser Geräte. Und er hat mir heute etwas Seltsames gesagt.“
Spiel mit mir!, erklang die Stimme der Verzweiflung in meinen Gedanken. Ich drängte diese Erinnerung weg. „Was sagte er?“, fragte ich Miss Chapel in der Hoffnung, nicht allzu verstört auszusehen.
„Nun, Doktor, er hat es nicht ausgesprochen, doch es wirkte so, als…wie soll ich das erklären…als würde er das Gerät nicht als Maschine, sondern…wie soll ich sagen, als Lebensform ansehen.“
Die Stimme des kleinen Modellraumschiffs! Sie hatte sich so lebendig angehört, voller Verlangen, fast schon voller Verzweiflung. Spiel mit mir!
Unwillkürlich merkte ich, dass ich meine Aufzeichnungen zur Seite gelegt hatte. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Was war auf diesem Schiff nur los?
„Es kann sich natürlich auch um ein Missverständnis handeln, doch ich dachte…Sie sollten es erfahren, falls doch etwas geschieht…Doktor McCoy?“
Mir wurde bewusst, dass ich mich schon auf dem Weg zur Tür machte. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss mit dem Captain reden. Dringend. Übernehmen Sie bitte solange die Untersuchungen.“
Damit war ich aus der Krankenstation verschwunden, wie ein Hase, der vor einem Fuchs flüchtete. Eine Stimme schien mich zu verfolgen. Spiel mit mir!
Ich erregte die gleich große Aufmerksamkeit, wie ein Revolverheld, der mit gesenktem Blick und breitbeinig in einen Saloon eintrat, als ich auf die Brücke stürmte und beinahe über meine eigenen Füße stolperte, wenn auch aus einem gegensätzlichem Grund.
„Gibt es ein Problem, Pille?“, empfing mich Jim mit einem munteren Tonfall, der im Kontrast zu meinen wild umher schwirrenden Gedankengängen wie ein Witz wirkte.
„Wir müssen etwas besprechen, Jim. Sofort!“
Das erste, was dieser ignorante Weltraum-Playboy natürlich tat, war, sich über die Freisprecheinrichtung zu beugen. „Funktioniert die Intercom immer noch nicht? Ich denke, ich muss bald mal eine Nachricht…“
„Vergiss die Kommunikation, wir haben Wichtigeres zu besprechen!“
Dem Ausdruck auf Jims Gesicht zu urteilen hielt er mich für verrückt. Sollte er nur, dann war ich wenigstens nicht der Einzige, den diese Meinung zu schaffen machte!
„Also…in Ordnung. Mr. Spock, Pille, wir gehen dazu in den Konferenzraum. Sulu, Sie übernehmen solange die Brücke, bis…“
„Wir haben keine Zeit für den Konferenzraum, mitkommen!“
„Den hörbaren Emotionen, denen Sie ausgesetzt sind, schlussfolgere ich, dass irgendetwas Sie sehr bedrückt, Doktor!“, diagnostizierte Spock wie ein Computer, als er uns folgte.
„Ich bin beeindruckt! Der Vulkanier lernt menschliche Gefühle zu deuten. Und jetzt Beeilung!“, forderte ich sie auf, als der Turbolift endlich stoppte.
Da mir das Tempo zu langsam voran ging, nahm ich beide an die Hand und beschleunigte den Schritt, nicht darauf achtend, dass sämtliche Gesichter, die uns auf dem Gang begegneten, uns befremdlich musterten.
„Ähm…Pille, willst du uns nicht erst einmal erklären…“
„Nein!“, fauchte ich harsch, das Tempo steigernd. Spiel mit mir! Fast schon konnte ich es wieder akustisch hören.
„Ich denke, das Logischste wäre es, seiner Laune zu folgen und die Ursache heraus zu finden“, riet Spock Jim, während wir um eine Ecke bogen.
„Da stimme ich ausnahmsweise zu, Sie werden noch sehen, wie logisch diese Entscheidung ist!“
Miss Chapels Blick zu urteilen hielt sie mich inzwischen auch schon für übergeschnappt, als ich den Captain und den Ersten Offizier in die Krankenstation zerrte. „Irgendwelche Patienten in der Zwischenzeit?“
„Nein, Doktor…fehlt Ihnen beiden etwas?“
„Keine Sorge, denen geht es gut. Noch.“ Ich betätigte das Intercom. „Krankenstation an Maschinenraum, Mr. Scott bitte kommen.“
Gleich darauf ertönte Scottys Stimme schon im Kanal. „Doktor, ich wollte Sie gerade rufen. Diese Raumschiff-Spielzeuge machen mich ganz kirre. Jeder Zweite hat nun schon eines. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sie abschalten, aber…“ ein lautes Brummen unterbrach die Übertragung, „Sie hören es ja!“
„Das Gerät funktioniert bei dir?“, stellte Jim erstaunt fest, wofür ich ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte.
„Scotty, kommen Sie sofort auf die Krankenstation! Ich fürchte, wir haben ein Problem!“
„Doktor, meine Leute sind völlig außer Rand und Band, ich kann nicht…“
„Das war ein Befehl!“, wiederholte ich mit Nachdruck.
„Ja, Sir!“, antwortete Scotty nun gehorsam und beendete die Kommunikation.
„Pille!“, sprach Jim nun in dem Tonfall, mit dem ein Psychiater zu einem traumatisierten Patienten redet. „Kannst du uns jetzt bitte erklären, was das Problem ist.“
Also gut, dann musste Scotty eben später zu uns stoßen! Ich konnte auch nicht länger warten!
„Das Problem sind diese Raumschiffe!“
„Dieses Schiff?“
„Nein, Captain“, berichtigte ihn Spock sachlich, „er hat im Plural gesprochen.“
„Diese Spielzeugraumschiffe, die plötzlich überall herum schwirren, Jim! Hast du Scotty nicht gehört?! Sie richten überall Chaos an!“
Ich wollte warten, bis der Groschen endlich fiel, doch die Stille war unerträglich. „Miss Chapel, berichten Sie den beiden, was Sie eben mir berichtet haben.“
„Nun…ein Freund von mir machte heute seltsame Bemerkungen über diese Modellraumschiffe. Er sagte…es klingt wie wirres Zeug, aber er sagte, sie würden uns alle kontrollieren. Und noch im gleichen Atemzug sagte er etwas völlig Gegensätzliches. Es war… ‚Sie wollen alle nur spielen‘. Ja, das war es! ‚Sie wollen alle nur spielen‘.“
„Diese unlogische Eigenschaft ist mir auch schon aufgefallen“, bemerkte Mr. Spock. „Scheinbar haben alle Menschen einen inneren Drang…“
„Nein, er hatte nicht von Menschen gesprochen, Mr. Spock“, berichtigte Chapel. „Er sprach über…die Raumschiffe.“
In diesem Moment öffnete sich die Tür zur Krankenstation. Scotty kam herein, zerzaust und außer Puste, als hätte man ihn quer über die schottischen Highlands gejagt.
„Wenn das so weitergeht, sammele ich die Dinger persönlich ein und werfe sie über Bord, bis…oh, guten Tag Captain. Mr. Spock.“
„Seht ihr? Das ganze Schiff spielt verrückt, seitdem diese Raumschiffe an Bord sind. Jeder verhält sich irrational!“ Erst als ich diese Worte ausgesprochen hatte, kam mir der Gedanke, dass ich gerade das perfekte Beispiel für derartiges Verhalten abgab.
„Nun, die Crew war wirklich schon mal disziplinierter“, fügte Scotty ein, als eine peinliche Stille sich auszubreiten begann.
