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Die Kriegerprüfung

Meine Nase war wach, bevor sich meine Augen öffneten.

Der Geruch von Wald, von feuchter Erde und von verschiedenster Beute strömte mir in die Nase. Als hätte der Wald sich auf uns vorbereitet.

Gewohnheitsmäßig drehte ich den Kopf zur Höhlenwand, um Regenpfote zu wecken, doch sein Platz war bereits kalt und verlassen. Goldene Sonnenstrahlen fielen durch den Bau. Wie lange er wohl schon auf war?

„Kannst du nicht leiser hinaus trampeln?“

Ich zuckte zusammen, als sich die Stimme hinter mir meldete. Mückenpfote. Sie und ihre Geschwister waren erst gestern zu Schülern ernannt worden und fingen schon an, uns auf die Nerven zu fallen. Nur hatte ich mich noch nicht daran gewöhnt, mit ihnen in einem Bau zu schlafen, wodurch ich auch keine Rücksicht auf sie genommen hatte. Es ärgerte mich ziemlich. Normalerweise konnte ich selbst an meinen Clan-Gefährten vorüber pirschen, ohne dass mich jemand hörte. Doch Mückenpfote schien mit gespitzten Ohren zu schlafen, nur um dann etwas herummeckern zu dürfen.

Ich schluckte meinen Ärger über die jüngere Schülerin hinunter. „Kommt nicht wieder vor.“

Denn heute werde ich umziehen! Dies dachte ich nur, um sie nicht zu verärgern.

Mückenpfote kuschelte sich wieder an ihre Wurfgefährten, um in tiefen Schlaf zu verfallen.

Es waren auch noch nicht alle Krieger wach, als ich hinaus trat. Mausschweif kam von ihrer ersten Jagd zurück, seid ihre Jungen zu Schülern ernannt wurden. Wie erwartet hatte sie mit Moospelz die Schwänze gekringelt. Ich seufzte innerlich. So könnte ich auch durch das Lager gehen, würde ich mich nur trauen, die Zähne auseinander zu bekommen! Bisher habe ich dem Glücklichen aber noch nichts von meinen Gefühlen gebeichtet. Wieso?, fragte ich mich, du bist doch sonst nicht so schüchtern!

Weil er für dich mehr ein Verwandter als ein Gefährte ist.

Es war Graufluss’ Stimme, die in meinen Gedanken geantwortet hatte. Ich kannte ihn so gut, dass ich mir vorstellen konnte, wie er auf meine Sorgen reagieren würde. Instinktiv sah ich zum Himmel, doch das Silbervlies war schon den Sonnenstrahlen gewichen.

Es stimmt. Ich habe ihn als Bruder bezeichnet, obwohl wir nicht verwandt sind. Doch warum bringe ich es dann nicht übers Herz, ihm so ein simples Gefühl zu gestehen?

Ich verscheuchte diese Gedanken, als ich endlich Regenpfote entdeckte. Er saß unbeweglich am Rand des Lagers und starrte in den Wald hinaus. Ein Bild, das ich schon aus den letzten Tagen kannte.

Ich zögerte einen Moment, dann setzte ich mich neben ihn.

„Graufluss sollte jetzt bei uns sein.“

Ich sah meinen Bruder an. Seine blauen Augen waren in den Wald vor uns gerichtet.

„Graufluss ist bei uns“, erinnerte ich ihn. „Wenn wir unter der Eiche stehen, wird er zum zweiten Mal zum Krieger ernannt.“

„Schon aufgeregt?“

Es war Rindenpelz, der sich neben uns setzte. „Ich wollte euch nur kurz alles Gute wünschen. Auch im Namen von Steinkralle und Sturmherz. Die beiden wurden für die Morgenpatrouille eingeteilt und können euch dies leider nicht persönlich überbringen.“

Ich schnurrte. „Wir schaffen das schon. So eine Kriegerprüfung ist doch ein Spiel, nach der ganzen Geschichte mit dem WiesenClan.“

„Natürlich werdet ihr das schaffen.“, versprach Rindenpelz. „Übrigens, Kieselsteins Jungen sind gestern Nacht gekommen. Drei Kater.“

Sofort waren wir auf den Beinen. „Wir schauen sie uns an“, verabschiedete ich mich noch schnell, bevor wir zur Kinderstube flitzten. Regenpfote nahm noch ein Eichhörnchen vom Frischbeutehaufen mit.

