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1. Kapitel



"Bye, Hope", sagte Jeff und drückte mich noch einmal kurz an sich.
"Bye", nuschelte ich schnell, damit ich endlich zu Maik, meinem großen Bruder, gehen konnte. Na ja, gehen war wohl falsch. Ich rannte so schnell ich konnte über den gesamten Schülerhof!
"Da ist ja meine kleine", lachte Maik als ich mich in seine Arme warf.
Maik war groß gebaut und ich wusste das ihn viele Mädchen für gut aussehend hielten. Er hat kurze braune Haare und stechend grüne Augen, genauso wie ich. Wir hatten die Augen beide von Mom geerbt. Nur hatte ich keine braunen Haare, wie er und Mom, sondern rote. Es war ein schönes, sattes rot.
Maik ist schon 18 Jahre, dagegen bin ich noch 14, dass ist auch der Grund warum er mich immer "kleine" nennt. Er liebte es außerdem den Beschützer raushängen zu lassen, wie fast alle Jungs in meiner Klasse! Irgendwie weckte ich in den meisten männlichen Wesen ein Beschützerinstinkt. Was manchmal ziemlich nervig sein konnte! Doch Vorteile gab es auch, musste ich mir lächelnd eingestehen.
"Maik" flüsterte ich überglücklich und klammerte mich weiter an ihn.
Maik holte mich fast täglich von der Schule ab und obwohl er schon 18 ist lebt er immer noch zu Hause, bei Mom und mir.
"Kleines, du darfst mich jetzt los lassen", sprach mein großer Bruder belustigt.
Ich schüttelte an seiner Brust den Kopf. Ich liebte meinen Bruder einfach abgöttisch!
Und ich wusste das beruht auf Gegenseitigkeit!
"Na wenn das so ist", riss mich Maik's stimme aus den Gedanken.
Plötzlich wurde ich hoch gehoben, ich quickte erschrocken auf.
"Lass mich runter", verlangte ich lautstark.
"Aber warum denn?", lachte Maik, "is' doch lustig."
"Das meint ein Schwachkopf wie du vielleicht aber, wenn du plötzlich von einen Riesen in die Luft katapultiert wirst, bist du bestimmt anderer Meinung!" Ich liebte ihn, ja! Aber alles ließ ich mir nun auch nicht gefallen.
Seine Antwort bestand aus einem Lachen, dann endlich ließ er mich hinunter.
Sicherer Boden! Am liebsten hätte ich ihn geküsst, doch dafür war er doch ein wenig zu dreckig.
"Kann ich ja nichts dafür das du so nen Zwerg bist", lachte Maik.
Ich schmollte, woraufhin er mich kurz an sich zog und mit einem "Nun hab dich nicht so" umdrehte. Plötzlich stand ich einem fremden Mann gegenüber. Unwillkürlich drückte ich mich näher an Maik, der praktischerweise direkt hinter mir stand.
Misstrauisch beäugte ich den Fremden; dieser lächelte jedoch nur beruhigend und warm.
"Kleines, dass ist Lucas", stellte Maik mir den Typ, der bestimmt schon anfang dreißig ist vor. Seinem alter zum trotz sah er einfach atemberaubend aus. Nicht das ich auf ältere Männer stand. Gott bewahre! Doch mit seinen dunkelbraunen Haar, den warmen braunen Augen und den charmanten lächeln ließ er sicher einige Frauenherzen schneller schlagen.
Nun ja; meins gehört nicht dazu!
"Und woher kennen Sie meinen Bruder? Er hat Sie noch nie erwähnt!", sagte ich eisig.
Okay, okay, ich gebe zu! Was meinen Bruder angeht bin ich ziemlich besitzergreifend!
Doch der Typ, Lucas, schien es mir nicht übel zu nehmen. Ganz im Gegenteil, er sah belustigt aus.
"Kann ich mir vorstellen, schließlich kenne ich Maik auch noch nicht so lange. Ich hatte ihm einen...", er zögerte als Maik ihm einen Blick zu warf. Ich merkte es daran das Lucas ziemlich lange und intensiv zu meinem Bruder aufsah. "...Ausbildungsplatz angeboten. Und nun wollte ich ihn abholen, denn es wäre zeit für ihn damit zu beginnen."