Jim holte tief Luft, von der Art, dass ich sofort wusste, dass er uns nicht zur Genüge ernst nahm. „Also…vielleicht solltest du mal mit dem Offizier sprechen, den Miss Chapel erwähnt hat. Vielleicht…ist das alles wirklich ein Missverständnis. Oder haben Sie auch etwas Ungewöhnliches zu berichten, Mr. Spock?“
Spock zog eine Augenbraue hoch. „Natürlich, Captain, für einen Vulkanier benehmen sich Menschen immer ungewöhnlich.“
Ein paar leere Phiolen, die das Pech hatten, in meiner Reichweite zu stehen, mussten dran glauben, als ich mir mittels unvermittelter Zerstörung von Gegenständen Gehör zu verschaffen versuchte. „Verdammt, die Sache ist ernst, Sie dämliches Spitzohr! Ich weiß nicht, was diese Dinger machen, aber was auch immer es ist, es ist nicht gut.“ So, jetzt erst einmal tief durchatmen! „Wie war der Name Ihres Bekannten noch gleich, Miss Chapel?“
„Charles. Charles Wilson.“
„Dann würde ich sagen, wir fragen Mr. Wilson, was er von der ganzen Sache hält“, entschied Jim endlich. „Aber nicht wir alle, Pille, du und Miss Chapel werdet genügen.“
Crewman Charles Wilson hatte an diesem Tag eine Schicht an der Überwachung der Materie- und Antimaterie-Injektoren, wo wir drei auch gleich auftauchten.
„Charles?“, rief Miss Chapel nach ihm. „Sind Sie hier? Der Captain muss etwas mit Ihnen bespre…“ Ihre Worte endeten in einem plötzlichen, schrillen Schrei, der mich sofort nach der Stelle greifen ließ, an der sich bei einem Außeneinsatz der Phaser befunden hätte. Jim und ich erreichten gleichzeitig den Ort des Geschehens. Am Fuß einer Leiter lag ein regloser Körper, die vor Entsetzten erstarrte Christine Chapel stand wie eine Salzsäule daneben, ihre Hände vorm Mund zusammen geschlagen.
Ich stürmte zu der am Boden liegenden Gestalt. Wilsons Augen waren weit aufgerissen, sein Mund stand offen, als würde er schreien, doch sein Puls stand still. Ein noch feuchter Faden Blut rann von seiner Schläfe herab und verlor sich direkt neben dem Abzeichen der Sternenflotte im roten Stoff. Ich sah über die Schulter. „Er ist tot, Jim.“
„Kannst du erkennen, was ihn getötet hat?“, fragte er, die zitternde Krankenschwester tröstend in den Arm nehmend.
Zur Sicherheit scannte ich den Toten noch einmal mit meinem Tricorder. „Es scheint fast so, als sei er von der Leiter gefallen. Ich weiß Näheres erst nach der Autopsie.“ Ich sah die Leiter hoch. War jemals ein Crewmitglied einfach dort hinuntergestürzt?! „Es ist noch nicht lange Zeit her.“
Ohne weiter zu warten, begann ich, die Leiter zu erklimmen.
„Sicherheit sofort in die Warpkammer“, befahl Jim über seinen Kommunikator, bevor auch er mir folgte.
Nichts. Jedenfalls war nichts zu sehen, was einen Sturz von der Leiter hätte bewirken können.
Jim hatte die Leiter neben mir erklommen, als schon die Sicherheit mit gezückten Phasern eintraf.
„Nichts zu erkennen“, war alles, was die Untersuchung heraus brachte.
„Ich werde die Crewmitglieder, die hier arbeiten, warnen“, entschied sich Jim schließlich, als wir die Suche nach der Todesursache einstellten.
Ich nickte nur nüchtern. „Vielleicht bekomme ich noch etwas heraus.“
Erst als ich allein war, entdeckte ich dieses winzige, schaurige Detail, das wir alle übersehen hatten. Etwas Ungewöhnliches, was wir einfach aus unserer Wahrnehmung gestrichen hatten. Die mögliche Ursache für den Tod dieses Mannes.
Ein kleines, schwach blinkendes Modellraumschiff.
Scotty drehte das Modellraumschiff in den Händen und schüttelte leicht den Kopf. „Doktor, mir gehen diese kleinen Freunde auch gehörig auf die Nerven, aber denken Sie wirklich, das hier hätte den Mann die Leiter hinunter gestoßen?“
„Es ist das einzige Indiz!“, beharrte ich. „Es war dort!“
„Haben Sie schon die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es jemand dort vergessen haben könnte?“, schlug Mr. Spock vor.
„So wie die Leute in letzter Zeit an den Dingern hängen? Selbst Sie müssten erkennen, dass das in diesem Fall äußerst untypisch ist, Mr. Spock!“ Ungeduldig sah ich zu Tür. Wo blieb Jim nur die ganze Zeit?!
„Also, Sie müssen aber wirklich zugeben, dass es…verrückt klingt, Doktor“, versuchte Scotty auch noch zu mir durchzudringen.
Jim war immer noch nicht zu sehen. Natürlich, wenn man den großen Captain Kirk mal brauchte!
„Okay, Sie dürfen mich gerne für übergeschnappt halten, aber vorher untersuchen wir dieses Gerät. Gründlich und bis auf die letzte Schraube, verstanden? Wenn wir nichts finden, gehe ich wieder brav auf meine Station und verschwende den Rest des Tages mit diesen nutzlosen Kristallen und lasse die Spielzeuge in Ruhe.“
„Klingt nach einem vernünftigen Vorschlag, Mr. Spock.“
„Dann lassen Sie uns darauf eingehen, Mr. Scott.“
„Na endlich! Geht doch!“ Ich setzte mich wieder. „Sie haben doch sicher das nötige Werkzeug dabei, Scotty!“
„Wenn Sie es wünschen.“ Scotty nahm mir das Modellraumschiff ab und begann sogleich, mit seinen Geräten, die er wie immer dabei hatte, daran herum zu montieren, während ich ungeduldig mit einem Fuß wippte. Würde nichts zu finden sein, hätte ich für den Rest des Tages den Posten des verrückten Arztes mit Paranoia abgestaubt, wenn doch…was dann geschehen würde, würde sich zeigen.
„Ist ja seltsam…“, murmelte Scotty gedankenverloren, woraufhin ich sofort wieder aufsprang. „Was?“
„Der Tricorder…er zeigt seltsame Werte an.“
Zu dritt beugten wir uns über die Anzeige, was bedeutete, dass ich mich fast auf den Tisch legen musste. Ich runzelte die Stirn, als ich die Ergebnisse betrachtete. „Das ist…“
Scottys Augen wurden groß wie Tennisbälle. „…unglaublich…“
Spock zog eine Augenbraue hoch. „…faszinierend.“
Medizinisches Logbuch der Enterprise
Sternzeit: 5940,6; Doktor McCoy – Nachtrag
Eine Untersuchung meiner Befürchtung hat Erstaunliches zu Tage gebracht. Bei den Raumschiffen handelt es sich keinesfalls um Maschinen, sondern um eine größere Technologie, die der Menschheit bisher nicht bekannt war…
„Der Tricorder kann keine Materie diagnostizieren“, las Mr. Spock die Ergebnisse vor, „es befinden sich keine elektronischen Komponenten in dem Objekt, sondern Anzeichen auf eine organische Lebensform.“
„Aber es fühlt sich an, wie normales Metall“, warf Scotty ein. „Es ist etwa gleich schwer und reagiert auf die elektronischen Befehle der Fernbedienungen.“
„Möglicherweise tut es das absichtlich“, vermutete ich. „Zur Tarnung.“
„Ich glaube, ich weiß jetzt, wie ich die Hülle aufbreche“, warf Scotty plötzlich ein. Er ergriff die Antenne auf dem angeblichen Modellraumschiff und drehte langsam daran. Gebannt sah ich zu, ein Teil von mir konnte nicht erwarten, zu sehen, was sich darunter wirklich befand, ein anderer Teil fürchtete diese Erkenntnis.
Spiel mit mir!
Was hatte dieser Satz zu bedeuten?
„Die Antenne sitzt nicht zufällig hier“, erklärte uns Scotty. „Sie empfängt vielleicht nicht die Signale einer Fernbedienung, dennoch muss sie eine wichtige Funktion bei der Maschine haben, die…“
Scotty musste den richtigen Winkel gefunden haben. Plötzlich flimmerte das Gerät in einem hellen Licht, sodass ich mich wieder zurücklehnen und meine Augen mit der Hand schützen musste. Das Licht schien den ganzen Raum auszufüllen, bis es sich zurückzog.