Die Königin empfing uns mit einem Schnurren. „Ich wusste, dass ihr noch kommen würdet.“

Sie sprach leise, da Rennwind im Bau schlief. Die Nachricht, dass die schwarze Kätzin Junge von Rindenpelz erwartete, war für uns alle eine Überraschung gewesen.

Ich sah auf die drei Fellknäuel, die an Kieselsteins Bauch nach den Milchdrüsen suchten.

„Haben sie schon Namen?“, fragte Regenpfote im Flüsterton.

Kieselstein verneinte. „Die Namen suchen Eschenlicht und ich gemeinsam aus, wenn ihr von eurer Prüfung zurück seid. Den hier würde ich gerne Schimmerjunges nennen.“ Sie zeigte auf das pechschwarze Junge in der Mitte. „In der Sonne schimmert sein Pelz. Das weiße Junge würde ich gerne Wolkenjunges nennen, aber Eschenlicht hat den Namen Frostjunges vorgeschlagen, da müssen wir uns noch einigen. Für unseren Jüngsten ist uns noch nichts eingefallen.“

Ich sah mir den braun-weiß getigerten Kater genau an. „Streifenjunges, vielleicht?“

Kieselstein schnurrte. „Ich denke darüber nach, Himmelpfote. Danke.“ Sie sah durch den Höhlenausgang. „Winterfrost ist zurück im Lager. Vielleicht kann sie eure Prüfung gleich beginnen.“

 

Wenige Zeit später wurden wir von Winterfrost und Eschenlicht in den Wald bis zur Trainingslichtung geführt. Ich musste daran zurückdenken, wie wir hier vor Monden spielerisch einen Clan-Konflikt nachgestellt hatten. Graufluss war damals unser „Anführer“ gewesen, wir haben den „GlauClan“ gebildet und einen Trainingskampf gegen den „RosenClan“ unter der Leitung von Rosenduft, Blitzstreif und Bienenkralle geführt. Dies war die Kampfprüfung für die drei gewesen. Diese hatten wir schon gestern erfolgreich abgelegt, Regenpfote mit besonderen Auszeichnungen beider Mentoren.

„Von hier aus werdet ihr euch aufteilen“, miaute Winterfrost. „Regenpfote, du wirst die Jagdprüfung in den Wäldern zwischen der Trainingskuhle und der Hochebene ablegen. Himmelpfote, du jagst zwischen hier und der WiesenClan-Grenze.“

Also keine gemeinsame Jagd. Mit Graufluss zusammen hatten wir eine Strategie entwickelt, um Kaninchen zu jagen. Auch zu zweit waren wir noch häufig losgezogen und dabei fast immer erfolgreich. Nur einmal war uns ein Vogel entwischt, weil plötzlich Hundegebell vom Zweibeinerort ertönt war.

Doch ich wusste, dass wir auch auf uns allein gestellt, Erfolg haben würden.

„Viel Glück“, wünschte mir Regenpfote.

„Dir noch mehr“, schnurrte ich zurück.

Spielerisch schnipste Regenpfote mit seiner Schwanzspitze, wir trennten uns.

 

Schon als ich die Wälder betrat, mischten sich die Gerüche vieler verschiedener Beutetiere in der Luft. Ich schloss wie gewohnt die Augen und prüfte die Luft.

Eichhörnchen stach in meine Nase, doch das war zu weit weg. Ein Buchfink war vor kurzem hier vorbei geflogen, doch sicher auch schon am anderen Ende des Waldes. Der schwache Geruch einer Kornnatter mischte sich darunter, doch ich wurde von etwas Besserem abgelenkt.

