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Prolog

Wieder flatterten ihren Augenlider empor, wieder ging ihr Atem stoßweise, wieder stand sie zwischen Realität und Traumwelt.

Ihr ganzer Körper schmerzte, die Beine schwer wie Blei, die Arme verkabelt. Kabel die an unzähligen Maschinen endeten. Der Schlauch zwischen ihren Brüsten juckte immer mehr, doch sie konnte nichts dagegen tun.Das Dröhnen in ihrem Kopf wurde zunehmend unerträglicher, bis  sie es nicht mehr aushielt.

Auch hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Wie lange war sie nun schon hier? Tage, Wochen, Monate? Bald würde es ein ganzes Jahr sein. Oder war es schon mehr als ein Jahr?
Sie wusste es nicht, wollte es auch gar nicht wissen.

Nur ein einziger Gedanke hielt sie überhaupt am Leben: ihr kleiner Sohn.
Ob sein Vater gut auf ihn Acht gab? Welchen Namen er ihm wohl gegeben hatte?
Konnte ihr kleiner Liebling vielleicht schon laufen? Oder gar schon reden?
Es gab so viele Fragen, auf die sie keine Antwort wusste und vielleicht auch nie bekäme.

Auch der Gedanke an IHN schmerzte sehr.
Wie sie sich das Jawort in kleinem Kreise gegeben hatten, als er von der Schwangerschaft erfuhr.
Und wie sie ihn dann mit einer Frau reden hörte.

Die Bilder erschienen täuschend echt vor ihren Augen.



>>> die Hochzeit<<<

Langsam schritt sie die kleine Treppe hinab, das weiße Kleid ein wenig hochgehalten. Vorne stand ER mit den anderen und lächelte sie liebevoll an.
Das lange blonde Haar war kunstvoll hochgesteckt worden. Unzählige kleine weiße Perlen befanden sich darin. Nur ein paar Strähnen umrahmten ihr sanftes Gesicht.

Er konnte es noch immer nicht glauben, dass sie seine Frau werden würde und dann in knapp 2 Monaten würde sie ihm auch noch einen Sohn schenken. Dass er jemals solche Gefühle empfände und auch zuließe, hätte er nie gedacht.
Sein Großvater hatte dieses Denken unmöglich gemacht. Dennoch war es nun so.

Sie erreichte ihren Liebsten und lächelte, eine Hand auf ihren runden Bauch gelegt.
Der Priester begann zu Reden und beide sahen nach vorne.

"Frau Angeliqe Maria Kamu, wollen sie den hier anwesenden Kai Hiwatari zu ihren rechtmäßig angetrauten Ehemann nehmen? Ihn lieben und ehren, in guten wie in schlechten Tagen, bis das der Tod euch scheidet?“
Anne brauchte nicht lange zu überlegen. Sofort hatte sie ihre Antwort gegeben.
„Und wie ich will.“Ein kleines Lächeln hatte sich auf das Gesicht des Halbrussen gelegt.

Nachdem auch er seinen Liebes- und Treueid abgegeben hatte, küssten sie sich lang und innig.Alle Freunde und ihre Familien jubelten ungehalten und die Frauen vergaßen wahre Sturzbäche aus Tränen.

Auch das Fest danach konnte man nicht mehr übertreffen. So viel wie an diesem Nachmittag und Abend wurde schon lange nicht mehr gelacht und gefeiert.
Anne und Kai hatten es allen gezeigt, die an der Liebe zwischen ihnen zweifelten.
Die 20 Jährige empfand die Hochzeitsnacht als etwas so vollkommenes und wundervolles.

Auch der Halbrusse konnte es kaum fassen. Endlich war alles perfekt. Und sogar er, der nichts von Liebe wusste, hatte sie gefunden.
Auch ganz sicher würde er diese Liebe niemals aufgeben.

>>>Ende<<<

 

 


Ihr Kopf drohte fast zu platzen, so schien es ihr jedenfalls. Jeder Gedanke brachte Tränen mit sich, unsagbar viele Tränen.
Sie bekam Albträume wenn sie schlief. Den Zustand, indem sie sich jedoch am meisten befand, war völlige Leere.

Wie es wohl ihren Freunden ging? Vermissten sie sie? Sorgten sie sich um die 20 Jährige?
Oder war sie schon keine 20 mehr?
Sie wusste es einfach nicht. Wusste nicht mehr wie alt sie nun war, wusste nichts von der Welt da draußen.

Jeder Tag verlief gleich: Aufwachen, Schlafen, Medikamente nehmen und hoffen, dass sie es überlebte.Der tägliche Kampf ums Überleben machte ihr aber nicht am meisten zu schaffen.
Sie konnte einfach nicht die Worte vergessen, die sie dazu bewegt hatten, Kai nichts zu sagen.

Und schon wieder drängten sich die Bilder in ihren Kopf, ob sie wollte oder nicht. Sie war einfach im Moment nicht Herrin ihrer Gedanken.



 

>>> kurz nach der Hochzeit<<<

Anne kam gerade vom Arzt wieder und hatte schlimme Nachrichten. Nichts was das Kind direkt anging, nein. Es ging um sie und sie hatte bereits ihre Wahl getroffen. Lieber würde sie ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, als das ihres Kindes. Doch sie musste es Kai sagen. Immerhin liebte er sie und stünde ihr immer zur Seite. Oder?

Grade als sie die Tür zum Wohnzimmer öffnen wollte, bemerkte sie, das diese nur angelehnt war und Kai dort drinnen sprach. Anne sah durch den kleinen offenen Spalt und konnte es kaum fassen. Kai wurde von einer schwarzhaarigen Frau umarmt. Sie konnte nicht viel älter als Anne selbst gewesen sein.
Was für eine Figur sie doch hatte.

„Bitte Kai. Sie ist nicht gut für dich. Guck sie dir doch mal an. Wie so 'ne Kugel sieht sie aus.“ Verächtlich schnaubte die Besucherin.
„Und sie trägt mein Kind in sich, vergiss das nicht“, erwiderte er nur. Er verteidigte sie nicht.
„Jaja, wie könnte ich das nur vergessen. Aber sie passt nicht in unsere Familie. Sie hat ja nicht mal zur Hälfte russisches Blut in sich.“

Wer war bloß diese Frau? Anne hatte sie noch nie gesehen und ganz bestimmt hatte Kai der 20 Jährigen noch nichts von ihr erzählt.
„Du musst dich nach der Geburt so schnell wie möglich von ihr scheiden lassen, Kai.“ Annes Herz setzte einen unendlich langen Moment aus
Sie dachte daran, wie er auf einen Ehevertrag bestanden hatte und plötzlich machte es Sinn. Wie hatte sie nur so dumm sein können zu glauben, dass er sie wirklich liebte.
Ein Hiwatari konnte wohl wirklich nicht lieben.Und von ihren heutigen Arztbesuch, würde sie ihm sicher nichts mehr erzählen. Sie hatte sich nun entschieden, was sie tun würde. Ob es ihm passte oder nicht.

Immerhin konnte er sich nur von ihr scheiden lassen, wenn sie auch anwesend war und nicht einfach verschwände.
Ohne seine Antwort abzuwarten rannte sie die Treppe hinauf, auf jede Stufe vorsichtig achtend.Sie wollte ihr Kind niemals gefährden.


>>>ende<<<




Plötzlich riss sie die Augen auf, als der Arzt eintrat.
„Hallo Frau Hiwatari. Wie ich sehe, geht es ihnen immer besser. Wir konnten die Dosis schon verringern und bald werden sie auch wieder aufstehen können“, verkündete er. Anne lächelte schwach und wollte etwas sagen. Doch dafür war sie noch nicht kräftig genug. Daher nickte sie nur.


„Sie haben wirklich unglaubliche Fortschritte gemacht und ich bin selbst sehr glücklich darüber, wie alles verlaufen ist“, redete er weiter und nahm sich einen Stuhl. Er setzte sich neben ihr Bett und erzählte ihr auch von anderen Patienten. Das hatten sie schon eine ganze Weile so gemacht. Es sollte etwas von ihr selbst ablenken um ihr neuen Mut zumachen.


Es funktionierte auch jedes Mal einwandfrei. Sofort vergaß Anne ihre trüben Gedanken und konzentrierte sich auf ihn. Seine Stimme war jedes Mal sehr angenehm, wohl auch, weil er hauptsächlich mit Kindern zu tun hatte.
Nach einer Weile verabschiedete er sich wieder und Anne schlief beinahe augenblicklich ein.
Diesmal war der Schlaf erholsam.

 

Kapitel 1 ~ zwei Jahre danach~

 Noch immer konnte sie es nicht fassen. Sie hatte es tatsächlich geschafft und saß im Flieger Richtung Japan. Noch viel mehr sogar, der Flieger würde in weniger als einer halben Stunde bereits landen.
Ihr Herz raste zunehmend und die Hitze im Flugzeug setzte ihr erheblich zu, doch konnte nichts ihr Hochgefühl trüben.
Endlich war alles vorbei. Fürs Erste. Endlich konnte sie zu ihrem kleinen Sohn, den sie über Jahre hinweg vermisste.
Das einzige Problem bestand nur noch aus dem Vater ihres Sohnes: Kai Hiwatari. Wie er wohl auf sie reagieren würde?
Und was ihre Freunde denken werden?  Sie mussten die Blondine einfach verachten, für das was sie getan hatte. Sie tat es ja selbst. Aber sie hatte es nicht für sich getan, sondern für ihren kleinen Sohn.
Ihre Chancen standen zum Zeitpunkt der Geburt so schlecht, dass sie selbst sich schon fast aufgegeben hatte.
Sie hatte sich bereits mit dem Unvermeidlichen abgefunden. Umso schöner war es nun, zu allem zurück zu kehren.
Genau in diesem Moment wurde der Landeanflug angekündigt und Anne schnallte sich an. Als der Flieger auf dem Boden aufsetzte, setzte ihr Herz für einen Moment aus. Nun würde es bald soweit sein.
Dabei hatte die junge Frau keine Ahnung, wo er sich zurzeit aufhielt. Mariah wollte es ihr am Telefon sagen, sobald sie da war.