Als ich wieder sehen konnte, war da kein Raumschiff mehr!
Nur noch…
„Das Modellraumschiff muss eine Art Hologramm gewesen sein, mit einer uns unbekannten Technik getarnt, sodass unsere Tricorder es nicht erfassen konnten, was dazu führte…“
„Spock!“, unterbrach ich ihn immer noch bezaubert von dem, was vor uns lag. „Sie zerstören die ganze Atmosphäre der Entdeckung!“
„Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie eine Entdeckung, die in einem Konferenzraum gemacht wurde, eine Atmosphäre entstehen lassen kann, die durch eine wissenschaftliche Schlussfolgerung beschädigt werden könnte…“
„Es geht um das Gefühl!“, stellte Scotty klar, dessen Augen mindestens so sehr leuchteten wie ich. „Wir haben gerade eine neue Lebensform entdeckt. Da können wir sie doch erst einmal kennen lernen, bevor wir sie analysieren!“
„Und wo genau liegt da der Unterschied?“
„Im Gefühl!“, antwortete ich, während ich mich wieder über das kleine Wesen beugte.
Sein Rumpf war winzig, er könnte in meine beiden Hände passen. Zahlreiche schlanke, sich kringelnde Tentakelarme schwebten in der Luft, schlossen sich sanft um meine Finger, als ich mich näherte. Ein einziges großes, dunkles Auge blinzelte mir entgegen. Obwohl die ockerfarbene Tönung des Wesens an Schlamm erinnerte und es von einer feinen Schleimhaut, wie der von Fröschen bedeckt zu sein schien, konnte ich nicht anders, als seine Art gleich ins Herz zu schließen.
„Na, was bist du denn?“, fragte Scotty es mit hoher Stimme.
Ich konnte keinen Mund oder eine andere tonerzeugende Körperöffnung erkennen, dennoch hörte ich ganz deutlich eine helle Stimme.
„Spielt…mit…mir!“
Es fühlte sich warm und pulsierend an.
„Ist es das, was ihr wollt?“, fragte ich. „Spielen?“
„Spielen“, quiekte das Wesen, es hörte sich wie eine Bitte an.
„In dem Raum in dem wir dich gefunden haben, ist ein Besatzungsmitglied zu Tode gekommen.“ Ich hätte Spock nun wirklich erwürgen können! „Weißt du, wie es geschehen ist?“
„Tot? Aber ich wollte doch mit ihm spielen. Hat es nichts geholfen?“ Es hörte sich an, wie ein Kind, das bereute, das Spielzeug eines anderen Kindes kaputt gemacht zu haben.
„Seine Vitalwerte, Doktor!“ Ohne Scottys Ausruf hätte ich es nie bemerkt. Der Tricorder piepte, die Lebenszeichen sanken. Obwohl ich keine Ahnung hatte, wie ich dieser Lebensform helfen könnte, nahm ich meinen medizinischen Tricorder zu Hilfe.
„Sein Stoffwechsel geht zurück“, erkannte ich. „Es stirbt.“
„Spiel…“, brachte das Wesen zu Stande.
„In der Krankenstation kann ich vielleicht mehr herausfinden.“ Ich wollte es schon hochheben.
„Warten Sie, Doktor“, warf Mr. Spock ein. „Ich bin sicher, Sie können es auch hier heilen.“
„Ach, Hand drauflegen und warten, bis es hilft?!“, gebe ich zynisch zurück.
„Nein. Spielen.“
Ich hatte mit allem gerechnet, aber damit nicht. „Was?“
„Das Wesen hat Sie aufgefordert, mit ihm zu spielen. Jedoch mit einem stark verzweifelten Unterton in der Stimme. Das lässt schlussfolgern, dass es um alles in der Welt mit Ihnen spielen muss, ähnlich wie ein Tier unbedingt an Fressen kommen muss, wenn es verhungert. Als das Wesen sagte, es hätte mit Mr. Wilson spielen wollen, fügte es kurz danach die Frage hinzu, ob es nicht geholfen hätte. Daraus folgere ich, dass Spaß für diese Spezies ein Gefühl ist, ohne dass sie nicht leben können. Endorphine und Dopamin scheinen für ihren Stoffwechsel das zu sein, was Kalorien für unseren sind.“
„Stimmt das?“, fragte ich das Wesen. „Braucht ihr Spaß, um zu leben?“
„Ja…“ Die Stimme war schwach…so schwach…
Kurzentschlossen nahm ich das Wesen hoch und warf es in die Luft, wo es die Tentakel ausbreitete. Eine Haut, ähnlich wie Fledermausflügel, breitete sich zwischen seinen Tentakeln aus und ließ es sanft wieder hinunter gleiten.
Ich fing es auf. „Macht das Spaß?“
„Ja!“ Die Stimme war kräftiger, fast schien Hoffnung in ihr zu liegen.
„Sehr gut. Du musst keine Angst mehr haben. Ich bin Arzt, das heißt, ich mache kranke Leute gesund. Also kann ich auch dich gesund machen. Wie ist dein Name?“
„Name?“ Die Stimme klang verwirrt. „Was ist das?“
„Das…nun ja…das ist eine Bezeichnung, die wir uns geben, um uns unterscheiden zu können. Das ist Montgomery Scott, aber alle nennen ihn ‚Scotty‘, der mit den außergewöhnlichen Ohren heißt Mr. Spock und ich bin Leonard McCoy, meine Freunde nennen mich aber meistens nur ‚Pille‘.“
„Wir kennen so etwas wie Namen nicht…Pille“, fügte das Wesen etwas verunsichert hinzu, „aber die Idee gefällt mir. Bekomme ich auch einen Namen?“
„Nun…“ Ich versuchte, mir einen möglichst humorvollen Namen zu überlegen. „Wie wäre es mit…Kleeblatt?“
Die Vitalwerte des Wesens stiegen erneut um ein großes Stück. „Klingt lustig. Was ist das?“
„Das ist eine Pflanze, die auf meinem Heimatplaneten wächst“, erklärte ich dem frisch getauften Kleeblatt. „Meistens haben sie drei Blätter, aber manche haben auch vier. Eine Sage besagt, dass es Glück bringt, ein Kleeblatt mit vier Blättern zu finden.“
„Das klingt gut.“ Die Tentakel ringelten sich um meine Arme. „Spielen wir ein Spiel?“
Ich musste lächeln. „Oh ja, gerne, kennst du das Spiel ‚Schweinchen in der Mitte‘?“
„Nein…kenne ich nicht…“
„Dann lernst du es jetzt kennen, Kleeblatt. Scotty, fangen Sie!“
Mit weitem, aber vorsichtigem Schwung warf ich Scotty das kleine Wesen zu, er aufsprang und es geschickt auffing. Dabei lachte er.
„Das macht Spaß!“, rief Kleeblatts Stimme, als Scotty es zu mir zurück warf.
„Scotty und ich werfen dich hin und her. Dabei versucht Mr. Spock, dich zu fangen!“
„Doktor, ich denke nicht, dass ich der richtige Kandidat für…“
„Sie sind Teil einer ernsten, medizinischen Therapie, da wird nicht protestiert! Scotty, fangen Sie!“
Kleeblatt flog nun noch höher in die Luft, seine Lebenszeichen erreichten das Optimum. Scotty knuddelte das Wesen wie einen Teddybären, bevor er es wieder warf, Spock machte kaum einen ernsthaften Versuch, mehr Energie in das Spiel zu setzen, als man benötigte, um seine Arme zu heben und Kleeblatts lange Tentakel schlangen sich diesmal eng um meinen Körper, als er in meinen Armen landete.
Die Tür zum Konferenzraum öffnete sich, endlich gesellte sich Jim auch zu uns.