Sofort verfiel ich in das Jagkauern. Mit den Pfoten erspürte ich jeden Zweig, mein Blickfeld erweiterte sich, ich bahnte mir meinen Weg zu der Beute. Eine innere Stimme sagte mir, wann der richtige Augenblick gekommen war.

Ich schlug zu.

Wie ich erwartet hatte, war die Taube aufgeflattert, als sie meinen Schatten sah. Mit ausgestreckten Krallen fing ich sie im Flug ab und erlegte sie am Boden mit einem gezielten, schnellen Biss.

Mein Herz klopfte, als ich die Beute unter einer Wurzel verscharrte. Wenn Winterfrost das gesehen hatte, stand meiner Ernennung zur Kriegerin nichts mehr im Wege.

Hoffentlich hatte Regenpfote genauso viel Erfolg!

Ich begab mich wieder auf Beutesuche.

 

Meine Ausbeute für diesen Tag beinhaltete eine Taube, zwei Mäuse, drei Finken und einen Spatzen, als ich schließlich etwas roch, was gar nicht in diese Gegend passte.

Ich schloss noch einmal fester die Augen. Kein Zweifel. Es war eine Katze. Aber keine Clan-Katze.

Sicher eine Katze vom Zweibeinerort, die sich hierher verirrt hatte oder Hilfe brauchte.

Ich folgte dem Geruch. „Ist da jemand?“

Ich war nicht darauf gefasst, was sich abspielte.

Zwei kleine Gestalten krochen langsam aus dem Gebüsch. Mit großen, ängstlichen Augen sahen sie zu mir hoch, das Fell gesträubt.

Es waren zwei winzige Katzenjungen, sicher nicht älter als drei oder vier Monde.

„Habt keine Angst“, miaute ich ihnen leise zu. „Habt ihr eure Mutter verloren?“

Eines der Jungen, ein Kater mit schildpattfarbenem, struppigem Fell, wich zurück, als ich näher trat. Das andere, eine langhaarige, rotorangefarbene Kätzin, sah ängstlich zu mir hinauf.

„Keine Angst“, wiederholte ich mich. „Ich lebe hier im Wald. Ich kann euch helfen. Mein Name ist Himmelpfote“, fügte ich hinzu, in der Hoffnung, mehr Vertrauen zu den Jungen aufbauen zu können.

„Man nennt mich Jimini“, stellte sich nun der Kater schüchtern vor.

„Ich heiße Jolly“, antwortete das andere Junges.

„Wohnt ihr beide im Zweibeinerort?“

Verständnislos sahen mich die beiden Katzen an.

„In einem Bau mit Aufrechtgehern“, fiel mir das Wort ein, dass diese Katzen dafür benutzten.

Die beiden nickten.

„Wir wollten den Wald erkunden“, gestand Jolly.

„Doch dann haben wir uns verlaufen“, maunzte Jimini.

Mit einem Mal war die Kriegerprüfung in weite Ferne gerückt. Diese Jungen brauchten meine Hilfe, sonst würden sie sich nur noch weiter im Wald verlaufen und womöglich von einem Habicht erwischt werden.

„Mein Name ist Himmelpfote. Ich weiß, wo der Zweibeinerort ist. Kommt mit, ich begleite euch dorthin. Aber bleibt dich in meiner Nähe.“

 

Jimini schüttete mich ununterbrochen mit Fragen zu.

„Und du lebst hier mit anderen Katzen im Wald? Ist das nicht manchmal kalt?“

„Nicht, wenn wir uns gegenseitig wärmen“, gab ich zurück. „So können manche Nächte sogar wunderschön sein.“

„Und ihr lernt richtig Kämpfen?“

„Kämpfen, Jagen, aber auch wichtige Regeln für das Zusammenleben“, antwortete ich ihm geduldig. „Wir nennen das ‚das Gesetzt der Krieger’. Zum Beispiel sagt es, dass wir unsere Beute mit unseren Clan-Gefährten teilen, bevor wir selbst essen.“

„Das ist sehr nett von euch“, miaute Jolly. „Wir beide teilen unser Futter auch immer miteinander.“

Jimini sah wieder zu mir auf. „Und du bist auch eine…wie nennt ihr das noch mal? Eine Kriegerin?“

Ich schnurrte. „Noch nicht. Ich bin erst Schülerin. Wenn ich alles gelernt habe, werde ich zur Kriegerin.“

Jolly miaute erschrocken auf und sträubte ihr Fell. Beruhigend berührte ich sie mit der Nase.