Nachdem sie den Gangway passiert, ihr Gepäck geholt und sich ein Taxi bestellt hatte, rief sie ihre Freundin an.
„Hallo Mariah... Ja ich bin gut gelandet und sitze nun auch schon im Taxi... Aber ich habe keine Ahnung wo ich nun hin muss.“ Ihre Freundin kicherte vergnügt und gab ihr die Adresse eines Hotels. Diese gab sie dem Fahrer weiter und plauderte noch kurz mit der Rosahaarigen.
Als sie auflegte erschien auch schon das Hotel in Sichtweite. Es war ein wundervoller Anblick. Nicht so protzig wie die meisten und doch sehr edel.
Auch von innen ließ das Hotel nichts zu wünschen übrig: wundervolle Marmorsäulen säumten den Empfangsbereich, während die Farbe Gold den Bereich des Liftes und der Treppe dominierte. Ein leuchtend roter Teppich machte das Klischee eines teuren Hotels wohl perfekt.

Anne machte es sich in eine der vielen Sitzecken bequem und wartete. Mariah hatte ihr verraten, das Kai sich zurzeit in diesem Hotel aufhalten würde.
Plötzlich hörte sie, wie etwas auf den Boden fiel und in viele kleine Einzelteile zerbrach. Danach vernahm sie das verzweifelte Weinen eines kleinen Kindes.
Sie dachte sich nichts weiter dabei und lief sofort zu dem kleinen Jungen.
Behutsam half sie ihm auf die Beine und besah sich die roten Stellen an seinen Knien. Der Kleine konnte höchstens drei sein, wenn nicht sogar jünger. Also so alt wie ihr eigener Sohn.
„Schhhh, ganz ruhig mein Süßer. Alles ist gut“, versuchte sie es als erstes. Sie schien jedoch kein Glück zu haben.
„Nicht gut. Papa schimpft wieder.“ Anne war erstaunt, wie gut er schon sprechen konnte.
„Aber das war doch nicht deine Schuld. Mir hätte es auch passieren können“, meinte sie sanft und lächelte ihn zärtlich an.
„Jaaa?“, fragte er wieder ruhiger und lächelte selbst ein wenig.
„Natürlich. Menschen passiert ständig etwas.“
Dass er diese Erklärung sicher nicht verstehen würde, war ihr klar, dennoch wollte sie es versuchen. Er sollte nicht glauben, dass eine Tollpatschigkeit gleich ein Weltuntergang ist.

„Ok.“ Er nickte mit einem sehr ernsten Gesichtsausdruck und verbeugte sich höflich.
„Wie heißt du denn?“, wollte Anne interessiert wissen und stand wieder auf.
Noch bevor der Junge antworten konnte, waren laute Schritte zu hören und der Junge sah sich um.
Ein erfreutes Lächeln bildete sich auf den vollen Lippen und er versuchte sich schnell etwas sauber zu machen.
„Gou, komm her.“
Sie kannte diese Stimme, kannte den Mann, dem diese Stimme gehörte, Ihr Mann.
Noch bevor sie ihn sehen konnte, drehte sie ihm den Rücken zu, aus Angst ihm in die Augen zu sehen.
„Papaaaaa!“, schrie der Kleine freudig und rannte seinem Vater entgegen.
*Er ist mein Sohn!?* Annes Herz sackte tief hinab, das Atmen fiel ihr immer schwerer. Mit dieser Tatsache hätte sie nicht gerechnet. Aus diesem Grund, schockte sie das nur noch mehr.

Dann standen sowohl Vater als auch Sohn hinter ihr. Gou hatte seinem Vater von der Hilfe der Frau erzählt und er wollte sich nun bei ihr bedanken. Zuerst sagte er gar nichts, musterte sie nur neugierig. Seit Annes verschwinden hatten ihn Frauen nicht mehr interessiert, doch bei ihrer Kehrseite empfand er sogleich Erregung.
Es war merkwürdig für den Halbrussen, da er es sich nicht erklären konnte. Drei Jahre hatte er so etwas nicht mehr gefühlt.
Leider sah er sie bisher nur von hinten, doch auch aus dieser Perspektive war sie schön zu betrachten.
Ihre Füße steckten in teuren High Heels, gefolgt von langen schlanken Beinen in einer schwarzen Netzstrumpfhose. Der knielange Rock spannte sich betonend um ihren wohlgeformten Po. Das lange Top endete nur knapp unter ihrem Gesäß. Die zierlichen Schultern bebten leicht.
Ihre schulterlangen blonden Haare schimmerten wie pures Gold und reflektierten das Licht von der Hotellobby .
Alles in allem konnte man sagen, dass sie eine ausnehmend schöne Erscheinung war. Nun müsste er nur noch ihr Gesicht sehen.
„Vielen Dank, das sie meinen Sohn geholfen haben. Darf ich sie zum Dank auf einen Drink einladen?“
Anne überlief ein Schauer nach dem anderen, im Wechsel von heiß und kalt.
Seine Stimme hatte die 23 Jährige all die Zeit begleitet.

Wiederstrebend drehte sie sich um, den Kopf noch leicht gesenkt. Als sie zu sprechen begann, hob sie ihren Blick und wurde sofort mit seinen kalten Augen konfrontiert.
„Es ist doch selbstverständlich, dass ich meinem Sohn helfe.“ Ihre Stimme klang nicht annähernd so fest, wie sie es sich gewünscht hatte. Und sein abfälliger Blick fraß sich augenblicklich in ihre Seele und ihr Herz.
Mit aller Gewalt, hielt sie die aufsteigenden Tränen zurück.
„Sieh mal einer an. Wo kommst du denn so plötzlich her?“
Hörte sie wirklich Hass aus seiner Stimme? Hatte sie es mit ihren Brief vielleicht zu weit getrieben?
Inständig betete sie dafür, dass dem nicht so war. Sie wollte eine Chance, eine Chance ihren Sohn zu sehen, mit ihm zu spielen und ihm etwas bei zu bringen. Auch sie wollte miterleben, wie ihr Sohn in den Kindergarten ging, wie er seinen ersten Schultag erlebte, wie er seinen Abschluss machte. Auch sie wollte erleben, wie ihr Sohn erwachsen wurde. Denn als Mutter besaß sie das Recht dazu.
Auch wenn Kai sie nicht mehr wollte, nur ihr Sohn war noch wichtig. Hier ging es nur noch um ihn.
Nun verstand Kai, warum ihn diese Erregung gepackt hatte: weil es Anne war. Seine Libido hätte sich vielleicht mal früher zu Wort melden können.
Nun sah er sie in einem ganz anderen Licht als zuvor. Sie war nicht einfach schlank, sie war regelrecht dürr geworden, ihre schöne lange blonde Mähne gab es nicht mehr und ihre Hautfarbe glich fast der Wand, so weiß war sie.
Er hatte keine Ahnung ob aus Schreck ihn gesehen zu haben, oder aus einem ganz anderen Grund.
Eigentlich sollte ihn das nicht interessieren. Er hasste sie, hasste sie mehr als alles andere auf dieser gottverdammten Welt
Sie hatte ihn dazu gebracht, Gefühle zu zeigen, er hatte sich angreifbar gemacht und dann war sie verschwunden und hinterließ nichts als Schmerz.
Nie wieder sollte es so sein, hatte er sich geschworen, als er ihren Brief gefunden hatte.
Danach hatte er wieder alle Gefühle verbannt, die er jemals für sie empfunden hatte. All das Verlangen, all die Hoffnung und all die Liebe.

Nun stand sie wieder vor ihm, völlig verändert. Sie war nicht mehr schön, sie war mehr und doch auch weniger. Ihre vollen Lippen waren schmaler geworden, jedoch ihre Brüste voller. Der Po kleiner, doch die Hüften üppiger. Außerdem strahlte sie Lebensfreude aus
„Hallo Kai.“ Mittlerweile hatte die Blondine ihre Stimme wieder vollkommen unter Kontrolle.
„Was willst du?“, fragte er sie kalt und hob seinen Sohn hoch. Dieser sah neugierig von einem zum Anderen.
„Kennst du die schöne Frau?“, fragte ihr kleiner Sohn an seinen Vater gewandt.
Kai seufzte kurz und fuhr sich mit der freien Hand durchs silbergraue Haar.
„Ja Gou. Das ist eine alte Freundin.“, erklärte er dem drei Jährigen und verspürte den Wunsch, den schönen Hals der 23 Jährigen umzudrehen. Wieso musste sie ausgerechnet jetzt auftauchen? Gou stellte nie Fragen zu seiner Mama, und so sollte es auch noch vorläufig bleiben.
Es ersparte dem Halbrussen so einiges.
Nun beantwortet sie auch endlich seine Frage.
„Du kannst dir doch sicher denken was ich will.“, meinte sie nur etwas steif und musste an den Brief in ihrer Handtasche denken.
Nachdem sie DORT raus war, hatte ihr Anwalt sie konsultiert und die Scheidungsunterlagen überreicht. Für Anne war eine Welt zusammen gebrochen und ein kleiner Teil von ihr war wirklich gestorben.
Dieser Teil war Kai selbst gewesen.
Nichtsdestotrotz, wollte sie zumindest im Leben ihres Sohnes eine wichtige Rolle spielen. So gehörte es sich für eine Mutter. Das würde ihr auch ein Kai Hiwatari nicht nehmen können.
„Da muss ich dich leider enttäuschen. Du wirst bei der Scheidung nicht mehr Geld bekommen, als ich vorgesehen habe.“
Anne verstand die Welt nicht mehr. Sie wollte doch kein Geld, sie wollte nur Gou haben!
„Was für ein schöner Name.“, murmelte sie leise bevor sie ihm antwortete. Er hatte ihn trotz allem gewählt.
„Ich denke, du verstehst mich falsch. Ich möchte keinen Cent von dir haben. Auch nicht das was du vorgesehen hast. Ich möchte meinen Sohn. Möchte Teil seines Lebens sein.“
Noch bevor sie ganz zu Ende gesprochen hatte, verdüsterte sich seine Miene zunehmend. Aus seinem Blick klirrte eisige Kälte.
„Und mit welchen Recht?“, fragte er gefährlich ruhig. *Mit dem Recht als Mutter! *
Die 23 Jährige kannte diese Seite von ihm zur Genüge. Umso erstaunlicher war es, wie weh es auch noch heute tat. In den letzten  Tagen, Wochen und Monaten, hatte sie gedacht, keine Gefühle mehr für ihn zu haben. Jedenfalls keine solch tiefen. Doch bei seinem Anblick kochten ihre Gefühle förmlich wieder hoch.
Da hatte sie sich wohl sehr getäuscht. Auch darin wie Kai reagieren würde. Denn mit so etwas wie jetzt, hatte Anne keinesfalls gerechnet.
„Ich habe ihn in mir getragen, habe gespürt wie er gewachsen ist und habe ihn auf die Welt gebracht. Ich bin und  werde immer seine Mutter sein. Das kann auch ein Kai Hiwatari nicht ändern.“ Nun war die Blonde an der Reihe ihn kalt zu mustern.
Die Jahre hatten ihn kein Bisschen älter werden lassen. Nur trug er nun nicht mehr seine Lieblingskleidung. Statt denen hatte er einen maßgeschneiderten Anzug an.