Innerlich wand ich mich. Hatte ich meinem Bruder gerade die Chance auf eine wichtige Stelle vermasselt? Einen schlechten Eindruck gemacht, was sich auf ihn abfärben würde?
"Das ist gut", erwiderte ich deswegen so euphorisch wie nur möglich. "Wir sind nämlich viel zu unterschiedlich als das wir noch länger jede stunde des Tages unter dem selben Dach zu bringen könnten. So verzogen ich auch manchmal bin umso freundlicher und sittenhafter ist Maik", versuchte ich, doch noch etwas Positives für meinen Bruder zu tun.
Lucas fing herzlich an zu lachen. Was ich nicht verstand. Was war denn jetzt bitteschön so witzig an der Situation?
"Keine Sorge", versuchte Lucas zu sprechen, doch es schien ihm schwer zu fallen sich zu beruhigen. "Maik hat mir schon ein wenig über dich erzählt. Hab schon am Anfang gemerkt wie vernarrt er in dich ist da hatte ich mir schon gedacht das das von beiden Seiten aus geht."
Etwas peinlich berührt schaute ich auf meine Füße und malte imaginäre kreise mit ihnen auf dem Boden.
"Wie seid ihr denn auf mich gekommen? Ich dachte immer bei so einem Vorstellungsgespräch geht es um das Können und so bei den Bewerbern", sagte ich, um wenigstens etwas von meinem Verhalten von eben abzulenken.
Mein Gott, Maik würde mich damit ewig aufziehen! Was für eine Blamage.
"Ja, schon", gab Lucas zu, "aber da die...Bewerber...", ihm schien das Wort nicht passend zu sein und deshalb schwer über die Lippen zu kommen. Warum wohl? "...während der Ausbildung nicht zu Hause leben werden, sondern in einem, hm, man könnte sagen einem speziellen Wohnheim, will ich so viel wie nur möglich über jeden einzelnen wissen. Schließlich werden wir viel zeit mit einander verbringen und um so mehr ich über die Leute mit denen ich tun habe weiß um so einfacher wird das ganze von statten gehen", beendete Lucas seine Erklärung.
Als die Bedeutung dieser Worte endlich zu mir durchdrang, drehte ich mich schwungvoll zu Maik um.
"Du verlässt uns?", war alles was ich sagen konnte.
"Es ist nicht für immer", war seine Antwort. "Und enorm wichtig, sonst würde ich dich doch nie im Leben allein lassen", fügte er auf meinen traurigen Blick hinzu.
"Aber es ist doch hier in der nähe? Wir sehen uns trotzdem noch?" Ich hasste diese Verzweiflung die mitklang, doch ich konnte nicht anders.
Auch wenn ich Maik alles Glück der Welt wünschte, wollte ich ihn auch nicht verlieren!
Maik seufzte schwer und schon tat es mir Leid. Ich wusste doch wie sehr er immer um mich besorgt ist und das er, sollte ich nicht hinter ihm stehen, alles abbrechen würde. Das wollte ich vermeiden! Ich wollte ihm nicht im weg stehen, wenn er eine große Chance nutzen kann!
"Na ja. Ist ja auch egal. Weiß Mom schon davon?", fragte ich und versuchte nicht nur ihm, sondern auch mich selbst zu beruhigen.
Er schüttelte den Kopf.
Ich versuchte zu lächeln.
"Dann lass uns nach Hause und ihr die frohe Nachricht überbringen", versuchte ich die Stimmung wieder aufzuheitern.
Maik zog mich kurz an sich. "Danke", flüsterte er mir ins Ohr.
Ich drückte mich an ihn. "Kein Problem."

Wir liefen gemeinsam nach Hause, Lucas kam auch mit. Angekommen wurden wir schon von Mom erwartet. Sie schloss Maik und mich in die Arme und reichte Lucas, nachdem er sich vorgestellt hatte, die Hand.