„Keine Sorge. Das war nur eine Maus im Gebüsch. Komm weiter. Es ist nicht mehr weit.“

„Woher weißt du, dass das eine Maus war?“, fragte mich die kleine Kätzin immer noch ängstlich.

„Ich kann sehr gut riechen“, antwortete ich ihr. „Wir alle aus dem Wald können das, schließlich müssen wir unsere Beute selbst jagen.“

„Wo schlaft ihr denn?“, fragte Jimini weiter. „Auf den Bäumen?“

Diese Idee erheiterte mich ungemein. „Nicht auf den Bäumen. Wir haben ein Lager auf einer Lichtung. Dort haben wir Baue gebaut. Darin schlafen wir.“

„Und wenn einer in Gefahr ist?“, fragte Jolly, sich dicht an mich schmiegend.

„Wir passen alle aufeinander auf“, antwortete ich, um das Junge zu beruhigen. „Wir helfen uns immer gegenseitig. Dann kann uns nichts passieren.“

Fast nichts.

Ich musste schwer schlucken, als ich an Graufluss dachte.

„Ich glaube, ich rieche unser zu Hause“, miaute Jimini plötzlich. Auch ich konnte den Zweibeinerort schon sehen.

„Kommt. Es ist nicht mehr weit. Sicher sucht eure Mutter schon nach euch.“

„Hier ist unser zu Hause“, wiederholte Jimini leiser.

Ich nickte, als wir den Zweibeinerort betraten. „Wisst ihr, wo eure Mutter wohnt?“

„Unser Nest ist ganz weit hinten“, miaute Jolly. Sie zögerte für einen Augenblick. „Ich glaube, unsere Mutter kommt gleich. Da drüben!“

Ich sah auf. Eine weiß-graue Kätzin läuft uns über die Zweibeinerwege entgegen.

„Das ist Lina, unsere Mutter“, quiekte Jimini laut.

„Dann lauft mal hin zu ihr“, miaute ich sanft. Ungleichmäßig stolperten die Jungen los, sodass ich schon fast fürchtete, ich hätte einen Fehler gemacht und sie könnten stürzen. Lina erreichte sie jedoch schneller.

Ich hielt mich im Hintergrund. Aus guter Erfahrung wusste ich, dass es nicht ratsam war, eine Königin zu unterbrechen, wenn sie ihre vermissten Jungen wieder fand. Erst als Lina den Kopf hob, ging ich einige Schritte auf sie zu.

„Ich danke dir von ganzem Herzen.“ Ihre Stimme klang erleichtert und erschöpft zugleich. „Ich habe jeden Garten nach den beiden abgesucht. Auf den Wald wäre ich nie gekommen.“

„Ihnen geht es gut“, miaute ich, die Kätzin beruhigend. „Aber passe auf, dass sie nicht wieder zu tief in den Wald hinein gehen. Wenn man sich da nicht auskennt, kann es gefährlich werden.“

Lina nickte. „Ich werde aufpassen. Vielen Dank, dass du sie zurück gebracht hast. Mein Name ist übrigens Lina. Du bist eine Clan-Katze, nicht wahr?“

„Ja. Mein Name ist Himmelpfote.“ Noch, fügte ich in Gedanken hinzu.

„Ich danke dir von ganzem Herzen. Und deinem Clan auch.“ Sie atmete tief durch. „Ich denke, du musst zurück. Nachher machen sich deine Katzen noch Sorgen um dich.“

„Ja“, miaute ich ruhig. „Ich gehe wieder. Lebt wohl.“ Dies rief ich auch Jolly und Jimini zu.

„Lebe wohl“, erwiderte Lina den Gruß, kurz bevor wir uns trennten.