Er stand ihm wirklich ausgezeichnet und hob seine kalten Züge noch etwas an. Die violetten Augen enthielten nicht  einmal mehr Hass ihr gegenüber.
Das markante Kinn stach weiter hervor, vielleicht auch wegen den kleinen Stoppeln, welche Anne nur zu gern berührt hatte.
Seine vollen Lippen hatte er fest aufeinander gepresst, wodurch seine Wut nur allzu verdeutlicht wurde.
„Und was für eine Mutter würde ihr Kind gleich nach der Geburt im Stich lassen und einfach abhauen? Wie ich gehört habe, ist auch dein Geld mittlerweile fast erschöpft. Ich konnte mir schon denken, dass du bald wieder auftauchen würdest. Du hast dich an den Luxus gewöhnt.“
Jedes einzelne seiner Worte glich dem Schlag einer Peitsche, fraß sich immer tiefer in ihre Haut.
Sie hatte mit allem gerechnet, jedoch nicht dass er denken würde, dass sie nur wegen Geld wieder da war.


2. Kapitel....Nur eine Chance

 „Du hast ja keine Ahnung“, meinte sie leise und senkte den Blick. Forschend betrachtete der Halbrusse ihr Antlitz. Sie schien etwas zu verbergen, etwas unheimlich wichtiges.
Aber wieso sollte es ihn überhaupt interessieren, was sie verbarg? Er würde ihr so viel Geld geben wie sie wollte und dann würde er dafür sorgen, dass sie auch verschwunden blieb. Nichts würde ihn dazu bringen, sie in Gous Leben zu lassen. Nicht noch einmal. Zu tief saß der Schmerz.

„Dann klär mich doch auf.“
Anne hob die Augenlider und sah ihn direkt an. Kai bemerkte, dass ihr Blick nun vollkommen leer war.
„Es würde dich sicher nicht interessieren. Und außerdem geht es dich nichts an. Ich möchte einfach nur in Gous Leben eine wichtige Rolle spielen. Das Geld ist mir vollkommen gleichgültig.“
„Dann sag mir doch mal, wo du dich überall in der Weltgeschichte herum getrieben hast? Und bis eben wusstest du noch nicht einmal seinen Namen.“ Er redete sich ein, dass er es wegen Gou wissen wollte.

In Wirklichkeit wollte er es aber für sich selbst wissen. Keiner seiner Privatdetektive hatte auch nur eine winzige Spur von der jungen Mutter gefunden. Nicht einmal an Flughäfen oder an Bahnhöfen. Sie war verschwunden ohne auch nur irgendetwas zu hinterlassen. Als hätte sie niemals existiert. Und genau das wünschte er sich auch jetzt.
„Sie hätte niemals existent sein sollen“, dachte er leider laut.
Anne wurde nun kreidebleich und ihr Minenspiel war schmerzhaft, ja schon fast qualvoll. Etwas in ihm regte sich und wollte sie in seine Arme schließen. Etwas animalisches und wildes.

Gott sei Dank hatte er dieses Etwas schnell wieder unter eiserner Kontrolle.
„Ich war unterwegs“, antwortet die Blondine ausweichend und nestelte nervös an ihrem Rock herum. Mit aller Willensstärke die sie besaß, versuchte sie den Blick des Halbrussen stand zu halten. Unter den gegeben Umständen nicht grade eine leichte Angelegenheit, wie sie schnell feststellen musste.
Nun runzelte er die Stirn, was ihn noch um einiges attraktiver wirken ließ.

Eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem zierlichen Körper aus. Sie dachte an die Nächte vor Gous Geburt, an die vielen Stunden, voller Zärtlichkeit, die sie miteinander verbrachten. Momente die sie nie vergessen könnte, nie vermissen wollen würde.
Nun lachte er spöttisch auf und Anne zuckte erschrocken zusammen.
„Du warst also unterwegs. Und wo?“
Noch bevor sie antworten konnte kam das Kindermädchen und entschuldigte sich panisch bei Kai. Sie sprach auf Russisch, sodass Anne keine Ahnung hatte, was sie sagte. Doch ihre Mine war deutlich zu lesen.

Schnell gab er ihr ein paar Anweisungen und wandte sich dann wieder seiner kleinen Frau zu.
Einen kleinen Schritt machte er vorwärts und griff nach Annes Arm.
Blitzschnell wich sie zurück. Ihre Augen weit aufgerissen, tiefe Panik stand in ihnen. Nun sah der siebenundzwanzigjährige sie genervt an. Was hatte sie denn nur? Es ging ihm einfach nur tierisch auf die Nerven, wie sie die ganze Zeit über mit ihm herumspielte.
„Ich habe dich etwas gefragt.“

„Ich weiß", nuschelte sie und versuchte sich wieder zu fangen. Auf keinen Fall wollte sie ihn wissen lassen, was wirklich geschehen war.
„Wenn du nicht antworten willst, gibt es wohl auch keinen Grund dich in Gous Nähe zu lassen“, meinte er kalt und wandte sich ab. Nach nur einem Schritt lag ihre Hand an seinen Arm und hielt ihn zurück.
„Bitte, Kai. Gib mir eine Chance.“
Mehr sagte sie nicht. Die Tränen in ihren wunderschönen grünen Augen waren schwer zu betrachten.

Einige Minuten beobachte er ihre Mimik. Ihre Augen schwankten zwischen Panik, Aufregung, Hoffnung und etwas vollkommen anderem. War es Angst?
Aber warum hatte sie Angst? Machte sie sich wirklich etwas aus Gou?
„Du willst nur eine Chance“, meinte er tonlos und die dreiundzwanzigjährige nickte leicht, wobei sie endlich seinen Arm los ließ.
„Mehr will ich nicht.“
„Na schön. Du sollst deine Chance bekommen. Aber ich glaube du wirst nicht lange durchhalten. Als Mutter taugst du ja nun wirklich nichts.“
Natürlich tat es ihr höllisch weh, solche Worte zu hören. Doch war es nur seine Meinung. Und die konnte sie ihm nicht einmal verübeln. Es war ganz natürlich, dass er so dachte und fühlte. Anne wusste ja selbst nicht, wie sie es schaffen würde, doch wollte sie wenigstens den Versuch wagen.

„Allerdings gibt es da einige Regeln.

1. Du wirst Gou erst mal nur in Gegenwart von Natasha sehen und auch nur für eine Stunde am Tag. Den Rest des Tages, hältst du dich dann gefälligst woanders auf. Da mein Haus außerordentlich groß ist, dürfte das kein Problem sein.“Wie benommen nickte sie sofort.

„2. Wenn mir nicht gefällt, wie du mit ihm umgehst, wirst du augenblicklich unser Haus und unser Leben verlassen.“Wieder konnte sie nur nicken. Zu groß war die Freude darüber, dass er eingewilligt hatte.

„3. Du wirst das Bett mit mir teilen, wie in einer richtigen Ehe.“

Er sah mit Befriedigung ihre Bestürzung über den letzten Punkt.
„Das …kannst du doch nicht …ernst meinen“, stammelte sie verwirrt.
„Warum nicht? Wir hatten doch immer viel Spaß im Bett. Du warst wirklich nicht schlecht. Wie du dich mir immer leidenschaftlich hingegeben hast.“ Beschämt senkte sie wieder den Blick.

Ja, nur zu willig hatte sie jedes Mal auf seine Liebkosungen reagiert.
„Wenn du nicht einverstanden bist, lassen wir es besser gleich bleiben“, meinte er leichthin, und hoffte doch gleichzeitig, sie würde einwilligen. Immerhin ließ er sie zu Gou und ging damit ein großes Risiko ein. Wenn der Junge sich zu sehr an Anne gewöhnte, konnte es schwierig werden, wenn sie wieder verschwinden würde.
„Ich bin einverstanden.“

Es waren nur Sekunden vergangen, vielleicht ein Wimpernschlag, der ihr neues Schicksal besiegelte.
„Gut, dann komm. Deine Koffer können wir später holen.“ Dabei sah er sich selbst etwas neugierig nach ihrem Gepäck um.
„Ich habe nur einen kleinen Koffer“, welchen sie hinter einem Sessel hervorholte. Kai war wieder verwirrt.
Hatte sie wirklich in diesem kleinen Ding ihre ganzen Sachen drin?
Wo in Gottes Namen hatte sie gesteckt? Nicht einmal er selbst kam mit so wenig aus.

„Das ist alles?“, fragte er und legte den Kopf etwas schief.
„Ja.“
Er seufzte leise und ging dann schon voraus. Anne folgte ihn auf dem Fuße und musste sich konzentrieren.
Mit diesen Schuhen zu laufen, bedurfte einer gewissen Kontrolle des Körpers. Zumal sie nicht nach unten auf ihre Füße gucken wollte. Zu verräterisch wäre dieses Zeichen gewesen, das sie ihm nur etwas vormachte.

*Wieso hab ich mich bloß für diese Dinger entschieden?* fragte sie sich nicht zum ersten Mal.
„Beeil dich“, zischte Kai ihr entgegen. Sie hatte gar nicht mitbekommen, das er ihr schon weit voraus war und nun ungeduldig am Lift wartete.
„Ja, schon gut.“ Nun versuchte die Blondine schneller zu laufen und prompt knickte sie leicht um. Dabei fiel sie der Länge nach vorne. Zwei muskulöse Arme schlossen sich um ihren zierlichen Körper und ein Deja vú folgte.