Mom und Lucas gingen ins Wohnzimmer um etwas zu besprechen; ich durfte nicht mit. Was ich ziemlich unfair fand. Maik blieb daher auch bei mir zurück, er sah das ich mit dem allen ganz und gar nicht zufrieden war.
"Was ist das für eine Ausbildung?", fragte ich ihn um mich abzulenken.
"Neugierig?", neckte er mich.
"Rück raus, oder ich geh", sagte ich etwas zickig. So leicht würde ich es ihm nicht machen.
Er ließ ein schnauben hören. "Sei netter, schließlich hast du mir fast alles vermasselt", sagte er streng.
Betreten sah ich auf den Boden. "Sorry", murmelte ich und sah traurig zu ihm hoch.
Er zog mich an sich und lachte. "Mach dir nichts draus. Jetzt hab ich wenigstens was womit ich dich aufziehn kann!", lachte er wieder.
Da merkte ich das er mich wieder auf die Schippe genommen hatte; wie immer, er konnte mir nicht sauer sein, doch irgendwie fragte ich trotzdem immer wieder nach.
"Also", sagte ich leise, versuchte die Neugier aus meiner Stimme zu halten. Es klappte nicht.
"Also", wiederholte er belustigt, dann sah er plötzlich ernst aus. "Hope, ich...", er kratzte sich am Kopf, "..weißt du, ich kann dir nicht sagen was ich für eine Ausbildung mache. Noch nicht!"
"Wieso, lässt du dich zum Spion Ausbilden oder gehst du zu einer streng geheimen Militärgruppe und ihr versucht dann die Weltherrschaft an euch zu ziehen?", lachte ich, doch als ich sah das er immer noch ein ernstes Gesicht machte wurde ich ebenfalls ernst. "Warum denn nicht jetzt schon?"
Er seufzte. "Ich sag es dir noch. Nur noch nicht jetzt."
Ich sah etwas Verzweiflung in seinem Gesicht, weshalb ich sofort nachgab.
"Okay, aber du sagst es mir noch", sagte ich gespielt drohend, "ansonsten werd ich sauer", grinzte ich nun.
Er zog mich abermals an sich. "Was würde ich bloß ohne dich machen?"
"In Ewigkeit der Blödheit erliegen", kam es mir spontan über die Lippen. Er knuffte mich in die Seite. "Hey!", beschwerte ich mich.
"Das war noch das mindeste was du kleiner Teufel verdient hast", grinzte er und hielt mich fest als ich wegrennen wollte. Dann fing er an mich durchzukitzeln.
"Du Blödmann, lass mich los!", lachte ich und versuchte mich aus seiner Umklammerung zu befreien.
"Kannste vergessen", gab er zurück.
"Maik", quietschte ich.
"Maik", kam es dann aus dem Wohnzimmer, "kommst du bitte." Es war Mom.
Er ließ mich los, dann strich er mir kurz über die Wange und küsste mich auf den Kopf. Weg war er. Ich ging in mein Zimmer und erledigte meine Hausaufgaben.

2. Kapitel



PIEP PIEP PIEP

Gequält stöhnte ich, bevor ich schnell aufstand, zumindest kam es mir schnell vor und ging zu meinem Schreibtisch. Ich nahm mein Handy und schaltete den Wecker aus.
Es sollte verboten sein um 6.oo Uhr aufzustehen! Mit dieser Meinung stand ich bestimmt nicht alleine da.
Kurz setzte ich mich noch einmal auf mein Bett, schaute sehnsüchtig auf die noch zerwühlte decke.
Kopfschüttelnd wand ich mich ab, wenn ich mich jetzt noch einmal hinlege, dann schlafe ich ein. Das wusste ich mit einer Gewissheit, die ich gerne auch was meinen Bruder anging gehabt hätte.
Als ich gestern mit meinen Hausaufgaben fertig war sprachen meine Mom und Maik immer noch mit Lucas.
Ich war leise wieder in mein Zimmer zurück geschlichen, auch wenn ich gerne noch etwas gelauscht hätte.
