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Für immer...

 

Wenn man eine Stadt hinter sich lässt beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Sagt man doch so oder? Man lässt Menschen und Erinnerungen zurück, die einen geprägt haben. Es werden leere Versprechungen gemacht, dass man sich gegenseitig Besuchen wird… Doch getan wird es in der Regel nicht. Warum ich darüber so gut Bescheid wissen will? Ich bin in meinem Leben schon so oft umgezogen, bin dadurch nie wirklich enge Freundschaften eingegangen. Warum auch? Nie konnte ich mir sicher sein, an diesem Ort verweilen zu dürfen. Anfangs hab ich es noch versucht… ehrlich! Aber kaum hatte ich ein, zwei Freunde gefunden, musste ich sie auch schon wieder zurücklassen. Mit diesem bekannten Versprechen, nichtige Worte, doch hoffte ich jedes Mal, einer von ihnen würde es halten.

Warum ich mich dann nicht einfach daran hielt? Hm… gute Frage. Ich sag es mal so, wenn man etwas unzählige Male versuchte und jedes Mal eine Abfuhr kassierte, war man einfach nicht mehr motiviert genug. Von den anderen kam doch auch nichts, also blieb nur das vergessen.


Als ich ungefähr 13 war, sind wir erneut übersiedelt. In das Herz von Deutschland, Berlin. Dort verweilten wir ein ganzes Jahr, bis die Umzug Kartons, wieder nach Arbeit schrien. Es war wirklich lästig…

Diesmal ging es knapp an die Grenze von Deutschland. Der Ort hieß Griesen und lag ziemlich nah an Österreich. An die Zeit kann ich mich noch ganz genau erinnern. Warum? Weil dies der erste Ort war, an dem wir länger als ein Jahr blieben. Um genau zu sein lebten wir dort ganze 4 Jahre lang. Dies war wohl mit Abstand, die schönste Zeit in meinem bisherigen Leben gewesen.

 

Neue Stadt, viele Fremde, neue Bekanntschaften. Ich fand ein paar Leute, mit denen ich abhängen konnte, wenn ich nicht alleine sein wollte. Nur als Freunde hab ich sie nie gesehen. So wie alle anderen vor ihnen, waren sie Bekannte, Lückenfüller, Leute mit denen man auskam. Nicht mehr und auch nicht weniger. Irgendwie hatte ich es aufgegeben, wirkliche Freunde finden zu wollen. Was brachte es mir? Nach einem Jahr würde ich doch wieder hier weg sein. Sie behalten einen nie lange in Erinnerung. Also war es doch egal… Zumindest dachte ich zu dieser Zeit noch so. Eines Tages dann war alles auf einmal ganz anders…

 

An diesen bestimmten Tag, erinnere ich mich, als wäre es erst gestern gewesen.

Meine Mutter hatte mich gebeten ein paar Dinge fürs Abendessen zu besorgen. Natürlich habe ich ihrer bitte Folge geleistet und machte mich auf den Weg zum nächsten Supermarkt. Ich danke meiner Mutter heute noch, dass sie mich dahin geschickt hatte, sonst wäre mir wohl einige wichtige Moment meines Lebens verwehrt geblieben. Denn dann hätte ich IHN nie kennengelernt…

Gelangweilt schlenderte ich durch die Regale hindurch und sammelte die Sachen, welche meine Mutter wollte, zusammen. Nun war es nur noch eine Zutat die mir fehlte und ich konnte endlich zur Kassa und verschwinden. Doch das Schicksal hatte etwas ganz anderes vor. In dem Moment als ich nach der Packung Nudeln griff, tat es mir jemand gleich und wollte anscheinend genau nach der selbigen angeln. Eine angenehme warme Hand schloss sich um die meine und ich sah fast schon erschrocken auf…

Direkt in hellgraue Seelenspiegel, die mich sofort in ihren Bann zogen. Sie wirkten wie ein graues Meer, so tief, so endlos und anscheinend auch total aufgewühlt. Meinem Gegenüber schien es wohl nicht anders als mir zu ergehen. Vereinzelte rotebraune Strähnen fielen ihm ins Gesicht. Meine Rehbraunen Augen wandern weiter, über die Wangenknochen, die gerade Nase und schließlich landeten sie bei den Lippen. Ein richtiger Kussmund. Seine Oberlippe war zwar sehr schmal, doch umso voller war die dazu gehörige Unterlippe. Wie gerne würde ich meine Zunge darüber wandern lassen und leicht in jene hineinbeißen. Ja… meine Hormone spielten verrückt und das bei einem Kerl. Einen sehr attraktiven muss aber gesagt sein. Ob es mich nicht schockt? Nein.. Mädchen hatten nämlich noch nie mein Interesse geweckt, also war klar dass ich schwul war. So einfach konnte das sein. Es war mir wohl schon klar, bevor ich es überhaupt realisiert hatte.

Meine Augen wandern über seinen Körper, der wirklich einiges zu bieten hatte. Dem Fremden schien aber auch zu gefallen was er sah. Er hielt meine Hand immer noch in der seinen, was wohl eher unbewusst passierte. Doch von dieser Berührung ging so viel aus. Ein undefinierbares kribbeln, seine angenehme Wärme und vielleicht wollte er mir damit verdeutlichen das ich nicht abhauen sollte? Konnte ein so kleiner Kontakt, wirklich so viel Ausdrücken? Ja… konnte er.

Auf meine vollen, roten Lippen lag ein Lächeln, welches ihm verdeutlichen sollte, ich bleibe. Zumindest vorerst, bis der Bann gebrochen war. Keine Ahnung, wie lange wir uns anstarrten und vor dem Nudelregal standen. Die Realität holte uns erst wieder ein als uns ein unfreundlicher Typ ansprach. Von wegen das wir doch mal Platz machen sollten. Taten wir dann auch aber kaum war der Kerl wieder von dannen gezogen, blickten wir uns erneut an.