„Kai…“ alleine wie sie seinen Namen aussprach, sorgte für unwillkommene Gefühle in dem Halbrussen.
Der Blick aus ihren großen Augen schien leicht verschleiert zu sein und ihre Stimme klang erstickt.
Schnell ließ er von ihr ab. Die dreiundzwanzigjährige schloss kurz die Augen und atmete tief durch.
Im gleichen Moment glitten die Türen des Lifts auseinander und die beiden stiegen schweigend ein.
Im Zimmer kam ihnen sofort Natasha entgegen und plapperte munter drauf los.
„Was sagt sie denn?“ Anne regte interessiert das Kinn vor und begutachtete die Russin.
Sie war wirklich schön, im klassischen Sinne. Besonders ihre makellose, reine Haut, ihr ebenmäßig geschnittenes Gesicht und die feine Stupsnase. Alles in allem konnte man sagen, dass sie für jeden Mann eine Augenweide war. Ihrem Mann wohl mit eingeschlossen.
„Sie sagt, das Gou gegessen hat und nun schläft“, erwiderte er tonlos und ließ sich auch schon auf die Couch fallen. Ohne die beiden Frauen im Raum überhaupt zu beachten, schlief er ein.

Natasha verabschiedete sich schnell in ihrem gebrochenem Englisch und eilte dann hinaus.
Nun war Anne schon wieder mit ihm alleine.
Gedanken verloren, spielte sie mit ihrem kurzen Haar, wobei sie den Halbrussen nicht aus den Augen ließ.
Er schien ihr gegenüber wieder sein altes Wesen zu zeigen. Schmerzlich wurde ich bewusst, dass es nur ihre Schuld war. Wie er sich verhielt, wie er redete. Alles nur wegen ihrem Eigensinn.

Nein, nicht wirklich. Auch er hatte Schuld daran. Nur wusste Kai es gar nicht. Sie würde es ihm auch niemals sagen, geschweige denn, dass er überhaupt zuhören würde.
Stumm betrachtete sie ihn eine Weile, bevor Anne sich entschied, die Gunst der Stunde zu nutzen. So schnell würde er hoffentlich nicht wieder aufwachen.

Ohne lange zu überlegen, zog sie sich bequemere Schuhe an und ging aus dem Zimmer. In der Lobby angekommen, atmete sie noch einmal tief durch bevor sie aus dem Hotel verschwand.
Anne genoss die heißen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut, den lauwarmen Wind, der durch ihre Haare fuhr. Aber vor allem genoss sie es, wieder frei zu sein.
All die Zeit fühlte sie sich wie eine Gefangene. Sie konnte ja nirgends hingehen, wollte es in ihrem Zustand auch gar nicht.

Die Gedanken an die Zeit dort, machten sie wieder nervös. Tagelang musste sie warten und hoffen. Ständig konnte es einen Rückfall geben. Ständig hätte sie wieder ans Bett gefesselt werden können. Nur die Hoffnung auf ein Leben hat sie das alles durchstehen lassen. Ob der Halbrusse ihr beigestanden hätte? Wohl eher nicht. Auch wenn er gesagt hatte, er liebe sie, so war sie doch nicht davon überzeugt.
Bis zu dem Gespräch mit dieser Schwarzhaarigen glaubte sie es dennoch.

Die Frau hatte ihren Glauben an Kai zerstört und er wusste es nicht einmal. Wie sollte er auch. Aber vielleicht sollte sie ihn doch einmal darauf ansprechen. Seine Reaktion würde ihr doch gut zeigen können, was da vor sich ging. Auf jeden Fall hatte diese Frau, was sie gewollt hatte.
Kai ließ sich von ihr scheiden.
Aber, dass er wirklich glaubte, sie sei wegen Geld hier, verletzte sie ungemein.
Noch nie in ihren 23 Jahren, war Geld wichtig gewesen. Lediglich zum normalen Leben war es von Nöten.

Sie kam an mehreren Geschäften vorbei, mit schönen Kleidern, Schmuck und Schuhen. Doch es interessierte sie einfach nicht.
Anne konnte es kaum ertragen ihm so nah zu sein und doch gleichzeitig so weit entfernt. Das Schicksal war nicht wirklich gnädig mit ihr.
„Vielleicht sollte sich etwas ändern“, nuschelte sie zu sich selbst. Einige Passanten sahen sie schief von der Seite an.

„Das hat man davon, wenn man Selbstgespräche führt.“ Kopfschüttelnd setzte sie ihren Bummel fort. Viel Zeit würde sie wohl nicht haben.
Doch einem plötzlichen Impuls folgend, ging sie auf die andere Straßenseite.
Ein kleines gemütliches Geschäft lud förmlich ein, sich einmal um zu schauen.
Anne betrat den Laden und musste die aufsteigenden Tränen zurück drängen. Ohne es zu wissen, hatte sie einen Laden für Kinder betreten.

Tiefe Sehnsucht schnürte ihr das Herz zu.

3. Kapitel...der Wahrheit ein Stück näher

 Unruhig drehte Kai sich einige Male, bevor er vollends aufwachte. Schlaftrunken sah er sich in der geräumigen Suite um. Von seiner Frau war nichts zu sehen. Er war sich schon sicher, nur geträumt zu haben, als ihr Parfüm ihm in die Nase stieg. Unwillkürlich zog er den Duft tief ein und seufzte.
Ein Traum war es wohl nicht.
Ihre Augen verfolgten ihn im Kopf und ihre magere Erscheinung hatte er direkt vor Augen. Was war nur mit ihr geschehen? wo war sie die ganzen drei Jahre gewesen?
Die besten Detektive, hatten nichts herausfinden können. Zwar war das wirklich eine Enttäuschung auch für diese selbst, doch wohl am meisten für den Halbrussen.
Wie sollte er damit umgehen? Er hatte von ihr geträumt, von ihrer gemeinsamen Zeit. Genau wie von der Zeit, in der er ihr den Rücken gekehrt hatte.
Eigentlich konnte er sie nicht hassen, auch wenn er alles versuchte um dies zu tun. Auch er hatte sie einst im Stich gelassen und mit ihrem großen Herzen hat sie ihm alles verziehen.

Vertrauen!

Schlagartig kam ihm dieses Wort in den Sinn. Sie hatte ihm vertraut gehabt. Nicht nur ihm, sondern auch ihrer gegenseitigen Liebe. Doch wann hatte sie dieses Vertrauen verloren? Und weshalb?
Alleine würde er wohl keine Antworten finden und es war ihm eigentlich auch egal…
Nein, er musste schon ehrlich sein. Es war ihm keineswegs egal. Kai hatte gedacht seine Frau nie wieder zu sehen und nun war sie wieder da. Von ihrem Äußeren zu urteilen hatte sie eine schwere Zeit hinter sich. Doch was war es denn nun?
Sie wollte ihm nichts sagen, das war offensichtlich. Der Halbrusse wollte aber verdammt sein, wenn er es nicht herausfinden würde. Bisher war kein Geheimnis vor ihm sicher und auch dieses würde er lüften.
Sei es nun mit oder ohne ihr zu tun.
Langsam wurde er auch unruhig. Wo war sie hin verschwunden? Vielleicht hatte sie sich schon wieder aus dem Staub gemacht, doch das konnte Kai sich nicht vorstellen. Man hatte gesehen, dass sie wirklich an Gou interessiert war.
Ein plötzliches Klicken der Tür ließ ihn für einen Moment den Atem anhalten. Gespannt wartete er auf den Ankömmling. Ganz lässig kam seine Frau durch die Tür hinein und setzte sofort ein freundliches Lächeln auf, als sie ihn erblickte.

„Schön dass du wach bist.“ Anne stellte die drei Tüten neben dem bequemen Sofa ab und wischte sich mit einer Hand den Schweiß von der Stirn. In diesem Klima hätte sie doch lieber etwas Leichteres anziehen sollen, fiel ihr nun auf. Natürlich hatte sie nicht an so etwas gedacht.
„Wie hast du geschlafen?“ Sie versuchte bewusst nur banale Fragen zu stellen um ihn nicht zu reizen. Leider hatte sie die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Ein Blick in sein Gesicht ließ sie einige Schritte zurück treten. Sein finsterer Blick verhieß nichts Gutes und so seufzte Anne schwer.
„Du kannst mir ruhig mal antworten“, beschwerte die junge Mutter sich und versuchte ihn nur kalt an zu sehen. Was ihr kläglich misslang.
„Ich antworte wenn ich es für nötig halte und nicht wenn jemand es mir befiehlt.“ Seine Arroganz brachte sie noch völlig um den Verstand. Konnte er denn nicht ein einziges Mal normal sein?
„Schön, wie du willst.“ Sie nahm die Tüten von der Couch und stellte sie auf den Tisch. Danach wühlte sie darin herum und versuchte ihn nicht mehr zu beachten.
„Wo warst du?“, fragte er sehr ruhig und beobachtet jeden ihrer Schritte genau. Das knisternde Geräusch der Tüten ging ihm gewaltig auf die Nerven und so stand er auf, lief zu ihr und riss ihr die Einkäufe aus den Händen.
„HEY!“ Anne wollte ihm schon die Tüten aus der Hand reißen, doch Kai hielt sie einfach noch höher. Für Anne war da kein ran kommen.
„Ich hatte dich etwas gefragt“, meinte er kühl und musterte sie.
„Ich dich auch und habe auch keine Antwort bekommen.“ Schnippisch sah sie ihn an und begann zu grinsen.
Das reichte ihm vollkommen. Ohne Vorwarnung nahm er ihren Mund in besitz. Anne reagierte ganz automatisch. Sie schmiegte sich eng an ihn und schloss die grünen Augen. Auch er presste sie enger an sich und schon bald konnte er sich kaum noch beherrschen. Die gegenseitige Leidenschaft war nicht vermindert in den drei Jahren ihre Abwesenheit. Dieser Gedanke war ausschlaggebend für seinen plötzlichen Rückzug.