„Jim, da bist du ja! Komm, spiel mit!“, fordere ich ihn auf.
Er machte aber keine Anstalten, mitzuspielen.
Ebenso wenig Chekov, Sulu, Uhura und Miss Chapel, die ihn begleiteten.
Stattdessen richteten sie die geladenen Phaser auf uns.
Nach einem langen Augenblick verblüfften Schweigens fand ich endlich meine Sprache wieder. „Jim! Was soll das? Was macht ihr da?“
Zunächst erntete ich nur gähnendes Schweigen, bis er sich endlich regte, hatten sich all meine Nackenhaare aufgerichtet.
„Wir wollen keinen Schaden anrichten“, sagte schließlich eine Stimme, jedoch nicht Jims Stimme. Dieser starrte immer noch wie hypnotisiert ins Leere, ohne den Phaser von uns abzuwenden.
Die Stimme fuhr fort: „Der Gedanke, anderen Wesen zu schaden, macht uns krank, könnte uns töten. Es ist schwer genug, diese fünf Lebensformen unter Kontrolle zu halben. Also bitte, arbeitet mit uns zusammen.“
Ich wich unwillkürlich zurück. Glasiger, apathischer Blick in den Gesichtern unserer Crewmitglieder. Wesen wie Kleeblatt erschienen nacheinander im Gang hinter ihnen, mit sanften Bewegungen der Tentakel und der Flughäute dazwischen in der Luft schwebend. Jedes von ihnen hatte eine andere Farbe, einige waren größer, andere kleiner. Keines von ihnen trug noch die Raumschifftarnung.
Kleeblatt löste sich von mir. Ich konnte es nur mit großen Augen anstarren, es starrte mit großem Auge zurück. Der Tricorder zeigte sinkende Vitalwerte an. Das machte ihm keinen Spaß.
„Entschuldigung, Pille.“ Kleeblatts Stimme klang reumütig. „Entschuldigung, Mr. Spock. Entschuldigung, Scotty. Mit euch kann man gut spielen. Wir könnten sicher Freunde sein. Aber wir müssen an unser Überleben denken. Deshalb mussten meine Freunde euren Freunden ihren Willen nehmen.“
Ich konnte nichts sagen, wusste nicht, was ich empfinden sollte, Mitleid, Angst oder Wut.
Als ich nichts sagte, ergriff stattdessen Mr. Spock das Wort: „Ihr müsst uns nicht zwingen, euch am Leben zu lassen. Niemand auf diesem Schiff möchte euch etwas tun, unsere Aufgabe ist es, Leben zu entdecken, nicht, es zu vernichten.“
„Richtig!“, fügte Scotty hektisch hinzu, danach fuhr er ruhiger fort: „Wir können euch helfen, im Weltall treffen wir häufig auf andere Lebensformen mit Problem. Vielleicht können wir auch eure lösen.“
Mir kam der Gedanke, dass Jim vielleicht die richtigen Worte gefunden hätte, doch in meinem Kopf sammelte sich nur Leere.
„Was habt ihr vor?“, brachte ich schließlich hervor. „Wenn es euch keinen Spaß macht, im Gegenteil, wenn es euch traurig macht, uns euren Willen aufzuzwingen, könnte das für euch tödlich sein!“
„Es ist unsere einzige Hoffnung.“ Das war Kleeblatt. Ich war mir sicher, das kleine Wesen hätte geweint, wenn es dazu in der Lage gewesen wäre. „Wenn wir die Kontrolle über euch haben, könnt ihr uns nichts tun. Ihr habt das Gift an Bord. Eine Waffe gegen uns. Darum müssen wir vorsichtig sein.“
Kleeblatt schwebte von mir fort, zu seinen Artgenossen. „Wenn euer Schiff den nächsten Planeten erreicht, werden wir verschwinden. Wir haben eure Kommunikationseinrichtungen blockiert, damit ihr keine anderen eurer Art holen könnt. Doch wenn der Planet ungiftig ist, sind wir gerettet. Bis dahin müsst ihr unsere Gefangenen sein.“ Kleeblatts Stimme war von einer Melancholie gefüllt, die ich noch nie zuvor bei einem Lebewesen wahrgenommen hatte.
„Es tut uns Leid, Pille.“
Dies waren die traurigsten und ehrlichsten Worte, die ich jemals gehört hatte.
Zuerst lenkten sie unsere Freunde hinaus, dann ließen sie uns in dem Raum ganz allein.
Es dauerte eine Ewigkeit, bis Scotty sich traute, das Schweigen zu brechen. „Was machen wir jetzt? Warten wir einfach ab, bis unsere Gäste ihr Ziel erreichen und sich absetzten?“
„Ich denke, wir haben keine andere Wahl“, hörte ich meine Stimme tonlos antworten. Das Auftreten dieser Wesen war so herzerweichend gewesen, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. „Das einfachste wäre es, sie den nächsten Planeten erreichen zu lassen, wo sie abspringen können und alles vorbei sein wird.“ Ich seufzte. „Wenn ich nur nicht das Gefühl hätte, dass es zu einfach wäre!“
„Wie es aussieht lässt Ihr Gefühl Sie dieses Mal nicht im Stick, Doktor“, antwortete Mr. Spock mir kühl, sich hinter dem Tricorder versteckend. Ich seufzte. „Ihre Komplemente verbessern sich, Spock, allerdings sollten Sie noch ein wenig am Timing arbeiten. Denn im Moment…“
„Das war eine Feststellung, McCoy.“ Er ließ den Tricorder sinken. „Aufgrund meiner Analyse dieser Daten.“
Ich ließ mich auf meinen Stuhl zurück fallen. „Und was ergibt die Analyse?“, fragte ich desinteressiert.
„Bei Maximum Warp bräuchte das Schiff 36 Stunden, um den nächsten Klasse-M-Planeten zu erreichen, erschwert wird dies dadurch, dass die Crew aufgrund der Hypnose keine individuellen Entscheidungen treffen kann, daher schätze ich, dass wir etwa 40 Stunden benötigen, berücksichtigt man jedoch die Himmelskörper, um die wir einen Bogen machen müssen, um…“
„Kurzfassung! Bitte!“ Ich war nicht in der Stimmung für astronomische Berechnungen.
„Diese Wesen werden sterben, ehe wir den Planeten erreichen.“
„Was?!“, rief Scotty aus, ich fühlte mich sofort wieder einsatzbereit.
„Wie wir erfahren haben, besitzen diese Wesen einen äußerst unpraktischen Stoffwechsel, der auf positiven Emotionen beruht, während negative Emotionen sie schwächen.“
„Spaß hält sie am Leben“, fasste Scotty zusammen. „Das hat Kleeblatt uns berichtet.“
Schlagartig verstand ich. „Aber sie glauben, dass sie der Crew ihren Willen aufzwingen müssen, damit wir sie zu einem sicheren Planeten bringen. Dieser Vorgang vergiftet sie!“
„Nicht nur diese Handlung“, ergänzte Mr. Spock. „Auch unsere Fracht.“
Jetzt verstand ich gar nichts mehr. „Unsere Fracht?“
„Das Krisilium, Doktor.“
„Aber…was hat das denn damit zu tun?“, fragte Scotty, ebenso ein großes Fragezeichen in seinem Kopf, wie ich.
„Konnten Sie bei ihren Forschungen eine Strahlung analysieren?“
Ich erinnerte mich. „Ja, aber sie ist vollkommen ungefährlich!“
„Für Lebewesen mit organischem Stoffwechsel, ja. Ich konnte ebenfalls bisher noch keine physikalischen Auswirkungen feststellen. Da es jedoch das einzige Mineral ist, welches wir derzeit an Bord haben, muss ich meine Hypothese durch eine genauere Untersuchung überprüfen.“
Ich fasste mich in plötzlicher Erkenntnis an die Stirn. Natürlich! Das musste die Lösung sein!
