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Frühlingsgefühle

»Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick«, kommt mir einfach so in den Sinn. Wer kennt nicht den Osterspaziergang des großen Goethe aus seinem Faust?

Heute allerdings habe ich nichts mit einem Spaziergang am Hut. Ich schaue aus dem Fenster und bin eigentlich froh über den Regen. So muss ich mich nicht ärgern, dass ich draußen nicht die Sonne genießen kann. Denn dieses lange Osterwochenende sei zur Renovierung unseres Schlafzimmers hervorragend geeignet, meinte meine Frau. Und wenn meine Frau etwas sagt …

Eine kleine Pause habe ich mir verdient und sehe gebannt auf den immer heftiger werdenden Regen. Am Baum gegenüber von unserem Fenster läuft von einem großen Ast das Wasser in einem dicken Strahl auf die Erde, wie aus einem offenen Wasserhahn. Ich muss noch etwas warten, ehe ich weiterarbeiten kann. Die Tapetenbahnen habe ich schon zugeschnitten, aber der Tapetenkleister muss noch etwas quellen, damit ich auch die letzten Klumpen klar kriege. Zum Glück ist es mir am Gründonnerstag kurz vor Ladenschluss noch eingefallen, dass ich keine Tüten mit den einzurührenden Flocken für den Kleister mehr auf Vorrat habe. Um in den Baumarkt zu fahren, war es zu spät. Von unserer Wohnung aus ist es schon eine halbe Tagesreise. Also lief ich um die Ecke in den kleinen Laden für Malerbedarf. Bei Maler Buntmann hat, glaube ich, schon mein Großvater eingekauft, so lange betreibt die Familie Buntmann das Geschäft. Im Baumarkt wäre es mir zwar billiger gekommen, denn die kleinen Fachgeschäfte nehmen höhere Preise, aber – wie gesagt – es war spät und dann der lange Weg. Dann muss man auch den Benzinpreis dazurechnen.

Genug gefaulenzt! Ich kann jetzt weitermachen und die ersten Bahnen an die Wand bringen. Meine Frau wird es freuen, wenn ich so fleißig bin. Vielleicht überkommen sie dann Frühlingsgefühle … Das würde mich freuen.

 

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Tag der Veröffentlichung: 13.03.2025

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