Wir grinsten, leckten uns über die eignen Lippen. Ich glaube ich überdenke es nochmal mit den Bekanntschaften. Diesen Kerl, will ich definitiv näher Kennenlernen und nicht nur flüchtig.
Er nähert sich mir, blieb dicht vor mir stehen und reicht mir seine Hand. Ohne Umschweife ergriff ich sie und stellte mich ihm vor. „Akira..“, sprach ich leise, nicht fähig mehr von mir zu geben. In seinen grauen Seelenspiegeln, funkelt es belustigt und er nickt leicht. „Julian. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.“, raunt er schon fast mit seiner tiefen Stimme. Hört sich wirklich gut an. Kurz drückte er meine Hand und ließ wieder von ihr ab. Schade… aber warum sollte er sie auch länger halten?

„Kriegst du deinen süßen Mund auch dazu, noch mehr zu sagen?“, neckte er mich und seine schönen Augen funkeln mich belustigt an. „Klar… ähm…“, setzte ich an, doch wusste nicht recht was ich äußern sollte. Eine leichte röte schlich sich auf meine Wangen, nur ganz zart, doch sichtbar. Es war das erste Mal, dass so ein heißer Typ, mit mir flirtete. Wie sollte ich da auch gelassen bleiben?
Ein schmunzeln drang von ihm zu mir herüber und ich legte fragend den Kopf schief. „Du bist total niedlich, kleiner!“, gestand er mir und ließ mich schnaufen. „Ich bin nicht niedlich…“ Auch nicht klein wollte ich erwidern, doch der gute überragte mich mit einem ganzen Kopf. „Doch das bist du. Wie alt bist du, wenn ich fragend darf?“ Er schien an mir interessiert zu sein! Ich musste meiner Mutter echt danken wenn ich heim kam. Ohne sie, wäre ich dem Typen nie begegnet.

„Wollen wir nicht erst mal hier verschwinden? Ich kenne da, einen guten Platz um sich zu unterhalten. Hier ist es doch viel zu ungemütlich.“, schlug ich vor und wartete seine Antwort ab.

„Natürlich ziehe ich es vor, mit dir allein zu sein. Dann lass uns an die Kassa gehen.“ Gesagt getan, nach wenigen Minuten waren wir bereits vor dem Laden und machten uns zu dem besagten Platz auf. Ich führte ihn zu einem kleinen Hügel, der unter einer große Eiche lag. Unsere Einkäufe stellten wir erst mal beiseite und setzt uns einfach auf den Boden, ins weiche Gras.

„Hier ist es doch schön, oder?“, fragte ich ihn und blickte in die Ferne. „Seid wir hier sind, bin ich fast jeden Tag hier.“, fügte ich noch an und sah zu Julian hinüber. Er Lächelte, rutschte näher an mich heran und legte unverfänglich seinen Arm um meine Schulter. Leicht lehnte ich mich gegen ihn und genoss seine Nähe. Zum ersten Mal, hatte ich direkten Kontakt, mit einem Menschen außerhalb meiner Familie. Alle anderen sollten auf Abstand bleiben… Nur nicht er.

„Ich kenne den Ort ganz gut. Hier bin ich oft mit meinem kleinen Bruder… wenn es regnet.“, seufzte er und irgendwie, sprach die pure Sehnsucht aus seinen Worten. „Ich hab auch einen jüngeren Bruder, der kleine hängt total an mir. Was ich nicht recht verstehe.“, murmelte ich leise vor mich her, doch ich bin sicher er hat es verstanden.

„Verrätst du mir nun wie alt du bist?“, wechselte er sofort das Thema und es ist mir nur recht. „Wieso ist das denn so wichtig?“, stellte ich die Gegenfrage und sah ihn fragend an. „Es interessiert mich einfach.“, erklärte er und ließ mich ergeben nicken.

„Ich bin 14… und schon sehr weit herum gekommen..“, erzählte ich ihm bereitwillig. „Echt? Du bist erst 14? Du wirkst als wärst du mindestens so alt wie ich…“, stutzte er, was mich zum Grinsen brachte. „Mein Bruder ist übrigens genauso alt wie du und benimmt sich ganz anders.“, wunderte er sich.

„Das kommt wohl davon, das ich andauernd mit älteren rumhänge. Die sind nicht so kindisch und wie alt bist du?“ Schließlich war es nur gerecht, wenn ich sein Alter ebenfalls erfuhr. „16… und wieso gibst du dich mit älteren ab? Reichen dir deine Altersgenossen nicht?“, will er wissen. „Sagen wir es mal so… Ältere sind nicht so anhänglich..“, will ich erklären, da fällt mir sein Arm auf meiner Schulter wieder ein. „Naja… die meisten zumindest nicht.“, grinste ich ihn nun an und er schmunzelte. „Das ist doch was anderes. Ich hänge nicht an dir dran oder stört dich meine nähe?“, fragte er mich so sanft das ich wohl nicht mal verneinen würde, wenn sie mich stören würde. Seine zärtliche Art, entlockt mir ein Lächeln. Er ist so… ja was eigentlich? Niedlich? Liebevoll? Fürsorglich? Ich kannte ihn kaum und doch, würde ich ihm wohl alles erzählen was er wissen wollte. Keine Ahnung warum..

„Nein… deine Nähe stört mich kein bisschen. Sie ist sehr angenehm.“, gestand ich leise und lehnte mich noch mehr an ihn heran. Genießen… Ja ich gebe es zu… ich stand auf diesen Kerl und er wohl auch irgendwie auf mich. Sonst würde er mich doch sicher nicht so umarmen und an sich drücken.
Doch an diesem Tag ist zwischen uns nicht mehr passiert. Wirklich viel geredet haben wir aber auch nicht mehr. Wir sind nur nah bei einander gesessen, an den anderen gelehnt und haben den Himmel betrachtet. Bis es an der Zeit war die Einkäufe heimzubringen. Erst dann trennten wir uns wieder voneinander, mit dem Versprechen, uns Morgen wieder hier zu treffen.