 

Zu meiner Überraschung erwartete mich Winterfrost am Waldrand.

„Du hast mich beobachtet“, riet ich richtig.

Meine Mentorin nickte. „Diese Jungen waren zwar nicht Teil deiner Prüfung, aber du hast dennoch wie eine Kriegerin gehandelt. Ich würde diese Prüfung also als bestanden einstufen.“

Glücksgefühle breiteten sich in mir aus. Endlich würde ich zur Kriegerin werden! Hoffentlich hatte Regenpfote auch bestanden. Es gäbe nichts Schlimmeres, als alleine unter der Eiche zu stehen und noch auf meinen Bruder warten zu müssen.

„Die Beute haben wir schon eingesammelt“, miaute Winterfrost. „Daher können wir gemeinsam ins Lager zurück.

Ich sah auf. „Wir?“

„Grasfeuer hat mir geholfen. Er müsste uns gleich treffen.“

Mir wurde heiß unter dem Pelz, als ich seinen Namen hörte. Das wäre vielleicht die Gelegenheit um diesen kleinen, störenden Satz, der mir schon so lange auf der Zunge lag, loszuwerden!

 

Natürlich hatte ich kein Wort hervor gebracht. So lange, bis ich im Lager auf Regenpfote und Eschenlicht traf, die mit Beute beladen zurückkehrten. Und zwar mit viel mehr Beute, als ich.

„Hast du das alles gefangen?“, rutschte es mir heraus.

Schnurrend nickte Regenpfote. „Stell dir vor, dein Bruder wird doch noch zum Jäger! Und du?“, fragte er mich, nachdem er seinen Hamster auf dem Frischbeutehaufen abgelegt hatte.

„Ich habe nebenbei noch andere Begegnungen gemacht!“ Ich konnte es kaum erwarten, ihm davon zu erzählen. „Mitten im Wald traf ich plötzlich…“

Fuchssterns Ruf unterbrach mich.

„Alle Katzen, die alt genug sind, um Beute zu machen, fordere ich auf, sich unter der großen Eiche zu einem Clan-Treffen zu versammeln.“

Wir wussten, was das bedeutete. Wir waren die ersten, die an dem genannten Ort standen. Neben Winterfrost und Eschenlicht natürlich.

„Ich, Fuchsstern, Anführerin des BlattClans, rufe meine Kriegerahnen auf, auf diese beiden Schüler herab zu sehen. Sie haben hart trainiert um eure edlen Gesetze zu lernen“, leitete Fuchsstern die Zeremonie ein. Noch vor einem Blattwechsel hätte ich nie geglaubt, diese Worte aus ihrem Mund einmal hören zu dürfen. „Regenpfote und Himmelpfote, versprecht ihr, das Gesetzt der Krieger zu achten, euren Clan zu schützen und zu verteidigen, selbst wenn es euer Leben kostet?“

„Ich verspreche es!“, rief ich so schnell aus, dass ich mich beim Sprechen fast verhaspelte.

„Ich verspreche es!“, versprach Regenpfote sehr viel ruhiger, jedoch mit demselben Glanz in den Augen.

„Dann gebe ich euch mit der Kraft des SternenClans eure Kriegernamen. Himmelpfote.“

Ich trat hervor, vom Kopf bis zur Schwanzspitze zitternd.

„Von diesem Tag an wirst du Himmelsonne heißen. Der StenenClan ehrt deine Schnelligkeit und dein Jagdgeschick und heißt dich als vollwertige Kriegerin im Clan willkommen.“

„Himmelsonne! Himmelsonne!“, rief der Clan, während Fuchsstern ihren Kopf auf meinen senkte. Erst spät fiel mir ein, dass ich ihre Schulter lecken sollte. Meine Zunge fühlte sich dabei rau und trocken an.

Ich bin eine Kriegerin! Endlich eine Kriegerin!

Ich fühlte mich noch im Freudentaumel, als Regenpfote aufgerufen wurde.

„Von diesem Tag an wirst du den Namen Regenbach tragen. Der SternenClan ehrt deine Kraft und deinen Mut und heißt dich als vollwertigen Krieger im Clan willkommen.