Er stieß Anne von sich und sah sie vorwurfsvoll an.
„Das musste ja passieren“, nuschelte Anne aufgewühlt und wandte ihm den Rücken zu. Auf keinen Fall sollte er ihre Tränen sehen.
„So und nun erklär mir endlich wo du warst.“ Hätte er sie geohrfeigt, hätte es nicht mehr geschmerzt. Der Kuss grade hatte ihm also nichts bedeutet.
„Ich war…einkaufen“, meinte sie ruhig und wischte die Tränenspuren beiseite.
„Wieso hast du nicht Bescheid gesagt? Ich dachte schon, du wärst wieder einmal abgehauen.“ Sein nüchterner Ton brachte sie in Rage.
„Das hättest du wohl gern. Aber mich wirst du so schnell nicht mehr los. Ich bleibe bei Gou. Ob es dir nun passt oder nicht. Da ich seine Mutter bin, kannst du nichts dagegen tun. Und ich bin auch der Meinung, dass die Scheidung das Beste wäre, für alle beteiligten. Nicht nur für deine Schwarzhaarige Freundin.“ Anne redete einfach los ohne zu überlegen, was sie genau sagte. Seine Worte taten nur so weh, obwohl sie der Wahrheit entsprachen.
„Wen meinst?“, fragte er sie wirklich verwundert und konnte sich nicht erklären, warum eine plötzliche Kälte von ihm Besitz ergriff.
„Ach ist doch jetzt auch egal. Es ist nicht mehr wichtig für mich.“ Lügnerin, schallt sie sich selbst. Es war wichtig. So wichtig, dass es sie all die Jahre verfolgt hatte.
Grade als Kai zum nächsten Satz ansetzten wollte, wachte Gou auf und schrie nach seinem Vater.
„Wir reden später weiter.“ Anne nickte nur und ließ sich erschöpft auf das Sofa fallen.
Das alles war so unwirklich. Am liebsten wäre auch sie zu ihren Sohn gegangen, doch schien es wohl nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.

Kai kam mit seinen Sohn ins Zimmer, wo bereits auch Natasha wartete. Anne verspürte einen schmerzhaften Stich in der Brust.
„Lass uns fahren.“
Anne stand auf und folgte den dreien. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man diese drei für eine kleine Familie halten. Nur das Anne die Mutter war und nicht Natasha.
Die dreiundzwanzigjährige fühlte sich unbehaglich in der komfortablen Limousine und sah verstollen aus dem Fenster. Die Aussicht war wirklich wundervoll.
Sie fuhren durch die hügelige Landschaft und immer wieder hörte sie Gou kreischen vor Freude. Sein Vater spielte liebevoll mit ihm und Anne kam nicht ohnehin zu lächeln. So sollte es sein. So friedlich und verständlich.
Plötzlich fühlte Anne sich ertappt und sah auf. Kais Augen bohrten sich in ihre Seele. Sein Blick war vollkommen leer und seine Miene ausdruckslos.
Beschämt sah sie wieder zur Seite und kniff die Augen zusammen. Bilder der vergangen Jahre stürmten auf sie ein. Allen voran ihr erstes Treffen.
Der glitzernde See, die vielen Kids und Kai, an einen Baum gelehnt. Auch wenn es erst so aussah, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Doch er war ihr sofort bei seiner Ankunft aufgefallen. Seine ganze Haltung hatte Ablehnung ausgedrückt.
So im Nachhinein betrachtet, kam ihr alles ganz anders vor. Viel intensiver und viel erdrückender.  
Ein Lächeln huschte ihr Gesicht.
„Woran denkst du grad?“
„An unser erstes Treffen.“ Sie antwortet ohne überhaupt realisiert zu haben, dass er gefragt hatte. Aus reinem Reflex hatte sie ehrlich geantwortet und sich nun am liebsten auf die Zunge gebissen.
„Am See.“ Ja, er konnte sich auch noch gut daran erinnern. Wenn er ehrlich war, hatte er sich schon da in sie verliebt.
„Ja“, hauchte sie leise und nickte.
„Die Sonne schien genauso schön wie heute.“
„Nicht nur die Sonne hatte geschienen.“ Seine Worte lösten ein leichtes Kribbeln in ihrem Bauch aus.
Sie zuckte nur mit den Schultern und spannte ihre ganze Körperhaltung an. Immer zum Kampf bereit sein, dachte sie traurig.

„Wie du meinst.“
„Wo warst du?“, fragte er sie wieder.
„Na einkaufen. Hab ich doch schon gesagt.“
„Nein, die letzten Jahre über.“ Sein forschender Blick war zu viel und so reagierte sie kalt.
„Als wenn es dich wirklich interessieren würde. Du hast dir doch schon deine Meinung gebildet und ich habe eh keine Chance mehr, diese zu verändern.“ Traurig sank sie in die weichen Polster zurück und driftete bereits wieder in eine Traumwelt ab.
Plötzlich krabbelte Gou auf ihren Schoß und sah ihr neugierig in die Augen. Am liebsten hätte sie ihn ans ich gezogen und nie wieder los gelassen.
„Darf ich was fragen?“, begann er zögerlich und seine Mutter nickte nur lächelnd.
„Bist du meine Mama?“ nicht nur Anne schnappte überrascht nach Luft. Besorgt sah sie zu dem Halbrussen hinüber und konnte seine Miene nicht deuten. Verzweifelt wünschte sie sich ein Zeichen seinerseits.
„Gou man belästigt keine Leute mit solchen Fragen.“ Kais Stimme war eiskalt und schneidend. Ihr Sohn zuckte sichtlich zusammen und klammerte sich an die Brust seiner Mutter.
„Also bist du es, Mama.“, meinte er total verängstigt und sah zu ihr auf. Sie strich ihm liebevoll über die Wange und gab ihm einen kleinen Kuss.
„Du bist wirklich ein schlauer Junge.“
„Nein, Tasha hat es mir gesagt.“, meinte er ernst und sah zu seinem Kindermädchen. Anne lächelte der jungen Frau dankend zu und zuckte selbst im nächsten Moment zusammen. Kai hatte sich ebenfalls zu Natasha gedreht und sah sie feindselig an.
„Er wissen muss, wer seine Mama ist.“, sprach sie leise. Sofort reagierte Kai darauf, als sei er von einer Tarantel gestochen worden.
„Das hast nicht du zu entscheiden. Für was hältst du dich denn?“, warf er ihr wütend auf Russisch entgegen.
Anne presste ihren kleine Sohn enger ans sich, was er sich sichtlich gefallen ließ. Er lächelte glücklich und nuschelte etwas. Kai konnte diesen Anblick kaum ertragen.

Sie hatte nichts getan um das Vertrauen seines Sohnes zu gewinnen und doch schien Gou es ganz selbstverständlich zu nehmen, mit ihr zu kuscheln. Dabei war er nie sehr kuschelbedürftig gewesen. Also hatte Anne auch ihren kleinen Sohn sofort bezaubert. Und eines musste Kai ihr lassen, bisher machte sie ihre Sache gut.
„Wir sind gleich da, Herr Hiwatari“, meinte dann der Chauffeur  durch die Trennscheibe.
„Gut, Richard.“
Gou krabbelte neben ihr auf den Sitz und blickte stolz nach draußen, Annes Hand ließ er dabei nicht los.
„Da wohnen wir“, meinte er mit seiner kindlichen Heiterkeit und zeigte auf eine wunderschöne weiße Villa.
Das Gebäude sah wunderschön aus, auch wenn es nur Luxus widerspiegelte. Weiße Marmorsäulen ragten bis zum zweiten Stock empor und endeten unter einer beeindruckenden Terrasse. Die Fenster waren mit vielen Stuckmotiven verziert und schienen eine eigene Geschichte zu erzählen. Der Weg zu diesem außergewöhnlich schönen Gebilde, war mit vielen unterschiedlichen Blumen und Büschen gesäumt.
„Es ist wirklich schön“, meinte sie zärtlich und strich ihrem Sohn eine Strähne aus dem Gesicht.
„Wirst du bei uns wohnen?“ Seine Wangen waren leicht gerötet vor Aufregung und er zeigte seine perlweißen Zähne.
Schüchtern sah Anne zu ihrem Mann und er nickte nur still.
„Ja, mein Schatz.“
Beim Aussteigen ließ Gou voran und wurde freundlich von der Haushälterin begrüßt. Er lief ins Haus und schrie nach seinen Eltern. Lachend ging Anne auf den Eingang zu. Die ältere Dame wirkte im ersten Moment etwas desorientiert. Kai hatte sie bereits informiert, dass die Mutter des Jungen mitkommen würde, doch war Edna nicht grade begeistert. Sie hielt nicht viel von Anne, wohl auch durch Kai selbst.
„Es freut mich sie kennen zu lernen“, meinte Anne höflich und versuchte nicht so verkrampft zu lächeln.
„Für mich ist es keine Freude, das kann ich ihnen versichern.“  Ihre Feindselige Haltung erschreckte Anne. Aus einem unerfindlichen Grund verspürte Kai den unsinnigen Wunsch, seine junge Frau in die Arme zu nehmen und sie zu verteidigen. Schnell verwarf er diesen dummen Gedanken wieder.
„Das ist Edna. Edna, das ist meine Frau und Gous Mutter, Anne.“ Er stellte die Damen kurz vor und ging dann einfach ins Haus. Anne lief ihm rasch hinterher und hielt ihn am Arm fest.
„Kannst du mir mein Zimmer zeigen?“
„Geh einfach die Treppe rauf. Die zweite Tür links.“ Damit riss er ihr seinen Arm weg und verzog sich in ein Zimmer. Anne vermutete sein Arbeitszimmer dahinter.

Missmutig stieg sie die Stufen hinauf und schwindelte bei der Höhe. Seufzend öffnete sie die Tür zu ihrem Zimmer und erschrak.