So war es auch. Tag für Tag… ein ganzes Jahr lang. Irgendwann hatten wir auch unsere Nummern ausgetauscht und trafen uns an anderen Plätzen, von denen aber keiner so schön war, wie unser kleiner Hügel. Er hat mir über seine Familie erzählt, dass er mit ihnen nicht Blutsverwandt war und eigentlich von den Eltern, seines besten Freundes adoptiert worden war. Trotzdem sah er den kleinen als seinen Bruder an. Irgendwie eine traurige Geschichte… er hatte schließlich mit 12 seine Eltern verloren aber er hatte einen Freund der sich um ihn kümmerte. Bekam eine Familie die ihn liebte als wäre es seine eigene. Das war doch fast schon eine Art happy end, oder? Hm… vielleicht..

Der ältere hat mir aber auch Sachen verraten die dieses Happy End zerstören könnten. Ich durfte sie also nicht weitererzählen. So schwieg ich brav darüber und ich muss wirklich sagen… Ich glaube ich hab einen Freund gefunden. Ob mir das erst jetzt klar wurde? Vielleicht… aber irgendwie wusste ich es wohl schon bei unserem kennenlernen. Er war ganz anders als die Menschen die ich bis jetzt getroffen hatte. Ich rede nun nicht davon, dass er mich sexuell anzog. Das tat er ohne Frage aber das war nicht der Punkt, des anders sein. Wir vertrauten uns, würden dem anderen wohl alles anvertrauen. Schwer zu erklären. Durch ihn bekam ich eine ganz neue Lebenseinstellung. Ich wurde fröhlicher, aufgeschlossener, kam besser mit anderen Leuten klar, doch Freunde wollte ich außer ihm keine anderen haben. Seinen Bruder habe ich nie kennengelernt. Er erzählte so viel von ihm aber er stellte uns niemals vor.

An seinem achtzehnten Geburtstag wurde dann alles anders. Er ist kurz davor von zu Hause ausgezogen, weil er den Schmitts, seinen Adoptiveltern nicht länger auf der Tasche liegen wollte. Sein kleiner Bruder hatte lautstark protestiert aber auch das, hielt ihn nicht von seiner Entscheidung ab. Er erklärte ihm, dass sie sich doch immer sehen konnten, wenn sie denn wollten. Leere Versprechungen? Nicht bei ihm… das wusste ich mittlerweile.

 

Zurück zu seinem Geburtstag, zur der Party die er feierte. Natürlich hat er mich eingeladen und noch dutzende bekannte von uns beiden. Stunden lang stand ich vor dem Spiegel und war nicht zufrieden mit mir. Da es mir aber irgendwann zu dumm wurde fischte ich mir wahllos Kleidung aus meinem Schrank. Eine schwarze Jeans die Perfekt meine langen Beine betonte und wie gut mein Hintern darin aussah, musste ich wohl nicht erwähnen. Schließlich noch ein rotes, enges T-Shirt, musste einfach reichen. Meine schwarze Haarpracht ließ ich in ihrem üblichen leicht verstrubbeltem Stile, auch wenn ich hier und da eine Strähne zurecht zupfte. Ja ich war etwas eitel aber was war denn falsch daran?

Treffpunkt war um 20 Uhr in unserem Stammlokal also machte ich mich langsam mal auf den Weg. Bevor ich doch mein Haus verlassen konnte, kam mein kleiner Bruder an und stellte sich mir in den Weg. „Was machst du, Akira?“, fragte er mich Zuckersüß. Ich seufzte leise auf und wand mich ihm zu. „Ich gehe aus. Siehst du das nicht, kleiner?“, erkläre ich ihm und drängte mich an ihm vorbei. Wie selbstverständlich folgte er mir bis zum Eingang, wo ich mir die Schuhe anzog. „Gibt es noch was Bestimmtes oder lässt du mich endlich gehen?“, wollte ich von ihm wissen, da er sich genau vor der Tür aufgebaut hatte. „Bleib hier und zocke endlich mal wieder was mit mir!“, beschwerte er sich und ließ mich erneut seufzen.

„Masanobu… das geht heute nicht. Ich bin zu einer Geburtstagsparty eingeladen. Wir spielen ein anderes Mal, okay?“ Seine dunklen, blauen Augen funkelten mich böse an. Es war noch nicht ausgestanden. „Das sagst du, seit wir hier wohnen andauernd. Magst du mich nicht mehr?“, fragte er mich traurig und in seinen Augen fing es an, verdächtig zu funkeln. „Masanobu…“, murmlte ich und ging auf ihn zu. Leicht drückte ich den kleinen an mich und fuhr ihm sachte durchs Haar. „Nicht weinen… hörst du? Ich kann heute echt nicht. Ein Freund wartet auf mich. Ich verspreche dir das wir Morgen eine Runde zocken, okay? Du weißt ich halte meine Versprechen…“, äußerte ich leise und bekam ein zaghaftes nicken als Antwort.

„Gut.. und sei nicht mehr so traurig, hm?“ Vorsichtig schob ich ihn von mir her und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Frag doch Tim ob er rüber kommt. Den magst du doch so gern?“ Als ich seinen Freund erwähnte wurde er rot und schüttelte vehement den Kopf, wodurch ich unweigerlich lachen musste. Schon irgendwie süß. „Nein… ich trau mich nicht…“, nuschelt er verlegen und wendet sein Gesicht ab. „Soll ich ihn für dich anrufen?“, fragte ich ihn liebevoll. Verdutzt sah er mich an und schüttelt den Kopf erneut. „Nein, das wirkt doch feige… Ich mach das schon… irgendwie.“, kam es so trotzig von ihm, dass ich einfach nicht anders konnte und ihm durch sein rabenschwarzes Haar wuschelte. „Dann viel Glück und bis später, kleiner.“ Ein murren seinerseits bestätigte mir das er es vernommen hatte und somit verließ ich unser Haus.