„Da hätte ich gleich drauf kommen sollen!“ Ich deutete auf das Intercom-Gerät im Raum. „Die Wesen haben zugegeben, dass sie es waren, die die Kommunikation blockiert haben. Aber Scotty und ich hatten mit der Intercom keine Probleme!“
Scotty runzelte die Stirn. „Und Sie glauben, das Krisilium hätte das verursacht, Mr. Spock?“
„Ganz richtig, Mr. Scott. Etwas von dieser Strahlung muss auf uns übergegangen sein, weshalb die Hypnose bei uns nicht gewirkt hat. Sonst wären mindestens Sie beide ebenfalls unter ihrer Kontrolle.“
„Aber nur so viel Strahlung, dass sie verhinderte, uns unter Hypnose zu stellen!“, fügte ich hinzu. „Andernfalls hätte Kleeblatt darauf reagiert. Mit der richtigen Dosierung könnten wir auch die anderen Crewmitglieder aus diesem Bann befreien, um dann das Krisilium von Bord zu schaffen, um eine Vergiftung der Wesen zu verhindern!“
Mr. Spock hob eine Augenbraue. „Ich muss sagen, für menschliche Wesen verfügen Sie über eine herausragende Kombinationsgabe.“
In einer anderen Situation hätte ich diesen Satz in einem goldenen Rahmen gefasst in der Krankenstation aufgehängt. „Dann müssen wir sie überzeugen, dass sie uns trauen können!“
„Dem stimme ich zu“, sagte Scotty, „aber wie?“
„Das Krisilium muss von Bord!“, entschied ich. „Wenn es erst einmal fort ist, ist nicht nur die Gefahr für die Wesen gebannt, wir haben ihnen auch unsere Freundschaft bewiesen!“
„Aber wenn sie die Kommunikationseinrichtungen lahmgelegt haben, ist der Transporter sicher auch außer Betrieb“, gab Scotty zu bedenken.
Ich holte tief Luft. „Dann müssen wir es mit einem Shuttle fortschaffen! Es irgendwo im All absetzen!“
„Da gibt es nur ein Problem“, ließ Spock meine Euphorie zu Asche werden. „Sie sind überall auf diesem Schiff und haben dreihundert Geiseln. Wie sollen wir ihnen klar machen, dass unser Vorhaben ihnen helfen soll. Sie könnten es genauso gut als Angriff werten.“
„Wir müssten sie ablenken.“ Scottys Augen begannen plötzlich, zu leuchten. „Doktor, sind Sie nicht einmal als Clown in einem Kinderkrankenhaus aufgetreten?“
„Nun, eigentlich habe ich während meines Studiums eine Wette verloren und…nein!“, brachte ich noch hervor, als ich verstand, worauf er hinaus wollte.
Scotty grinste mich an. „Ich habe zwar kein Clownskostüm, aber ich bin mir sicher, es wird unseren Freunden trotzdem Spaß machen.“
Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal denken würde, aber ich war unheimlich froh, dass niemand aus der Crew in der Lage war, mich in dieser lächerlichen Aufmachung zu sehen und sich später daran zu erinnern
Scotty hat mich in große, quietschende Turnschuhe gesteckt, die bunt angemalt waren, sodass man sie auch im Dunkeln sehen könnte, würde die viel zu lange, aus allen Arten von Flicken zusammen genähte Latzhose sie nicht überdecken. Eine alte Kapitänsmütze mit angenähten Vogelfedern (ich habe nicht daran gedacht, zu fragen, woher die nun stammte) machte mein Auftreten als neu ernannter Schiffsclown perfekt.
Mit dem dümmlichsten Grinsen, das ich zu Stande brachte, stolperte ich (und das musste ich nicht einmal spielen) in den Korridor und erlangte sofort die volle Aufmerksamkeit all unserer neuen Passagiere, die ihre großen Augen neugierig auf mich richteten.
„Der sieht aber komisch aus“, sagte eines der Wesen.
„Was hast du da an?“, fragte mich ein anderes direkt.
Ich zog meine Finger hinter die Hosenträger, an denen kleine Glöckchen hingen, die laut bimmelten, als ich daran zog. „Das ist meine neue Uniform, Freunde. Bunt und praktisch!“ Ich ließ die Schuhe quietschen. „Wisst ihr was? Ich bin gerade befördert worden!“ Ich hoffte, dass mein Grinsen aufrichtig aussah. Dem versteckten Tricorder in meiner Latzhose zu folge, hatte ich Erfolg. Der Energiehaushalt der Wesen im Korridor stieg deutlich an.
„Befördert?“, fragte ein Wesen. „Was heißt das?“
„Das bedeutet, dass ich einen neuen Job bekommen habe. Einen viel wichtigeren Job! Einen viel angenehmeren…“ Ich legte ein weiteres Stolpern ein, landete absichtlich auf dem Hintern, wo das Pupskissen, das ich dort platziert hatte, lautstark bemerkbar machte. Von dieser Position rief ich laut: „Ich bin jetzt Clown!“
„Er sieht lustig aus!“, bemerkte ein Wesen.
„Ja, viel lustiger als die anderen.“
„Viel lustiger als vorher!“
„Er macht jetzt viel mehr Spaß!“
„Spielst du mit uns?“ Diese Frage wurde von mehreren Stimmen gleichzeitig gestellt.
„Das“, sagte ich, als ich wieder aufstand, wobei ich mich absichtlich ungeschickt anstellte, „ist mein neuer Job!“
Ein Mensch würde mich hierfür bestenfalls auslachen, doch diese Lebensformen empfanden, dem Tricorder zu Folge, eindeutig Spaß.
„Ich kenne ein tolles, neues Spiel. Es heißt Verstecken! Ich verstecke mich und nach einiger Zeit kommt ihr und müsst mich suchen. Wenn ich weglaufe, müsst ihr mich fangen.“ Die Augen der Wesen flitzten zu ihren Artgenossen.
„Vertraut mir, das macht unheimlich viel Spaß!“ Mit diesen Worten hüpfte ich auf und ab, was den Schuhen jedes Mal ein Quietschen entlockte.
„Ich spiel mit!“
„Ich auch!“
„Ich hole schnell alle anderen!“
Als einige der Wesen wegschwirrten, um alle anderen ihrer Art zusammen zu trommeln, schielte ich leicht um die Ecke. Scottys Kopf lugte, breit grinsend, hinter einer Ecke hervor, ich zeigte einen Daumen nach oben.
Aus allen Ecken fluteten die Wesen, wie Kinder auf die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum, auf mich zu.
„Ihr wartet hier und zählt langsam bis zwanzig, in Ordnung?“
„Ja! Machen wir!“, riefen sie alle durcheinander.
Ich bog um die Ecke, dabei laut mit den Schuhen quietschend. „Ich locke sie durch die Gemeinschaftsräume, danach in die Mannschaftsquartiere“, berichtete ich Spock und Scotty, die hinter der Ecke auf mich warteten. „In anderthalb Stunden treffen wir uns auf dem Shuttlehanger“, berichtete ich. „Ich hoffe, dass sie bis dahin müde geworden sind.“
Mein neuer Job als Schiffsclown war lange nicht so einfach, wie er sich angehört hatte. Auf Deck sieben umschlangen mich die Wesen von allen Seiten mit ihren Greifarmen und wirbelten mich mehrmals vor Freude durch die Luft, sodass ich schwankte, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Unser Plan wies die erste Lücke auf: Diese Lebensformen gewannen mit jedem Spiel an Kraft und Lebenslust, während bei mir das Gegenteil der Fall war. Ich wurde müde.
Auf irgendeinem Korridor zwischen irgendwelchen Quartieren kam ich schließlich keuchend und mit wackeligen Beinen zum Stehen.
„Stopp! Moment! Eine Pause…kleine Pause…Auszeit!“
Ich lehnte mich gegen die Wand. „Ihr seid wirklich gut in dem Spiel.“ Zu gut!
„Bist du schon müde?“, wunderte sich eines der Wesen.
„Werdet ihr nie müde?“, entgegnete ich nach zwei tiefen Atemzügen.
„Doch!“, lautete die Antwort.