4. Kapitel...Schmerzen der Erinnerung

 Das Zimmer sah genauso aus, wie jenes, welches sie in Kais Penthouse bezogen hatte. Langsam ging sie zum Bett und fuhr mit zitternden Fingern über die kleinen eingeritzten Buchstaben. Kai hatte es eines Morgens dort rein geritzt.
Es war also wirklich ihr altes Bett und es war frisch bezogen. Anne nahm sich eines der blauen Kissen und zog tief den frischen Duft ein. Wie lange sie schon nicht mehr solch eine Frische genossen hatte. Sie seufzte schwer und setzte sich auf das weiche einladende Bett.
Erschöpft schlug sie die Hände kurz vors Gesicht bevor sie versuchte ihre inneren Gefühle zu beruhigen. Es schien alles so unwirklich. Sie brauchte sich nun wirklich nichts vormachen: sie liebte ihren Mann noch genauso wie früher. Nichts hatte an diesen Gefühlen etwas ändern können, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte.
Nach ein paar Minuten ging es ihr wieder wesentlich besser und doch erschrak sie, als es an der großen Tür klopfte.
„Ist offen“, meinte sie nur und stand auf. Schnell strich sie den Rock glatt und sah zur Tür. Kai lehnte bereits lässig am Rahmen und beobachtete sie unverhohlen.
„Ich dachte mir, dass du vielleicht gerne eine Erfrischung hättest.“
„Das wäre wirklich schön.“ Seufzend folgte sie ihn nach unten in die Küche. Gou saß dort auf seinem eigenen Stuhl, mit vielen kleine Autos darauf abgebildet, und winkte ihr fröhlich zu.
„Privet Mame“, meinte er strahlend auf russisch und ließ sich vom Stuhl gleiten. Er rannte auf sie zu, genau ihn ihre ausgestreckten Arme.
„Hallo Sonnenschein.“ Anne hob ihn hoch und trat an den Tisch. Kai hatte bereits ein Glas frischen Orangensaft eingegossen.
„Danke.“
„Schon gut.“ Seine Miene wirkte verschlossen und in seinen Augen fehlte jeglicher Glanz. Betrübt trank Anne einen Schluck und stellte das Glas wieder vorsichtig auf die gläserne Tischplatte. Dann setzte sie ihren kleinen Sohn ab und stellte sich näher zu Kai, damit Gou keines ihrer Worte verstehen konnte.

„Was willst du jetzt tun? Ich glaube kaum das unser Sohn es gut finden wird, nur eine Stunde mit mir jeden Tag zu verbringen.“ Ganz unbewusst hatte sie sofort erraten was in seinem Kopf vor sich ging.
„Ich lass mir was einfallen“, sagte er nur schneidend und schob sie beiseite.
„Genieß den heutigen Tag, …Liebling.“ Das Kosewort löste Gefühle in Anne aus, die sie jetzt nicht gebrauchen konnte. Ohne darauf zu achten, was Gou oder Kai denken könnten, stürmte sie aus der Küche und rannte die Treppe hinauf. Mit einem lauten Knall schmiss sie die hölzerne Tür zu.
Sie wusste nicht wie lange sie auf dem weichen Bett gelegen hatte, mochten es Stunden sein. Ihre Augen brannten noch immer von den vielen Tränen.
Wie kann er nur so kalt sein, dachte Anne betrübt und setzte sich aufrecht. Ein Blick auf ihr Handy verriet ihr, das es bereits nach 20 Uhr war. Konnte die Zeit wirklich so schnell vergehen?
Missmutig stand sie auf und sah sich nach ihrem kleinen braunen Koffer um, denn sie jedoch nirgends entdeckte. Mit zitternden Händen griff sie nach dem Knauf des Kleiderschrankes und musste sich sogleich an der hölzernen Tür fest halten.
All ihre Sachen hingen fein säuberlich und sortiert im Schrank, all die Sachen, die vor drei Jahren zurück gelassen hatte. Er hatte alles aufgehoben.
Sofort schossen erneut Tränen in ihre Augen. Schluchzend sank sie auf den Boden und ließ abermals den Tränen freien Lauf.
Sie hörte nicht wie die Tür leise geöffnet wurde, hörte nicht wie Kai näher kam, doch plötzlich lag sie in seinen Armen und zuckte zusammen.
„Du hast alles auf gehoben“, meinte sie fast anklagend.
„Sie riechen nach dir.“
Erstaunt hob sie den Kopf und blickte genau in seine Augen. Genau in diesen Moment legten sich seine warmen Lippen auf ihre. Erregt presste sie sich an ihn und erwiderte voller Leidenschaft seine zärtlichen Liebkosungen.
Seine Hand griff ihn ihren Nacken und massierte eine ihrer sensiblen Stellen. Wollig seufzte sie auf.

>>>Lemon Anfang<<<

Er zog sie noch näher an sich ran, spürte ihre vollen Brüste und die aufgerichteten Spitzen durch sein dünnes Hemd hindurch. Sein Verlangen wurde übermächtig und ohne auf ihre Einwände zu achten, bugsierte er sie beide zum Bett. Behutsam legte er sie auf den seidenen Stoff des Überwurfs und legte sich sofort neben seine Frau.
„Ich will dich“, flüsterte sie kaum hörbar und das war der Punkt, an dem Kai kein Zurück mehr fand.
Er sah seine Frau an und wusste genau, dass er niemals von ihr loskommen würde. Möge sie auch noch so berechnend und falsch sein. Sie war die Einzige, die jemals ein solches Verlangen in ihm ausgelöst hatte.
Er zog das Top nach oben und sah dass sie keinen BH trug. Den hatte sie auch nicht nötig. Ihre Brüste waren perfekt in jeglicher Hinsicht. Weder zu groß, noch zu klein. Wohl gerundet, und die erregten Spitzen verlangten geradezu danach umspielt zu werden.
Der Halbrusse erfüllte ihnen diesen Wunsch nur zu gerne. Begierig saugte er erst an der einen und dann an der anderen. Anne keuchte und wand sich unter seiner Zunge.
Sie warf den Kopf in den Nacken und stöhnte willig auf. Kai ließ eine Hand unter ihren Rock gleiten und spreizte ihre Beine ein wenig. Seine kräftigen Finger glitten an den Innenseiten ihrer Schenkel entlang nach oben.
„Kai…“ Sie krallte ihre Finger in seine Haare und zog ihn zu einen innigen Kuss heran. Sanft drang er mit der Zunge in ihren Mund ein, während er sie zwischen den Beinen massierte.
„Ich will dich …jetzt“, presste sie schwer atmend heraus. Schnell zog er sich und sie dann gänzlich aus.
Keine Minute später lag er über ihr. Nur zu genau registrierte er, wie bereit sie für ihn war.
Voller Ungeduld drang er kräftig in ihre feuchte Wärme ein. Anne stieß einen kurzen Schrei aus, bevor sie sich vollends entspannte.
Kai wurde das Gefühl nicht los, das etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie drängte ihr Becken dem seinen entgegen, als würde sie es kaum aushalten.
Er wurde geradezu obzön davon mitgerissen, seine Stöße wurden schneller und kräftiger, bis sie beide einen unglaublichen Höhepunkt erreichten.

>>>Lemon Ende<<<

Anne lag auf den Rücken und legte einen Arm über ihre Augen. Das hier lief irgendwie falsch ab. Sie hatte zwar zu seinen Bedingungen zugestimmt, doch hatte sie keineswegs geahnt wie schnell es gehen würde.
Sie bemerkte wie er sie beobachtete und zog schnell die Decke über sich.
„Um schüchtern zu tun, kenn ich dich zu gut. Außerdem wäre es eh zu spät.“ Nachdenklich stützte er sich auf einen Ellenbogen und betrachtete seine Frau.
„Du hast ganz schön abgenommen. Wieso hast du eine Diät gemacht?“, wollte er wirklich interessiert wissen und konnte den Blick nicht abwenden.
„Ich habe keine gemacht“, presste sie zwischen den Zähnen raus und sah ihn an.
„Kai, ich…“
„Stop. Im Moment kann ich leider keine Lügen von dir gebrauchen.“
Seine kalte Art machte ihr Angst, nicht um sich selbst, sondern um die Zukunft.
Gou war wirklich wunderbar und nichts und niemand konnte sie jetzt noch von ihm trennen. Das würde er selbst nicht zu lassen, sollte man ihm fragen. Dessen war sich Anne nur zu sicher.
„Ich wollte dir keine Lügen erzählen. Ich wollte dir die Wahrheit…“
„Lass es gut sein und schlaf. Wir reden später darüber.“
Erst wollte sie protestieren, doch plötzlich merkte sie wie schwer ihre Glieder waren. Erschöpft drehte sie sich um, mit dem Rücken zu Kai. Dieser schlang sofort einen Arm um seine Frau und schon bald war Anne fest eingeschlafen.
Kai seinerseits konnte nicht den Weg ins Traumland finden. Zu viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf.
Ihr Schrei hatte ihm gezeigt, dass sie garantiert keinen Sex in der letzten Zeit hatte. Zwar war er kein Experte in diesem Gebiet, jedoch hatte sie sich auch extrem eng angefühlt. Außerdem hatte er die kleine Narbe zwischen ihren schönen brüsten gesehen. Woher hatte sie die? Er wusste genau, dass sie vor drei Jahren noch nicht dagewesen war. Er konnte sich an alles erinnern, jeden Tag und jede Nacht. Die Bilder wollten nie verschwinden, selbst in seinen Träumen nicht. Daher schlief er auch wenig. Er wollte nichts sehen, wollte nichts fühlen.
Doch jetzt war sie zurück, wieder in seinem Leben, und im Leben seines Sohnes. Dass sie ihn liebte, daran gab es keinen Zweifel, doch liebte sie auch ihren Ehemann noch?
Das würde er wohl selbst raus finden müssen. Erledigt drang auch er nun ins Land der Träume.

Anne erwachte mit dem mulmigen Gefühl des Alleinseins auf und sah sich vorsichtig um. Der Platz neben ihr war zweifelsohne leer, schon eine ganze Weile, denn die Wärme des Körpers war einer bedrückenden Kälte gewichen. Fröstelnd schlug sie die Arme um ihre schmalen Schultern und musste einige Male blinzeln. Ob er in der Nacht gegangen war oder erst am frühen Morgen.
Dann erkannte sie mit einem Blick auf die Uhr, dass es bereits weit nach 11 war. Sie hörte ihren Sohn lachen und sprang mit einem Satz aus dem weichen Bett. Schnell zog sie einen Morgenmantel über und lief zu den hohen Balkontüren. Voller Ungeduld riss sie diese auf und trat auf den Balkon.
Sie konnte nichts erkennen und so beschloss Anne nach unten zu gehen. Dort steuerte sie zügig auf die Terrasse zu und lief nach draußen.
Abrupt blieb sie stehen, das Herz schlug schmerzhaft gegen ihre Brust.
Kai spielte mit seinem kleinen Sohn im gemähten Gras und kümmerte sich nicht darum, dass er dreckig wurde. Gou lachte ausgelassen und rannte vor seinem Vater davon. Lächelnd setzte Anne sich auf einen der vier Stühle die an dem großen runden Tisch standen und seufzte.
Das Bild, welches sich ihr bot, war zum dahinschmelzen. Grade hatte Kai seinen Sohn erwischt und schwang ihn im Kreis. Dabei fiel sein Blick auf seine junge Frau, das Lächeln aus seinem Gesicht verschwand.
Traurig ließ auch Anne ihr Lächeln fallen, stand auf und ging zu den Beiden. Gou stürmte sofort auf sie zu.
„MAMAAAA!!!“, schrie er ausgelassen. Schwungvoll landete er in ihren ausgebreiteten Armen und wurde herzlich von ihr geküsst.
„IHHH, Mama hör auf. Ich bin doch kein Baby mehr.“
„Für mich wirst du immer mein Baby bleiben, mein Sonnenschein.“ Um dies zu unterstreichen gab sie ihn noch ein paar kleine Küsschen, wobei er zu lachen anfing.