Mit gemäßigtem Schritt machte ich mich auf zu seiner Party. Ein Geschenk hatte ich nicht dabei, er wollte es nicht aber ich würde ihm trotzdem etwas schenken. Nichts Materielles einfach eine schöne Erinnerung. Zumindest hoffte ich, es würde für ihn eine werden.

Beim Club angekommen, betrat ich ihn auch gleich. Stickige Luft, laute Musik und Gelächter dringt zu mir hindurch. Gleich beim Eintreten werde ich von vielen Begrüßt aber war auf der Suche nach Julian, deswegen hielt es mich bei keinem lange. Das ganze Vorhaben stellte sich als äußerst schwierig heraus. Es waren viel zu viele Leute hier, da ging selbst so ein toller Kerl wie er unter. Nach einigen Minuten des vergebens Suchens, begab ich mich erst mal zur Bar und holte mir etwas zu trinken. Ein schönes kühles Bier, mit dem ich mich dann gegen eine der Barhocker lehnte und erneut die Masse nach Julian absuchte. Dieses Mal aber sprang er mir sofort ins Auge und er war nicht alleine. Keine Ahnung wer der Typ war, der sich so an ihn heran drückte. Sollte es mich interessieren? Nicht wirklich.. aber das tat es. Konnte ich das als sein bester Freund denn nicht erwarten? Bin ich das überhaupt für ihn? Ach ich weiß gar nichts mehr.

Nachdenklich nippe ich an meinem Bier und beobachte die beiden. Sie küssten sich und hässlicher Neid über kam mich. Oder war es eher Eifersucht? Vielleicht weil ich selbst noch ungeküsst war? Ich hatte auch ehrlich gesagt erwartet das er mich irgendwann küssen würde aber er schien wohl, nun da er mich richtig kannte, nicht mehr allzu sehr, an mir interessiert zu sein. Für was habe ich mich dann so aufgetakelt?

 

Frustriert wand ich mich ab, leerte mein Bier und stürzte mich in die Menge. Wo ich einfach die Augen schloss und mich beginne zur Musik zubewegen. So ist es gut, schön an nichts denken und den Körper im Rhythmus bewegen. Ich spürte natürlich, dass ich angestarrt wurde und genoss es. Selbst wenn ich keinem erlauben werde mich anzufassen, gucken durften sie und sollten sie auch ruhig. Der Song verstummte und meine Bewegungen wurden langsamer, passten sich aber sofort dem nächsten Lied an, welches um einiges langsamer zu sein schien. Keine wilden Bewegungen mehr, eher sinnlich und einladend. Aber ich will niemanden Einladen, nur einen einzigen und diesem schien die Einladung zu entgehen. Auch gut dann tanzte ich einfach alleine weiter. Als die Musik erneut für einen Augenblick verstummte, öffnete ich meine Augen wieder und erstarrte. Ich blickte in wunderschöne graue Meere. Sie nahmen mich sofort in ihren Bann, fesselten mich mit aller Macht an sich.

Julian…

„Was….“, wisperte ich leise fragend, doch ein Finger, auf meinen Lippen, hinderte mich an weiteren Worten. Nah zog er mich an sich heran und begann sich mit mir zusammen, zur Musik zu bewegen. Seine Hände wanderten besitzergreifend an meine Hüfte und schienen mich noch viel dichter an sich ziehen zu wollen. Was war denn jetzt los? Schlussendlich zog ich es vor, erst mal nicht weiter darüber nachzudenken und einfach das hier und jetzt zu genießen.

Ich fixierte weiterhin seine wunderschönen Augen. Kann einfach nicht von ihnen lassen. Meine Hände lagen auf seinen breiten Schultern, strichen über sie weiter hinab, zu seiner Brust, an welche ich mich heran schmiegte. Julians Griff lockerte sich aber nur so lange bis seine Arme den Weg um mich gefunden hatten und mich fester an sich pressen konnten. Genüsslich schloss ich die Augen und lauschte dem kräftigen schlagen seines Herzens.

Wie lange wir so innehielten, weiß ich nicht, doch es war gut ihn so dicht bei mir zu spüren. Nun war auch alles andere gleichgültig. Es war mir egal das er vorhin noch jemand anderen geküsst hatte. Jetzt war er bei mir und das war alles was zählte.

Zur der Zeit war ich wohl das erste mal richtig verliebt.

„Akira..“, vernahm ich leise meinen Namen. „Ja?“, erwiderte ich leise brummend.
„Sieh mich an!“, fordert er so liebevoll das ich der bitte direkt nachkommen musste. So öffnete ich langsam meine Augen und blickte auf, direkt in seine faszinierenden grauen Augen. Ich wollte nach dem Grund fragen, doch bevor ich meinen Mund auch nur so einer Frage öffnen konnte, legte er seine Hand sachte auf meiner Wange ab. Sein Daumen strich zart über meine Wange, wanderte langsam abwärts und strich zart über meine vollen Lippen.

Was sollte das denn nun werden? Will er mich endlich mal küssen oder will er mich wieder nur ärgern? Es war wirklich zum verzweifeln.. Er reizt mich gerne mal aber brachte es nie zu Ende. Jedes mal tat er es als Scherz ab. Wir waren doch „nur“ beste Freunde und die machten so etwas ja nicht.

Also mir wäre das egal. Ich kann auch gerne mehr als sein bester Kumpel sein. Vielleicht war genau das falsch aber ich stand nun mal auf ihn. Seit unserer ersten Begegnung, die zwar bereits Jahre her war aber das Gefühl wurde von Tag zu Tag stärker. Julian ging es ganz anders, für ihn war ich ein sehr guter Freund und nichts anderes.