„Nach einiger Zeit schon“, kam es fast zeitgleich von einer anderen Seite.
„Alle paar Tage müssen wir dann mal schlafen.“
„Nur nicht so oft, wie ihr!“
Ich schnaufte immer noch. „Das habe ich gemerkt!“ Ich hoffte, dass Scotty und Spock schon auf dem Weg zur Shuttlerampe waren.
„Du kannst gerne eine Pause machen“, bot mir eines der Wesen an.
„Wir spielen so lange alleine weiter“, fügte ein weiteres hinzu.
Ich war versucht, dem zuzustimmen, doch dann kam mir der Gedanke, dass sie unser Vorhaben entdecken und falsch deuten könnten. Sie hatten immer noch die Crew unter ihrer Kontrolle. Wenn sie ihre Existenz bedroht sahen…ich konnte nicht vorhersehen, was dann geschehen würde!
„Ich habe eine andere Idee.“ Ich zwang mich, aufzustehen und versuchte, möglichst aktiv auszusehen. „Diesmal versteckt ihr euch und ich muss suchen!“
„Das ist eine tolle Idee!“
„Probieren wir gleich aus!“
„Ich weiß auch schon wo!“
Es dauerte nicht lange, da war ich allein.
„Wie viel Personal man sparen könnte, wenn man die in Kindergärten einsetzen würde“, sagte ich leise zu mir selbst.
Ich würde mich bald zum Treffpunkt begeben müssen..
Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und ging schließlich zum Turbolift, eine weite Station zum Verschnaufen. „Ich bin Arzt und kein Marathonläufer“, sagte ich zu mir, „aber wenigstens ist unsere Mission…“
Ich wollte noch „gesichert“ hinzufügen, doch der Lift stoppte vorzeitig. Hinter der sich öffnenden Tür erwartete mich ein geladener Phaser.
Egal, wie viel Spaß diese Lebensformen im Moment hatten, die Hypnose über die Crew hielt an.
„Sag mir, dass das nicht wahr ist, Jim!“, stöhnte ich wider besseres Wissen, dass er mich ohnehin nicht hören konnte.
„Feinselig Aktivitäten!“, sagte Jims Mund, er klang mechanischer als der Schiffscomputer.
„Nein!“, widersprach ich hektisch. „Nicht feindselig! Wir wollen helfen!“ Ich konnte nicht erkennen, wie der Phaser eingestellt war, war aber auch nicht erpicht darauf, es heraus zu finden.
„Ihr werdet eure Aktivitäten einstellen. Wir haben immer noch die Kontrolle über eure Freunde.“ Aus der Stimme, die aus Jims Mund sprach, klang wieder dieser unendlich traurige Tonfall, der wie ein tragisches Echo in meinem Kopf nachhallte.
„Das könnt ihr nicht!“, entgegnete ich, obwohl mir schreckliche Zweifel kamen. „Es würde euch schaden, ihnen wehzutun!“
„Ja, aber wir werden überleben.“
„Das wisst ihr nicht!“ Inzwischen klang meine Stimme verzweifelt. „Ich…ich kann beweisen, dass wir nichts Böses wollen.“ Ich holte den Kommunikator hervor. „McCoy hier, Mr. Scott, Mr. Spock, bitte kommen.“ Keine Reaktion. Das konnte doch nicht wahr sein! „McCoy hier!“, wiederholte ich lauter. „Hören Sie mich?!“
„Wir haben dieses Gerät außer Kraft gesetzt“, sagte Jims Stimme. „Einige von uns haben eure Täuschung durchschaut, wir werden sie verhindern.“
„Ihr könntet sterben!“, brüllte ich die Marionette, die einst mein Freund und Captain gewesen war, an. „Ihr tötet euch selbst. Wenn ihr der Crew Schaden zufügt, wird das nichts ändern! Im Gegenteil!“
Irgendwo innerhalb dieser auf Freude programmierten Nervenzellen musste es doch etwas Vernunft geben, selbst wenn sie um ihr Überleben fürchteten. „Lasst unsere Crew frei, lasst uns fliegen und das Gift wegschaffen.“
„Wir werden euch nicht…“
Ich wurde es leid, mit einer gesichtslosen Stimme im fremden Körper zu reden und begann, Jim kräftig an den Schultern zu rütteln. „Wach auf, Jim! Verdammt, du bist der Captain! Dein Schiff braucht dich!“
„Diese Lebensform kann dich weder hören, noch dir antworten“, monotonierte seine Stimme weiter, mit einer tiefen Melancholie im Unterton, welche ich mit einer schallenden Ohrfeige beantwortete.
„Du dämlicher Idiot, wach endlich auf! Dein Schiff braucht dich! Ich brauche dich!“
Der Phaser bohrte sich nun in meinen Bauch, doch ich ignorierte ihn. Diese Kreaturen waren zu sensibel, um ihn abfeuern zu lassen, dessen war ich mir nun sicher.
„Er kann dich nicht hören!“ Die Stimme hatte sich deutlich verändert. Sie klang leiser, gequält, voller Angst und Schmerz. Der kindliche Verstand, der die Kontrolle über Jim erlangt hatte, war geschwächt, dessen war ich mir sicher. Ich war auf dem richtigen Pfad!
Ich knallte Jim erneut eine. „Weißt du, was du bist!?“, schnauzte ich ihn an, in der Hoffnung, dass sein eigenes Bewusstsein zu weggetreten war, um mich zu hören. „Du bist der unfähigste Captain, der je auf der Brücke eines Raumschiffes gestanden hat!“
„Hör auf!“, jammerte die Stimme aus Jims immer noch ausdrucklosem Gesicht weiter.
„Du konntest es nicht einmal verhindern, dass die gesamte Crew gehirngewaschen wurde!“, fuhr ich mit meinen Vorwürfen fort, obwohl mir jedes Wort, das ich sagte, einen Stich versetzte.
„Nein…“
„Hast du geglaubt, wir wären jemals Freunde gewesen?! Wir waren niemals Freunde!“ Das waren die Worte, die das Wesen verletzten! „Du bist nichts weiter als ein…“
„Das macht keinen Spaß!“
Ich hoffte, dass ich nach diesen Worten das, was ich zu sagen beabsichtigt hatte, getrost vergessen konnte. „Dann lass ihn frei!“ Ich stieß Jims Körper so stark, dass der Phaser ihm aus der Hand zu Boden fiel. Blitzschnell hob ich ihn hoch. Er war auf Betäuben gestellt. Zum Glück!
„Das macht keinen Spaß…“ Die Stimme klang fast, als hätte ihr Besitzer starke Schmerzen.
„Dann…lasst…ihn…frei!“, forderte ich, jedes Wort betonend.
Ich rechnete fest damit, dass das Wesen weiterhin Widerstand leisten würde. Es hatte sicher noch ein Ass im Ärmel, etwas, womit ich nicht rechnete, was alles zu Nichte machen würde…
„Pille?“
Ich konnte nicht sagen, ob es vor Freude, vor Überraschung oder aus einer anderen Emotion geschah, doch mir blieb der Mund offen stehen. „Jim? Bist du das?“
Er fasste sich mit einer Hand an die Stirn und stöhnte leise auf. „Du glaubst nie, was ich geträumt habe! Raumschiffe mit Tentakeln, die mit Menschen spielen…“
„Jim?!“ Er war es. Ja, er war es! „Jim! Du bist wieder wach!“
„Wo bin ich?“ Jim starrte die Wände, den offenen Turbolift und mich an, wie ein Tor zur griechischen Unterwelt. „Was machen wir hier? Wieso richtest du einen Phaser auf mich, Pille? Und…was hast du da an?!“
Meine Antwort bestand aus einer festen Umarmung ohne Rücksicht auf eingeengte Lungentätigkeit. „Du bist wieder wach! Du bist wieder du selbst!“
„Was…geht hier vor?“
Ich zerrte ihn in den Turbolift. „Erkläre ich dir gleich! Jetzt müssen wir erst einmal unser Shuttle erwischen, bevor sie dich wieder unter Kontrolle bekommen!“
„Unter Kontrolle? Pille, was ist hier passiert?“
„Glaub mir, das willst du im Detail gar nicht so genau wissen.“
„Diese ganzen Modellraumschiffe sind in Wirklichkeit eine Lebensform, die sich von…Spaß ernährt?!“, fasste Jim, sich immer noch den Schädel reibend, zusammen, während das Shuttle sich immer weiter vom Schiff entfernte. „Und für die Krisilium ein starkes Gift ist?“
„Richtig erfasst, Captain“, bestätigte Mr. Spock seine Vermutung.