Und dann musste ich eingeschlafen sein!

Langsam schlurfte ich ins Badezimmer, schloss hinter mir die Tür. Nach einer kalten Dusche und mit einem leckeren Erdbeergeschmack im Mund, der von der Zahnpasta kam, machte ich mich wieder auf in mein Zimmer.
Ich suchte mir einen Jeansrock, der mir bis zu den Knien ging, dazu ein graues T-shirt wo ein Gesicht drauf war und mit kleinen steinen verziert, dann noch schwarze Unterwäsche und eine graue Leggins. Im Badezimmer zog ich mir alles an.
Schnell bürstete ich mir noch meine roten Haare durch, ich ließ sie in vollen locken über die Schulter hängen. Schminken tat ich mich nie, irgendwie mochte ich es lieber wenn die Menschen natürlich herumliefen. Und nicht zugekleistert bis zum geht nicht mehr!

Leise schlich ich den kurzen Flur lang und öffnete die Tür. Mein Opfer schlief noch tief und fest. Nichts ahnend von dem was ihn gleich erwarten würde.
Er hatte so ein tiefen schlaf das ich mich, ohne das er wach wurde, rittlings auf ihn setzen konnte.
Er brummte, als ihm die ersten tropfen ins Gesicht fielen. Das Brummen wurde zu einem knurren als es immer mehr Tropfen wurden die in seinem Gesicht landeten.
Mal wieder genervt davon was für einen tiefen schlaf mein Bruder hatte, fast als läge er im Koma, kippte ich das ganze Glas wasser über Gesicht aus.
Das Resultat war besser als ich es mir ausgemalt hatte.
Maik setzte sich nach Luft schnappend auf, hatte nicht damit gerechnet das ich vor ihm saß und erkannte mich wahrscheinlich nicht, denn er warf sich zur Seite. Er plumpste mit einem lauten poltern auf den Boden.
Ich hatte mich vor lachen auf den Rücken gelegt und lachte aus vollen Halse. Es war reines Glück das ich nicht gemeinsam mit Maik den Boden knutschte.
Als Maik verstand was sich abgespielt hatte und alles an sein, noch im Schlaf-Koma liegenden Hirn ankam, stürzte er sich auf mich.
Ich bekam so schon kaum wegen meines Lachens Luft, doch als mein großer, mit Muskeln bepackter Bruder auf mir landete bekam ich gar keine Luft mehr!
Es dauerte aber nur sekunden bis er sein Gewicht so verlegte das ich es kaum spürte, meine Hände klemmte er dabei an meine Seite.
„Also...“, knurrte er, ..“was sollte das eben!?“ Ich hatte aufgehört zu lachen, presste die Lippen aufeinander, denn würde ich sie öffnen, wäre der nächste Lachanfall schon unterwegs. „Also?“, knurrte er. Das Wasser lief ihm immer noch übers Gesicht, tropfte auf mein shirt.
Ich versuchte mit den Schultern zu zucken, was er aber nicht erkennen konnte, denn ich bebte am ganzen Körper so sehr versuchte ich nicht zu lachen.
„Na gut“, sagte er erbost. Er stand von mir auf und lief nur in Boxershorts aus dem Zimmer. Ich blieb einfach liegen und wartete ab was er nun tun würde.
Als er jedoch wieder kam waren mir jegliche Gedanken ans Lachen vergangen.
„Das tust du nicht“, meine stimme war etwas zwischen einem erschrockenen keuchen und und einen knacksen in der Stimme, dass ich überhaupt noch eine hatte war ein Wunder.
Wenn irgendjemand meine Aktion mit dem Wasser GLAS für gemein gehalten hat, dann weiß ich auch nicht mehr.
Maik kam ganz lässig auf mich zugelaufen, keine Sekunde des Zögerns, nicht mal als ich ihn ansprach!
Einfach so, und ohne mir die chance zu einer Fluch zu bieten, leerte er einen bis zum Rand mit Wasser gefüllten Eimer über mich.