Verständlich.. er hatte genügend andere zum rummachen. Wer braucht dann schon einen unerfahrenen Asiaten, dem man erst alles beibringen musste? Meine Laune war mal wieder im Keller und besagter Kerl rührte sich kein Stück. Ich hab es so satt und machte mich seufzend von ihm los.

„Ich muss mal..“, murmelte ich und ließ ihn einfach stehen.

Grob drängte ich mich durch die Menge und reagierte auf keinen einzelnen Partygast der mich von der Seite anquatschte. Die konnten mir alle gestohlen bleiben. Ich wollte jemand anderen aber dieser wollte jeden anderen außer mir. Es war verdammt bescheiden, wenn man auf den wichtigsten Menschen in seinem bisherigen Leben stand und dieser sah einen als, ja als was sah er mich denn überhaupt? War ich ihm auch wichtig oder nur eine nette Gesellschaft für ihn? Der Kerl macht mich noch ganz irre.

Ein knurren drang durch meine Kehle und ein zierlicher Kerl, der mir gerade im Weg herum gestanden hatte, hüpfte ängstlich zur Seite. Sein Glück..

Da ich es mir nun beim Gedrängel durch die Menge anders überlegt hatte, führte mich mein Weg nun direkt nach draußen. Ich würde nicht abhauen aber erst mal musste ich meinen Kopf wieder klar bekommen. Schließlich wollte ich Julian nicht seinen 18 Geburtstag versauen, nur weil ich nicht mit meinen Gefühlen klar kam.

Draußen angelangt sah ich mich um und schlenderte etwas durch die kühle Nacht. Es war fast Herbst und somit meine liebste Jahreszeit. Wenn die Blätter bunt von den Wipfeln der Bäume fielen und die düstere Welt mit schönen Farben füllte. Laubhaufen durch die man hindurch laufen konnte oder wenn man ganz verspielt war, sich direkt hinein werfen.

Selbst wenn ich immer mit älteren zusammen war, blieb ich wohl nach wie vor innerlich ein Kind. Vielleicht spürt er es und will mich deswegen nicht? Oder mach ich mir einfach zu viele Gedanken?

Nach wenigen Minuten kam ich an einer Parkbank zum stehen und ließ mich seufzend auf ihr nieder. Die Kälte der Nacht klärte meine Gedanken und kühlte mein erhitztes Gemüt wieder etwas ab. Was machte ich nur hier? Ich sollte bei meinem Freund sein und mit ihm feiern und mich nicht so kindisch benehmen.

Lässig ließ ich mich zurück gegen die Lehne, der Bank sinken und schloss meine Augen. Lauschte der Stille, die mich ruhiger werden ließ. Alle Gedanken ausblenden und einfach nur auf die Geräusche der Umgebung achten. Leichter Wind kam auf, wehte mir durchs Haar und ließ die Kronen der Bäume angenehm rauschen. Ob er sich schon fragt... wo ich stecke? Schon wieder driften meine Gedanken zu ihm ab... Echt lästig dieses verliebt sein. Kann es nicht jemand anders sein? Wir sind Freund und mehr wird da nie sein. Egal was ich möchte oder mir erhoffte. Kumpels...

Ich bin doch schon froh ihn überhaupt getroffen zu haben. Wieso reichte mir das nicht einfach? Durch ihn hab ich mich zum positiven verändert und kann Menschen außerhalb meiner Familie, auch etwas mehr trauen. Bevor ich ihn getroffen hatte war ich recht gleichgültig und nun nahm ich mir Sachen wohl etwas zu sehr zu Herzen. Missen möchte ich ihn trotzdem nie mehr...

Schwer seufzte ich vor mich her, doch zu mehr war ich gerade nicht in der Lage. Natürlich wollte ich zurück, doch musste ich noch ein wenig für mich sein. Sonst würde ich vielleicht etwas tun was mir später leid tun würde.

Ein Rascheln neben mir lässt mich kurz zusammen zucken, doch ich rührte mich kein Stück. Wäre mir jemand zu nahe gekommen, hätte ich es vernommen, so blieben auch meine Augen weiterhin geschlossen. Selbst wenn sich jemand auf mich stürzten würde, könnte ich mich gut verteidigen.

Doch als etwas weiches meine Lippen berührte, öffnete ich doch irritiert meine Augen und blickte direkt in bekannte graue Seelenspiegel. „Julian?“, fragte ich verwirrt, wich etwas vor ihm zurück, wobei mein Blick auf die rote Rose in seiner Hand viel. Irritiert blickte ich auf die rötliche Blume die er sich an seine göttlichen Lippen hielt. „Was tust du hier? Solltest du nicht auf deiner Party sein?“

Er neigt den Kopf lächelnd zur Seite und betrachtete mich nachdenklich. „Sollte ich das? Wo sich mein bester Freund, einfach so aus dem Staub gemacht hat. Hier alleine und verlassen auf einer Parkbank hockt und das auch noch so wehrlos, mit geschlossenen Augen.“ In seiner Stimme lang eine Spur Vorwurf, doch ich war mir keines Fehlers bewusst.

„Ich bin kein bisschen wehrlos und ich wäre bald zurück gekommen. Hättest dich doch in der zwischen Zeit mit jemand anderen unterhalten können.“, brummte ich, nicht gewillt mich irgendwie zu rechtfertigen. Auch wenn er mein Kumpel war, konnte ich mich frei bewegen. Ich war ihm also keine Rechenschaft schuldig.

„Was wenn ich aber lieber mit dir meine Zeit verbringe?“, ging er nicht auf meine verstecke Provokation ein.

„Außerdem...“, fing er an und besah sich nachdenklich die Rose als müsste er seine nächsten Worte sorgfältig wählen. „Die wichtigste Person auf der ganzen Party, hat mir noch nicht, zum Geburtstag gratuliert.“, kam es nun ernster von ihm. Oh ja.. das stimmt aber da war auch die Aktion mit dem Kerl daran schuld. Was ich ihm natürlich nicht sage. „Verzeih.. Happy Birthday, Julian.“, nuschelte ich leicht verlegen. Das darf nicht passieren...

