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Erlösende Stille

Der Silberschein gähnt

im Triumpf er sich erwähnt

Gewonnen über Trug und Tag

Schatten und Dunkelheit ist alles was er mag,

doch einen leichten Schein

will auch er vergeben.

Er erhebt sich mit aller Macht

über glühendes Rot,

gleißendes Licht, wo doch nur ein Schein reicht.

Sanft, wie fallendes Licht

strahlt er herab und sagt kein Wort.

Die Stille ist sein Ort. 

 

Kühles Metall auf schneeweißer Haut. Die Klinge war hauchdünn und durch den Druckaufwand fraß es sich immer tiefer in ihr Fleisch. Die ersten dunkelroten Blutstropfen quollen hervor und verschmierten ihre makellose hellen Teint mit Rot. Kurzer stechender Schmerz durchflutete sie, gefolgt von einen lauernden Brennen. Der Beweis ihres Schmerzes. Der Beweis der Realität. Fasziniert betrachtete das Mädchen, dass je mehr Kraft sie aufwand, desto mehr des rotes Lebenssafts aus ihrer Wunde strömte.

Du bist wertlos!“

Nichts was Leben sollte!“

Ein...“

Zum ersten Mal in ihrem kläglichen Leben war das Wispern in ihren Ohren verklungen. Selige Stille. Die Stimmen, sie ruhten.

Sie war frei! Pures Glück durchströmte sie, drang in jede Pore ihres Körpers, als ihr das bewusst wurde. Ein kleiner Schnitt und all diese Stimmen verschwanden hinter einem dichten Vorhang aus schwerem Stoff. Endlich war ihr Kopf leer. Niemand, der sie erniedrigte. Niemand, der ihre Taten kommentierte, meist recht Spöttisch und mit mehr als nur Sarkasmus. Niemand. Leicht lächelte sie in das halbdunkle Zimmer, in welchem sie sich befand und ließ sich von der schleichenden Schwärze Stück für Stück verschlucken.

Langsam nahm sie den Druck von dem kleinen silbrigen Messer, welches sie aus der Küche still und heimlich entwendet hatte.

Nutzlos!“

Unwürdig!“

Platzverschwendung!“

Die Stimmen stürmten auf sie ein wie Tornado und hinterließen nichts, außer gähnende Leere und ein Gefühl von Minderwertigkeit. Nein! Sie waren doch fort gewesen! Nein!

Du bist eine Schande!“

Sie schüttelte ihren Kopf. Ärger flammte in ihr auf, doch das Gewisper wollte nicht aufhören! Warum konnte sie sie nicht in Frieden lassen? Warum? Sie folgten ihr schon seit... immer. Plötzlich waren sie da gewesen. Das Mädchen konnte sich nicht entsinnen sie einmal nicht gehört zu haben.

Ihr Blick glitt zu der Klinge, welche sie achtlos auf den Boden hatte fallen lassen und dann zu ihren Armen. Blut klebte am Untergrund, benetze ihre Arme, befand sich an der Klinge...

Schwache Mondstrahlen leuchteten in ihr karges Zimmer und die Waffe glänzte silbrig auf. Hypnotisiert starrte sie das Messer an.

„Wunderschön...“, murmelte das Mädchen im Delirium und setzte erneut an. Diesmal tiefer, fordernder.

Die Stimmen sollten für immer verschwinden! Sie sollten weg! Fort! Sie konnte und wollte nicht mehr deren Opfer sein! Nein! Heute und auf nicht mehr! Nie mehr!

Du kannst uns nicht entkommen!“

Du wirst uns nicht los!“

Niemals wirst du dich...“

Das Wispern, geballt aus mehreren Stimme erstarb, kam nicht zurück. Egal wie sehr sie es auch bestimmt versuchten, das Mädchen hörte nichts außer beruhigende Stille in ihren Ohren rauschen. Sie wankte, das Messer rutschte ihr aus der rechten Hand. Das helle Klirren war in unglaublich weite ferne für sie gerückt. Nicht mehr als ein leichter Hall im unendlichen Universum. Langsam sank sie zu Boden. Eine Meer an rot bildete sich unter ihr, umschmiegte ihren zierlichen Körper und ließ sie nicht mehr los. Sie drehte ihre Gesicht zum Fenster, um ein letztes Mal den Vollmond sehen zu können, den sie so liebte. Sanfte Strahlen weißen Lichts erhellten ihr Antlitz. Blaue Augen, heller als ein klarer Himmel leuchteten im Schimmer der Nacht. Glückselig schloss sie ihre Lider, indem Wissen, dass es vorbei war. Endlich vorbei. Ihre Brust erhob sich zum letzten Mal. Niemals würde sie sie mehr hören.

So wie auch jede Pflanze irgendwann vergehen musste, so kam auch irgendwann der Zeitpunkt, an welchem es an ihr war zu gehen. 

Sie war frei.

Impressum

Texte: Alle Rechte dieses Buches liegen bei mir, Julliet R., der Autorin.
Bildmaterialien: Das Bild ist aus Google Bildersuche
Tag der Veröffentlichung: 19.02.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme diese Kurzgeschichte an alle Leser.

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