Prustend wischte ich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich war von oben bis unten nass. Und dazu war ich auch noch so geschockt das ich erst an Rache dachte als es schon zu spät war. Ich sah gerade noch das Grinsen in Maik's Gesicht als er auch schon aus dem Zimmer war. Ich sprintete ihm hinterher, doch es war zu spät! Dieser Feigling hatte sich im Badezimmer eingeschlossen!
„Maik“, brüllte ich und hämmerte auf die Tür ein. „Mach sofort die blöde Tür auf und stell dich der Rache einer Frau!“
Ein lachen hinter der Tür ertönte.
„Was ist denn hier los?“, erklang eine müde stimme hinter mir. Es war Mom. Da fiel mir etwas echt gemeines ein.
„Mom“, schluchzte ich und kuschelte mich in ihre arme.
„Was ist denn Hope?“, fragte sie tröstlich und strich mir über den Rücken.
Ich zwang mich zu ein paar tränen, dann erst sah ich zu ihr hoch. Na ja, hoch sehen war übertrieben. Meine Mom ist eine eher kleine Frau und etwas breiter um die Hüfte, aber dafür ist sie der netteste Mensch den ich kenne! Außer es ging um ihre Kinder, dann wurde sie zur Löwin!
„Maik hat mir einfach so einen Eimer Wasser übergeschüttet“, schluchzte ich herzzerreißend, dabei sah ich sie mit meinem traurigsten Blick an den ich drauf hatte. „Und dann ist er einfach weg“, sagte ich niedergeschlagen.
Erst jetzt musterte sie mich richtig und ich stellte dabei fest, dass auch sie nun ganz durchweicht war.
Erbost drehte sie sich um, erst jetzt sah ich das die Badezimmer Tür nicht mehr verschlossen war. Maik lehnte breit grinsend in dem Rahmen.
„Maik“, sagte Mom drohend, „hast du deiner Schwester wirklich einen Eimer Wasser übergeschüttet?“ Lügen war zwecklos, dass sagte einen ihre Stimme und der Gesichtsausdruck!
„Ja“, kam es schlich von Maik, dass Grinsen war wie festgeklebt. Es verschwand einfach nicht. „Aber“, sprach er dann weiter, „ich glaube unsere kleine Hope hat einen teil der Geschichte weg gelassen. Wahrscheinlich sogar den für sie am besten.“ Herausfordernd sah er mich an. Unschuldig blickte ich zurück.
„Ich weiß nicht was du meinst.“ Sagte ich zuckersüß, ließ aber noch eine Portion Unschuld in meine Stimme hinein fließen. Da er sich anscheinen mit einem Handtuch das Gesicht abgetrocknet hatte, ebenfalls die Brust, hatte er nun keine Beweise mehr.
„Mm“, machte Maik, „vielleicht sollte ich dir auf die Sprünge helfen?“ Er grinste immer noch. Mom sah zwischen uns beide hin und her, langsam machte sich ein lächeln auf ihrem Gesicht breit. Sie kannte unsere Albernheiten schon lange, erlebte sie so zu sagen aus erster Reihe, vom besten platz, seit Jahren mit. Live!
„Es hat zu tun mit“, Maik tat so als müsse er überlegen, „ach ja. Mit einem Glas...und...was war es noch? Wasser...und einem schlafenden Maik...“ Eine kurze Pause. „Erinnerst du dich jetzt?“
Ich legte den Kopf schief, schaute in die Luft, tat so als überlegte ich. Als ich ein paar schritte nach hinten ging, dachte niemand sich etwas dabei. Geduldig folgten sie mir. Erst im Wohnzimmer, dass direkt an unsere Küche anschloss, blieb ich stehen.
Zur Küche hin gab es keine Tür, unsere Wohnung war so geschnitten das Wohnzimmer und Küche sozusagen in einem sind.
Und da ich ja noch im Wohnzimmer, aber ganz nah an der Küche und dem Waschbecken, stand, beachtete keiner.
„Ach ja“, sprach ich, als hätte ich einen Geistesblitz, „dass“, dabei schnappte ich in die Küche zum Wasserhahn, den man ausziehen konnte, „meinst du!“ Ich öffnete den Hahn und spritzte den Strahl direkt auf Maik, der etwas abseits von Mom stand.