Er fuhr sich lässig durch sein Rotbraunes Haar und schüttelt den Kopf. „Nein, nein. So leicht mache ich es dir jetzt nicht.“, meinte er grinsend und hält sich die Rose erneut an die Lippen. „Was soll ich den tun damit du mir verzeihst?“, wollte ich wissen und versuchte die Blume zu ignorieren. Es kam mir fast so vor als wollte er meinen Blick auf seinen Mund lenken. Möchte er von mir geküsst werden? Einbildung... nichts weiter.

„Gib dir etwas mehr mühe, kleiner.“, provoziert er mich. Er weiß ganz genau das ich nicht gerne so von ihm genannt werde. Außerdem bin ich schon fast so groß wie er! „Nenn mich nicht immer so oder ich denk mir auch etwas für dich aus.“ Leere Drohung, würde ich nicht tun und das weiß er. „Dann mach doch. Stört mich sowieso nicht.“, kam es ziemlich amüsiert von dem älteren zurück. „Ja, ja...“, brummte ich ungehalten und überlegte wie ich ihn wieder versöhnlich stimmen könnte.

„Hm... so weit sind wir noch nicht, mein hübscher.“, säuselte er mir regelrecht entgegen und ließ mich unweigerlich erschaudern. „Als ob ich das wollte...“, tat ich es leise ab, da es mir die Wahrheit peinlich war. Ich wollte es irgendwann aber sicher nicht so schnell.

Grinsend leckte er sich die Lippen und funkelt mich mit seinen grauen Seelenspiegel belustigt an.
„Ach... willst du nicht? Hm... dann hab ich die Signale, die ganze Zeit über falsch gedeutet.“, kam es schmunzelnd von ihm und ließ mich leise brummen. „Hast du wohl...“, kam es schlecht gelaunt von mir.

Dieser Arsch hat es die ganze Zeit über gewusst und mich mit Absicht gereizt. Es hätte mich auch gewundert wenn er es nicht bemerkt hätte. Doch war es wirklich so offensichtlich? Verdammt...

„So, so.. dann würdest du, dich auch nicht, von mir küssen lassen wollen?“, fragte er mich nun ernster , ohne jeglichen Spott in seiner tiefen, schönen Stimme. Seine Arme legten sich jeweils links und rechts auf die Rückenlehne der Parkbank und schnitten mir den Fluchtweg ab. Nicht das ich vor ihm jemals irgendwie flüchten wollte. Ich war eher froh, wenn er mir mal etwas näher als üblich kam. Aber wollte ich wirklich, nach so einem dummen Spruch von ihm geküsst werden?

Eher nicht also ging ich auf Abwehr...

„Nein... will ich nicht und werde ich auch nie wollen..“, meinte ich kühl und wand mein Gesicht zur Seite. Wie sollte ich auch? Es schien ihm doch vollkommen egal zu sein, wer bei ihm war. An so jemanden wollte ich meinen ersten Kuss nicht verschwenden. Zumindest versuchte ich dies mir einzureden aber in meinem verdammten Herzen sah es ganz anders aus. Jenes wollte ihn, egal wer alles vor mir dran war. Es wollte ihm nahe sein, ihn für sich alleine haben... Nur wird es nie dazu kommen, dazu kannte ich ihn viel zu gut. Er liebte zwar jemanden nur war diese Person nicht ich... und jemand anderen als ihn wollte er nicht zu sehr an sich ran lassen. Außer seine vielen Spielzeuge aber die kamen ihm ja keineswegs Emotional in die Quere. Ich als sein bester Freund sollte immun sein, doch ich bin es nicht..

„Wieso lügst du mich an, Akira?“, warm dringt seine angenehme Stimme in mein Bewusstsein ein und lässt mich meine Entscheidung fast über Board werfen.

Warum muss er der erste Mensch sein der anders als die anderen war? Dieser Mistkerl ist mir so wichtig geworden. Ich will nicht das er es bemerkt.. Es würde mit Sicherheit unsere Freundschaft zerstören und die ist mir mindestens genauso wichtig wie der Rotbraunhaarige selbst.

„Tu ich nicht! Küss doch einen deiner vielen Bekanntschaften wenn du knutschen willst. Die hängen doch eh dauernd an dir dran.“, gab ich wohl etwas zu emotional von mir. War nicht beabsichtigt aber die Situation machte mich einfach rasend. Was will er von mir? Er kann das gleiche von jedem anderen haben..

Eine Berührung an meinem Kinn lässt mich erschrocken zusammen Zucken. Sachte dreht er meinen Kopf zu sich herum, lässt seine Hände auf meinen Wangen ruhen und blickt mir tief in meine Rehbraunen Augen. „Ich möchte lieber bei dir bleiben. Außerdem will ich niemand anderen als dich.“, wisperte er mir anrüchig zu, lässt mich dennoch zögern. Wieso sollte er gerade jetzt seine Meinung ändern wollen?

„Was.. redest du da..“, wollte ich leise wissen, ist er betrunken? Nein.. Das hätte ich doch schon bemerkt. „Du willst nicht mich. Ich bin nicht er und werde auch kein Lückenbüßer sein.“, versuchte ich standhaft zu bleiben und versuchte ihn von mir zu schieben. Er ließ es nicht geschehen, stoppte mich, in dem er meine Arme fest hielt und begann, die innen Flächen, meiner Hände zu küssen. „Julian...“, wimmerte ich leise. Er überforderte mich. Viel zu viele Emotionen zu gleich.

„Was will denn mein süßer, kleiner Asiate?“, fragte er mich so sanft, das meine Abwehr immer mehr zu bröckeln begann. Er spielt mit unfairen mitteln. „Hör auf damit...“, versuchte ich ihn erneut, wenn auch nur mit Worten zu stoppen.