„Und die armen Viecher haben uns nicht vertraut, da wir das Krisilium aufgenommen haben“, fügte Scotty an.
„Wahrscheinlich konnten sie sich nicht vorstellen, wie man dieses Mineral als etwas anderes als eine Waffe benutzen könnte und fühlten sich bedroht, als sie merkten, dass wir es an Bord hatten.“
„Weswegen sie die ganze Besatzung unter eine Art Hypnose gestellt haben. Sie wollten auf den nächsten Planeten siedeln, doch den hätten sie nicht lebend erreicht.“
„Die Strahlung des Krisiliums hat wahrscheinlich dafür gesorgt, dass der Doktor, Mr. Scott und ich vor ihrem Einfluss geschützt wurden.“
„Da haben wir noch verdammtes Glück gehabt, das Zeug mit aufgeladen zu haben, Sir!“
Eine Weile herrschte nach diesem Wortwechsel Stille.
„Als Marionette auf meinem eigenen Schiff. Was einem im Weltall so alles unterkommt…Pille, ich fühle mich wirklich wieder besser…“
„Ich bin hier der Arzt!“, fuhr ich Jim an, den medizinischen Tricorder weiter über seinen Kopf kreisen lassend. „Ich entscheide hier, wann es dir besser geht!“ So weit kommt es noch, dass meine Patienten sich einbilden, mir die Diagnose abzunehmen!
„Alle Proben des Krisiliums befinden sich jetzt im Frachtraum“, beendete Spock nun den Bericht. „In einer Stunde haben wir einen unbewohnten Planeten erreicht, wo wir sie sicher abladen können.“
„Solange unsere neuen Passagiere nicht wegfliegen, haben wir wohl eine Chance, unsere Freundschaft zu beweisen“, beendete Scotty das Erklären unseres Plans.
Jim seufzte hörbar. „Und dabei wollten sie einfach nur spielen.“ Er drehte sich zu mir um. „Pille, wenn ich eine unheilbare Krankheit habe, dann raus damit! Was sind das für Werte, die dich so bekümmern?“
Mir wurde bewusst, dass ich den Tricorder tatsächlich wie gebannt angestarrt hatte.
„Stimmt was nicht, Doktor?“, erkundigte sich Scotty.
Die Daten waren unfehlbar! Ohne Zweifel! Endlich erwachte ich aus meiner Starre und konnte den Blick heben. „Oh nein!“
„Was?“ Nun klang Jim ehrlich verunsichert. „Was ist los mit mir?“
„Nicht mir dir!“ Ich ließ den Tricorder glatt fallen, als ich zu den hinteren Sitzen des Shuttles hechtete, von denen das fünfte Lebenszeichen gekommen war. „Mit ihm!“
Kleeblatts Tentakel hingen schlaff herunter, als ich das kleine Wesen zwischen den Sitzen hervor zog. Ein großes, müdes Auge blinzelte mich an.
„Du hast gewonnen, Pille! War doch ein gutes Versteck, oder?“
Der Tricorder stand fast still, Kleeblatts großes Auge war zugefallen. Es reagierte auch nicht mehr auf meine Worte.
Ihr habt das Gift an Bord. Eine Waffe gegen uns.
Zum zweiten Mal.
Der Tricorder gab mir noch drei Minuten Lebenszeit an.
Spaß, dachte ich.
„Wir müssen etwas tun! Ein Spiel spielen! Witze erzählen! Irgendwas!“ Ich drehte mich zu den anderen um. Scottys Blick zeigte schmerzliches Mitleid, während Jims Augen sich weiteten. „Eines der Wesen?“
Ich nickte, hob Kleeblatt erneut hoch. „Wache auf, bitte!“
All die Jahre als Arzt hatte ich schon die unterschiedlichsten Krankheiten bekämpft, doch dieses Mal fühlte ich mich überfordert. Hilflos.
„Der Einfluss des Krisiliums ist zu stark, Doktor“, rief Spock mir unnötigerweise ins Gedächtnis. „Wenn es für sie so gefährlich ist, wie wir vermuten…“
„Ich muss es wenigstens versuchen!“ Ich hatte Kleeblatt auf einen der Sitze im Shuttle gelegt, versuchte, es zu kitzeln, etwas zu tun, was einen Menschen zum Lachen bringen würde. Ohne Erfolg.
Jim legte mir eine Hand auf die Schulter. „Pille, ich glaube nicht…“
„Das Clownskostüm!“, forderte ich, ohne ihn ausreden zu lassen.
Scotty reichte mir die lächerliche Mütze, die ich sofort aufsetzte und die beiden überdimensionalen Schuhe. Diese hielt ich mir an die Ohren. „Kleeblatt, schau mal, was ich für große Ohren habe!“, rief ich und versuchte dabei, eine lächerliche Grimasse zu schneiden.
Kleeblatts Auge öffnete sich einen Spalt breit, während ich verzweifelt versuchte, lustig auszusehen.
Ich musste wirken, wie eines der Monster, von denen Kinder befürchteten, sie unter ihren Betten finden zu können!
„Wir müssen irgendetwas Komisches tun! Von Sitz zu Sitz springen! Irgendwas.“
„Pille!“, sprach Jim mich nun direkt an, immer noch in diesem bedauernden Tonfall. „Ich fürchte, es…ist zu spät.“
Er hielt mir dabei etwas entgegen. Den Tricorder.
Die Anzeige der fünften, nicht-humanoiden Lebensform an Bord war erloschen.
Das Krisilium luden wir auf einem unbewohnten Planeten ab, bevor wir uns auf den Rückweg zum Schiff machten. Wir wechselten nicht mehr Worte, als nötig waren, um ein Shuttle zu fliegen. Kleeblatt hatte ich in die Latzhose gewickelt, die zu meinem improvisierten Clownskostüm gehört hatte, niemand widersprach meiner Vorstellung, dies sei das beste Leichentuch, das einem Vertreter so einer Spezies zugeteilt werden konnte.
Kurz bevor wir auf der Shuttlerampe landeten, durchbrach Jim unser drückendes Schweigen.
„Wir haben es wenigstens geschafft, die anderen zu retten. Eine ganze Spezies. Sie werden auf einem anderen Planeten sehr glücklich werden.“
Ich nickte nur stumm, als das Shuttle landete. Ich stieg zuletzt aus, Kleeblatts leblosen Körper in meinen Armen.
Meine Erwartungen an meine Rückkehr hatten Verwirrung enthalten, eine ganze Crew, die aufgeregt das Schiff nach Spuren von uns vieren durchsuchte, vielleicht noch Menschen, die unter dem Einfluss der Wesen standen, eine überrumpelte Mannschaft voller Fragen im Kopf, doch was uns auf dem Schiff erwartete, ließ all diese Szenarien zu Staub zerfallen.
Die Enterprise war zu einem einzigen großen Spielplatz geworden!
Ausgelassen, wie kleine Kinder wirbelten die Wesen durch die Luft, warfen sich Gegenstände zu, unter anderem Teddybären und Blumentöpfe. Crewmitglieder tauchten immer wieder zwischen ihnen auf und schienen großen Spaß zu haben. Chekov und Sulu waren die ersten, die unsere Rückkehr bemerkten.