Ein Unbeteiligter hätte sie für eine wunderschöne kleine Familie gehalten, voller Frieden, Glück und Liebe. Nur die Eltern wussten, dass es so nicht war.
Kai sah nachdenklich zu den beiden.
„Guten Morgen Anne.“ Seiner Stimme war nicht zu entnehmen was er denken mochte. Dennoch überkam sie eine Gänsehaut.
„Guten Morgen Kai“, erwiderte sie fröhlich um sich nichts anmerken zu lassen.
„Papa will heute wieder Arbeiten. Aber ich mag es nicht wenn er arbeitet. Kannst du ihm sagen, dass er hier bleiben soll?“, fragte Gou seine Mama. Stumm sah sie in das Gesicht ihres Ehemannes und dieser schüttelte nur den Kopf.
„Da kann ich leider auch nichts machen mein Schatz. Die Erwachsenen haben Pflichten die sie erfüllen müssen.“
„Was sind Pflichten?“
„Das sind Aufgaben die man tun muss, auch wenn man manchmal gar nicht will.“
„Verstehe“, meinte Gou dann traurig und wollte runter.
Kai nahm seine Hand und sah zu Anne.
„Du solltest dich anziehen. Wir bekommen gleich Besuch.“
Verwirrt starrte Anne hinter den beiden her und überlegte wer es sein könnte. Schnellstens ging sie in ihr Zimmer und suchte sich ein Kleid aus dem Schrank. Vor drei Jahren war dies ihr Lieblingskleid gewesen. Drei Jahre. Es kam ihr eher wie eine Ewigkeit vor.
Sie duschte schnell und zog sich das Kleidungsstück über. Die Haare föhnte sie nur schnell und band sie zu einem Pferdeschwanz zusammen. Auf Make-up verzichtete sie komplett.
Als sie am Spiegel vorbei ging, erschrak sie selbst über ihr Spiegelbild. Kai musste wirklich denken, dass sie eine Diät gemacht hatte. Das Kleid war nun offensichtlich viel zu weit. Ihr Gesicht wirkte eingefallen und blass.
Hoffentlich vergeht das schnell, überlegte sie angespannt und hörte nun eine Frauenstimme nach ihr rufen: Mariah.
Anne konnte ihr Glück kaum fassen. Eiligst rannte sie aus dem Zimmer, ohne sich Schuhe anzuziehen, und die große Treppe nach unten. Mariah winkte ihr fröhlich zu, nur um dann ein entsetztes Gesicht zu machen.
Anne stolperte drei Stufen bevor sie unten war. Doch Kai fing sie auf. In seinem Armen nahm sie seinen maskulinen Duft war und schloss kurze Zeit die Augen. Genauso schnell wie er sie aufgefangen hatte ließ er sie auch wieder los. Anne atmete kurz tief ein und stürmte dann auf ihre Freundin zu. Die beiden Frauen umarmten sich liebevoll.
„Ich freu mich so dich zu sehen, Anne. Ich habe dich schrecklich vermisst.“
„Mir geht es nicht anders, Mariah.“ Beide verschwiegen, dass sie Kontakt hatten. Selbst Ray wusste von alledem nichts. Zwar hatte es Mariah nicht behagt, ihren Mann nichts davon zu sagen, doch auch sie fand es besser so. Ray plapperte gerne mal.
„Lasst uns nach draußen gehen“, schlug Kai vor und ging selbst bereits nach draußen. Die drei folgten ihm stumm. Erst im Garten kam dann auch Ray dazu, Anne zu begrüßen.
„Wie geht es dir?“, fragte er vorsichtig und ließ dabei Kai nicht aus den Augen.
„Jetzt wieder wunderbar. Immerhin bin ich bei meinem Sohn. Auch wenn ihr alle was anderes denkt, liebe ich ihn.“
„Dagegen sage ich nichts. Aber besonders gut siehst du nicht aus. Ganz schön dünn biste geworden.“ Nachdenklich musterte er ihre schmale Gestalt.
„Genug davon. Lasst uns einen Kaffee trinken. Die Kinder spielen grad so schön“, mischte sich Mariah mit ein und lächelte Anne geheimnisvoll an. Diese verstand sofort und nickte nur.
Wobei sich Kai und Ray misstrauische Blicke zuwarfen.

5. Kapitel…Fröhlicher Besuch oder eher weniger?

 Die beiden Männer sagten kein Wort mehr und Kai ließ Kaffee bringen. Einige Minuten saßen die vier schweigend da, dann kamen die beiden Kinder an.

„Mama, Rin hat mir erzählt, dass sie bald in den Vergnügungspark geht. Darf ich auch?“, fragte Gou. Kai spürte einen kleinen Stich im Herzen. Jetzt war es nach wenigen Stunden schon so weit, dass sein Sohn nicht mehr an ihn, sondern nur noch an seine Mutter wandte. Sie hatte ziemlich zügig das Vertrauen ihres Sohnes gewonnen und auch Ray schien ihr nichts nachzutragen. Von Mariah hatte er das schon längst gewusst. Sie verteidigte die Blondine jedes Mal, wenn die Sprache auf diese kam.

„Da musst du deinen Vater fragen. Ich kann leider nichts dazu sagen.“ Kai hob ruckartig den Kopf und starrte Anne regelrecht an. Sie hatte grade die Chance noch mehr Pluspunkte bei ihrem Sohn zu machen und nutzte es nicht aus.

„Aber du kannst doch auch ja sagen“, meinte Gou traurig und blickte zu Kai. Sein Vater starrte noch immer verwundert zu Anne, sodass Gou anfing zu weinen. Schnell nahm Anne ihren Sohn in den Arm und sang ihm etwas vor.

Gebannt lauschten alle ihrer veränderten Stimme. Sie klang ganz und gar nicht mehr wie früher. Aus dem zarten Schmetterling war etwas anderes geworden. Es war nicht so, dass es sich nicht mehr gut anhörte. Aber es war meilenweit von dem entfern, was sie von Anne kannten.

Schnell ließ sich Gou wieder beruhigen und rannte gut gelaunt zu Rin zurück.

„Kann ich dich mal kurz sprechen Mariah?“, fragte Kai plötzlich und beide Frauen hatten ein mulmiges Gefühl. Dennoch ging die Rosahaarige mit dem Halbrussen nach drinnen.

Anne und Ray sahen ihnen nach bevor sie sich wieder setzten und zu den beiden Kindern sahen.

„Er ist Kai wie aus dem Gesicht geschnitten“, meinte Ray nach kurzem Schweigen, wobei er Anne interessiert musterte.

„Ja.“

„Wo bist du gewesen?“ Er fragte rund heraus, wie es nun mal seine Art war. Es überraschte Anne keineswegs.

„Das kann ich dir nicht sagen, Ray. Tut mir leid.“

„Aber ihm musst du es sagen.“

„Ich weiß. Aber er glaubt mir doch eh kein Wort. Weißt du, gestern kamen wir uns wieder richtig nahe. Und ich wollte ihm die Wahrheit sagen, doch er schnitt mir einfach das Wort ab. Er sagte, er will keine Lügen hören. Wie soll ich ihm also die Wahrheit sagen, wenn er glaubt, es wären Lügen?“ Eine einzelne Tränen rollte über ihre Wange. Ihre Augen waren leer und glanzlos.

„Du liebst ihn noch immer.“ Es war keine Frage, nur eine einfache Feststellung.

„Ich habe nie aufgehört, auch wenn ich es wollte. Ich könnte es gar nicht.“

„Ich weiß.“

Danach sagten sie eine Weile kein Wort und genossen einfach nur den herrlichen Sonnenschein. Sie bemerkten nicht, dass sowohl Mariah als auch Kai ihre Unterhaltung gehört hatten.

Kai dachte wirklich, sein Herz müsse stehen bleiben. Sie liebte ihn also noch und sie wollte sich ihm anvertrauen, doch er hatte es kaputt gemacht.

Der Schmerz wurde schlimmer und fraß ihn fast auf. Um es nicht weiter zu zulassen räusperte er sich kurz und trat dann zu ihnen.

„Tut mir Leid, euch jetzt schon verlassen zu müssen. die Arbeit ruft“, meinte Kai kühl und beobachtete Anne genau.

„Ray und Mariah bleiben ein paar Tage hier, sodass du dich also nicht langweilen solltest.“ Wortlos drehte er sich um und verschwand ins Hausinnere.

Kurz danach hörte sie sein Auto davon fahren und wurde traurig.

„Was hältst du davon, wenn wir in die Stadt fahren und uns was Schönes gönnen?“ Mariah wollte ihre Freundin ablenken.

„Das ist eine gute Idee. Ich passe auf die Kinder auf. Macht euch einen schönen Tag, meine Damen“, stimmte Ray sofort zu. Sein Lächeln tat Anne unendlich gut und so stimmte sie zu, auch wenn es ihr schwer fiel, Gou auch nur für einen Moment allein zu lassen. Aber allein ist er ja gar nicht, überlegte sie und freute sich auf den Ausflug.

 

Drei Stunde später betraten Anne und Mariah bereits den siebten Laden, beide Hände schon mit unzähligen Tüten besetzt.

„Ich bin echt geschafft, Mariah. Können wir nicht wieder nach Hause fah..?“ Anne unterbrach sich selbst. Nach Hause? Wie konnte sie Kai seine Villa als ihr Zuhause bezeichnen. Ihre Freundin verstand sofort, was los war und sah sie traurig an.

„Ja können wir gerne machen. Ich weiß ja, das du dich noch immer schonen musst. Aber wir haben noch immer nichts für die Party.“

„Party?“

„Na die Party am kommenden Samstag? Hat Kai dir etwa nichts davon erzählt?“. Erstaunt sah Mariah zu Anne, die bleich geworden war. Das er ihr noch nichts davon erzählt hatte, konnte nur heißen, das er es entweder schlichtweg vergessen hatte oder sie gar nicht dabei haben wollte. Zweiteres stimmte sie wieder frustriert.