„Nein... ich will dich endlich küssen. Zu lange schon will ich es, aber nun ist meine Selbstbeherrschung vollends erschöpft. Also sei nicht so stur und lass mich einfach machen.“, flüsterte er mir leise zu und lässt mich meine Augen, fast zur Gänze schließen. Noch hatte er es nicht geschafft. Ich war viel zu eigensinnig um so schnell nachzugeben.

Mit einem Ruck riss ich meine Hände los und fixierte ihn mit meinen dunklen Augen. „Wir kennen uns schon so lange. Bald sind es zwei Jahre... und gerade heute an deinem 18 Geburtstag.. willst du mich küssen? Warum jetzt? Vorhin hast du dich noch mit jemand ganz anderem vergnügt.“, äußerte ich nur ganz leise, doch ich wusste er würde es verstehen.

„Bist du eifersüchtig, Akira?“, fragte er mich mindestens genauso leise. Seine grauen Ozeane schienen mich zu durchschauen. Wiederworte waren unnötig, er wusste die Antwort bereits. Ja ich war es und wie eifersüchtig ich auf all die Kerle war, die ihm so nah kommen durften. Verdammt nochmal.

„Du weichst meiner Frage aus...“, versuchte ich mich zu retten und ignorierte seine Frage einfach. Nicht gehört, ist nicht vorhanden. „Warum... auf einmal?“ Ich wollte es wirklich wissen. Woher kam dieser Sinneswandel so plötzlich?

Seiner Finger senkte sich auf meine Lippen, fuhr ganz langsam die Konturen entlang, wanderte meine Wange hoch und verweilte auf ihr. „Akira... was grübelst du so viel? Lass es doch einfach geschehen.“, sprach er sanft auf mich ein, doch noch war ein kleiner widerstand vorhanden, den ich ihn auch spüren ließ. „Nein, du bist ein Arsch der nur das eine im Kopf hat. Ich will kein weiteres Spielzeug sein und dann in Vergessenheit geraden. Wie alle anderen davor.“, kam es traurig von mir, würde ich einfach nachgeben, wäre ich nicht mehr Wert als sie. Für ihn möchte ich etwas besonderes sein, auch wenn ich niemals an die Person heran reichen werde, die er so sehr liebt.

„Ich würde dich niemals vergessen, egal was wir tun oder nicht tun. Du bist mein bester Freund und extrem wichtig für mich. Das du aber so von mir denkst, hätte ich nicht erwartet. Beruht es nicht auf Gegenseitigkeit. Magst du mich etwa kein bisschen?“, klang er nun extrem gekränkt. Auch Mister Selbstbewusst konnte an sich zweifeln? Wie konnte man so ein Idiot und gleichzeitig so liebevoll sein? Zu mir war er immer so anders aber doch nur weil wir so gut befreundet waren, oder?

„Dummkopf..“, seufzte ich und versuchte ihm ein kleines Lächeln zu schenken, welches aber ziemlich misslang. „Du bist zwar ein Arsch aber ich mag dich, so wie du bist. Anders wärst du doch nicht du selbst. Wir sind schon so lange Befreundet.. Wie könnte ich dich denn nicht mögen? Mir zeigst du doch eine ganz andere Art von dir. Warum auch immer du das tust. Ich bin froh darüber aber ich will nicht, von dir geküsst werden.“

Er rang sich ein Lächeln ab, welches andere wohl zum schmelzen bringen würde, doch mich wärmte es von innen heraus. Wunderschön.. ein anderes Wort war inakzeptabel. „Du willst es wirklich nicht? Wieso nehme ich dir das einfach nicht ab?“, wollte er wissen und kam meinem Gesicht ganz nahe. Kein Stück bewegte ich mich mich, weder auf ihn zu, noch von ihm Weg. Ich ließ mich von seinen Seelenspiegeln erneut fangen und überlegte, wie ich ihm denn nun Antworten sollte.

„Nein...“, kam es leise aus meinem Mund, doch mein Herz schrie ganz Laut nach diesem Kuss. Nach der Vereinigung unserer Lippen. Seit dem ersten Tag. Die Chance war da, doch konnte ich sie einfach nicht ergreifen... Warum?

Zweifel... dieser nagte schwer an mir. Wie würde es dann zwischen uns weiter gehen? Gefühle konnten einer Freundschaft einfach nicht gut tun. Niemals...

Auch meine Augen schienen etwas ganz anderes zu sagen, denn er kam mir immer näher und hielt erst an als sich unsere Nasenspitzen berührten. Leicht stupste er gegen die meine und lächelte mich erneut so sanft, nein eher liebevoll an. „Julian...“, wisperte ich leise seinen Namen.

„Akira...“, flüsterte er zurück, tat aber nichts um den Abstand zu überbrücken. Er schien auf etwas zu warten. Auf meine Einwilligung? Die würde ich ihm nicht geben. Ich konnte einfach nicht.

Seine Hand rutschte von meiner Wange, in meinen Nacken und begann mich dort zu kraulen. Wie gemein... er wusste ganz genau, wie empfindlich ich dort war. Mein denken setzte aus und ich war nah dran den Anstand zwischen uns zu überbrücken, als sich aber plötzlich sein Handy, mit einem schrillen Ton bemerkbar machte.

Er knurrte auf, was mich schmunzeln ließ. „Geh ran...“, verlangte ich, doch bekam ich nur ein leichtes Kopfschütteln seinerseits. „Geh doch selbst dran.“, murrte er nun. Wie süß er doch manchmal war. „Das ist doch dein Handy, nicht meins.“, schmunzelte ich. „Mir doch egal. Der Anrufer stört gerade.“, gab er missgünstig von sich. „Was wenn es wichtig ist?“ Ein schnaufen seinerseits erklingt. „Was könnte wichtiger sein als du?“, wollte er von mir wissen und es gab nur eine Antwort auf diese absurde frage. „Dein Bruder, David.“ Versetzte ich mir mit meinen eignen Worten, selbst einen deftigen Stich mitten ins Herz. „Der ist bei einem Freund. Außerdem ruft der mich um diese Zeit sicher nicht an.“, versuchte er mir zu erläutern, doch ich war mir da nicht so sicher.

