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Hüter des Landes I

Hüter des Landes I

 

Bin ich meines Bruders Hüter?

Wer ist Schuld, wenn du fehlst?

Wen nennst du Judas, mein Bruder?

Im eisigen Nachtwind eilten wir die

Alten Hügel hinab, gehetzt von der

Einherjar, der wilden Jagd.

Wer stahl das Schwert des Laird?

Hörst du die grausen Schreie der Rachegeister,

Die gellend nach uns rufen?

Fergus fiel um Mitternacht.

Mea Culpa.

Ein dunkler Schatten sitzt auf deiner

Rechten Schulter,

Lacht keckernd auf unsere Schar hinab.

Der Nebel hüllte uns in eine dichte Decke, mein Bruder,

Und jeder Laut erstarb.

Llannan ging nieder durch feigen Verrat

Und büßte für unser aller Tat.

Unser aller, mein Bruder? Unser aller?

Bin ich dein Hüter, unser Hüter?

Wenn nicht ich, wer dann?

Weh dir, Angus, du siehst das Funkeln nicht

In meinen Augen, den schwarzen Vogel, der

Dich in seinem Blick gefangen.

Hüte dich, mein Bruder, du weißt nicht

Wer ich wirklich bin.

Du lachst, weil alles was du dir erträumtest,

Nunmehr in deinen Händen liegt.

Spürst du nicht die Last, schwer wie Blei, Bruder, die

An den Kräften deines Pferdes zehrt?

Bist du so blind?

Hüte dich vor mir, Bruder, denn auch mich verzehrt

Die Gier.

     Der schwarze Stahl forderte noch viele Opfer,

     Allen voran Angus, den Fowl aus Neid erschlug.

     Fowl war der Bote des Landes,

     Der Angus Hochmut zum Schluß nicht mehr ertrug.

     Er spaltete mit dem Schwert seinen Schädel,

     Denn er begehrte seine Bruders Güter.

     Fowl wähnte stets im Recht sich,

     Sprach: „Bin ich meins Bruders Hüter?“

     Der Bote des Landes war korrumpiert,

     Weil er am Ende dem Zorn sich ergab

     Und durch seiner eig’nen Hände Werk war es,

     Daß der einst so stolze Angus starb.

     Doch rechtfert’gen konnt er sich schließlich nicht,

     Als sie ihn stellten, die Ewigen Wachen

     Denn, wahrlich, der Hüter des Bruders er sei,

     Verurteilte ihn die Stimme des Drachen.

Fowl liebte das Land mehr als sich selbst. Er wollte es vor allem Übel beschützen und so war es nur eine Frage der Zeit, bis Angus, dem er ewige Treue geschworen, zu seinem Feind werden würde. Angus war bloß ein Mensch und als solcher nicht ohne Fehl. Doch seine einzige Sünde war der Traum vom Ruhm.

Clannadwyrn war ein Stahl, der, vor Urzeiten geschmiedet, seinem Träger ebendiesen Ruhm verhieß. Fowl, von aufrechtem Charakter einst, liebte Angus, wie der Drache die Menschen liebt. Als Angus beschloss, sich Corwyns Schwert anzueignen, willigte Fowl ein, bis zuletzt an seiner Seite zu stehen. Wie schrecklich sich sein Schwur erfüllte. Als Angus nämlich Clannadwyrn, das Schwert des Corwyn of Amber, in seinen Händen hielt, glaubte Fowl, der Stahl des Landes sei für gewöhnlicher Menschen Hand, und als solchen betrachtete er Angus, nicht geschaffen. Fowl hatte die Gabe verloren, die Worte des Drachen zu verstehen – Wann? Ich weiß es nicht mehr...

In dieser Blindheit, die nicht seine Schuld war, erschlug er seinen Bruder, doch wenn auch des Drachen Richtspruch ihn verurteilte, so vergab doch der Drache dem Boten des Landes, der in die Irre ging. So ruht Fowl nunmehr in einem Grab im Tal des Drachen, in einer stillen Gruft, geliebt vom Drachen, doch verloren für die Menschen.

 

Gewidmet Fowl

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Tag der Veröffentlichung: 08.01.2016

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