„Wir wissen nicht, wo diese Lebensformen hergekommen sind, aber sie haben uns hier prächtig unterhalten“, gestand uns Mr. Sulu mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. „Wo waren Sie nur die ganze Zeit?“
„Uhura versucht immer noch, die Sternenflotte zu erreichen, um über Ihr Verschwinden Bericht zu erstatten, doch etwas blockiert die Kommunikationswege“, erklärte uns Mr. Chekov gleich darauf, bevor wir eine Antwort geben konnten. „Ich sage ihr gleich, dass Sie zurück sind, Sir. Und danach bringe ich diesen putzigen Kerlchen wie versprochen das russische Spiel ‚Dame‘ bei“, fügte er hinzu, was einige der Wesen in seiner Nähe dazu veranlasste, schnelle Pirouetten in der Luft zu drehen.
Alles hier war durch und durch fröhlich, vielleicht der fröhlichste, erste Kontakt, den es zwischen zwei Spezies jemals gegeben hatte.
Und ich stand mitten drin, einen verstorbenen Körper in den Armen.
„Da ist der Clown!“
Ich drehte mich um, sah mehrere der Wesen auf mich zufliegen.
„Wir haben gewonnen!“, kicherte eines.
„Tut uns Leid, dass wir das Spiel abgebrochen haben“, sagte ein anderes.
„Aber wir können es gerne mal wiederholen!“
„Euer Freund ist tot!“, kam es aus mir heraus, meine eigenen Worte hörten sich hohl und leer an.
Die Wesen, die mich umschwirrt haben, kamen schlagartig in der Luft zum Stehen. Große Augen starrten mich an.
Ich zog die Latzhose, in die ich Kleeblatt gewickelt habe, zurück, bis ich das erloschene Energiebündel in den Armen hielt. Seine Tentakel hingen schlaff herab.
„Es tut mir leid. Ich wollte helfen, aber…das Gift war zu stark…“
Eine Weile schien der Raum erstarrt zu sein, bis sich die Wesen bewegten. Sie streckten ihre Tentakel vor, umschlangen damit die von Kleeblatt. Es wirkte fast, wie ein Ritual. Einige Greifarme legten sich auch auf meine Schultern, um meine Handgelenke.
War das ein Trauerritual?
Ich zog es vor, nichts zu sagen und es einfach geschehen zu lassen. Die Wesen um mich herum vernetzten sich zu einem Geflecht aus Körpern und Tentakeln mit mir in der Mitte und dann…geschah etwas…
Etwas, das mich von den Zehen- bis zu den Haarspitzen durchfuhr, etwas, das sich pulsierend durch den Raum bewegte, von Lebensform zu Lebensform, durch alle hindurch, bis es in einem Punkt mündete.
Dieser Punkt, in dem die Energie mündete, lag in meinen Armen, klein, schlaff und erkaltet, doch nun wurde er von einer neuen Energie durchflossen, einer warmen Energie, einer schönen Energie, einer…
Und schlagartig verstand ich!
Ein Stoffwechsel, der auf positiven Emotionen beruhte! Emotionen, wie Spaß und Freude – aber auch Emotionen wie Gemeinsamkeit, Geborgenheit und Freundschaft.
Ich wusste nicht, wie lange es dauerte, bis Kleeblatt sein Auge wieder aufschlug und mich ansah. Ich sah alles verschwommen.
„Wieso ist da Wasser in deinen Augen, Pille?“, fragte es mich mit einer kindlichen Neugier.
Ich spürte eine Träne über meine Wange fließen. „Weil mir grade klar geworden ist, dass ich mich inmitten der besten Freunde befinde, die das Universum zu bieten hat!“
Medizinisches Logbuch der Enterprise
Sternzeit: 5942,7; Doktor McCoy
Auf einem kleinen Umweg haben wir nach einigen sehr unterhaltsamen Tagen unsere kleinen Gäste auf einen neuen Planeten gebracht, einem Planeten ohne Gefahren, der für sie wie ein einziger, großer Spielplatz ist. Als sie noch als winzige Raumschiffe durch das Schiff geflogen sind, hätte ich nicht gedacht, dass ich das einmal denken werde, doch nun ist es mir sehr klar geworden: Ich werde sie vermissen. Und ich bin da sicher nicht der Einzige…
„Geben Sie es zu, es hat Ihnen gefallen!“, bohrte ich unablässig weiter, während ich dabei zuschaue, wie die Wesen alle Winkel ihres neuen Planeten untersuchten.
Spock leugnete es immer noch. „Als Vulkanier ist es mir nicht möglich, eine subjektive Bewertung einer Situation durch bloßes Gefallen zu definieren. Den Erfolg einer Handlung messe ich allein an den entstandenen Verlusten und Gewinnen. Wir haben durch einen unvorhergesehenen Unfall ein Crewmitglied verloren, was zweifellos eine negative Auswirkung bedeutet, jedoch durch unser Handeln konnten wir einer ganzen Spezies ein sorgenfreies Dasein ermöglichen, was eindeutig als positive Auswirkung unserer Handlungen zu sehen ist. Gleicht man beides gegeneinander auf, ist es uns gelungen, aus dieser Situation eine Lösung zu ziehen, die für alle Parteien erträglich war. Somit hatten wir logischerweise mit unseren Handlungen Erfolg.“
Ich musste grinsen. „Ich sag doch, es hat Ihnen gefallen!“
„Doktor, ich zweifele daran, dass Sie verstehen, wie ich diese Äußerung gemeint habe.“
„Tun Sie das, dafür zweifele ich ganz sicher nicht daran, dass Sie verstehen, wie ich meine Äußerung gemeint habe!“
Jim grinste uns breit an, als er sich zu uns gesellte. „Schön zu sehen, dass alles wieder seinen gewohnten Gang nimmt.“
„Gewohnt?“, wiederholte ich skeptisch. „Wir machen uns doch gerade erst warm.“
„Ich sehe keinen Grund zur Steigerung unserer Körpertemperatur, Doktor.“
Jim lachte. „Da möchte dich jemand sprechen, Pille.“
Aus dem Nichts schoss Kleeblatt behängt mit vielen aus Blumen geflochtenen Ketten hervor, mich mit den Tentakeln an den Handgelenken packend und mehrmals um die eigene Achse wirbelnd. Ich lachte.
„Ist das eure neueste Mode?“, fragte ich, als wir zum Stehen gekommen sind.
„Nein, Pille, das ist meine neue Uniform. Ich wurde befördert! Ich bin jetzt Arzt!“
Ich musste lachen. „Dann machst du in Zukunft also deine Freunde wieder gesund, Doktor Kleeblatt!“
„Genau.“ Kleeblatt schien zu zögern. „Oder war das die Aufgabe des Clowns?“
Ich blinzelte. „Auf dem Planeten, wo ich herkomme, gibt es ein Sprichwort: Lachen ist die beste Medizin!“
Kleeblatt ließ die Blumen rascheln. „Das ist gut! Das muss ich sofort übernehmen.“
„Du wirst ein toller Arzt werden, Kleeblatt. Und ein toller Clown!“
„Ich wusste doch, dass das beides dasselbe ist!“ Kleeblatts Tentakel schlangen sich um mich, wie bei einer Umarmung. „Kommst du uns mal besuchen und spielst mit uns, Pille?“
„Natürlich!“, versprach ich. „Ich nehme dann mein Clownskostüm wieder mit.“
„Das wird toll! Auf Wiedersehen, Pille.“
„Auf Wiedersehen, Kleeblatt.“
Jim zückte seinen Kommunikator. „Bereit zum Beamen.“
Während wir uns von dem Planeten dematerialisierten, winkten uns unzählige kleine Tentakel zu.
Die besten Freunde des Universums haben ein neues zu Hause gefunden.
Und so kehrten wir auf unser Schiff zurück, um neue gute Freunde irgendwo in den unendlichen Weiten des Weltraums zu finden.
Tag der Veröffentlichung: 17.03.2016
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
In Erinnerung an:
Gene Roddenberry: 1921-1991;
DeForest Kelley: 1920-1999;
James Doohan: 1920-2005;
Leonard Nimoy: 1931-2015;
Nichelle Nichols: 1932-2022;