Maik rannte hinter das Sofa um sich zu schützen und als Mom etwas sagte drehte ich mich, samt laufenden Wasserhahn, zu ihr um.
Alle meine Gesichtszüge entgleisten mir als diese Respekt Person nun klitschnass vor mir stand.
Maik verkniff sich seine Reaktion nicht, er lachte so laut er konnte. Mom warf mir erst einen bösen Blick zu, doch dann lachte auch sie los.
Ich stand einfach grinsend daneben. Wir waren schon eine bekloppte Familie.
Ich versuchte mich ins Badezimmer zu schleichen, so lange sie noch so in ihrem Lachflash gefangen sind könnte es mir gelingen. Als ich schon fast im Badezimmer war, wurde ich von hinten um die Taille gepackt und an eine sehr, aber wirklich sehr, nassen Brust gezogen.
„Wer wird denn hier abhauen wollen“, hörte ich die belustigte stimme meines Bruders.
„Lass mich los, Maik! Ich muss mich noch abtrocknen, denn, falls du das vergessen hast, habe ich heute noch Unterricht“, gab ich gequält wieder.
Er lachte nur.
„Na dann, lass mich dir doch helfen“, misstrauisch schaute ich ihn an, nachdem er mich losgelassen hatte.Ich traute dem Frieden nicht. Ganz und gar nicht!
Er sah mich nur abwartend an. Mit einem seufzen ging ich Badezimmer, gefolgt von Maik. Ich schnappte mir ein Handtuch und rieb mir das Gesicht trocken, als ich einen leisen Lärm wahr nahm.
Ich hatte böse Vorahnungen, doch drehte mich trotz allem zu meinem Bruder um. Und da stand er, bewaffnet mit einem Föhn. Ich fing an zu grinsen, ich konnte nicht anders.
„Na los, dreh dich um,“ befahl er ebenfalls lächelnd und dann fing er an mir die Haare zu föhnen.
„Du wärst echt eine super Putze. Schon mal an ne Karriere als Hausmutter gedacht?“, grinzte ich vor mir hin.
Kurz zog es an meinen Haaren. „Hey!“, beschwerte ich mich.
„Entschuldige, war keine Absicht“, dass grinzen konnte man praktisch hören!
„Aber sicher doch“, Ironie lässt grüßen. Dann fiel mir ein unangenehmeres Thema ein, doch auch das musste besprochen werden, schließlich habe ich ihn deshalb eigentlich geweckt.
„Maik?“, fing ich an. Er musste es an meiner stimme gehört haben, denn er antwortete ernst, selbst von dem grinsen war keine Spur zu hören.
„Was ist, kleine?“
„Also...“, ich zögerte, doch ich musste es wissen, „was ist denn jetzt gestern raus gekommen?“ Fragte ich schnell. Mein Blick war auf die Kacheln vor mir gerichtet.
Maik drehte mich sanft zu sich um, wartete bis ich ihm in die Augen sah.
„Ja, es hat sich was ergeben. Lucas würde mich nehmen.“ Ich sah wie er schluckte. „Die...Ausbildung würde an die 5 Jahre dauern, wenn ich bestehe ist es aber ziemlich sicher das ich genommen werde.“ Er sah mich an, wartete auf meine Reaktion.
„Und wo findet die Ausbildung statt?“, fragte ich den tränen nah.
„Sehr weit weg“, war sein Kommentar.
„Besuchst du uns denn überhaupt noch?“ Verzweiflung und Trauer. Wissen um den Verlust.
Er seufzte und zog mich an sich.
„Die ersten drei Jahre nicht.“
Ich versteifte mich. „Was soll das denn bitte schön für eine Ausbildung sein!?“ Wut. Schmerz.
Wieder ein seufzen und ich erinnerte mich daran das er mir gestern sagte das er mir das jetzt noch nicht sagen könne.