Regenbachs blaue Augen leuchteten, als er seinen Namen in Empfang nahm. Der Clan wiederholte ihn.

„Regenbach! Regenbach!“

Unsere Blicke trafen sich. Ohne uns abzusprechen wussten wir, dies war der schönste Augenblick unseres Lebens.

Unter den Katzen, die uns nun begrüßten, sah ich eine glänzende, blaugraue Gestalt. Himmel! Sie war also noch hier!

Als ich mich weiter umsah konnte ich auch Regen und Graufell erkennen. Regenbach und Graufluss hatten mir die beiden so oft beschrieben, dass mein Bild von ihnen sofort zu ihnen passte. Es fehlte nur noch…

Graufluss!

Er sagte nichts. Er stand einfach zwischen uns. Dahin, wo er hingehörte. An unsere Seite.

 

Wie schon vor unserer Schülerernennung hatten Bienenkralle, Grasfeuer, Blitzstreif und Rosenduft unsere Schlafnester neben den ihren angeordnet. Diese lagen aber nicht mehr am Rand des Baus, sondern verschoben sämtliche Nester aller älteren Krieger.

„Sie werden sich schon damit abfinden“, miaute Rosenduft. „Ihr beide bleibt jedenfalls neben uns.“

„Alles wie immer“, miaute Regenbach daraufhin, als wir von unserer Nachtwache in den Bau kamen. „Ihr bleibt in unserer Nähe und wir verärgern die älteren Katzen.“

„Irgendjemand muss schließlich das Lager auf den Beinen halten“, miaute ich dazu.

Als hätte sie das Signal gehört, steckte Schattenglanz den Kopf durch den Bau.

„Ich brauche noch jemanden für die Grenzpatrouille zur Furt.“

Grasfeuer stand auf. „Ich komme mit.“

Meine Stimme hatte sich erhoben, bevor ich nachgedachte. „Ich auch. Ich bin sowieso nicht müde.“

Ein Zwinkern Regenbachs verriet mir, dass er ganz genau wusste, was ich vorhatte. Vor Wurfgefährten konnte man wohl nichts geheim halten!

„Ich übernehme aber keine Verantwortung für Katzen, die unterwegs einschlafen“, miaute Schattenglanz mir noch neckisch zu, während wir das Lager verließen.

 

Den ganzen Weg bis zur Furt brachte ich wieder kein Wort hervor. Diesmal war ich mir sicher, dass in dieser Angelegenheit etwas mit mir nicht stimmte. Ich war kurz davor, meinen Dank zum SternenClan empor zu schreien, als Grasfeuer von alleine reagierte.

„Wir gehen noch ein wenig jagen, Schattenglanz“, meldete er sich bei unserer Zweiten Anführerin ab und führte mich durch die Bäume bis zu einem ungestörten, kleinem Plätzchen.

Überrascht sah ich Grasfeuer an. „Weshalb…“

„Tut mit leid. Ich wollte warten, bis du den Mund aufmachst, aber ich hätte nie gedacht, dass du dabei so ruhig bleibst.“

„Manchmal bin selbst ich für Überraschungen zu haben.“ Mit dieser Antwort schmiegte ich mich an sein hellbraunes Fell. Ich spürte, wie Grasfeuer mit seiner Zunge sanft über meine Ohren fuhr. „Soll der Clan es wissen?“

„Warum nicht?“, lautete meine Antwort. Tief atmete ich seinen warmen Duft ein. „Aber vorher erfüllen wir unser Versprechen und füllen den Frischbeutehaufen auf.“

Etwas funkelte in Grasfeuers Augen auf. „Ich mache sicher die erste Beute!“

Ich schnippte mit dem Schwanz. „Davon träumst du!“

Seite an Seite liefen wir durch die hohen Bäume, deren Blätter über uns rauschten.

Mit einem Mal war die Ernennung zur Kriegerin nur die zweitschönste Erinnerung meines Lebens.

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Tag der Veröffentlichung: 31.05.2014

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