Der Anrufer gab nicht auf, so griff ich um ihn herum, ließ meine Hand in seine rechte Gesäßtasche gleiten und zog sein Handy hervor. „Was gibt’s?“, nahm ich das Gespräch einfach an und er kannte die Stimme gleich. „Nein, Akira. Das Geburtstagskind ist grad verhindert.“ Ein Blick von Julian genügt um mir zu verdeutlichen was er wissen wollte. „Samuel vermisst den Star der Party.“, erklärte ich ihm und musste bei seiner Grimasse die er nun zog grinsen. „Ich will noch nicht zurück.“, begann er zu schmollen, doch wich er kein Stück von mir zurück. Der träger der Rotbraunen Haare stütze sich nur hinter mir an der Rückenlehne der Parkbank ab und verweilte weiterhin so. „Wir kommen bald wieder. Geduldet euch noch etwas. Ich bringe ihn sicher wieder zurück.“, versicherte ich unserem Bekannten und legte wieder auf. Wann ich ihn zurück bringen würde stand trotzdem nicht fest. Die feierten doch auch so schön ohne uns. Hauptsache es gab Alkohol, der reichlich floss und was zu essen, dann waren die meisten doch schon glücklich. Nein warte, gute Musik war auch ein wichtiger Aspekt sonst konnte man ja nicht tanzen oder es machte mit schlechtem Rhythmus einfach kaum Sinn.

Ich reichte ihm sein Handy, welches er wieder sicher verstaute. „Siehst du... es war nicht David.“ „Hätte ja sein können..“, seufzte ich, man konnte ja schließlich nicht immer recht haben.

„Gib es doch zu. Du wolltest einfach nur ablenken, damit ich dich nicht küssen kann.“, warf er mir vor und teils hatte er ja auch irgendwie recht. Ich hatte einfach Angst das sich so viel ändern könnte. Was wenn ich nicht genug bekam und immer mehr wollte? Ich war in ihn verliebt aber er nicht in mich. Das wusste ich und doch konnte ich mich einfach nicht Endlieben. Sollte ich das Risiko wirklich eingehen? Am ende würde ich doch ohnehin leiden.

„Vielleicht hast du recht.“, gab ich offen zu. Weglaufen brachte nichts. Er bekam immer was er wollte und ich will es ja ebenso. „Warum willst du es denn nicht? Deine Augen sagen etwas ganz anderes. Sie schreien förmlich nach mir.“ Wieso muss mich mein Körper auch so sehr verraten? „Das bildest du dir nur ein aber wenn du es unbedingt willst. Dann tu es endlich.“, gab ich nun nach und schloss ergeben meine dunklen Augenpaare.

Tief sog ich den kühlen Sauerstoff in meine Lungen und versuchte so mein rasendes Herz etwas zu beruhigen. Mein erster Kuss, mit der Person die ich liebte. Eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen. Nur sollte dieser Mensch es auch erwidern und das tat mein Gegenüber keines Wegs.

Sein Atem schlug schwer gegen mein Gesicht, seine Finger strichen mir durchs Haar und wanderten zu meinem Nacken, in dem sie schwer zu liegen kamen. Er zog mich mehr zu sich heran und bevor er den letzten Schritt wagte, hörte ich ihn noch leise etwas flüstern. „Ich mag dich, Akira. Mehr als du denkst, mein Kleiner.“

Verdutzt wollte ich die Augen öffnen, als sich unsere Lippen plötzlich, endlich vereinten. Sie verschmolzen zu einem ganzen und neckten sich sanft. In meinem Magen lösten sich unzählige Schmetterlinge, um empor zu steigen und irre Gefühle mit sich zu nehmen. Einige verloren sie zwischen durch auch und senden diese Wahnsinns Emotionen durch meinen ganzen Körper. So fühlte sich also ein Kuss aus Liebe an. Auch wenn sie nur einseitig war. Es war ein tolles Gefühl und ich wollte es noch viel länger spüren. Viel mehr davon.

Besitzgier überkam mich und so schlang ich meine Arme um seinen Hals und ließ ihn so schnell nicht wieder gehen. Raubte ihn kaum das er den Kuss beendete, sogleich einen neuen.

Mein erster Kuss wird für mich immer unvergesslich bleiben.
So wie auch Julian ewig in meinem Herzen blieb, als der Mensch der ihn mir schenkte und den ich lieben durfte.

Zwei erste male mit der gleichen Person.

Ich liebe dich, Julian...

Er wird es nur niemals erfahren.

Niemals...

Bis heute nicht.

 

Ende... aber es kommt Nachschub mit den beiden, ihr ende ihre Geschichte noch nicht und dann fehlt nur Akiras Begegnung mit Fabien :3 Ich hoffe dieser Einblick in Akiras früheres Gefühlsleben gefällt euch^^
Hab echt lange dran gesessen xD Es sollte auch eigentlich nur 5 Seiten werden für alles... hab ich ja mächtig überspannt.. Ich danke euch schon mal fürs lesen :3

Liebe Grüße Yuzuru <3

PS: Ich danke euch für die vielen Herzen und all die lieben Kommentare! Verzeiht das ich so wenig schreiben zur Zeit nur die Arbeit stresst mich so. Ich lasse aber bald wieder von mir hören.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.09.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme es der lieben kingusagi91 weil sie der größte Akira-fan ist denn ich kenne :3 Für sie wollte ich tiefer in Akiras Vergangenheit gehen und das kam dabei heraus! Ich danke die für die Inspiration, epichäschen

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