„Dann suchen wir mal ein Kleid für dich“, meinte sie ruhig und sah sich neugierig um. Ihr Blick fiel auf ein zartblaues Kleid, das bis auf den Boden reichte. Der herzförmige Ausschnitt war mit kleinen Steinen besetzt und funkelte im Schein der Deckenbeleuchtung.

Dieses Kleid war der reinste Traum. Ehrfürchtig strich sie über die kühle Seide und stieß eine leisen Seufzer aus.

Mariah hatte mittlerweile ihr Kleid gefunden. Der dunkelrote Stoff würde bei Mariahs hellen Teint sicher unglaublich toll aussehen. Die Rosahaarige bemerkte wie Anne das blaue Kleid betrachtete und grinste frech. Zielstrebig ging sie darauf zu, nahm es in die Hand und musste ein lautes Lachen bei Annes Gesicht verkneifen.

Nachdem sie beide bezahlt hatte, griff Mariah nach Annes Hand und zog sie aus dem Laden.

„Jetzt können wir endlich nach Hause.“

„Und wozu brauchst du zwei Kleider?“, fragte Anne misstrauisch.

„Dummchen. Als wenn ich für einen Abend zwei bräuchte. Das blaue ist natürlich für dich.“

„Das kann doch nicht dien Ernst sein. Ich hab ja nicht mal eine Ahnung, ob ich bei dieser Party dabei sein werde.

„Das macht doch nichts. Dann kannst du es eben einfach so tragen. Aber ich habe gesehen wie sehr es dir gefällt. Und es wird grandios an dir aussehen. Wenn Kai dann noch widerstehen kann, muss er echt schwul geworden sein.“

Anne errötete und blickte nach unten.

„Ähm, also ich glaube nicht…das es…in dem Punkt, Schwierigkeiten gibt“, stammelte sie verlegen.

„Wieso?“, fragte Mariah grinsend und konnte es sich bereits denken.

„Ähm, also…wir …ähm…Wir haben gestern…“

„Schon gut, Süße. Ich versteh schon. Ihr hattet gestern schon Sex. Ich hoffe doch mal das es nach so langer Zeit gut war.“ Zwinkernd nahm sie die Hand der Blonden und führte sie zum Auto.

Anne konnte darauf nichts erwidern. Niemals könnte sie es so aussprechen. Doch ein Punkt stimmte sie traurig. So unglaublich der Sex auch war, es war nur Sex und nicht sich lieben. Das bedeutete schon einen riesen Unterschied.

 

Nach einer halben Stunde kamen sie bei der wunderschönen altgotischen Villa an. Vollbeladen mit Tüten und Kartons, gingen sie in die große Eingangshalle. Gou und Rin kamen sofort angerast.

„Mama, hast du mir auch etwas mitgebracht?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, durchsuchte er alles genauestens. Anne konnte sich gar nicht an ihrem kleinen Sohn satt sehen. Für seine drei Jahre, konnte er unglaublich gut reden, denken sowieso.

Sie hatte schon so viel verpasst, so viel nicht sehen dürfen. Aber auch jetzt würde sie es nicht anders machen. Es war die einzig richtige Entscheidung, auch wenn es hieß, ihre einzige Liebe verloren zu haben.

„Ja, ich habe dir etwas mitgebracht. Aber ich weiß leider nicht ob es dir gefällt.“

„Mir wird es gefallen, denn es ist das erste Geschenk von dir.“ Nach diesen Worten, sank Anne kraftlos in die Knie. Sie zog Gou an sich und umarmte ihn zärtlich.

„Ich liebe dich so sehr, mein Schatz“; hauchte sie ergriffen. Mariah konnte nicht anders, als es ihr gleich zu tun. Diese Szene war einfach nur zu rührend. Selbst Kai würde wohl nicht kalt bleiben können.

„Das sind ja meine Damen wieder.“ Ray kam fröhlich auf die beiden Frauen zu und umarmte seine Frau.

„Ihr habt aber nicht sehr lange gebraucht. Seid ihr sicher, das ihr nicht etwas vergessen habt? Sind ja reichlich wenig Tüten.“ Lachend schlug Mariah ihm leicht gegen die Schulter.

„Du mal wieder. Wir konnten nicht so lange machen heute. Anne geht es immer noch nicht gut genug dafür…“ schnell schlug sie eine Hand vor dem Mund.

Doch Ray sagte kein Wort. In den letzten Stunden war er zu der Einsicht gekommen, dass Anne es von sich aus erzählen sollte, wenn sie dazu bereit war.

Es war nun schon der Nachmittag gekommen. Gemeinsam setzten sie sich an den Pool und hingen ihren Gedanken nach. Keiner bemerkte die nahende Gefahr.

 

Gous plötzlicher Schrei, ließ Anne das Blut gefrieren. Hastig sprang sie auf und sah ihren Sohn wild fuchtelnd im Wasser. Ohne groß zu überlegen, hastete sie hinein in den Pool und holte ihn raus. Er atmete nur flach und Anne tat alles was ihr noch in Erinnerung war.

Dennoch musste Gou wenig später mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus. Grade als er wieder eingeschlafen war, kam auch Kai an. Er beachtete Anne nicht und ging zu dem großen weißen Bett. Sein kleiner Sohn sah so verloren darin aus. Er nahm Gous Hand und drückte sie leicht.

Im nächsten Moment kam die Schwester rein und schickte beide raus. Vor dem Zimmer standen Ray und Mariah. Sie sahen besorgt zu Anne und zuckten zusammen.

Kai hatte Anne an die Wand gedrängt, beide Hände neben ihrem Gesicht an der Wand abgestützt.

„Du bist wirklich zu nichts nutze. Du bist Schuld, dass er fast gestorben wäre. Wärst du doch nur an seiner Stelle gewesen. Ich wünschte wirklich, du wärst niemals wieder gekommen.“ Danach drehte er sich um und verschwand den Gang entlang.

„Er gibt mir die Schuld. Oh Gott, wenn er wüsste wie nah ich daran war“, flüsterte Anne erstickt. Kaum hatte sie den Satz beendet wurde alles um sie herum dunkel. Sofort war Ray an ihrer Seite und fing sie auf. Mit der bewusstlosen Anne auf den Armen, lief er zu einer Schwester.

So musste auch Anne die Nacht im Krankenhaus verbringen. Und nachdem sie aufgewacht war, für einen kurzen Moment, beschwor sie Ray und Mariah, bloß Kai nichts davon zu erzählen.

Beide sahen sich angestrengt an. Was sollten sie dem Halbrussen denn erzählen? Vielleicht das Anne bei ihrem Sohn bleiben wolle. Das wäre wohl die einfachste Variante.

Und genauso taten sie es auch anschließend, zurück in der Villa. Rin schlief bereits, doch leider fehlte von Kai jede Spur. Selbst in seinem geliebten Arbeitszimmer saß er nicht.

Ein einziges Zimmer hatten sie noch nicht betreten, doch konnte sich keiner der Beiden vorstellen, ihn tatsächlich dort vor zu finden.

Mariah öffnete die Tür einen kleinen Spalt breit und sah ihn sofort auf dem riesigen Bett sitzen. Den Blick starr auf ein Foto in seiner Hand gerichtet. Leise trat sie näher an ihn heran und räusperte sich kurz.

Erschreckt hob er den Kopf, ein gequälter Ausdruck in den Augen.

„Ich hätte das nicht sagen sollen“, nuschelte er bedrückt und richtete seine Augen wieder auf das Foto. Es war schon sehr abgegriffen, kleine Risse und Verfärbungen zeugten von einem häufigen Gebrauch.

„Was ist das für ein Bild?“, fragte Mariah zaghaft. Er reichte es ihr wortlos.

„Euer Hochzeitsbild“, meinte sie dann und musste selbst Tränen unterdrücken. Kai nickte nur und wollte aus dem Zimmer gehen.

„Wo ist sie?“

„Ähm, sie wollte bei Gou bleiben“, stammelte Mariah hilflos und war heilfroh, als auch Ray das Zimmer betrat.

„Ok, ich wird kurz zu ihr fahren.“

„Nein, warte Kais. Ich glaube nicht dass es eine so gute Idee wäre. Lass ihr bis morgen Zeit.“ Ray hatte sich sofort mit eingemischt um schlimmeres zu verhindern. Ganz gewiss, würde Kai sich noch mehr Vorwürfe machen, würde er erfahren, dass Anne selbst nun Patientin bis morgen war.

„Du hast wohl Recht.“ Ergeben ging Kai in sein eigenes Zimmer und schloss sich darin ein.

 

Mariah und Ray atmeten erleichtert aus.

„Ganz schön knapp“, meinte die Rosahaarige und stand vom Bett auf.

„Aber noch mal gut gegangen. Obwohl ich wirklich gern wüsste was mit Anne war. Jaja, du wirst mir nichts erzählen, das weiß ich. Und ich verstehe es auch sehr gut. Nur interessiert es mich halt.“

„Ach, Schatz. Du wirst es bestimmt bald erfahren. Mach dir mal keinen Kopf darum.“

Damit gingen auch sie in ihr Zimmer und legten sich schlafen.

Kai seinerseits lag noch immer wach und dachte nach. Der Tag war wirklich merkwürdig gewesen, genauso wie die letzte Nacht. Er hatte keineswegs vorgehabt, Anne schon so schnell ins Bett zu holen, es war einfach geschehen. und es war unglaublich.

Und dennoch hatte er sie wieder so kalt behandelt. So lange sie nicht mit der Wahrheit raus rücken würde, würde er auch nichts daran ändern, das schwor er sich. Sie war einfach zu nachlässig heute gewesen. Gou hätte sonst was passieren können, durch ihre Sorglosigkeit.

Andererseits hätte er das wirklich nicht sagen sollen. Natürlich wünschte er sich nicht, dass Anne in solcher Gefahr wäre. Seine Angst um Gou war einfach nur mit ihm durch gegangen.

Eine ganze Ewigkeit später schlief er erschöpft ein. Morgen müsste er mit ihr reden. Ob sie wollte oder nicht.

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Tag der Veröffentlichung: 26.09.2014

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