„Na schön“, gab ich nach. „Willst du es denn wirklich so sehr?“
„Ja, kleines“, verriet er mir. Ich merkte ihm an wie schwer es ihm fiel.
„Aber dann kommst du wieder?“
„Dann komm ich wieder“, er sah mich an, „ich verspreche es“, und mit Versprechungen ging er nie leichtfertig um.

Als meine Kleidung auf die selbe weise wie meine Haare getrocknet worden waren und nicht mehr ganz so stark an meinem Körper klebte, schnappte ich mir nur noch einen Apfel, meine Tasche und ging auch schon los.
Jeff und die anderen standen wie immer auf dem Schulhof und redeten über alles und nichts. Als ich bei ihnen ankam gab es die Mädchen erst mal Küsschen rechts, Küsschen links und von den Jungs unter uns wurde mir in einer Umarmung fast die Rippen gebrochen und die anderen drückten mir die Luft aus der Lunge.
So viel also zu dem Beschützer Instinkt! Der gilt wohl nur anderen gegenüber, denn sie selber erlaubten sich alles.
Nachdem ich auch von dem letzten begrüßt wurde setzten die Gespräche wieder ein, ich hörte zu und redete auch mit, bis es klingelte und wir ins Gebäude gingen.
Lisa und Tina verabschiedeten sich, da sie in eine andere Klasse gingen als wir übrigen. Ich lief etwas abseits mit Jeff als er mich ansprach.
„Wer war eigentlich der Typ bei Maik gestern“, fragte er neugierig.
„Sein Ausbilder oder Chef oder so...“, antwortete ich ihm wahrheitsgemäß.
„Er hat eine Ausbildungsstelle angenommen? Ich dachte er will sich einen Job in der nähe suchen und euch unterstützen?“
„Hm ja, dass hatte er auch eigentlich vor, aber das Angebot ist besser“, versuchte ich zu erklären.
„Ach so, und als was macht er eine Ausbildung“, sickerte seine Neugier wieder durch.
Ich zuckte die Schulter.
„Wie? Du weißt es nicht", fragte er ungläubig.
„Er macht ein Geheimnis daraus“, verteidigte ich mich.
„Ach, sag bloß er hat dir, seiner kleinen, süßen, über alles geliebten Schwester, nichts verraten?“ Jeff lachte.
Ich schmollte.
„Hey! Du bist ja bloß eifersüchtig“, dabei schlug ich ihm auf die Schulter. Er lachte noch lauter.
„Gott bewahre! Wärest du meine Schwester wäre es doch ziemlich krank.“
„Was?“
„Na, ich kann doch nicht auf meine eigene Schwester stehen.“
Ich lief rot an und beschleunigte meine schritte.
„Wie süß“, stichelte er, „wird da jemand rot?“
„Ach halt die Klappe!“
Glucksend lief er neben mir her, doch er sagte nichts mehr. Besser für ihn!

„Endlich! Freiheit", sagte Jenny, als wir nach der siebenten Stunde die Schule verließen.
„Ja“, stimmte Laura mit ein, „noch ein weiteren Satz von Herrn Schubert und ich wäre ihm an die Gurgel gegangen. Diese Stimme! Und noch dazu spuckt er beim reden ständig. Nicht sehr appetitlich, wenn er direkt vor einem steht!“ Angewidert verzog Laura das Gesicht.
Wir anderen lachten nicht, denn wir wussten genau was sie meinte. Es war jedem von uns schon einmal so ergangen.
Josh legte ihr einen arm um die Schultern. „Zumindest ist es jetzt vorbei. Und sei mal ehrlich, wenn du und Lisa nicht so viel geredet hättet, hätte er dich auch nicht nach vorne gesetzt.“ Lachend wich er ihrem schlag aus, „ist doch aber so.“
Nun hatte er es sich endgültig verscherzt. Beide, Laura und Lisa, stürzten sich auf Josh. Wir anderen sahen lachend zu.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 15.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für die Freunde die ich hier gefunden habe Besonders eine, dankeschön larissa das du immer ein offenes ohr hast und man jeden quatsch mit dir anstellen kann =)

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